Rehwild in Österreich - Eine "Bestandsaufnahme" Die Auhirsche von Asten - OÖ LJV
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SEPTEMBER 2018 45. JAHRGANG · NR. 160 Info-Magazin des OÖ Landesjagdverbandes Hohenbrunn 1 · 4490 St.Florian Rehwild in Österreich Eine „Bestandsaufnahme“ Die Auhirsche von Asten Eine Welt von gestern, Teil 2 Int. Jagdhornbläser- Österreichische Post AG, MZ 02Z030514 M Retouren an: OÖ Landesjagdverband · Hohenbrunn 1 · 4490 St. Florian Wettbewerb in OÖ Es war ein Fest für uns alle!
DIE M18 IST DA! © 2018 Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. ���������� �� ��� ��� ����������� ��r � R ����- �� Import & Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH | Südbahnstraße 1 | A-9900 Lienz www.mauser.com office@waffen-idl.com
Der Landesjägermeister berichtet Ökonomierat Sepp Brandmayr Der Abschussplan zeichnet den Weg vor: Rechtzeitigkeit und Absprache erleichtern die Erfüllung Der rechtzeitige Abschussbeginn und ein gutes Gesprächs- Unsere zweite derzeit drängende Bejagungsaktivität liegt klima zwischen Jägern und waldbewirtschaftender Grundbe- beim Schwarzwild, wenn dieses im Spätsommer und Herbst sitzer- und Bauernschaft sind Garanten für eine erfolgreiche besonders aktiv wird. Hier gilt unser Einsatz der entspre- Erfüllung der Abschusspläne. Auch dann, wenn es um den chenden „Kurzhaltung“. Weidmannsdank an jene Jägerinnen Herbstabschuss bei Rotwild, Rehwild und, wenn notwendig, und Jäger, die Nacht für Nacht auf den Hochständen sind und auch Gams geht. Heute, wo vorrangig die gemeinsame Um- eine weidgerechte, scharfe Bejagung mit allen legalen Mitteln setzung der Aktion „Klimafitte Wälder“ ein Gebot der Stunde anstreben. darstellt, sind der Dialog und die Gesprächsbereitschaft zwei der Grundvoraussetzungen für ein weidgerechtes Jagen. Ab Mitte Oktober werden in vielen Revieren die Herbstjagden abgehalten und hier geht es auch darum, dass die Jagd mit Im Fall, dass es wirklich in einem Revier “brennt“, soll sich der Schrotflinte gut und gewissenhaft vorbereitet wird. Und die Jagd nicht scheuen, auch auf eine sogenannte Schwer- zwar auch in der Richtung, dass niemals vergessen wird, die punktbejagung zurückzugreifen, damit das Problem sozusa- Gefährdung der nichtjagenden Bevölkerung strikt zu vermei- gen bereits an der Wurzel gelöst wird. Ich appelliere an die den. Vernunft jener Jägerinnen und Jäger, die von einer derartigen Maßnahme im eigenen Revierteil betroffen sind, auch die Hil- Abschließend noch ein paar Worte zur Direktvermarktung: Ich fe von Jagdkameraden bei Bedarf anzunehmen. Es geht hier bedanke mich an dieser Stelle bei den oberösterreichischen um eine gemeinsame Maßnahme des Grund- und Waldbe- Jägerinnen und Jägern für ihre hervorragende Arbeit, was die sitzes und der Jäger – im Sinne des Lebensraumes UND des Verwertung des kostbaren Lebensmittels Wild betrifft. Die Wildes. Ausbildungs- und Weiterbildungskurse für die Kundigen Per- Ich stelle mich in diesem Zusammenhang daher auch ganz sonen sind stets ausgebucht und Dank einer ausgezeichneten entschieden gegen die Theorie, dass Wild ein Schädling im Vortragsweise überaus wirkungsvoll. Bestes Wildbret ist eines Wald sei und wir Jäger die Schädlingsbekämpfer sein sollen. unserer Aushängeschilder und ein unschätzbar wertvoller Die Natur lebt – Gott sei Dank – und wir alle sind aufgerufen, Beitrag zur Ernährung. den Kreislauf zu unterstützen. Für die kommenden Herbstjagden viel Freude in der Natur bei unserem geliebten Wild und in unserer schönen Heimat Ober österreich. Das entbietet Ihnen mit kräftigem Weidmannsheil und dem Wunsch auf ein unfallfreies Jagen, Ihr www.maniga.at SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 3
EDITORIAL „Die öffentliche Meinung ist eine Mischung aus Torheit, Schwäche, falschen und richtigen Meinungen, 6 10 Eigensinn und Zeitungsartikeln.“ Dieses Zitat von Sir Robert Peel, britischer Staatsmann und Politiker, aus dem frühen 19. Jahrhundert ist noch immer passend. Wir nehmen uns im Hinblick auf die „jagdliche und wildökologische“ Meinung nun die „Zeitungsartikel“ he- raus und haben auch in dieser Ausgabe des OÖ Jägers eine vielfältige und hoffentlich interessante Themen-Mi- schung zusammengetragen: Wir beleuchten Wildarten wie das Rehwild im forstlich- jagdlichen Zusammenhang, das Rotwild aus historischer Sicht, die Lebensraumbeurteilung im Rahmen der Ver- gleichs- und Weiserflächenbegehungen, die Winterfütte- 28 44 rung sowie die Bären in Slowenien. Weiters lesen Sie über rechtliche Themen, die zahlreiche Jäger betreffen, schauen zur Falknerei und selbstver- Der Landesjägermeister berichtet ständlich zu den jungen Revierbesuchern, den Jagdhun- ÖR Sepp Brandmayr 3 den und zu vielem mehr! Nicht zuletzt zu jagdkulturellen Rehwild in Österreich 6 Freuden rund um unser Weidwerk – wir durften ja heuer wieder den Jagdhornbläserwettbewerb in Oberösterreich Die Auhirsche von Asten – ausrichten. eine Welt von gestern. TEIL 2 10 Viel Spaß beim Lesen! Ergebnisse der Vegetationsbeurteilung und Abschussplanerfüllung: Praxistipps aus innovativen oberösterreichischen Revieren 16 Ihr Tannin – Wichtige Gerbstoffe im Wildfuttermittel 20 Slowenien – Marke „bärenfreundlich“ 24 Schutzmaßnahmen für den Rotmilan und Mag. Christopher Böck andere seltene Greifvögel 28 Geschäftsführer, Wildbiologe, Jagd- & Waffenrecht: Änderung der datenschutzrechtlichen Redaktionsleiter Voraussetzungen zur Verwendung einer Wildkamera zur Wildbeobachtung 34 Der oö Jäger und sein Revier: Vom Schüler zum Lehrling … 36 wild auf Wild: Wildentenbrust mit gebratenem Sommergemüse 44 AUS DER GESCHÄFTSSTELLE. ab 46 Titelfoto: Der Herbst naht und damit die Neue Webseite des OÖ LJV 46 Niederwildjagden. Jene Jagd gebiete die Hege betrieben haben, JBIZ-Seminare 48 können auch dementsprechend „ernten“. Einnahmen-Ausgaben 2018 51 Foto: R. Sturm IM VISIER. DIE JAGD IN DER ÖFFENTLICHKEIT. ab 56 4 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
SEITENBLICKE AUF‘S JAGDMUSEUM 16 24 Armbrust, mit Hornbogen, deutsch, um 1500 Von der Armbrust wurde in Europa erstmalig im 10. Jhdt. berichtet. Im 13. Jhdt. gelang mit der Entwicklung des Hornschichtbogens, der den Holzbogen ablöste, eine wesentliche Steigerung der Schussleistung. Die Armbrust besteht im Wesentlichen aus einem Bogen, einer Säule und einem entsprechenden Mechanismus zum Halten und Loslassen der gespannten Sehne. Die Armbrustbauer, in ihrer Zunft als Armbruster bezeich- 58 76 net, waren Handwerker und Künstler zugleich. Sie mussten mit einfachen Werkzeugen Armbrüste, die nicht nur schön aussahen, sondern auch sicher funk- tionierten, bauen. Die Armbrust war eine ideale Jagd- LEBENSRAUMGESTALTUNG. ab 58 waffe, da sie nahezu geräuschlos war. Sie hatte eine Jagd und Forst im Einklang – am Praxisbeispiel Einwald 58 große Zielgenauigkeit und die Bolzen erreichten durch die Bogenspannung eine hohe Durchschlagskraft. Bis Wertvolle Sträucher: Roter Hartriegel 61 auf 200 Schritt erzielte die Armbrust noch eine effek- tive Schussleistung und Treffergenauigkeit. Ein geübter Kleine Naturkunde: Der Uhu 62 Schütze konnte in der Minute zwei Schuss abgeben, Wildschutzprojekt Oberösterreich 2010 bis 2019 – auch konnte er das Wild mit der gespannten Armbrust Zwischenbericht 2018 64 lange verfolgen, ohne dass die Bogenspannung und da- mit die Schussleistung nachließen. SCHULE & JAGD. ab 66 HUNDEWESEN. ab 72 ab 76 BRAUCHTUM & JAGDKULTUR. Jagdliches Bildungs- und KURSE & SEMINARE Internationaler Jagdhornbläser-Wettbewerb in Kremsmünster 76 InformationsZentrum siehe Seite 48 SCHIESSWESEN. ab 83 Freitag, 21. September 2018 Copter-Einsatz zur Jungwildrettung FALKNEREI. ab 86 Mittwoch, 10. und 17. Oktober 2018 AUS DEN BEZIRKEN. ab 88 Meine Verantwortung als Jäger/Jägerin NEUE PRODUKTE AUF DEM JAGDSEKTOR. ab 92 in der Öffentlichkeit NEUE BÜCHER. ab 95 Samstag, 13. Oktober 2018 Wildkräuter: vom Haselzauber, der Herzbeere Kleinanzeigen 98 und dem Adlerfarn Impressum, Sonne und Mond 99 SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 5
THEMA In ÖSTERREICH Forst & Jagd Dialog Mariazeller Erklärung TEXT Franz Mayr-Melnhof-Saurau, Landesjägermeister der Steiermark und Waldbesitzer FOTOS M. Schlosser, Ch. Priller W er langjährige Bestandesent- 37.000 Stück Rehwild erlegt, 1900 waren mögliche Vermehrungspotential dieser wicklungen von Wildarten es bereits mehr als 52.000, und in den Wildart – vor allem dann, wenn Geißen verfolgen möchte, der hat in 1930er Jahren kletterte die Rehwildstre- und Kitze geschont werden. Heute pen- unserem Land einen Vorteil: Österreich cke bereits auf rund 76.000 Stück. Das deln die Rehwildstrecken in Österreich besitzt die ältesten Aufzeichnungen von heißt, in etwa 40 Jahren hat sich bereits um 260.000 Stück jährlich. International Jagdstrecken weltweit. Zu verdanken ist damals die Strecke verdoppelt. Warum gesehen liegt unser kleines Land damit dies den Beamten aus der k.u.k. Zeit. sind diese Angaben von Bedeutung? hinter Deutschland und Frankreich im Auch wenn die Strecken nicht direkt auf Zum einen helfen sie, wie erwähnt, die europäischen Spitzenfeld. den Bestand schließen lassen, so geben Bestandesentwicklung zu beschreiben, sie uns zunächst doch einen Einblick in zum anderen erlauben sie Vergleiche mit Noch im 19. und teilweise auch im 20. die Entwicklung der Wildbestände - spä- anderen Ländern, wobei hier auch noch Jahrhundert waren die Rehwildvorkom- ter auch in die Art und Weise, wie in di- anzufügen ist, dass Rehwildfütterung men in Europa stark reduziert und zer- ese Bestände über die Jagd eingegriffen im heutigen Sinn vor 100 Jahren in Ös- splittert. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird. Um 1890 wurden innerhalb der terreich so gut wie keine Rolle gespielt erholen sich die Bestände wieder. Heute Grenzen des heutigen Österreich etwa hat. Das ist ein wichtiger Hinweis auf das kommt das Reh in 40 europäischen Län- 6 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
dern vor. Die Wildart lebt mittlerweile an in Schweden wird darauf hingewiesen, Das Reh ist keine typische der Südspitze Italiens wie nördlich des dass neben strikten jagdlichen Abschuss- Wald-Tierart. Polarkreises. In Finnland ist das Reh von vorgaben und dem Ende der Waldweide In großen geschlossenen Norden her aus Schweden eingewandert. vor allem veränderte forstliche Praktiken Die Wilddichten sind je nach Land noch dazu beigetragen haben, dass sich Reh Wäldern sind Rehe selten. immer sehr unterschiedlich. Deutlich und Elch stark ausbreiten konnten. Ne- Dennoch brauchen unsere Rehe vor Augen führt dies der Vergleich der benbei sei hier bemerkt, dass die Schwe- Wald – von Natur aus sind jährlichen Strecken zwischen Österreich den darauf hinweisen: „Auf Landesebene sie typische Waldrandbewohner. und der Schweiz. In unserem gebirgigen gibt es keinen direkten Zusammenhang Nachbarland werden jährlich insgesamt zwischen Wildschäden im Wald und Windwurfflächen, Käferlöcher rund 40.000 Rehe erlegt. Das ist in etwa Wilddichten.“ Vielmehr geht man davon oder Kahlschläge sowie ein so viel, wie auf der Fläche des heutigen aus, das forstliche Praktiken in engem dichtes Forstwegenetz bieten Österreich vor 120 Jahren. Allein an Fall- Zusammenhang mit Schäden durch Elch- einem Randlinienbewohner wild werden in Österreich derzeit zwi- wild stehen könnten. wie dem Reh hohen Besiedlungs- schen 60.000 und 70.000 Stück im Jahr gefunden. In Polen konnten Wildbiologen nachwei- anreiz. sen, dass ansteigende Schalenwildbe- Waldwirtschaft und Rehe stände mit der Zunahme der Waldfläche Das Reh ist keine typische Waldtierart. einhergehen (Borowik, T. et al 2013). In In großen geschlossenen Wäldern sind dem großen, wenig bewaldeten Land Rehe selten. Dennoch brauchen unsere ging es um Rotwild, Schwarzwild und Die polnischen Forscher weisen darauf Rehe Wald – von Natur aus sind sie ty- Rehe in 462 Forstaufsichtsgebieten und hin, dass mildere Winter und zuneh- pische Waldrandbewohner. Windwurf- 23 Nationalparks. Modellrechnungen mit mende Waldflächen auch in Zukunft ein flächen, Käferlöcher oder Kahlschläge verschiedenen Umweltvariablen zeigten Anwachsen der Schalenwildbestände sowie ein dichtes Forstwegenetz bieten folgendes Ergebnis: Wenig Wald und tiefe erwarten lassen. Damit wird zumindest einem Randlinienbewohner wie dem Reh Temperaturen im Jänner waren die be- teilweise auch ein Paradoxon erklärt, hohen Besiedlungsanreiz. Die Rehwild- grenzenden Faktoren für alle drei Arten. welches hierzulande immer wieder zu studien der Steirischen Landesjägerschaft In Forstdistrikten mit 40 bis 50 % Wald- Unverständnis und Konfrontationen im Forstbetrieb Meran in der Weststeier- fläche gab es die höchsten Wilddichten führt: Die Forstseite verkauft zunehmende mark haben dies deutlich gezeigt. Auch von Reh-, Rot- und Schwarzwild. Waldflächen und steigende Holzvorräte als Erfolg, klagt jedoch gleichzeitig über anwachsende Schalenwildbestände. Die Jagdseite weist im Gegenzug darauf hin, dass es trotz steigender Schalenwild- bestände immer mehr Wald gibt. Hier könnte man demnach einfügen, dass vieles darauf hinweist: „Die steigenden Schalenwildbestände sind auch (!) eine Folge zunehmender Waldflächen so- wie veränderter Waldnutzung.“ Wobei mit veränderter Waldnutzung auch die heute weitgehend abgeschlossene Wald- Weide-Trennung gemeint ist. Zu klären bleibt dann die Frage: „Wer will welchen Wald?“ Äsungskapazität Am Rande möchte ich hier auch noch ein Phänomen erwähnen, auf das Wildbio- logen erst vereinzelt hinweisen, welches aber in Zukunft für die Entwicklung von Schalenwildbeständen von Bedeutung sein könnte. Es sind die Stickstoffeinträge in Waldökosysteme. Das Österreichische Umweltbundesamt führt dazu aus, dass Um 1890 wurden innerhalb der Grenzen des heutigen Österreich etwa 37.000 Stück Rehwild erlegt, die mittlere kritische Belastungsgrenze 1900 waren es bereits mehr als 52.000, und in den 1930er Jahren kletterte die Rehwildstrecke bereits auf rund 76.000 Stück. Das heißt, in etwa 40 Jahren hat sich bereits damals die Strecke bei 10 kg Stickstoff je Hektar Waldboden verdoppelt. liegt, im Mittel wird dieser Wert um etwa SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 7
THEMA Seit Jahren wird nun über die werden immer wieder Forderungen nach wildbestände in ganz verschiedenen Einteilung nach Altersklassen bei weiterer Vereinfachung dieser Regeln Ländern liefern uns Beispiele dafür. Da- vorgebracht, vereinzelt meint man, am mit werden über die Jagd stabile Sozial- den Rehböcken diskutiert. besten wäre es, alles über Bord zu wer- systeme von Wildtieren gestört. Wird zu Mehr und mehr setzt sich die fen, da die meisten Jäger Rehe ohnehin stark auf der männlichen Seite und zu Erkenntnis durch, dass viele nicht ansprechen können. Gemeint sind wenig auf der weiblichen Seite eingegrif- Jäger nur zwischen Jährlingen meist nur Rehböcke. Das Thema Biologie fen, dann steigen zudem die Zuwachsra- und mehrjährigen Böcken ebenso wie die Frage nach Intention oder ten. Zielsetzungen von Abschussrichtlinien unterscheiden können, werden dabei meist ausgeblendet. Seit Jahren wird nun über die Einteilung folgerichtig – meinen die nach Altersklassen bei den Rehböcken Vertreter der Zweiklassen- Generell besteht der Trend, dass das diskutiert. Mehr und mehr setzt sich die einteilung – sollte man also Durchschnittsalter von bejagten Wild- Erkenntnis durch, dass viele Jäger nur tierpopulationen sinkt. In Mitteleuropa zwischen Jährlingen und mehrjährigen nur noch zwischen Einjährigen kommt dazu, dass parallel damit der Tur- Böcken unterscheiden können, folgerich- und Mehrjährigen trennen. nover schneller wird. Reh- und Schwarz- tig – meinen die Vertreter der Zweiklas- Tatsache bleibt dennoch: Jeder Wildtierbestand ist nach Sozial- oder Altersklassen aufgebaut. Das ist in Bezug auf Bestandes dynamik und Sozialverhalten jedenfalls von Bedeutung. 4,5 kg überschritten. Der Eintrag von an- organischem Stickstoff in die Atmosphä- re hat sich seit den 1990er Jahren ver- vielfacht, womit die Stickstoffkreisläufe großräumig verändert werden. Stickstoff spielt eine zentrale Rolle bei der Photo- synthese, womit wiederum das Nahrung- sangebot als energetische Basis für fast alle Organismen beeinflusst wird. Be- sonders die steigende Primärproduktion skandinavischer Wälder führt dies heute deutlich vor Augen. Das Rehwild ist ein Konzentrat-Selektierer, der eiweißreiche Äsung bevorzugt. Ausreichende Stick- stoffversorgung ist eine wesentliche Basis dafür. Rehe und Jagd Wer auf das Thema Rehe und Jagd ein- geht, kann die Biologie dieser Wildart nicht ausblenden. Wenn es Regeln für die Bejagung geben soll, dann geht es neben der Biologie aber natürlich auch um die Fähigkeiten der Jäger und ebenso um die Wenn viele, oder zu viele Böcke dem Bestand entnommen werden, dann sinkt deren Durchschnitts Intentionen bzw. Ziele, die mit diesen alter – da helfen weder Klasseneinteilung, noch Altersmerkmale. Die Zweiklasseneinteilung bei Regeln verfolgt werden sollen. Die Ver- den Rehböcken vereinfacht ohne Zweifel den jagdlichen Eingriff, aber sie beleuchtet bei unserem Umgang mit dieser Wildart einen Nebenschauplatz. Wenn Rehwildbestände über die Jagd kontrolliert meidung von Tierleid steht heute in un- werden sollen, dann geht es zunächst einmal nicht um die Böcke, sondern um den weiblichen Teil serem Kulturraum über alle dem. Aktuell des Bestandes. 8 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
seneinteilung – sollte man also nur noch für die hohen, teilweise noch immer zwischen Einjährigen und Mehrjährigen steigenden Bestände dargelegt wird. Ein trennen. Tatsache bleibt dennoch: Jeder Blick auf die österreichischen Rehwild- Wildtierbestand ist nach Sozial- oder Al- strecken zeigt das deutlich. tersklassen aufgebaut. Das ist in Bezug auf Bestandesdynamik und Sozialverhal- Auch wenn das Reh derzeit in Mitteleur- ten jedenfalls von Bedeutung. Tatsache opa die häufigste Schalenwildart ist, wel- ist aber auch: Wenn viele, oder zu viele che noch dazu mit unterschiedlichsten Böcke dem Bestand entnommen werden, Umweltsituationen fertig wird, letztend- dann sinkt deren Durchschnittsalter – da lich geht es um den Umgang mit freile- helfen weder Klasseneinteilung, noch benden, sensiblen, hochentwickelten Altersmerkmale. Die Zweiklasseneintei- Säugetieren. Verallgemeinerungen oder lung bei den Rehböcken vereinfacht ohne pauschale Rufe nach Reduktion ohne Zweifel den jagdlichen Eingriff, aber Bezug auf konkrete Ziele, Zeithorizonte sie beleuchtet bei unserem Umgang mit oder Örtlichkeiten gehen ebenso ins Lee- dieser Wildart einen Nebenschauplatz. re, wie der undifferenzierte Eingriff in Wenn Rehwildbestände über die Jagd Wildtierbestände. kontrolliert werden sollen, dann geht es zunächst einmal nicht um die Böcke, Leitlinien geben eine Richtung vor; wer sondern um den weiblichen Teil des erfolgreich sein will, muss konkret anset- Bestandes. In Österreich wird seit Jahr- zen. Die Unbekümmertheit, ja oft Gleich- zehnten bei den Böcken stärker eingegrif- gültigkeit, welche in Aussagen steckt, fen als bei den Rehgeißen. welche postulieren „beim Reh kann man ohnehin keine Fehler machen“, werden Die „Drittelparität“ – also der Eingriff dieser Wildart nicht gerecht. bei Böcken, Geißen und Kitzen im sel- Zudem bauen sie auf einer Grundlage, ben Ausmaß – stellte nach der ursprüng- die unser Handeln von jedem Wertege- lichen Schonung von Geißen und Kitzen rüst abkoppelt. Jagd auf Rehe ist eben- einen ersten Schritt hin zu einer besseren so wenig wie Jagd auf andere Wildtiere Aufteilung der jagdlichen Eingriffe in die Schädlingsbekämpfung! Neben unseren Rehwildbestände dar. Der Ansatz war gut, jagdlichen Zielsetzungen sowie den Er- er ist aber dann nicht gut genug, wenn fordernissen im einzelnen Revier oder auf man regulieren oder reduzieren möchte landeskultureller Ebene kommt der Biolo- und die Zahl der Geißen überwiegt; was gie und dem Wohlergehen des Wildtieres heute in vielen Beständen der Fall ist. Zu höchster Stellenwert zu. Zufriedenstel- klären ist davor aber immer die Frage: lende Lösungen wird es nur geben, wenn „Muss überhaupt reduziert werden?“ Die alle drei Ebenen berücksichtigt werden – Antwort kann in einem Almrevier ganz Anerkennung in der Gesellschaft mitein- anders ausfallen als in einem Revier mit geschlossen … besonderen waldbaulichen Zielen. Abschussrichtlinien geben in Österrei- ch einen Rahmen auf Landesebene vor. Lokale oder regionale Zielsetzungen kön- nen innerhalb dieses Rahmens verfolgt werden. Dabei stehen uns im Umgang mit dieser Wildart derart viele Freiheiten offen, dass es schon längt nicht mehr um die Aufhebung von Schonzeiten oder Füt- terungen, um Klasseneinteilung, Auslese, Dachrosen oder sonstige Nachkriegsthe- men, die wir rund ums Reh wieder und wiedergekaut haben, geht. Vereinfacht wird heute in vielen Regionen bezogen auf den Ausgangsbestand ebenso wie beim Rotwild beim männlichen Teil des Rehwildes deutlich stärker eingegriffen als beim weiblichen. Womit ein Grund SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 9 www.jagd-leben.store
REPORT Foto: shutterstock Die Auhirsche von Asten – 1 eine Welt von gestern TEIL 2 TEXT Jürgen Plass Die Jagdhütte Weidmannslust Es gab mehrere Wege zur Hütte. Wenn sein Neffe, Kraft-Alexander Hohenlohe Der Stützpunkt in der Au war die Jagd- sie mit dem Rad fuhr, überquerte Anna haben dort, neben tageweisen Aufenthal- hütte „Weidmannslust“, eine einfache Elisabeth Hohenlohe das Mitterwasser ten, immer die Wochen der Brunft, von Holzhütte mit zwei kleinen Schlafzim- nahe dem Mündungsbereich und fuhr 17. September bis 10. Oktober, verbracht. mern und einer Wohnküche mit offenem anschließend entlang dem Ärarhaufen Elektrizität gab es damals nicht, so auch Kamin, der oft geraucht hat. bis zur Hütte. Für die Pferdefuhrwerke keinen Kühlschrank. Der Nachschub be- Sie stand auf einer Wiese nahe der Do- und den Traktor gab es einen Weg längs stand vor allem aus Fleischwaren, das nau, auf einem Hügel, der über der der „Maargassen“, der früheren Eigen- Brot hielt sich gut die drei Wochen. Äpfel Hochwassermarke lag (Abb. 1). Errichtet tumsgrenze, und dann der Donau entlang und Nüsse gab es gleich neben der Hüt- wurde sie Ende des I. Weltkriegs von ita- flussabwärts bis zur Hütte. Prinz Kraft- te und Milch und Gemüse hat manchmal lienischen Kriegsgefangenen. Viktor zu Hohenlohe und später auch der Jäger von Fisching mitgebracht, oder 1 die Arbeit beruht auf der Auswertung der Literatur, den zehn Jahre alten Aufzeichnungen und einigen Interviews von Frau Anna Elisabeth Hohenlohe-Oehringen im Herbst 2017/Frühling 2018 10 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
Abb. 2: Die an das Hirschgebiet westlich angrenzende Schwaigau und der gesamte Aubreich steht Anfang Juli 1954 großflächig unter Wasser. Im Vordergrund die Bauernhäuser Eberl und Forster, im Hintergrund die Donau. Foto: www.Lentia-Verlag.at. Abb. 1: Kraft-Alexander Hohenlohe und Anton auf das Notwendigste reduziert. Ein be- Die Einwände von Kraft-Alexander Ho- Poschacher, Mauthausen, vor der Jagdhütte trächtlicher Teil des Rotwildes war auf- henlohe, dass sich das Rotwild dort nicht Weidmannslust nördlich des Einstandes der grund des Hochwassers ausgewechselt. mehr heimisch fühlen werde, wurden von Hirsche, nahe dem Donauufer. Theodor Kerschner hielt im Zuge der in den Kraftwerksplanern nicht geglaubt. Linz abgehaltenen mehrtägigen Tagung Die Verwaltungsbehörde (Abt. Land- es wurden Rexgläser aufgemacht. Aus des „Österreichischen Arbeitskreises für und Forstwirtschaft) des Landes und den Tümpeln hat man Barben und Brach- Wildtierforschung“ Ende Oktober 1954 die Landwirtschaftskammer rieten ihm sen gefischt. einen Vortrag über den Auhirsch zwi- hingegen, den Baumbestand in der Au, schen Traun- und Ennsmündung. Unklar weg von den Weißerlen hin zu Pappeln Das Hochwasser 1954 ist, woher er seine Informationen bezo- und Eschen umzugestalten, diese würden In der Zeit vom 9. bis zum 12. Juli 1954 gen hat, jedenfalls hatte er keinen Kon- ihm bei einer Grundablöse für den Kraft- drohte das Land im Wasser zu versinken takt zur Familie Hohenlohe. werksbau vergütet werden, der Rotwild- (Abb. 2). Aber das Wasser floss auch schnell wie- bestand nicht. „Freitag, 9. Juli 1954: Seit Mittwocha- der aus der Au ab und einige Regenfälle Was ihm auch sehr zu schaffen machte, bend regnet es schon in Oberösterreich. reinigten die Vegetation vom Schlamm. waren die zunehmenden Störungen. Ein Schlechtwetter-Einbruch wie ihn die Schon nach kurzer Zeit bot die Au wie- Zuerst drangen die Angler in die Rand- Menschen seit Jahren nicht mehr erlebt der einen gewohnten Anblick und auch bereiche ein. Ein amtlicher Erlass verbot hatten, verwandelt den sonst sonnenhei- das abgetriebene Rotwild kehrte zurück. ihnen aber den Zutritt zum Revier von ßen Sommermonat Juli in einen düsteren Die Rettungshügel wurden, diesmal mit der Feistzeit im August bis zum Ende November.“ Maschineneinsatz, erweitert und erhöht. der Brunft Mitte Oktober. Aber auch die Nach zwei Jahren Schonung zeigten sich stark zunehmenden Bevölkerungszahlen Auch das Bauernhaus „Mayr im Hof“ in die Rudel wieder in gewohnten Größen. in der Region – von 500 im Krieg auf Raffelstetten–Ipfdorf, in dem Jäger Lud- Der Bestand erholte sich bis 1960 zuse- 7000 Personen – führte immer wieder zu wig Raab wohnte, war vom Hochwasser hends. Konflikten. Dazu kam die Mobilität der betroffen. Am 11. Juli rettete ihn Kraft- Städter aufgrund der Motorisierung, im Alexander Hohenlohe über das Dach. Das Das Ende Wirtschaftswunder wurde das Auto für Haus war aus schlecht gebrannten Ziegeln Dann kam die Zeit der großen Kraft- jedermann leistbar. Alles strömte in die gebaut und stürzte kurz darauf komplett werksbauten an der Donau. Das flussab- Au! Für die Jagdorgane – es wurde sogar zusammen. Leider ist dabei auch das alte wärts gelegene Kraftwerk (KW) Wallsee ein zusätzlicher Jäger eingestellt – wurde Schussbuch mit den Aufzeichnungen vor wurde von 1965 bis 1968 gebaut, das KW es zunehmend schwieriger, die Besucher 1952 verloren gegangen. Ottensheim zwischen 1970 und 1974. von den sensiblen Bereichen fernzuhal- Als das Wasser zurückging, wurden 44 Auch an der dazwischen liegenden freien ten. Stück Rotwild, sieben Hirsche, 26 Tiere Fließstrecke wurde eines geplant. Zuerst Um das Rotwild zu erhalten, wurde über- und 11 Kälber, ertrunken aufgefunden. wurde als Standort der Bereich um die legt, den relevanten Aubereich einzuzäu- Wie viele werden abgetrieben und nicht Ruine Spielberg in der Gemeinde Lan- nen, was sich aber als nicht praktikabel mehr gefunden worden sein? Die Rehe genstein diskutiert. Letztendlich wurde herausstellte. Das größte Hindernis wäre waren praktisch alle in den Fluten umge- es dann aber etwa 3,5 Kilometer flussauf- gewesen, den Zaun bei der Querung der kommen. Daraufhin wurde die Bejagung wärts gebaut. zahlreichen Wassergräben so dicht zu SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 11
REPORT montierten, dass kein Wild entkommen Rotwild erlegt. Ein Jahr später, am 6. Jän- Jäger Josef Schuster verließ 1961 das Ho- konnte. Auch Hochwässer, bei denen ner 1962 10 und am 21. Jänner 19 Stück. henlohesche Revier und Jäger Breinesber- das Wild keine Möglichkeit gehabt hätte, Davon abweichende Zahlen, die in der ger übernimmt 1962. auszuwechseln und auch der Zaun bald Literatur publiziert wurden, entbehren Nach den Reduktionen des Rotwildbe- durch Treibholz beschädigt worden wäre, jeder Grundlage. „So wurden Ende der standes in den Jahren 1960 bis 1962 stellten ein unüberwindbares Problem fünfziger, Anfang der sechziger Jahre bei wurden 1963 noch etwa 70 Stück im Ge- dar. zwei Riegeljagden einmal 138 und einmal schlechterverhältnis von 1:1,5 gezählt. Auch brauchten die Tiere die wasserge- 105 Stück Rotwild abgeschossen.“ und Die Hirsche sind zuvor auch immer wie- füllten Gräben (Abb. 3), genauso wie die „wegen Überhege wurden 1960/61 104 der auf das linke Donauufer, in die Auen Möglichkeit, auf die Freiflächen zur Äs- Stück und 1961/62 weitere 84 Stück auf bei Steyregg, übergewechselt. Der letzte ung auszuziehen. Treibjagden von 35 Schützen abgeschos- Hirsch wurde dort 1963 (oder 1965) von Graf Mensdorff erlegt. Danach wurden dort keine Hirsche mehr beobachtet. Spätere Aufzeichnungen waren leider nicht mehr auffindbar. Der genaue Zeit- punkt des Verschwindens des Rotwildes aus den Auen bei Asten ist deshalb nicht genau zu datieren. Ein einzelnes altes Tier wurde noch ab und zu beobachtet. Durch Baggerungen entstand ab 1969 – im ehemaligen Haupteinstand des Rotwildes – der etwa 23 Hektar große Ausee, der heute stark von Freizeitakti- vitäten, wie Badebetrieb, Wasserschilift und Campingdorf dominiert ist (Abb. 5). Der Schotter wurde an das Kieswerk in Fisching geliefert und für Bauarbeiten im Großraum Linz verwendet. Abb. 3: Wassergefüllter Graben – hier fühlte sich das Rotwild wohl. Auch das Suhlen im Schlamm war als Abwehr gegen lästige Insekten wichtig. 1975 wurde dann im Österreichischen Forstgesetz die Öffnung des Waldes, 1957 ist dann Jäger Ludwig Raab gestor- sen.“ sind viel zu hoch gegriffen. Die an- demnach jeder den Wald zu Erholungs- ben, Josef Schuster hat das Revier allein schließend angeführten Zahlen aus dem zwecken betreten darf, fixiert. Dieser da- übernommen. Schussbuch des Hohenloheschen Reviers raus resultierende Besucherdruck hätte sollten diese Irrtümer korrigieren. aus heutiger Sicht das Rotwild auf alle Kraft-Alexander Hohenlohe sah ein, dass ein Rotwildrevier unter diesen Bedin- gungen – geplanter Kraftwerksbau, stei- gender Besucherdruck, Änderungen in der Bewirtschaftung der angrenzenden Landwirtschaften – nicht mehr zu halten war und beantragte bei der Jagdbehörde einen Totalabschuss, der ihm aber nicht bewilligt wurde. Einverstanden war diese jedoch mit einer Erhöhung der Abschuss- zahlen. Anstatt der jährlichen 50 bis 60 Stück wurden nun 80 bis 90 geschossen. Da man einen solch hohen Bestand nicht allein durch Abschuss am Ansitz effizient vermindern kann, wurden in den Hohen- loheschen Revieren auch vermehrt Rie- geljagden veranstaltet. So wurden im Jagdjahr 1960/61 am 15. Jänner 1961 22 Stück (Abb. 4) und eine Woche später, am 22. Jänner 25 Stück Abb. 4: Die Strecke nach einer Riegeljagd am 15. Jänner 1961. 12 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
Die Auhirsche von Asten – eine Welt von gestern TEIL 2 In den Jahren mit erhöhtem Abschuss wurden folgende Strecken erzielt: Jagdjahr Abschuss Fallwild Gesamt 1960/61 87 5 92 1961/62 72 6 78 Gesamtabschuss 159 11 170 Oberer Stangenumfang 12 13 12 Nach der Reduzierung des Bestandes zu Beginn der 1960er Jahre wurde folgender Abschuss getätigt: Jagdjahr Abschuss Fallwild Gesamt 1962/63 11 3 14 1963/64 30 1 31 1964/65 14 0 14 1965/66 4 0 4 1966/67 0 2 2 1967/68 0 1 1 1968/69 3 0 3 1969/70 2 1 3 Abb. 5: Der Ausee aus der Luft, links oben das Kraftwerk Gesamtabschuss 64 8 82 Abwinden–Asten, 13. Oktober 1993. Fälle aus der Gegend vertrieben, wie es reicht die Breite dieses Auwaldstreifen die Kraftwerks- und Dammbauten hat die ja auch zuvor schon ab 1968 durch die an den meisten Stellen keinen Kilometer Au ihre Charakteristik und Dynamik ver- Vorbereitungsarbeiten (Schlägerungen, mehr. loren. Den noch vorhandenen wasserge- Baggerungen, Abb. 6) zum Kraftwerks- füllten Gräben fehlt die regelmäßige stär- bau der Fall war. Auch auf der Donau Was hat sich in den vergangenen kere Durchströmung, dadurch verlanden war sehr viel Unruhe durch den zuneh- 50 Jahren verändert? diese immer stärker (Abb. 8), der frühere menden Schiffsverkehr. Das untertags in Anna Elisabeth Hohenlohe meint: Alles. Fischreichtum ist Geschichte, ebenso wie den Dickungen ruhende Rotwild war sehr Der Auwald hat sich von der Weißerlen- die sieben Hektar einmähdigen Wildwie- gestört. au, die nur als Brennholz genutzt wurde, sen, heute fließt dort die Donau. Der Aus- hin zum Hybridpappelwald entwickelt, ee und das Kraftwerk Abwinden-Asten Ein Jahr später, 1976, wurde dann mit wobei der größte Teil des Holzes für die befinden sich heute dort, wo das Rotwild dem Bau des Kraftwerks Abwinden-Asten Befeuerung des Hackschnitzel-Heizwerks damals seinen Haupteinstand gehabt hat. begonnen. Durch das Abdämmen der Do- im nahen Ennshafen genutzt wird. Durch Was man auch nicht außer Acht lassen nau zur Au hin verlor diese ihre unver- gleichliche Dynamik bzw. was nach dem Bau des KWs Ottensheim davon noch übrig war. Für den Kraftwerksbau wurden zwar große Mengen Schotter benötigt, die aber in der Hauptsache aus den Baggerungen für den neuen Donauverlauf gewonnen wurden. 1980 wurde dann der Kraft- werksbetrieb aufgenommen. Aktuelle Situation Am 27. Mai 2004 wurde das 315 Hektar große Naturschutzgebiet der Traun- und Donauauen verordnet (Abb. 7). In die- se, nordwestlich des Haupteinstandsbe- reiches angrenzenden Flächen, wech- selten im Spätherbst vereinzelt Hirsche, wenn das Fallobst, die Rüben und Grün- Abb. 6: Der Bauplatz für das Kraftwerk Abwinden−Asten wird eingerichtet, der Auwald in den frühen düngung als Äsung lockten. Heute er- 1970er Jahren geschlägert. Im Hintergrund der Luftenberg. SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 13
REPORT Die Auhirsche von Asten – eine Welt von gestern TEIL 2 Nach den ersten jagdlichen Erfolgen auf Wildschweine Anfang der 1950er Jahre waren etwa zwischen 1980 und 2000 nur wenige Stücke zu spüren. In den letzten Jahren wurden jährlich aber wieder etwa 30 Wildschweine erlegt. Bei den Stockenten können immer noch jährliche Strecken von bis zu 300 Vögel erzielt werden, hängt aber sehr stark da- von ab, wie intensiv angefüttert wird. Heute erinnern nur noch die Auhirsch- gasse, südlich des Weikerlsees, und die Hirschgasse im Campingdorf am Ausee an den enormen Wildreichtum vor den Toren der Stadt Linz vor 60 Jahren. Jürgen Plass ist Mitarbeiter im Biologie- zentrum Linz des OÖ Landesmuseums. Kontakt: j.plass@landesmuseum.at Abb. 7: Das 315 ha große Naturschutzgebiet der Traun-Donau-Auen. Es berührt im Osten nur ganz Literatur kann beim Autor am Rande den ehemaligen Einstand der Auhirsche. Die roten Punkte markieren Naturdenkmale. Quelle: www.doris.gv.at. angefordert werden. darf, ist die Bevölkerungs- und Wirt- schaftsentwicklung im Großraum Enns- Asten-Pichling, was zu einem starken Stö- rungsdruck durch Fischer, Spaziergänger, Jogger und Radfahrer führt. Flüchtendes oder auswechselndes Wild ist durch den enormen Verkehr gefährdet. Die Trasse der Westbahnstrecke dämmt das Gebiet nach Süden hin ab. Aufgrund dieser gravierenden Veränderungen ist dieses Gebiet aus heutigen Gesichtspunkten nicht mehr für ein Rotwild- vorkommen geeignet. Der jagdliche Schwerpunkt in der Eigen- jagd Hohenlohe wechselte in den 1960er Jahren vom Rotwild zum Niederwild. Hauptwildarten waren jetzt Rehe und Stockenten. Rehwild kam in der Au im- mer vor, besiedelte aber eher die Kontakt- zone zu den offenen Bereichen und mied das Haupteinstandsgebiet des Rotwildes. Der Rehbestand erholt sich nach dem Hochwasser Anfang Juni 2013 wieder. Abb. 8: Ein verlandender Graben in der Au, 5. November 2017. Foto: J. Plass. 14 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
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PRAXIS Ergebnisse der Vegetationsbeurteilung und Abschussplanerfüllung zeigen positive Entwicklung in weiten Teilen Oberösterreichs Praxistipps aus innovativen oberösterreichischen Revieren TEXT DI DI Gottfried Diwold und Dr. Josef Kerschbaummayr FOTOS A. Schuster, G. Diwold, shutterstock I m Jagdjahr 2017/18 wurden in Ober legt. Weiters wurden 4.265 Stück Rotwild zu hoch (Stufe II) und in 6 Jagdgebieten österreich 78.743 Stück Rehwild (Erfüllung: 98%) und 1.884 Stück Gams- (1 %) als nicht tragbar (Stufe III) beur- erlegt – bei einer Abschussplanvor- wild (Erfüllung: 83%) gestreckt. Bei den teilt. Auffallend hoch ist die Anzahl der gabe von 78.346 Stück ergibt das eine Vegetationsbeurteilungen im Frühjahr nachhaltigen I-er Jagden (Abbildung 1). Abschussplanerfüllung von 101%. Die 2018 wurden insgesamt 433 Jagdgebiete Das Ergebnis der heurigen Vegetationsbe- forstlichen Appelle, die Abschusspläne (2.522 Einzelbeurteilungen) bewertet. urteilung kann aus Sicht des Oö. Landes- vollständig zu erfüllen und nach Mög- 756 Jagden oder 87 % erreichten Stufe I forstdienstes als zufriedenstellend beur- lichkeit noch mehr zu erlegen, wurden (davon 435 Jagdgebiete nachhaltig Stu- teilt werden. demnach von den Jägern erfolgreich fe I – keine Begehung 2018) und wiesen Erfreulich ist, dass viele Jagdgebiete von ausgeführt. Gegenüber dem Jagdjahr demnach eine tragbare bis überwiegend der Möglichkeit Gebrauch gemacht ha- 2016/17 wurden in Oberösterreich um tragbare Verbissbelastung auf. Bei 106 ben, nach eigenem Ermessen mehr als 5% bzw. 3.647 Stück mehr Rehwild er- Jagdgebieten oder 12 % wurde diese als den Mindestabschuss zu erlegen. Nicht 16 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
selten hört man von Jägern bei der ge- meinsamen Abschussplanerstellung, dass die Abschussplanhöhe, selbst bei guten Ergebnissen und positiver Entwicklung, auf gleichem Niveau bleiben soll. Diese Entwicklungen zeigen, dass viele Jäger nicht nur Abschusspläne erfüllen, sondern Eigenverantwortung überneh- men und so die Oö. Abschussplanverord- nung leben. Diese Jagden verlassen sich nicht auf‘s Glück, sondern drehen aktiv an den maßgeblichen Schrauben, um die Waldgebiete möglichst zu entlasten und schaffen es durch eine verbesserte Na- turverjüngung mittelfristig auch die Äs- ungssituation zu verbessern. Leider gibt es dafür keine einfachen Patentrezepte, die Strategien und Maßnahmen müssen an das jeweilige Revier angepasst und auf Abbildung 1: Bei den Vegetationsbeurteilungen im Frühjahr 2018 wurden insgesamt 433 Jagdgebiete (2.522 die dort lebenden Schalenwildarten ab- Einzelbeurteilungen) bewertet. 756 Jagden oder 87 % erreichten Stufe I (davon 435 (!) Jagdgebiete nachhaltig gestimmt werden. Einige dieser positiven Stufe I – keine Begehung 2018). Bei 106 Jagdgebieten oder 12 % wurde diese als zu hoch (Stufe II) und in 6 Ansätze werden untenstehend beschrie- Jagdgebieten (1 %) als nicht tragbar (Stufe III) beurteilt. ben. vielbefahrene Straße oder eine schadens- zu einzelnen Jagdgebietsteilen. In wild- Maßnahmen anfällige Kultur dazwischen, so sind die schadensanfälligen Revierteilen ist ein in Rehwildrevieren Probleme vorprogrammiert. Bewährt ha- ben sich mobile Fütterungen, die auch höherer Abschuss zu planen. Dabei ist zu beachten, dass später keine erhöhten der Fruchtfolge folgen können – die Rehe Abschüsse mehr getätigt werden können, Fütterung stellen sich sehr schnell darauf ein! wenn die Wirkung der Schwerpunktbeja- Die Diskussion über die Wildwinterfütter Bezüglich der Futtermittelzusammen- gung einsetzt. ung wird unter Jägern in Oberösterreich setzung sollte auf ausreichend Struk- sehr kontrovers geführt. Dies reicht vom turelemente geachtet werden, die das Gezielte räumliche und zeitliche gänzlichen Verzicht (mit Ausnahme des Wiederkauen anregen. Fehlen solche Verteilung der Bejagung § 53 Oö. JG) bis hin zu intensiver auf grobstrukturierten Futterbestandteile, so In Jagdgebieten mit niedriger Waldaus- die Jahreszeit abgestimmten Fütterung. nimmt das Wild diese unter Umständen stattung erscheint eine Differenzierung Es finden sich für beide Zugänge sowohl durch Verbiss von Gehölztrieben und an- in „Waldrehe“ und „Feldrehe“ durchaus positive als auch negative Beispiele in deren strukturreichen Pflanzenteilen auf, sinnvoll. Während der Vegetationszeit Oberösterreich. Tatsache ist, dass das um anschließend wiederzukauen und da- halten sich die meisten Rehe aufgrund Rehwild bis in die 1970iger Jahre weitest- durch einen günstigen pH-Wert im Pan- des üppigen Äsungsangebotes und der gehend ohne Winterfütterung ausgekom- sen aufrechterhalten zu können. Deckungseinstände auf Ackerflächen und men ist. Die zum Teil intensive Fütterung im Grünland auf. Nicht selten werden ist dem generellen Wohlstand und den Schwerpunktbejagung bzw. wurden die Rehe im Herbst durch in- geringen landwirtschaftlichen Produkt- in Problemgebieten tensiven Jagddruck auf den Offenflächen preisen geschuldet. Treten an bestimmten Orten innerhalb (Ackerflächen) und durch konsequentes Erfolgt die Wildwinterfütterung zwar gut des Waldes Probleme mit verstärkten frühes „Hineinfüttern“ nahezu in den gemeint, aber nicht überlegt, kann das Wildeinflüssen auf, so hat sich in vielen Wald gedrückt. Schafft man es, durch Pendel sehr schnell auch in die andere Gebieten der Einsatz einer Schwerpunkt- Verlegung von Wildwinterfütterungen Richtung ausschlagen. Generell gilt, wer bejagung bewährt, die zusätzlich zur auf Ackerflächen und das Anlegen von füttert, muss die sich einstellenden hö- generell verstärkten Bejagung im Wald Deckungs- und naturnahen Äsungsein- heren Wildstände auch abschöpfen! Wird durchgeführt werden kann. Mit Schwer- ständen (Begrünungen) diese Revierteile gefüttert, sollte man sich bei der Stand- punktbejagung ist eine häufige und in- auch im Winter für das Reh attraktiv zu ortsuche für eine neue Fütterung Gedan- tensive Bejagung der Problemgebiete gestalten, kann ein Abwandern in nahe ken über das Raumnutzungsverhalten oder wildschadenanfälligen Bereiche Wälder eingeschränkt werden. Verstärkt der Rehe machen, sprich wo befindet gemeint, um das dort vorhandene Wild werden diese positiven Effekte, wenn in sich der Deckungseinstand (Schlafzim- zu erlegen oder zu vertreiben. Dabei be- den Ackerflächen so bald als möglich mit mer) und wo befindet sich der Äsungs- ginnt die Schwerpunktbejagung vielfach der Herbstrehbejagung begonnen und einstand (Esszimmer). Befindet sich eine bereits bei der Zuteilung der Abschüsse diese dort spätestens Anfang bis Mitte SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 17
PRAXIS len. In einigen Jagden trägt diese Metho- de sehr erfolgreich und zielgerichtet zur Abschussplanerfüllung bei. Grundvor aussetzung sind eine konsequente Vor- bereitung, brauchbare erfahrene Hunde und/oder Treiber sowie sichere Schützen. Anreize zur Abschusserfüllung In manchen Jagdgebieten wurden An- reize zur Abschusserfüllung geschaffen, damit die vorgegebenen Abschüsse tat- sächlich erfüllt werden. Ein bewährtes Beispiel hierfür wäre etwa die Koppelung der Abschüsse von Trophäenträgern an die Abschüsse von weiblichem Wild und Jungwild. Das heißt, dass im Jahr vor dem Abschuss eines mehrjährigen Tro- phäenträgers eine bestimmte Stückzahl an weiblichen Tieren oder Jungwild er- legt werden muss. In Jagdgebieten mit niedriger Waldausstattung erscheint eine Differenzierung in „Waldrehe“ und „Feldrehe“ durchaus sinnvoll. Während der Vegetationszeit halten sich die meisten Rehe aufgrund des üppigen Äsungs- angebotes und der Deckungseinstände auf Ackerflächen und im Grünland auf. Transparenz bei getätigten Abschüssen Oktober eingestellt wird. Nicht selten besondere in der vegetationsarmen Zeit Als sehr praktisches Hilfsmittel in der haben diese Jagden Ende Oktober schon Deckung und Äsung bieten. Die Anlage Diskussion über Problemgebiete sowie 90% des Abschusses getätigt. Schnell zei- von Wildäsungsflächen, Gehölzinseln gerechte und wirkungsorientierte Ab- gen sich die Rehe auch wieder tagsüber. und Hecken kann einen wertvollen Bei- schusserfüllung hat sich die Anlage einer Damit die Überwinterung der „Feldrehe“ trag zur Wildschadensvermeidung lei- Revierkarte, in der die getätigten Ab- in den Feldern funktioniert, darf die nä- sten. schüsse gesteckt werden, herausgestellt. here Umgebung nicht zu stark durch Diese Karte hängt z.B. in der Wildkam- Freizeitnutzung beunruhigt werden und Bewegungsjagd (Drückjagd) mer und kann im Bedarfsfall als Diskussi- muss einen ausreichenden Grad an De- als Alternative zu Ansitzjagd onsgrundlage bei der Abschussplanerstel- ckung und Äsung aufweisen. Hierfür Drückjagden können eine effiziente Alter- lung oder Abschussverteilung im Revier spielen Winterbegrünungen, Hecken, native zur klassischen Ansitzjagd darstel- herangezogen werden (Abbildung 2). Gehölzinseln, Wildwinterfütterungen etc. eine wichtige Rolle. Umgekehrt sollten die Fütterungen im Wald nach Möglich- keit weitestgehend aufgelassen und in sensiblen Bereichen des Waldes ein er- höhter Jagddruck bis Ende Dezember ausgeübt werden (keine querenden öf- fentlichen Wege). Da die Jagd im Wald sich weitgehend auf zufällige Begeg- nungen beschränkt, sind Sitzfleisch und eine warme Winterausrüstung unbedingt erforderlich. In diesem Zusammenhang ist in reinen Rehwildgebieten eine Locke- rung des generellen Kirrverbotes (§ 2 (2), Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste) hinsichtlich der Herbstrehbejagung im Wald durchaus eine Diskussion wert! Biotopverbesserung Im Zusammenhang mit der Lenkung des Wildes aus dem Wald können auch Abbildung 3: In den Hochwildrevieren im Süden unseres Bundeslandes fielen die Ergebnisse der heurigen Vegetationsbeurteilung leider nicht so gut aus wie im Alpenvorland und im Mühlviertel. In zwei Gebirgsbezirken Biotopverbesserungsmaßnahmen eine wurde in einem Viertel der bewerteten Jagdgebiete die Verbissbelastung als zu hoch (Stufe II) beurteilt. Alle wichtige Rolle spielen, die dem Wild ins- sechs Jagdgebiete mit nicht tragbarer Verbissbelastung (Stufe III) liegen in Gebirgsbezirken. 18 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
Praxistipps aus innovativen oberösterreichischen Revieren Einige kurz gefasste Anregungen und einer Beeinträchtigung der Abschuss- konkrete Vorschläge werden als Denk- erfüllung führen. anstöße zur Erleichterung der Jagdausü- • Auf ein ausgewogenes Geschlechter- bung auf Kahlwild und für eine frühzei- verhältnis achten (Bestandsredukti- tige Abschusserfüllung angeboten. on geht nur über weibliches Wild) Weidgerechte und erfolgreiche Kahl- und Hirsche reif werden lassen. Alte wildbejagung soll weder als lästige Ver- Hirsche (Klasse I) haben die Brunft un- pflichtung gesehen werden, noch wie ter Kontrolle und „produzieren“ haupt- eine Geheimwissenschaft nur wenigen sächlich männliche Nachkommen. auserwählten Jägern vorbehalten sein, sondern als solides jagdliches Handwerk Vorschläge: von vielen Jägern mit Freude ausgeübt • Keine Scheu vor der Erlegung mehrerer werden. Voraussetzungen sind eine ent- Stücke, wenn sich die (seltene) Gele- sprechende Einstellung, einige Übung im genheit dazu bietet. Die Beunruhigung Ansprechen und die Beachtung wichtiger je erlegtem Stück ist geringer. Nie wie- Grundsätze. der weiß man so sicher, dass ein Alttier nicht führt, wie unmittelbar nach der Einstellung: Erlegung seines Kalbes. • Eine flächendeckende und nachhal- • Möglichkeiten der Schwerpunkt- und tige Verringerung der Verbissbelastung Intervallbejagung sinnvoll und flexibel kann nur gelingen, wenn möglichst zur Abschusserleichterung nutzen! Die Abbildung 2: Als sehr praktisches Hilfsmittel viele Jäger von der Notwendigkeit der Intervallbejagung darf nicht zum Ab- in der Diskussion über Problemgebiete, sowie gerechte und wirkungsorientierte vereinbarten Abschusszahlen über- schusshindernis ausarten. Abschusserfüllung hat sich die Anlage einer zeugt sind und mit rechtzeitiger Ab- Revierkarte, in der die getätigten Abschüsse schusserfüllung die Gesunderhaltung Das gemeinsame Ziel aller Beteiligten an gesteckt werden, herausgestellt. des Wildes sowie die Artenvielfalt im der Vegetationsbeurteilung ist es, die in Lebensraum fördern. den letzten Jahren erreichten Verbesser • Hinderliche, über die Rotwildrichtli- ungen auf Dauer zu erhalten und dort, nien hinausgehende Einschränkungen wo die Verbissbelastung noch immer oder Maßnahmen des Kahlwildabschusses, sowie klein- wieder zu hoch ist, unverzüglich wirk- in Gebirgsrevieren liche Kritik an notwendigen Abschüs- sen und das Aufbauschen vereinzelter same Verbesserungsmaßnahmen durch- zuführen. Für die Jäger bedeutet das ein Missgeschicke sind Hauptursachen für hohes Maß an Verantwortung, aber auch In den Hochwildrevieren im Süden schlechte Abschusserfüllung und be- die Chance, ihre Kompetenz unter Beweis unseres Bundeslandes fielen die Er- einträchtigen die Motivation einsatz- zu stellen. gebnisse der heurigen Vegetationsbeur- freudiger Jäger. teilung leider nicht so gut aus wie im Al- Literatur: penvorland und im Mühlviertel. In zwei Grundsätze: Reimoser, Reimoser & Klansek, 2006; Gebirgsbezirken wurde in einem Viertel • Nicht überlange Schusszeiten, aber Wildlebensräume: Habitatqualität, der bewerteten Jagdgebiete die Verbiss- effiziente Nutzung der Schusszeiten Wildschadenanfälligkeit, Bejagbarkeit. belastung als zu hoch (Stufe II) beurteilt. ab dem ersten Tag, besonders ab dem Alle sechs Jagdgebiete mit nicht tragbarer 16. Juli bis Ende August. Was in die- Arnold, Walter: Jahresbericht 2016, Verbissbelastung (Stufe III) liegen in Ge- ser Zeit versäumt wird, kann nach der S. 5, Forschungsinstitut für Wildtier birgsbezirken (Abbildung 3). In vielen Brunft kaum noch aufgeholt werden. kunde und Ökologie der Veterinär Jagdgebieten, die mehreren Schalen- • Erfolgreich jagen heißt, nicht ständig medizinischen Universität Wien. wildarten Lebensraum bieten, sind daher jagen – vor allem nicht bei schlechtem intensive und vermehrte Bemühungen Wind! Es tut dem Wild gut, wenn es notwendig, um die Verbissbelastung auf einige Wochen den Jäger nicht spürt. eine tragbare Stufe zu verringern. Die • Grundsätzlich das Kalb vor dem Alttier Erfüllung der Rotwildabschüsse im Jagd- erlegen – Klein vor Groß! jahr 2017/18 zeigt die ernsthaften Bemü- • Kranke und schwache Stücke sind hungen der Jäger als guten Ansatz für vorrangig zu erlegen, dazu aber auch weitere Erfolge. Überhöhte Bestände, wie gesunde und stärkere Stücke ab dem wir sie derzeit in zahlreichen Rotwild- Beginn der Schusszeit. gebieten haben, zu reduzieren und an- • Bemühungen, durch vorrangige Erle- schließend in tragbarem Rahmen zu hal- gung weiblicher Kälber die Zuwachs- ten, ist wegen der häufig unterschätzten rate zu verringern, können bei hohem Zuwächse eine Daueraufgabe. Zeitaufwand für das Ansprechen zu SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 19
REPORT Winterrehe in kargen Lebensräumen benötigen Ruhe und eine artgerechte Fütterung, um den Wildeinfluss möglichst gering an den forstlich relevanten Bäumen zu halten. Dabei ist der Struktur- sowie Rohfasergehalt einerseits und die Attraktivität andererseits wichtig. Tannin Wichtige Gerbstoffe im Wildfuttermittel TEXT August Fürlinger und Manfred Schabetsberger FOTOS Ch. Böck, Tannmet GmbH Können Tannine als ein neues artgerechtes Zusatzfuttermittel für alle Wildarten die Vorteile der Winterfütterung optimieren? 20 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2018
T annine (von franz. tanin Gerb- den Tannine zur Gewinnung von Gallus- Altbewährtes neu entwickelt stoff) sind pflanzliche Gerbstoffe, säure und Pyrogallol genutzt. Tannine wurden nun in einem Produkt, die in zweikeimblättrigen Stau- Als ausgeprägte Antioxidantien finden sie Tannin Faser, wiederentdeckt. Dieses den, Sträuchern, Baumblättern und an- als Nahrungsergänzungsmittel Verwen- ist ein 100 %iges naturbiologisches Zu- deren Pflanzenteilen weit verbreitet sind dung und werden auch zur Lebensmit- satzfuttermittel mit hohen 58% XF Fa- und von pflanzenfressenden Säugetieren telkonservierung eingesetzt. Sie wirken sergehalt optimaler Granulat-Struktur, aufgenommen werden. zudem antiviral und antibakteriell. hergestellt aus Eichen, Buchen, Weiden Tannine gehören zu den so genann- In der Medizin werden Tannine wegen und anderen Baumarten mit Rinde, so ten quantitativen pflanzlichen Sekun- ihrer adstringierenden Wirkung als Hä- die Hersteller- und Vertriebsfirma. Das därstoffen. Sie haben im Gegensatz zu mostatikum, als Antiseptikum oder zur seit 2017 offiziell auf dem Markt befind- qualitativen Wirkstoffen (Alkaloiden) Behandlung des übermäßigen Speichel- liche zertifizierte Zusatzfuttermittel kann ein weiteres Abwehrspektrum gegen flusses verwendet. In der Volksmedizin durch die sekundären Bauminhaltsstoffe, Pflanzenfresser, da sie wahrscheinlich wird zudem die auswurffördernde Wir- insbesondere hydrolisierte und konden- hauptsächlich die Verdauung beeinflus- kung genutzt. (Wikipedia) sierte Tannine, die Gesundheit verbes- sen, indem sie Proteine deaktivieren. sern und die Futterverwertung aller Tiere (Wikipedia) Sie schützen also auf natür- Tannine sind laut wissenschaftlichen For- steigern. liche Weise viele Bäume und Pflanzen schungen der Gegenwart und seit alters vor Fressfeinden und Krankheiten. Diese her Naturwirkstoffe, welche auch die Tannin Produkte sind Nahrungsergän- Schutzwirkung kommt auch bei Mensch Umweltbilanz verbessern. zungsmittel bei der Winterfütterung. und Tier zur Entfaltung, was wissen- Diese Ergänzungsmittel sollen durch die schaftlich dokumentiert ist. Bedeutung der Struktur bei der Geruchs- und Geschmackskomponenten Viren, Keime, Bakterien, Larven usw. Winterfütterung auch die Fütterung als Lenkungsinstru- werden mit dem Bitterstoff Tannin redu- Unter Struktur versteht man alle Eigen- ment verstärken, um das Wild von scha- ziert oder „kommen nicht auf“. Die Para- schaften eines Futtermittels die sich aus densanfälligen Flächen fernzuhalten. sitenbekämpfung von Wild in freier Wild- der physikalischen Form (Faserlänge, Tro- Tannin soll dazu beitragen, das Futter bahn mit Medikamenten ist ja seit 2003 ckenmassegehalt) sowie aus den Rohfa- besser zu verwerten, mehr (Roh)Faser- verboten; und das ist gut so! ser bzw. Zellulose und Lignin ergeben. gehalt zu bringen sowie die Gesundheit Der Strukturwert ist deshalb wichtig da und Leistungsfähigkeit aller Tiere zu ver- Die Önologie, also die Kellerwirtschaft es die Muskelkontraktion der Netzmagen- bessern. als Studienbereich der Weinproduktion, wand und der Pansenwand anregen, was Das höchste Ziel der Jäger ist es ja, ein kennt heute über 30 verschiedene Tan- die Rückbeförderung im Pansen und die hochwertiges, gesundes und schmack- nine. Manche sind für die Qualität des Durchmischung im Pansen auslöst (von haftes Lebensmittel, nämlich Wildbret, Weines von Bedeutung, andere werden den harten Gerüstsubstanzen). den Konsumenten bereitzustellen. als ungünstig eingestuft. Auch schwarze und grüne Tees enthalten Tannine, die deren herben Geschmack bedingen. Die Tannine werden erst nach einer gewissen Ziehzeit (mehr als zwei Minuten) freigesetzt. Gesundheitliche Auswirkungen n blähende und stopfende Wirkung n Behinderung der Resorption bestimmter Arzneistoffe durch die Darmschleimhaut n Behinderung der Resorption von Eisen n Behinderung der Resorption von Calcium Verwendung Die technische Hauptverwendung der Tannine liegt in der Ledererzeugung (Gerberei), wo sie als Gerbstoffe zur Ver- netzung der Kollagenmoleküle und damit zur Erhöhung der Haltbarkeit und dem Schutz vor Mikroorganismen eingesetzt werden. In der chemischen Industrie wer- Das Tannin-Granulat kann gut in verschiedene Futtermittel eingemischt werden. SEPTEMBER 2018 OÖ JÄGER 21
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