Ein Leitfaden für die Digitalisierung in KMU - OBT AG
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Treuhand | Steuer- und Rechtsberatung Wirtschaftsprüfung | Unternehmensberatung Informatik-Gesamtlösungen Ein Leitfaden für die Digitalisierung in KMU Wie digitale Anwendungen die internen Prozesse verbessern Alexander Fust | Alexander Graf | Thomas Züger | Christoph Brunner | Marcel Baghdassarian www.kmu.unisg.ch www.obt.ch
Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort 1 2 Zusammenfassung / Management Summary 3 3 Einleitung 7 4 Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen 8 4.1 Was bedeutet Digitalisierung? 8 4.2 Analyse: Was für digitale Prozesse haben das grösste Potenzial? 10 4.3 Was für digitale Lösungen gibt es, und worauf ist bei deren Nutzung zu achten? 14 4.3.1 Enterprise Resource Planning 15 4.3.2 Dokumentenmanagementsystem 16 4.3.3 Finanzen / Buchhaltung 18 4.3.4 Personalwesen 20 4.3.5 Schnittstelle zum Kunden: von Online Marketing über CRM und Marketing-Automatisierung bis hin zu Shopsoftware 23 4.3.6 Business Intelligence (BI-Lösung) 28 4.3.7 Teamübergreifende Zusammenarbeit 28 4.3.8 Sonstige Tools 29 4.3.9 Mitarbeitende als Erfolgsfaktor: M itarbeitende mit auf den Weg nehmen 30 4.3.10 Allgemeine Erfolgsfaktoren digitaler Lösungen 31 4.4 Wie können Ihre nächsten Schritte aussehen? 33 4.4.1 Wie priorisieren Sie Investitionen in digitalen Anwendungen? 33 4.4.1.1 Priorisierung nach Aufwand und Nutzen 33 4.4.1.2 Priorisierung nach Kundenerlebnis 34 4.4.2 Wie schaffen Sie günstige Rahmenbedingungen? 37 5 Schlussbetrachtung und Fazit 38 6 Anhang 39 6.1 Beispiel Prozessbeschreibung bei einer Ist-Soll-Analyse 39 6.2 Übersicht zu digitalen Lösungen und möglichen Anwendungsfällen 41 6.3 Gedanken zur IT-Sicherheit 42 7 Literaturverzeichnis / empfohlene Literatur 43 8 Portrait der Interviewpartner und Danksagung 44 9 Portrait der OBT AG und des KMU-HSG 49 Drucksache myclimate.org/01-20-824083
1 Vorwort Wir beobachten in unserer Praxis, dass die Komplexität rund um das Thema Digitalisierung eine grosse Herausforderung für Unternehmerinnen und Unternehmer ist. Wir möchten helfen, mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei sehen wir die Digitalisierung als Mittel zum Zweck. Wie können interne Prozesse mit Hilfe der Digitalisierung verbessert werden? Es stellte sich die Frage, wie wir einen einfachen Leitfaden für eine komplexe Thematik erstellen können, der auch noch in ein paar Jahren aktuell sein wird. Mit diesem Leit faden möchten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, aufzeigen, wie an die Thematik herangegangen werden kann und Ihnen Inspiration bieten zu möglichen Anwendungen und Automatisierungsmöglichkeiten. Wir wissen aber auch, dass dieser Prozess aufwen dig ist und Zeit braucht. Wir wünschen viel Spass beim Lesen und viel Inspiration! November 2020, die Autoren Vorwort | 1
Abkürzungsverzeichnis AB Auftragsbestätigung HR Human Resources AG Aktiengesellschaft IT Informationstechnologie BI Business Intelligence kaufm. kaufmännisch CRM Customer Relationship Management KMU Klein- und Mittelunternehmen DMS Dokumentenmanagementsystem KPI Key Performance Indicator DSGVO Datenschutzgrundverordnung KVP kontinuierlicher Verbesserungsprozess ERP Enterprise Resource Planning MWST Mehrwertsteuer F&E Forschung & Entwicklung RE Rechnungseingang Fibu Finanzbuchhaltung SEA Search Engine Advertising GL Geschäftsleitung SEO Search Engine Optimization GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung SRM Supplier Relationship Management 2|
2 Zusammenfassung / Management Summary Die Beschäftigung mit der Digitalisierung ist für KMU ERP (Enterprise Resource Planning) ein herausfordernder Prozess. Neben dem Alltags DMS (Dokumentenmanagementsystem) geschäft gilt es, die zu verbessernden Prozesse zu Buchhaltung / Finanzen identifizieren und priorisieren, die Möglichkeiten der Personalwesen digitalen Anwendungen zu erfassen und die Mitar Schnittstelle zum Kunden: Online Marketing beitenden auf diesem Weg mitzunehmen. Wir möch Tools, CRM und Marketing-Automatisierung ten den Fokus auf die internen Prozessverbesserun sowie Shopsoftware gen legen. D.h.: Wie können die internen Prozesse Business Intelligence mit Hilfe von digitalen Anwendungen verbessert resp. teamübergreifende Zusammenbarbeit automatisiert werden? Mit diesem Leitfaden möch sonstige Tools (z.B. Wissens- und Projekt ten wir die Herangehensweise erläutern, eine Inspi management oder No-Code-Plattformen) ration bieten für mögliche digitale Anwendungen, Erfolgsfaktoren und Stolpersteine aufzeigen sowie ERP (Enterprise Resource Planning). Das ERP-System relevante Reflexionsfragen stellen. Die Digitalisierung (Geschäftsressourcenplanung) bildet möglichst alle soll hierbei kein Selbstzweck sein, sondern einem Geschäftsprozesse einer Firma ab. Es gibt branchen bestimmten Ziel und Nutzen dienen. spezifische ERP-Systeme, welche viele Geschäfts prozesse einer bestimmten Branche abdecken. Die Gemeinsames Verständnis für die Digitalisierung. Frage ist, ob auf ein zentrales ERP-System gesetzt Zu Beginn sollten Sie ein gemeinsames Verständnis wird oder auf einen «Best of Breed»-Ansatz. Beim zu Digitalisierung in Ihrem Unternehmen aufbauen. zuletzt genannten Ansatz werden spezialisierte An Fragen Sie sich: Geht es um Digitalisierung aus der wendungen mit Hilfe von Schnittstellen dazugeschal Perspektive der Effizienzsteigerung, des Umsatz tet. Um ein ERP-System im Einsatz zu sehen, lohnt wachstums, der Unternehmensstruktur oder eines sich der Besuch eines befreundeten Unternehmens, sonstigen Kundenmehrwerts? das ein ERP-System nutzt. Vorgehen. Es gilt, eine Standortbestimmung vor Dokumentenmanagementsystem (DMS). Im Zuge zunehmen (Ist-Situation), gefolgt von der Identifika des papierlosen Büros wird oft ein DMS eingeführt. tion der zu verbessernden Prozesse. Schliesslich Ein gutes DMS hilft, Dokumente einfach wieder werden diese Prozesse mit Hilfe von digitalen Anwen zufinden. Dabei können Dokumente sogar automa dungen verbessert und ausgeführt (Umsetzung). tisch abgelegt werden. Eine Anbindung an das ERP ist zentral, um wichtige Funktionalitäten nutzen zu Standortbestimmung. Es gibt verschiedene Pro können. Es lohnt sich zudem, die Beschriftung der zesse in Unternehmen (z.B. Führungs-, Geschäfts- Dateien zu definieren, was die Auswahl geeigneter und Unterstützungsprozesse). In der Standortbestim Attribute und Schlagworte miteinbezieht. mung werden die Subprozesse betrachtet. Es wird entschieden, welche dieser Prozesse am meisten Finanzen / Buchhaltung. Die Automatisierungsmög Potenzial aufweisen, ob sie Fehler oder manuelle lichkeiten nehmen zu, wenn die Buchhaltung mit Schritte beinhalten. Dabei spielt es auch eine Rolle, dem ERP und den Stammdaten (z.B. Kundendaten) wie sich die eigene Geschäftstätigkeit in Zukunft verbunden ist. So können Offerten erfasst, Auftrags verändern wird und was für eine Einschätzung dazu bestätigungen erstellt und elektronische Rech besteht, wie sich die Kundenbedürfnisse verändern nungen verschickt werden. Die Prüfung der Zahlung werden. kann über einen automatischen Import der E-Ban king-Daten ins Buchhaltungsprogramm vorgenom Anwendungsbereiche. Folgende Anwendungs men werden. Zudem hilft auch die Integration der bereiche lassen sich unterscheiden, jedoch nicht Zeiterfassung, wodurch eine Nachkalkulation der immer trennscharf: Aufträge gut möglich wird. Auch das Mahnprozedere Zusammenfassung / Management Summary | 3
oder sogar der Visierprozess von Standardrech Allgemeine Erfolgsfaktoren digitaler Anwendungen. nungen lässt sich automatisieren. Schliesslich kann Software-Grenzen vs. zukünftige Bedürfnisse: ein gutes Finanzcockpit fürs Controlling helfen. Jede Software hat Limitierungen: Prüfen Sie, ob diese in Einklang mit den geplanten Entwicklungen Personalwesen. Grundsätzlich kann der gesamte HR- in Ihrem Unternehmen stehen. Zyklus vom Onboarding bis zum Offboarding über Branchenspezifische Anforderungen kennen: HR-Software erleichtert werden. Gleichzeitig ist eine Reicht Ihnen eine branchenübergreifende bzw. hori automatisierte Lohnbuchhaltung von Vorteil. Dabei zontale Lösung oder wäre eine branchenspezifische sind sowohl Lohnzahlungen als auch Buchungssätze Nischen-Lösung die bessere Wahl? definiert und die Kommunikation mit den Sozialver Modulare Einführung/Modularität: Ist die Lösung sicherungen und der Mehrwertsteuerbehörde gere modular einführbar? Mit Teilbereichen zu starten ist gelt. Die Lohnabrechnungen können von den Mit oftmals leichter und führt schneller zu Erfolgserleb arbeitenden auf einer Plattform heruntergeladen nissen. werden. Auch der Spesenabrechnungseinreich Schnittstellen absichern: Die Zunahme von Schnitt prozess kann automatisiert werden, indem etwa die stellen und die steigende Vernetzung mit unterneh Kreditkartenabrechnungen eingelesen oder ein Foto mensexternen Netzwerken erhöht Risiken. von den Spesenbelegen gemacht wird. Die Nutzung Adäquate Schnittstellen vorhanden: Überlegen von Textbausteinen für die Arbeitszeugnisse erhöht Sie sich bereits vor der Anschaffung, mit welchen neben der Effizienz auch die Rechtssicherheit, und Lösungen eine Vernetzung notwendig ist und auf die Dokumente zu den Mitarbeitergesprächen kön welche verzichtet werden kann. nen im DMS gut abgelegt werden. Best of Breed vs. Zentralisierung evaluieren: Soll der Schwerpunkt auf die leistungsfähigste und funk Online Marketing, CRM und Marketing-Automatisie tionsreichste Spezial-Software für jeden Anwendungs rung. Beim Online Marketing geht es darum, die bereich gelegt werden (Best of Breed) oder sollen Anzahl der Website-Besucher zu erhöhen (Traffic- möglichst viele Prozesse über die Gesamtlösung Generierung), diese anonymen Besucher in qualifi eines Anbieters abgedeckt werden (Zentralisierung)? zierte Interessenten bzw. Leads und schliesslich in Kunden zu konvertieren (Traffic-Konvertierung). Im Mitarbeitende mit auf die Reise nehmen. Bei all die Anschluss gilt es, gewonnene Kunden zu binden und sen digitalen Anwendungen steht schliesslich der zu Wiederkäufen anzuregen. Klassische Instrumente Mensch im Zentrum, der die Anwendung auch nut hierfür sind: Suchmaschinenoptimierung, Social- zen wird resp. soll. Das Change-Management ist Media- und Suchmaschinenwerbung sowie E-Mail- in solchen Projekten zentral. Es gilt, die Notwendig Marketing. Den Erfolg Ihrer Online Marketing keit der Neuerung und den Nutzen klar zu kommu Massnahmen können Sie mithilfe einer Vielzahl von nizieren. Die Erstellung eines Konzepts lohnt sich. Analyse-Tools detailliert überprüfen und nachverfol Es soll mit Quick Wins angefangen werden, bei gen. Dem CRM und der damit zusammenhängen denen möglichst alle Mitarbeitenden schnell den den Marketing-Automatisierung kommt im Online Nutzen der Veränderung sehen. Die Begleitung und Marketing ebenfalls eine grosse Bedeutung zu. die Befähigung der Mitarbeitenden helfen, dass Ängste und der Respekt vor der Veränderung abge Business Intelligence (BI-Lösungen). Grosse Mengen baut werden können. Dies soll durch Informations an Daten werden ausgewertet und in Dashboards veranstaltungen und gute Kommunikation unterstützt visualisiert. So können z.B. mittels eines Führungs werden. Es braucht dazu eine Unterstützung und ein Dashboards die wichtigsten Führungskennzahlen klares Commitment der Führungskräfte, die mit übersichtlich dargestellt werden, was hilft, Entschei gutem Beispiel vorangehen. dungen treffen zu können. Wichtige Informationen könnten Führungskennzahlen aus der Auftrags- Priorisierung. Nach dem Studium der vielen Möglich (Umsatz, Auftragsbestand, Anzahl offener Offerten) keiten, wie digitale Anwendungen interne Prozesse oder der Lagersituation (Lagerbestand, Ladenhüter- verbessern können, gelingt es die Investitionen unter Analyse) bereithalten. Berücksichtigung von Aufwand, Nutzen und Kunden erlebnis zu priorisieren. Teamübergreifende Zusammenarbeit. Die Einführung von Home-Office führt dazu, dass auf die Firmenres Abbildung 1 fasst die allgemeinen Erfolgsfaktoren sourcen von verschiedenen Orten zugegriffen wer und jene der einzelnen digitalen Anwendungen zu den kann. Videokonferenzen helfen bei der Zu sammen und zeigt die verschiedenen methodischen sammenarbeit. Slack- oder Microsoft-Teams bieten Werkzeuge in einer Übersicht. zudem Kanäle und Chats an für die bessere Nachvoll ziehbarkeit der Kommunikation. So müssen weniger Mails für die Kommunikation eingesetzt werden. 4 | Zusammenfassung / Management Summary
Genannte Erfolgsfaktoren digitaler Anwendungen nach Bereich ERP DMS Finanzen / Personalwesen Kunden- Sonstige Lösungen (S.15 -16) (S.16 -17) Buchhaltung (S.20-22) Schnittstelle (S.28-30) (S.18-20) (S.23-27) Zusatzmodule vs. Anbindung zukünftige Strukturen und Online Marketing: Business eigenständige an das ERP Bedürfnisse Prozesse klar Grundlagen Intelligence: Lösungen Start mit einem miteinbeziehen definiert schaffen Datenqualität Schnittstellen Pilotprojekt Plausibilitäts Datenschutz KPIs regelmässig prüfen und absichern richtige prüfung durch durch überprüfen gewährleisten Entwicklungspfad Mehrfachattribute Treuhänder nach Berechtigungen A / B-Tests Adäquate KPI’s des Unter frühzeitig setzen Einführung gewährleisten durchführen definieren und nehmens Beginn mit Grenzen der Einsparungen Online-Präsenz regelmässig berücksichtigen einfachen Software kennen durch Vermeidung auf Unternehms überprüfen branchen Prozessen gängiger manueller Fehler werte abstimmen spezifische modularer Ankauf Kontenrahmen berücksichtigen Wissens Anforderungen des DMS Kompatibilität mit keine über CRM: managementtools: berücksichtigen Auswahl der QR-Rechnungen dimensionierte Daten- / Nutzung Anbieter Anpassungs Software Leadpflege niederschwellig fähigkeit an Anpassung der Auswahl auf gestalten regulatorische eigenen Prozesse Basis der internen Veränderungen an Standard Prozesse Kollaborations keine Dopplungen lösung evaluieren Eignung tools: bei Rechnungen Fokus auf regelmässig Nutzungskonzept Sensibilität für Standardprozesse hinterfragen festlegen gefälschte Rechnungen Marketing- Automatisierung: Marketing- und Verkauf integrieren Effizienz und Kunden zufriedenheit vereinen DSGVO- Konformität Allgemeine (bereichsübergreifende und begleitende) Erfolgsfaktoren Digitale Anwendungen Change Management / Mitarbeitende Software-Grenzen vs. zukünftige Bedürfnisse Notwendigkeit und Nutzen kommunizieren branchenspezifische Anforderungen kennen Klares Commitment der Geschäftsleitung modulare Einführung / Modularität Einführung in kleinen, strukturierten Schritten IT-Sicherheit: Schnittstellen, Datenschutz Nutzungskonzept entwickeln Adäquate Schnittstellen vorhanden? Befindlichkeiten verfolgen Best of Breed vs. Zentralisierung evaluieren «Kipp-Moment» ansteuern (S.30) Methodische Werkzeuge und Rahmenbedingungen Standortbestimmung Priorisierung von Investitionen Günstige Rahmenbedingungen Reifegradanalyse / Digital Checks: Aufwand / Nutzen-Verhältnis: Förderung agiler Arbeitsweisen Einstufung nach vordefinierten Kritierien Erkenntnisse aus der Standort und Organisationsstrukturen oder relativ zu anderen Unternehmen bestimmung einfliessen lassen Mitarbeitenden Freiraum zum branchenspezifisch oder branchen Schätzung Aufwand / Nutzen auch Experimentieren geben übergreifend mittels der Erfahrungswerte anderer Austausch zwischen funktionalen Unternehmen Teams fördern Wichtigkeit von Prozessen: Quick Wins priorisieren Partnerschaften mit Startups, Potenzial mal Fehleranfälligkeit Universitäten, Fachhochschulen und Customer Journey: etablierten Playern Ist-Soll-Analyse: mit realen Kunden oder Personas externe Verwaltungsräte, um andere Mitarbeitergespräche Fokus auf «Moments of Truth», Erfahrungen einfliessen zu lassen Prozessbeschreibungen im Ist- und d.h. Schlüsselinteraktionen Austausch mit anderen Unternehmerin Soll-Zustand: Handbuch Ist-Soll-Analyse ggf. mit Erkenntnissen nen bzw. Unternehmern in Erfahrungs der Customer Journey ergänzen austauschgruppen Abbildung 1: Übersicht zum Leitfaden Zusammenfassung / Management Summary | 5
3 Einleitung Das Tagesgeschäft brummt und fordert eine grosse Wir werden Ihnen mit verschiedenen Fragen, Ant Aufmerksamkeit. Rufe nach der Digitalisierung kön worten, Praxisbeispielen und Reflexionsfragen hel nen dadurch leicht verhallen. Denn es läuft ja gut, fen, damit Sie für sich selbst die weiteren Fort und der Leidensdruck ist gering. Die Corona-Pan schritte mit Hilfe von digitalen Tools entscheiden demie zeigt jedoch auf, dass digitale Technologien können. Es geht uns darum, das Thema Digitalisie besonders in diesen Zeiten helfen können, wenn es rung für KMU auf der operativen Ebene fassbar zu etwa um den Online-Zugang zu Ressourcen oder um machen. Deshalb stellten wir unseren Interview die Zusammenarbeit untereinander geht. Digitale partnern2 – Unternehmerinnen bzw. Unternehmern, Anwendungen können Prozesse stark vereinfachen, IT-Entscheidungsträgerinnen bzw. Entscheidungs Kosten lassen sich einsparen und die Qualität der trägern von KMU und Digitalisierungsexperten – Leistungserstellung kann erhöht werden. folgende Fragen: Welche IT-Anwendungen haben zum grössten Die Digitalisierung ist mit Investitionen verbunden, Mehrwert geführt? und es ist nicht immer klar, welche Investitionen Was waren Stolpersteine und Erfolgsfaktoren? sich lohnen werden. Gleichzeitig beobachten wir teil Was würden Sie im Nachhinein gesehen anders weise eine Unkenntnis darüber, was die Digitalisie machen? rung für Möglichkeiten bietet und konkret für KMU bedeuten kann. Digitalisierung muss nicht zwangs läufig gross gedacht werden und mit einer Trennung von bewährten Geschäftsmodellen und Strukturen einhergehen. Auch in kleinen Schritten – beginnend bei den internen Prozessen – können KMU dank der Digitalisierung Erfolge erzielen. Wir richten uns mit diesem Leitfaden an KMU und verfolgen die folgenden Ziele: 1. Die wichtigsten Fragen adressieren in Bezug auf die Digitalisierung von KMU auf operativer Ebene, damit diese Unternehmen ihre internen Prozesse verbessern können. 2. Hilfsmittel bieten, damit die Unternehmer1 diese Frage für sich beantworten können. 3. Wir möchten damit die Unternehmer ermuntern, Massnahmen anzugehen, um mit Hilfe der Digita lisierung ihre internen Prozesse zu verbessern und Kosten zu reduzieren, den Kundennutzen zu stei gern oder die Qualität der Prozesse zu erhöhen. 1 Wir achten darauf, eine genderneutrale Form zu verwenden, resp. Bezeichnungen, die beide Geschlechter beinhalten. In Einzelfällen wurde im Sinn der Lesefreundlichkeit entschieden, die weibliche oder männliche Form zu nutzen, wobei darin selbstverständlich auch das andere Geschlecht gemeint ist. 2 Die Interviewpartner sind in Kapitel 8 aufgelistet. Einleitung | 7
4 Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen Wir sind uns bewusst, dass für KMU die Beschäfti 4.1 Was bedeutet Digitalisierung? gung mit der Digitalisierung ein herausfordernder In der Vergangenheit wurde unter Digitalisierung vor und langwieriger Prozess ist. Diesen Prozess können allem die Umwandlung von analogen in digitale Me wir zwar nicht abnehmen, aber wir können Ihnen dien, bestehend aus Bits und Bytes, verstanden – eine Inspiration bieten: Was ist möglich, und wie wie z.B. durch Einscannen eines Buchs. Im Zentrum können Sie an das Thema herangehen? Diese Aus steht dabei, Daten und Informationen in digitalen einandersetzung wird zu verschiedenen wichtigen Formaten zugänglich zu machen, sodass die Daten Erkenntnissen führen. Eine einzige Klausurtagung von Computer-Systemen ausgelesen und für ver zu diesem Thema wird aller Voraussicht nach nicht schiedene Zwecke verwendet werden können. Bei ausreichen, denn es bleibt ein kontinuierlicher Pro diesem Vorgehen wird von der Digitalisierung im zess. Der Markt und die Kundenbedürfnisse verän engeren Sinn gesprochen. Das heutige Verständnis dern sich. Es gilt, sich diesen anzupassen und neue von Digitalisierung geht darüber hinaus: Es umfasst Entwicklungen auf dem Radar zu haben. die Nutzung digitaler Technologien und Daten, um bestehende Geschäftsmodelle zu verbessern, Zunächst möchten wir in Kapitel 4.1 den Begriff der neue Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung sowie Digitalisierung näher erläutern, da in der Praxis zwar Mehrwertgenerierung zu schaffen (Schallmo und häufig von dieser die Rede ist, jedoch nicht immer Williams, 2018; i-SCOOP, 2016). Mehrwert kann dasselbe gemeint wird. z.B. durch die Optimierung von Geschäftsprozessen entstehen, was bis hin zur Abschaffung von nicht Zudem zeigen wir Ihnen die Ergebnisse unserer mehr benötigten Prozessen gehen kann, durch den G espräche mit Inhaberinnen bzw. Inhabern und Einsatz neuer Technologien. Führungskräften diverser KMU, bei welchen wir den drei folgenden Leitfragen auf den Grund gingen: Von der Digitalisierung zur digitalen Transformation. 1. Wie kann vorgegangen werden, um interne Pro In einem Atemzug mit der Digitalisierung wird häufig zessverbesserungen und Automatisierungsmög von der digitalen Transformation gesprochen. Die lichkeiten zu identifizieren (Kapitel 4.2)? digitale Transformation bezeichnet den Veränd e 2. Welche Prozesse können digitalisiert werden, rungsprozess, den Unternehmen durchlaufen. welche digitalen Anwendung gibt es, und worauf Dieser Prozess wird sowohl ermöglicht als auch ge ist bei deren Nutzung zu achten (Kapitel 4.3)? trieben durch digitale Technologien und den sich aus 3. Wie können die nächsten Schritte aussehen diesen ergebenden Anwendungen und Geschäfts ( Kapitel 4.4)? modellen. Die digitale Transformation wird dabei weniger als endlicher, klar strukturierter Prozess ver standen, sondern eher als dynamische, fortlaufende Veränderung gewohnter Gegebenheiten. Bei der digi talen Transformation werden die Auswirkungen auf Organisationen und die dazugehörigen Menschen stärker in den Vordergrund gerückt. Dies beinhaltet unter anderem die folgenden fünf Auswirkungen resp. Ebenen der digitalen Transformation: Prozesse: Neue digitale Tools werden an gewandt und manuelle Arbeitsschritte durch digitale, teilweise vollautomatische Prozesse optimiert. 8 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
Geschäftsmodelle: Neue Geschäftsmodelle Kundenzentrierung, aber auch mit «Trial & Error» zu werden mit Hilfe der digitalen Transformation sammen. Es geht also darum, auch nicht ganz fertig geschaffen. entwickelte Lösungen den Kunden zu zeigen und Organisation: Neue Strukturen und Arten aus dem Feedback zu lernen. der Zusammenarbeit entstehen durch digitale Möglichkeiten. Branchengefüge bzw. Geschäftsumfeld: Reflexionsfragen Wertschöpfungsketten und Rollen von Was bedeutet Digitalisierung für Sie und Ihr Unternehmen verändern sich. Unternehmen? Gesellschaft: Bewegungen und Trends. Wie würden Ihre Mitarbeitenden antworten, wenn Sie über ihr Verständnis der Digitalisierung Im Alltag und in der Praxis ist jedoch beobachtbar, befragt würden? dass Bezeichnungen wie die digitale Transforma- Besteht im Unternehmen ein gemeinsames tion und die Digitalisierung oftmals umgangs Verständnis der Digitalisierung? sprachlich gleichbedeutend bzw. nicht ganz trenn Welche Ziele verfolgen Sie mit der Digitalisie scharf verwendet werden – seien Sie sich dessen rung? bewusst, und lassen Sie sich nicht verwirren. Stel Wird die Digitalisierung von den Mitarbeitenden len Sie auf jeden Fall innerhalb Ihres Unternehmens als Chance oder Gefahr gesehen? sicher, dass alle die gemeinsame Sprache sprechen, Wie agil ist Ihre Organisation? um Missverständnisse zu vermeiden. «Immer, wenn wir über Digitalisierung reden, überlegen wir uns zunächst, ob wir von der Digitalisierung aus der Sicht der Effizienzsteigerung, des Umsatzwachstums, der Unterneh mensstruktur oder sonstigen Kundenmehrwerts reden.» Marco Killer, Killer Interior AG Digitalisierung als Basis agiler Organisation. Unter nehmen sind im Zuge der Digitalisierung stärker denn je einem dynamischen, schnelllebigen Marktumfeld ausgesetzt. Traditionelle Organisationsstrukturen werden dadurch hinterfragt, da sich einige Unter nehmen im heutigen Zeitalter nicht schnell genug auf Marktveränderungen einstellen können. Als Kon sequenz ist vom Erfordernis einer agilen Organisa tion die Rede. Agile Organisationen können sich schnell verändernden Kundenbedürfnissen anpassen oder diese gar antizipieren. Die Agilität hat ihren Ur sprung im Projektmanagement der Software-Ent wicklung. Beim agilen Projektmanagement werden Funktionen einer Software in kurzen Iterationszyk len hinzugefügt oder überarbeitet. Die Vorteile sind, dass dadurch schon während einer Produktentwick lung zeitnah auf Feedbacks von Kunden reagiert wer den kann. Agiles Projektmanagement hängt also eng mit der Bereitschaft von Markteinführungen, der Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen | 9
4.2 Analyse: Was für digitale Prozesse haben das grösste Potenzial? Vereinfacht gesagt, wird zuerst die Ist-Situation «Wir beginnen zuerst mit dem Prozess und fragen uns dann, analysiert, danach werden die Prozesse mit dem ob wir mit Hilfe der Digitalisierung etwas verändern können, grössten oder gewünschten Verbesserungspoten d.h., ob wir Ordnung und Struktur schaffen können.» zial mit Hilfe der Digitalisierung identifiziert, und Marco Killer, Killer Interior AG dann wird die Umsetzung angegangen. Identifikation der zu Umsetzung planen Ist-Situation verbessernden Prozesse und ausführen Abbildung 2: Vorgehen für die Identifikation von Verbesserungspotenzial Die Digitalisierung darf nicht als Selbstzweck ver Der Nutzen von Reifegradmodellen: standen werden, d.h. die Digitalisierung soll nicht Die Reifegradmodelle zeigen, wo Sie im der Digitalisierung wegen durchgeführt werden. Die Vergleich zum Branchendurchschnitt und den Killer Interior AG machte beispielsweise gute Erfah Vorreitern stehen. rungen damit, zunächst bestehende Prozesse von Ein digitaler Reifegrad ist nur eine Moment jenen im Lean Management gängigen Verschwen aufnahme. Um einen hohen Reifegrad aufrecht dungsarten3 zu bereinigen. Erst auf Basis der berei erhalten zu können, muss die digitale Transfor nigten Prozesse wird analysiert, welcher Mehrwert mation als ein fortlaufender (Verbesserungs-) durch digitale Lösungen erzielt werden kann. Da Prozess verstanden werden, und relevante durch wird gleichzeitig der betroffene Prozess greif Trends dürfen nicht aus den Augen verloren barer, denn geordnete, gut strukturierte Prozesse werden. sind leichter verständlich. Der digitale Reifegrad dient zur Kontrolle des Fortschritts und zur fortlaufenden Identifikation «Die Komplexität von Prozessstrukturen ist nicht unbedingt von Verbesserungsmöglichkeiten. von der Unternehmensgrösse abhängig. Unternehmen mit 10 bis 20 Mitarbeitenden können bereits über extrem komplexe Prozesse und Anforderungen verfügen, denn Komplexitätstreiber sind oft andere Faktoren wie bspw. branchen- und auftragsbezogene Eigenheiten.» Claudio Hintermann, Abacus Research AG Analyse der Ist-Situation: Um selbständig einen ersten groben Eindruck erhalten zu können, können sich Selbstchecks zum digitalen Reifegrad des eige nen Unternehmens als nützlich erweisen. Diese wer den in Form eines (Online-)Fragebogens durchlaufen und von vielen verschiedenen Institutionen angebo ten. Es gibt branchenunabhängige und eher allge meiner ausgestaltete Modelle und solche, die kon kreter sind, da sie sich auf eine Branche beziehen. 3 Die Überproduktion (von Information oder Gütern), Lager bestände, unnötige Bewegung, Wartezeit, Nacharbeit und Ausschuss, falsche und unnötige Prozesse sowie ungenutztes Talent werden u.a. als Verschwendungen verstanden. Es können etwa Beispiele für solche Verschwendungen in einem Workshop erarbeitet und Lösungen entwickelt werden. 10 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
Identifikation von zu verbessernden Prozessen: Leistungsprozesse stehen im Zentrum und beginnen Was für Prozesse gibt es? Wir unterscheiden Füh beim Kunden, seinen Anforderungen und Bedürfnis rungs-, Leistungs- und Unterstützungsprozesse. Die sen und enden mit einem Ergebnis für den Kunden. Führungsprozesse Controlling, Qualitätsmanagement, Strategieentwicklung Geschäftsprozesse Kunde Kunde Produktion und Montage, Verkauf, Bedürfnisse und Ergebnis, Produkt Entwicklung Anforderungen oder Dienstleistung Unterstützungsprozesse Personalwesen, Buchhaltung, Beschaffung, Logistik, Dokumentation, Marketing, IT Abbildung 3: Prozessarten (in Anlehnung an Rüegg-Stürm, 2003) Bei jeder dieser Prozessarten können weitere Sub Wir haben uns erlaubt, in der folgenden Tabelle eini prozesse definiert werden (siehe Tabelle 1). So be ge Subprozesse aufzuführen, die mit Hilfe von digi inhaltet etwa das Personalwesen Prozesse wie die talen Anwendungen automatisiert werden können. Rekrutierung, Personalbeurteilung, Onboarding neuer Die Aufzählung in der Tabelle ist nicht abschliessend. Mitarbeitender, Personalentwicklung, Abläufe mit Das Potenzial des Prozesses kann in der zweiten Spal Arbeitszeugnissen, etc. Es gilt, diese Subprozesse zu te angegeben werden (von 1, gering, bis 10, hoch). identifizieren und zu überlegen, wie hoch das Poten Ein sehr oft genutzter Prozess bedeutet ein hohes zial der Einsparung, des Umsatzwachstums oder der Potenzial. In der nächsten Spalte folgt die Fehleran Qualitätserhöhung sein könnte. Prozesse, die oft ge fälligkeit, resp. die Einschätzung, ob für den Prozess nutzt werden und zeitaufwendig sind, bieten sich aktuell noch viele manuelle Schritte notwendig sind. am ehesten an. Auch kann je nach Anforderung die Forderung in Be zug auf die Geschwindigkeit oder die Durchlaufzeit «Auch wenn nicht jeder Geschäftsvorfall standardisiert ist, angegeben werden. Dabei wird auch wieder mit einer sollte so viel wie möglich automatisiert werden. Damit ge Skala von 1 (gering) bis 10 (hoch) die entsprechende winnt man Zeit und Ressourcen, um individuelle und dynami Bewertung angegeben. Für die letzte Spalte wer sche Sachverhalte mit der nötigen Priorität zu behandeln.» den die Zahlen in den beiden Spalten zusammenge Peter Herger, PROFFIX Software AG zählt, um eine Übersicht über die Rangierung zu erhalten. Bevor Sie die folgende Tabelle ausfüllen, sind die folgenden Reflexionsfragen zu beachten: Wie sieht die Vision und Strategie Ihrer Firma aus? Was sind die strategischen Ziele Ihrer Firma? Wie werden sich die Kundenbedürfnisse in Zukunft verändern? Was wird in Zukunft alles gefordert sein, das eine Auswirkung auf die Prozesse resp. die Ausgestaltung der digitalen Anwendungen hat? Welche Prozesse bieten das grösste Automatisierungspotenzial? Welche Prozesse könnten aufgrund der Anwendung von digitalen Anwendungen neu entstehen? Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen | 11
Prozess Potenzial Manuelle Wichtigkeit (z.B. oft Schritte / (Potenzial mal genutzter Prozess) Fehleranfälligkeit Fehleranfälligkeit) Kernleistung Verkauf Offerterstellung Auftragsbestätigung Auftragsvorbereitung / Planung etc. Leistungserstellungsprozess (Dienstleistung / Produkt) Dokumentationen im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses (Dienstleistung / Produkt) Leistungserfassung Einkauf Lagermanagement Projektmanagement Logistik Kundendienst Buchhaltung / Finanzen Rechnungsstellung Kassenführung definierter Visierprozess Verbuchung der Standardbuchungen Lohnbuchhaltung Mahnwesen Führung Übersicht über die wichtigsten Kennzahlen (Dateneingabe und -aufbereitung) Übersicht über den Stand der wichtigen operativen und strategischen Projekte Controlling Übersicht über die delegierten Aufgaben teamübergreifende Zusammenarbeit Personalwesen Rekrutierungsprozess Pflege der Stammdaten der Mitarbeitenden Absenzenmanagement Onboarding Mitarbeiterbeurteilungsgespräche (inkl. -ablage) Arbeitszeugnisse erstellen Spesen Lohnabrechnungen CRM – Customer (oder Contact) Relationship Management Kontaktdaten der Kunden festhalten Festhalten der vergangenen Kontakte mit Kunden Kommunikation mit den Kunden Kontaktdaten bereinigen Kontakte qualifizieren 12 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
Prozess Potenzial Manuelle Wichtigkeit (z.B. oft Schritte / (Potenzial mal genutzter Prozess) Fehleranfälligkeit Fehleranfälligkeit) (Online) Marketing Aktualisierung und Pflege der Marketing-Kanäle Aktualisierung und Pflege der Marketing-Unterlagen Webseiten-Besucher erkennen, nachverfolgen und kategorisieren Lead-Generierung/Interessentengewinnung Werbe-Mails und Prospekte versenden Bestandskundenpflege Marketing-Investitionen messen und auswerten Logistik Wareneingang Kommissionierung Verpackung Transport Retouren Wissensmanagement Aktualisierung von Betriebswissen Verteilung von Betriebswissen Suche nach relevantem Betriebswissen Qualitätsmanagement Daten generieren fürs Qualitätsmanagement Massnahmen ableiten kontrollieren der Massnahmen und Erfolge IT IT-Überwachung/-Monitoring (Performance) Einholung und Aktualisierung technischer Anforderungen Mitarbeitenden-Schulungen (Software-Bedienung) Mitarbeitenden-Schulungen (Cyber-Security) Tabelle 1: Beispiel einer Tabelle mit einer Auswahl von Subprozessen, die mit Hilfe von digitalen Anwendungen vereinfacht werden können. Falls eine detailliertere Analyse gewünscht wird, Im genannten Soll-Handbuch wird der gewünschte sollte darüber nachgedacht werden, einen externen zukünftige Prozessablauf beschrieben. Ein Beispiel Berater mit Erfahrung als Unterstützung zu holen. einer aus der Ist- und Soll-Analyse entstandenen Anhand des Beispiels der Reif GmbH könnte die Zu Prozessbeschreibung des Rechnungseingangs der sammenarbeit mit einem Berater wie folgt aussehen, Reif GmbH befindet sich im Anhang (Kapitel 6.3). wobei sich die Dauer selbstverständlich je nach Fir mengegebenheiten und -anforderungen ändern kann: Wichtig bei der Erstellung von Soll-Prozessen ist, Über einen Zeitraum von 16 Tagen wurde durch dass alle Eventualitäten so weit wie möglich im Vor den Berater eine Vielzahl von Mitarbeitenden hinein bedacht werden, sodass diese in der Prozess interviewt, die Prozesse wurden eingeleitet beschreibung korrekt abgebildet werden können. An und die Erkenntnisse dokumentiert. sonsten besteht laut der Reif GmbH folgende Gefahr: In den neun darauffolgenden Tagen wurden Verbesserungspotenziale identifiziert. «Bei der Erstellung der Prozessbeschreibung besteht immer Nach der Gesamtdauer von 25 Tagen konnte die Gefahr, Eventualitäten zu oberflächlich zu bewerten, so ein Soll-Handbuch als Resultat der Zusammen dass im Nachgang nicht mit dem digitalen Prozessablauf ge arbeit in den Händen gehalten werden. arbeitet werden kann. Entsprechend kann es dann schnell zu Unmut bei den beteiligten Mitarbeitenden kommen, und ein neuer Prozess kann dann recht schnell wieder zu Fall kommen.» Andreas Baumann, Reif GmbH Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen | 13
«Belegte unternehmensinterne Ressourcen sind in KMU 4.3 Was für digitale Lösungen gibt es, und das Teuerste in Verbindung mit der Digitalisierung. Mitarbei worauf ist bei deren Nutzung zu achten? tende, die unnötig lange mit Digitalisierungsprojekten be Wir möchten in diesem Kapitel Inspirationen bieten schäftigt sind, weil die gleichen Projekte mehrmals ange zu den Möglichkeiten, die digitale Anwendungen für gangen werden, ohne dass diese zu Ende gebracht werden. die Automatisierung von verschiedenen Prozessen Adäquate Planung und Durchhaltevermögen sind das A und bieten. O, denn bei abgebrochenen Projekten muss oftmals wie der bei null begonnen werden.» Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich be Marek Dutkiewicz, HR Campus AG wusst, dass es Investitionen braucht, um die Digita lisierung erfolgreich angehen zu können. Unklar bleibt jedoch, welche Investitionen und welche Anwen Reflexionsfragen dungen die richtigen sind, um auch in Zukunft einen Welche Aufgaben können automatisiert werden? Wettbewerbsvorteil haben zu können (oder einen Wäre ein KVP-Tag eine gute Möglichkeit, Wettbewerbsnachteil vermeiden zu können). um Verbesserungspotenziale erkennen und nutzen zu können? Wir möchten zuerst konkrete Möglichkeiten dazu Wie könnte der Soll-Prozess aussehen für aufzeigen, wie die internen Prozesse mit Hilfe von die wichtigsten Prozesse? digitalen Anwendungen und Hilfsmitteln verbessert Was sind wichtige Anforderungen, und was ist werden können4. Die nachfolgende Auflistung ist «nice to have»? zwar nicht abschliessend, enthält jedoch viele Mög lichkeiten für Automatisierungen mit Hilfe von digi talen Anwendungen und soll KMU eine gute Über sicht über die Möglichkeiten bieten5. Wir teilen sie ein in die folgenden Anwendungsbereiche, wobei nicht immer scharf abgetrennt werden kann: ERP (Enterprise Resource Planning) DMS (Dokumentenmanagementsystem) Buchhaltungstools Personalwesen Schnittstelle zum Kunden: CRM und Online Marketing Tools Business Intelligence teamübergreifende Zusammenarbeit Sonstige Tools (z.B. Wissens- und Projekt management) Uns ist wichtig, dass wir Erfolgsfaktoren und Stolper steine zu den einzelnen Anwendungsbereichen auf zählen, damit wir danach den Menschen ins Zent rum stellen können: Wie können die Mitarbeitenden auf die Reise mitgenommen werden? 4 Siehe dazu z.B. Forster (2019). 5 Siehe ebenfalls Tabelle 3 in Kapitel 6.2 für eine Inspiration zu möglichen Anwendungsfällen zu den im Leitfaden erwähnten digitalen Lösungen. 14 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
4.3.1 Enterprise Resource Planning erhöhen. Wenn ein «Patchwork» an spezialisierter Ein ERP-System (Abkürzung aus dem Englischen für Software durch eine vollintegrierte, zentralisierte Enterprise Resource Planning, also die Geschäfts Lösung abgedeckt werden soll, ist es ratsam, die ressourcenplanung) bildet möglichst alle Geschäfts bestehenden Tools auf denselben funktionalen Be prozesse einer Firma ab. Dazu gehört etwa die Inte reichen paketweise abzulösen. gration von Funktionen für die Materialbeschaffung, Bspw. zuerst ein CRM (siehe Kapitel 4.3.5), für das Lager, für die Disposition, für die Produktions dann ein Finanz-Tool (siehe Kapitel 4.3.3) usw. planung, für das Finanz- und Rechnungswesen, für Für die Ablösung jedes Pakets sollte ein F & E, für Verkauf und Marketing, etc. in einem Sys adäquater Zeitraum definiert werden wie z.B. tem6. Viele Branchen haben spezifische Branchen max. ein Paket pro Quartal, denn die Einführung lösungen. Wir möchten mit diesem Leitfaden nicht ist für eine Firma und für die Mitarbeitenden jede einzelne Brancheneigenschaft aufnehmen, son aufwendig. dern auf die relevanten Fragen und Anwendungen eingehen, die für alle (oder möglichst viele) Unter «Der Markt mit technischen Hilfsmitteln ist stark überlaufen. nehmen wichtig sind. Die Herausforderung liegt darin zu entscheiden, welche Lösungen die richtigen für ein Unternehmen sind.» Es lohnt sich, sich von verschiedenen (befreunde- Andreas Baumann, Reif GmbH ten) Unternehmerinnen bzw. Unternehmern der- selben oder einer ähnlichen Branche das ERP- Die Einbindung und Integration der restlichen Tools System im Einsatz zeigen zu lassen und Fragen in das ERP sollte gewährleistet sein.7 Bei einem Up zu stellen. Der ERP-Anbieter hat oft eine Liste mit date beim ERP sind die Schnittstellen zu den anderen Referenzfirmen. Für eine Vertiefung zur Einführung Systemen zu prüfen, da sie nicht zwingend zusam von ERP-Systemen soll auf unseren Leitfaden aus men mit dem Update funktionieren müssen. Die derselben Reihe verwiesen werden (KMU und die Thematik eines möglichen Updates und der Aktuali Einführung von ERP-Systemen: https://www.obt.ch/ sierung der Schnittstellen sollte bereits in der Evalua resources/folders/40/obt-erp-leitfaden.pdf tionsphase miteinbezogen werden. ERP-Systeme bieten z.B. die Möglichkeit, dass etwa Erfolgsfaktoren und Tipps: die Offerte im System erfasst, der Stand eines Auf 1. Zusatzmodule vs. eigenständige Lösungen: ERP- trages nachvollzogen und eine Nachkalkulation des Systeme bieten meist eine Vielzahl an Zusatz Auftrags vorgenommen werden kann. Die Funktiona modulen, welche sich jedoch gegenüber einer lität hängt stark davon ab, ob es ein zentrales ERP- eigenständigen Lösung aus der Kostenperspek System gibt oder ob verschiedene spezialisierte An tive nicht immer lohnen. Nehmen Sie stets einen wendungen (sogenannter «Best of Breed»-Ansatz) Vergleich zu dedizierten Lösungen vor. gewählt werden. Die zentralisierte Anwendung bietet 2. Schnittstellen absichern: Die IT-Sicherheit ist höchstwahrscheinlich einen geringeren Funktions zentral. Schnittstellen mit anderen Programmen umfang als spezialisierte Anwendungen, jedoch sind bieten nicht nur bei Updates möglicherweise die Funktionen stärker miteinander verknüpft. Gleich Nachteile (Gewährleistung der Funktionsweise), zeitig stellt sich die Frage, ob es nicht besser ist, die sondern bieten auch potenziell Einfallstore. volle Funktionalität einer zentralisierten Lösung aus 3. Entwicklungspfad berücksichtigen: Der Wechsel zunutzen, als sich in den vielen Möglichkeiten einer bei Kernsystemen stellt einen besonders grossen spezialisierten Software zu verlaufen. Es kann sein, Aufwand dar. Überlegen Sie sich, ab welchem dass spezialisierte Lösungen nicht miteinander kom Zeitpunkt ein Umstieg auf eine anspruchsvollere patibel sind. Es lohnt sich, die Schnittstellen zu prüfen ERP-Lösung durch Veränderungen Ihrer Anforde und vor allem auch, wie die Schnittstellen miteinan rungen (z.B. die Anforderung an eine intensivere der verknüpft werden können. Zudem soll auch ge Nutzung aufgrund des Unternehmenswachs klärt werden, ob die Stammdaten doppelt geführt tums) in Zukunft nötig werden könnte. Planen Sie werden müssen. Der Vorteil dieser Lösungen liegt diese zukünftigen Veränderungen ggf. frühzeitig hingegen in der starken Spezialisierung. ein. Wenn Sie nicht mit relevanten Veränderun gen rechnen oder diese nicht verfolgen, ist dies Der Einsatz oder der Umgang mit spezialisierter selbstverständlich ebenfalls relevant für Ihre Pla Software kann aufgrund der Komplexität öfters die nung. eigene Kompetenz übersteigen und somit die Ab hängigkeit von externen Beratungsdienstleistungen 6 Siehe Tabelle 3 in Kapitel 6.2 für eine Übersicht weiterer 7 Ein ERP-System kann ein DMS, eine Buchhaltung, Anwendun gängiger Funktionen bzw. Anwendungsbereiche von gen des Personalwesens, ein CRM oder weitere Anwendungen ERP-Lösungen. wie Business Intelligence oder andere enthalten. Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen | 15
4. Branchenspezifische Anforderungen berücksich- tigen: Gängige ERP-Anbieter bieten teilweise Reflexionsfragen zu ERP-Systemen Spezialmodule für bestimmte Branchen an. Zu Soll auf ein zentrales ERP-System oder auf dem gibt es Nischenanbieter mit branchenspezi verschiedene spezialisierte Anwendungen fischen Lösungen, die mit dem herkömmlichen gesetzt werden? ERP-System verbunden werden können. Was für Schnittstellen zu anderen Programmen sind vorhanden, wenn auf spezialisierte Anwen «Unter anderem das Auftragsmanagement oder das Leis dungen zurückgegriffen wird? tungsverzeichnis können sich je nach Branche stark unter Welche Funktionen sind zentral für das ERP- scheiden. Es gilt daher stets zu überlegen, ob es branchen System und welche «nice to have»? spezifische Anforderungen an das ERP gibt.» Was für Branchen-ERP-Lösungen gibt es auf Claudio Hintermann, Abacus Research AG dem Markt? Was für Branchen-ERP-Lösungen werden von Folglich gibt es immer wieder Anbieter von Nischen befreundeten Unternehmerinnen und Unterneh software, die sich erfolgreich an gängige ERP-Lösun mer genutzt, und was für Erfahrungen haben gen anhängen können. sie damit gemacht? Wie sehen die jetzigen Prozesse aus in Bezug auf «Die Frage, ob umfangreichere oder individuelle Software- die Rechnungs- und Offertstellung? Lösungen in Zukunft notwendig werden könnten, ist nicht Könnte ein Upgrade oder Redesign für das unbedingt von der Anzahl der Mitarbeitenden bzw. von der eigene ERP-System sinnvoll sein? Unternehmensgrösse abhängig, sondern eher davon, ob Besteht die Möglichkeit, aus dem gewählten ERP diese Lösungen zukünftig intensiver genutzt werden müs rauszuwachsen? Ab wann könnte dies der Fall sein? sen, als dies aktuell der Fall ist.» Walter Regli, Swiss 21 4.3.2 Dokumentenmanagementsystem Folgende Auswahl an Stolpersteinen lässt Ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) wird sich bei der Einführung eines ERP identifizie- oft eingeführt, wenn der Wunsch ein papierloses ren (siehe auch Siegenthaler, 2012): Büro zu haben, vorhanden ist. Es handelt sich um ungenügende Unterstützung der Geschäfts ein Ablagesystem für verschiedene Dateien, welche leitung manuell oder automatisch gespeichert werden. Ein Projekt hat zu wenig Priorität gegenüber dem gutes DMS hilft, alle relevanten Dokumente heute Tagesgeschäft und in Zukunft einfach wiederzufinden. unklar formulierte oder vergessene Anforderungen Folgende Dateien / Dokumente können z.B. in einem Verantwortlichkeiten wurden nicht geregelt DMS verwaltet werden (nicht abschliessende Liste): unrealistische zeitliche Vorgaben für das Projekt Verträge mit Kunden, Lieferanten und Partnern Mitarbeitende sind nicht informiert oder Maschinenparkmappen involviert. Lieferantenvereinbarungen / Supplier Relationship Management (SRM) «Aus der Sicht der IT-Sicherheit müssen Unternehmen da Stammkarten (Fertigungsartikel) für sorgen, dass so wenige Schnittstellen wie möglich exis Prozessdokumentationen tieren und dass diese so gut abgesichert sind wie möglich.» - Arbeitsanweisungen Marek Dutkiewicz, HR Campus AG - Verpackungsanweisungen - nach Bereichen (bspw. Finanzen, Controlling, Nach ein paar Jahren oder Jahrzehnten kann ein Re HR oder Fertigung) design des ERP notwendig werden, wenn die Pro Produktionsaufträge zesse des ERP nicht mehr der Arbeitsweise der Personalakten Mitarbeitenden und den Anforderungen eines Un weitere Dokumentationen ternehmens entsprechen. Eine Gefahr besteht dar - Administratorendokumentation in, dass die Mitarbeitenden in solchen Fällen mit an - Benutzerdokumentation deren Lösungen arbeiten (v.a. mit Word und Excel). - Maschinenparkdokumentation 16 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
Abseits der Dokumentenablage kann ein DMS weite 5. Richtige Mehrfachattribute frühzeitig festlegen: re nützliche Aufgaben erfüllen. Bei der Hans Eberle Ein guter DMS-Anbieter weist in der Projekt AG wird der elektronische Rechnungsversand über phase darauf hin, was Mehrfachattribute brin das DMS abgewickelt. Je nach ERP-System kann die gen. Es soll zudem bei jedem Attribut genau ser Prozess auch über das ERP oder über die Finanz überlegt werden, wo das entsprechende Attri lösung umgesetzt werden. Der Prozess bei der but überall gebraucht wird. Die Attribute sollen Hans Eberle AG dauerte früher mehr als 30 Minuten von Anfang an erfasst werden, ansonsten ent pro Tag und läuft nun automatisch über das DMS. steht ein Mehraufwand, wenn dies erst im Nach Einmal pro Tag löst das DMS eine Abfrage zu den hinein gemacht wird. Der DMS-Anbieter sollte neu eingegangenen Rechnungen aus, welche auto aufzeigen, was für Lösungen andere Kunden matisch an die im ERP hinterlegten Kundenadres haben: Wo brauchen sie Mehrfachattribute? Auf sen versandt werden. Der ganze Rechnungserstel der Basis solcher Beispiele kann mit Prozesslei lungsprozess dauert weniger als eine Minute. tern in der Firma darüber gesprochen werden, welche Dokumente in der Firma für mehrere Die Hans Eberle AG sieht die Einführung des DMS Attribute gelten könnten. als eine der massgeblichsten Prozessverbesserung. 6. Auswahl der Anbieter: Folgende Fragen sind Neben dem geringeren physischen Platzbedarf auf wichtig: Ist eine Schnittstelle zum bestehenden grund der entfallenen physischen Archivierung konnte ERP oder zur Datenbank vorhanden? Sind die die Effizienz in verschiedenen Prozessen um mehr bestehenden Datenstrukturen bekannt? Es soll als einen Drittel gesteigert werden. Auch kann die auch nach der Möglichkeit der Modularität ge Veränderung von Dokumenten nun transparent nach fragt werden. Als Kosten fallen einmalige Initial vollzogen werden. kosten und Wartungskosten während des Be triebs an. Idealerweise wird ein Anbieter mit «Durch den verringerten Platzbedarf konnten wir zwei Büros einem Dienstleistungsgedanken gefunden. Er mit jeweils sechs Personen auf je acht Personen erweitern.» soll mitdenken, damit die bestmögliche Lösung Marc Dönni, Hans Eberle AG gefunden werden kann. Als Erfolgsfaktoren für die Umsetzung werden die folgenden Aspekte erkannt: Reflexionsfragen (siehe auch Kurz, 2014) 1. Anbindung an das ERP: Falls keine Schnittstelle Was für Ablagen sind heute physisch vorhanden? mit dem ERP aufgebaut werden kann, könnte Wie können diese Ablagen und Dokumente bspw. direkt eine Anbindung an die ERP-Daten digitalisiert werden? bank z.B. über eine SQL-Abfrage vorgenommen Wie können diese Dokumente automatisch werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass man zugeordnet werden? die Strukturen kennt. Es braucht Mitarbeitende, Was für Mehrfachattribute sind vorhanden? die die Tabellen und Felder kennen und vorgeben Wie kann die Integrität auf lange Sicht erreicht können, welche Bedingungen erfüllt sein müs werden? sen, damit der Workflow (Arbeitsablauf) funktio Wie sollen die Daten gesichert werden? nieren kann. Bis wann dürfen die Dokumente verändert 2. Start mit einem Pilotprojekt: Zuerst sollte ein Pilot werden, und wie werden diese Veränderungen projekt gestartet werden mit wenigen verknüpf gekennzeichnet? ten Prozessen und gegebenenfalls mit einer Aus Wie sieht das Vertragsmanagement aus? wahl an Testkunden. Danach sollten die Prozesse D.h. wie können die wichtigsten Dokumente sukzessive weiter ausgerollt werden. wieder gefunden werden? 3. Beginn mit einfachen Prozessen: Es sollte mit Wie soll mit Scans umgegangen werden? den Prozessen begonnen werden, die nicht Nach welchen Suchbegriffen wird in Zukunft schwierig sind und die funktionieren. So bauen gesucht? die Mitarbeitenden Vertrauen auf (siehe auch das Kapitel 4.3.7). 4. Modularer Ankauf des DMS: Es sollen zuerst kos tengünstig einige wenige Module gekauft werden können. Dies erleichtert die Anpassung an die individuellen Gegebenheiten und Bedürfnisse eines Unternehmens. So werden die finanziellen Einstiegshürden verringert. Dies unterstützt so mit auch die schrittweise Einführung. Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen | 17
4.3.3 Finanzen / Buchhaltung Rechnungen ab welcher Höhe geben? Dies kann Der Bereich der Finanzen und der Buchhaltung bietet auch automatisch eingestellt werden. D.h. die viele Möglichkeiten der Automatisierung mit Hilfe Rechnung vom Telekomanbieter kann durch Text der Digitalisierung. Da es Stand heute (Juli 2020) erkennung automatisch an die zuständige Person noch keinen einheitlichen Standard gibt in Bezug auf zum Visieren geschickt werden. Diese elektroni die elektronische Rechnung, kann die Digitalisierung sche Verarbeitung verändert verschiedene Pro jedoch noch nicht ihr volles Potenzial für die Auto zesse. Ein Eingangsstempel oder eine Rechnungs matisierung der Buchhaltungsprozesse entfalten. nummer braucht es nicht mehr, da das System Nichtsdestotrotz gibt es einige Automatisierungs die Rechnungen automatisch erkennt. Das Pro möglichkeiten, die es einzubeziehen gilt. gramm kann auch eine Plausibilitätsüberprüfung der Rechnung übernehmen (z.B. Additionsfeh Nachfolgend werden die ersten Schritte vorgestellt, ler, digitale Vorprüfung der Rechnung). Auch wenn es um die Automatisierung verschiedener Pro das Mahnwesen sollte damit automatisiert sein, zesse geht. wobei verschiedene Aspekte eingestellt werden 1. Eigene Bedürfnisse: Der erste Schritt liegt im können (z.B. Mahnrhythmus). Bewusstsein, was für eigene Bedürfnisse vorhan 4. Standardrechnungen: Rechnungen werden als den sind und wie sich die Bedürfnisse in Zukunft PDF oder als Ausdruck erhalten. Diese können verändern könnten. Daraus ergibt sich ein Anfor automatisiert ausgelesen und verbucht werden. derungsprofil für die digitale Anwendung. Bei PDF-Dokumenten gilt es, der IT-Sicherheit 2. Programm auswählen, das auch die Offerten, Beachtung zu schenken und die Mitarbeitenden Rechnungen und die Buchhaltung integriert: Um diesbezüglich zu sensibilisieren. Verschiedene den Vorteil der Integration zu erhalten, soll ein Programme bieten Prüfmechanismen an. Im Fall gutes ERP, resp. Buchhaltungsprogramm mit von Rechnungen per Brief müssen diese zuerst dem gewünschten Funktionsumfang ausgewählt eingescannt werden. Die automatische Verbu und genutzt werden. Die Offerten, Auftrags- chung ist insbesondere für Standardrechnungen bestätigungen und Rechnungen sollen mittels relevant. Die Buchhaltungsprogramme ermögli dem ERP-System erstellt werden können, um bei chen eine automatische Prüfung dieser Rechnun Bezahlung der Rechnungen eine gute Zuordnung gen. Die automatisierte Erfassung von Rechnun in der Buchhaltung zu gewährleisten (z.B. über gen lohnt sich vor allem für die Gemeinkosten eine Schnittstelle zum E-Banking). Die Auftrags bzw. Standardrechnungen (wie z.B. Miete, Tele bestätigungen bieten dabei die Grundlage für die fonrechnungen, Benzinrechnungen, Unfallversi Erstellung der Rechnungen. Um Rechnungen ge cherung, Betriebshaftpflichtversicherung etc.), nerieren zu können, braucht es zudem auch den jedoch nicht für die Spezialfälle. Regelungen für Kundenstamm in diesem Programm (oder eine Spezialfälle sind oft sehr teuer und lassen sich Schnittstelle dazu). Streng genommen sind die gemäss unserem Wissensstand noch nicht zu auf den ersten Blick als erweiterte Buchhaltungs 100% zu angemessenen Kosten automatisieren. programme erscheinenden Anwendungen ERP- 5. Einlesen der Bankbewegungen: Die Bank Systeme, da sie etwa die Prozesse der Offertstel bewegungen können über eine Schnittstelle zum lung und der Auftragsbestätigung abdecken, mit E-Banking automatisch eingelesen und mit der einer Schnittstelle in die Debitorenbuchhaltung. Buchhaltung abgeglichen werden. Damit dies funktioniert, bedarf es einer Einrichtung, welche «Oft werden in kleineren Firmen die Rechnungen am Sams mit einer Bank verknüpft ist (Bereitstellung der tag geschrieben oder die Rechnungsstellung wird teilweise Dateien übers E-Banking). Diese Daten werden sogar vergessen. Der Aufwand für Rechnungen wird durch dann von der Software eingelesen. Dazu soll auch stark automatisierte Buchhaltungsanwendungen verringert. die Buchhaltungssoftware so eingerichtet wer Rechnungsstellung kann auf Knopfdruck ausgelöst werden.» den, dass die Bankbewegungen den Buchhal Joël Ben Hamida, Bexio tungskonten zugeordnet werden. 6. Auswertungen für die Führung: Die Buchhaltung 3. Ein Projekt wählen, um die Abläufe zu definieren: ist auf dieser Grundlage à jour, und die Zahlen In diesem Projekt geht es darum, dass überlegt können so besser für Entscheidungen und als wird, wie die elektronischen Belege bearbeitet Führungsinstrument genutzt werden. Auch kann werden können, die vorher auf Papier kamen. in den Kontenblättern durch das Anklicken der Die Lohnarten müssen klar sein, die Buchhal einzelnen Buchungen nachvollzogen werden, um tung sollte gut eingerichtet werden, die internen was für Zahlungen es sich handelt. Es können z.B. Abläufe klar sein und die Anforderungen mit der quartalsmässige Auswertungen vorgenommen Bank besprochen werden. Zudem sollte auch der werden, und die Erfolgsrechnung kann generiert elektronische Visierprozess geklärt werden. werden. Die Erstellung eines Cockpits mit den Welche Person muss die Freigabe für welche fünf wichtigsten Zahlen kann der Führung stark 18 | Digitale Anwendungen für KMU: zentrale Fragen
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