6|2019 - IHK Nord Westfalen
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6|2019
K 5060
1. Juni 2019
Informationen der
IHK Nord Westfalen Nord Westfalen
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IT-STRATEGIE-KONGRESS EMSCHER-LIPPE
Allianzen schmieden 60 Wandel braucht Flächen 56+PEWXVIRR[ÇRHI
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Mutig unterwegs
Nord-Westfalen ist keine Insel: Die Entwicklungen auf dem Weltmarkt
haben daher auch Auswirkungen auf die Wirtschaft im Münsterland
und in der Emscher-Lippe-Region. Besonders betroffen sind Industrie-
unternehmen, die auf ausländischen Märkten aktiv sind. Die zuneh-
mende Verunsicherung in der Weltwirtschaft geht nicht spurlos an ih-
nen vorbei. Entsprechend ist laut einer aktuellen IHK-Umfrage ihre
Bereitschaft, im Ausland zu investieren, gesunken.
Die Betriebe aus Nord-Westfalen sind jedoch weiter-
hin mutiger in der Welt unterwegs als der Bundes-
durchschnitt: Während deutschlandweit der Anteil
der Unternehmen, die im Ausland investieren wol-
len, auf 46 Prozent zurückgegangen ist, liegt dieser
in der Region bei 52 Prozent. Die überdurchschnitt-
liche Risikobereitschaft der regionalen Wirtschaft
resultiert nicht zuletzt wohl aus der Summe der vie-
len „Hidden Champions“, die in ihren speziellen
Marktnischen weltweit eine führende Stellung ein-
nehmen. Ihre langfristig orientierte Sichtweise, die
auch in schwierigen Zeiten ein Durchhalten in den
für sie strategisch wichtigen Märkten erlaubt, ja for-
dert, hat Bestand.
Dr. F.-Hans Grandin
In dieses Bild passen zwei weitere Umfrageergebnis- Foto: HUESKER
se, mit denen die nord-westfälische Industrie von
allgemeinen Trends abweicht und sich gleichzeitig selbst charakteri-
siert: Entgegen der bundesweiten Entwicklung ist unter den hiesigen
mittelständischen Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten der An-
teil derjenigen, die Auslandsaktivitäten planen, von 35 auf 44 Prozent
gestiegen. Zudem hat – anders als im Bundestrend – die Kostenerspar-
nis als Investitionsmotiv bei den nord-westfälischen Industrieunter-
nehmen kräftig an Bedeutung verloren: Von knapp 30 auf 12 Prozent.
Stattdessen stehen Markterschließung und Vertrieb als Motive deutlich
im Fokus.
Dies ist ganz nebenbei ein starkes Signal der Treue an den Standort
Nord-Westfalen. Es unterstreicht aber auch, dass die guten Standort-
bedingungen vor Ort umso wichtiger sind für den Erfolg der Unter-
nehmen, die mit ihren Aktivitäten über Grenzen gehen und so Wachs-
tumsimpulse aus aller Welt nach Nord-Westfalen holen. Das sollte
belohnt werden.
Dr. F.-Hans Grandin
Vorsitzender im IHK-Außenwirtschaftsausschuss
(Geschäftsführer der HUESKER Synthetic GmbH)
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 3Inhalt
20 ¯-°
7 -5! Notfalls
nach Berlin
Die IHK zu Dortmund und die IHK
Nord Westfalen unterstützen die
Städte und Gemeinden, die auf
verlässliche Zusagen für den Aus-
bau der Bahnstrecke Münster-
Lünen-Dortmund dringen.
.................................................Seite 34
Intelligent
produzieren
!Âa8jÅÎw?j MÂ?×WÎ j 2ÎjÂjjÂj ×a 2ÎjÂjj²
Robotik und künstliche Intelligenz
verändern die Produktionsbedin-
j !Âa 8jÅÎw?j Mj~jÎjÎ ×a ×ÎjÂÅÎÚÎäÎ aj .WÂÎÎ aj
gungen in Unternehmen. Eine IHK-
.jMÅÎÅÎCa~jβ . 0 ¥| Veranstaltung zeigt die Chancen
für den Mittelstand.
.................................................Seite 52
Titelthema Themen
14____Viele gute Gründe(r) 34____Notfalls nach Berlin 56____Kein Platz, und nun?
Warum Nord-Westfalen mehr Neue Allianz für den Ausbau der Der Strukturwandel in der Em-
Unternehmer braucht und was Bahnstrecke Münster-Lünen- scher-Lippe-Region braucht
die IHK dafür unternimmt Dortmund neue Flächen
16____Reif für ein Unternehmen 36____Mit dem Mut der Kaufleute 60____Neue Allianzen schmieden
Verena Porzelt startet mit Viele Experteninfos zum Einzel- Beim IT-Strategie-Kongress war-
Anfang 40 durch – mit Catering, handel online gab es beim fen Top-Manager einen Blick in
einer Kochschule und ganz viel „Smart Store Hub Bocholt“ die Zukunft der Digitalisierung
Leidenschaft 38____„Die richtige Entscheidung“
18____„Gründern eine Bühne geben“ Studium und Beruf meisterten
Interview mit NRW-Wirtschafts- 105 IHK-Absolventen
WIRTSCHAFTSSPIEGEL ALS APP
minister Andreas Pinkwart 41____Deutschlands beste Tüftler
19____Gespür für den Markt Jugend-forscht-Gewinner aus der
„Gründer haben ein Strahlen in Region beim Bundeswettbewerb
den Augen“, sagt Mehrfach- 52____Intelligent produzieren
Unternehmer Sebastian Janus Wie künstliche Intelligenz den
22____Start-ups als Chance für alle Arbeitsalltag verändert
Zusammenarbeit von Start-ups 54____Nicht nur Noten
und Mittelständlern nutzt Junge Talente über Berufsfeld-
beiden erkundung im Betrieb gewinnen Mehr: www.ihk-nw.de/app
4 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deInhalt
„Die richtige
Entscheidung“
105 Absolventen der
IHK-Studiengänge
erhielten im Mai ihre
Bachelorurkunden.
Sie sind studierte
Praktiker mit glän-
zenden Berufsaus-
Kein Platz, und nun? sichten.
.................................................Seite 38
Neue Flächen für Unternehmen und Arbeitsplätze werden für den
Strukturwandel in der Emscher-Lippe-Region dringend gebraucht.
Einige Kommunen wollen die Herausforderung durch aktuelle Projek- Spezialisten
te meistern. Bei „gate.ruhr“ in Marl zum Beispiel sollen zahlreiche
Grundstücke auch als Industriegelände ausgewiesen werden. Norbert Jorek ist
......................................................................................Seite 56 Biologe, Teich- und
Gartenbauspezialist
und Taucher. Auf sei-
Blick in die Zukunft nem NaturaGart-Ge-
lände in Dörenthe
350 Geschäftsführer und IT-Experten warfen beim hat er ein riesiges
IT-Strategie-Kongress in Münster einen Blick in die „Freilandlabor“ mit
Zukunft der Digitalisierung. Mit dabei waren unter großen Teichen und
anderem Microsoft-Manager Thorsten Herrmann Gärten für viele Be-
(Foto) und Klaus Bürg von Amazon Web Services. sucher angelegt.
............................................................................. Seite 60 ............................................................ Seite 81
Rubriken VerlagsSpezial
3____Ausrufezeichen 80____LebensWert 64____Bildung und Personal
• Kollegen sorgen für
6____TerminBörse 81____Spezialisten Unterschied
8____BlickFang 82____SchlussPunkt • Kluge Köpfe als wichtiges
Kapital
10____Nord-Westfalen
• Ungenutztes Potenzial heben
23____KonsumGut • Fachkräfte früh begeistern
• Studium mit Ausbildung
24____IHK-Service
72____Bauen und Erhalten
28____Aus- und Weiterbildung • Umnutzung statt Neubau
30____Recht • Moderner Hallenbau
mit System
32____Außenwirtschaft
• Attraktive Lichtspiele
42____BetriebsWirtschaft
62____Neues aus Berlin und Brüssel
E-PAPER TELEFONNUMMERN
63____Steuern
Der Wirtschaftsspiegel als E-Paper IHK Nord Westfalen
unter: 0251 7070 (Münster)
www.ihk-nw.de/wirtschaftsspiegel 0209 3880 (Gelsenkirchen)
02871 99030 (Bocholt)
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 5TerminBörse
SPRECHTAGE
Finanzierung
Experten von IHK 왘 18. Juni, 18 Uhr:
Nord Westfalen, Rund um das Ehrenamt –
NRW.BANK und Bürg- engagiert in der Stadt
schaftsbank beraten in ver- Münster, IHK-Bildungs-
traulichen Einzelgesprä- zentrum, Münster
chen zu Finanzierung und Vera Kalkhoff von der Frei-
Fördermöglichkeiten bei In- willigenAgentur Münster
vestitionen, Betriebsüber- und Martina Kreimann von
nahme oder Sanierungsvor- Kommunale Stiftungen
haben. Münster stellen die Arbeit
19. Juni Emscher-Lippe braucht Talente: Davon hängt die Zukunftsfähigkeit ihrer Organisationen vor.
IHK in Gelsenkirchen der Region ab. Foto: Daisy Daisy/Fotolia Sie diskutieren mit den
www.ihk-nw.de, Teilnehmern über Möglich-
Nr. 156120013
keiten, wie Unternehmen
Mentoren
Im MentorenNetz
Zukunftsdialog Mitarbeiter bei ihrer frei-
willigen Ehrenamtsarbeit
unterstützen und sich da-
der IHK Nord
Westfalen beraten erfahre-
ne Führungskräfte Exis-
auf Schalke mit gleichzeitig als attrak-
tive Arbeitgeber präsentie-
ren können.
tenzgründer, Jungunterneh-
Junge Talente finden und fördern. Wie 왘 26. Juni, 18 Uhr:
mer und Nachfolger.
19. Juni das geht, wird auf der Veranstaltung Kanupolo, Hafenbecken 2,
NRW-Bank in Münster Münster
www.ihk-nw.de,
„Emscher-Lippe – eine Region mit viel Kennenlernen der Vereins-
Nr. 15694985 Potenzial“ auf Schalke diskutiert. arbeit von Kanupolo Müns-
ter e.V, anschließend
Steuern Der FC Schalke 04, die Stif- der Jahrgänge 8 und 9. Schnuppertraining.
Ein Steuerberater tungen Schalke hilft und „Wie finden und fördern
beantwortet in Schalker Markt, die RAG- Unternehmen zukünftig das 왘 4. Juli, 18 Uhr:
Einzelgesprächen steuerli- Stiftung sowie die Bezirks- schlummernde Potenzial der Betriebsbesichtigung
che Fragen zur Existenz- regierung Münster laden jungen Menschen aus der Pott’s Brauerei, In der
gründung. Vertreter von Unternehmen, Region?“ und „Wie machen Geist 120, Oelde
18. Juni, IHK in Bocholt Verwaltungen und anderen Schulen junge Talente fit Begrüßung durch Jörg Pott,
www.ihk-nw.de, Institutionen zu einem Dia- für die Unternehmen?“ lau- anschließend Rundgang
Nr. 156106010 log ein, an dem auch NRW- ten die Leitfragen von zwei durch die Brauerei mit Net-
Wirtschaftsminister Prof. Dr. Talkrunden. working und Verkostung.
WEITERE TERMINE
Andreas Pinkwart teilnimmt.
Alle Veranstaltungen der Eingeladen sind zudem 900 9. Juli, 18 Uhr, www.wjnw.de
IHK Nord Westfalen: Schülerinnen und Schüler VELTINS-Arena, Gelsenkirchen
www.ihk-nw.de/termine
Veranstaltungen der IHKs
im Ruhrgebiet:
www.ruhr-ihks.de „Münsterland macht Innovationen“
IHK-ADRESSEN: Regionalwettbewerb | Jahr: „Höher. Weiter. Den- ben. Die Preisverleihung
48151 Münster, Der Münsterland e.V. prä- ken. Münsterland macht In- findet Anfang Dezember bei
Sentmaringer Weg 61 miert regionale Unterneh- novation“. Preise werden in der POOLgroup GmbH in
45894 Gelsenkirchen-Buer, men und Hochschulen mit den Kategorien „Wirtschaft“, Emsdetten statt.
Rathausplatz 7 zukunftsweisenden Ideen „Wissenschaft trifft Wirt- www.innovationspreis-
46395 Bocholt,
mit dem Innovationspreis schaft“, „Start-up“, „Digitale muensterland.de
Willy-Brandt-Straße 3
Münsterland. Das Wettbe- Geschäftsmodelle“ sowie
werbsmotto lautet in diesem „Klein und pfiffig“ verge- Bewerbungsschluss: 30. Juni
6 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deTerminBörse
Konflikte Bühne für Start-ups
lösen Demotag | Das Digital Hub Münsterland und
die IHK Nord Westfalen stellen die Start-ups der
Nachfolgesprechtag | letzten Runde des Digital Hub Accelerator vor,
In Familienunternehmen des Förderprogramms für Start-ups und Gründer-
kommt es immer wieder zu teams. Zudem steht ein Austausch über Digitali-
Konflikten während des Ge- sierungstrends auf dem Programm.
nerationenwechsels. Gründe www.ihk-nw.de, Nr. 156125463
dafür gibt es viele. In Ein-
zelgesprächen können 4. Juli, IHK in Münster
Unternehmer als auch
potenzielle Nachfolger die
Probleme bei der Einleitung IHK-Erfinderberatung
und Umsetzung von Nach-
folgeregelungen mit Unter- Import für Einsteiger | In Patentsprechtag | Wie schützt man technische
nehmensberater und Wirt- einem kostenlosen Onlineseminar der IHK Erfindungen, das Design des Produktes oder ein
schaftsmediator Frank Kus- Aachen lernen Einsteiger, welche Waren Logo? Antworten auf Fragen rund um gewerbli-
mierz sowie IHK-Experte eingeführt werden dürfen, wie sie ange- che Schutzrechte geben Patentanwälte in der
Michael Meese diskutieren. meldet werden und welche Importdoku- IHK-Erfinderberatung.
www.ihk-nw.de, mente notwendig sind. www.ihk-nw.de, Nr. 156120093
Nr. 156120518 www.aachen.ihk.de, Nr. 101123533
13. Juni, 11 bis 11.30 Uhr Foto: Danti/Fotolia 13. Juni in Dülmen (wfc Wirtschaftsförderung Kreis
25. Juni, IHK in Gelsenkirchen Coesfeld) und in Rheine (EWG Rheine mbH)
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www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 7BlickFang
Gelber Koloss
Beim Ausbau einer Autobahnbrücke ist schweres
Geschütz gefragt – so auch auf der Autobahn 43
am Kreuz Recklinghausen: Ein 400 Tonnen schwerer
Spezialkran musste anrollen, um 51 Tonnen schwere
Stahlteile in die Luft zu stemmen. Der sechsstreifige
Ausbau der A 43 zwischen Marl und Witten wird
voraussichtlich in den 2030er-Jahren fertiggestellt
und kostet 800 Millionen Euro.
Foto: Straßen.NRW
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 9Nord-Westfalen
Rehau
forscht
Bremse für Minus 3,5 Prozent
Nach Berechnungen von IT
NRW sind 2018 im Vergleich
3D-Druck | Die Rehau AG
(Velen) arbeitet im Projekt
Boom-Region zum Jahr davor 3,5 Prozent
weniger Wohnungen von den
Bauämtern als fertiggestellt
MAT-LAAM Technologie mit gemeldet worden. Im Landes-
dem Institut für Kunststoff- Seit 2012 wurden im Münsterland durchschnitt kamen 24,5
verarbeitung in Industrie mehr als 13 000 Wohnungen zu wenig neue Wohnungen auf 10 000
und Handwerk an der RWTH Einwohner.
Aachen zusammen. Die gebaut.
Partner entwickeln Materia-
lien für die Produktion von Zu diesem Ergebnis kommt der WohnBau Unterneh- 2700, im Kreis Coesfeld
Kunststoffgroßformteile die Studie „Gut Wohnen im mensgruppe sowie der Spar- 1900, im Kreis Steinfurt
durch 3D-Druck. Mit 22 Münsterland“ des auf Woh- kassen der Region. 4000 und im Kreis Waren-
Millionen Euro fördern EU nungsmarktforschung spe- In Münster und allen dorf 2170.
und NRW das Projekt MAT- zialisierten Pestel-Instituts. Landkreisen stieg die An- Heinrich-Georg Krumme,
LAAM und 13 weitere Pro- In Auftrag gegeben hatten zahl der fehlenden Wohnun- Vorstandsvorsitzender der
jekte im Leitmarktwettbe- die Studie die „Wohnraum- gen zwischen 2011 und Sparkasse Westmünsterland
werb NeueWerkstoffe.NRW. _ offensive Münsterland“, eine 2017 an. 2017 fehlten in der und IHK-Vizepräsident, for-
Gemeinschaftsaktion der Stadt Münster 3000 Woh- dert deutlich mehr Einsatz
Stadt Münster, der Kreise, nungen, im Kreis Borken im Wohnungsbau: „In den
EU-Mittel nächsten Jahren muss mehr
gebaut werden – für die jet-
für PlanET zige Bevölkerung und für
Fachkräfte von außerhalb,
Wasserstoffgewinnung | die in den Unternehmen
Die PlanET Biogastechnik schon jetzt fehlen.“ Er be-
GmbH (Vreden) erhält Mittel fürchtet, dass die zu geringe
aus dem EU-INTERREG-Pro- Bautätigkeit den Erfolg der
gramm für das Projekt Bio- Boom-Region Münsterland
TecH2. Ziel ist die Optimie- gefährdet.
rung der Wasserstoffgewin- Jährlich müssten laut
nung aus Biomasse und Ab- Pestel-Studie rund 10 000
wässern. Eingebunden in Wohnungen in Münster und
das Projekt sind die FH in den vier Landkreisen ge-
Münster und zwei nieder- baut werden, um der Nach-
ländische Betriebe. PlanET frage nach Einfamilienhäu-
stellt seit 1998 Biogasanla- sern, Doppelhaushälften,
gen her und hat heute 160 Wohnungen oder barriere-
Mitarbeiter an mehreren 13 000 Wohnungen fehlen: Im Münsterland wird zu wenig Wohnraum freien Wohnungen nachzu-
Standorten weltweit. ________ geschaffen. Foto: Daniel Bujack kommen. _____________________
40 Millionen Euro mehr 21,4 Millionen Passagiere
Straßenbau | Das Land Nordrhein-Westfalen fördert in Flugverkehr | Von den sechs Verkehrsflughäfen in Nord-
diesem Jahr 144 kommunale Straßenbauvorhaben mit rund rhein-Westfalen flogen im Jahr 2018 rund 21,4 Millionen
154 Millionen Euro. Das sind rund 40 Millionen Euro mehr Passagiere ab. Dies waren 0,9 Prozent mehr Fluggäste als
als im Vorjahr. Dies beruht zum einen auf einer erhöhten im Jahr davor. 17,3 Millionen der von den NRW-Flughäfen
Nachfrage der Kommunen nach Fördermitteln, zum anderen gestarteten Passagiere flogen ins Ausland (+ 2,4 Prozent);
auf einer Erhöhung der Fördersätze durch das Verkehrsmi- das Passagieraufkommen bei Inlandsflügen lag bei über 4,1
nisterium. Das Land übernimmt nun mindestens 70 statt Millionen Passagieren (− 4,7 Prozent). Bei Flügen ins Aus-
bisher 60 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten von Maß- land stieg das Passagieraufkommen 2018 an den Flughäfen
nahmen. 21 Prozent des Gesamtbudgets (32,14 Millionen Dortmund (+ 14,5 Prozent), Münster/Osnabrück (+ 8,3 Pro-
Euro) gehen an Kommunen im IHK-Bezirk Nord Westfalen. _ zent) und Köln/Bonn (+ 8,0 Prozent). _________________________
10 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.de
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7Nord-Westfalen
PERSONALIEN
Ausgezeichnet | Mit dem
Im Dialog mit Forschungsförderung folgen.
„Der Know-How-Transfer
hat mir vor allem die Stär-
Bundesverdienstkreuz am
Bande ist der Hiltruper
Günter Zimmermann für
Berliner Politik ken unseres demokratischen
Systems verdeutlicht“, er-
klärt Wirtschaftsjunior Jo-
vielfältiges Engagement ge- hannes Mersmann.
ehrt worden. Der ehemalige Zum 25. Mal trat die junge Wirtschaft Auch Schnittmengen für
selbstständige Versiche- den beruflichen Alltag erge-
rungskaufmann war 25 Jah-
beim Know-how-Transfer in den Dialog ben sich im Gespräch mit
re Mitglied im IHK-Regional- mit der Bundespolitik. Mit dabei waren den Politikern. „Einer unse-
ausschuss für die Stadt
Münster, 23 Jahre Mitglied
auch Unternehmer aus Nord-Westfalen. rer Mitarbeiter ist schwerbe-
hindert. Mit dem teilhabe-
im Handelsausschuss und politischen Spre-
insgesamt sechs Jahre Mit- Wie sieht der Arbeitsalltag cher der FDP,
glied in der Vollversamm- von Politikern aus? Wie Jens Beeck, konn-
lung. Für sein Engagement aufgeschlossen sind sie für te ich Erfahrun-
im wirtschaftlichen Bereich die Interessen der jungen gen aus der Pra-
erhielt er die silberne IHK- Wirtschaft? Das durften 200 xis und Informa-
Ehrennadel. ________________________ Wirtschaftsjunioren (WJ) tionen zu Förder-
aus ganz Deutschland eine programmen aus-
Verabschiedet | Nach 15 Woche lang erfahren – beim tauschen“, erklärt
Jahren hat Michael Radau, Bundes-Know-how-Transfer WJ-Landesvorsit-
Vorstand der SuperBio- vom 13. bis 17. Mai im zende Jeannine
Markt AG (Münster), den Bundestag. Das Prinzip: Je- Budelmann aus
Vorsitz im Handelsverband der Teilnehmer begleitet Münster.
NRW Westfalen-Münster- einen Abgeordneten. Den Mehrwert
land abgegeben. Ihm folgt Auch aus Nord-Westfalen des Formats be-
der Dortmunder Rewe- sind junge Unternehmer und stätigen auch die
Händler Stefan Gruben- Führungskräfte nach Berlin Parlamentarier.
dorfer. Als Präsident des gereist, um den Austausch „Von diesem Aus-
Handelsverbandes NRW und mit Politikern zu suchen. tausch profitieren
Vizepräsident des Handels- „Es ist immer wieder span- beide Seiten.
verbandes Deutschland ver- nend, mit Vertretern unter- Während die jun-
tritt Radau, der Vizepräsi- schiedlicher Parteien ins Ge- gen Wirtschafts-
dent der IHK Nord Westfa- spräch zu kommen. Aber Profitieren vom Know-how-Transfer: Wirt- vertreter einen
len ist, weiterhin die Inte- auch die Vernetzung zwi- schaftsjunior Johannes Mersmann (l.) und Einblick in die
ressen des Einzelhandels. ___ schen den Wirtschaftsjunio- CDU-Politiker Johannes Röring. Foto: WJ NW Arbeitsweise von
ren kommt nicht zu kurz“, uns Parlamenta-
Bestätigt | Dr. Thomas berichtet Dr. Christoph Bu- riern bekommen,
Robbers, Geschäftsführer delmann, Vorsitzender der der Sitzung des Finanzaus- lernen wir ihre Ideen und
der Wirtschaftsförderung WJ Nord Westfalen. schusses konnten die Wirt- Visionen kennen“, betont
Münster GmbH, wurde als Der Know-how-Transfer schaftsjunioren beispielswei- der CDU-Bundestagsabge-
Vorstandsvorsitzender des bietet die Chance, an politi- se Diskussionen zur gesamt- ordnete Johannes Röring
Deutschen Verbands der schen Sitzungen und Dis- wirtschaftlichen Entwick- aus Vreden.
Wirtschaftsförderungs- und kussionen teilzunehmen. In lung oder zur steuerlichen TATJANA HETFELD
Entwicklungsgesellschaften
(DVWE) e.V. auf der Jahres-
tagung der deutschen Wirt- Mehr Ausbildungsstellen als Bewerber
schaftsförderer in Stralsund
einstimmig bestätigt. Seit Münsterland | Im Müns- Ausbildungsstellen kamen 0,78. Im Vergleich zum Vor-
2002 leitet er den Verband, terland hat es im April mehr auf einen Bewerber. Zum jahr nahm die Zahl der
der die Interessen von 135 Ausbildungsplätze als Be- Vergleich: In NRW fielen Lehrstellen in NRW um 3,3
angeschlossenen Gesell- werber gegeben, meldet die rechnerisch 0,93 freie Aus- Prozent zu, die Bewerber-
schaften vertritt. NRW-Regionaldirektion der bildungsplätze auf einen Be- zahlen in NRW verringerten
Agentur für Arbeit. 1,22 werber, im Ruhrgebiet nur sich um 1,7 Prozent. ________
12 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deNord-Westfalen
Gute Noten
für FH
Hochschulranking | Die
Fachhochschule (FH) Müns-
ter erhält vom Centrum für
Hochschulentwicklung (CHE)
Spitzenbewertungen für die
Fachbereiche Architektur
und Bauingenieurwesen.
Studiensituation, IT-Infra-
struktur, Praxislabore sowie
Exkursionen werden danach
als besonders gut beurteilt.
Das CHE befragte für die im
Dreijahresrhythmus stattfin-
Tauschten sich über „Formel 1 in der Schule“ aus: (v. l.) IHK-GeschäftsbereichsleiterJoachim Brendel, die dende Studie 150 000 Stu-
Schüler Jens Henrötte (Konstruktion), David Waltermann (Management), Dominik Tacke (Design), Timo denten und untersuchte
Schmidt (Konstruktion), Thomas Schwartze (Forschung) und Christian Kemmeyer (Fertigung), Kilian Leufker mehr als 300 Fachhochschu-
und Dr. Eckhard Göske von der IHK sowie Projektbetreuer Roland Keßelmann. Foto: Baggemann/IHK len und Universitäten im
deutschsprachigen Raum.
www.che.de ___________________________
Schüler für Technik begeistern
Wettbewerb | Wie der trieb entworfen, konstruiert nellen Präsentation der erst Fachkräfte
Nachwuchswettbewerb „For- und ins Rennen geschickt. 16- und 17-jährigen Schü-
mel 1 in der Schule“ prakti- Sie entwarfen auch einen ler. Jedes Teammitglied war sichern
sche Fähigkeiten und Be- Business Plan, legten Soci- für einen Aufgabenbereich
geisterung für technische al-Media-Accounts und eine verantwortlich und konnte Energie Jobs.NRW | Die
Berufe fördert, erklärte das Website an und kontaktier- sich so weiterentwickeln. EnergieAgentur.NRW unter-
Team „Prometheus“ vom ten Unternehmen, um sie als Jaeckel sagte dem Team stützt mit der neuen Online-
Kardinal-von-Galen-Gymna- Sponsoren zu gewinnen. Für eine nachträgliche Förde- Plattform Energie Jobs.NRW
sium (Münster-Hiltrup) bei die einzigartige Anwendung rung zu. Da die Technikbe- Betriebe im Bereich der Er-
einem Treffen mit Vertretern von Virtual Reality erhielten geisterung der Schüler die neuerbaren Energien bei der
der IHK Nord Westfalen. Die sie bei den Bundesmeister- IHK-Vertreter so beeindruck- Suche nach Fachkräften und
sechs Schüler hatten für schaften einen Sonderpreis. te, waren sie sich einig, Auszubildenden. Unterneh-
Landes- und Bundesmeister- IHK-Hauptgeschäftsführer auch weiterhin MINT-Wett- men können sich dort mit
schaften jeweils ein Minia- Dr. Fritz Jaeckel zeigte sich bewerbe in der Region zu einem Steckbrief vorstellen.
turauto mit Gaspatronenan- begeistert von der professio- unterstützen. _________________ www.energieagentur.nrw ______
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14 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deTitel | Viele gute Gründe(r)
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Foto: Morsey/IHK
nternehmerinnen und Unternehmer sind bereit, Club. Wer keine Unternehmer-Vorbilder im
Chancen zu ergreifen, Risiken einzugehen und persönlichen Umfeld hat, lässt sich viel-
Verantwortung für sich und ihre Beschäftigten zu leicht durch die Porträts der Gründerinnen
übernehmen. Nur mit ihnen funktioniert die Wirt- und Gründer im Wirtschaftsspiegel ermuti-
schaftsordnung „Soziale Marktwirtschaft“ seit gen, die in dieser und den kommenden Aus-
Jahrzehnten. gaben veröffentlicht werden. Sie zeigen,
Doch immer weniger Frauen und Männer sind dass auf unterschiedlichen Wegen, mit
bereit, ein Unternehmen zu gründen oder die Nach- unterschiedlichen beruflichen Vorerfah-
folge in einem Betrieb anzutreten. Die Gründerquo- rungen und unterschiedlichsten persönli-
te, sprich der Anteil der Gründer und Nachfolger an chen Voraussetzungen das Unternehmer-
der Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren, hat Dasein gelingen kann. Zur Eröffnung des
sich in den letzten 15 Jahren mehr als halbiert und STARTERCENTERS bei der IHK in Münster
liegt nur noch knapp über einem Prozent. am 17. Juni werden zudem Gründerinnen
Dabei sind Unternehmensgründungen der Motor und Gründer ihre Unternehmen vorstellen
einer dynamischen Wirtschaft. Ende 2018 hat daher – auch hierzu sind Gründungsinteressierte Sven Wolf ist Leiter des
das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie willkommen. Der dritte Stolperstein auf Bereichs Unternehmens-
den Startschuss zu einer neuen Gründungsoffensive dem Weg zum Unternehmer ist die Angst förderung bei der IHK
gegeben, mit der es die Unternehmenskultur – ob per vor dem finanziellen Risiko. Diese Angst Nord Westfalen.
Neugründung oder in Nachfolge – stärken möchte. kann eine professionelle Beratung zumin-
Unterstützt wird es dabei durch die vier großen dest etwas mildern. Die IHK bietet regelmä-
deutschen Unternehmensverbände BDA, BDI, DIHK ßig Sprechtage zur Finanzierung oder speziell für
und ZDH. Venture Capital an.
Zum Erfolg des Unternehmens können aber auch
gute Berater beitragen. Zum Beispiel erfahrene Ma-
Zwei von fünf denken ans Gründen
nager aus dem Mentoren-Netzwerk der IHK. Zusätz-
Das Potenzial ist zweifellos vorhanden. Laut der lich wird die IHK in diesem Jahr Start-ups zusam-
IHK-NRW-Studie „Projekt Unternehmertum“ haben menbringen mit etablierten Unternehmen – etwa
knapp 40 Prozent der Befragten schon einmal ernst- beim Demotag am 4. Juli in Münster oder während
haft daran gedacht, sich selbstständig zu machen. des Jahresempfangs am 5. September. Davon profi-
Aber die meisten wagen den Schritt dann doch tieren nicht nur die „neuen“, sondern auch die etab-
nicht. Gründe hierfür gibt es viele: Da ist erstens lierten Unternehmen, wie viele Beispiele zeigen.
fehlendes Wissen, zweitens der Mangel an Vorbil- Unser Ziel ist es, wieder mehr Menschen für das
dern im persönlichen Umfeld und drittens die Angst Unternehmertum zu begeistern, damit sich die nord-
vor dem finanziellen Risiko und dem Scheitern. westfälische Wirtschaft auch in Zukunft erfolgreich
Genau hier setzt die IHK Nord Westfalen an. Die entwickeln kann. Gleichzeitig wollen wir durch
Förderung des Unternehmertums ist einer der unsere Aktivitäten die Anzahl potenzieller Nachfol-
Schwerpunkte der IHK-Arbeit im Jahr 2019. Das ha- ger erhöhen, denn die Fortführung eines Unterneh-
ben die Unternehmerinnen und Unternehmer der mens darf nicht an fehlenden Nachfolgekandidaten
IHK-Vollversammlung auf ihrer Sitzung im Novem- scheitern. So gelingt es uns hoffentlich, auch in Zu-
ber 2018 beschlossen. Denn eines ist klar: Deutsch- kunft die für uns alle so wichtige Fachkraft „Unter-
land muss attraktiver werden für Unternehmer, nehmer/in“ zu sichern. SVEN WOLF
Gründer und Nachfolger. Es muss uns gelingen, wie-
der mehr Menschen davon zu überzeugen, dass die
Selbstständigkeit ein lohnenswertes Ziel ist. Dass es
Spaß macht, sein eigener Chef zu sein und die eige- Roadshow „Neue Gründerzeit NRW“
nen Ideen umzusetzen. Und wir müssen denen, die
sich auf den Weg machen, den Einstieg in die Selbst- Am 17. Juni 2019 stellen fünf Gründer aus dem
ständigkeit so einfach und unbürokratisch wie mög- Münsterland ihre Geschäftsidee einer Jury und
lich machen. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pink-
Die IHK berät umfassend alle, die gründen oder
ein bestehendes Unternehmen übernehmen wollen, wart vor. Das Sieger-Unternehmen fährt
und gibt Tipps für alle notwendigen Schritte. Dazu zum „Neue Gründerzeit“-Finale in Düssel-
wird im Juni 2019 bei der IHK Nord Westfalen in dorf. Wer dabei sein möchte, kann sich
Münster ein STARTERCENTER NRW eröffnet.
Potenzielle Nachfolger/-innen unterstützt die IHK anmelden unter www.ihk-nw.de/gruenderzeit.nrw.
bei der Vermittlung über ihren eigenen Nachfolger-
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 15Titel | Viele gute Gründe(r)
Reif für die
Selbstständigkeit
Mit Anfang 40 hängt Verena Porzelt den Beruf an den
Nagel, um ihrer Berufung zu folgen: Sie startet als
Unternehmerin mit Catering und Kochschule durch.
Leidenschaft, Beharrlichkeit und Authentizität stehen ganz
oben auf ihrem Erfolgsrezept für die gelungene Gründung.
„K ochen ist meine Leidenschaft, wenn ich am Herd
stehe, könnte neben mir ein Haus einstürzen, ich
würde einfach weitermachen“, sagt Verena Porzelt.
Von einem Referenten eines Gründungsseminars,
an dem sie teilgenommen hatte, erhält sie den Tipp:
Eine Kochschule steht zum Verkauf – die großzügig
Einfach weitermachen: Mit dieser Einstellung hat die bemessene und ausgestattete Küche natürlich inbe-
alleinerziehende Mutter ohnehin schon manche He- griffen. Der Standort ist im Wortsinn malerisch: Ne-
rausforderung gemeistert. Ihr Traum von der Unter- ben den Künstler-Ateliers, auf dem historischen
nehmensgründung beispielsweise schien bereits ge- Landgut Haus Coerde in Münsters Norden, in der
platzt. Porzelt wollte ein Bistro eröffnen und hatte Nähe der Rieselfelder, ist Platz für Porzelts Pläne.
fest mit einem bestimmten Standort in Münster ge- „Als ich auf den Hof fuhr und dann innen die Küche
plant. Doch hatte sich diese Option in letzter Minute sah, war mir sofort klar, das ist meins“, erinnert sich
zerschlagen. Eine Rückkehr in den alten Job – Mer- die Gründerin. Was ihr aber auch klar ist: Sie wird
chandising für den Textileinzelhandel – kam nicht zum zweiten Mal einen Business-Plan entwickeln
infrage. Jetzt oder nie Unternehmerin, das war die müssen, um die Hausbank von Projekt und Kredit-
Devise. „Ich habe viel Kraft und zugleich viel Lebens- vergabe zu überzeugen. Erneut steuert sie die An-
erfahrung, bin also genau im richtigen Alter“, be- sprechpartner ihres Vertrauens an, um Rat einzuho-
gründet Porzelt, warum sie schon wenige Stunden len: einen guten Freund, der Betriebswirt ist, dann
nach der Absage die Standortsuche wieder aufge- die Wirtschaftsförderung der Stadt Münster und die
nommen hat. Der vermeintliche Rückschritt entpuppt IHK. Der Geschäftsplan raubt ihr den Schlaf:
sich damals nach und nach als Vorteil. Denn der an- „Ich bin oft nachts wachgeworden
gehenden Gastronomin bleibt ein halbes Jahr mehr und habe mich an die Ta-
Zeit, ihrem künftigen Kundenkreis zu zeigen, was sie bellen gesetzt“, erzählt
auf der Pfanne hat. Sie modifiziert die Geschäftsidee Porzelt. Bevor sie das Do-
und steigt ins Catering ein. Erst kocht sie für Freunde. kument der Bank übergibt,
Das Echo ist so gut, dass sie ein Gewerbe anmeldet, legt sie es Christian Seega
um zahlende Gäste zu bewirten. Eine Küche mietet sie vor, der bei der IHK Nord
im Auftragsfall kurzfristig an. Westfalen Gründungsberater
ist. „Er hat sich sofort Zeit ge-
nommen und den Plan stu-
STARTERCENTER NRW diert“, erzählt sie. Seega zieht
ein kurzes Fazit: „Machen.“ Noch
Ab dem 17. Juni unterstützen aber ist die angehende Unterneh-
bei der IHK Nord Westfalen merin nicht am Ziel: Sie muss die
Jutta Plötz und Christian Seega Wohngenossenschaft, die das An-
wesen erworben und aus dem Dorn-
alle, die darüber nachdenken, röschenschlaf geweckt hat, von ihrem
sich selbstständig zu machen. Projekt und von ihrer Person überzeu-
Fotos: Morsey/IHK Telefonhotline: 0251 707-111
gen. „Da saßen neun Frauen, ich vor
Kopf, dann kamen die Fragen – mal von ,+.
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16 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deTitel | Viele gute Gründe(r)
links, mal von rechts“, schildert Porzelt das ergeb- Banker, der über die Finanzierung der Landgenuss-
nisoffene Vorstellungsgespräch. Zwar ist sie sicher, Werkstatt entscheidet – zumal die Gründerin auch
dass sie mit einem guten Konzept im Gepäck ange- mit ihrer Kalkulation punkten kann: „Die meisten
reist ist. Nach welchen Kriterien das Gremium aber sind bereit ein bisschen mehr zu bezahlen, wenn die
entscheiden würde, weiß sie nicht. Der Nervosität Qualität sehr gut und die Herkunft bekannt ist“, er-
will Porzelt in dieser Situation keine Chance geben. klärt Porzelt ihre Produkt-und Preisphilosophie. Der
Schließlich brennt sie für ihren Zukunftsplan und Banker gibt erst grünes Licht für die Finanzierung.
will, dass der Funke überspringt auf die Entscheider.
Das gelingt ihr mit einem einfachen Rezept: „Ich war
Scheitern keine Option
ich“, erklärt die Gründerin. Mit dieser Einstellung
will sie schließlich auch ins Bankgespräch gehen. Natürlich hat sie selbst viele Rezepte auf Lager. „Bei
Die Erfüllung ihres Traumes hängt nun an diesem uns in der Familie wurde gerne und viel gekocht, da
Termin. kommt meine Leidenschaft für das Thema her“, sagt
Porzelt. Keine Sekunde muss sie überlegen, um die
Frage nach ihrem unternehmerischen Vorbild zu be-
Stimmiges Konzept
antworten: „Das ist mein Vater, er war Unternehmer
Kochen oder kochen lassen? Die Gäste der Landge- im Lebensmittelsegment, ihm habe ich viel zu ver-
nussWerkstatt können nach Gusto entscheiden: „Ich danken.“ Von ihm übernommen hat sie beispiels-
biete offene Kochkurse, aber auch Cate- weise die Grundeinstellung, ans Schei-
ring an – als Firmen-Event oder tern gar nicht erst zu denken,
als private Veranstaltung“, sondern die ganze Kraft da-
erklärt Verena Porzelt ihr rauf zu verwenden, ein
Geschäftskonzept. Für Projekt weiter nach
ein Sommerfest bei- vorn zu treiben. Ein
spielsweise biete paar Mal, räumt
der Außenbe- sie ein, habe sie
reich des Guts- sich vor dem
hofes einen Start gefragt,
wunderschö- ob die Gäste
nen Rah- wirklich
men. Dort wiederkom-
werde dann men wer-
eine lange den. Längst
Tafel aufge- hat sie die
baut. Auf Antwort
den Tisch schwarz auf
kommt Le- weiß: Das
ckeres der Auftragsbuch
Saison und der ist so gut ge-
Region. Beim füllt, dass sie in
Wein setzt die weiteres stilvolles
Gastronomin vor Interieur investiert
allem auf Produkte hat: So erwärmt jetzt
aus der Pfalz: Ihr Cousin ein Kamin-Backofen,
Andreas Porzelt betreibt zugleich Produktionsmittel
dort ein Weingut: „Ich habe oft Gründerin Verena Porzelt in und Blickfang, das Gästeherz.
bei der Weinlese mitgemacht“, er- ihrer LandGenussWerkstatt „In der LandgenussWerkstatt laufen
zählt sie. Porzelt weiß, welche Foto: Grundmann/IHK die Fäden meines ganzen Lebens
Tropfen sie empfehlen kann – zum zusammen – meine Leidenschaft für
Barbecue-Abend, zum Fisch- und Krustentierkurs das Kochen, das Know-how in Sachen Einrichtung
oder zum Streifzug durch die französische Küche. und Dekoration aus meiner Tätigkeit im Merchandi-
Zudem holt sie für die Kurse, passend zum Thema sing sowie die Menschenkenntnis, die ich im Rah-
des Tages, spezialisierte Dozenten an Bord – da- men meiner Führungspositionen gesammelt habe“,
runter den Autor eines Grillkochbuches und einen sagt Verena Porzelt und ergänzt: „Ich habe einfach
Koch, der sich exzellent auskennt mit Kräutern und gefühlt, dass die Zeit reif ist für die Selbstständig-
Gemüse. Ein stimmiges Konzept, so befindet der keit.“ DOMINIK DOPHEIDE
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 17Titel | Viele gute Gründe(r)
„Gründern eine Bühne geben“
Interview mit NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart
Herr Minister: Gute Fach- und Füh- werk bieten wir außerdem Unterstützung durch Fi-
rungskräfte erzielen derzeit als Ange- nanzierungsangebote der NRW.BANK wie etwa das
stellte hervorragende Gehälter. Wa- Mikrodarlehen. Auch die hochwertige Beratung
rum sollten sie das Risiko einer Unter- durch die STARTERCENTER NRW stellt eine wichtige
nehmensgründung eingehen? Unterstützungsleistung für diese Gründergruppe dar.
ANDREAS PINKWART: Für viele
Menschen ist ein gutes und sicheres Am 17. Juni kommen Sie mit der Veranstaltungsreihe
Einkommen nicht der einzige Faktor „Neue Gründerzeit“ in die IHK nach Münster. Was ver-
für die Zufriedenheit und Berufswahl. sprechen Sie sich von dem neuen Format?
Viele wollen sich selbst verwirklichen, PINKWART: Eine lebendige Gründerszene lebt vor
Andreas Pinkwart ihr eigenes Ding machen, suchen die allem von Vorbildern. Sie schaffen Begeisterung
Foto: MWIDE NRW/ Herausforderung und möchten viel- und regen andere Menschen an, ebenfalls den
F. Wiedemeier leicht auch ihr Hobby zum Beruf ma- Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Mit dem
chen und das Verhältnis zwischen Gründerpreis NRW würdigen wir bereits den wirt-
Arbeit und Freizeit flexibel gestalten. All das sind schaftlichen Erfolg einer Gründung und die beste
gute Gründe, den Weg in die Selbstständigkeit zu Umsetzung am Markt. Die hohe mediale Aufmerk-
wagen. samkeit für die Preisträgerin oder den Preisträger
rückt Gründungen in ein positives Licht und trägt
Im „Doing Business“-Ranking der Weltbank belegt dazu bei, bislang verschlossene Türen zu Kunden
Deutschland in der Rubrik „Gründung eines Unter- und Investoren zu öffnen. Mit der Roadshow Neue
nehmens“ den 114. Platz. Machen wir es Gründungs- Gründerzeit NRW wollen wir nun auch den Gründe-
willigen hierzulande unnötig schwer? rinnen und Gründern von sehr jungen Unterneh-
PINKWART: Wir haben das direkt nach der Regie- men, die noch in den Kinderschuhen stecken, eine
rungsbildung im Sommer 2017 aufgegriffen und solche Bühne geben. Wichtig ist uns aber auch, die
Gründerinnen und Gründer in einer Online-Umfra- besondere Beratungsleistung der STARTERCENTER
ge gefragt, was wir konkret verbessern sollten. Viele NRW in den Regionen zu zeigen und zu würdigen.
wertvolle Hinweise aus dieser Umfrage haben wir
mit den Entfesselungspaketen bereits umgesetzt. So Aus IHK-Sicht sind auch Nachfolger Gründer. Alleine
kann beispielsweise in NRW ein Gewerbe inzwi- im IHK-Bezirk Nord Westfalen müssen bis 2028 rund
schen jederzeit bequem von zu Hause aus elektro- 35 000 Familienunternehmen einen Nachfolger fin-
nisch an-, um- und abgemeldet werden. Jetzt bauen den. Wie kann die Landesregierung hier unterstützen?
wir das Gewerbe-Service-Portal NRW zu einem um- PINKWART: Die demografische Entwicklung wird
fassenden Dienstleistungsportal für die Wirtschaft zukünftig zu mehr Nachfolgefällen führen. Die gute
weiter aus. Unser Ziel ist, Gründen einfacher, Arbeitsmarktlage für Festanstellungen erschwert
schneller und digitaler zu machen. die Suche nach geeigneten Nachfolgern zusätzlich.
Trotz dieses Trends will die Landesregierung, dass
Viele Gründungen sind nicht digital und innovativ, in NRW auch in Zukunft gute Unternehmen weiter-
aber dennoch wichtig für den Wirtschaftsstandort. geführt werden. Hierzu haben wir bereits 2017 das
Wie wollen Sie diese „normalen“ Gründungen unter- Netzwerk Unternehmensnachfolge wiederbelebt.
stützen? Darin arbeiten alle Kammern, die Wirtschaftsförde-
PINKWART: Beim Gründerstipendium.NRW ver- rer der Kreise und kreisfreien Städte sowie Vertreter
folgen wir bereits einen sehr breiten Förderansatz. der Banken und Steuerberater zusammen. Über die
Aufgerufen sind nicht nur Studenten oder Hoch- Bürgschaftsprogramme des Landes bieten wir bei
schulabsolventen, sondern alle Gründungsinteres- der Finanzierung Unterstützung an. Mit dem Bera-
sierten. Zudem ist die Förderung nicht nur auf digi- tungsprogramm Wirtschaft können Nachfolger bei
tale Gründungen bezogen, sondern für alle Innova- ihrer Planung zusätzlich durch Beratungsgesell-
tionen geöffnet. Wir haben viele erfolgreiche Be- schaften unterstützt werden.
werbungen aus fast allen Bereichen, wie etwa aus
der Kultur oder Geschäftsideen mit sozialen Zielen.
Neben der Meistergründungsprämie für das Hand- Das Interview führte Guido Krüdewagen ______________________
18 wirtschaftsspiegel 6 · 2019 www.ihk-nordwestfalen.deTitel | Viele gute Gründe(r)
Herrn Janus’ Gespür
für den Markt
Unternehmergeist und Digitalisierung: Wenn beides zusammen-
trifft, ist Erfolg oft vorprogrammiert. Sebastian Janus gibt mit
seinen Gründungen gute Beispiele.
B ochum im Sommer 1998. Se-
bastian Janus legt das
Sportmagazin beiseite, um
Unternehmer ist Beharrlichkeit“,
sagt der heute 33-Jährige im
Rückblick auf seinen Werde-
der Tageszeitung eine gang. Seine erste Empfeh-
Chance zu geben. Doch lung für Gründer und
was er liest, kann ihn Start-ups: „Es gibt im-
nicht überzeugen: zu mer Gegenwind, es
spröde der Schreibstil, läuft immer etwas
zu trocken die The- schief, aber genau
men, lautet sein dann kommt es da-
Urteil. Aus heutiger rauf an, an seine
Sicht allerdings hätte Ideen zu glauben.“
der damals 13-Jährige
guten Grund, die Aus-
Eine Idee schneller
gabe einzurahmen und
an einem Ehrenplatz aus- Mit der nächsten Idee ist
zustellen. Denn sie hat ge- er früh genug am richtigen
weckt, was in ihm steckt: pu- Ort: im Internet. Auf einer
rer Unternehmergeist. „Ich habe großen Auktionsplattform bietet
mich gefragt, warum es keine Zei- Janus, inzwischen geschäftsfähig,
tung gibt, die Nachrichten speziell für Sebastian Janus per Sofortkauf Handys an, die er zuvor
junge Menschen aufbereitet“, erinnert Foto: Grundmann/IHK für einen geringen Preis ebendort er-
er sich. „Ich mach das einfach“, be- steigert hat. Die Digitalisierungswelle
schließt er damals – und meint es ernst. Tagelang trägt ihn nach oben: „Das Geschäft hat sich sehr
tüftelt der Schüler in den Ferien an Kreuzworträt- schnell sehr gut entwickelt“, berichtet er. Gemein-
seln, verfasst Artikel, ringt am PC mit dem Textver- sam mit einem Freund steigt Janus noch tiefer ein
arbeitungsprogramm. ins Online-Business, nimmt Textilien und Schmuck-
„Ich war immer schon ein Mensch, der aus kei- accessoires ins Portfolio. Wäre es nicht besser gewe-
nem Euro einen oder zwei machen will“, sagt Janus. sen, eine Ausbildung oder ein Studium zu begin-
Zwar fehlen ihm 1998 noch ganze fünf Jahre zur Ge- nen? „Warum?“, entgegnet Janus. Die beiden Jung-
schäftsfähigkeit. Von seiner Geschäftstüchtigkeit
indes ist die gesamte Nachbarschaft bereits über-
zeugt. Schließlich hat der kleine Sebastian an jeder MentorenNetz
Tür geklingelt, um seine Zeitung zu vertreiben. Ge-
nau 15 Exemplare werden gekauft – aus Mitleid, Im MentorenNetz der IHK stellen rund
vermutet Janus heute. Schnell merkt er, dass er die- 25 ehemalige Führungskräfte ihr unter-
sen Markt nicht aufrollen kann und beendet das nehmerisches Expertenwissen Exis-
Projekt. Sein Leben als Unternehmer aber hat gerade
erst begonnen. Denn statt aufzugeben entwickelt er tenzgründern und Unternehmensnach-
ein anderes Geschäftsmodell: Mit einem CD-Brenn- folgern ehrenamtlich zur Verfügung.
service für seine Mitschüler bessert er sein Taschen- www.ihk-nw.de/mentoren
geld auf. „Die wichtigste Eigenschaft für einen
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ÜiÌiÀL`Õ}J ܰ`iTitel | Viele gute Gründe(r)
unternehmer jedenfalls zieht es an den Markt, nicht Zweifel hält er sich an einen
in den Hörsaal. Eine bessere berufliche Basis, glau- Lehrsatz aus Laos: „Meditiere
ben sie, könne man ohnehin nicht legen. „Wir woll- jeden Morgen und Abend zehn
ten uns vor dem Studium etwas aufbauen“, erklärt Minuten, hast du keine Zeit,
Janus. Der Plan geht auf. Zum einen, weil sie konse- dann zwei Mal eine Stunde.“
quent auf den stetig weiterwachsenden Onlinehandel
setzen. Ein anderer Faktor ist ihr feines Gespür für
Anlaufstelle IHK
den Markt. „Wir haben Trends früh erkannt“, erklärt
Janus. Und sie sofort in Geschäftserfolg umgemünzt, Die beiden Stunden kann Janus
wäre hinzuzufügen. Ein Beispiel: Als David Beckham schon mal einplanen: Gleich zwei
in Madrid ein Faible für Rosenkranzketten als Mode- Gründungen halten ihn zurzeit auf
Accessoire zeigt, reagieren die beiden Geschäftsleute Trab. Zum einen bringt er die Unterneh-
blitzschnell: Sie kaufen Rosenkränze in rauen Men- mensberatung Janus Digital auf den JHO
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gen an und können liefern, als der Boom beginnt. Weg. Start-ups, Grow-ups, aber auch
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„Wenn ich eine Idee habe, will ich sie einen Tag später etablierte mittelständische Unternehmen will er bei
umsetzen“, sagt Sebastian Janus. In einem Hörsaal der digitalen Transformation des Finanzbereiches
würde er wohl wirklich nicht glücklich werden. unterstützen. Zum anderen stellt er, gemeinsam mit
seiner Frau, die Onlineplattform Beautyself auf die
Beine. „Wer Hautpflegeprodukte kaufen will, soll die
Erfolg mit Expertenteam
Customer Journey bei Beautyself beginnen“, erklärt
Er selbst bereut den direkten Start von der Schulbank Janus. Rund 800 Marken stehen bei der Preissuch-
ins Unternehmerdasein nicht. „Ich habe keine Aus- maschine auf der Liste. Eine Idee entwickeln, die
bildung, ich habe kein Studium, aber ich habe die Zielgruppen befragen, dann ab auf den Markt: Diese
Eigenschaft, Autodidakt zu sein“, erklärt er. Genug Marschroute empfiehlt er allen, die ein Unterneh-
Wissen habe er sich angeeignet, um unternehmeri- men gründen wollen, um die Chancen der Digitali-
sche Entscheidungen zu fällen. Das bedeutet aber sierung zu nutzen. „Heute ist es auch nicht mehr nö-
nicht, dass er seine Start-ups im Alleingang auf den tig, für Software und Website ein Vermögen auszu-
Weg bringt. Im Gegenteil: „Zu meinem Erfolgsrezept geben, es gibt viele kostengünstige Tools, die gut
gehört immer ein Expertenteam“, erklärt Janus. Sei- funktionieren“, weiß der Unternehmer. Natürlich
ne Strategie etwa, mit dem eigenen Onlineshop in je- könne auf dem Markt ein Zwischenstopp bei exter-
der Preissuchmaschine den ersten Platz zu erobern, nen Experten sinnvoll sein. „Die IHK zum Beispiel
wird von ausgewählten Programmierern umgesetzt. ist immer eine gute Adresse, die haben ein ganzes
Im nächsten Schritt nehmen Janus und sein Part- Netzwerk“, sagt Janus, der im Zuge der beiden aktu-
ner den Lagerverkauf der damaligen Runners Point ellen Gründungen zum Thema Markenrecht Rat von
GmbH unter ihre Fittiche – mit einem Onlinekon- der IHK eingeholt hat. „Man kann seine Kompeten-
zept, das die Reichweite des in Recklinghausen an- zen nicht überall haben“, sagt er. Antrieb und Lei-
sässigen Unternehmens über Nacht drastisch erhöht. denschaft allerdings seien Qualitäten, die in jedem
Schließlich verantworten beide in der eigens ge- Unternehmerleben gefordert werden. „Gründer ha-
gründeten Tredex GmbH das gesamte E-Business der ben ein Strahlen in den Augen“, sagt Janus. Ein guter
Runners Point GmbH. „Wir waren 28, hatten 30 Mil- Blick für den Markt, das hat er selbst bewiesen, ist
lionen Umsatz und circa 150 Mitarbeiter“, blickt Ja- auch von Vorteil. DOMINIK DOPHEIDE
nus zurück. Als die US-Handelskette Foot Locker
Runners Point und Tredex 2013 übernimmt, wird er
als Chief Financial Officer mit dem E-Commerce-Ge- IHK-Expertensprechtage
schäft in Europa betraut. „Ich hatte ein gutes Gehalt
und einen tollen Firmenwagen“, erzählt Janus. Sein Wie kann ich meine Erfindung vor
Unternehmergeist aber fühlt sich eingesperrt in der Nachahmerprodukten schützen?
Komfortzone. „Mit ist die Freiheit, selbst entschei- Wie kann ich eine Unternehmens-
den zu können, am allerwichtigsten.“ Er hat die Stel-
le gekündigt und erstmal gemeinsam mit seiner Frau nachfolge finanzieren? Welche
an sozialen Projekten in Kolumbien und Laos teilge- Steuern muss ich zahlen? – Solche Fragen stellen
nommen. In Asien entdecken sie ein Mittel, das ih- Gründerinnen und Gründer am besten den Experten
nen hilft mit Belastungen umzugehen: Meditation.
Gegen Zeitdruck nämlich und die Angst vorm Schei- bei den entsprechenden IHK-Sprechtagen.
tern ist auch Sebastian Janus nicht gefeit. „Ich habe Die nächsten Termine: www.ihk-nw.de, Nr. 3625292
auch heute noch schlaflose Nächte“, räumt er ein. Im
www.ihk-nordwestfalen.de wirtschaftsspiegel 6 · 2019 21Sie können auch lesen