Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien - Strategien & Visionen - M&A Review
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Beteiligungen – Allianzen – Restrukturierungen – Divestments Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien Strategien & Recht & Switzerland Visionen Steuern Column Cultural Due Diligence Steuerimpulse Der M&A-Markt im Rahmen von internatio- für M&A in in der nalen Mergers & Aquisitions Österreich Schweiz www.mareview.de
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Oder zum Kennenlernen unter 09 11/2748 200.I
Editorial
Abschlussschwächen bei grenzüber-
greifenden Transaktionsvorhaben
I
n der jüngeren Vergangenheit Größe der Volkswirtschaft liegen vor und präsentieren die Ergebnisse
häuften sich die Beispiele fehl- die Schweiz und Österreich auf den einer empirischen Studie.
geschlagener Übernahmeversu- Plätzen 1 und 2. Mehr als zwei Drit-
che deutscher Unternehmen in den tel der ausländischen Investoren in Auf einen strategischen und finan-
Nachbarländern Schweiz und Öster- Österreich stammen aus Deutsch- ziellen Aspekt der Akquisitionsvor-
reich. Swissair, Österreichische Post, land, die M&A-Bilanz zwischen den bereitung gehen Prof. Dr. Dodo zu
VA Tech, alle wurden von deutschen beiden Ländern führt mehr als 500 Knyphausen-Aufseß und Dr. Jens
Unternehmen umworben, keiner Beteiligungen deutscher an öster- Köppen ein. Sie behandeln das Thema
gab den Bemühungen nach. Schuld reichischen Unternehmen, bei weni- Synergien und Akquisitionsprämien bei
daran waren meist weniger strategi- ger als 400 in umgekehrter Richtung. Transaktionen und betrachten dabei
sche als viel mehr kulturelle, natio- Trotz der einführenden Beispiel kann insbesonderen den dynamischen
nale und emotionale Gründe. Abge- also von Abschlussschwäche keine Charakter von Synergien: Greift die
sehen von diesen Beispielen, ist die Rede sein. geplante Ergebnisverbesserung nicht
rechtzeitig, sinken die Chancen mit der
Transaktion Mehrwert zu schaffen.
Länderübergreifende Transaktionen zwischen
Deutschland, der Schweiz und Österreich Die weiteren drei Beiträge dieser Aus-
Quelle: M&A Datenbank der Universität St.Gallen gabe beschäftigen sich mit den Märk-
ten Deutschland, Österreich und der
Objekt Schweiz. Zunächst präsentiert der
Käufer Deutschland Österreich Schweiz Summe Autor Harald Maehrle die Ergeb-
Deutschland 508 690 1.198 nisse einer Studie zum Thema High-
Österreich 379 59 438 Tech-Standort Deutschland. In einem
Schweiz 695 69 764 weiteren Beitrag skizzieren Barbara
Polster-Grüll und Harald Klien die
Summe 1.074 577 749 2.400
(steuerlichen) Vorzüge des Standortes
Österreich, auch in Bezug auf M&A-
Transaktionen. Abschließend gibt
unser Autor der Switzerland Column
einen Update zum M&A-Geschehen
Transaktionsaktivität zwischen den Die kulturellen Aspekte eines Unter- in der Schweiz.
drei Ländern Deutschland, Schweiz nehmenszusammenschlusses - bei
und Österreich sehr hoch. In den ver- nationalen Vorhaben ebenso wich- In der Hoffnung, auch mit dieser Aus-
gangenen 20 Jahren konnten nach tig wie bei grenzübergreifenden - gabe wieder einen kleinen Beitrag
Angaben der M&A Datenbank der behandelt schließlich auch der erste zum Zugewinn Ihres Wissens gelie-
Universität St.Gallen 2.400 Trans- Beitrag dieser Ausgabe. Die Autoren, fert zu haben, wünsche ich Ihnen
aktionen erfolgreich zum Abschluss Prof. Dr. Steinle, Timm Eichenberg eine angenehme und interessante
gebracht werden. Die Schweiz ist und Julia Weber-Rymkovska stel- Lektüre.
nach den USA der wichtigste Trans- len dabei ein Konzept zur prozess-
aktionspartner, gemessen an der orientierten Cultural Due Diligence Sebastian Frankenberger
M&A 11/2004Standpunkt 455
Die europäische Aktiengesellschaft –
II Chance für europäische Unternehmen?
(Prof. Dr. Gerhard Picot)
Inhalt
Strategien & Visionen 456
Cultural Due Diligence im Rahmen von
internationalen Mergers & Acquisitions:
(Prof. Dr. Claus Steinle, Timm Eichenberg,
Julia Weber-Rymkovska)
Bewertung & Kapitalmärkte 463
High-Tech-Unternehmen geben
Standort Deutschland schlechte Noten
(Harald Maehrle)
Bewertung & Kapitalmärkte 467
Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien
entscheiden über Erfolg eines Mergers
(Dr. Jens Köppen, Prof. Dr. Dodo zu Knyphausen-Aufseß)
Recht & Steuern 475
Steuerimpulse für M&A in Österreich
(Barbara Polster-Grüll, Harald Klien)
Switzerland Column 478
Der M&A-Markt in der Schweiz
(Christoph Kaufmann)
Reports
M&A 11/2004Energiewirtschaft 490
Chemie 491 III
Pharma 492
Metallverarbeitung/Anlagenbau 493
Inhalt
Maschinenbau 494
Automobilindustrie 495
Elektrotechnik 496
Computerindustrie/Telekommunikation 497
Luft- und Raumfahrtindustrie 500
Baustoffindustrie 500
Holz, Papier und Verpackungen 501
Textil und Bekleidung 502
Nahrungs- und Genussmittel 502
Handel 503
Finanzdienstleistungen 504
Versicherungen 506
Transport und Verkehr 507
Dienstleistungen 507
Medien 509
Top Deals
M&A 11/2004Standard wünschen, ohne mit den ation. 108 Gesellschaften, darunter
Freshfields-Partner und Kosten-, Honorar- und Management- unabhängige Private Equity-Gesell-
Co-Herausgber der M&A strukturen der internationalen Groß- schaften, die eigene Fonds auflegen,
IV kanzleien konfrontiert zu werden.” abhängige Beteiligungsgesellschaf-
Review Picot eröffnet
PICOT Rechtsanwälte kooperieren in ten (Captives) und Gesellschaften
eigene Beratungs-
M&A aktuell
Köln und München mit der renom- mit Evergreen-Fonds, nahmen an
Boutique mierten WIRTSCHAFTSTREUHAND der Befragung teil.
GMBH. “Die Zusammenarbeit mit
Prof. Dr. Gerhard Picot, einer der den Wirtschaftsprüfern und Steu-
renommiertesten Corporate-Partner erberatern bietet unseren beiden Investor Relations
von Freshfields Bruckhaus Deringer, Firmen”– so Picot – ”hervorragende Stimmungsbarometer
verlässt die Sozietät im Rahmen der Möglichkeiten für unsere tägliche
bestehenden Altersregelungen und Beratung, insbesondere in unseren
eröffnet die Kanzlei “PICOT Rechts- Tätigkeitsschwerpunkten.” PICOT Der Deutsche Investor Relations
anwälte” mit Büros in Köln und Mün- Rechtsanwälte wünschen zunächst Kreis (DIRK) e.V. befragt in Zusam-
chen. Picot war seit 1979 zunächst eine Erweiterung ihrer Kanzlei um menarbeit mit der GfK halbjähr-
als Associate und dann als Partner rund 10 Anwälte, die bereits meh- lich Investor Relations Officer zur
im Kölner Büro der Sozietät tätig. rere Jahre erfolgreich in einer inter- Stimmungslage in ihrem Bereich.
Sein hervorragender Ruf und sein nationalen Anwaltskanzlei tätig Die Ergebnisse der im Juli/ August
Top-Ranking als Wirtschaftsan- waren und in einer überschaubaren 2004 durchgeführten Umfrage
walt gründen sich auf seine großen Einheit ihre individuelle unternehme- zeigen ein positives Bild. Im Ver-
Transaktions-Erfolge. Von Bran- rische Entwicklung mit einem ausge- gleich zu der Anfang 2004 durch-
chenkennern wird insbesondere prägten eigenen Tätigkeits- und Part- geführten Umfrage wird die Unter-
sein professionelles Handling bei nerprofil suchen. Die M&A Review nehmenslage von 66% besser und
den milliardenschweren UMTS- wünscht Herrn Professor Picot viel nur von gut 8% schlechter einge-
Geschäften äußerst positiv beur- Erfolg! schätzt. Besonders positiv gestimmt
teilt. Entsprechendes gilt auch für sind Unternehmen aus dem TecDAX
seine zahlreichen Publikationen und (80%) und dem MDax (knapp 78%).
seine wissenschaftlicheTätigkeit am Studie zur Fundraising- Auch der Blick in die Zukunft ist
„Institute for Mergers and Acquisi- Situation deutscher optimistisch: Knapp 70% aller IR-
tions“ der Privatuniversität Witten/ Officer erwarten in sechs Monaten
Private Equity-
Herdecke. Neben seiner anwaltlichen eine Verbesserung der Unterneh-
Arbeit hat Picot in den Jahren 1988 Gesellschaften menslage. Erstmals veröffentlicht
bis 1996 als einer der geschäftsfüh- DIRK/GfK einen hieraus abgeleite-
renden Partner von Deringer Tessin Deutsche Private Equity-Gesell- ten IR-Stimmungsindikator. Er steigt
Herrmann & Sedemund entschei- schaften verstärken ihre Fundrai- im Vergleich mit der Frühjahrserhe-
dend dazu beigetragen, dass sich sing-Aktivitäten und planen in den bung 2004 um zwei auf 57 Prozent-
die Sozietät zu einer modernen, nächsten Monaten die Auflage zahl- punkte. Der entsprechende Indikator
dienstleistungsorientierten Praxis hat reicher neuer Fonds. Das geht aus für die Zukunft bleibt unverändert
entwickeln können. Mit seinem der am 29. 9. 2004 vom Bundes- bei 65 Prozentpunkten. Beide Indika-
großen Engagement und seinem verband Deutscher Kapitalbeteili- toren signalisieren die beschriebene
guten wirtschaftlichen Urteilsver- gungsgesellschaften (BVK), Berlin, positive Stimmungslage. Die Mitar-
mögen hat er maßgeblich die wirt- veröffentlichten Studie „Fundrai- beiterzahl der IR Abteilungen wird
schaftliche Entwicklung und die sing 2004“ hervor. Insbesondere jedoch hiervon nicht berührt. Sie
strategische Ausrichtung der Praxis die Frühphasen-orientierten Ven- bleibt bei 86% aller Unternehmen
mitgestaltet. Nach der Beendigung ture Capital-Gesellschaften leiden gleich. IR-Abteilungen sind aus der
seiner Tätigkeit bei Freshfields grün- danach an fehlendem Kapitalzufluss Finanzmarktkommunikation nicht
det Picot “unternehmens”-lustig und für neue Fonds. Die Situation habe mehr wegzudenken. Nur vier von
ungeachtet der bei den internationa- sich über die Jahre verschärft und 109 Unternehmen haben keine IR-
len Beratungsunternehmen ständig zwinge heute zahlreiche Gesellschaf- Abteilung und wählen andere Wege
sinkenden Altersgrenze die Anwalts- ten, ihre Fundraising-Aktivitäten zu der Kommunikation. Am häufigsten
kanzlei “PICOT Rechtsanwälte”. Sie forcieren. Das Kapitalangebot von übernehmen bis zu zwei Mitarbeiter
versteht sich als Full-Service-Anbie- Seiten der Investoren sei aber, wei- diese Aufgaben. Je nach Indexzuge-
ter mit den Beratungsschwerpunkten terhin begrenzt. Deutschland habe hörigkeit nimmt die durchschnittli-
Mergers & Acquisitions und Restruk- weiterhin infolge einiger ungünsti- che Größe der IR-Abteilung zu: von
turierungen. Dazu erklärt Picot: “Aus ger Rahmenbedingungen deutliche bis zu einem Mitarbeiter bei Unter-
Diskussionen und Vortragsveranstal- Standortnachteile gegenüber ande- nehmen, die keinem Index angehö-
M&A 11/2004
tungen weiß ich, dass viele deutsche ren europäischen Ländern und den ren, einem Mitarbeiter im SDAX,
Unternehmen und vor allem auch der USA. Für die Studie befragte der BVK rund zwei Mitarbeitern bei TecDAX
Mittelstand und die Familienunter- im August 2004 seine Mitglieder und MDAX Unternehmen und 9,3
nehmen zunehmend eine hochqua- sowie weitere deutsche Beteiligungs- Mitarbeitern bei DAX Unternehmen.
lifizierte und vertrauensvolle anwalt- gesellschaften nach ihrer Einschät- Fünf Unternehmen haben zwischen
liche Beratung mit internationalem zung der aktuellen Fundraising-Situ- 11 und 20 Mitarbeiter.Die europäische Aktiengesellschaft – 455
Chance für europäische Unternehmen?
Standpunkt
A
m 08.10.2004 ist die EG-Ver- lung durch nationale Einführungsge- Verschmelzung zur europäischen Akti-
ordnung Nr. 2157/2001 des setze bzw. unterliegt dem nationalen engesellschaft mit einem der Mitbe-
Rates vom 08.10.2001 über Aktienrecht der jeweiligen Sitzstaaten. stimmung unterliegenden deutschen
das Statut der europäischen Gesell- Auf Kapitalmaßnahmen und Struktu- Unternehmen ausscheiden.
schaft (Societas Europae, kurz: SE) rentscheidungen einer europäischen
in Kraft getreten. Damit ist nach mehr Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutsch- Einen Teil ihrer Attraktivität hat die
als 30 Jahren Vorarbeit (!) der Rahmen land beispielsweise wird deutsches europäische Aktiengesellschaft aber
für die einheitliche europäische Akti- Aktienrecht Anwendung finden. auch durch die jüngere Rechtspre-
engesellschaft unmittelbar geltendes chung des Europäischen Gerichtshofes
Recht geworden. Auch die unterschiedlichen Formen der (EuGH) zur Sitzverlegung von Gesell-
Arbeitnehmermitbestimmung bestehen schaften verloren. In den Entschei-
Die sich aus einer solchen suprana- unter dem Regime der europäischen dungen „Überseering“ und „Inspire
tionalen Gesellschaftsform ergeben- Aktiengesellschaft grundsätzlich fort. Art“ hat der EuGH klargestellt, dass
den Chancen liegen auf der Hand: Dieser Punkt stellte eines der wesent- es gegen die europarechtlich garan-
Größere Mobilität durch grenzüber- lichen Hindernisse auf dem Weg zur tierte Niederlassungsfreiheit verstößt,
schreitende Sitzverlegung oder Ver- Schaffung der Societas Europae dar, wenn ein Mitgliedsstaat die Rechtsfä-
schmelzung, Verringerung des Ver- was sich auch in dem nach langen higkeit einer in einem anderen Mit-
waltungsaufwandes durch Einbringung gliedsstaat wirksam gegründeten juris-
diverser Tochtergesellschaften in eine tische Person bei Sitzverlegung nicht
europäische Aktiengesellschaft und anerkennt. Damit kann nun beispiels-
einfachere Abwicklung paneuropäi- weise eine britische Gesellschaft mit
scher Transaktionen durch Vereinheitli- beschränkter Haftung ihren Verwal-
chung des anwendbaren Rechts. Hinzu tungssitz unter Wahrung der Rechts-
kommt, dass Unternehmen, die sich persönlichkeit ins europäische Aus-
in der Rechtsform der europäischen land verlagern. Zur Schaffung größerer
Aktiengesellschaft organisieren, zwi- Mobilität bedurfte es der europäischen
schen zwei verschiedenen Leitungssys- Aktiengesellschaft daher nicht mehr.
temen wählen können, nämlich dem
in Deutschland bestehenden dualisti- In Deutschland haben das Bundesmi-
schen Modell mit einer Trennung von nisterium der Justiz und das Bundes-
Vorstand und Aufsichtsrat einerseits ministerium für Wirtschaft und Arbeit
und dem monistischen System, wie es Gerhard Picot am 05.04.2004 einen gemeinsamen
etwa in England und Frankreich vor- Referentenentwurf für ein „Gesetz zur
herrscht, andererseits. Das monistische Verhandlungen gefundenen Kompro- Einführung der Europäischen Gesell-
System zeichnet sich dadurch aus, dass miss widerspiegelt. Die ebenfalls am schaft“ vorgelegt, den das Bundes-
ein Verwaltungsrat die Gesellschaft 08.10.2004 in Kraft getretene EG- kabinett am 26.05.2004 beschlossen
leitet, indem er die Grundlinien der Richtlinie 2001/86 über die Beteiligung hat. Im Anschluss daran wurde das for-
Unternehmenstätigkeit vorgibt und der Arbeitnehmer in der europäischen melle Gesetzgebungsverfahren einge-
deren Umsetzung überwacht, wäh- Gesellschaft sieht eine bis zu sechs leitet. Mit einer Umsetzung der euro-
rend vom Verwaltungsrat bestellte Monate dauernde Verhandlungsperi- parechtlichen Vorgaben ist daher in
und jederzeit abberufbare geschäfts- ode über die Mitbestimmungsrechte absehbarer Zeit zu rechnen.
führende Direktoren die laufenden der Arbeitnehmer in der zu gründen-
Geschäfte der Gesellschaft führen. den Gesellschaft vor (in Ausnahmefällen Ob sich die europäische Aktiengesell-
kann sich diese Periode sogar auf zwölf schaft in der gesellschaftsrechtlichen
Letztendlich ist der europäische Gesetz- Monate verlängern). Kommt keine Eini- Praxis großer Beliebtheit erfreuen
geber im Hinblick auf die Vereinheitli- gung mit den Arbeitnehmern zustande, wird, bleibt angesichts der fortbeste-
M&A 11/2004
chung aber hinter seinen Möglichkeiten findet das strengste Mitbestimmungs- henden Fragmentierung des anwend-
zurückgeblieben, denn die Verordnung recht Anwendung, bei Sachverhalten baren Rechts abzuwarten. Auf jeden
legt lediglich gewisse Grundstrukturen mit deutscher Beteiligung also in der Fall stellt ihre Einführung einen wich-
wie etwa die Gründungsformen und Regel die deutschen Vorschriften. Für tigen Schritt auf dem Weg zur Schaf-
die Eckpunkte der Organverfassung ausländische Fusionspartner dürfte fung eines europäischen Gesellschafts-
fest. Alles weitere bedarf der Rege- daher schon aus diesem Grunde eine rechts dar.456 Cultural Due Diligence im Rahmen von
internationalen Mergers & Acquisitions:
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
Konzept, Praxisschlaglicht und Empfehlungen
Prof. Dr. Claus Steinle, Timm Eichenberg, Julia Weber-Rymkovska, Universität Hannover
1 Einführung: Cultural Due Diligence fristig eine gemeinsame Unternehmungskultur anstre-
(CDD) im Kontext internationaler ben. Der folgende Beitrag zielt darauf ab, ein struktu-
Mergers & Acquisitions (M&A) riertes CDD-Konzept vorzustellen, welches sich in die
herkömmliche DD eingliedern lässt. Diesem Konzept wird
Die rasante Umstrukturierung der Wirtschaft durch Mer- die gegenwärtige Durchführung der CDD in der Praxis
gers und Acquisitions (M&A) stellt ein Phänomen dar, gegenübergestellt, um daraus Entwicklungsperspektiven
welches in den letzten Jahren aus diversen Forschungs- der CDD bei internationalen M&A abzuleiten.
perspektiven analysiert wurde. Trotz der intensiven Aus-
einandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten der 2 Entwicklung eines prozessorientierten
internationalen Transaktionen konnten einige Fragen CDD-Konzepts im Rahmen von
bis heute nicht eindeutig beantwortet werden. 1 Dazu cross-border M&A-Transaktionen
gehört z.B. die Frage nach den Erfolgsfaktoren, die über
den Ausgang von internationalen M&A entscheiden. Sie 2.1 Der kulturvergleichende Ansatz sowie
erfährt zusätzliches Gewicht durch die Tatsache, dass ein Phasenkonzept als Grundbausteine
in jüngerer Vergangenheit vor allem im Bereich inter- des CDD-Prozesses
nationaler M&A spektakuläre Fehlschläge zu beobach-
ten waren. Die branchenübergreifende durchschnittli- Im Generierungsprozess eines neuen CDD-Konzeptes
che Misserfolgswahrscheinlichkeit liegt zwischen 50% wurde zunächst eine theoretisch fundierte Plattform
und 70% und kann somit als ein eindeutiges Warnsi- bezüglich der Fragestellungen: „Wie sollen kulturelle Ähn-
gnal sowie als Impulsgeber für neue Untersuchungsak- lichkeiten und Differenzen zwischen den M&A-Partnern
zente interpretiert werden. Dabei empfiehlt es sich, den behandelt werden?“ und „Nach welchem Leitprinzip soll
Fokus verstärkt auf den „weichen“ Erfolgsfaktor Kultur eine CDD-Analyse ausgestaltet sein?“ gesucht. Diesbe-
zu richten, da die Aktualität dieses Themas für interna- züglich lassen sich in der relevanten Literatur zwei grobe
tionale M&A immer deutlicher wird. Um mögliche Chan- Tendenzen feststellen: Ein Teil der Autoren empfiehlt, eine
cen und Risiken internationaler M&A rechtzeitig zu anti- Bindung zwischen Partnern mit potenziell ähnlichen Kul-
zipieren, wird i.d.R. eine umfassende Due Diligence (DD) turen anzustreben, da unterschiedliche Kulturen grund-
durchgeführt, die jedoch relativ selten eine strukturierte sätzlich ein hohes Risiko beinhalten.2 Dagegen behaup-
Analyse kultureller Aspekte – Cultural Due Diligence ten Vertreter des synergetischen Leitgedankens, dass ein
(CDD) – einschließt. Die kulturelle DD zielt auf die früh- verträgliches Maß an kulturellen Differenzen durchaus
zeitige Erkennung aus unterschiedlichen kulturellen Kon- zum Erfolg einer Transaktion beitragen könne, voraus-
texten der Akquisitionspartner resultierenden Risiken und gesetzt, sie würden entsprechend gelenkt und gesteu-
Chancen sowie auf die Einschätzung ihrer Konsequenzen ert.3 Diese Sichtweise dient als konzeptuelle Grundlage
ab. Ist die festgestellte Gefahr einer kulturellen Inkom- für das entwickelte CDD-Konzept, da sie dem Kernziel
patibilität zu groß, so kann die Empfehlung der CDD internationaler M&A – der Ausnutzung von Synergie-
auch darin bestehen, von der Transaktion ganz abzuse- potenzialen – Rechnung trägt. Um die CDD optimal zu
hen, wobei eine solche Entscheidung stets eine Synthese
aus Erkenntnissen mehrerer erfolgskritischer DD-Bereiche
sein muss. Die Durchführung einer CDD empfiehlt sich 1 Vgl. Kerler, Mergers & Acquisitions und Shareholder Value, 2000, S. 2.
2 Vgl. dazu Lucks/Meckl, Internationale Mergers & Acquisitions: Der prozess-
insbesondere für cross-border M&A, da diese nicht nur orientierte Ansatz, 2002, S. 85; Keller, Die Rolle der Unternehmungskul-
8|9/2001
M&A 11/2004
von unterschiedlichen Unternehmungskulturen sondern tur im Rahmen der Differenzierung und Integration der Unternehmung, 1990,
S. 261; Wuth, Neue Wege beim Management von Akquisitionen; in: Wagner/Acker-
auch von unterschiedlichen „Ländermentalitäten“ maß- mann, Wettbewerbsorientiertes Personalmanagement: Steuerung und Entwicklung
geblich beeinflußt werden. Im Kontext dieses Beitrags von Kompetenzen und Fähigkeiten, 2003, S. 278.
3 Vgl. Malekzadeh/Nahavandi, Adding Cultural Fit to your Diligence Checklist, Mer-
M&A
werden nur diejenigen cross-border M&A-Partnerschaf- gers & Acquisitions, Vol. 34, No. 3, 1998, S. 123; Harris/Moran, Managing Cultu-
ten in Betracht gezogen, die eine dauerhafte Bindung ral Differences, 4. Aufl. 1996, S. 19; Larsson/Risberg, Cultural Awareness and Nati-
onal versus Corporate Barriers, in: Gersten/Søderberg/Torp, Cultural Dimensions of
unter einheitlicher Unternehmungsleitung sowie lang- International Mergers and Acquisitions, 1998, S. 52.Abb. 1: Phaseneinteilung einer Cultural Due Diligence und turprofils mit Hilfe eines mehrdi- 457
ihre Einordnung in die Gesamttransaktion mensionalen Kulturmesskonzep-
Quelle: Autor tes erfolgen. Carleton schlägt z.B.
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
Idealtypischer M&A Prozess
folgende Dimensionen, die den
Suchkriterien zugrunde liegen soll-
Analyse- & Transaktions- Integrations- Post-Merger- ten, vor: intended direction and
Konzentrationsphase phase phase Controlling results, key measures, key busi-
ness drivers, infrastructure, orga-
nizational practices, leadership/
Letter of Intent Signing Closing
management practices, super-
Due Diligence i.e.S.
visory practices, work practices,
technology use, physical environ-
Idealtypische Cultural Due Diligence i.w.S.
ment, perceptions and expectati-
Entschei- Preinte- ons, cultural indicators and artif-
Integrations- Post-Merger-
CDD Planungsphase dungs- grations-
phase Controlling
acts.5 Auf dieser Basis ist für jede
phase phase
einzelne Dimension die folgende
Kernfrage zu beantworten: „Wie
sollte diese Dimension beim Target
ausgeprägt sein, um eine bessere
strukturieren, bietet sich eine Phaseneinteilung in eine Zusammenarbeit zu ermöglichen?“ Darauf aufbauend ent-
Planungs-, eine Entscheidungs- sowie eine Pre-Integra- steht eine Suchkriterienliste, die lediglich dazu dient, eine
tionsphase an (vgl. Abb.1). 4 Hierbei wird von einer CDD grobe Suchrichtung festzulegen und anschließend eine
i.w.S als einer Bündelung jener kulturellen Analyseakti- erste Vorauswahl an potenziellen Kandidaten zu treffen.
vitäten und Umsetzungsmaßnahmen ausgegangen, die Parallel zu den kulturellen Kriterien werden auch andere
ihren Ursprung in der Transaktionsplanung und ihren strategisch wichtige Aspekte6 geprüft und letztendlich
Abschluss in der Integration finden. Ihre Abrundung findet ein “idealtypischer Kriterienmix” gesucht. Daraus lässt sich
die postulierte Phaseneinteilung in einer Umsetzungs- ein erstes vages Bild eines jeden Targets ableiten. Die neu
kontrolle im Sinne eines strategischen Controlling mit generierten Kandidatenprofile werden mit dem Käufer-
Schwerpunkt auf kulturellen Aspekten. profil auf ihre Transaktionseignung abgeglichen, woraus
sich eine Endauswahl an potenziellen Partnern ergibt. Die
2.2 Planungsphase und Entscheidungs- beschriebene idealtypische Planungsphase ist in der Abbil-
phase: Erarbeitung kultureller dung 2 grafisch dargestellt.
Suchkriterien sowie der CDD-Beitrag
für die finale Transaktionsentscheidung
4 Die Unterteilung eines M&A-Prozesses in idealtypische Phasen erfolgt in Anlehnung
an Jansen. Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions: Unternehmungsakquisitionen und -
Die Konzentration auf Planungsbereiche wirtschaftlicher kooperationen, 3. Aufl. 2000, S. 154 ff.
5 Vgl. Carleton, Cultural Due Diligence, Training, Vol. 34, No. 11, 1997, S. 71 ff. In
Art stellt eine zweifellos notwendige, jedoch keine hin- diesem Stadium können auch diverse Typologisierungskonzepte als erste Orientie-
reichende Bedingung für den Akquisitionserfolg dar. Eher rung angewandt werden. Vgl. dazu z.B. Handy, Understanding Organisations, 4. Aufl.
1993, S. 180 ff.; Goffee/Jones, The Character of a Corporation: how your company
sind diese Bereiche als Transaktionsfundament aufzufas- culture can make or break your business, 1998, S. 12 ff.
sen, von dem ausgehend eine Planung der angestrebten 6 Dazu zählen z.B. die finanzielle Situation, die strategische Position etc. Vgl. Lucks/
Meckl, Internationale Mergers & Acquisitions: Der prozessorientierte Ansatz, 2002,
kulturellen M&A-Konstellation erfolgen sollte und somit S. 80 ff.
Verbesserungspotenziale durch
die Kombination quantitativer und
qualitativer erfolgskritischer Berei- Abb. 2: Verlauf einer idealtypischen Planungsphase einer CDD
che erzielt werden. Anknüpfend an Quelle: Autor
die Transaktionsziele stellt sich in
der CDD-Planungsphase die Frage
Transaktionsziele Welche Kultur des Targets
nach der gewünschten Kultur des kann die gesetzten Ziele
zukünftigen Partners, die zur opti- "Ideales Target-Kulturprofil" unterstützen?
malen Zielerreichung beitragen kann.
Suchkriterienliste (Makro-/Mikroebene) Welche Suchkriterien
Gemeint ist hierbei eine grobe kultu- lassen sich daraus ableiten?
relle Richtungsfestlegung auf Landes-
und Unternehmungsebene, sofern
? Welche Unternehmungen sind
8|9/2001
M&A 11/2004
geeignet unter Beachtung des
die Wahl eines bestimmten Part- Kriterienmix (Strategie, Kultur,
ners nicht durch strategische Motive Finanzen etc.?)
eindeutig determiniert ist. Nach der Targetdatenbank
M&A
Wahl eines geeigneten Landeskon- Welcher Kandidat passt zu der
Käuferunternehmung am besten?
textes sollte eine grobe Modellierung Auswahl des "besten Kandidaten"
eines idealen Unternehmungskul-458 Die kulturorientierte Partneraus- Abb. 4: Multipler Kulturvergleich vor der Wahl eines
wahl basiert lediglich auf den Integrationskonzeptes
„vagen“ öffentlichen Informati- Quelle: Autor
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
onen und gewährt somit noch
Nutzen
keinen grundlegenden Einblick
- Feststellung der Profilunterschiede zwischen dem Target und dem Käufer.
in die Komplexität der internen - Feststellung Abweichung der Ist-Kulturen von Soll-Kultur.
Zielunternehmungswelt. Dadurch - Festlegung der gewünschten Veränderungsrichtung.
kristallisiert sich die Bedeutung Soll-Kultur als Orientierung
Subkulturenvergleich
für die Integration
weiterer Untersuchungen in der
1 2 3
Entscheidungsphase deutlich
heraus, um die vorläufige Partne- vs.
rauswahl weiterhin zu untermau-
ern. Diesem Prozess sind jedoch
Targetunternehmungskulturprofil Käufer- Target-
einige Grenzen gesetzt, da der Käuferunternehmungskulturprofil unternehmungskultur unternehmungskultur
potenzielle Partner i.d.R. zunächst Soll-Unternehmungskulturprofil
Distanz zu wahren versucht. Eine Wahl eines kulturellen Integrationskonzeptes
Herausforderung der CDD unter
derartigen Umständen besteht
u.a. darin, zugängliche Informationsquellen treffend len Managerbefragungen bestimmte Rückschlüsse auf
zu interpretieren sowie das Management des Targets zu die herrschende Kultur in der Zielunternehmung ablei-
einer Beteiligung an diesem Prozess zu animieren. Dafür ten. Somit kommt der CDD die Rolle einer notwendi-
erweist sich die Kenntnis der jeweiligen landesspezifi- gen ergänzenden Analyse zu, die in Abstimmung mit
schen Verhaltens- und Kommunikationsmuster als unum- anderen eingesetzten DD-Arten als Entscheidungsgrund-
gänglich. Um emotionale Eskalationen auszuschließen lage bezüglich der Transaktionszukunft dienen sollte.
und um die Transaktion zu beschleunigen, sollte eine Abbildung 3 zeigt die wichtigsten Meilensteine einer
CDD auf der Basis eines sorgfältigen Ländervergleichs idealtypischen CDD-Entscheidungsphase.
Empfehlungen bezüglich des optimalen Verhandlungs-
und Kommunikationsstils liefern. Nach der Herausar- 2.3 Pre-Integrationsphase:
beitung landeskultureller Bedingungen kann dann eine Cultural Due Diligence als
Analyseschwerpunktverschiebung in Richtung Unterneh- Grundlage für die Entwicklung
mungskultur stattfinden. Je wahrscheinlicher ein tat- eines Integrationsplans
sächlicher Vertragsabschluss ist, desto mehr Möglich-
keiten eröffnen sich den CDD-Trägern, eine detaillierte Gerade in der Integrationsphase kommen kulturbe-
Untersuchung durchzuführen. I.d.R. wird aufgrund der dingte Probleme am stärksten zum Tragen. 8 Aus diesem
bestehenden Unsicherheiten sowie möglicher negativer Grund empfiehlt es sich, die Zeitspanne zwischen dem
Auswirkungen bei einer unvorbereiteten M&A-Bekannt- Signing und dem tatsächlichen Integrationsbeginn für
gabe 7 lediglich ein eingeschränkter Einbezug einzelner eine sorgfältige Vorbereitung kultureller Integration
Manager in die Analyse seitens des Targets bewilligt. zu nutzen. Zunächst sollte eine künftig gültige Soll-
Trotzdem lassen sich aus gezielten und professionel- Kultur der „neuen“ Unternehmung als Orientierung
für alle darauf folgenden kulturel-
len Integrationsmaßnahmen ent-
Abb. 3: Verlauf einer idealtypischen wickelt werden. Dadurch findet
Cultural Due Diligence-Entscheidungsphase keine zwanghafte Übertragung
Quelle: Autor der bestehenden Akquisiteurs-
unternehmungskultur statt, die
Käufer Landeskultur ?
Target Landeskultur erwartungsgemäß zu Widerstand
seitens des Targets oder gar zu
1 Optimaler Kommunikations- und Verhandlungsstil
7 Jansen stellt in diesem Zusammenhang fest, dass
2 3 die Fluktationsrate nach einer Fusionsankün-
digung auf das zwölffache des Normalniveaus
= CDD-Urteil ansteigt. Vgl. Jansen, Pre- und Post Mergers-Inte-
gration bei grenzüberschreitenden Zusammen-
+ schlüssen – Trends, Tools, Thesen und empiri-
sche Tests von Old und New Economy Deals, in:
Urteile anderer DD
8|9/2001
M&A 11/2004
Targetunternehmungskulturprofil Jansen/Picot/Schiereck, Internationales Fusionsma-
Käuferunternehmungskulturprofil = nagement, 2001, S. 19.
- + Pre-Integrations-
phase
8 Vgl. Lucks/Meckl, Internationale Mergers & Acqui-
sitions: Der prozessorientierte Ansatz, 2002, S. 84;
Very/Schweiger, The Acquisitions Process as a Lear-
M&A
ning Process: Evidence from a Study of Critical Pro-
Landeskulturelles Rahmenkonzept blems and Solutions in Domestic and Cross-Border
Deals, Journal of World Business, Vol. 36, No. 1,
2001, S. 14.Abb. 5 Ziele und Nutzen einer Cultural Due Diligence aus Praxissicht
Quelle: Autor 459
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
Zentrale Ziele einer CDD Zentraler Nutzen einer CDD
n Erfassung und Erklärung der Kultur sowie der n Identifikation von kulturbedingten Problembereichen
Grundeinstellung der Zielunternehmung zur
n Schaffung eines “Bewusstseins” für kulturelle
besseren Einschätzung der Transaktionszukunft
Probleme
n Ableitung eines optimalen Verhandlungs- und
n Reduktion der möglichen Konfliktpotenziale
Kommunikationsstils
n Unterstützung des Reflexionsprozesses über die eigene
n Bestimmung der kulturbedingten
Unternehmungskultur (z.B. der des Akquisiteurs) und
Synergiepotenziale bzw. -risiken
Erhöhung der allgemeinen Betriebseffizienz durch
n Analyse und Gegenüberstellung der beiden Einleitung von Veränderungsmaßnahmen
kulturellen “Ist-Zustände” von M&A-Partnern
n Sensibilisierung der Akquisitionsbeteiligten für
und die daraus folgende Ableitung von
Kultur als einen der zentralen Erfolgsfaktoren von
Transaktionsrisiken und -chancen
internationalen Transaktionen
n Bestimmung einer idealen “Soll-Kultur”
n Reduktion des “cultural clash”
n Ableitung der Konsequenzen und der
n Erleichterung der Integration
Empfehlungen für die kulturelle Integration
n Möglichkeit eines kulturellen Benchmarking
einem „cultural clash“ führt. 9 Um eine erfolgreiche wiegend schreiben die Befragten der Kultur im Kon-
Integration durchzuführen, ist eine Prüfung sowohl der text internationaler Transaktionen eine „bedeutende“
Käufer-Unternehmungskultur als auch der „Target“- bis „sehr bedeutende“ Rolle zu. Die fehlende Berück-
Unternehmungskultur auf deren Konsistenz mit der sichtigung unterschiedlicher Kulturen wird einheitlich
entwickelten Soll-Kultur von hoher Relevanz. Hierbei als einer der Gründe für M&A-Misserfolge bezeich-
ist danach zu fragen, ob zum Beispiel der vorhandene net. Jedoch wurden erhebliche Ansichtsabweichun-
Führungsstil oder die üblichen internen Rituale den gen bei der expliziten Thematisierung von CDD fest-
jeweiligen Soll-Größen entsprechen und in der neuen gestellt. Während Beratungsrepräsentanten betonen,
Konstellation funktionsfähig sind. Dabei steht folgende dass eine CDD helfen kann, kulturbedingte Konflikt-
Kernfrage im Vordergrund: „Welche wesentlichen Kul- sowie Synergiebereiche zu identifizieren, beziehen die
turunterschiede bzw. Ähnlichkeiten können zu Integra- meisten Unternehmungen Kultur eher auf ihre spezifi-
tionsproblemen bzw. -erleichterungen führen und wie sche, oft als “intuitiv” bezeichnete Art mit ein. Damit
sollen diese konkret behandelt werden?“ Die gewon- einher geht eine unzureichende Strukturierung des kul-
nenen Analyseerkenntnisse über mögliche Integrati- turellen Analyseprozesses auf Unternehmungsseite. Die
onsrisiken und -chancen helfen entscheidend bei der zentralen Ergebnisse in diesem Zusammenhang sind
Bestimmung eines optimalen Integrationskonzeptes. als Synthese aus den beiden Befragungsperspektiven in
Abbildung 4 zeigt notwendige Teilanalysen vor der Abbildung 5 dargestellt.
Wahl einer Integrationsalternative.
Die befragten Beratungsgesellschaften raten überwie-
3 Einsatz der Cultural Due Diligence gend zu einem Einsatz der CDD bereits in der Planungs-
in der Praxis: Ergebnisse einer phase bzw. vor dem Closing, um eine erfolgreiche Inte-
qualitativen Befragung gration zu gewährleisten. Es wurde betont, dass eine
CDD einen langfristigen Prozess darstellt, der in der Pre-
3.1 Ziele, Nutzen und strukturelle Merger-Phase einsetzt und eine Transaktion bis zum
Anforderungen aus Sicht der Praxis Schluss begleitet. Es lässt sich festhalten, dass Kultur im
M&A-Kontext ein aktuelles Diskussionsthema ist, dem
Ausgehend von den dargestellten theoretischen Aus- trotz aller Differenzen grundsätzlich eine hohe Relevanz
führungen wurde die Umsetzung der CDD in der Praxis beigemessen wird.
untersucht. Insgesamt nahmen 12 internationale Unter-
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nehmungen an der Untersuchung teil, wovon sechs der
9 Vgl. zu üblichen Reaktionsmustern (Widerstand, Frustration, Unsicherheit etc.) auf
Beratungsbranche angehören, um eine CDD gleichzei- Eingriffe in die bestehende Kultur Kleppestø, A Quest for Social Identity – The Prag-
matics of Communication in Mergers and Acquisitions, in: Gersten/Søderberg/Torp,
tig aus der Anbieter- und der Nachfragerperspektive Cultural Dimensions of International Mergers and Acquisitions, 1998, S. 147; Wuth,
M&A
zu beleuchten. In Form eines leitfadengestützten teil- Neue Wege beim Management von Akquisitionen; in: Wagner/Ackermann, Wett-
bewerbsorientiertes Personalmanagement: Steuerung und Entwicklung von Kompe-
strukturierten Interviews wurden Expertengespräche mit tenzen und Fähigkeiten, 2003, S. 282 f.; Krystek, Unternehmenskultur und Akqui-
CDD-Beratern sowie M&A-Spezialisten geführt. Über- sition, ZfB, 62. jg., H. 5, 1992, S. 552 f.460 Abb. 6: Zentrale Probleme einer Cultural Due Diligence der praktischen Durchführung einer
in der Praxis: Beratungssicht CDD in der Entscheidungsphase
Quelle: Autor wurden seitens der Gesprächs-
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partner aus dem Beratungssektor
Barrieren beim Einsatz einer CDD aus Sicht der Beratungsgesellschaften
diverse Barrieren genannt, die in der
Abbildung 6 dokumentiert sind.
n Informationsdefizite, die auf einen eingeschränkten Zugang zu
Informationsträgern in der Transaktionsphase zurückzuführen sind
Aus Sicht der Beratungsrepräsen-
n Mangelnde Akzeptanz und fälschliche “Ausgrenzung” von tanten gehört zunächst ein analyti-
CDD-Beratern aus dem klassischen DD-Prozess scher Vergleich zwischen den beiden
Ist-Kulturen von M&A-Partnern zu
n Erhebliche Meinungsdifferenzen zwischen Top-Managern und
den Basisteilergebnissen einer CDD,
Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Unternehmungskultur
aus deren Gegenüberstellung eine
n Schwierigkeiten, eine Verbindung zwischen den CDD-Befunden Identifikation von Ähnlichkeiten und
und dem operativem Geschäft herzustellen Differenzen erfolgt sowie darauf
aufbauend kulturelle Risiken und
n Fehlende Sensibilität der Transaktionsmanager für die Folgen Chancen abgeleitet werden. Dabei
einer kulturellen Inkompatibilität wurde die Notwendigkeit der Her-
stellung eines direkten Bezugs
zwischen kulturellen Risiken und
Chancen und ihrer möglichen Aus-
3.2 Ausprägung der Planungs- und wirkungen auf das operative Geschäft besonders deut-
Entscheidungsphase in der Praxis lich hervorgehoben. Schließlich wird i.d.R. aufgezeigt,
welche Transformationsprozesse hinsichtlich der jewei-
Dem Planungsprozess für die Suche nach einem passen- ligen CDD-Befunde erforderlich sind, um einer Transak-
den Kandidaten in der Praxis liegen diverse Kriterien, wie tion zum Erfolg zu verhelfen. Ferner stellt ein kulturelles
Marktanteile, Wachstumsmöglichkeiten etc. zugrunde, Benchmarking, mit dessen Hilfe aufgezeigt werden kann,
die in den meisten Unternehmungen nicht explizit kul- welche kulturellen Merkmale in der jeweiligen Branche
turelle Faktoren mit einschließen. Nach Ansicht einiger mit dem Erfolg direkt korrelieren, ebenfalls ein mögli-
Interviewpartner reichen für die Einschätzung kultureller ches CDD-Ergebnis dar.
Kompatibilität in der Öffentlichkeit zirkulierende Infor-
mationen, Gespräche mit dem Management des Targets 3.3 Charakteristika der Pre-Integrations-
oder mit den bestehenden Partnern in dem jeweiligen phase sowie Problemfelder der
Zielmarkt. Von den meisten Beratungen wurde bestä- Cultural Due Diligence
tigt, dass deren CDD-Unterstützung i.d.R. erst nach der
gefallenen Transaktionsentscheidung nachgefragt wird, Hinsichtlich der Erfolgsfaktoren einer Integration wurde
obwohl der Einsatz der CDD bereits in der Planungsphase die Bedeutung einer sorgfältigen Planung deutlich her-
insgesamt eine kostengünstigere und effektivere Vorge- vorgehoben. Die Integrationsgeschwindigkeit sowie das
hensweise wäre. Die meisten M&A-Manager sind aber Vorhandensein einer übergeordneten Integrationsin-
eher auf „harte Faktoren“ fixiert und für die kulturelle stanz spielen ebenfalls eine große Rolle. Dabei wird einer
Problematik nicht ausreichend sensibilisiert. Somit lässt gezielten Kommunikation zwischen den Akquisitions-
sich eine konträre Grundhaltung der Berater hinsichtlich beteiligten eine wichtige Bedeutung beigemessen, da
des Einsatzes von CDD in der M&A-Planung gegenüber nur auf diesem Weg die geforderte Klarheit über Vision
den befragten M&A-Spezialisten auf der Unternehmungs- und Mission der Transaktion zu erreichen ist. Generell
seite konstatieren. Einer der befragten Interviewpartner, wird der Erfolg einer Integration in der Praxis überwie-
in dessen Unternehmung bis dato bei internationalen gend auf „weiche“, mit zwischenmenschlichen Interak-
Transaktionen noch keine CDD eingesetzt wurde, bezeich- tionen verbundene Faktoren zurückgeführt. Dies steht
nete die Wahrnehmung der kulturellen Analyse mit folgen- aber im Widerspruch dazu, dass derartige Faktoren, wie
der Begründung als Paradox: Eine Entscheidung über Fort- z.B. kulturelle Kompatibilität häufig keine ausreichend
führung bzw. Abbruch einer M&A-Transaktion wird stets strukturierte Berücksichtigung finden. Aufgrund fehlen-
unter Berücksichtigung eines „kulturellen Fits“ getroffen, der Erfahrungen konnten die meisten Unternehmungs-
jedoch stößt ein Einsatz der CDD auf eine Ablehnung vertreter bezüglich der Verbindung zwischen einer CDD
seitens der Top-Manager. Seitens der Beratungsgesell- und dem Integrationsprozess keine Auskunft geben.
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schaften wird einer CDD generell eine bedeutende Rolle Entsprechend den Aussagen der befragten Unterneh-
für die finale Transaktionsentscheidung zugeschrieben, mungsberater sollte eine CDD als Plattform für die Ablei-
wobei sie eher als „Ergänzung“ zu den „harten“ Faktoren tung der erforderlichen kulturellen Integrationsmaßnah-
M&A
zu sehen ist. Die Unternehmungsvertreter neigen dazu, men dienen. Die Transferleistung als Überführung von
der CDD im Vergleich zu anderen DD-Arten den Stellen- „weichen“ Ergebnissen einer CDD in konkrete „harte“
wert einer „sekundären Analyse“ zuzuweisen. Bezüglich Folgen für das operative Geschäft und anschließend inkonkrete Integrationsmaßnahmen stellt die zentrale cross-border M&A eine integrative Sichtweise gefragt, 461
Herausforderung einer CDD dar. Folgende zentrale bei der die Interdependenzen zwischen „harten“ und
Probleme einer CDD wurden seitens der M&A durch- „weichen“ Faktoren entsprechend behandelt werden.
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führenden Unternehmungen hervorgehoben: fehlende Diese Erweiterung des CDD-Spektrums korrespondiert
Strukturierbarkeit und mangelnde Messbarkeit der in hohem Maße mit der zweiten erfolgskritischen Bedin-
Kultur sowie hohe Subjektivität der CDD-Ergebnisse. gung für eine wirksame CDD – einem phasenübergrei-
Aufgrund dieser Tatsachen ist nach Meinung vieler fenden Einsatz eines professionellen CDD-Teams. Ideal
Respondenten eine Entwicklung der CDD von einer eignen sich dafür externe Berater aufgrund ihrer neu-
„sekundären Analyse“ zu einer Standard-DD für inter- tralen Sichtweise auf die zu analysierenden Kulturen
nationale M&A kaum möglich. Diese Meinung wird beider M&A-Partner. Des Weiteren verfügen sie über
durch die Argumentation seitens der befragten Bera- notwendige Fachkenntnisse, die in einer Unternehmung
tungsgesellschaften konterkariert. Diese weisen auf häufig in dieser Form nicht vorhanden sind. Opera-
die mangelnde Sensibilität der Top-Manager in Bezug tionalisierung als letzte, durchgängig zu berücksich-
auf die kulturelle Problematik sowie eine dominie- tigende Bedingung für eine zielwirksame CDD imp-
rende Orientierung an „harten” Faktoren hin. Dabei liziert nicht nur die Messung einer Kultur, sondern
wird die oft vorgeworfene fehlende Operationalisier- auch die Herstellung eines direkten Zusammenhangs
barkeit einer CDD als ein „Vorurteil“ bezeichnet. Einer zwischen den kulturellen Ergebnissen und der ope-
höheren Akzeptanz einer CDD steht die fälschliche rativen Tätigkeiten der beteiligten Unternehmungen.
Ausgrenzung der CDD-Berater aus der klassischen DD
im Weg. Daraus kann gefolgert werden, dass die CDD 4.2 Hinweise für die Planungs-
einer Veränderung auf beiden Seiten bedarf. Zum und Entscheidungsphase
einen sollte ein Bewusstseinswandel der M&A-Macher
bezüglich der Relevanz und der Möglichkeiten einer Hinsichtlich des Gestaltungsprozesses einer CDD lassen
kulturellen Analyse erfolgen. Zum anderen bedürfen sich einige allgemeine Gestaltungsrichtlinien bestimmen.
CDD-Praktiken weiterer Modifikationen, die ihre direk- So sind – ausgehend von den Zielen einer Transaktion –
ten Dependenzen mit den „harten Faktoren“ deut- kulturelle Erfolgsfaktoren abzuleiten, die als Orientierung
licher zum Vorschein bringen sowie für die Integra- bei der Suche nach Transaktionspartnern dienen sollten.
tion der CDD in eine klassische DD sorgen. Empfehlenswert dürfte ein Planungsworkshop sein, in
dem Kultur in Verbindung mit anderen Planungsaspek-
4 Empfehlungen zur erfolgsorien- ten gebracht sowie in konkrete Suchkriterien überführt
tierten Gestaltung der Cultural Due wird. Dabei scheint die Teilnahme von CDD-Beratern
Diligence bei internationalen M&A nützlich, um gemeinsam mit den M&A-Managern den
Zusammenhang zwischen dem angestrebten Transakti-
4.1 Phasenübergreifende onserfolg und den dafür erforderlichen kulturellen Vor-
Bedingungen für eine effiziente aussetzungen herauszuarbeiten. In der anschließenden
Cultural Due Diligence CDD-Entscheidungsphase müssen diverse Barrieren über-
wunden werden, um zu validen Ergebnissen zu gelan-
Für die folgenden Gestaltungsempfehlungen werden gen. Darunter fällt u.a. ein begrenzter Informationszu-
die theoretischen Erkenntnisse mit den empirischen gang zu den relevanten Daten, dessen Grad stark von der
Befunden zusammengeführt. Dadurch zeigt sich, dass jeweiligen Unternehmungspolitik des Targets abhängig
die Potenziale einer CDD in der Praxis nur dann aus- ist. Empfehlenswert ist ein aktives, auf die jeweiligen lan-
reichend ausgeschöpft werden können, wenn ent- deskulturellen Gegebenheiten angepasstes, Kommunika-
scheidende Defizite beseitigt sind. Diese Defizitbe- tionsmanagement: Zunächst bedarf eine effektive Kom-
reiche werden im Rahmen des Gestaltungskonzeptes munikation einer Offenheit sowie einer gleichwertigen
in drei phasenübergreifende Bedingungen, wie die Partizipation seitens der beteiligten M&A-Partner. Da es
Management- sowie Mitarbeitersensibilisierung für wichtig ist, kein „Merger-Syndrom“ durch eine voreilige
kulturelle Chancen und Risiken (1), die methodische Information der Targetmitarbeiter hervorzurufen, sollte in
Kompetenz durch den konstanten Einsatz eines CDD- den beiden Unternehmungen ein Hauptansprechpartner
Teams (2) und die zielkonforme Operationalisierung für CDD-Akteure und als Koordinator für den Einsatz aller
der qualitativen CDD-Befunde (3) überführt. Darauf Kulturuntersuchungen bestimmt werden. Dem Kommu-
bauen die prozessfokussierten Empfehlungen auf, die nikationsmanagement kommt auch im weiteren Verlauf
für jede typische Phase des CDD-Konzeptes konkrete der Transaktion, insbesondere bei der Integration, eine
Maßnahmen beinhalten. Aufgrund der fehlenden Sen- essenzielle Bedeutung zu. Des Weiteren empfiehlt sich
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sibilisierung der M&A-Manager und Mitarbeiter für der Einbezug der CDD-Spezialisten in ein herkömmliches
kulturelle Chancen und Risiken empfiehlt es sich, für DD-Team, um eine Ausgrenzung der CDD zu vermeiden
M&A-Fachkräfte ein spezielles kulturbezogenes Trai- und infolgedessen ihre Akzeptanz als Teilbereich einer
M&A
ning einzuführen. Wichtig ist dabei, eine Meinungs- DD zu verbessern. Weiterhin kann durch den Austausch
änderung hinsichtlich der Bedeutung der „zahlen- und die Interaktion zwischen diversen DD-Fachkräften
basierten Faktoren“ zu bewirken. Vielmehr ist bei die Qualität der Gesamtanalyse erhöht werden.462 4.3 Vorschläge für die onsmaßnahmen zu verstehen. Um eine Orientierungsun-
Pre-Integrationsphase sicherheit bei der Integration zu vermeiden, sollte eine
Priorisierung eventuell festgestellter Problembereiche
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Nach der getroffenen Transaktionsentscheidung ist es erfolgen. Weiterhin sollten die entwickelten Integrati-
von großer Bedeutung, eine kulturelle Vision als Orien- onsmaßnahmen auf ihre Tragfähigkeit im Sinne mone-
tierung bei der Zusammenführung der beteiligten Unter- tärer und personeller Ressourcen sowie einer günstigen
nehmungen zu erarbeiten. Von der Art der Visionsent- Kosten/Nutzen-Relation überprüft werden. Abschließend
wicklung können bereits entscheidende Impulse zur ist ein CDD-Implementierungsplan zu erstellen, in dem
Schaffung von gemeinsamer Identität ausgehen. Einer- diejenigen strukturellen, prozessualen sowie personel-
seits können dabei die CDD-Träger auf der Basis ihrer len Änderungsmaßnahmen bestimmt werden, die eine
Analysen wichtige Informationen zur Visionsbestimmung erfolgreiche Zusammenführung der Unternehmungen
liefern, andererseits sollten sie die Steuerung dieses bewirken.
Prozesses übernehmen. Wenn eine durch die Akqui-
sition neu entstehende Unternehmung von Anfang an 5 Ausblick: Cultural Due Diligence als
über eine klare Orientierung verfügt und die Mitarbei- Erfolgspotenzial für internationale
ter der sich fremden Käufer- und Zielunternehmung an Fusionen und Akquisitionen
der Gestaltung sowie Umsetzung des Akkulturations-
prozesses aktiv teilnehmen, können die M&A-Erfolg- Die vorangegangenen Überlegungen basieren auf der
schancen deutlich erhöht werden. Vor dem Beginn der Erkenntnis, dass eine adäquat gestaltete CDD essen-
Integration wird empfohlen, ein Subprojekt zu initiie- zielle Informationen liefern kann, die letztendlich zu
ren, dessen Hauptziel darin besteht, die kulturelle Inte- einer erfolgreichen Zusammenführung von zwei Unter-
gration beider Unternehmungen zu planen, zu steu- nehmungen beitragen. Da die Internationalisierung der
ern und zu überwachen. Die Projektmitglieder seitens Märkte weiterhin voranschreiten wird, ist den internati-
der beiden M&A-Partner sollten im Rahmen der Inte- onalen M&A auch in Zukunft eine wichtige Rolle zuzu-
gration die Verantwortung für die Kommunikation und schreiben. Allerdings darf auch erwartet werden, dass
Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen übernehmen, durch die Lerneffekte aus gescheiterten Transaktionen,
dabei kann die angesprochene Visionsentwicklung und deren Planung und Realisierung “... notgedrungen ande-
-vermittlung als eine Teilaufgabe des kulturellen Pro- ren Mustern folgen müssen als es gegenwärtig der Fall
jektteams aufgefasst werden. Zum Aufgabenspektrum ist.” 11 Dies impliziert u.a. auch den Einsatz einer pro-
gehört auch die Koordination aller Aktionen, die zur fessionellen kulturellen Analyse. Nicht zu unterschät-
Sensibilisierung der Mitarbeiter für die kulturelle Pro- zen ist hierbei die Tatsache, dass Kultur in der heuti-
blematik beitragen. So bietet es sich an, interkulturelle gen M&A-Praxis zum Teil immer noch als ein abstraktes,
Workshops mit den Mitarbeitern durchzuführen, falls höchst subjektives und kaum messbares Phänomen gilt
während der CDD Widerstände, Vorurteile oder erheb- und dies laut der empirischen Untersuchung auch auf
liche Differenzen in Bezug auf den kulturellen Kontext absehbare Zeit bleiben wird. Gleichzeitig lassen sich aber
des neuen Partners identifiziert wurden. Wie jedes Pro- deutlich entgegengesetzte Meinungen identifizieren, die
jekt bedarf auch das kulturelle Integrationsprojekt eines jedoch zugestehen, dass die Kulturmessung sowie die
Zeitplans, konkreter Kommunikationsregeln, einer klaren -operationalisierung eine hohe Komplexität aufweisen.
Verantwortungsübernahme sowie eines Überwachungs- So wird z.B. erklärt, dass der Prozess der Kulturdiag-
systems über die erzielten Fortschritte. Für einen Unter- nostik durchaus eine hohe Analysequalität gewährleis-
nehmungskulturvergleich wird empfohlen, ein mehrdi- tet, indem er sich an Kriterien wie Objektivität, Verläss-
mensionales Messkonzept heranzuziehen, wie z.B. der lichkeit sowie Validität orientiert. 12 Diese Kontroverse
OCI (Organization Culture Inventory).10 Da in der Pre- ist zunächst als Status Quo in Bezug auf die CDD zu
Integrationsphase keine Barrieren mehr für eine breite betrachten, wobei hinsichtlich der allgemeinen Kultur-
Mitarbeiterbeteiligung an dem Analyseprozess beste- bedeutung für internationale Transaktionen sowohl in
hen, lässt sich mit Hilfe eines standardisierten Fragebo- der M&A-Forschung als auch -praxis eine weitgehende
gens eine hohe Repräsentativität und eine Einheitlich- Übereinstimmung herrscht. Gleichzeitig geht diese mit
keit der Erhebungen erreichen. Um eine ausreichende einer in der Praxis häufig anzutreffenden Widerstands-
Rücklaufquote zu erzielen, sind in jeder Unternehmung haltung gegenüber einer methodengestützten, stan-
Personen zu bestimmen, die kultursensibilisiert sind und
das Ausfüllen der Fragebögen auf diversen Hierarchie-
ebenen engagiert unterstützen. Nach der Auswertung
10 Vgl. dazu Althauser/Tonscheidt-Göstl, Kultur Due Diligence – Erfolgsfaktor bei Fusi-
der erhobenen Daten sollten die Profilunterschiede zwi- onen und Akquisitionen, Personalwirtschaft, 26. Jg., H. 8, 1999, S. 40 ff.
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11 Bolten, Das Kommunikationsparadigma im internationalen M&A-Prozeß. Due Dili-
schen den verglichenen Unternehmungskulturen und der gence und Post-Merger-Management im Zeichen der „Zweiten Moderne“, in: Strähle,
angestrebten Sollkultur deutlich visualisiert werden. Als Interkulturelle Mergers & Acquisitions: Eine interdisziplinäre Perspektive, 2003,
S. 11.
nächster Schritt erfolgt die als kritische Erfolgsbedingung 12 Vgl. Kleinfeld/Schlegel, Fusion gut, alles gut? Zur wirtschaftsethischen Relevanz von
M&A
eingestufte Operationalisierung der Vergleichsergebnisse. Mergers & Acquisitions, in: Strähle, Interkulturelle Mergers & Acquisitions: Eine inter-
disziplinäre Perspektive, 2003, S. 133. “... Kultur ist messbar, sobald man sie prag-
Darunter ist eine Einschätzung ihrer möglichen Folgen matisch begreift”: Koch, Koordination von Integrationen, in: Jansen/Picot/Schiereck,
und letztendlich die Ableitung der konkreten Integrati- Internationales Fusionsmanagement, 2001, S. 115.Sie können auch lesen