Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien - Strategien & Visionen - M&A Review

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Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien - Strategien & Visionen - M&A Review
Beteiligungen – Allianzen – Restrukturierungen – Divestments

Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien

 Strategien &                  Recht &         Switzerland
 Visionen                      Steuern         Column
 Cultural Due Diligence        Steuerimpulse   Der M&A-Markt
 im Rahmen von internatio-     für M&A in      in der
 nalen Mergers & Aquisitions   Österreich      Schweiz

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Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien - Strategien & Visionen - M&A Review
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I

                                                                                                                                   Editorial
Abschlussschwächen bei grenzüber-
greifenden Transaktionsvorhaben

I
    n der jüngeren Vergangenheit               Größe der Volkswirtschaft liegen       vor und präsentieren die Ergebnisse
    häuften sich die Beispiele fehl-           die Schweiz und Österreich auf den     einer empirischen Studie.
    geschlagener Übernahmeversu-               Plätzen 1 und 2. Mehr als zwei Drit-
che deutscher Unternehmen in den               tel der ausländischen Investoren in    Auf einen strategischen und finan-
Nachbarländern Schweiz und Öster-              Österreich stammen aus Deutsch-        ziellen Aspekt der Akquisitionsvor-
reich. Swissair, Österreichische Post,         land, die M&A-Bilanz zwischen den      bereitung gehen Prof. Dr. Dodo zu
VA Tech, alle wurden von deutschen             beiden Ländern führt mehr als 500      Knyphausen-Aufseß und Dr. Jens
Unternehmen umworben, keiner                   Beteiligungen deutscher an öster-      Köppen ein. Sie behandeln das Thema
gab den Bemühungen nach. Schuld                reichischen Unternehmen, bei weni-     Synergien und Akquisitionsprämien bei
daran waren meist weniger strategi-            ger als 400 in umgekehrter Richtung.   Transaktionen und betrachten dabei
sche als viel mehr kulturelle, natio-          Trotz der einführenden Beispiel kann   insbesonderen den dynamischen
nale und emotionale Gründe. Abge-              also von Abschlussschwäche keine       Charakter von Synergien: Greift die
sehen von diesen Beispielen, ist die           Rede sein.                             geplante Ergebnisverbesserung nicht
                                                                                      rechtzeitig, sinken die Chancen mit der
                                                                                      Transaktion Mehrwert zu schaffen.
    Länderübergreifende Transaktionen zwischen
    Deutschland, der Schweiz und Österreich                                           Die weiteren drei Beiträge dieser Aus-
    Quelle: M&A Datenbank der Universität St.Gallen                                   gabe beschäftigen sich mit den Märk-
                                                                                      ten Deutschland, Österreich und der
                                                       Objekt                         Schweiz. Zunächst präsentiert der
    Käufer               Deutschland        Österreich          Schweiz   Summe       Autor Harald Maehrle die Ergeb-
    Deutschland                                   508              690     1.198      nisse einer Studie zum Thema High-
    Österreich                    379                               59      438       Tech-Standort Deutschland. In einem
    Schweiz                       695                 69                    764       weiteren Beitrag skizzieren Barbara
                                                                                      Polster-Grüll und Harald Klien die
    Summe                       1.074             577              749     2.400
                                                                                      (steuerlichen) Vorzüge des Standortes
                                                                                      Österreich, auch in Bezug auf M&A-
                                                                                      Transaktionen. Abschließend gibt
                                                                                      unser Autor der Switzerland Column
                                                                                      einen Update zum M&A-Geschehen
Transaktionsaktivität zwischen den             Die kulturellen Aspekte eines Unter-   in der Schweiz.
drei Ländern Deutschland, Schweiz              nehmenszusammenschlusses - bei
und Österreich sehr hoch. In den ver-          nationalen Vorhaben ebenso wich-       In der Hoffnung, auch mit dieser Aus-
gangenen 20 Jahren konnten nach                tig wie bei grenzübergreifenden -      gabe wieder einen kleinen Beitrag
Angaben der M&A Datenbank der                  behandelt schließlich auch der erste   zum Zugewinn Ihres Wissens gelie-
Universität St.Gallen 2.400 Trans-             Beitrag dieser Ausgabe. Die Autoren,   fert zu haben, wünsche ich Ihnen
aktionen erfolgreich zum Abschluss             Prof. Dr. Steinle, Timm Eichenberg     eine angenehme und interessante
gebracht werden. Die Schweiz ist               und Julia Weber-Rymkovska stel-        Lektüre.
nach den USA der wichtigste Trans-             len dabei ein Konzept zur prozess-
aktionspartner, gemessen an der                orientierten Cultural Due Diligence                       Sebastian Frankenberger
                                                                                                                                    M&A 11/2004
Standpunkt                                               455
               Die europäische Aktiengesellschaft –
   II          Chance für europäische Unternehmen?
               (Prof. Dr. Gerhard Picot)
Inhalt

               Strategien & Visionen                                    456
               Cultural Due Diligence im Rahmen von
               internationalen Mergers & Acquisitions:
               (Prof. Dr. Claus Steinle, Timm Eichenberg,
               Julia Weber-Rymkovska)

               Bewertung & Kapitalmärkte                                463
               High-Tech-Unternehmen geben
               Standort Deutschland schlechte Noten
               (Harald Maehrle)

               Bewertung & Kapitalmärkte                                467
               Akquisitionsprämien und Lebensdauer von Synergien
               entscheiden über Erfolg eines Mergers
               (Dr. Jens Köppen, Prof. Dr. Dodo zu Knyphausen-Aufseß)

               Recht & Steuern                                          475
               Steuerimpulse für M&A in Österreich
               (Barbara Polster-Grüll, Harald Klien)

               Switzerland Column                                       478
               Der M&A-Markt in der Schweiz
               (Christoph Kaufmann)

                       Reports
 M&A 11/2004
Energiewirtschaft                     490
Chemie                                491    III
Pharma                                492
Metallverarbeitung/Anlagenbau         493

                                            Inhalt
Maschinenbau                          494
Automobilindustrie                    495
Elektrotechnik                        496
Computerindustrie/Telekommunikation   497
Luft- und Raumfahrtindustrie          500
Baustoffindustrie                      500
Holz, Papier und Verpackungen         501
Textil und Bekleidung                 502
Nahrungs- und Genussmittel            502
Handel                                503
Finanzdienstleistungen                504
Versicherungen                        506
Transport und Verkehr                 507
Dienstleistungen                      507
Medien                                509

Top Deals
                                             M&A 11/2004
Standard wünschen, ohne mit den          ation. 108 Gesellschaften, darunter
               Freshfields-Partner und                   Kosten-, Honorar- und Management-        unabhängige Private Equity-Gesell-
               Co-Herausgber der M&A                    strukturen der internationalen Groß-     schaften, die eigene Fonds auflegen,
  IV                                                    kanzleien konfrontiert zu werden.”       abhängige Beteiligungsgesellschaf-
               Review Picot eröffnet
                                                        PICOT Rechtsanwälte kooperieren in       ten (Captives) und Gesellschaften
               eigene Beratungs-
M&A aktuell

                                                        Köln und München mit der renom-          mit Evergreen-Fonds, nahmen an
               Boutique                                 mierten WIRTSCHAFTSTREUHAND              der Befragung teil.
                                                        GMBH. “Die Zusammenarbeit mit
               Prof. Dr. Gerhard Picot, einer der       den Wirtschaftsprüfern und Steu-
               renommiertesten Corporate-Partner        erberatern bietet unseren beiden         Investor Relations
               von Freshfields Bruckhaus Deringer,      Firmen”– so Picot – ”hervorragende       Stimmungsbarometer
               verlässt die Sozietät im Rahmen der      Möglichkeiten für unsere tägliche
               bestehenden Altersregelungen und         Beratung, insbesondere in unseren
               eröffnet die Kanzlei “PICOT Rechts-      Tätigkeitsschwerpunkten.” PICOT          Der Deutsche Investor Relations
               anwälte” mit Büros in Köln und Mün-      Rechtsanwälte wünschen zunächst          Kreis (DIRK) e.V. befragt in Zusam-
               chen. Picot war seit 1979 zunächst       eine Erweiterung ihrer Kanzlei um        menarbeit mit der GfK halbjähr-
               als Associate und dann als Partner       rund 10 Anwälte, die bereits meh-        lich Investor Relations Officer zur
               im Kölner Büro der Sozietät tätig.       rere Jahre erfolgreich in einer inter-   Stimmungslage in ihrem Bereich.
               Sein hervorragender Ruf und sein         nationalen Anwaltskanzlei tätig          Die Ergebnisse der im Juli/ August
               Top-Ranking als Wirtschaftsan-           waren und in einer überschaubaren        2004 durchgeführten Umfrage
               walt gründen sich auf seine großen       Einheit ihre individuelle unternehme-    zeigen ein positives Bild. Im Ver-
               Transaktions-Erfolge. Von Bran-          rische Entwicklung mit einem ausge-      gleich zu der Anfang 2004 durch-
               chenkennern wird insbesondere            prägten eigenen Tätigkeits- und Part-    geführten Umfrage wird die Unter-
               sein professionelles Handling bei        nerprofil suchen. Die M&A Review         nehmenslage von 66% besser und
               den milliardenschweren UMTS-             wünscht Herrn Professor Picot viel       nur von gut 8% schlechter einge-
               Geschäften äußerst positiv beur-         Erfolg!                                  schätzt. Besonders positiv gestimmt
               teilt. Entsprechendes gilt auch für                                               sind Unternehmen aus dem TecDAX
               seine zahlreichen Publikationen und                                               (80%) und dem MDax (knapp 78%).
               seine wissenschaftlicheTätigkeit am      Studie zur Fundraising-                  Auch der Blick in die Zukunft ist
               „Institute for Mergers and Acquisi-      Situation deutscher                      optimistisch: Knapp 70% aller IR-
               tions“ der Privatuniversität Witten/                                              Officer erwarten in sechs Monaten
                                                        Private Equity-
               Herdecke. Neben seiner anwaltlichen                                               eine Verbesserung der Unterneh-
               Arbeit hat Picot in den Jahren 1988      Gesellschaften                           menslage. Erstmals veröffentlicht
               bis 1996 als einer der geschäftsfüh-                                              DIRK/GfK einen hieraus abgeleite-
               renden Partner von Deringer Tessin       Deutsche Private Equity-Gesell-          ten IR-Stimmungsindikator. Er steigt
               Herrmann & Sedemund entschei-            schaften verstärken ihre Fundrai-        im Vergleich mit der Frühjahrserhe-
               dend dazu beigetragen, dass sich         sing-Aktivitäten und planen in den       bung 2004 um zwei auf 57 Prozent-
               die Sozietät zu einer modernen,          nächsten Monaten die Auflage zahl-       punkte. Der entsprechende Indikator
               dienstleistungsorientierten Praxis hat   reicher neuer Fonds. Das geht aus        für die Zukunft bleibt unverändert
               entwickeln können. Mit seinem            der am 29. 9. 2004 vom Bundes-           bei 65 Prozentpunkten. Beide Indika-
               großen Engagement und seinem             verband Deutscher Kapitalbeteili-        toren signalisieren die beschriebene
               guten wirtschaftlichen Urteilsver-       gungsgesellschaften (BVK), Berlin,       positive Stimmungslage. Die Mitar-
               mögen hat er maßgeblich die wirt-        veröffentlichten Studie „Fundrai-        beiterzahl der IR Abteilungen wird
               schaftliche Entwicklung und die          sing 2004“ hervor. Insbesondere          jedoch hiervon nicht berührt. Sie
               strategische Ausrichtung der Praxis      die Frühphasen-orientierten Ven-         bleibt bei 86% aller Unternehmen
               mitgestaltet. Nach der Beendigung        ture Capital-Gesellschaften leiden       gleich. IR-Abteilungen sind aus der
               seiner Tätigkeit bei Freshfields grün-   danach an fehlendem Kapitalzufluss       Finanzmarktkommunikation nicht
               det Picot “unternehmens”-lustig und      für neue Fonds. Die Situation habe       mehr wegzudenken. Nur vier von
               ungeachtet der bei den internationa-     sich über die Jahre verschärft und       109 Unternehmen haben keine IR-
               len Beratungsunternehmen ständig         zwinge heute zahlreiche Gesellschaf-     Abteilung und wählen andere Wege
               sinkenden Altersgrenze die Anwalts-      ten, ihre Fundraising-Aktivitäten zu     der Kommunikation. Am häufigsten
               kanzlei “PICOT Rechtsanwälte”. Sie       forcieren. Das Kapitalangebot von        übernehmen bis zu zwei Mitarbeiter
               versteht sich als Full-Service-Anbie-    Seiten der Investoren sei aber, wei-     diese Aufgaben. Je nach Indexzuge-
               ter mit den Beratungsschwerpunkten       terhin begrenzt. Deutschland habe        hörigkeit nimmt die durchschnittli-
               Mergers & Acquisitions und Restruk-      weiterhin infolge einiger ungünsti-      che Größe der IR-Abteilung zu: von
               turierungen. Dazu erklärt Picot: “Aus    ger Rahmenbedingungen deutliche          bis zu einem Mitarbeiter bei Unter-
               Diskussionen und Vortragsveranstal-      Standortnachteile gegenüber ande-        nehmen, die keinem Index angehö-
 M&A 11/2004

               tungen weiß ich, dass viele deutsche     ren europäischen Ländern und den         ren, einem Mitarbeiter im SDAX,
               Unternehmen und vor allem auch der       USA. Für die Studie befragte der BVK     rund zwei Mitarbeitern bei TecDAX
               Mittelstand und die Familienunter-       im August 2004 seine Mitglieder          und MDAX Unternehmen und 9,3
               nehmen zunehmend eine hochqua-           sowie weitere deutsche Beteiligungs-     Mitarbeitern bei DAX Unternehmen.
               lifizierte und vertrauensvolle anwalt-   gesellschaften nach ihrer Einschät-      Fünf Unternehmen haben zwischen
               liche Beratung mit internationalem       zung der aktuellen Fundraising-Situ-     11 und 20 Mitarbeiter.
Die europäische Aktiengesellschaft –                                                                                           455

Chance für europäische Unternehmen?

                                                                                                                               Standpunkt
A
        m 08.10.2004 ist die EG-Ver-       lung durch nationale Einführungsge-       Verschmelzung zur europäischen Akti-
        ordnung Nr. 2157/2001 des          setze bzw. unterliegt dem nationalen      engesellschaft mit einem der Mitbe-
        Rates vom 08.10.2001 über          Aktienrecht der jeweiligen Sitzstaaten.   stimmung unterliegenden deutschen
das Statut der europäischen Gesell-        Auf Kapitalmaßnahmen und Struktu-         Unternehmen ausscheiden.
schaft (Societas Europae, kurz: SE)        rentscheidungen einer europäischen
in Kraft getreten. Damit ist nach mehr     Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutsch-   Einen Teil ihrer Attraktivität hat die
als 30 Jahren Vorarbeit (!) der Rahmen     land beispielsweise wird deutsches        europäische Aktiengesellschaft aber
für die einheitliche europäische Akti-     Aktienrecht Anwendung finden.              auch durch die jüngere Rechtspre-
engesellschaft unmittelbar geltendes                                                 chung des Europäischen Gerichtshofes
Recht geworden.                            Auch die unterschiedlichen Formen der     (EuGH) zur Sitzverlegung von Gesell-
                                           Arbeitnehmermitbestimmung bestehen        schaften verloren. In den Entschei-
Die sich aus einer solchen suprana-        unter dem Regime der europäischen         dungen „Überseering“ und „Inspire
tionalen Gesellschaftsform ergeben-        Aktiengesellschaft grundsätzlich fort.    Art“ hat der EuGH klargestellt, dass
den Chancen liegen auf der Hand:           Dieser Punkt stellte eines der wesent-    es gegen die europarechtlich garan-
Größere Mobilität durch grenzüber-         lichen Hindernisse auf dem Weg zur        tierte Niederlassungsfreiheit verstößt,
schreitende Sitzverlegung oder Ver-        Schaffung der Societas Europae dar,       wenn ein Mitgliedsstaat die Rechtsfä-
schmelzung, Verringerung des Ver-          was sich auch in dem nach langen          higkeit einer in einem anderen Mit-
waltungsaufwandes durch Einbringung                                                  gliedsstaat wirksam gegründeten juris-
diverser Tochtergesellschaften in eine                                               tische Person bei Sitzverlegung nicht
europäische Aktiengesellschaft und                                                   anerkennt. Damit kann nun beispiels-
einfachere Abwicklung paneuropäi-                                                    weise eine britische Gesellschaft mit
scher Transaktionen durch Vereinheitli-                                              beschränkter Haftung ihren Verwal-
chung des anwendbaren Rechts. Hinzu                                                  tungssitz unter Wahrung der Rechts-
kommt, dass Unternehmen, die sich                                                    persönlichkeit ins europäische Aus-
in der Rechtsform der europäischen                                                   land verlagern. Zur Schaffung größerer
Aktiengesellschaft organisieren, zwi-                                                Mobilität bedurfte es der europäischen
schen zwei verschiedenen Leitungssys-                                                Aktiengesellschaft daher nicht mehr.
temen wählen können, nämlich dem
in Deutschland bestehenden dualisti-                                                 In Deutschland haben das Bundesmi-
schen Modell mit einer Trennung von                                                  nisterium der Justiz und das Bundes-
Vorstand und Aufsichtsrat einerseits                                                 ministerium für Wirtschaft und Arbeit
und dem monistischen System, wie es                    Gerhard Picot                 am 05.04.2004 einen gemeinsamen
etwa in England und Frankreich vor-                                                  Referentenentwurf für ein „Gesetz zur
herrscht, andererseits. Das monistische    Verhandlungen gefundenen Kompro-          Einführung der Europäischen Gesell-
System zeichnet sich dadurch aus, dass     miss widerspiegelt. Die ebenfalls am      schaft“ vorgelegt, den das Bundes-
ein Verwaltungsrat die Gesellschaft        08.10.2004 in Kraft getretene EG-         kabinett am 26.05.2004 beschlossen
leitet, indem er die Grundlinien der       Richtlinie 2001/86 über die Beteiligung   hat. Im Anschluss daran wurde das for-
Unternehmenstätigkeit vorgibt und          der Arbeitnehmer in der europäischen      melle Gesetzgebungsverfahren einge-
deren Umsetzung überwacht, wäh-            Gesellschaft sieht eine bis zu sechs      leitet. Mit einer Umsetzung der euro-
rend vom Verwaltungsrat bestellte          Monate dauernde Verhandlungsperi-         parechtlichen Vorgaben ist daher in
und jederzeit abberufbare geschäfts-       ode über die Mitbestimmungsrechte         absehbarer Zeit zu rechnen.
führende Direktoren die laufenden          der Arbeitnehmer in der zu gründen-
Geschäfte der Gesellschaft führen.         den Gesellschaft vor (in Ausnahmefällen   Ob sich die europäische Aktiengesell-
                                           kann sich diese Periode sogar auf zwölf   schaft in der gesellschaftsrechtlichen
Letztendlich ist der europäische Gesetz-   Monate verlängern). Kommt keine Eini-     Praxis großer Beliebtheit erfreuen
geber im Hinblick auf die Vereinheitli-    gung mit den Arbeitnehmern zustande,      wird, bleibt angesichts der fortbeste-
                                                                                                                                 M&A 11/2004

chung aber hinter seinen Möglichkeiten     findet das strengste Mitbestimmungs-       henden Fragmentierung des anwend-
zurückgeblieben, denn die Verordnung       recht Anwendung, bei Sachverhalten        baren Rechts abzuwarten. Auf jeden
legt lediglich gewisse Grundstrukturen     mit deutscher Beteiligung also in der     Fall stellt ihre Einführung einen wich-
wie etwa die Gründungsformen und           Regel die deutschen Vorschriften. Für     tigen Schritt auf dem Weg zur Schaf-
die Eckpunkte der Organverfassung          ausländische Fusionspartner dürfte        fung eines europäischen Gesellschafts-
fest. Alles weitere bedarf der Rege-       daher schon aus diesem Grunde eine        rechts dar.
456                                                                                                  Cultural Due Diligence im Rahmen von
                                                                                                     internationalen Mergers & Acquisitions:
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska

                                                                                                     Konzept, Praxisschlaglicht und Empfehlungen
                                                                                                     Prof. Dr. Claus Steinle, Timm Eichenberg, Julia Weber-Rymkovska, Universität Hannover

                                                                                                     1     Einführung: Cultural Due Diligence                    fristig eine gemeinsame Unternehmungskultur anstre-
                                                                                                           (CDD) im Kontext internationaler                      ben. Der folgende Beitrag zielt darauf ab, ein struktu-
                                                                                                           Mergers & Acquisitions (M&A)                          riertes CDD-Konzept vorzustellen, welches sich in die
                                                                                                                                                                 herkömmliche DD eingliedern lässt. Diesem Konzept wird
                                                                                                     Die rasante Umstrukturierung der Wirtschaft durch Mer- die gegenwärtige Durchführung der CDD in der Praxis
                                                                                                     gers und Acquisitions (M&A) stellt ein Phänomen dar, gegenübergestellt, um daraus Entwicklungsperspektiven
                                                                                                     welches in den letzten Jahren aus diversen Forschungs- der CDD bei internationalen M&A abzuleiten.
                                                                                                     perspektiven analysiert wurde. Trotz der intensiven Aus-
                                                                                                     einandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten der 2 Entwicklung eines prozessorientierten
                                                                                                     internationalen Transaktionen konnten einige Fragen                CDD-Konzepts im Rahmen von
                                                                                                     bis heute nicht eindeutig beantwortet werden. 1 Dazu               cross-border M&A-Transaktionen
                                                                                                     gehört z.B. die Frage nach den Erfolgsfaktoren, die über
                                                                                                     den Ausgang von internationalen M&A entscheiden. Sie 2.1 Der kulturvergleichende Ansatz sowie
                                                                                                     erfährt zusätzliches Gewicht durch die Tatsache, dass              ein Phasenkonzept als Grundbausteine
                                                                                                     in jüngerer Vergangenheit vor allem im Bereich inter-              des CDD-Prozesses
                                                                                                     nationaler M&A spektakuläre Fehlschläge zu beobach-
                                                                                                     ten waren. Die branchenübergreifende durchschnittli- Im Generierungsprozess eines neuen CDD-Konzeptes
                                                                                                     che Misserfolgswahrscheinlichkeit liegt zwischen 50% wurde zunächst eine theoretisch fundierte Plattform
                                                                                                     und 70% und kann somit als ein eindeutiges Warnsi- bezüglich der Fragestellungen: „Wie sollen kulturelle Ähn-
                                                                                                     gnal sowie als Impulsgeber für neue Untersuchungsak- lichkeiten und Differenzen zwischen den M&A-Partnern
                                                                                                     zente interpretiert werden. Dabei empfiehlt es sich, den behandelt werden?“ und „Nach welchem Leitprinzip soll
                                                                                                     Fokus verstärkt auf den „weichen“ Erfolgsfaktor Kultur eine CDD-Analyse ausgestaltet sein?“ gesucht. Diesbe-
                                                                                                     zu richten, da die Aktualität dieses Themas für interna- züglich lassen sich in der relevanten Literatur zwei grobe
                                                                                                     tionale M&A immer deutlicher wird. Um mögliche Chan- Tendenzen feststellen: Ein Teil der Autoren empfiehlt, eine
                                                                                                     cen und Risiken internationaler M&A rechtzeitig zu anti- Bindung zwischen Partnern mit potenziell ähnlichen Kul-
                                                                                                     zipieren, wird i.d.R. eine umfassende Due Diligence (DD) turen anzustreben, da unterschiedliche Kulturen grund-
                                                                                                     durchgeführt, die jedoch relativ selten eine strukturierte sätzlich ein hohes Risiko beinhalten.2 Dagegen behaup-
                                                                                                     Analyse kultureller Aspekte – Cultural Due Diligence ten Vertreter des synergetischen Leitgedankens, dass ein
                                                                                                     (CDD) – einschließt. Die kulturelle DD zielt auf die früh- verträgliches Maß an kulturellen Differenzen durchaus
                                                                                                     zeitige Erkennung aus unterschiedlichen kulturellen Kon- zum Erfolg einer Transaktion beitragen könne, voraus-
                                                                                                     texten der Akquisitionspartner resultierenden Risiken und gesetzt, sie würden entsprechend gelenkt und gesteu-
                                                                                                     Chancen sowie auf die Einschätzung ihrer Konsequenzen ert.3 Diese Sichtweise dient als konzeptuelle Grundlage
                                                                                                     ab. Ist die festgestellte Gefahr einer kulturellen Inkom- für das entwickelte CDD-Konzept, da sie dem Kernziel
                                                                                                     patibilität zu groß, so kann die Empfehlung der CDD internationaler M&A – der Ausnutzung von Synergie-
                                                                                                     auch darin bestehen, von der Transaktion ganz abzuse- potenzialen – Rechnung trägt. Um die CDD optimal zu
                                                                                                     hen, wobei eine solche Entscheidung stets eine Synthese
                                                                                                     aus Erkenntnissen mehrerer erfolgskritischer DD-Bereiche
                                                                                                     sein muss. Die Durchführung einer CDD empfiehlt sich 1 Vgl. Kerler, Mergers & Acquisitions und Shareholder Value, 2000, S. 2.
                                                                                                                                                                2 Vgl. dazu Lucks/Meckl, Internationale Mergers & Acquisitions: Der prozess-
                                                                                                     insbesondere für cross-border M&A, da diese nicht nur          orientierte Ansatz, 2002, S. 85; Keller, Die Rolle der Unternehmungskul-
                  8|9/2001
              M&A 11/2004

                                                                                                     von unterschiedlichen Unternehmungskulturen sondern            tur im Rahmen der Differenzierung und Integration der Unternehmung, 1990,
                                                                                                                                                                    S. 261; Wuth, Neue Wege beim Management von Akquisitionen; in: Wagner/Acker-
                                                                                                     auch von unterschiedlichen „Ländermentalitäten“ maß-           mann, Wettbewerbsorientiertes Personalmanagement: Steuerung und Entwicklung
                                                                                                     geblich beeinflußt werden. Im Kontext dieses Beitrags          von Kompetenzen und Fähigkeiten, 2003, S. 278.
                                                                                                                                                                3 Vgl. Malekzadeh/Nahavandi, Adding Cultural Fit to your Diligence Checklist, Mer-
              M&A

                                                                                                     werden nur diejenigen cross-border M&A-Partnerschaf-           gers & Acquisitions, Vol. 34, No. 3, 1998, S. 123; Harris/Moran, Managing Cultu-
                                                                                                     ten in Betracht gezogen, die eine dauerhafte Bindung           ral Differences, 4. Aufl. 1996, S. 19; Larsson/Risberg, Cultural Awareness and Nati-
                                                                                                                                                                    onal versus Corporate Barriers, in: Gersten/Søderberg/Torp, Cultural Dimensions of
                                                                                                     unter einheitlicher Unternehmungsleitung sowie lang-           International Mergers and Acquisitions, 1998, S. 52.
Abb. 1: Phaseneinteilung einer Cultural Due Diligence und                                        turprofils mit Hilfe eines mehrdi-                                   457
         ihre Einordnung in die Gesamttransaktion                                                 mensionalen Kulturmesskonzep-
             Quelle: Autor                                                                        tes erfolgen. Carleton schlägt z.B.

                                                                                                                                                                      Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
  Idealtypischer M&A Prozess
                                                                                                  folgende Dimensionen, die den
                                                                                                  Suchkriterien zugrunde liegen soll-
    Analyse- &                  Transaktions-            Integrations-    Post-Merger-            ten, vor: intended direction and
    Konzentrationsphase         phase                    phase            Controlling             results, key measures, key busi-
                                                                                                  ness drivers, infrastructure, orga-
                                                                                                  nizational practices, leadership/
                 Letter of Intent      Signing Closing
                                                                                                  management practices, super-
                             Due Diligence i.e.S.
                                                                                                  visory practices, work practices,
                                                                                                  technology use, physical environ-
  Idealtypische Cultural Due Diligence i.w.S.
                                                                                                  ment, perceptions and expectati-
                           Entschei-    Preinte-                                                  ons, cultural indicators and artif-
                                                         Integrations-    Post-Merger-
    CDD Planungsphase        dungs-     grations-
                                                         phase            Controlling
                                                                                                  acts.5 Auf dieser Basis ist für jede
                              phase     phase
                                                                                                  einzelne Dimension die folgende
                                                                                                  Kernfrage zu beantworten: „Wie
                                                                                                  sollte diese Dimension beim Target
                                                                                                  ausgeprägt sein, um eine bessere
strukturieren, bietet sich eine Phaseneinteilung in eine                 Zusammenarbeit zu ermöglichen?“ Darauf aufbauend ent-
Planungs-, eine Entscheidungs- sowie eine Pre-Integra-                   steht eine Suchkriterienliste, die lediglich dazu dient, eine
tionsphase an (vgl. Abb.1). 4 Hierbei wird von einer CDD                 grobe Suchrichtung festzulegen und anschließend eine
i.w.S als einer Bündelung jener kulturellen Analyseakti-                 erste Vorauswahl an potenziellen Kandidaten zu treffen.
vitäten und Umsetzungsmaßnahmen ausgegangen, die                         Parallel zu den kulturellen Kriterien werden auch andere
ihren Ursprung in der Transaktionsplanung und ihren                      strategisch wichtige Aspekte6 geprüft und letztendlich
Abschluss in der Integration finden. Ihre Abrundung findet               ein “idealtypischer Kriterienmix” gesucht. Daraus lässt sich
die postulierte Phaseneinteilung in einer Umsetzungs-                    ein erstes vages Bild eines jeden Targets ableiten. Die neu
kontrolle im Sinne eines strategischen Controlling mit                   generierten Kandidatenprofile werden mit dem Käufer-
Schwerpunkt auf kulturellen Aspekten.                                    profil auf ihre Transaktionseignung abgeglichen, woraus
                                                                         sich eine Endauswahl an potenziellen Partnern ergibt. Die
2.2 Planungsphase und Entscheidungs-                                     beschriebene idealtypische Planungsphase ist in der Abbil-
    phase: Erarbeitung kultureller                                       dung 2 grafisch dargestellt.
    Suchkriterien sowie der CDD-Beitrag
    für die finale Transaktionsentscheidung
                                                                         4   Die Unterteilung eines M&A-Prozesses in idealtypische Phasen erfolgt in Anlehnung
                                                                             an Jansen. Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions: Unternehmungsakquisitionen und -
Die Konzentration auf Planungsbereiche wirtschaftlicher                      kooperationen, 3. Aufl. 2000, S. 154 ff.
                                                                  5          Vgl. Carleton, Cultural Due Diligence, Training, Vol. 34, No. 11, 1997, S. 71 ff. In
Art stellt eine zweifellos notwendige, jedoch keine hin-                     diesem Stadium können auch diverse Typologisierungskonzepte als erste Orientie-
reichende Bedingung für den Akquisitionserfolg dar. Eher                     rung angewandt werden. Vgl. dazu z.B. Handy, Understanding Organisations, 4. Aufl.
                                                                             1993, S. 180 ff.; Goffee/Jones, The Character of a Corporation: how your company
sind diese Bereiche als Transaktionsfundament aufzufas-                      culture can make or break your business, 1998, S. 12 ff.
sen, von dem ausgehend eine Planung der angestrebten 6                       Dazu zählen z.B. die finanzielle Situation, die strategische Position etc. Vgl. Lucks/
                                                                             Meckl, Internationale Mergers & Acquisitions: Der prozessorientierte Ansatz, 2002,
kulturellen M&A-Konstellation erfolgen sollte und somit                      S. 80 ff.
Verbesserungspotenziale durch
die Kombination quantitativer und
qualitativer erfolgskritischer Berei-    Abb. 2: Verlauf einer idealtypischen Planungsphase einer CDD
che erzielt werden. Anknüpfend an                     Quelle: Autor

die Transaktionsziele stellt sich in
der CDD-Planungsphase die Frage
                                                      Transaktionsziele               Welche Kultur des Targets
nach der gewünschten Kultur des                                                        kann die gesetzten Ziele
zukünftigen Partners, die zur opti-             "Ideales Target-Kulturprofil"                unterstützen?
malen Zielerreichung beitragen kann.
                                           Suchkriterienliste (Makro-/Mikroebene)       Welche Suchkriterien
Gemeint ist hierbei eine grobe kultu-                                                lassen sich daraus ableiten?
relle Richtungsfestlegung auf Landes-
und Unternehmungsebene, sofern
                                                                                 ? Welche Unternehmungen sind
                                                                                                                                                                                       8|9/2001
                                                                                                                                                                                   M&A 11/2004

                                                                                   geeignet unter Beachtung des
die Wahl eines bestimmten Part-                                                    Kriterienmix (Strategie, Kultur,
ners nicht durch strategische Motive                                                        Finanzen etc.?)
eindeutig determiniert ist. Nach der                  Targetdatenbank
                                                                                                                                                                                   M&A

Wahl eines geeigneten Landeskon-                                                   Welcher Kandidat passt zu der
                                                                                  Käuferunternehmung am besten?
textes sollte eine grobe Modellierung        Auswahl   des  "besten Kandidaten"

eines idealen Unternehmungskul-
458                                                                                                   Die kulturorientierte Partneraus-       Abb. 4: Multipler Kulturvergleich vor der Wahl eines
                                                                                                      wahl basiert lediglich auf den                         Integrationskonzeptes
                                                                                                     „vagen“ öffentlichen Informati-                         Quelle: Autor
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska

                                                                                                      onen und gewährt somit noch
                                                                                                                                                                                               Nutzen
                                                                                                      keinen grundlegenden Einblick
                                                                                                                                                               - Feststellung der Profilunterschiede zwischen dem Target und dem Käufer.
                                                                                                      in die Komplexität der internen                          - Feststellung Abweichung der Ist-Kulturen von Soll-Kultur.
                                                                                                      Zielunternehmungswelt. Dadurch                           - Festlegung der gewünschten Veränderungsrichtung.

                                                                                                      kristallisiert sich die Bedeutung          Soll-Kultur als Orientierung
                                                                                                                                                                                                       Subkulturenvergleich
                                                                                                                                                 für die Integration
                                                                                                      weiterer Untersuchungen in der
                                                                                                                                                  1                           2                          3
                                                                                                      Entscheidungsphase deutlich
                                                                                                      heraus, um die vorläufige Partne-                                                                                        vs.
                                                                                                      rauswahl weiterhin zu untermau-
                                                                                                      ern. Diesem Prozess sind jedoch
                                                                                                                                                             Targetunternehmungskulturprofil                     Käufer-               Target-
                                                                                                      einige Grenzen gesetzt, da der                         Käuferunternehmungskulturprofil               unternehmungskultur unternehmungskultur
                                                                                                      potenzielle Partner i.d.R. zunächst                    Soll-Unternehmungskulturprofil

                                                                                                      Distanz zu wahren versucht. Eine          Wahl eines kulturellen Integrationskonzeptes
                                                                                                      Herausforderung der CDD unter
                                                                                                      derartigen Umständen besteht
                                                                                                      u.a. darin, zugängliche Informationsquellen treffend len Managerbefragungen bestimmte Rückschlüsse auf
                                                                                                      zu interpretieren sowie das Management des Targets zu die herrschende Kultur in der Zielunternehmung ablei-
                                                                                                      einer Beteiligung an diesem Prozess zu animieren. Dafür ten. Somit kommt der CDD die Rolle einer notwendi-
                                                                                                      erweist sich die Kenntnis der jeweiligen landesspezifi- gen ergänzenden Analyse zu, die in Abstimmung mit
                                                                                                      schen Verhaltens- und Kommunikationsmuster als unum- anderen eingesetzten DD-Arten als Entscheidungsgrund-
                                                                                                      gänglich. Um emotionale Eskalationen auszuschließen lage bezüglich der Transaktionszukunft dienen sollte.
                                                                                                      und um die Transaktion zu beschleunigen, sollte eine Abbildung 3 zeigt die wichtigsten Meilensteine einer
                                                                                                      CDD auf der Basis eines sorgfältigen Ländervergleichs idealtypischen CDD-Entscheidungsphase.
                                                                                                      Empfehlungen bezüglich des optimalen Verhandlungs-
                                                                                                      und Kommunikationsstils liefern. Nach der Herausar- 2.3 Pre-Integrationsphase:
                                                                                                      beitung landeskultureller Bedingungen kann dann eine                         Cultural Due Diligence als
                                                                                                      Analyseschwerpunktverschiebung in Richtung Unterneh-                         Grundlage für die Entwicklung
                                                                                                      mungskultur stattfinden. Je wahrscheinlicher ein tat-                        eines Integrationsplans
                                                                                                      sächlicher Vertragsabschluss ist, desto mehr Möglich-
                                                                                                      keiten eröffnen sich den CDD-Trägern, eine detaillierte Gerade in der Integrationsphase kommen kulturbe-
                                                                                                      Untersuchung durchzuführen. I.d.R. wird aufgrund der dingte Probleme am stärksten zum Tragen. 8 Aus diesem
                                                                                                      bestehenden Unsicherheiten sowie möglicher negativer Grund empfiehlt es sich, die Zeitspanne zwischen dem
                                                                                                      Auswirkungen bei einer unvorbereiteten M&A-Bekannt- Signing und dem tatsächlichen Integrationsbeginn für
                                                                                                      gabe 7 lediglich ein eingeschränkter Einbezug einzelner eine sorgfältige Vorbereitung kultureller Integration
                                                                                                      Manager in die Analyse seitens des Targets bewilligt. zu nutzen. Zunächst sollte eine künftig gültige Soll-
                                                                                                      Trotzdem lassen sich aus gezielten und professionel- Kultur der „neuen“ Unternehmung als Orientierung
                                                                                                                                                                                                           für alle darauf folgenden kulturel-
                                                                                                                                                                                                            len Integrationsmaßnahmen ent-
                                                                                                       Abb. 3: Verlauf einer idealtypischen                                                                wickelt     werden. Dadurch findet
                                                                                                                   Cultural Due Diligence-Entscheidungsphase                                               keine zwanghafte Übertragung
                                                                                                                   Quelle: Autor                                                                           der bestehenden Akquisiteurs-
                                                                                                                                                                                                           unternehmungskultur statt, die
                                                                                                                      Käufer Landeskultur      ?
                                                                                                                                              Target Landeskultur                                          erwartungsgemäß zu Widerstand
                                                                                                                                                                                                           seitens des Targets oder gar zu
                                                                                                               1        Optimaler Kommunikations- und Verhandlungsstil
                                                                                                                                                                                                       7   Jansen stellt in diesem Zusammenhang fest, dass
                                                                                                           2                                  3                                                            die Fluktationsrate nach einer Fusionsankün-
                                                                                                                                                                                                           digung auf das zwölffache des Normalniveaus

                                                                                                                                                  =        CDD-Urteil                                      ansteigt. Vgl. Jansen, Pre- und Post Mergers-Inte-
                                                                                                                                                                                                           gration bei grenzüberschreitenden Zusammen-
                                                                                                                                                             +                                             schlüssen – Trends, Tools, Thesen und empiri-
                                                                                                                                                                                                           sche Tests von Old und New Economy Deals, in:
                                                                                                                                                      Urteile anderer DD
                  8|9/2001
              M&A 11/2004

                                                                                                                   Targetunternehmungskulturprofil                                                         Jansen/Picot/Schiereck, Internationales Fusionsma-
                                                                                                                   Käuferunternehmungskulturprofil           =                                             nagement, 2001, S. 19.

                                                                                                                                                       -           +         Pre-Integrations-
                                                                                                                                                                             phase
                                                                                                                                                                                                       8   Vgl. Lucks/Meckl, Internationale Mergers & Acqui-
                                                                                                                                                                                                           sitions: Der prozessorientierte Ansatz, 2002, S. 84;
                                                                                                                                                                                                           Very/Schweiger, The Acquisitions Process as a Lear-
              M&A

                                                                                                                                                                                                           ning Process: Evidence from a Study of Critical Pro-
                                                                                                        Landeskulturelles Rahmenkonzept                                                                     blems and Solutions in Domestic and Cross-Border
                                                                                                                                                                                                            Deals, Journal of World Business, Vol. 36, No. 1,
                                                                                                                                                                                                           2001, S. 14.
Abb. 5 Ziele und Nutzen einer Cultural Due Diligence aus Praxissicht
 Quelle: Autor                                                                                                                                    459

                                                                                                                                                  Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
                     Zentrale Ziele einer CDD                                            Zentraler Nutzen einer CDD

    n    Erfassung und Erklärung der Kultur sowie der                 n     Identifikation von kulturbedingten Problembereichen
         Grundeinstellung der Zielunternehmung zur
                                                                      n     Schaffung eines “Bewusstseins” für kulturelle
         besseren Einschätzung der Transaktionszukunft
                                                                            Probleme
    n    Ableitung eines optimalen Verhandlungs- und
                                                                      n     Reduktion der möglichen Konfliktpotenziale
         Kommunikationsstils
                                                                      n     Unterstützung des Reflexionsprozesses über die eigene
    n    Bestimmung der kulturbedingten
                                                                            Unternehmungskultur (z.B. der des Akquisiteurs) und
         Synergiepotenziale bzw. -risiken
                                                                            Erhöhung der allgemeinen Betriebseffizienz durch
    n    Analyse und Gegenüberstellung der beiden                           Einleitung von Veränderungsmaßnahmen
         kulturellen “Ist-Zustände” von M&A-Partnern
                                                                      n     Sensibilisierung der Akquisitionsbeteiligten für
         und die daraus folgende Ableitung von
                                                                            Kultur als einen der zentralen Erfolgsfaktoren von
         Transaktionsrisiken und -chancen
                                                                            internationalen Transaktionen
    n    Bestimmung einer idealen “Soll-Kultur”
                                                                      n     Reduktion des “cultural clash”
    n    Ableitung der Konsequenzen und der
                                                                      n     Erleichterung der Integration
         Empfehlungen für die kulturelle Integration
                                                                      n     Möglichkeit eines kulturellen Benchmarking

einem „cultural clash“ führt. 9 Um eine erfolgreiche                      wiegend schreiben die Befragten der Kultur im Kon-
Integration durchzuführen, ist eine Prüfung sowohl der                    text internationaler Transaktionen eine „bedeutende“
Käufer-Unternehmungskultur als auch der „Target“-                         bis „sehr bedeutende“ Rolle zu. Die fehlende Berück-
Unternehmungskultur auf deren Konsistenz mit der                          sichtigung unterschiedlicher Kulturen wird einheitlich
entwickelten Soll-Kultur von hoher Relevanz. Hierbei                      als einer der Gründe für M&A-Misserfolge bezeich-
ist danach zu fragen, ob zum Beispiel der vorhandene                      net. Jedoch wurden erhebliche Ansichtsabweichun-
Führungsstil oder die üblichen internen Rituale den                       gen bei der expliziten Thematisierung von CDD fest-
jeweiligen Soll-Größen entsprechen und in der neuen                       gestellt. Während Beratungsrepräsentanten betonen,
Konstellation funktionsfähig sind. Dabei steht folgende                   dass eine CDD helfen kann, kulturbedingte Konflikt-
Kernfrage im Vordergrund: „Welche wesentlichen Kul-                       sowie Synergiebereiche zu identifizieren, beziehen die
turunterschiede bzw. Ähnlichkeiten können zu Integra-                     meisten Unternehmungen Kultur eher auf ihre spezifi-
tionsproblemen bzw. -erleichterungen führen und wie                       sche, oft als “intuitiv” bezeichnete Art mit ein. Damit
sollen diese konkret behandelt werden?“ Die gewon-                        einher geht eine unzureichende Strukturierung des kul-
nenen Analyseerkenntnisse über mögliche Integrati-                        turellen Analyseprozesses auf Unternehmungsseite. Die
onsrisiken und -chancen helfen entscheidend bei der                       zentralen Ergebnisse in diesem Zusammenhang sind
Bestimmung eines optimalen Integrationskonzeptes.                         als Synthese aus den beiden Befragungsperspektiven in
Abbildung 4 zeigt notwendige Teilanalysen vor der                         Abbildung 5 dargestellt.
Wahl einer Integrationsalternative.
                                                       Die befragten Beratungsgesellschaften raten überwie-
3       Einsatz der Cultural Due Diligence             gend zu einem Einsatz der CDD bereits in der Planungs-
        in der Praxis: Ergebnisse einer                phase bzw. vor dem Closing, um eine erfolgreiche Inte-
        qualitativen Befragung                         gration zu gewährleisten. Es wurde betont, dass eine
                                                       CDD einen langfristigen Prozess darstellt, der in der Pre-
3.1 Ziele, Nutzen und strukturelle                     Merger-Phase einsetzt und eine Transaktion bis zum
     Anforderungen aus Sicht der Praxis                Schluss begleitet. Es lässt sich festhalten, dass Kultur im
                                                       M&A-Kontext ein aktuelles Diskussionsthema ist, dem
Ausgehend von den dargestellten theoretischen Aus- trotz aller Differenzen grundsätzlich eine hohe Relevanz
führungen wurde die Umsetzung der CDD in der Praxis beigemessen wird.
untersucht. Insgesamt nahmen 12 internationale Unter-
                                                                                                                                                                   8|9/2001
                                                                                                                                                               M&A 11/2004

nehmungen an der Untersuchung teil, wovon sechs der
                                                       9 Vgl. zu üblichen Reaktionsmustern (Widerstand, Frustration, Unsicherheit etc.) auf
Beratungsbranche angehören, um eine CDD gleichzei-        Eingriffe in die bestehende Kultur Kleppestø, A Quest for Social Identity – The Prag-
                                                          matics of Communication in Mergers and Acquisitions, in: Gersten/Søderberg/Torp,
tig aus der Anbieter- und der Nachfragerperspektive       Cultural Dimensions of International Mergers and Acquisitions, 1998, S. 147; Wuth,
                                                                                                                                                               M&A

zu beleuchten. In Form eines leitfadengestützten teil-    Neue Wege beim Management von Akquisitionen; in: Wagner/Ackermann, Wett-
                                                          bewerbsorientiertes Personalmanagement: Steuerung und Entwicklung von Kompe-
strukturierten Interviews wurden Expertengespräche mit    tenzen und Fähigkeiten, 2003, S. 282 f.; Krystek, Unternehmenskultur und Akqui-
CDD-Beratern sowie M&A-Spezialisten geführt. Über-        sition, ZfB, 62. jg., H. 5, 1992, S. 552 f.
460                                                                                                   Abb. 6: Zentrale Probleme einer Cultural Due Diligence                          der praktischen Durchführung einer
                                                                                                              in der Praxis: Beratungssicht                                           CDD in der Entscheidungsphase
                                                                                                                Quelle: Autor                                                         wurden seitens der Gesprächs-
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska

                                                                                                                                                                                      partner aus dem Beratungssektor
                                                                                                        Barrieren beim Einsatz einer CDD aus Sicht der Beratungsgesellschaften
                                                                                                                                                                                      diverse Barrieren genannt, die in der
                                                                                                                                                                                      Abbildung 6 dokumentiert sind.
                                                                                                        n   Informationsdefizite, die auf einen eingeschränkten Zugang zu
                                                                                                            Informationsträgern in der Transaktionsphase zurückzuführen sind
                                                                                                                                                                                        Aus Sicht der Beratungsrepräsen-
                                                                                                        n   Mangelnde Akzeptanz und fälschliche “Ausgrenzung” von                       tanten gehört zunächst ein analyti-
                                                                                                             CDD-Beratern aus dem klassischen DD-Prozess                                scher Vergleich zwischen den beiden
                                                                                                                                                                                        Ist-Kulturen von M&A-Partnern zu
                                                                                                         n Erhebliche Meinungsdifferenzen zwischen Top-Managern und
                                                                                                                                                                                        den Basisteilergebnissen einer CDD,
                                                                                                             Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Unternehmungskultur
                                                                                                                                                                                        aus deren Gegenüberstellung eine
                                                                                                         n Schwierigkeiten, eine Verbindung zwischen den CDD-Befunden                   Identifikation von Ähnlichkeiten und
                                                                                                             und dem operativem Geschäft herzustellen                                   Differenzen erfolgt sowie darauf
                                                                                                                                                                                        aufbauend kulturelle Risiken und
                                                                                                         n Fehlende Sensibilität der Transaktionsmanager für die Folgen                 Chancen abgeleitet werden. Dabei
                                                                                                             einer kulturellen Inkompatibilität                                         wurde die Notwendigkeit der Her-
                                                                                                                                                                                        stellung eines direkten Bezugs
                                                                                                                                                                                        zwischen kulturellen Risiken und
                                                                                                                                                                                        Chancen und ihrer möglichen Aus-
                                                                                                     3.2 Ausprägung der Planungs- und                                wirkungen auf das operative Geschäft besonders deut-
                                                                                                           Entscheidungsphase in der Praxis                          lich hervorgehoben. Schließlich wird i.d.R. aufgezeigt,
                                                                                                                                                                     welche Transformationsprozesse hinsichtlich der jewei-
                                                                                                     Dem Planungsprozess für die Suche nach einem passen- ligen CDD-Befunde erforderlich sind, um einer Transak-
                                                                                                     den Kandidaten in der Praxis liegen diverse Kriterien, wie tion zum Erfolg zu verhelfen. Ferner stellt ein kulturelles
                                                                                                     Marktanteile, Wachstumsmöglichkeiten etc. zugrunde, Benchmarking, mit dessen Hilfe aufgezeigt werden kann,
                                                                                                     die in den meisten Unternehmungen nicht explizit kul- welche kulturellen Merkmale in der jeweiligen Branche
                                                                                                     turelle Faktoren mit einschließen. Nach Ansicht einiger mit dem Erfolg direkt korrelieren, ebenfalls ein mögli-
                                                                                                     Interviewpartner reichen für die Einschätzung kultureller ches CDD-Ergebnis dar.
                                                                                                     Kompatibilität in der Öffentlichkeit zirkulierende Infor-
                                                                                                     mationen, Gespräche mit dem Management des Targets 3.3 Charakteristika der Pre-Integrations-
                                                                                                     oder mit den bestehenden Partnern in dem jeweiligen                  phase sowie Problemfelder der
                                                                                                     Zielmarkt. Von den meisten Beratungen wurde bestä-                   Cultural Due Diligence
                                                                                                     tigt, dass deren CDD-Unterstützung i.d.R. erst nach der
                                                                                                     gefallenen Transaktionsentscheidung nachgefragt wird, Hinsichtlich der Erfolgsfaktoren einer Integration wurde
                                                                                                     obwohl der Einsatz der CDD bereits in der Planungsphase die Bedeutung einer sorgfältigen Planung deutlich her-
                                                                                                     insgesamt eine kostengünstigere und effektivere Vorge- vorgehoben. Die Integrationsgeschwindigkeit sowie das
                                                                                                     hensweise wäre. Die meisten M&A-Manager sind aber Vorhandensein einer übergeordneten Integrationsin-
                                                                                                     eher auf „harte Faktoren“ fixiert und für die kulturelle stanz spielen ebenfalls eine große Rolle. Dabei wird einer
                                                                                                     Problematik nicht ausreichend sensibilisiert. Somit lässt gezielten Kommunikation zwischen den Akquisitions-
                                                                                                     sich eine konträre Grundhaltung der Berater hinsichtlich beteiligten eine wichtige Bedeutung beigemessen, da
                                                                                                     des Einsatzes von CDD in der M&A-Planung gegenüber nur auf diesem Weg die geforderte Klarheit über Vision
                                                                                                     den befragten M&A-Spezialisten auf der Unternehmungs- und Mission der Transaktion zu erreichen ist. Generell
                                                                                                     seite konstatieren. Einer der befragten Interviewpartner, wird der Erfolg einer Integration in der Praxis überwie-
                                                                                                     in dessen Unternehmung bis dato bei internationalen gend auf „weiche“, mit zwischenmenschlichen Interak-
                                                                                                     Transaktionen noch keine CDD eingesetzt wurde, bezeich- tionen verbundene Faktoren zurückgeführt. Dies steht
                                                                                                     nete die Wahrnehmung der kulturellen Analyse mit folgen- aber im Widerspruch dazu, dass derartige Faktoren, wie
                                                                                                     der Begründung als Paradox: Eine Entscheidung über Fort- z.B. kulturelle Kompatibilität häufig keine ausreichend
                                                                                                     führung bzw. Abbruch einer M&A-Transaktion wird stets strukturierte Berücksichtigung finden. Aufgrund fehlen-
                                                                                                     unter Berücksichtigung eines „kulturellen Fits“ getroffen, der Erfahrungen konnten die meisten Unternehmungs-
                                                                                                     jedoch stößt ein Einsatz der CDD auf eine Ablehnung vertreter bezüglich der Verbindung zwischen einer CDD
                                                                                                     seitens der Top-Manager. Seitens der Beratungsgesell- und dem Integrationsprozess keine Auskunft geben.
                  8|9/2001
              M&A 11/2004

                                                                                                     schaften wird einer CDD generell eine bedeutende Rolle Entsprechend den Aussagen der befragten Unterneh-
                                                                                                     für die finale Transaktionsentscheidung zugeschrieben, mungsberater sollte eine CDD als Plattform für die Ablei-
                                                                                                     wobei sie eher als „Ergänzung“ zu den „harten“ Faktoren tung der erforderlichen kulturellen Integrationsmaßnah-
              M&A

                                                                                                     zu sehen ist. Die Unternehmungsvertreter neigen dazu, men dienen. Die Transferleistung als Überführung von
                                                                                                     der CDD im Vergleich zu anderen DD-Arten den Stellen- „weichen“ Ergebnissen einer CDD in konkrete „harte“
                                                                                                     wert einer „sekundären Analyse“ zuzuweisen. Bezüglich Folgen für das operative Geschäft und anschließend in
konkrete Integrationsmaßnahmen stellt die zentrale         cross-border M&A eine integrative Sichtweise gefragt,         461
 Herausforderung einer CDD dar. Folgende zentrale           bei der die Interdependenzen zwischen „harten“ und
 Probleme einer CDD wurden seitens der M&A durch-          „weichen“ Faktoren entsprechend behandelt werden.

                                                                                                                          Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska
 führenden Unternehmungen hervorgehoben: fehlende           Diese Erweiterung des CDD-Spektrums korrespondiert
 Strukturierbarkeit und mangelnde Messbarkeit der           in hohem Maße mit der zweiten erfolgskritischen Bedin-
 Kultur sowie hohe Subjektivität der CDD-Ergebnisse.        gung für eine wirksame CDD – einem phasenübergrei-
 Aufgrund dieser Tatsachen ist nach Meinung vieler          fenden Einsatz eines professionellen CDD-Teams. Ideal
 Respondenten eine Entwicklung der CDD von einer            eignen sich dafür externe Berater aufgrund ihrer neu-
„sekundären Analyse“ zu einer Standard-DD für inter-        tralen Sichtweise auf die zu analysierenden Kulturen
 nationale M&A kaum möglich. Diese Meinung wird             beider M&A-Partner. Des Weiteren verfügen sie über
 durch die Argumentation seitens der befragten Bera-        notwendige Fachkenntnisse, die in einer Unternehmung
 tungsgesellschaften konterkariert. Diese weisen auf        häufig in dieser Form nicht vorhanden sind. Opera-
 die mangelnde Sensibilität der Top-Manager in Bezug        tionalisierung als letzte, durchgängig zu berücksich-
 auf die kulturelle Problematik sowie eine dominie-         tigende Bedingung für eine zielwirksame CDD imp-
 rende Orientierung an „harten” Faktoren hin. Dabei         liziert nicht nur die Messung einer Kultur, sondern
 wird die oft vorgeworfene fehlende Operationalisier-       auch die Herstellung eines direkten Zusammenhangs
 barkeit einer CDD als ein „Vorurteil“ bezeichnet. Einer    zwischen den kulturellen Ergebnissen und der ope-
 höheren Akzeptanz einer CDD steht die fälschliche          rativen Tätigkeiten der beteiligten Unternehmungen.
 Ausgrenzung der CDD-Berater aus der klassischen DD
 im Weg. Daraus kann gefolgert werden, dass die CDD        4.2 Hinweise für die Planungs-
 einer Veränderung auf beiden Seiten bedarf. Zum               und Entscheidungsphase
 einen sollte ein Bewusstseinswandel der M&A-Macher
 bezüglich der Relevanz und der Möglichkeiten einer        Hinsichtlich des Gestaltungsprozesses einer CDD lassen
 kulturellen Analyse erfolgen. Zum anderen bedürfen        sich einige allgemeine Gestaltungsrichtlinien bestimmen.
 CDD-Praktiken weiterer Modifikationen, die ihre direk-    So sind – ausgehend von den Zielen einer Transaktion –
 ten Dependenzen mit den „harten Faktoren“ deut-           kulturelle Erfolgsfaktoren abzuleiten, die als Orientierung
 licher zum Vorschein bringen sowie für die Integra-       bei der Suche nach Transaktionspartnern dienen sollten.
 tion der CDD in eine klassische DD sorgen.                Empfehlenswert dürfte ein Planungsworkshop sein, in
                                                           dem Kultur in Verbindung mit anderen Planungsaspek-
4    Empfehlungen zur erfolgsorien-                        ten gebracht sowie in konkrete Suchkriterien überführt
     tierten Gestaltung der Cultural Due                   wird. Dabei scheint die Teilnahme von CDD-Beratern
     Diligence bei internationalen M&A                     nützlich, um gemeinsam mit den M&A-Managern den
                                                           Zusammenhang zwischen dem angestrebten Transakti-
4.1 Phasenübergreifende                                    onserfolg und den dafür erforderlichen kulturellen Vor-
    Bedingungen für eine effiziente                        aussetzungen herauszuarbeiten. In der anschließenden
    Cultural Due Diligence                                 CDD-Entscheidungsphase müssen diverse Barrieren über-
                                                           wunden werden, um zu validen Ergebnissen zu gelan-
Für die folgenden Gestaltungsempfehlungen werden           gen. Darunter fällt u.a. ein begrenzter Informationszu-
die theoretischen Erkenntnisse mit den empirischen         gang zu den relevanten Daten, dessen Grad stark von der
Befunden zusammengeführt. Dadurch zeigt sich, dass         jeweiligen Unternehmungspolitik des Targets abhängig
die Potenziale einer CDD in der Praxis nur dann aus-       ist. Empfehlenswert ist ein aktives, auf die jeweiligen lan-
reichend ausgeschöpft werden können, wenn ent-             deskulturellen Gegebenheiten angepasstes, Kommunika-
scheidende Defizite beseitigt sind. Diese Defizitbe-       tionsmanagement: Zunächst bedarf eine effektive Kom-
reiche werden im Rahmen des Gestaltungskonzeptes           munikation einer Offenheit sowie einer gleichwertigen
in drei phasenübergreifende Bedingungen, wie die           Partizipation seitens der beteiligten M&A-Partner. Da es
Management- sowie Mitarbeitersensibilisierung für          wichtig ist, kein „Merger-Syndrom“ durch eine voreilige
kulturelle Chancen und Risiken (1), die methodische        Information der Targetmitarbeiter hervorzurufen, sollte in
Kompetenz durch den konstanten Einsatz eines CDD-          den beiden Unternehmungen ein Hauptansprechpartner
Teams (2) und die zielkonforme Operationalisierung         für CDD-Akteure und als Koordinator für den Einsatz aller
der qualitativen CDD-Befunde (3) überführt. Darauf         Kulturuntersuchungen bestimmt werden. Dem Kommu-
bauen die prozessfokussierten Empfehlungen auf, die        nikationsmanagement kommt auch im weiteren Verlauf
für jede typische Phase des CDD-Konzeptes konkrete         der Transaktion, insbesondere bei der Integration, eine
Maßnahmen beinhalten. Aufgrund der fehlenden Sen-          essenzielle Bedeutung zu. Des Weiteren empfiehlt sich
                                                                                                                                           8|9/2001
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sibilisierung der M&A-Manager und Mitarbeiter für          der Einbezug der CDD-Spezialisten in ein herkömmliches
kulturelle Chancen und Risiken empfiehlt es sich, für      DD-Team, um eine Ausgrenzung der CDD zu vermeiden
M&A-Fachkräfte ein spezielles kulturbezogenes Trai-        und infolgedessen ihre Akzeptanz als Teilbereich einer
                                                                                                                                       M&A

ning einzuführen. Wichtig ist dabei, eine Meinungs-        DD zu verbessern. Weiterhin kann durch den Austausch
änderung hinsichtlich der Bedeutung der „zahlen-           und die Interaktion zwischen diversen DD-Fachkräften
basierten Faktoren“ zu bewirken. Vielmehr ist bei          die Qualität der Gesamtanalyse erhöht werden.
462                                                                                                  4.3 Vorschläge für die                                         onsmaßnahmen zu verstehen. Um eine Orientierungsun-
                                                                                                         Pre-Integrationsphase                                      sicherheit bei der Integration zu vermeiden, sollte eine
                                                                                                                                                                    Priorisierung eventuell festgestellter Problembereiche
Strategien & Visionen | CDD im Rahmen von internationalen M&A Steinle, Eichenberg, Weber-Rymkovska

                                                                                                      Nach der getroffenen Transaktionsentscheidung ist es          erfolgen. Weiterhin sollten die entwickelten Integrati-
                                                                                                      von großer Bedeutung, eine kulturelle Vision als Orien-       onsmaßnahmen auf ihre Tragfähigkeit im Sinne mone-
                                                                                                      tierung bei der Zusammenführung der beteiligten Unter-        tärer und personeller Ressourcen sowie einer günstigen
                                                                                                      nehmungen zu erarbeiten. Von der Art der Visionsent-          Kosten/Nutzen-Relation überprüft werden. Abschließend
                                                                                                      wicklung können bereits entscheidende Impulse zur             ist ein CDD-Implementierungsplan zu erstellen, in dem
                                                                                                      Schaffung von gemeinsamer Identität ausgehen. Einer-          diejenigen strukturellen, prozessualen sowie personel-
                                                                                                      seits können dabei die CDD-Träger auf der Basis ihrer         len Änderungsmaßnahmen bestimmt werden, die eine
                                                                                                      Analysen wichtige Informationen zur Visionsbestimmung         erfolgreiche Zusammenführung der Unternehmungen
                                                                                                      liefern, andererseits sollten sie die Steuerung dieses        bewirken.
                                                                                                      Prozesses übernehmen. Wenn eine durch die Akqui-
                                                                                                      sition neu entstehende Unternehmung von Anfang an             5      Ausblick: Cultural Due Diligence als
                                                                                                      über eine klare Orientierung verfügt und die Mitarbei-               Erfolgspotenzial für internationale
                                                                                                      ter der sich fremden Käufer- und Zielunternehmung an                 Fusionen und Akquisitionen
                                                                                                      der Gestaltung sowie Umsetzung des Akkulturations-
                                                                                                      prozesses aktiv teilnehmen, können die M&A-Erfolg-             Die vorangegangenen Überlegungen basieren auf der
                                                                                                      schancen deutlich erhöht werden. Vor dem Beginn der            Erkenntnis, dass eine adäquat gestaltete CDD essen-
                                                                                                      Integration wird empfohlen, ein Subprojekt zu initiie-         zielle Informationen liefern kann, die letztendlich zu
                                                                                                      ren, dessen Hauptziel darin besteht, die kulturelle Inte-      einer erfolgreichen Zusammenführung von zwei Unter-
                                                                                                      gration beider Unternehmungen zu planen, zu steu-              nehmungen beitragen. Da die Internationalisierung der
                                                                                                      ern und zu überwachen. Die Projektmitglieder seitens           Märkte weiterhin voranschreiten wird, ist den internati-
                                                                                                      der beiden M&A-Partner sollten im Rahmen der Inte-             onalen M&A auch in Zukunft eine wichtige Rolle zuzu-
                                                                                                      gration die Verantwortung für die Kommunikation und            schreiben. Allerdings darf auch erwartet werden, dass
                                                                                                      Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen übernehmen,              durch die Lerneffekte aus gescheiterten Transaktionen,
                                                                                                      dabei kann die angesprochene Visionsentwicklung und            deren Planung und Realisierung “... notgedrungen ande-
                                                                                                     -vermittlung als eine Teilaufgabe des kulturellen Pro-          ren Mustern folgen müssen als es gegenwärtig der Fall
                                                                                                      jektteams aufgefasst werden. Zum Aufgabenspektrum              ist.” 11 Dies impliziert u.a. auch den Einsatz einer pro-
                                                                                                      gehört auch die Koordination aller Aktionen, die zur           fessionellen kulturellen Analyse. Nicht zu unterschät-
                                                                                                      Sensibilisierung der Mitarbeiter für die kulturelle Pro-       zen ist hierbei die Tatsache, dass Kultur in der heuti-
                                                                                                      blematik beitragen. So bietet es sich an, interkulturelle      gen M&A-Praxis zum Teil immer noch als ein abstraktes,
                                                                                                      Workshops mit den Mitarbeitern durchzuführen, falls            höchst subjektives und kaum messbares Phänomen gilt
                                                                                                      während der CDD Widerstände, Vorurteile oder erheb-            und dies laut der empirischen Untersuchung auch auf
                                                                                                      liche Differenzen in Bezug auf den kulturellen Kontext         absehbare Zeit bleiben wird. Gleichzeitig lassen sich aber
                                                                                                      des neuen Partners identifiziert wurden. Wie jedes Pro-        deutlich entgegengesetzte Meinungen identifizieren, die
                                                                                                      jekt bedarf auch das kulturelle Integrationsprojekt eines      jedoch zugestehen, dass die Kulturmessung sowie die
                                                                                                      Zeitplans, konkreter Kommunikationsregeln, einer klaren       -operationalisierung eine hohe Komplexität aufweisen.
                                                                                                      Verantwortungsübernahme sowie eines Überwachungs-              So wird z.B. erklärt, dass der Prozess der Kulturdiag-
                                                                                                      systems über die erzielten Fortschritte. Für einen Unter-      nostik durchaus eine hohe Analysequalität gewährleis-
                                                                                                      nehmungskulturvergleich wird empfohlen, ein mehrdi-            tet, indem er sich an Kriterien wie Objektivität, Verläss-
                                                                                                      mensionales Messkonzept heranzuziehen, wie z.B. der            lichkeit sowie Validität orientiert. 12 Diese Kontroverse
                                                                                                      OCI (Organization Culture Inventory).10 Da in der Pre-         ist zunächst als Status Quo in Bezug auf die CDD zu
                                                                                                      Integrationsphase keine Barrieren mehr für eine breite         betrachten, wobei hinsichtlich der allgemeinen Kultur-
                                                                                                      Mitarbeiterbeteiligung an dem Analyseprozess beste-            bedeutung für internationale Transaktionen sowohl in
                                                                                                      hen, lässt sich mit Hilfe eines standardisierten Fragebo-      der M&A-Forschung als auch -praxis eine weitgehende
                                                                                                      gens eine hohe Repräsentativität und eine Einheitlich-         Übereinstimmung herrscht. Gleichzeitig geht diese mit
                                                                                                      keit der Erhebungen erreichen. Um eine ausreichende            einer in der Praxis häufig anzutreffenden Widerstands-
                                                                                                      Rücklaufquote zu erzielen, sind in jeder Unternehmung          haltung gegenüber einer methodengestützten, stan-
                                                                                                      Personen zu bestimmen, die kultursensibilisiert sind und
                                                                                                      das Ausfüllen der Fragebögen auf diversen Hierarchie-
                                                                                                      ebenen engagiert unterstützen. Nach der Auswertung
                                                                                                                                                                    10 Vgl. dazu Althauser/Tonscheidt-Göstl, Kultur Due Diligence – Erfolgsfaktor bei Fusi-
                                                                                                      der erhobenen Daten sollten die Profilunterschiede zwi-          onen und Akquisitionen, Personalwirtschaft, 26. Jg., H. 8, 1999, S. 40 ff.
                  8|9/2001
              M&A 11/2004

                                                                                                                                                                    11 Bolten, Das Kommunikationsparadigma im internationalen M&A-Prozeß. Due Dili-
                                                                                                      schen den verglichenen Unternehmungskulturen und der             gence und Post-Merger-Management im Zeichen der „Zweiten Moderne“, in: Strähle,
                                                                                                      angestrebten Sollkultur deutlich visualisiert werden. Als        Interkulturelle Mergers & Acquisitions: Eine interdisziplinäre Perspektive, 2003,
                                                                                                                                                                       S. 11.
                                                                                                      nächster Schritt erfolgt die als kritische Erfolgsbedingung   12 Vgl. Kleinfeld/Schlegel, Fusion gut, alles gut? Zur wirtschaftsethischen Relevanz von
              M&A

                                                                                                      eingestufte Operationalisierung der Vergleichsergebnisse.        Mergers & Acquisitions, in: Strähle, Interkulturelle Mergers & Acquisitions: Eine inter-
                                                                                                                                                                       disziplinäre Perspektive, 2003, S. 133. “... Kultur ist messbar, sobald man sie prag-
                                                                                                      Darunter ist eine Einschätzung ihrer möglichen Folgen            matisch begreift”: Koch, Koordination von Integrationen, in: Jansen/Picot/Schiereck,
                                                                                                      und letztendlich die Ableitung der konkreten Integrati-          Internationales Fusionsmanagement, 2001, S. 115.
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