POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft

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POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
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                                                                            März 2018 / 52. Jahrgang

                                                           POLIZEISPIEGEL

                                                          Es war einmal …
                                                          Sicherheit
                                                          neu denken

                                                                                                               Seite 5 <
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“

                                                                                                               Sicherheit besser
                                                                                                               ­vernetzen – DPolG
                                                                                                                auf dem Europäischen
                                                                                                                Polizeikongress

                                                                             Seite 16 <

                                                                             Fachteil:
                                                                             – Wann ist ein (rechtes) Rock­
                                                                                konzert eine Versammlung?
                                                                             – Straßenverkehr: Sonder­
                                                                               rechte im Privat-Pkw für
                                                                               ­Feuerwehr­angehörige und
                                                                                ­Katastrophenschutzhelfer?
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Wunschtraum oder Realität?

„Ein handlungsfähiger und starker Staat
für eine freie Gesellschaft“
Von Joachim Lenders,                                                                                             satzbelastung der Bereit­

                                                                                                       © DPolG
                                                                                                                 schaftspolizeien der Länder so­
1. stellvertretender Bundesvorsitzender                                                                          wie des Bundes als „tragende
                                                                                                                 Säule der inneren Sicherheit“
Vorausgesetzt der SPD-Mitglie­      auch zwingend geboten und                                                    im Koalitionsvertrag erwähnt.
derentscheid (nach Redakti­         notwendig, dass beispielsweise                                               Hier wollen Union und SPD die
onsschluss dieser Ausgabe)          auch die „Im Namen des Vol­                                                  erforderliche Verbesserung der
sagt „Ja“ zum Entwurf des Ko­       kes“ Recht sprechende Judika­                                                Ausstattung intensivieren.
alitionsvertrages, dann steht       tive die Lebenswirklichkeit zur
einer Neuauflage der – zugege­      Kenntnis nimmt? Ich will an
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DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                     DPolG im Internet: www.dpolg.de
                     Ihre Meinung interessiert uns: dpolg@dbb.de
                                                                                                                                                                                                                                                  Sicherheit der
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„Sicherheit besser vernetzen“
Die DPolG auf dem Europäischen Polizeikongress
Die DPolG war auch in diesem

                                                                                                                                                     © Windmüller (3)
Jahr mit einem Informations­
stand auf dem 21. Europäi­
schen Polizeikongress in Berlin
vertreten. Unter dem Motto
„Sicherheit besser vernetzen
– Information, Prävention,
­Repression“ trafen sich am
 6. und 7. Februar im Berliner
 Congress Centrum circa 1 500
 Teilnehmende aus verschiede­
 nen Ländern. Vertreter von
 Polizeien, Sicherheits- und
 Nachrichtendiensten sowie
 Regierungen und Parlamenten
 aus dem In- und Ausland
 pflegten in Fachforen, Diskus­
 sionsrunden und Einzelgesprä­
                                    <
                                    < Innenminister Herbert Reul (CDU, NRW) (3. v. l.) am Stand der DPolG. Bundesgeschäftsführer Sven-Erik Wecker,
 chen den Informationsaus­            stellv. Bundesvorsitzender Michael Hinrichsen, 1. stellv. Bundesvorsitzender Joachim Lenders, Bundesfrauen­
 tausch.                             beauftragte Sabine Schumann, stellv. Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt, Stefan Perlbach (von links)

                                                                                                                                                                          5

                                                                                                                                                                        Aktuelles
<
< Wer nützliche Werbeartikel der DPolG suchte, wurde beim DPolG-Markt     <
                                                                          < Angeregtes Gespräch: Kirsten Lühmann (SPD, MdB), Hermann Benker (Ehren­
  fündig.                                                                   vorsitzender der DPolG Bayern) und Bundesvorsitzender Rainer Wendt

„Todesfalle Landstraße“
DPolG-Fachforum Verkehr beim 21. Europäischen Polizeikongress in Berlin
Das zur Steigerung der Ver­         Ausgehend von der Getöte­             gesteckte Teilziel für 2017 (rund      mit jeweils bis zu 100 Kilo­
kehrssicherheit im Jahr 2011        tenzahl des Jahres 2010, die          2 620) in weiter Ferne. Will man       metern pro Stunde (und gele­
vorgelegte Verkehrssicherheits­     bei 3 648 lag, sollte bei einer       nun nachhaltig auf diese Zah­          gentlich auch schneller). Eine
programm des Bundesministe­         40-prozentigen Reduzierung            len einwirken, gilt es, die unfall­    daraus resultierende Folge ist,
riums für Verkehr und digitale      im Jahr 2020 die Zahl von 2 200       trächtigsten Verkehrsunfall­           dass auf diesen Straßen etwa
Infrastruktur formuliert als Ziel   deutlich unterschritten werden.       situationen zu identifizieren.         60 Prozent der insgesamt getö­
einer erfolgreichen Verkehrs­       Mit dem vom Statistischen             Dazu gehört an hervorgehobe­           teten Verkehrsteilnehmer zu
sicherheitsarbeit unter ande­       Bundesamt aktuell für das ver­        ner Stelle der Kraftfahrzeugver­       beklagen sind. Die Unfallursa­
rem: Die Zahl der Getöteten im      gangene Jahr hochgerechneten          kehr auf Landstraßen. Dort be­         chen Geschwindigkeit und
Straßenverkehr ist bis zum Jahr     Wert von circa 3 170 Straßen­         gegnen sich Fahrzeugführer mit         Überholen spielen dabei eine
2020 um 40 Prozent zu senken.       verkehrstoten liegt das selbst        ihren Fortbewegungsmitteln             signifikante Rolle.

                                                                                                                        > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

            Das DPolG-Fachforum Verkehr,            oder ertüchtigte Straßen kön­          aber keine eindeutige Zu­           auch insbesondere auf Über­
            welches am 6. Februar 2018 im           nen danach weiter für Tempo            ordnung konkreter Einzel­           landstraßen ausspielt.
            Rahmen des 21. Europäischen             100 freigegeben werden.                maßnahmen möglich.
            Polizeikongresses 2018 in Berlin                                               Somit gibt es auch keine            >Zur Reduzierung schwerer            Teilprojektes lautet:                  satz zu realisieren. Wolfgang          der Verkehrssicherheit stellen,
              Unfälle soll die Regelge­                                                  Lang von der VITRONIC Dr.-Ing.         zu erfüllen. Schwalm stellte
Aktuelles

              schwindigkeit für Autos und         >>Die Summe der von unter­             Stein Bildverarbeitungssyste­          eine Geschwindigkeitsmess­
              Lastkraftwagen gleicherma­            schiedlichen Aktivitäten an          me GmbH berichtete unter               anlage vor, die nahezu in jeden
              ßen bei 80 Stun­denkilometer          und auf Landstraßen (Schutz­         dem Titel „Enforcement Trailer         Mittelklasse-Pkw eingebaut
              liegen. Dazu ist eine Umkeh­          plankenprogramme, For­               – Einsatzraum Landstraßen“             werden kann und die in Frank­
              rung von Regel und Ausnah­            schungsprojekt Wildunfälle           von den vielfältigen Einsatz­          reich schon hundertfach einge­
              me bei der zulässigen Höchst­         et cetera) bewirkt insgesamt         möglichkeiten dieser semista­          setzt wird – allerdings ist sie
              geschwindigkeit erforderlich.         eine Verbesserung des Ver­           tionären Geschwindigkeits­             derzeit in Deutschland noch
              Entsprechend ausgebaute               kehrsunfalllagebildes, es ist        messanlage, die ihre Vorteile          nicht zugelassen.

                                                                                                                                                                 © Windmüller

            <
            < Beleuchteten das Thema von verschiedenen Seiten: Die Referierenden des Panels „Todesfalle Landstraße“ unter Leitung von Kirsten Lühmann (Mitte).

            > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

            Verkehrsgerichtstag
            mit polizeirelevanten Themen
            Der diesjährige Verkehrsgerichtstag, der am

                                                                                                                                                          © DPolG
            25./26. Januar 2018 erneut in Goslar tagte, be­
            schäftigte sich in drei Arbeitskreisen mit polizei­
            relevanten Themen und beschloss die nachfol­
            gend wiedergegebenen Empfehlungen:

            I. Unerlaubtes Entfernen              auf alle Sach- und Personen­
               vom Unfallort                      schäden erweitert werden.

            1. Die strafrechtlichen und        4. D
                                                    er Arbeitskreis fordert mit
                versicherungsvertragsrecht­        knapper Mehrheit, dass das
                lichen Regelungen zum uner­        unerlaubte Entfernen vom
               laubten Entfernen vom Un­           Unfallort bei Sachschäden
               fallort führen zu gewichtigen       nicht mehr im Regelfall zu
               Rechtsunsicherheiten. Da­           einer Entziehung der Fahr­
               durch können Verkehrsteil­          erlaubnis führt. Die Worte
               nehmer überfordert werden.          „oder an fremden Sachen
               Vor diesem Hintergrund erin­        bedeutender Schaden ent­
  8            nert der Arbeitskreis ­daran,       standen“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3
               dass § 142 StGB ausschließ­         StGB sollten gestrichen wer­
               lich dem Schutz Unfallbetei­        den. Der Arbeitskreis emp­
Aktuelles

               ligter und Geschädigter an          fiehlt, bis zu einer gesetz­
               der Durchsetzung berechtig­         lichen Änderung einen
               ter und der Abwehr unbe­            Regelfall der Entziehung der
               rechtigter Schadensersatz­          Fahrerlaubnis nur noch bei       <
                                                                                    < DPolG-Bundesvorsitzender Rainer Wendt nutzte die Gelegenheit beim
               ansprüche dient.                    erheblichen Personen- und          Verkehrsgerichtstag, um mit dem Präsidenten Kay Nehm zu sprechen.
                                                   besonders hohen Sachschä­
            2. Der Arbeitskreis empfiehlt         den (ab 10 000 Euro) anzu­         klärungsobliegenheit den          II. Cannabiskonsum und
                mit überwiegender Mehr­            nehmen.                            strafrechtlichen Pflichten            Fahreignung
                heit dem Gesetzgeber zu                                               nach § 142 StGB entspre­
                prüfen, wie eine bessere Ver­   5. D
                                                    er Arbeitskreis hält es für      chend zu verstehen. Er for­       Die Fahrerlaubnisverordnung
                ständlichkeit des § 142 StGB       notwendig, den Inhalt der          dert die Versicherer auf, dies    bedarf im Hinblick auf Arznei-
                erreicht werden kann, insbe­       auf das Verbleiben an der          durch unmittelbare Bezug­         und berauschende Mittel einer
                sondere durch eine Begren­         Unfallstelle bezogenen versi­      nahme auf § 142 StGB in den       Überarbeitung durch den Ver­
                zung des Unfallbegriffs auf        cherungsvertraglichen Auf­         AKB klarzustellen.                ordnungsgeber.
                Fortbewegungsvorgänge
                und eine Präzisierung der                                                                                                                           © Kreispolizeibehörde Olpe
                Wartezeit bei Unfällen mit       <
                                                 < Der Arbeitskreis „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“
                                                   fordert eine Präzisierung des Unfallbegriffs.
                Sachschäden bei einer tele­
                fonischen Meldung, etwa
                bei einer einzurichtenden
                neutralen Meldestelle.

            3. D
                er Arbeitskreis fordert mit
               überwiegender Mehrheit
               den Gesetzgeber auf, die
               Möglichkeiten der Strafmil­
               derung oder des Absehens
               von Strafe bei tätiger Reue in
               § 142 Abs. 4 StGB zu refor­
               mieren. Dabei sollte die Be­
               grenzung auf Unfälle außer­
               halb des fließenden Verkehrs
               entfallen und die Regelung

            > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

Der Arbeitskreis ist der Auffas­      <
                                      < Zweifel an der
sung, dass der erstmalig im             Fahreignung kann
                                        eine Medizinisch-
Straßenverkehr auffällig ge­            Psychologische Un­
wordene, gelegentliche Can­             tersuchung (MPU)
nabiskonsument nicht ohne               ausräumen.
Weiteres als ungeeignet zum
Führen von Kraftfahrzeugen
angesehen wird, sondern le­
diglich Zweifel an seiner Fahr­
eignung auslöst, die er mittels
einer MPU ausräumen kann.

Der Arbeitskreis vertritt die

                                                                                                                                                   © Marco2811 / Fotolia
Meinung, dass nicht bereits ab
1 ng/ml THC im Blutserum feh­
lendes Trennungsvermögen
unterstellt werden darf. Er teilt
die Feststellungen der Grenz­
wertkommission, wonach dies
erst ab einem THC-Wert von          genbeeinflussung schwer            kann, greift das Arzneimittel­     Er empfiehlt aber eine spürba­
3 ng/ml Blutserum der Fall ist.     ­erkennbar und häufig nicht        privileg des § 24 a StVG nicht,    re Anhebung der Geldbußen,
                                     nachweisbar ist.                  wenn Fahrunsicherheit im Sin­      verbunden mit verstärkter
Auch im Falle einer medizini­                                          ne des § 316 StGB eingetreten      ­Androhung von Fahrverboten
schen Indikation, insbesondere      Nach Auffassung der DPolG          ist. Deshalb muss der „Canna­       für besonders verkehrssicher­
für die Verordnung von Canna­       sollten Cannabispatienten          bispatient“ vor jedem Fahrt­        heitsrelevante Verkehrsverfeh­
bisblüten, begründet eine Teil­     rechtlich nicht anders behan­      antritt und während der Fahrt       lungen (namentlich Geschwin­
nahme am Straßenverkehr un­         delt werden als Patienten, die     das Vorliegen und Fortbeste­        digkeits-, Abstands- oder
ter dem Einfluss von Cannabis       einer anderen verkehrssicher­      hen seiner Fahrtüchtigkeit          Überholverstöße) unter Be­           9
Zweifel an der Fahreignung.         heitsrelevanten Medikation         überprüfen.                         rücksichtigung des jeweiligen
Aus dem Gebot der Verkehrs­         unterliegen.                                                           Gefährdungspotenzials und

                                                                                                                                              Aktuelles
sicherheit heraus ist es deshalb                                       Die vorgenannten Maßstäbe           der Verkehrssituation. Dies
erforderlich, dass dann auch        Nach § 2 FeV dürfen Personen,      gelten gleichermaßen für alle       muss einhergehen mit einer
vor dem Hintergrund der             die sich infolge körperlicher      Medikamente. Insofern unter­        nachdrücklicheren und effekti­
Grunderkrankung die Fahr­           oder geistiger Beeinträchtigun­    scheidet sich die Cannabisme­       veren Verkehrsüberwachung,
eignung zu prüfen ist.              gen nicht sicher im Verkehr be­    dikation nicht von anderen          gerade an Unfallhäufungs- und
                                    wegen können, nur dann am          Arzneimitteln mit psycho­           Gefährdungsstellen. Die Praxis
Auch in diesem Sinne müssen         Verkehr teilnehmen, wenn Vor­      troper Wirkung.                     in den Bundesländern sollte
die Patienten, die ein Kraft­       sorge getroffen wurde, dass                                            harmonisiert werden.
fahrzeug führen wollen, durch       andere nicht gefährdet wer­        Problematisch ist allerdings die
entsprechend qualifizierte Ärz­     den. In vielen Fällen ist eine     praktische Überprüfbarkeit:        Einem „Einkalkulieren“ von
te umfassend über ihre Beein­       Medikamenteneinnahme aber          Wurde das Cannabispräparat:        Geldbußen muss entgegen­
trächtigung der Fahreignung         gerade dazu bestimmt, eine         ärztlich verordnet? Hat der Pa­    gewirkt werden. Umgekehrt
und Fahrsicherheit informiert       krankheitsbedingt nicht mehr       tient die verordnete Substanz      darf nicht der Eindruck der
und begleitet werden. Dies ist      gegebene Kraftfahreignung          bestimmungemäß eingenom­           „Abzocke“ unter fiskalischen
entsprechend zu dokumentie­         wieder herzustellen. In diesen     men? Damit die Polizei vor Ort     Gesichtspunkten entstehen.
ren.                                Fällen spricht nichts gegen eine   entsprechend kontrollieren
                                    weitere Verkehrsteilnahme.         kann, sollte mindestens eine       Der Arbeitskreis fordert eine
Der Gesetzgeber wird gebeten,                                          Mitführpflicht der ärztlichen      für die Verkehrsteilnehmen­
für Kontrollen im Straßenver­       Wenn krankheitsbedingte Eig­       Verordnung eingeführt wer­         den nachvollziehbare Beschil­
kehr ein geeignetes Nachweis­       nungsdefizite durch die Medi­      den, aus der sich die genaue       derung. Verkehrspädagogi­
dokument vorzusehen.                kamenteneinnahme allerdings        Bezeichnung des verordneten        sche und verkehrspsycholo-
                                    nicht behoben werden können        Arzneimittels, die Einnahme­       gische Maßnahmen sind zu
Nach dem letzten Bundesla­          oder das Medikament selbst         bestimmungen und die dem           stärken.
gebild Drogen im Verkehr lag        die Kraftfahreignung beein­        Patienten erteilten ärztlichen
der Ursachenanteil „Drogen­         trächtigt, ist eine Verkehrs­      Hinweise zum Führen eines          Der Arbeitskreis spricht sich
beeinflussung“ bei allen Un­        teilnahme bereits nach der         Kraftfahrzeugs ergeben.            dafür aus, bundesweit eine
fällen bei 0,17 Prozent und bei     ­gegenwärtigen Rechtslage                                             empirische Basis zu schaffen,
Unfällen mit Personenscha­           selbstverständlich unzulässig.    III. Sanktionen bei                mithilfe derer die präventiven
den bei 0,53 Prozent. Eine Un­                                              ­Verkehrsverstößen            Wirkungen der für Verkehrs­
terscheidung nach Drogenar­         Da selbst die bestimmungsge­                                          verfehlungen im Ordnungs­
ten wird dabei nicht getroffen.     mäße Einnahme eines ärztlich       Der Arbeitskreis lehnt eine        widrigkeitenrecht angedrohten
Von einem hohen Dunkelfeld          verordneten Medikaments die        pauschale Erhöhung der             Sanktionen besser beurteilt
ist auszugehen, zumal Dro­          Fahrsicherheit beeinträchtigen     ­Bußgeldsätze ab.                  werden können.

                                                                                                               > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

              Regierungskommission „Mehr Sicherheit für
              Nordrhein-Westfalen“ nimmt die Arbeit auf
              Kritiker könnten sagen, noch
              eine Expertenkommission,
              die sich in ausgedehnten Dis­
              kussionen ergeht und am
              Ende vielleicht wenig liefert.
              Aber mit der Einsetzung der

                                                                                                                                                          © Land NRW / M. Hermenau
              Regierungskommission
              „Mehr Sicherheit für Nord­
              rhein-Westfalen“ im Januar
               dieses Jahres soll eines der
               zentralen Wahlversprechen
               von Ministerpräsident Armin
               Laschet (CDU) umgesetzt
               werden. Ziel ist es, nicht
               ­weniger als für die gesamte      <
                                                 < Haben sich viel vorgenommen: die Mitglieder der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-
                Bandbreite sicherheitspoliti­      Westfalen“
              scher Themen Reformvor­
              schläge zu erarbeiten. Das         „Die Expertenkommission hat         ­ ienen nicht nur dem Land
                                                                                     d                                   Polizeipräsidentin von Wup­
              geht von der Sach- und Per­        den übergeordneten Auftrag,         Nordrhein-Westfalen, son­           pertal, Birgitta Radermacher.
              sonalausstattung der Polizei       die gesamte Sicherheitsarchi-       dern sollen auch bundesweit         Die Kommission tagt monat­
              über die Herausforderungen         tektur mit dem Ziel ­eines je-      Beachtung finden.                   lich und wird sich zunächst
10            durch Cyberkriminalität, Ein­      derzeit handlungsfähigen und                                            mit dem Thema Einbruchdieb­
              bruchskriminalität, neue Kri­      wehrhaften Rechtsstaats im          Die Mitglieder der Kommissi­        stahl befassen. Dabei treibt
              minalitätsphänomene hin zur        Einklang von Freiheit und           on setzen sich aus verschiede­      die Kommission vor allem die
Aktuelles

              Zusammenarbeit der Sicher­         ­Sicherheit zu überprüfen.“         nen Bereichen zusammen. So          Frage um, wie die Auswertung
              heitsbehörden national wie          (Wolfgang Bosbach)                 ist der DPolG-Landesvorsit­         von DNA-Spuren für die Er­
              EU-weit bei der Bekämpfung                                             zende Erich Rettinghaus eben­       mittlungsarbeit beschleunigt
              von Terrorismus und Islamis­        Das 16-köpfige Gremium             so dabei wie der ehemalige          werden kann. In diesem Jahr
              mus. Auch die Bereiche Links-      ­ nter der Leitung von Wolf­
                                                 u                                   Verfassungsschutzpräsident          stehen außerdem die Be­
              und Rechtsextremismus              gang Bosbach (CDU) will mög­        Hans-Jörg Geiger, der Experte       kämpfung und Prävention bei
              ­sowie die Bewegung der            lichst rasch „praxistaugliche       für Terrorismus und Präventi­       terroristischen Bedrohungen
               „Reichsbürger“ sollen unter       Vorschläge“ auf den Tisch           onsstrategien, Professor Peter      sowie die Internetkriminalität
               die Lupe genommen werden.         ­legen. Diese Vorschläge            Neumann, und die ehemalige          auf der Tagesordnung.

            „Mehr spürbare Präsenz der Polizei“
            Zur Arbeit der Kommission und zu den Zielen                              ren Sicherheit umzusetzen. Da
                                                                                                                                                                                     © Windmüller

                                                                                     ist das Land auf einem guten
            der DPolG fragte der POLIZEISPIEGEL bei Erich
                                                                                     Weg, dass Innere Sicherheit
            ­Rettinghaus nach, DPolG-Landesvorsitzender                              wieder den Stellenwert be­
             und Mitglied der Regierungskommission.                                  kommt, den die Menschen lan­
                                                                                     ge vermisst haben. Die Kom­
                                                                                     mission wird darüber hinaus
            Die Kommission hat sich ein         aus der Arbeit der Kommission        Impulse geben, welche durch­
            umfangreiches Arbeitspro-           heraus früher – zu konkreten         aus auch für die gesamte Si­
            gramm gegeben. Sind Sie zu-         Punkten – ein dringender             cherheitsarchitektur des Bun­
            versichtlich, bis zum Ende der      Handlungsbedarf bestehen,            des und der Länder von
            Legislaturperiode zu allen The-     werden wir das entsprechend          Bedeutung sein können.
            men Vorschläge zu erarbeiten?       frühzeitig transportieren. Es
                                                gilt ja auch, zunächst der neu­      Welche Themen erachten Sie
            Ich gehe davon aus, dass im         en Landesregierung die Zeit zu       als DPolG-Vertreter als beson-
            letzten Drittel der Legislatur­     geben, die umfangreichen an­         ders wichtig und welche kon-
            periode erste Vorschläge vor­       gekündigten Änderungen un­           kreten Forderungen verbinden
            liegen werden. Sollte sich aber     ter dem Oberbegriff der Inne­        Sie damit?                            <
                                                                                                                           < Erich ­Rettinghaus

            > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

Der Wohnungseinbruchsdieb­          lastumkehr: Das, was andere
stahl ist schon als erstes wich­    Länder in der EU bereits erfolg­
tiges Thema auf der Agenda.         reich praktizieren, haben wir
Die Zahlen sind zwar rückläu­       immer noch nicht. Es wird Zeit,
fig, wir verzeichnen Erfolge bei    und wenn wir schon dabei
international agierenden Ban­       sind, auch die Halterhaftung
den und durch Predictive Poli­      würde uns unsere Arbeit er­
cing, dennoch ist der Einbruch      leichtern.
in die eigenen vier Wände ein
Bereich, der die Menschen in        Eine Ursache, dass im Sicher-
ihrer absoluten Privatsphäre        heitsbereich nicht immer alles
betrifft und teils bleibende        reibungslos funktioniert, hat
Schäden hinterlässt. Wir müs­       mit der föderalen Struktur
sen uns aber auch im Klaren         Deutschlands zu tun. Inwie-
darüber sein, das Kriminalitäts­    weit dienen die Vorschläge
bekämpfung nicht am Schreib­        der Kommission dazu, an die-
tisch von 8 bis 16 Uhr stattfin­    ser Stelle eine bessere Zusam-
den kann. Die beginnt viel          menarbeit auf den Weg zu
früher und ist direktionsüber­      bringen?
greifend. Mehr sichtbare und
spürbare Präsenz, mehr opera­       Das ist insgesamt ein schwieri­
tive uniformierte und zivile        ges Feld mit einer in Deutsch­
Kräfte, die Straftaten auf fri­     land gewachsenen und größ­
scher Tat verhindern und Täter      tenteils bewährten föderalen
direkt dingfest machen, mehr        Sicherheitsarchitektur. Es wird
fahnden in allen Bereichen und      sicherlich Synergien geben,
den Tätern die geldwerten Vor­      was aber sorgsam erarbeitet
teile nachhaltig wieder abneh­      werden muss. Auch Länder mit
men – Verbrechen darf sich          einer zentralen Sicherheitsar­
nachhaltig nicht lohnen.            chitektur haben ihre Probleme,
                                    welche unseren in nichts nach­
Natürlich ist auch der islamisti­   stehen. Es wird sicherlich Berei­
sche Terrorismus ein Kernbe­        che geben, um die Zusammen­
reich, mit dem sich die Kommis­     arbeit der Länder mit Bund und
sion beschäftigen wird, ebenso      EU zu verbessern, die wir ver­
die Digitalisierung und Vernet­     suchen herauszuarbeiten.
zung aller in der Sicherheits­      Spontan sind das einheitliche
archi­tektur zusammenarbei­         Systeme zur Datenerfassung
tenden Institutionen, um bei        und zum -austausch verbun­
terro­ristischen Taten vor die      den mit einer entsprechenden
Lage zu kommen. Das gilt für        Vernetzung und Digitalisie­
Länder, den Bund und Europa         rung. Das wird noch viele Jahre
sowie die internationale Zusam­     in Anspruch nehmen.
menarbeit von allen erdenkli­
chen Behörden und Diensten.         Erhoffen – oder besser –
                                    ­erwarten Sie, dass die Vor-
Wichtig auch, dass wir den           schläge der Kommission auch
­Datenschutz nicht als Mons­         in anderen Bundesländern
 trum aufwerten, sondern dass        auf offene Ohren stoßen?
 wir das im Rahmen der Mög­
 lichkeiten nutzen, was im          Das hoffe ich doch sehr. Wir
 schlimmsten Fall einen Terror­     haben die feste Absicht, objek­
 anschlag verhindern kann. Das      tive und parteiübergreifende
 reicht von automatisierter         Vorschläge zu erarbeiten. Die
 Kennzeichenerfassung mit           Kommission ist ebenso partei­
 gleichzeitiger Auswertung,         übergreifend besetzt, die ein­
 ­einer ausgebauten intelligen­     zelnen Mitglieder besitzen alle
  ten Videobeobachtung, einer       ihre eigene fachliche Kompe­
  ergebnisorientierten Telekom­     tenz, die Wolfgang Bosbach
  munikationsüberwachung bis        bündeln und kanalisieren wird
  hin zur Nutzung der Daten von     für ein Deutschland in Europa,
  Mauterfassungssystemen.           in dem die Menschen sicher
  Ganz wichtig dabei die Beweis­    und frei leben können. 

                                         > Polizeispiegel | März 2018
POLIZEISPIEGEL - Deutsche Polizeigewerkschaft
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

          Neue Serviceleistung der dbb bundesseniorenvertretung:

          Pflege – Leitfaden rund um den Pflegefall
          Mit dem Inkrafttreten des Pfle­   gen zu erhalten wie etwa:        hierzu die Ausführungen im
          gestärkungsgesetzes zu Beginn     Was bedeutet Pflegebedürf­       POLIZEISPIEGEL Nr. 1-2/2018.
          des Jahres 2018 haben sich        tigkeit? Wie wird sie festge­
          grundlegende Änderungen im        stellt und welche Abstufun­      Aber auch nach Bewilligung
          Pflegerecht ergeben. Neben        gen gibt es? Wer ist für mich    von Pflegeleistungen bleiben
          der Einführung des neuen Pfle­    zuständig, wenn ich gesetzlich   viele Fragen offen. Von der
          gebedürftigkeitsbegriffs stellt   oder privat versichert bin?      ­Leistungsübersicht über das
          das neue Begutachtungsver­        Was ist im Vorfeld der Begut­     Beihilfeverfahren bis hin zu
          fahren die wesentliche Neue­      achtung zu beachten? Was          ­Unterstützungsleistungen für
          rung dar. Daneben sind viele      kann ich tun, wenn ich mit der     pflegende Angehörige und den
          Leistungen verbessert worden.     Einstufung nicht einverstan­       Besonderheiten bei vollstatio­
          Für viele von Pflege Betroffene   den bin?                           närer Pflege bietet der Ratgeber
          und ihre Angehörigen ist der                                         eine grundlegende Übersicht zu
                                                                                                                    Bestellung: Der Pflegerat­
          Regelungsdchungel daher nur       Neuerdings wird Mitgliedern        allen wichtigen Themen rund
                                                                                                                    geber kann zum Preis von
          schwer zu durchblicken. Mit       der dbb Mitgliedsgewerkschaf-      um die Pflege. Abgerundet            5 Euro (inkl. MwSt. und Ver-
          ihrer neuen Pflegebroschüre       ten auf Antrag „Rechtsschutz       durch konkrete Beispiele, Mus­       sandkosten) über den Online-
          hat die dbb bundessenioren­       für Verfahren wegen Feststel-      terschreiben und Checklisten ist     shop des dbb verlages unter
          vertretung einen unentbehrli­     lung des Bedarfsgrades in der      der „Leitfaden rund um den           https://shop.dbbverlag.de
          chen Ratgeber herausgegeben.      Pflegeversicherung“ nach der       Pflegefall“ ein wertvolles Hilfs­    oder per E-Mail unter
                                            dbb Rahmenrechtsschutzord-         mittel, um sicher durch eine für    ­vertrieb@dbbverlag.de
                                                                                                                    oder ­unter 030.726191723
          Das kompakte Nachschlage­         nung durch die dbb Dienstleis-     alle Betroffenen schwere Zeit
                                                                                                                    ange­fordert werden.
12        werk hilft, Antworten auf Fra­    tungszentren gewährt. Siehe        zu kommen.
Service

          > Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

        Einkommensrunde 2018 eröffnet!

        dbb und DPolG fordern 6 Prozent –
        mindestens 200 Euro
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

§
           Wann ist ein (rechtes) Rockkonzert eine Versammlung?
           Von Polizeidirektor Michael Wernthaler,                               same Meinungsbildung und           worden, um in den Schutzbe­
                                                                                 Meinungs­äußerung auf die          reich des Versammlungsrechts
           Leiter der Verkehrspolizeidirektion Ludwigsburg
                                                                                 Öffentlichkeit einzuwirken.        zu gelangen. Zudem ergeben
                                                                                                                    sich die gesteigerten Gewinn­
           <   Beschluss OVG Thüringen vom 12. Juli 2017,                        Der Kläger entgegnete, dass        erzielungsabsichten auch
               Az.: 3 EO 544/17                                                  nach einer Würdigung aller re­     durch ein Eintrittsgeld von
                                                                                 levanten Umstände sich die         nunmehr 35 Euro, den Verkauf
           <   Beschluss VG Meiningen vom 3. Juli 2017,                          Veran­staltung ihrem Gesamt­       von szenetypischen Textilien,
               Az.: 2 E 221/17 Me                                                gepräge nach aber zweifellos       Tonträgern und Devotionalien
                                                                                 als eine Versammlung darstel­      (Verkaufshaus „Zeughaus“),
           In der nachfolgenden Betrachtung geht es um die Frage: Wann           le. Denn neben den vielen Re­      die Verwendung von Biertisch­
           ist ein (rechtes) Rockkon­zert eine Versammlung? Erörtert wird        debeiträgen und Informations­      garnituren zur Einnahme von
           insbesondere, welche Kriterien bei Musikveran­staltungen für          ständen, die unstreitig auf        Speisen und Getränken, die
           eine Versammlung und welche für eine kommerzielle Veranstal-          Teilhabe an der öffentlichen       Verkösti­gung über die gesamte
           tung sprechen.                                                        Meinungsbildung gerichtet sei­     Dauer der Veranstaltung, die
                                                                                 en, komme auch der Musik die­      Einrichtung eines Zeltplatzes
           <   Ausgangslage                   anstaltung nämlich durch           se Funktion zu. Von in der rech­   zwecks Über­nachtung von Teil­
                                              ­solche Elemente geprägt, die      ten Szene beheimateten Bands       nehmern sowie die Anfrage
           Der Antragsteller hatte als Ver­    allein der Verwirklichung kom­    dargeboten, transportiere ge­      bei der Deutschen Bahn zum
           sammlungsleiter eine Rechts­        merzieller Interessen und der     rade sie die von der Veranstal­    möglichen Einsatz eines Son­
           klage gegen eine Verfügung          bloßen Unterhaltung von dem       tung be­zweck­ten politischen      derzugs für circa 5 000 bis
           des Landkreises H. gestellt, da     rechten Spek­­trum zugehöri­      Botschaften. Nahezu alle Lied­     6 000 Personen.
           ihm sein Antrag auf Anerken­        gen Personen dienten. Indizi­     texte befassten sich nämlich
           nung einer Konzertveranstal­        en für die Kommerzialisierung     mit Fragen der nationalen           Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           sondere Bedeutung der Ver­                   richte. Die innere Bindung der                Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           Straßenverkehr: Sonderrechte im Privat-Pkw für
           Feuerwehrangehörige und Katastrophenschutzhelfer?
           Von Guido C. Bischof1, Rechtsanwalt                                               Erfüllung einer hoheitlichen         In der Fachpresse (etwa: Mül­
                                                                                             Aufgabe dringend geboten             ler: Verhaltensrichtlinien für
                                                                                             war, sondern ist von einer           die Nutzung von Sonderrech­
           Gemäß § 35 Abs. 1 Straßenver­                  wehr ohne diese ist fast un­       Schutzbehauptung zur Verde­          ten mit Privatfahrzeugen, SVR
           kehrsordnung (StVO) können                     denkbar.                           ckung einer eigenen Ordnungs­        2011, 321; Burhoff, Handbuch
           bestimmte Personen von der                                                        widrigkeit ausgegangen (vgl.         für das straßenverkehrsrechtli­
           Straßenverkehrsordnung be­                     Aber auch andere Katastro­         AG Lüdinghausen, Urteil vom          che OWi-Verfahren, 4. Auflage
           freit sein, soweit das zur Erfül­              phenschutzorganisationen           28. September 2009 – 19 OWi          2014, Rn. 2399 ff.) werden Son­
           lung hoheitlicher Aufgaben                     sind auf die schnelle Verfüg­      72/09, 19 OWi – 89 Js 960/09         derrechte im Privat-Pkw zum
           dringend geboten ist. Zu die­                  barkeit ihrer Helferinnen und      – 72/09 = NZV 2010, 365).            großen Teil bejaht.
           sen Personen beziehungsweise                   Helfer angewiesen. Grundsätz­
           Organisationen zählen unter                    lich kommen Sonderrechte           Unter Anlegung dieses Maß-           Die Auffassung, auch für An­
           anderem die Feuerwehr, der                     auch für Angehörige anderer        stabs wären an sich auch Son-        gehörige von Feuerwehr und
           Katastrophenschutz und die                     Katastrophenschutzorganisa­        derrechte für Feuerwehr- oder        Katastrophenschutz Sonder­
           Polizei. Nicht zu verwechseln                  tionen in Betracht. Dort stellt    Katastrophenschutzangehöri-          rechte im Privat-Pkw zu beja­
           sind diese Sonderrechte (§ 35                  sich dann die Frage, ob zum        ge eindeutig zu bejahen. Aus         hen, dürfte insgesamt im Vor­
           StVO) dabei mit den als „We­                   Beispiel der Angehörige einer      dem Text der Straßenverkehrs­        dringen sein. Wenn man dies
           gerechte“ bezeichneten Vor­                    Hilfsorganisation (zum Bei-        ordnung lässt sich ein Unter­        verneinen möchte, käme zu­
           rechten, die entstehen, wenn                   spiel ASB, DRK, JUH, Malteser)     schied in keiner Weise herlei­       gunsten des Betroffenen im­
           Blaulicht und Einsatzhorn ver­                 in diesem Augenblick auch          ten: Dort stehen Feuerwehr,          mer noch ein rechtfertigender
           wendet werden (§ 38 Abs. 1                     ­tatsächlich als Katastrophen­     Katas­trophenschutz und Poli­        Notstand (§ 16 OWiG) in Be­
20         StVO).1                                         schutz im Sinne des § 35 StVO     zei gleichberechtigt nebenein­       tracht.
                                                           tätig war. Wäre der Betroffene    ander. Auch erfüllen Feuer­
           Ein wiederkehrendes rechtli­                    nämlich nur als Rettungsdienst    wehr und Katastrophenschutz           in der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht   gelehnt wird, hat das Gericht      Hamm, Beschluss vom 24. April        anderen der Eilzuständigkeit
                im Deutschen AnwaltVerein
             > in der Arbeitsgemeinschaft Rettungs­
                                                          nicht geglaubt, dass im konkre­    2009, Az.: 1 Ss OWi 212/09 =         der Feuerwehr durch das je­
                dienstRecht e.V.                          ten Einzelfall tatsächlich die     BeckRS 2009, 23354).                 weilige Landesrecht übertrage­

           > Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

nen Aufgaben erfüllen per se      ­ oheitlichen Aufgabe bejaht
                                  h
den Begriff der „hoheit­lichen    werden kann, wäre das Ver­
Aufgabe“ und wenn ein Feuer­      fahren gemäß § 170 Abs. 2
wehrangehöriger alarmiert ist,    Strafprozessordnung (StPO) in
gilt diese Alarmierung einzig     Verbindung mit § 46 Abs. 1
und allein dem Zweck, diesen      Ordnungswidrigkeitengesetz
Einsatzauftrag zu erfüllen (so    (OWiG) einzustellen. Diese
auch: Müller: Verhaltens­         Einstellung erfolgt grund­
richtlinien für die Nutzung von   sätzlich ohne Kostenentschei­
Sonderrechten mit Privatfahr­     dung, das heißt, die Staatskas­
zeugen, SVR 2011, 321). Verein­   se trägt die Verfahrenskosten,
zelte andere Auffassungen, die    der Betroffene die ihm ent­
Anfahrt zum Feuerwehrstütz­       standenen Auslagen (BeckOK
punkt diene nur der Vorbe­        OWiG/Bücherl OWiG § 47
reitung einer hoheitlichen Tä­    Rn. 49). Sofern bereits ein
tigkeit und sei daher nicht vom   Bußgeldbescheid gegen den
§ 35 Abs. 1 StVO erfasst, sind    Betroffenen erlassen wurde
abzulehnen (vgl. OLG Stutt­       und danach das Verfahren ge­
gart, Beschluss vom 26. April     gen ihn eingestellt wird, ist
2002 – 4 Ss 72/02 = NZV 2002,     auf Antrag eine Kostenent­
410; Schneider in NZV 2003,       scheidung zu treffen. Diese
244 m. w. N.).                    wird in der Regel die Übernah­
                                  me der Auslagen des Betroffe­
Die Wahrnehmung der hoheit­       nen enthalten.
lichen Aufgabe müsste sodann
auch „dringend geboten“ ge­        Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           Das Militanzverbot nach § 3 des Gesetzes über
           Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen
           (Sächsisches Versammlungsgesetz – SächsVersG)
           Von Polizeidirektor Hartwig Elzermann, Hochschule                                        stücke sind Kleidung und Klei­                   Vereinsabzeichen, Kokarden
           der Sächsischen Polizei (FH), Rothenburg/Oberlausitz                                     dungsbestandteile jeder Art, die                 und Ähnliches vom Verbot aus­
                                                                                                    sich durch Gleichför­migkeit aus­                genommen8. Letzteres gilt
                                                                                                    zeichnen und damit ihrem Cha­                     nicht, wenn aufgrund dieser
           Das Uniformverbot des § 3                  che Gärten und Ähnliches, wo                  rakter nach Uniformen oder                        ­zusätzlich an der Kleidung be­
           VersG ist vor dem Hintergrund              eine so gekleidete Person infol­              Uni­formteilen entsprechen,                      festigten Gegenstände Gewalt­
           der Erfahrungen mit dem auf­               ge des äußeren Erscheinungsbil­               zum Beispiel die ­Roben von                      bereitschaft vermittelt und
           kom­menden Nationalsozialis­               des Gewaltbereitschaft vermit­                Richtern, Staatsanwälten,                        ­dadurch auf andere Personen
           mus in der Weimarer Republik               telt und auf andere Personen                  Rechtsanwälten und Geistli­                       einschüchternd eingewirkt
           zu bewerten. Der Normzweck                 einschüchternd einwirkt, von                  chen, die Bekleidung von Kran­                    wird9. Auch fallen der mensch­
           bestand darin, die mit einer               einer unbestimmten Anzahl von                 kenschwestern und Nonnen,                          liche Körper selbst, bestimmte
           Uniform verbundene ein­                    Personen wahrgenommen wer­                    Sportbekleidung, Trachten,                         Körperteile oder deren Er­schei­
           schüchternde Solidarisierung               den kann. Die konkrete Wahr­                  Kluften und Ähnliches auch be­                     nungsfor­men (zum Beispiel Tä­
           zu verhindern. Legis­latorische            scheinlichkeit der Wahrneh­                   stimmte Teile der Bekleidung,                     towierungen) aus dem Anwen­
           Absicht war es, nicht nur Par­             mung durch unbestimmt viele                   zum Beispiel Kopfbedeckungen,                     dungsbereich heraus. Dies gilt
           teiorganisationen, sondern                 Personen reicht aus3. Art. 7 Bay­             gleichartige Masken oder                          ebenfalls für einheit­liche Frisu­
           auch den nicht von Art. 21 GG              VersG, § 3 Abs. 3 NVersG und                  Schutzhelme, Springer­stiefel,                    ren (zum Beispiel Kahlkopf),
           erfassten Verbänden zu verbie­             § 8 Abs. 2 VersFG SH beschrän­                Bomberjacken, kommen in Be­                       auch diese fallen nicht unter
           ten, bestimmte politische Ziele            ken das Militanzverbot nur noch               tracht5. Diese Gleichartigkeit ist                das Merkmal Kleidungsstücke.
           mittels massensuggestiver                  auf Versammlungen, § 3 Ver­                    unstreitig gegeben, wenn zivile                  Allerdings können einheitliche
           Wirkung durch das Verwenden                sammlG LSA nur noch auf öf­                    Kleidungsstücke für Uniformen                    Frisuren im Hinblick auf die
22         von Uniformen, Uniformteilen               fentliche Versammlungen.                       charakteristische Aussehens­                     Gleichartigkeit von Kleidungs­
           oder gleichartigen Kleidungs­                                                            merkmale aufgreifen und sie                       stücken mit Uniformen als Be­
           stücken zu erreichen1.                     2. Uniformen, Uniformteile                    deshalb bei objektiver Würdi­                     gleitumstände im Rahmen einer
Fachteil

                                                          oder gleichartige                         gung den Charakter von Unifor­                    Würdigung aller Umstände des
           1. Allgemeines                                ­Kleidungsstücke                           men haben, weil sie wegen die­                    Einzelfalles eine Rolle spielen10.
                                                                                                    ser Aussehensmerkmale die
           § 3 SächsVersG verengt das bis­            Zunächst enthält die Regelung                 Zugehörigkeit des Trägers zu                     3. Politische Gesinnung
           her in § 3 Abs. 1 VersG enthalte­          das Verbot, Uniformen, Uni­                   einer bestimmten, militärisch
           ne und verfassungsrechtlich                formteile oder gleichartige                   organisierten Gruppe symboli­                    Politische Gesinnung ist die
           umstrittene Uniformverbot                  ­Klei­dungsstücke (sichtbar) als              sieren6. Ein konkreter Bezug zu                  grundlegende politische Denk­
           durch ein zusätzlich eingefügtes            Ausdruck einer gemeinsamen                    einer historisch bekannten mili­                weise. Das ist mehr als die
           Einschüchterungsverbot zu ei­               politischen Gesinnung zu tra­                tanten Gruppie­rung ist indes                    Einstel­lung zu einer politisch
           nem Militanzverbot und kommt                gen. Uni­form ist eine gleichar­             nicht zwingend erforderlich,                     relevanten Einzelfrage. Es ist
           damit einer Forderung des                   tige Kleidung, die nach Form,                ­sodass auch – etwa mittels ins                  auch mehr als das Eintreten für
           BVerfG nach2. Dieses Militanz­              Farbe, Schnitt und sonstiger                  Gesicht gezogener schwarzer                     Sonderin­teressen mit politi­
           verbot gilt für öffentliche und             Aufmachung, wie Besatz, Knöp­                 Kapuze, schwarzer Sonnenbrille                  scher Relevanz. Wesentlich ist,
           nicht öffentliche Versammlun­               fen und Ähnlichem von der all­                und schwarzer Oberbekleidung                    dass die Gemeinsamkeit der po­
           gen sowie für jedes Auftreten               gemein üblichen Kleidung ab­                  versehene – Versammlungsteil­                   litischen Ge­sinnung zum Aus­
           in der Öffent­lichkeit, hier auch           weicht. Erfasst werden nicht                  nehmer eines autonomen                          druck gebracht wird. Hierbei ist
           für eine einzelne Person, und               nur staatliche Uniformen, son­                „Schwarzen Blocks“ oder aber                    es unerheblich, ob die gleichar­
           durchbricht somit die Systema­              dern auch private, zum Beispiel               Träger von „Pseudo-Unifor­                      tig Gekleideten einzeln oder in
           tik des SächsVersG, welches                 Uniformen politischer Verbän­                 men“, etwa mit Kennzeichen,                     Gruppen auftreten. Die Absicht
           grundsätzlich nur für öffentli­             de4. Uniformteile sind Klei­                  gar Rangabzeichen versehene                     der Demonstration der gemein­
           che Versammlungen gilt. Der                 dungsstücke, die von jedem                    Vereinskluft von Rocker­grup­                   samen politischen Gesinnung
           Begriff der Öffentlichkeit ist da­          ­objektiven Betrachter ohne                   pierungen, erfasst werden kön­                  muss sich gerade im uniformen
           bei im weitesten Sinne zu ver­               Schwierigkeiten wegen ihrer                  nen.7 Mit der Begrenzung auf                    Auftreten darstellen. Die durch
           stehen. Gemeint sind nicht nur               Gleichartigkeit als Bestandteil             „Kleidungsstücke“ sind an der                    Uniformierung oder gleicharti­
           öffentliche Wege, Straßen und                einer Uniform erkannt werden                Kleidung getragene Buttons,                      ge Klei­dung zum Ausdruck ge­
           Plätze, sondern auch alle ande­              können. Gleichartige Kleidungs­                                                              brachte gemeinsame politische
           ren jedermann zugänglichen                                                               5 BayObLG, NStZ 1987, 234; OVG Bautzen,          Gesinnung muss so offenkun­
                                                                                                      SächsVBl. 2002, 96; Dietel/Gintzel/Kniesel
           Orte, wie Gast­stätten, Theater,           3 Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations-       (Fn. 3), § 3 Rn. 5; Rösing, Kleidung als Ge­   dig sein, dass sie sich dem un­
                                                        und Versammlungsfreiheit, 17. Aufl. 2016,     fahr, 2004, 63 ff.).
           Sportplätze, einsehbare häusli­              § 3 Rn. 12; Roos, Uniformverbot: Wenn       6 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 1. Oktober
                                                        Textilien die politische Gesinnung de­        2013, 1 Ss 268/12; Steckmann, Versamm­         8 BayObLG, NStZ 1987, 234; OVG Bautzen,
                                                        monstrieren, POLIZEI-heute 5/2002, 180        lungen unter freiem Himmel, Kompass               SächsVBl. 2002, 96; Dietel/Gintzel/Kniesel
           1 Vgl. Brenneisen/Petersen, Das Uniform­   4 Kay, Versammlungsrecht – Rechte und           Spezial Juni 2015 (Zeitschrift der Berliner       (Fn. 3), § 3 Rn. 5; Rösing (Fn. 5), 63 ff.
             verbot des Versammlungsgesetzes, PVT       Pflichten der Beteiligten an öffentlichen     Polizei), 24.                                  9 BVerfG, NJW 1982, 1803.
             3/2000, 68                                 Versammlungen unter freiem Himmel und       7 OLG Hamburg, Beschluss vom 10. Mai             10 Pewesdorf/Söllner/Tölle, Polizei- und Ord­
           2 BVerfG, NJW 1982, 1803                     Aufzügen, Polizeiinfo 4/2013, 8               2016, 1 Rev 70/50 m. w. N.                        nungsrecht, 2. Aufl. 2017, 666.

           > Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

befangenen Betrachter gera­        Grundhaltung, die sich mit prin­                   lich die Zurschaustel­lung einer                geführt, dass die Versamm­lungs­
dezu aufdrängt, oder die           zipieller Ablehnung von Herr­                      quasi-militärischen Organisati­                 freiheit beschränkt werden darf,
gemeinsame politische Gesin­       schaft und Staat verbindet.                        on oder von Gewaltbereit­                       um ein aggressives und provo­
nung muss durch Gruppen­           Abzu­grenzen von politischer                       schaft12. Insgesamt muss auf­                   katives, insbesondere die
bindung oder entsprechende         Gesinnung sind Brauchtum,                          grund provokativer oder sonst                   Schrec­ken der NS-Gewaltherr­
Äußerungen ausdrücklich be­        Kunstausübung sowie sonstige                       wie aggressiver Vorgehenswei­                   schaft wachrufendes Verhalten
kundet sein. Politische Gesin­     zulässige Zweckverfolgung,                         sen ein Einschüchterungseffekt                  zu verhindern, durch das ein Kli­
nung ist nicht gleichzusetzen      auch wenn mit dieser Zweck­                        gegenüber Teilnehmern der ei­                   ma der Gewaltbereitschaft ver­
mit parteipolitischer Gesin­       verfolgung politische Belange                      genen Versammlung, einer Ge­                    mittelt wird und Einschüchte­
nung. Zwar hat der Bundesge­       berührt werden11.                                  genversammlung oder Außen­                      rungswirkungen entstehen14.
setzgeber nach den Erfahrun­                                                          ste­henden durch ein Klima der
gen der Weimarer Republik in       4. Einschüchterungseffekt                          Gewaltdemonstration und po­                     Das OVG Bautzen hat bereits
erster Linie verhindern wollen,                                                       tenzieller Gewaltbereitschaft                   nach der alten Rechtslage (§ 3
dass Mitglieder und Anhänger       Hinzukommen muss, dass infol­                      erzeugt werden. Dies kann etwa                  Abs. 1 VersG) darauf hingewie­
von Parteien uniformiert auf­      ge des äußeren Erscheinungs­                       der Fall sein bei einem gemein­                 sen, dass Bomberjacken und
treten. Die Regelung erfasst       bildes oder durch die Ausgestal­                   samen Auftreten rechtsextre­                    Springerstiefel Symbole sind,
aber auch alle Mitglieder und      tung der Versammlung Gewalt-                       mistischer Versammlungsteil­                    durch die eine Zurschaustel­
Anhänger von Vereinigungen,        bereitschaft vermittelt und                        nehmer mit Bomberjacken,                        lung von organisierter Gewalt­
die eine gemeinsame politische     ­dadurch auf andere Versamm­                       Springerstiefeln, Marschtritt,                  bereitschaft und Herbeiführung
Gesinnung durch uniformes           lungsteilneh­mer oder Außen­                      Trommelschlagen und schwar­                     von Einschüchterung erfolgt,
Auftreten demonstrieren wol­        stehende einschüchternd ein­ge­                   zen Fahnen, ebenso aber auch                    wenn diese von Versammlungs­
len. Sie erfasst auch Mitglieder    wirkt wird. Eine einschüch­tern­­-                bei „schwarzen Blöcken“ links­                  teilnehmern auf einer Ver­
und Anhänger von Gruppierun­        de Wirkung setzt mehr voraus                      extremistischer Autonomer oder                  sammlung getragen werden,
gen ohne feste Organisations­       als nur den Eindruck einer ge­                    „autonomer Nationalis­ten“13.                   die durch eine rechts­extre­mis­
struktur. Entschei­dend ist eine    wissen Nachdrücklichkeit, näm­                    Das BVerfG hat mehrfach aus­                    tische Partei durchgeführt
gemeinsame politische Grund­
                                                                                                                                      14 Zum Beispiel BVerfGE 111, 147 m. w. N.;
überzeugung, wenn auch auf         11 BVerfGE 77, 240/243; BayObLG, NJW 1987,         12 Scheidler, Das neue Bayerische Versamm­         Brenneisen/Wilksen/Staack/Martins, Ver­
kleinstem gemeinsamen Nen­            1778; LG Konstanz, MDR 1984, 692; Dietel/
                                      Gintzel/Kniesel (Fn. 3), § 3 Rn. 6 bis 8; Rö­
                                                                                         lungsgesetz, BayVBl 2009, 33
                                                                                      13 Ullrich, Niedersächsisches Versammlungs­
                                                                                                                                         sammlungsfreiheitsgesetz für das Land
                                                                                                                                         Schleswig-Holstein (VersFG SH), 1. Aufl.
ner, etwa eine anarchistische         sing (Fn. 5), 78 f.                                gesetz, 1. Aufl. 2011, § 3 Rn. 25 m. w. N.      2016, § 8 Rn. 28
                                                                                                                                                                                    23

                                                                                                                                                                                    Fachteil

                                                                                                                                             > Polizeispiegel | März 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           wird15. Im konkreten Fall ging es                Versamm­lungen ­können allen­                       Satz 1 Nr. 4 im Sinne von § 13                 mit H.- Symbol, schwarze Zim­
           um die Auflage, die unter ande­                  falls durch die Pflicht zur Neut­                   Abs. 1 Satz 2 SächsVersG. Lassen               mermannshose und schwarze
           rem das Tragen von Springer­                     ralität und zur politischen Mäßi­                   außerhalb öffentlicher Versamm­                sogenannte Jungenschaftsja­
           stiefeln und Bomberjacken bei                    gung gerecht­fertigt werden,                        lungen Tatsachen auf die Ab­                   cke) als Trommler bei einem
           einem Aufzug der NPD verbot                      etwa in Bezug auf die Teilnah­                      sicht einer Zuwiderhandlung ge­                Fahnenappell24.
           (Beschrän­kung einer Versamm­                    me an Versammlungen extre­                          gen das Militanzverbot nach § 3              > Das Tragen eines T-Shirts der
           lungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1                   mistischer Grup­pie­rungen. Der                     SächsVersG schließen, liegt eine               „Weisse Wölfe Terrorcrew“.
            [Sächs]VersG). Gleichartige Ver­                Eigentumsvorbehalt des Dienst­                      konkrete Gefahr beziehungswei­                 Der Verurteilte und 14 weite­
           mummung beziehungsweise                          herrn an der Dienstkleidung                         se Störung der öffentlichen Si­                re Gäste einer Hamburger
           Schutzbewaffnung sowie eine                      (vgl. Erlass des SMI vom 27.                        cherheit vor. Maßnahmen zur                    Gaststätte trugen sichtbar ein
           einheitliche Bekleidung erzeu­                   März 2013, 35-1145.00/52) ist                       Abwehr dieser Gefahr bezie­                    schwarzes T-Shirt, das im
           gen suggestiv-militante, aggres­                 allein keine tragfähige Grundla­                    hungsweise Beseitigung der                     Brustbereich den Schriftzug
            sionsstimulierende beziehungs­                  ge, das Tragen der Uniform                          ­Störung richten sich dann nach                „Weisse Wölfe Terrorcrew“
           weise einschüchternde Wirkung                    durch Polizeibeamte bei Ver­                         dem SächsPolG, wobei die Straf­               aufwies; die Worte „Weisse“
           und entsprechen so der Gefahr­                   sammlungen generell zu unter­                        verfolgung den Vorrang hat19.                 und „Wölfe“ waren – getrennt
           vermutung des § 3 SächsVersG16.                  sagen und damit in das Grund­                                                                      durch ein „Schlagringsymbol –
           Voraussetzung des Militanzver­                   recht auf Versammlungsfreiheit                      Die Möglichkeit der Erteilung                  jeweils in altdeutscher
           bots ist, dass der Ein­schüchte­                 einzugreifen18.                                     einer Ausnahmegenehmigung,                     schwarzer Schrift ausgeführt.
           rungseffekt von den äußeren                                                                          entsprechend § 3 Abs. 2 VersG                  Darunter war in einem roten
           Versammlungsmodalitäten                          Der Verstoß gegen § 3 Sächs­                        für Jugendverbände, die sich                   Feld der Schriftzug „Terror­
           ­ausgeht, also von den Verhal­                   VersG stellt eine Straftat gemäß                    vorwiegend der Jugendpflege                    crew“ angebracht; dabei han­
            tensweisen der Teilnehmer, und                  § 29 SächsVersG dar. Die Ein­rich­­                 widmen, zum Beispiel „Falken“,                 delt es sich um eine dem
            nicht von den geäußerten, mög­                  tung von Kontrollstellen gemäß                      ist im SächsVersG entbehrlich.                 „rechtsextremistischen Spek­
            licherweise als provokativ oder                 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sächs­                     Es kann und darf keine Ausnah­                 trum“ zuzuordnende Grup­
            aggressiv empfundenen Mei­                      PolG oder von Kontrollberei­                        men vom Militanzverbot geben.                  pierung25.
            nungsinhalten. Anknüpfungs­                     chen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1
            punkt des Militanzverbots ist                   Nr. 6 SächsPolG zur Verhinde­                       5. Beispiele für Verstöße ge-                6. Fazit
24          die Form, nicht der Inhalt der                  rung von Straftaten im Sinne                           gen das Militanzverbot im
            Kommunikation im Rahmen                         des § 29 SächsVersG ist nicht                          Sinne von § 3 SächsVersG                  Aktuelle Erscheinungsformen
            von Versammlungen.17                            zulässig, da nur § 28 SächsVersG                                                                 von Uniformierung und ein­
Fachteil

                                                            in beiden Ermächtigungsgrund­                       > Das Tragen von schwarzen Le­               schüchterndem, militant-ag­
           Uniformierte Polizeibeamte                       lagen des SächsPolG ge­nannt                          derjacken, Hosen und Stiefeln              gressiven Auftreten belegen die
           oder sonstige uniformierte                       wird. Uniformen, Uniformteile                         mit schwarzem oder braunem                 Notwendigkeit einer Rechts­
           Amtsträger, die gemeinsam in                     oder sonstige gleichartige Klei­                      Hemd unter Zusatz von                      grundlage zum polizeilichen
           Verfolgung von Berufsinteres­                    dungsstücke, durch die der Mili­                      schwarz/weiß/roten Armbin­                 ­beziehungsweise versamm­
           sen demonstrieren, fallen nicht                  tanzeffekt erreicht wird, sind als                    den, Totenkopfemblem und                    lungsbehördlichen Einschreiten.
           unter das Verbot des § 3 Sächs­                  Beweismittel im Strafverfahren                        Koppel von Mitgliedern bezie­               Ein bedrohlicher Gesamtein­
           VersG, selbst wenn politische                    vom Polizeivollzugsdienst (PVD)                       hungsweise Sympathisanten                   druck als Kombination von
           Belange berührt werden. Zum                      sicherzustellen oder zu beschlag­                     der rechtsextremistischen                   gleich­artiger Bekleidung und
           einen ist die Uniformierung                      nahmen. Sie unterliegen gemäß                         ANS/NA20.                                   militant-aggressiver Wirkung
           nicht Ausdruck ge­meinsamer                      § 31 SächsVersG der Einziehung.                     > Das Tragen blauer FDJ-Hem­                  wird in besonders typischer
           politischer Gesinnung. Es geht                                                                         den mit Brusttaschen und                    Weise vom „Schwarzen Block“
           nicht um den Ausdruck einer                      Versammlungsteilnehmer, wel­                          Schulterklappen auch ohne                   der militanten Autonomen so­
           politischen Grundüber­zeugung,                   che bei einer öffentlichen Ver­                       FDJ-Emblem in einem Auf­                    wie neonazistischen Gruppie­
           sondern lediglich um das Ein­                    sammlung unter freiem Himmel                          zug21.                                      rungen erzeugt. Das Ensemble
           treten für berufsbezogene Inte­                  gegen das Militanzverbot des                        > Das Tragen von grünen Bun­                  aus gleichartiger, durchweg
           ressen. Die Uniformierung soll                   § 3 Sächs VersG verstoßen, kann                       deswehr- oder Bundesgrenz­                  schwarzer Kleidung, dazu bei
           lediglich besondere Aufmerk­                     der PVD nach § 18 Abs. 3 Sächs­                       schutzhosen, Bundeswehr­                    den Rechtsextremisten Sprin­
           samkeit erzeugen. Zum anderen                    VersG von der Versammlung                             tarnjacken und Stiefel für die              gerstiefel, verbunden mit
           wird es am Einschüchte­rungs­                    ausschließen; bei Aufzügen                            Teilnehmer einer Gelände­                   Marschtritt, Trommelschlagen
           effekt fehlen, weil durch das                    nach § 19 Abs. 4 SächsVersG. So­                      übung (Wehrsportgruppe                      und Mitführen schwarzer Fah­
           Auftreten uniformierter Amts­                    fern sich Teilnehmer öffentlicher                     Hoffmann)22.                                nen, deren suggestiv-militante,
           träger keine Gewaltbereitschaft                  Versammlungen in geschlosse­                        > Das Tragen von Springerstie­                aggressionsstimulierende Wir­
           ver­mittelt wird. Beamtenrecht­                  nen Räumen nicht an das Mili­                         feln, schwarzen Hosen und                   kung sich geradezu aufdrängt,
           lich begründete Verbote des                      tanzverbot halten, kann sie der                       Koppeln bei einem Fahnen­                   entspricht in hohem Maße dem
           Tragens der Dienstkleidung bei                   Versammlungsleiter nach § 10                          appell23.                                   Gefahrenbild, das der Bundes­
                                                            Abs. 1 SächsVersG aus­schließen                     > Das Tragen vereinsinterner                  gesetzgeber beim Erlass des
           15 OVG Bautzen, SächsVBl. 2002, 96; kritisch     oder der PVD nach § 13 Abs. 1                         Kluft (graues Fahrtenhemd                   VersG im Jahr 1953 vor Augen
              hierzu Kniesel, Anmerkung zu OVG Bautzen,
              ­Beschluss vom 9. November 2001, 3 BS
                                                                                                                                                              hatte.26
               257/01, NJ 2002, 496                         18 Vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 3), § 3 Rn. 9   19   Vgl. Roos (Fn. 3)
           16 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 3), § 3 Rn. 2;       u. 10 m. w. N.; Kay (Fn. 4); Kniesel/Poscher     20   BVerfG, NJW 1982, 1803                  24 OLG Dresden, Beschl. v. 4. September
              Kniesel/Poscher, Versammlungsrecht, in           (Fn. 16), Rn. 297; Wecker, Verbot des Tragens    21   BayObLG, NJW 1987, 1778                    2014, 22 Ss 522/14
              Lisken/Denninger/Rachor (Hrsg.) Handbuch         der Uniform bei Demonstrationen außer­           22   BGH, NStZ 1984, 123                     25 OLG Hamburg, Beschl. v. 10. Mai 2016,
              des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, K Rn. 294      halb des Dienstes?, POLIZEISPIEGEL 3/2004,       23   OLG Koblenz, Beschluss vom 11. Januar      1 Rev 70/15
           17 Scheidler (Fn. 12)                               16; a. A. VG Wiesbaden, NVwZ 2004, 635                2011, 2 Ss 156/10                       26 Vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 3), § 3 Rn. 17.

           > Polizeispiegel | März 2018
dbb

Einkommensrunde für Bund und Kommunen 2018:

6 Prozent, mindestens 200 Euro!
Das ist die Forderung des dbb für die Beschäftigten des Bundes und der Kom­
munen. Da geringe Einkommen im öffentlichen Dienst nicht angemessen von
linearen Einkommenserhöhungen profitieren können, setzt der dbb mit der
Forderung nach 200 Euro als Mindesterhöhung der Einkommen ein Zeichen
                                                                                                                             lung der vergangenen Jahre.
für mehr soziale Gerechtigkeit und eine zukunftsorientierte Personalpolitik.
                                                                                                                             „Gerade die Kolleginnen und
                                                                                                                             Kollegen mit kleinen und mitt­
                                                                                                                             leren Einkommen sollten jetzt

                                                                                                             © Marco Urban
                                                                                                                             von der guten Einnahmesituati­
                                                                                                                             on des Staates profitieren. Für
                                                                                                                             eine Pflegehelferin oder einen
                                                                                                                             Straßenwärter mit nur knapp
                                                                                                                             über 2 000 Euro brutto sind 200
                                                                                                                             Euro eine echte Hausnummer.
                                                                                                                             Das ist angemessen, motivie­
                                                                                                                             rend und außerdem auch volks­
                                                                                                                             wirtschaftlich gut für die Bin­
                                                                                                                             nennachfrage.“ Zuvor hatte die
                                                                                                                             dbb Bundestarifkommission in
                                                                                                                             einer Sitzung mit dem dbb Bun­
                                                                                                                             desvorstand im dbb forum ber­                            25
                                                                                                                             lin über die Einkommensforde­
                                                                                                                             rung beraten.

                                                                                                                                                                                      aktuell
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