Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal

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Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
ZAHNMEDIZIN AKTUELL           219

                                                               Mit dem elektronischen Patientendossier
  Elektronisches Patienten-                                    schürt der Bund grosse Erwartungen, ob-
  dossier: zwischen                                            wohl viele Fragen unbeantwortet bleiben.
  Euphorie und Bauchweh                                        Zahnärzte sind vorerst noch nicht direkt
                                                               betroffen. Die SSO beobachtet die aktuellen
                                                               Entwicklungen.

                                                               Text: Andrea Renggli, Redaktorin SDJ; Foto: Istock

Das Schweizer Gesundheitswesen soll di-      allen Behandlern zugänglich ist: «Wer        Für Patienten und ambulant behandeln-
gital werden. Der wichtigste Pfeiler der     ein EPD hat, kann selber entscheiden,        de Ärzte bleibt der Schritt jedoch frei-
«Strategie E-Health Schweiz 2.0» von         welche Informationen dort abgelegt wer-      willig.
Bund und Kantonen ist das elektronische      den und welche nicht. Man muss sich          Lässt sich das EPD unter diesen Voraus-
Patientendossier (EPD): eine Sammlung        aber bewusst sein, welche Konsequenzen       setzungen von Anfang an vollumfänglich
von persönlichen medizinischen Doku-         diese Entscheidung haben kann. Gesund-       und effizient nutzen? Für den Erfolg des
menten, gespeichert auf einem Server         heitsfachleute können helfen, diese ab-      EPD sei es zentral, dass rasch möglichst
in der Schweiz. Sowohl der Patient als       zuschätzen.»                                 viele Behandelnde mitmachen, bekräf-
auch Ärzte und Gesundheitsfachpersonen       Unvollständige Dossiers werden aber          tigt Adrian Schmid. Aber: Für den for-
wie beispielsweise Chiropraktoren oder       auch auf andere Gründe zurückzuführen        mellen Start sei es wichtig, dass die Spi-
Physiotherapeuten sollen jederzeit auf       sein: Welche Dokumente für die Weiter-       täler ihre Infrastruktur ab dem Stichtag
das Dossier Zugriff haben.                   behandlung des Patienten relevant sind       ans EPD angeschlossen haben. «Damit
                                             und ins EPD kopiert werden, entscheiden      ist der Prozess nicht abgeschlossen, son-
Viele Vorteile                               die jeweiligen Behandler. Deren Ein-         dern er fängt erst an.» So sind sich die
Die Vorteile des EPD stehen ausser Frage:    schätzungen können auseinander gehen.        Verantwortlichen etwa bewusst, dass
Die Qualität der Behandlung und die          E-Health Suisse arbeitet jedoch an Um-       die IT-Systeme vieler ambulanter Ärzte
Sicherheit der Patienten nehmen zu.          setzungshilfen.                              noch nicht alle Dateitypen lesen können.
So wird beispielsweise der Arzt von An-                                                   Deshalb werden vorläufig wohl vor allem
fang an im Bilde sein, wenn sein Patient     2020 ist erst der Anfang                     PDF-Dokumente im EPD abgelegt – auch
auf ein bestimmtes Medikament aller-         Der Fahrplan von E-Health Suisse ist an-     wenn dies im Vergleich zum bisherigen
gisch reagiert. Berichte über bereits vor-   spruchsvoll: Stationäre Institutionen wie    elektronischen Austausch kein grosser
genommene Behandlungen, Röntgenbil-          Spitäler, Rehakliniken und Psychiatrien      Fortschritt bedeutet. Ein Effizienzgewinn
der, Laborbefunde, Austrittsberichte oder    sind verpflichtet, spätestens im April       zeigt sich erst dann, wenn strukturierte
Patientenverfügungen vereinfachen den        2020 EPD anzubieten. Pflegeinstitutio-       Daten abgelegt werden können. Ärzte,
Informationsaustausch und fördern eine       nen und Geburtshäuser folgen bis 2022.       Zahnärzte, Spitäler oder Apotheker
integrierte Versorgung. Doppelspurig-
keiten können vermieden werden. Für
den Patienten ist das EPD ausserdem
praktisch, um Dokumente wie Patienten-         Das elektronische Patientendossier
verfügung, Organspendeausweis, Impf-
ausweis oder Ähnliches an einem Ort            Das elektronische Patientendossier ist ein Sekundärsystem. Das heisst, es enthält nur
ablegen zu können.                             Kopien von Dokumenten, die für die Weiterbehandlung des Patienten relevant sind –
                                               und auch das nur, wenn der Patient damit einverstanden ist. Das Primärsystem, also
Der Patient hat das letzte Wort                die Patientendokumentation jedes einzelnen Arztes oder Gesundheitsanbieters, wird
Ebenso wichtig ist allerdings die Frage,       unabhängig davon weitergeführt.
welche Dokumente nicht im Dossier ab-          Um die technischen und organisatorischen Abläufe rund ums elektronische Patienten-
gelegt sind. Angenommen, der Apothe-           dossier kümmern sich sogenannte Gemeinschaften und Stammgemeinschaften. Sie
ker konsultiert im obigen Beispiel einer       müssen sicherstellen, dass die Daten abgerufen werden können und dass Datenschutz
Medikamentenallergie routinemässig das         und -sicherheit gemäss den vorgeschriebenen Standards gewährleistet sind. Gemein-
EPD. Fehlt dort der Hinweis auf die Aller-     schaften können kantonal, überkantonal oder national (z. B. als Branchengemein-
gie, kann dies für den Patienten ein ge-       schaft) organisiert sein. Sie werden vom Bund zertifiziert. Gesundheitsfachpersonen
sundheitliches Risiko bedeuten. Laut           und Institutionen können wählen, welcher Gemeinschaft sie sich anschliessen wollen.
Adrian Schmid, Leiter der Kompetenz-           Bei einer Stammgemeinschaft können auch Patienten ein elektronisches Patienten-
und Koordinationsstelle E-Health Suisse,       dossier eröffnen. Mehrere Gemeinschaften und Stammgemeinschaften werden zurzeit
liegt es in der Verantwortung der Patien-      aufgebaut, eine Liste ist auf www.ehealthsuisse.ch aufgeschaltet.
ten, dass solch eine wichtige Information

                                                                                                SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
                                                                                                                                  P
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      können den Prozess beschleunigen,          einem zögerlichen Start plötzlich rasant    Adrian Schmid. Zudem gebe es Signale
      indem sie die diese Anpassungen von        steigen können.» Wie schnell dieser         aus der Politik, dass die ambulanten Be-
      den IT-Anbietern fordern.                  Punkt erreicht ist, hänge unter anderem     handler dereinst zur Teilnahme am EPD
                                                 davon ab, wie viele ambulante Ärzte sich    verpflichtet werden könnten.
      Die Schweizer sehen den Nutzen             dem EPD anschliessen. Während die Spi-
      Auch dass es vermutlich eine Zeit lang     texdienste und die Apotheker sehr am        Wer bezahlt das alles?
      dauern wird, bis eine Mehrheit der Pa-     EPD interessiert sind, fürchten vor allem   Ein weiterer Punkt, der einigen Ärzten
      tienten ein EPD eröffnen will, ist klar.   ältere Ärzte mit eigener Praxis den Auf-    Bauchweh macht, ist die Frage nach der
      E-Health Suisse setzt sich diesbezüglich   wand, den die Umstellung mit sich           Vergütung: Wer bezahlt den Aufwand für
      keine Termine. Adrian Schmid sagt dazu:    bringt. Wenn aber eine starke Erwar-        die Pflege des EPD? Dank einer Interpel-
      «Viele Schweizerinnen und Schweizer        tungshaltung der Patienten und eine         lation der SP-Nationalrätin Edith Graf-
      sehen bereits heute die Vorteile eines     entsprechende Dynamik im Versor-            Litscher (TG) herrscht diesbezüglich
      EPD. Die Erfahrungen aus dem Kanton        gungsgebiet bestehe, liessen sich auch      Klarheit: Bei Behandlern, die zulasten
      Genf zeigen, dass die Nutzerzahlen nach    diese Behandler überzeugen, glaubt          der obligatorischen Krankenpflegeversi-
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cherung abrechnen können, sei der Auf-    triebswirtschaftlich leistbar ist. Dies sei   Daten löschen? Wird das Arztgeheimnis
wand fürs Führen der Patientendossiers    zurzeit nicht der Fall. Die Leistungen        durch das EPD auf unzulässige Weise auf-
bereits in den bestehenden Tarifen ent-   seien für ambulante Leistungserbringer        geweicht?
halten. Ob dieses Dossier elektronisch    nicht abgegolten. Es handelt sich aus
oder analog geführt werde, mache keinen   Sicht der FMH klar um einen beträchtli-       Und die Zahnärzte?
Unterschied. Gesundheitsfachpersonen      chen Mehraufwand, sowohl was die In-          Die Zahnmediziner sind wie alle ambu-
wie zum Beispiel Drogisten oder Osteo-    frastruktur als auch was den Betrieb be-      lanten Ärzte vorerst nicht zur Teilnahme
pathinnen, die ebenfalls ein EPD führen   trifft. Dies ist mit ein Grund, warum die     am EPD verpflichtet. Die SSO steht dem
können, dürfen ihre Aufwände den Pa-      FMH sich gegen eine verpflichtende Ein-       EPD grundsätzlich positiv gegenüber,
tienten weiterverrechnen.                 bindung der ambulanten Leistungser-           sie verfolgt die Entwicklung genau und
Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen    bringer wendet.                               bringt sich zum Teil auch aktiv ein, bei-
und Ärzte FMH ist anderer Meinung. Sie    Auch andere wichtige Fragen sind unbe-        spielsweise in der IPAG (interprofes-
fordert, dass der Aufwand zur Teilnahme   antwortet: Wer haftet für die Korrektheit     sionelle Arbeitsgruppe der Gesundheits-
und zur Bewirtschaftung des EPD be-       der im EPD abgelegten Daten? Wer darf         berufe). Christoph Senn, Departements-
                                                                                        leiter Gesundheit und Soziales im
                                                                                        Zentralvorstand der SSO, sagt: «Wir
                                                                                        sehen langfristig die Chancen und den
                                                                                        Nutzen des EPD, sehen aber auch die
                                                                                        vielfältigen momentanen Probleme.
                                                                                        Diese machen es sehr schwierig, eine
                                                                                        Prognose abzugeben, wann ein EPD
                                                                                        flächendeckend etabliert sein wird.»

                                                                                        Ein Restrisiko bleibt
                                                                                        Im Januar 2018 erbeuteten Hacker Ge-
                                                                                        sundheitsdaten von fast drei Millionen
                                                                                        Norwegerinnen und Norwegern. Als Täter
                                                                                        wurde eine «ausländische Macht» ver-
                                                                                        mutet. Wäre so etwas auch in der Schweiz
                                                                                        möglich? Wie steht es um die Daten-
                                                                                        sicherheit der Schweizer EPD? Adrian
                                                                                        Schmid beruhigt: «Das EPD hat den Vor-
                                                                                        teil, dass der Gesetzgeber klare Vorgaben
                                                                                        an die Betreiber der technischen Systeme
                                                                                        machen konnte – und diese sind hoch.»
                                                                                        Aber: «Weil sehr schnell neue Angriffs-
                                                                                        möglichkeiten auftauchen können, ist es
                                                                                        wichtig, dass die Gemeinschaften und
                                                                                        Stammgemeinschaften sich gut vorberei-
                                                                                        ten und das vorgeschriebene Risikoma-
                                                                                        nagement seriös aufbauen.» Die Sicher-
                                                                                        heit der Daten liegt letztlich in deren
                                                                                        Verantwortung.
                                                                                        Nicht beeinflussen kann man das Rest-
                                                                                        risiko, das die Patienten selbst darstel-
                                                                                        len – etwa wenn sie aus Unvorsichtigkeit
                                                                                        fremde Zugriffe auf den Computer oder
                                                                                        das Smartphone ermöglichen. Laut
                                                                                        Adrian Schmid ist es vorgesehen, die Pa-
                                                                                        tienten beim Eröffnen eines EPD darauf
                                                                                        hinzuweisen, die Richtlinien des EPD-
                                                                                        Anbieters für die IT-Sicherheit zu befol-
                                                                                        gen. Wie viel dieser Hinweis bringt und
                                                                                        ob die Richtlinien dann tatsächlich um-
                                                                                        gesetzt werden, ist zumindest fraglich.

                                                                                        Dieses Bild soll in absehbarer Zukunft der Ver-
                                                                                        gangenheit angehören. Mit der Einführung des
                                                                                        elektronischen Patientendossiers macht das
                                                                                        Schweizer Gesundheitswesen einen grossen
                                                                                        Sprung in Richtung Digitalisierung.

                                                                                              SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019 P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
Experten und Wissenschaftler haben einen
  Harte Zeiten für                                            schlechten Ruf. Sie werden als elitär be-

  die Wissenschaft                                            schimpft und in politischen Diskussionen
                                                              nicht mehr gehört. Der amerikanische Autor
                                                              Tom Nichols sucht die Gründe dieser Ent-
                                                              wicklung und zeichnet ein pessimistisches
                                                              Zukunftsszenario.
                                                              Text: Andrea Renggli, Redaktorin SDJ; Foto: marchforscience.com

Am 22. April 2017 sahen sich tausende        keinen guten Ruf. Dies allein ist zwar       Googeln kann jeder
Wissenschaftler in den USA und auf der       nichts Neues – neu ist aber das Ausmass      Die Menschen sind nicht dümmer als in
ganzen Welt genötigt, in einem «Marsch       der Feindseligkeit, die ihnen im öffentli-   früheren Zeiten. Im Gegenteil, noch nie
für die Wissenschaft» auf den Wert ihrer     chen Raum entgegenschlägt. Und das sei       stand so vielen Menschen so viel Wissen
Arbeit aufmerksam zu machen und gegen        besorgniserregend, sagt der US-ameri-        und Bildung zur Verfügung wie heute.
die zunehmende Verbreitung alternativer      kanische Professor und Buchautor Tom         Nichols bemängelt vielmehr, dass Men-
Fakten zu demonstrieren. In Zeiten, in de-   Nichols. In seinem neusten Buch «The         schen ihre Ignoranz und Uninformiertheit
nen Fake News und Verschwörungstheo-         Death of Expertise» warnt er, dieses Miss-   mit Stolz vor sich hertragen; sie bezeich-
rien bemerkenswert grosse Beachtung fin-     trauen gegenüber von Fakten und Wissen-      nen Gebildete als eine unerwünschte
den, haben Wissenschaftler und Experten      schaft gefährde sogar die Demokratie.        Elite, die vom Leben des «normalen Bür-

SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
                                  P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
ZAHNMEDIZIN AKTUELL              223

                                             Mit dem «March for Science» protestieren      Jedes Mal, wenn ein Fall gefälschter For-
                                             Wissenschaftler und Sympathisanten 2017       schungsergebnisse bekannt wird oder
                                             und 2018 gegen «alternative Fakten» und
                                             die Etablierung einer «postfaktischen Ära».
                                                                                           wenn ein schlampiges Studiendesign dazu
                                                                                           führt, dass publizierte Forschungsresultate
                                                                                           revidiert werden müssen, leidet das Anse-
                                                                                           hen der Wissenschaft, und die Faktenver-
                                             fach ist es nicht: Falsche Wahrheiten         weigerer werden gestärkt.
                                             waren schon immer attraktiv, weil sie         Der Autor blickt ziemlich pessimistisch
                                             einfach sind. Über digitale Medien wer-       in die Zukunft. In politischen Diskussio-
                                             den sie heute bloss schneller verbreitet.     nen werde seit einiger Zeit der Eindruck
                                             Und was einmal im Netz kursiert, bleibt       vermittelt, die Gefühle des Wählers seien
                                             quasi für immer sichtbar. Wer lange genug     wichtiger als die Fakten. Dieser Mei-
                                             sucht, findet Argumente für alles.            nungsrelativismus verhindere eine ange-
                                             Das grösste Problem mit dem riesigen In-      messene öffentliche Debatte, die für eine
                                             formationsreservoir im Internet ist laut      Demokratie aber unabdingbar sei. Mit der
                                             Nichols folgendes: 90 Prozent der Inhalte     Brexit-Abstimmung und der amerikani-
                                             sind Müll: halbausgegorene Ideen, ab-         schen Präsidentschaftswahl führt der
                                             sichtliche Falschaussagen oder einfach        Autor sehr aktuelle Beispiele an, um seine
                                             nur trivialer Blödsinn. Dennoch ist alles     Thesen zu untermauern. In der Schweiz
                                             gleichermassen aufrufbar und scheint          scheint die Situation noch nicht so verfah-
                                             gleichermassen relevant. So komme es,         ren wie im Buch beschrieben. Das mag da-
                                             fährt Nichols fort, dass viele Menschen       mit zusammenhängen, dass die Schweizer
                                             nicht mehr unterscheiden können zwi-          sich gewohnt sind, vor jeder Abstimmung
                                             schen seriösen Fakten und dem Daten-          politische Diskussionen zu führen und
                                             schwall, den eine Suchmaschine aus-           sich seriös zu informieren.
                                             spuckt. Auch Googeln will gelernt sein.       Einen ultimativen Rat für ein besseres
                                                                                           Verständnis zwischen Experten und Bür-
                                             Diskutieren mit Verschwörungstheoretikern     gern gibt Tom Nichols nicht. Vielmehr
                                             Ein weiterer Faktor, der das Vertrauen        nimmt er die Bürger in die Pflicht, ihre
                                             zwischen Bürgern und Experten unter-          Verantwortung als Souverän wahrzuneh-
                                             gräbt, ist laut Tom Nichols die veränderte    men und sich zu informieren. Die Exper-
                                             Diskussionskultur. Er erwähnt unter an-       ten können bloss versuchen, den Dialog
                                             derem die sozialen Medien, die mit ihren      auch im Gegenwind eines populistischen
                                             Algorithmen und Filterblasen dazu bei-        und wissenschaftsfeindlichen Klimas auf-
                                             tragen, dass wir konträre Meinungen           recht zu erhalten.
                                             seltener hören und deshalb immer
gers» keine Ahnung habe. Dabei äussern       schlechter vertragen. Aber auch zutiefst
sie nicht bloss begründete Kritik an Aus-    menschliche Verhaltensweisen können
sagen von Experten oder Wissenschaft-        die Diskussion erschweren. Zum Beispiel
lern, sondern weisen jegliche Autorität      der «confirmation bias»: Das Gehirn be-
zurück mit der Begründung, dass ihre         vorzugt Informationen, die die eigenen
eigene Meinung den gleichen Wert habe        Erwartungen bestätigen. Auch Wissen-
wie überprüfbare Fakten. Googeln kann        schaftler sind nicht gefeit vor diesem
schliesslich jeder. Und der gesunde Men-     Phänomen. Aber die Regeln des wissen-
schenverstand weiss es ohnehin am bes-       schaftlichen Arbeitens versuchen dem
ten. Wer dieses Credo infrage stellt, gilt   vorzubeugen.
als respektlos.                              Anhand dieses Mechanismus erklärt
Ärzte aus allen Fachrichtungen kennen        Nichols, wie Verschwörungstheorien
das Problem. Patienten vertrauen ihnen       entstehen. Und der Autor warnt: In einer
zwar, wenn es um technische Arbeiten         Diskussion mit einem Menschen, der von
wie das Nähen einer Verletzung oder das      einer Verschwörungstheorie überzeugt
Ziehen eines Weisheitszahns geht. Aber       ist, kann man als Arzt oder Zahnarzt
bei der Frage, ob das Kleinkind gegen        eigentlich nur verlieren. Wer davon über-
Masern geimpft werden sollte, scheint        zeugt ist, dass eine böse Macht mittels
ihnen die Meinung eines Hollywoodstars       Fluorid in der Zahnpasta alle Menschen
ebenso relevant wie jene des Kinderarz-      vergiften will, wird sich von wissen-
tes.                                         schaftlichen Argumenten kaum umstim-
                                             men lassen.
Das Internet ist nicht (allein) schuld
                                                                                           Tom Nichols: The Death of Expertise. The Campaign
Es wäre natürlich bequem, dem Internet       Gefühle sind wichtiger als Fakten
                                                                                           Against Established Knowledge and Why it Matters.
die Schuld an dieser Entwicklung zu ge-      Nichols gibt zu, dass die Wissenschaftler     Oxford University Press. New York 2017. 252 Sei-
ben, schreibt Tom Nichols. Aber so ein-      nicht unschuldig sind an dieser Situation.    ten, ca. 30 Franken.

                                                                                                 SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
                                                                                                                                       P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
224     ZAHNMEDIZIN AKTUELL

                                                                              Daniela Frey Perez reist regelmässig in die
        Zahnbürsten                                                           Karibik, um Kinder und Erwachsene über

        reisen per                                                            Mundhygiene zu informieren. Was als spon-
                                                                              tane Idee und mit 400 Zahnbürsten im
        Schiffscontainer                                                      Reisekoffer anfing, entwickelte sich zu
                                                                              einem kleinen seriösen Sozialprojekt.
        über den Atlantik                                                     Text und Fotos: zvg/Bearbeitung: Andrea Renggli

      Das Schweizer Erfolgsmodell der Karies-            Domingo organisiert. Über 400 Kinder                Auf eine Reise nach Haiti verzichtete
      prophylaxe in andere Länder tragen – dies          und 200 Erwachsene waren dabei. Nach                Daniela Frey Perez diesen Herbst, weil
      ist das Ziel des kleinen Hilfswerks Bella          der Vorstellung des Projektes wurde das             im Frühling 2018 im Kinderheim Tuber-
      Risa (SDJ 5/2017). Die Dentalhygienikerin          Publikum mithilfe von elf Kindern instru-           kulose ausbrach. Die Lage habe sich nun
      und Schulzahnpflegeinstruktorin Daniela            iert, wie man sich richtig die Zähne putzt,         zum Glück normalisiert, erzählt sie. Die
      Frey Perez will Kinder und Erwachsene              und weshalb das sinnvoll ist. «Als einzige          Kinder haben eine Antibiotikatherapie
      für eine gute orale Hygiene und gesunde            Blondine mit weisser Hautfarbe waren                bekommen. Nach dreimonatiger Pause
      Essgewohnheiten sensibilisieren. In                stets alle Augen auf mich gerichtet», sagt          infolge des hohen Ansteckungsrisikos
      Schulen sowie Waisen- oder Kinderhei-              Daniela Frey Perez. «So war ich natürlich           konnte die haitianische Zahnpflege-
      men lehrt sie, wie man sich die Zähne              noch nervöser, auch habe ich nie zuvor              instruktorin ihre Arbeit wieder aufneh-
      richtig putzt. Auch die einheimischen              vor so vielen Menschen Spanisch gespro-             men. Der erste Auftrag wurde prompt
      Lehrpersonen und Betreuerinnen werden              chen. Ich bin aber stolz, konnte ich viele          umgesetzt: Infolge der Infektion muss-
      jeweils geschult.                                  Kinder erreichen.»                                  ten die Zahnbürsten ausgewechselt
      Zuletzt reiste Daniela Frey Perez im Herbst        Daniela Frey Perez gehört im Hotel mitt-            werden.
      2018 in die Dominikanische Republik.               lerweile zu den Stammgästen. «Man
      Dieses Mal hat sie – statt einzelne Schul-         kennt mich. Wenn jemand Zahnschmer-                 www.bellarisa.ch, Spendenkonto: Daniela
      klassen zu besuchen – erstmals einen               zen oder ein Problem am Zahnfleisch hat,            Frey Perez, IBAN CH32 8121 10000077 1580 7,
      grossen Event in einer Schule in Santo             fragt er mich um Rat.»                              Vermerk Bella Risa

      Daniela Frey Perez zeigte im vergangenen Herbst in Santo Domingo Kindern und Erwachsenen, wie man sich die Zähne richtig putzt.

      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
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Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
ZAHNMEDIZIN AKTUELL           225

                                 KO N G R E S S E / FAC H TAG U N G E N

                                                                Die Extremsportlerin Evelyne Binsack war
  Ein Leben                                                     Gastreferentin am 8. Ostschweizer Zahn-

  für drei Pole                                                 ärzteforum. Sie faszinierte die Zuhörer mit
                                                                einem bildgewaltigen Bericht ihrer Reisen
                                                                durch Eiswüsten und auf die höchsten
                                                                Berggipfel.

                                                                Text und Fotos: zvg

Rund 90 Zahnärztinnen, Zahnärzte und
Praxismitarbeitende besuchten die von
der SSO anerkannte Weiterbildungsver-
anstaltung Ostschweizer Zahnärzte-
forum in St. Gallen, die immer auch
Raum für den Austausch mit Berufskol-
leginnen und Berufskollegen bietet.

Grenzgängerin und Berufsbergführerin
Gast am diesjährigen Forum war Eve-
lyne Binsack. Sie gehört international
zu einer Handvoll Frauen, die im Be-
reich Extremsport mit ihren physischen
Leistungen herausragen. Binsack ist
die erste Schweizerin, die alle drei
«geografischen Pole» mit eigener
Muskelkraft erreicht hat: den Gipfel
des Mount Everest, den Süd- und den
Nordpol.
Die Eigernordwand durchstieg Evelyne
Binsack dreimal: Das erste Mal als
22-Jährige im Winter bei minus 17 Grad     Die Extremsportlerin Evelyne Binsack faszinierte die Zuhörer mit der Erzählung über ihre «Expedition
Celsius durch die Heckmair-Route,          Antarctica».
dann seilfrei und im Alleingang durch
die Lauper-Route und zuletzt, erneut
durch die Heckmair-Route, im Team          Der Vortrag von Evelyne Binsack war                 prozessen, erklärte, wie man sein
für einen Dokumentarfilm, der den          Faszination pur, die bildgewaltige und              Praxisteam begeistern und zu Maxi-
Fernsehpreis erhielt.                      fesselnde Erzählung einer begeisterten              malleistungen motivieren kann. Der
                                           Abenteurerin.                                       Steuerexperte Michael Wider erläuterte
«Expedition Antarctica»                                                                        die Steuerfolgen von verschiedenen
Als einziger Mensch der Welt erreichte     Beiträge zur optimalen Praxisführung                Nachfolgelösungen und gab den Teil-
Binsack den Südpol in purem Stil: Zu-      Weitere Vorträge am Ostschweizer                    nehmenden Tipps zur Wahl zwischen
erst fuhr sie mit dem Fahrrad von der      Zahnärzteforum: Prof. Dr. Matthias Zehn-            Einzelfirma oder Aktiengesellschaft
Schweiz bis an den Südzipfel Chiles.       der von der Universität Zürich referierte           und zur steuerlichen Behandlung von
Dann gings zu Fuss und mit Ski und         über die neusten Forschungsergebnisse               Liegenschaften im Geschäftsvermögen
Schlitten weiter durch den kältesten       zur optimalen Reinigung von Wurzel-                 bei Praxisnachfolgen.
Kontinent der Welt, die Antarktis. Nach    kanälen. Claudia Eugster, Fachanwältin              Auch im Jahr 2020 werde wieder ein
484 Tagen erreichte sie den «entfern-      für Arbeitsrecht, zeigte anhand von                 Ostschweizer Zahnärzteforum statt-
testen Punkt unserer Erde»: den Süd-       Praxisbeispielen Fallstricke rund ums               finden, bestätigt Dr. Leodegar Kauf-
pol. Insgesamt führte diese «Expedition    Thema «Schwangerschaft und Mutter-                  mann, der als Moderator die Teilneh-
Antarctica» sie durch 16 Länder auf vier   schaft». Petra Neff, dipl. Psychologin FH           mer geschickt durch den Nachmittag
verschiedenen Kontinenten.                 und Expertin von Teamentwicklungs-                  führte.

                                                                                                      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
226     ZAHNMEDIZIN AKTUELL

                                                                                 Gute Beziehungen beeinflussen den Ge-
        Die Kraft                                                                schäftserfolg nachhaltig. Wie das passiert,

        der Emotionen                                                            erklärte Beat Krippendorf im Rahmen des
                                                                                 2. SGI-Spotlights. Unterhaltsam und mit viel
                                                                                 Humor fesselte er die Anwesenden an dieser
                                                                                 Abendveranstaltung.
                                                                                 Text: Dr. med. dent. Adrienne Schneider, Privatpraxis
                                                                                 Fotos: swiss dental community, M. Keller

      «Von Themen der Wissenschaft hören wir               sozialer, psychologischer und neurowis-          so gute Strategie effizient und nachhaltig
      alle regelmässig an Kongressen», so be-              senschaftlicher Themen, die er auf inte-         umzusetzen.
      grüsste Dr. Rino Burkhardt, Präsident der            ressante und verblüffende Art und Weise          Beat Krippendorf erklärte aus seiner Sicht,
      Schweizerische Gesellschaft für Implan-              zu verknüpfen vermag.                            welche Schlüsselkompetenzen oder
      tologie (SGI), die Anwesenden in der                                                                  Schlüsselenergien es also braucht, um
      Cinématte, einem stilvollen Kinosaal                 Die unschlagbare Kraft der Emotionen             auch in Zukunft das Vertrauen der Men-
      an der Berner Aare. Das Ziel des Spot-               Den Einstieg an diesem Winterabend bil-          schen bzw. der Patientinnen und Patien-
      light-Fortbildungsformates solle jedoch              dete ein Kurzfilm zum Thema Emotionen            ten zu gewinnen, und um das «Unter-
      sein, Aspekte des Praxisalltags zu be-               und zwischenmenschliche Beziehungen.             nehmen Zahnarztpraxis» erfolgreich zu
      leuchten, die schwierig messbar sind, die            Der Film veranschaulichte die unschlag-          führen.
      aber für einen langfristigen Praxiserfolg            bare Kraft der Emotionen in einem Be-
      von grosser Bedeutung sind. Im Vorjahr               werbungsprozess. «Menschlichkeit gilt            Denkanstösse, Impulse, Inputs –
      wurde im Rahmen der ersten SGI-Spot-                 als Erfolgsprinzip für Führung und Moti-         keine Ratschläge
      light-Veranstaltung das Thema Entschei-              vation», so Krippendorf. In seinem Referat       Der Referent gab «ein paar Denkanstös-
      dungsfindung thematisiert.                           zeigte er vor allem auch, wie gute Bezie-        se, ein paar Impulse, ein paar Inputs –
      Der Berner Beat Krippendorf, Dozent für              hungen den Lebenserfolg nachhaltig po-           aber keine Ratschläge, weil Ratschläge
      ethische Unternehmensführung und                     sitiv beeinflussen.                              auch Schläge sind». Jeder Mensch sei ein
      Keynote-Speaker, beschäftigt sich seit               Zahnarztpraxen befinden sich in einem            Individuum, sei unterschiedlich aufge-
      Jahren mit Marketing, Kommunikation                  zunehmend kompetitiven Umfeld, so der            wachsen und von seinem Umfeld geprägt
      und Kundenbeziehungen im Dienstleis-                 Berner. Viele Zahnärztinnen und Zahn-            worden. Es gebe keine Rezepte, sondern
      tungssektor. Er versteht es, mit seinen              ärzte befassen sich deshalb vermehrt mit         jede Person müsse für sich das aus dem
      Aussagen und seinen für viele Menschen               unternehmensstrategischen und marke-             Leben rausnehmen, was für sie in ihrem
      unorthodoxen Ideen grosse Zuhörer-                   tingtechnischen Aspekten der Unterneh-           Umfeld umsetzbar und sinnvoll sei. Was
      schaften in Bann zu ziehen. Seine Er-                mensführung. Ohne eine menschliche               es weiter brauche sei Mut zur Umset-
      kenntnisse umfassen eine ganze Palette               Unternehmenskultur sei aber keine noch           zung.
                                                                                                            Ein paar Denkanstösse, ein paar Impulse,
                                                                                                            ein paar Inputs, ein paar Zitate Krippen-
                                                                                                            dorfs:
                                                                                                            – «Man kann nicht jeden Tag seine Ar-
                                                                                                              beit neu wählen – aber man kann jeden
                                                                                                              Tag die Haltung neu wählen, mit der
                                                                                                              man seine Arbeit tut.»
                                                                                                            – «Wer immer tut, was er schon kann,
                                                                                                              bleibt immer der, der er schon ist.»
                                                                                                            – «Viele sind schon mit 18 gestorben,
                                                                                                              werden aber erst mit 80 beerdigt.»
                                                                                                            – «Innovation beginnt im Kopf. Wer
                                                                                                              nicht will – tut nichts.»
                                                                                                            – «Innovation ist eine Haltung.»
                                                                                                            – «Kundennähe ist eine Frage der Hal-
                                                                                                              tung.»
                                                                                                            – «Führung ist eine Frage der Haltung.»
                                                                                                            – «Kundennähe und Unternehmenskul-
                                                                                                              tur: So wie man miteinander umgeht,
                                                                                                              so wird man von aussen wahrgenom-
      Die beiden Spotlight-Verantwortlichen der SGI: Dres. Felix Gamper und Rino Burkhardt (v.l.)             men.»

      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
ZAHNMEDIZIN AKTUELL           227

Der Kinosaal der Cinématte verwandelte sich in einen Vortragssaal.

Multiple Intelligenz                                rhetorische Wirkungsmittel wie Haltung,      sche Intelligenz sowie Verantwortlichkeit
Krippendorf glaubt an das Prinzip der mul-          Blickkontakt, Mimik, Gestik, Sprache         und Zuständigkeit sich selbst und dem
tiplen Intelligenz. Die Gesamtintelligenz           und Haltung werde das Gegenüber beein-       gesamten Umfeld gegenüber.
eines Menschen setze sich zusammen                  flusst.                                      Neben einer konstruktiven Haltung seien
aus der linguistischen Intelligenz, der                                                          gelingende Beziehungen sehr wichtig.
logisch-mathematischen Intelligenz, der             Das «Prinzip Menschlichkeit» betrifft        Gute Beziehungen aktivieren nämlich
körperlich-kinästhetischen, der räumli-             uns alle                                     die inneren Motivationssysteme. Diese
chen, der musischen und der personalen              Der Referent ist der Überzeugung, dass       schalten ab, wenn keine Chance auf so-
Intelligenz. Alle diese Intelligenzen zu-           Emotion seelische Geduld ist. Alle Praxis-   ziale Zuwendung besteht bzw. springen
sammen ergeben die praktische Intelli-              inhaberinnen und Praxisinhaber verkau-       an, wenn das Gegenteil der Fall ist –
genz. Weiter zeigte Beat Krippendorf, dass          fen Emotionen: Werte, Bedeutungen,           wenn Anerkennung im Spiel ist. Als
Kommunikation Energie ist. «Sie kom-                Sicherheit und Geborgenheit. Als Grund-      Letztes erwähnt der Dozent Vertrauen
munizieren Ihre innere Haltung – non-               lage des Erfolgs sieht er eine konstruk-     als wichtigste Emotion für nachhaltige
verbal, immer, ständig, intensiv – ob sie           tive Haltung. Dazu gehören Interesse,        Motivation, physische und psychische
wollen oder nicht.» Durch persönliche               Engagement, Sensibilität und empathi-        Gesundheit.
                                                                                                 «Alles was Sie tun – und alles was Sie
                                                                                                 nicht tun –, beginnt bei Ihnen und endet
                                                                                                 bei Ihnen.» Es folgte ein Solospiel Krip-
                                                                                                 pendorfs auf seiner Gitarre zur ganzheitli-
                                                                                                 chen Gehirnaktivierung – die trockenen
                                                                                                 Kehlen und knurrenden Mägen wurden
                                                                                                 bei einem feinen Apéro riche beglückt,
                                                                                                 und die zwischenmenschlichen Bezie-
                                                                                                 hungen unter Kolleginnen und Kollegen
                                                                                                 wurden gepflegt.

                                                                                                 Implantologie heute – die Kluft zwischen
                                                                                                 der Evidenz und der klinischen Praxis
                                                                                                 Vorschau: am 1. und 2. November 2019
                                                                                                 findet die Jahresversammlung der SGI
                                                                                                 in Burgdorf zum Thema «Implantologie
                                                                                                 heute – die Kluft zwischen der Evidenz
                                                                                                 und der klinischen Praxis» statt; auch
                                                                                                 dies ein Thema, das die Problematik der
                                                                                                 statistischen relevanten Aspekte und der
Der Referent Beat Krippendorf im Gespräch mit Kursteilnehmern                                    Klinik widerspiegelt.

                                                                                                      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
                                                                                                                                        P
Elektronisches Patienten-dossier: zwischen Euphorie und Bauchweh - Swiss Dental Journal
228     ZAHNMEDIZIN AKTUELL

                                                                                      An einer Fortbildungsveranstaltung in
        Periimplantitis:                                                              Zürich sprachen Experten aus dem In- und

        besser vorbeugen                                                              Ausland über Periimplantitis. Im Zentrum
                                                                                      stand für einmal jedoch nicht die Therapie,
        als behandeln                                                                 sondern die Prävention.

                                                                                      Text und Fotos: Dr. med. dent. Anja Lüssi

      Am 19. Januar fand im Radisson Blu Hotel                Die Evolution der Implantate                      Oberfläche, die sich bei den Implantaten
      am Flughafen Zürich die Veranstaltung                   Das erste Referat zum Thema «Does im-             heute durchgesetzt habe, beeinflusse vor
      «Periimplantitis – besser vorbeugen als                 plant design influence clinical success?»,        allem die Geschwindigkeit, jedoch nicht
      behandeln» statt. Das rund 70-köpfige                   von Prof. Dr. Lars Sennerby aus Göteborg,         die Qualität der Osseointegration. Er be-
      Publikum kam in den Genuss eines ab-                    Schweden, handelte von der «Evolution»            tonte auch, dass selbst messbare Unter-
      wechslungsreichen Programms mit                         der Implantate. Anhand der Geschichte             schiede zwischen Implantaten nicht im-
      hochkarätigen Referenten.                               der Implantate und konkreter Beispiele            mer klinische Auswirkungen haben. Und
      Bei der Begrüssung betonte der Organi-                  erläuterte er verschiedene Makro- und             unabhängig vom Implantatdesign seien
      sator, Dr. Thomas Zumstein von der Zum-                 Mikroaspekte des Implantatdesigns und             im ersten Jahr nach der Insertion kleine
      stein Dental Academy, dass bei dieser                   deren mögliche Auswirkungen auf die               Veränderungen im marginalen Knochen-
      Veranstaltung zur Abwechslung mal nicht                 Erfolgsrate. So sei es erwiesen, dass             niveau festzustellen.
      die Therapie, sondern die Prävention der                Implantatfrakturen insbesondere bei
      Periimplantitis im Vordergrund stehe.                   schmalen Implantaten auftreten. Auch              Die Schlüssel zur Prävention
      Über die Therapie sei schon viel gespro-                die Primärstabilität sowie etwa der initia-       Als nächster Referent sprach Prof. Dr.
      chen worden, dabei sei es doch sinnvol-                 le Knochenabbau könnten durch das Im-             Giovanni Salvi aus Bern über «Risikofakto-
      ler, diese schwer behandelbare Krankheit                plantatdesign beeinflusst werden. Einen           ren zur Begünstigung periimplantärer
      wenn immer möglich zu verhindern. Die                   positiven Effekt auf den späteren margi-          Erkrankungen». Er betonte, dass Peri-
      beiden Chairmen, Prof. Dr. Anton Sculean                nalen Knochenabbau gebe es durch das              implantitis definitionsgemäss eine Pla-
      aus Bern und Prof. Dr. Patrick Schmidlin aus            «Platform-Switching». Natürlich ging              que-assoziierte Erkrankung sei. Ein
      Zürich, führten die Teilnehmer durch                    Prof. Sennerby auch auf die Oberflächen-          hohes Niveau bei der täglichen Mund-
      den Anlass und moderierten die Diskus-                  beschaffenheit von Implantaten ein. Die           hygiene zu Hause und eine engmaschige
      sionen.                                                 moderat-raue und häufig auch aktivierte           Betreuung seien der Schlüssel zur Prä-

      Moderator Prof. Dr. Patrick Schmidlin, Zürich, (links) mit Prof. Dr. Giovanni Salvi aus Bern              Dr. Thomas Zumstein, der Organisator der Fort-
                                                                                                                bildungsveranstaltung in Zürich

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ZAHNMEDIZIN AKTUELL           229

vention von Erkrankungen um Implan-
tate. Ebenfalls könne das Erkrankungs-
risiko geringgehalten werden, indem
wenig Implantate gesetzt werden. Nicht
für jeden fehlenden Zahn, und schon gar
nicht für jede fehlende Wurzel, bedürfe es
für den Ersatz eines Implantats. Generell
müsse bei der Planung und Versorgung
von Implantaten auf eine gute Putzbar-
keit geachtet werden.
Bei Patienten mit parodontalen Erkran-
kungen sollen diese vor der Implantat-
insertion sauber austherapiert werden.
Prof. Salvi rief dazu auf, gerade bei diesen
Risikopatienten immer in Betracht zu
ziehen, dass natürliche Zähne oder Wur-
zeln als Pfeilerzähne auch mit reduzier-
tem Attachment eine gute Prognose
haben.
Anschliessend fand eine kurze Diskussion
statt, in der nochmals betont wurde, dass
periimplantäre Erkrankungen multifak-
toriell seien und Risikofaktoren, wie bei-           Die Evolution der Implantate war das Vortrags-    Der Deutsche Prof. Dr. Stefan Fickl sprach über
spielsweise lokalisiert erhöhte Sondie-              thema von Prof. Dr. Lars Sennerby aus Schweden.   den kleinen Mosaikstein der Weichgewebe.
rungswerte, bloss einzelne Aspekte im
gesamten Risikoprofil eines Patienten
sind und man diese in einer Gesamtbeur-              wichtig beim Implantat?». Schon zu Be-            desto mehr müssen Sie an die Weichge-
teilung gegeneinander abwägen müsse.                 ginn seines Vortrags erklärte Prof. Fickl,        webe denken», mahnte er. Die Beschaf-
                                                     dass es sich hierbei bloss um einen «klei-        fenheit der Gewebe um Implantate herum
Der Einfluss des Weichgewebes                        nen Mosaikstein» handle und andere                unterscheide sich wesentlich von jener
Nach einer Pause, die Zeit für einen                 Aspekte viel wichtigere Risikofaktoren            um Zähne herum. Der Zahn habe ein bio-
Rundgang durch die Ausstellung und für               seien. Denn Periimplantitis sei nicht pri-        logisches Attachment, während bei Im-
Erfrischungen bot, ging es weiter mit                mär ein Problem der Weichgewebe. Das              plantaten schlechter durchblutetes Nar-
Prof. Dr. Stefan Fickl aus Fürth, Deutsch-           Weichgewebe habe aber einen grossen               bengewebe und bestenfalls Attachment
land. Sein Thema: «Sind Weichgewebs-                 Einfluss auf die Entstehung von Rezessio-         über Hemidesmosomen vorliege. Man
volumen und keratinisierte Mukosa                    nen. «Je tiefer Sie ein Implantat setzen,         könne also nicht einfach die Prinzipien
                                                                                                       der plastischen Parodontalchirurgie auf
                                                                                                       Implantate übertragen. Für stabile Weich-
                                                                                                       gewebeverhältnisse um Implantate brau-
                                                                                                       che es genügend Knochen, was bei Zäh-
                                                                                                       nen nicht der Fall sei. Er erläuterte zwei
                                                                                                       klinische Situationen, bei denen Eingriffe
                                                                                                       an den Weichgeweben jedoch eine Ver-
                                                                                                       besserung bringen können.
                                                                                                       Anschliessend an dieses lebendige Refe-
                                                                                                       rat fand wiederum eine Diskussion statt,
                                                                                                       bevor sich die Teilnehmer zum leckeren
                                                                                                       Mittagsbuffet und in die Ausstellung
                                                                                                       begaben.

                                                                                                       Ist digital besser?
                                                                                                       Nach der Mittagspause drehte es sich um
                                                                                                       das Thema «digital». Dr. Jakob Zwaan aus
                                                                                                       Calusco d’Adda, Italien, sprach zum The-
                                                                                                       ma «Implant placement: does digital
                                                                                                       dentistry prevent peri-implantitis?».
                                                                                                       Dr. Zwaan, der im Jahr 1987 das Zahnme-
                                                                                                       dizinstudium abgeschlossen hat, arbeite
                                                                                                       heute häufig mit digitalen Mitteln. Die
                                                                                                       Resultate seien nicht grundsätzlich bes-
Prof. Anton Sculean von der Universität Bern führte durch die Veranstaltung.                           ser, die Arbeit werde aber vereinfacht.
                                                                                                       Am wesentlichsten sei die Zeit, die ein-

                                                                                                             SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019 P
230     ZAHNMEDIZIN AKTUELL

                                                                                                           Daten gesammelt, verglichen und über-
                                                                                                           lagert werden. Diese könnten dann bei-
                                                                                                           spielsweise über Schienen dazu beitra-
                                                                                                           gen, dass auf Knochenaufbauten oder
                                                                                                           Lappenbildung bei der Implantation ver-
                                                                                                           zichtet oder zumindest Zeit eingespart
                                                                                                           werden könne.
                                                                                                           Immer wieder zog der Referent Parallelen
                                                                                                           zu Charlie Chaplins «Modern Times»,
                                                                                                           und er ermahnte die Zuhörer zu beden-
                                                                                                           ken, dass digitale Medien auch leicht
                                                                                                           manipuliert werden können.
                                                                                                           Nach seinem Vortrag stellte Dr. Zwaan
                                                                                                           3D-Simplement vor, eine Gesellschaft,
                                                                                                           der er als Präsident vorsteht. Sie stelle
                                                                                                           eine Art Thinktank für die Vereinfachung
                                                                                                           der digitalen Hilfsmittel in der Zahnme-
                                                                                                           dizin dar (www.3d-simplement.com).
      Dr. Jakob Zwaan zeigte die Vorteile der digitalen Arbeitsweise, mahnte aber auch zu bedenken, dass   Inputs aus allen zahnärztlichen Fachrich-
      digitale Medien leicht manipuliert werden können.                                                    tungen aber auch von Zahntechnikern,
                                                                                                           Industrie, Handel, Universitäten usw.
                                                                                                           seien willkommen.
      gespart werden könne. Er erläuterte das             Design, das sowohl für die Planung als
      anhand verschiedener Beispiele. Abge-               auch für die Kommunikation mit dem               Zeit sparen, aber kein Material
      winkelte Schraubenzugänge, die mit                  Patienten sehr hilfreich sein könne. Ein         Es blieb digital, als Dr. Nadja Naenni aus
      CAD/CAM gefräst werden können und                   weiteres Beispiel sind Einheilkappen, die        Zürich über «Implantatbasierte Rekon-
      so das Verschrauben von Rekonstruktio-              für die digitale Abformung nicht entfernt        struktionen: digitaler Workflow vs. ana-
      nen ermöglichen, bei denen das bis anhin            werden müssen. Und natürlich können              log, verschraubt vs. zementiert» sprach.
      nicht der Fall war. Oder das digitale Smile         mit digitalen Mitteln Unmengen von               Es sei nicht so, dass bei der digitalen Ab-

      Die Pausen boten Gelegenheit für einen Rundgang durch die Ausstellung.

      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019P
ZAHNMEDIZIN AKTUELL             231

Bei der digitalen Abformung werde kaum Material   PD Dr. Philipp Sahrmann aus Zürich betonte, dass es sich beim Implantat im Patientenmund um ein
gespart, unter Umständen aber Zeit am Patien-     unglaublich komplexes System handle. Dementsprechend existierten auch keine Goldstandards.
tenstuhl, erklärte Dr. Nadja Naenni aus Zürich.

formung wirklich weniger Material ge-             Für den Referenten ist die Reinigung des           der keratinisierter Mukosa, inadäquaten
braucht werde. Es könne aber unter Um-            Micro-Gaps in der Verbindung zwischen              Versorgungen oder Zurücklassen von
ständen Zeit am Patientenstuhl eingespart         Implantat und Versorgung ein wichtiger             Zementüberschüssen komme. Er gab
werden, und insbesondere bei der Ferti-           Aspekt der Periimplantitistherapie. Zu-            diesen den treffenden Namen «Malprac-
gung der Rekonstruktionen könne die               dem teilt er die Periimplantitis in primäre        titis».
Zeitersparnis gross sein. Auch stehen             Infektionen ein, die rein plaqueassoziiert
neue Materialien zur Verfügung. Die digi-         sind, und in sekundäre, zu denen es auf-           Ein komplexes und unberechenbares System
tale Abformung mittels intraoraler Kame-          grund von Misserfolgen bei GBR, Fehlern            Zum Schluss hörten die Teilnehmer noch
ras sei heute noch weniger genau als die          bei der Implantatpositionierung, fehlen-           PD Dr. Philipp Sahrmann aus Zürich. Er
konventionelle, allerdings nicht mehr in                                                             referierte zum Thema «Periimplantitis-
einem Ausmass, das klinisch relevant sei.                                                            therapie: State of the art». Schon zu Be-
Nach wie vor gebe es aber Fälle, die auf                                                             ginn betonte Dr. Sahrmann, dass es sich
dem konventionellen Weg besser gelöst                                                                beim Implantat im Patientenmund um
werden können, zum Beispiel wenn gan-                                                                ein unglaublich komplexes und dadurch
ze Kiefer versorgt werden. Das Zemen-                                                                in gewisser Weise unberechenbares Sys-
tieren von implantatgetragenen Rekon-                                                                tem handle. Dementsprechend existier-
struktionen sei dann möglich, wenn die                                                               ten auch keine Goldstandards, und es sei
Voraussetzungen gegeben seien, um die                                                                noch nicht genügend Evidenz zur Peri-
Überschüsse, die immer entstehen, wie-                                                               implantitistherapie vorhanden. Er erläu-
der entfernen zu können.                                                                             terte anhand des CIST-Protokolls (Cumu-
Fazit der anschliessenden Diskussion                                                                 lative Interceptive Supportive Therapy),
war, dass sich der digitale Weg nach und                                                             wann welche Therapie angezeigt ist.
nach durchsetzen wird. Insbesondere die                                                              Auch betonte er, dass die Periimplanti-
junge Generation bevorzugt diesen, und                                                               tistherapie nach wie vor schlechte Er-
dank intensiver Forschung und Innova-                                                                folgsraten aufweise, die periimplantäre
tion verbessern sich diese Technologien                                                              Mukositis hingegen lasse sich zuverlässig
rasant.                                                                                              therapieren. Die Verwendung von Anti-
                                                                                                     biotika in der Periimplantitistherapie
Periimplantitis und Malpractitis                                                                     bringe keine klinischen Vorteile, und
Nach einer letzten Pause ging es weiter                                                              resistente Keime seien immer häufiger
mit dem Vortrag «Clinically induced trig-                                                            aufzufinden.
gering factors and peri-implantitis» von                                                             Zum Schluss fand nochmals eine ab-
PD Dr. Luigi Canullo, Rom, Italien. Der Pri-                                                         schliessende Diskussion statt, bevor die
vatpraktiker stellte gleich zu Beginn klar,       Der Privatpraktiker PD Dr. Luigi Canullo aus Rom   Teilnehmer dieser gelungenen Veranstal-
dass er «das schwarze Schaf» sei.                 bezeichnete sich selbst als «schwarzes Schaf».     tung ins Wochenende starteten.

                                                                                                           SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019  P
ZAHNMEDIZIN AKTUELL           233

                             N E U E S VO N D E N FAC H G E S E L L S C H A F T E N

                      SGDMFR
Schweizerische Gesellschaft für dentomaxillofaziale Radiologie
                      SSRDMF
    Société suisse de radiologie dentaire et maxillo-faciale
                      SSRDMF
      Società svizzera di radiologia dentomaxillofacciale
                     SADMFR
      Swiss Association of Dentomaxillofacial Radiology

Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für dentomaxillofaziale Radiologie (SGDMFR) in Interlaken vom 12. Juni 2019

Ausschreibung des Nachwuchswettbewerbs für Assistentinnen und Assistenten
in Weiterbildung
Eingebettet im interessanten Programm der Jahrestagung 2019 in Interlaken bietet die SGDMFR jungen Forschern, die auf dem Gebiet
der zahnärztlichen Radiologie arbeiten, ein Forum, um im Rahmen eines Nachwuchswettbewerbs ihre Arbeiten zu präsentieren.
Zugelassen sind Masteranden und Masterandinnen sowie Dissertanten und Dissertantinnen schweizerischer Universitäten/Universi-
tätszahnkliniken sowie Teilnehmer eines BAG- oder SSO-akkreditierten Weiterbildungsprogramms.
Bewerber für den Nachwuchswettbewerb sollten Mitglied der SGDMFR sein (oder sich um eine Mitgliedschaft beworben haben).
Das Abstract sollte im IADR-Format (Ziel, Material und Methoden, Ergebnisse, Diskussion, Schlussfolgerung: inkl. aller Co-Autoren und
deren Institutionen) in digitaler Form bis 12. Mai 2019 via E-Mail an das SGDMFR-Sekretariat eingereicht werden. Zugelassene Referate
sollen maximal zehn Minuten dauern, anschliessend folgt eine fünfminütige Diskussion.
Der Nachwuchspreis der SGDMFR ist mit 2750 Franken dotiert. Die beste Arbeit wird mit 1500 Franken, die zweitbeste mit 750 Franken
bzw. die drittbeste mit 500 Franken ausgezeichnet.
Alle zum Nachwuchswettbewerb zugelassenen Teilnehmer werden zudem zur Jahrestagung eingeladen.

E-Mail-Adresse: dorothea.dagassan@unibas.ch                      Dr. D. Dagassan-Berndt
                                                                 Sekretärin SGDMFR

Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Oralchirurgie und Stomatologie
La Poste, Kongresszentrum Visp, Samstag, 22. Juni 2019

Ausschreibung des Nachwuchswettbewerbs für Assistenten in Aus- und
Weiterbildung
Anlässlich unserer Jahrestagung wird Nachwuchsleuten die Möglichkeit für einen wissenschaftlichen Kurzvortrag geboten. Zugelassen
sind Studierende sowie Kolleginnen und Kollegen, die aktuell in strukturierter oralchirurgischer Aus- oder Weiterbildung stehen oder
das Programm vor maximal 12 Monaten abgeschlossen haben. Der Vortrag ist auf zehn Minuten begrenzt und sollte aus dem Gebiet
der Oralchirurgie oder Stomatologie stammen.
Der Vortrag wird direkt im Anschluss diskutiert. Das Abstract sollte im IADR-Format (objective, materials and methods, results,
conclusion) in digitaler Form via E-Mail bis 31. Mai 2019 im SSOS-Sekretariat eingereicht werden.
Der Nachwuchspreis der SSOS ist mit insgesamt 2250 Franken dotiert. Die beste Arbeit wird mit 1000 Franken, die zweitbeste mit
750 Franken und die drittbeste mit 500 Franken ausgezeichnet.
Alle zum Nachwuchswettbewerb zugelassenen Teilnehmer werden zudem zur Tagung eingeladen und erhalten eine Spesenpauschale
von 100 Franken.

E-Mail-Adresse: info@ssos.ch                                              Prof. Dr. Vivianne Chappuis
Betreff: «Nachwuchswettbewerb Visp 2019»                                  Sekretärin SSOS

                                                                                                    SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
                                                                                                                                      P
234     ZAHNMEDIZIN AKTUELL

                                                     U N I N AC H R I C H T E N

                                                                         Im vergangenen November hat die
        Venia docendi und                                                Medizinische Fakultät der Universität Bern
        Antrittsvorlesung von                                            PD Dr. Nikola Saulacic die Venia docendi
        PD Dr. Nikola Saulacic                                           für das Fach «Experimentelle Oralchirurgie
                                                                         und Kieferchirurgie» erteilt.

                                                                         Text: Prof. Dr. Dr. Tateyuki Iizuka; Foto: zvg

      PD Dr. Nikola Saulacic ist seit 2007 For-                                                       Am 30. Januar hielt PD Dr. Saulacic im
      schungsmitarbeiter an der Universitäts-                                                         Department for Biomedical Research
      klinik für Schädel-, Kiefer- und Gesichts-                                                      (DBMR) der Universität Bern vor Kolle-
      chirurgie des Inselspitals Bern. Er ist                                                         ginnen und Kollegen, Freunden und Gäs-
      auch als Dozent in der Lehre für das Fach                                                       ten seine Antrittsvorlesung zum Thema
      Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie so-                                                        «Alveolarknochen – das wichtigste Ge-
      wie als Supervisor und Ko-Supervisor im                                                         webe für die orale Funktion». Nach der
      Master- und Doktorstudium tätig.                                                                Begrüssung von Prof. Dr. Marcel Egger,
      PD Dr. Nikola Saulacic absolvierte sein                                                         Ko-Direktor des Instituts für Physiologie
      Zahnmedizinstudium und seine zahnärzt-                                                          und Stellvertreter des Dekans, eröffnete
      liche Weiterbildung als «Spezialist in                                                          Prof. Dr. Dr. Tateyuki Iizuka, Direktor der
      Oralchirurgie» an der Universität Belgrad.                                                      Universitätsklinik für Schädel-, Kiefer-
      Bereits nach Abschluss seines zahnmedi-                                                         und Gesichtschirurgie, die Antrittsvor-
      zinischen Studiums engagierte er sich ak-                                                       lesung. Er stellte PD Dr. Saulacic und die
      tiv in der Forschung und erwarb den Titel                                                       Meilensteine dessen akademischer Bio-
      «Master of Science». Als ITI-Stipendiat                                                         grafie vor und würdigte seine wissen-
      war er für ein Jahr an der Poliklinik für                                                       schaftlichen Leistungen.
      Chirurgische Zahn-, Mund- und Kiefer-                                                           In seiner Antrittsvorlesung gab PD Dr.
      heilkunde der Universität Bonn. Er setzte                                                       Saulacic einen Überblick über die biolo-
      seine Forschungstätigkeit an der Universi-                                                      gischen Ereignisse nach dem Zahnverlust
      tät Santiago de Compostela in Spanien fort                                                      und die darauffolgende Knochenatrophie.
      und schloss das Postgraduate Training for     PD Dr. Nikola Saulacic                            Dabei präsentierte er ausführlich die re-
      Advanced Studies mit dem Erwerb des                                                             levanten Knochenregenerations- und
      europäischen PhD-Titels ab. Seine PhD-                                                          Knochenaugmentationstechniken sowie
      Forschung war international mit den Uni-      2017 übernahm er die Funktion als Leiter          deren Potenzial und diskutierte Zukunfts-
      versitäten Bonn, Deutschland, und Ox-         der klinischen Forschung der Universi-            perspektiven. Nach dem interessanten
      ford, Grossbritannien, vernetzt.              tätsklinik für Schädel-, Kiefer- und Ge-          Vortrag, wurden die gewonnenen Ein-
      Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit in    sichtschirurgie im Inselspital Bern und           drücke in einem gemütlichen Zusam-
      Lehre und Forschung war er in der Funk-       baute seine Forschungstätigkeit und seine         mensein bei einem Apéro riche ausge-
      tion eines wissenschaftlichen Mitarbeiters    akademische Position weiter aus. Seine            tauscht.
      an der Klinik für Oralchirurgie und Sto-      gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte
      matologie der Zahnmedizinischen Klini-        liegen bei der Knochenregeneration für            Wir gratulieren PD Dr. Nikola Saulacic sehr
      ken (ZMK) der Universität Bern tätig. Im      die Rekonstruktion des Kiefer- und Ge-            herzlich zu seiner Habilitation, wünschen
      Jahr 2013 erwarb PD Dr. Saulacic die Quali-   sichtsschädelknochens mit verschiedenen           ihm viel Erfolg für die berufliche und private
      fikation des Fachzahnarztes für Oralchi-      osteokonduktiven und –induktiven Me-              Zukunft und freuen uns auf die weitere
      rurgie und Stomatologie SSO. Im Jahre         thoden.                                           Zusammenarbeit.

      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
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ZAHNMEDIZIN AKTUELL             235

Bern: SSRD Continuing Education Day 2019: Gerodontology
Am 18. Januar 2019 fand der jährliche
                                                    Tab. 1    Weiterbildungstag für die Spezialisierungskandidaten der SSRD
schweizweite Weiterbildungstag für die Spe-
                                                    Speaker                    Topic
zialisierungskandidaten der Schweizerischen
Gesellschaft für Rekonstruktive Zahnmedizin         Ronald Jung                Welcome
                                                    Nicola Zitzmann
SSRD in Bern unter der Federführung von             Martin Schimmel
Prof. Martin Schimmel, Leiter der Abteilung
                                                    Aspects of General Medicine, Ethics, Jurisdiction
für Gerodontologie der ZMK Bern, statt.
                                                    Martin Schimmel            Preventive, reconstructive or palliative: objectives in gerodontology
Prof. Schimmel stellte ein vielseitiges und
                                                    Andreas Stuck              Dental treatment in older persons with dementia: what dentists need to
interessantes Programm unter Einbezie-
                                                                               know from geriatrics
hung aller Lehrstuhlinhaber der Gerodonto-
                                                    Michal Hasler              Das neue Erwachsenenschutzrecht und die Aufgaben der Kinder- und
logie in der Schweiz zusammen. Das in Eng-                                     Erwachsenenschutzbehörde, Patientenverfügung
lisch vorgetragene Programm spiegelte die
                                                    Reconstructive and Implantological Concepts
grosse Bandbreite des Faches wider. Unter-
                                                    Daniel Buser               Short and/or narrow implants as an alternative to bone augmentation in the
teilt wurde es in die drei Themengebiete                                       elderly patient
«Aspects of General Medicine, Ethics, Juris-
                                                    Frauke Müller              Criteria for dentures designed for old, very old and terminally ill patients
diction», «Reconstructive and Implantolo-
                                                    Murali Srinivasan          Too old for an implant? Geriatric treatment concepts for implant and tooth-
gical Concepts» sowie «Interdisciplinary                                       supported reconstructions
Update» (siehe Tab. 1).
                                                    Interdisciplinary Update
Mit einer anspruchsvollen schriftlichen
                                                    Hendrik Meyer-Lückel Root caries – myths and realities
Wissensüberprüfung für die 48 teilnehmen-
                                                    Valérie Suter              Sicca syndrome: etiology and oral manifestation
den Kandidatinnen und Kandidaten ging der
gelungene Anlass in der schönen Hauptstadt          Giovanni Salvi             Periodontal as well as peri-implant maintenance care for the elderly patient
zu Ende.                                            Christian Besimo           Medical screening of ageing persons in the dental office
Die Weiterbildungstagung der SSRD 2020              Georg Starke               Medical ethics in the treatment of geriatric patients
wird turnusgemäss in Genf zum Thema                 Candidates                 Written test on learning progress
«Material Science» stattfinden.                     Ronald Jung                Summary, closing remarks
                                                    Nicola Zitzmann
Text und Foto: zvg                                  Martin Schimmel

Gruppenbild mit den SSRD-Spezialisierungskandidaten und Referenten im Langhans-Auditorium der Universität Bern.

                                                                                                                   SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019    P
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                                                                        ONLINE

                                                                              Eine der besten Medizin-Apps, die mo-
        Smartphone-                                                           mentan auf dem Markt sind, ist Ada.

        Apps für Zahn-                                                        Sie ist kostenfrei und ist ein gutes Beispiel
                                                                              für den Einbezug von künstlicher Intelli-
        ärztinnen und                                                         genz in die Medizin.

        Zahnärzte                                                             Text und Bilder: Prof. Andreas Filippi

      Sich bei eigenen Beschwerden oder bei Erkrankungen von An-                  ten wie Körpergrösse, Vorerkrankungen, Medikamenten-
      gehörigen Hilfe im Internet zu suchen, ist heute die Regel und              einnahme, Gewicht oder Alter schon eingegeben hat, können
      sicher nicht mehr die Ausnahme. Mit Vorkenntnissen kann man                 die Fragen im ersten Fall deutlich spezifischer gestellt werden,
      bei den teilweise unsinnigen Onlineempfehlungen die Spreu                   als wenn man Auskunft für eine andere Person benötigt. Und
      vom Weizen trennen. Es gibt jedoch auch Apps, die so etwas                  es wird tatsächlich ausgesprochen spezifisch gefragt (hier am
      werbefrei und ohne Pharmaindustrie im Hintergrund ganz her-                 Beispiel von Zahnfleischbluten, Abb. 3–8). Die Zahl der Fragen
      vorragend und auf vorbildliche Weise lösen. Eine dieser Apps                ist deutlich grösser, als erwartet, und man wundert sich, wie
      soll heute vorgestellt werden.                                              detailliert nachgefragt wird. Wenn man eine Frage nicht sicher
                                                                                  beantworten kann, werden Beispielbilder gezeigt, auch über-
      Teil 57 – Ada                                                               raschend viele aus den Bereichen Zahnmedizin und orale Er-
      Ada ist kostenfrei, man muss sich jedoch mit einigen Eckdaten               krankungen (Abb. 7). Ganz am Ende kommen dann mögliche
      registrieren, um die App sinnvoll nutzen zu können. Nach dem                Diagnosen (Abb. 9) – und nicht nur das: Es werden auch deut-
      Start (Abb. 1) wird man zunächst gefragt, ob es um einen selbst             liche Hinweise gegeben, wann und ob man einen Arzt aufsu-
      geht oder um jemand anderen (Abb. 2). Da man eigene Eckda-                  chen muss oder nicht. Die App weist zudem darauf hin, dass

      Abb. 1: Ada: Startbildschirm          Abb. 2: Ada: Wahlmöglichkeit, ob es   Abb. 3: Ada: Eingabe eines Schlag-   Abb. 4: Ada: Fragen nach dem Beste-
                                            um den Benutzer selbst geht oder      worts oder Symptoms                  hen der Symptomatik
                                            jemand anderen

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ZAHNMEDIZIN AKTUELL           237

Abb. 5: Ada: Frage nach zusätzlichen   Abb. 6: Ada: Fragen nach Details der   Abb. 7: Ada: … wobei auf Wunsch
Beschwerden                            Symptomatik, …                         Beispielbilder gezeigt werden.

dies keine definitiven medizinischen Diagnosen sein können                    Zukunft funktionieren könnte. Unbedingt ausprobieren! Eine
und dass sie den Arzt nicht ersetzen kann (Abb. 10).                          der aktuell besten Medizin-Apps auf dem Markt.
Der Autor hat diese App mit verschiedenen Symptomen nun
mehrfach durchgespielt und muss sagen: Das ist erstaunlich gut
gemacht. Das Ganze läuft auf Basis künstlicher Intelligenz und                Literatur
könnte ein Vorbild sein, wie die medizinische Diagnostik der                  Filippi A: iPhone- und iPad-Apps für Zahnärzte, Quintessenz-Verlag (2013)

Abb. 8: Ada: Zusatzfragen über         Abb. 9: Ada: Auflistung möglicher      Abb. 10: Ada: Klarer Hinweis, dass
mögliche allgemeinmedizinische         Diagnosen, wenn alle Fragen beant-     dies keinen Arzt ersetzt
Ursachen                               wortet wurden

                                                                                                                SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
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                                                                MEDIZIN

                                                                       Mit einem neuen Test lassen sich frühzeitig
        Die Demenz                                                     im Blut Hinweise auf Alzheimer finden. Der

        früher feststellen                                             Test dürfte die Suche nach Medikamenten
                                                                       vereinfachen. Von der Routine ist er aber
                                                                       noch weit entfernt, auch ethische Fragen
                                                                       sind noch nicht geklärt.

                                                                       Text: Dr. Felicitas Witte, Ärztin und Journalistin
                                                                       Grafiken: Emanuele Fucecchi

      Es ist die Frage, die man sich unweiger-      Medicine» beschrieben hat.1 Jucker ist         nicht mehr kommunizieren und sterben
      lich als Angehöriger eines Menschen mit       Neurobiologe und Professor am Deut-            ab (Abb. 1). Doch auch wenn die For-
      Alzheimer-Demenz stellt: Wie rasch            schen Zentrum für neurodegenerative            scher eine Vorstellung vom Krankheits-
      schreitet die Krankheit voran? Wie            Erkrankungen und am Hertie-Institut            mechanismus haben, gestaltet sich die
      schnell wird die Hirnfunktion des ge-         für Klinische Hirnforschung an der Uni-        Suche nach einem Medikament schwie-
      liebten Menschen nachlassen? Wie lange        versität in Tübingen. «Der Test ist für        rig.
      kommt der Betroffene noch im Alltag           die Patienten viel angenehmer als her-         «Bei den bisherigen klinischen Studien
      klar, wann muss er gepflegt werden, wie       kömmliche Untersuchungen», sagt er,            haben wir vermutlich viel zu spät mit der
      lange wird er einen erkennen? Und man         «und ausserdem ist er einfacher und            Behandlung angefangen, nämlich wenn
      selbst? Wird man irgendwann auch er-          preiswerter.» Ihn habe erstaunt, dass er       die Hirnleistung bereits nachgelassen
      kranken? Auf diese Fragen gibt es bisher      bei einigen Patienten mehr als 16 Jahre        und der Patient schon Symptome hat»,
      keine Antwort. Es gibt auch nach wie          vor den ersten Symptomen Hinweise im           sagt Giovanni Frisoni, Alzheimerforscher
      vor keine Therapie, um das Fortschreiten      Blut erkennen konnte. «Mit weiteren            und Leiter der Memory Clinic am Uni-
      der Krankheit aufzuhalten. Immer wie-         Messungen im Blut konnten wir dann             versitätsspital in Genf. «Medikamente
      der testeten die Wissenschaftler neue         ziemlich genau vorhersagen, wie sehr           können dann nicht mehr verhindern,
      Präparate, doch die Studien schlugen          die Hirnleistung nachlassen wird.» Noch        dass die Demenz immer schlimmer
      fehl und brachten nicht den erhofften         ist der Test aber weit davon entfernt, in      wird.» Wichtig wäre es also, Verände-
      Erfolg.                                       der Routine angewendet zu werden –             rungen im Hirn möglichst früh nachzu-
      Jetzt haben Forscher von der Universität      von den ethischen Fragen mal ganz              weisen und Medikamente bereits dann
      Tübingen einen neuen Test entwickelt,         abgesehen.                                     zu testen. «Den neuen Bluttest finde ich
      mit dem sich schon Jahre vor den ersten                                                      daher sehr viel versprechend», sagt Fri-
      Symptomen Veränderungen im Blut               Medikamente werden zu spät eingesetzt          soni. Die Plaques lassen sich zwar mit
      nachweisen lassen. «Unser Test wird           Alzheimer entsteht – so die gängige            Positronenemissionstomografie (PET)
      die Suche nach einem wirksamen Medi-          Hypothese –, weil sich zwei Eiweisse           darstellen und Beta-Amyloid und Tau
      kament voranbringen», sagt Mathias            im Gehirn ablagern: Beta-Amyloid und           im Liquor nachweisen. «Die PET ist aber
      Jucker, der den Test mit seinem Team          Tau. Durch die Ablagerungen, Plaques           teuer, aufwändig und mit einer Strahlen-
      neulich in der Fachzeitschrift «Nature        genannt, können die Nervenzellen               belastung verbunden», sagt Frisoni,
                                                                                                   «und die Liquorpunktion ist für die
                                                                                                   Patienten unangenehm.»
                                                                                                   Juckers Test misst Überreste von Neuro-
        Genetik und Lebensstil spielen eine Rolle                                                  filamenten, nämlich die Neurofilament-
                                                                                                   Leichtketten (Abb. 2). Neurofilamente
        Bei der häufigsten, sporadischen Alzheimerform haben Gene einen gewissen Einfluss,         sind quasi das Skelett der Nervenzellen.
        aber der Lebensstil spielt auch eine grosse Rolle. Anders bei der autosomal dominant       Veränderungen in der Konzentration der
        vererbten Form (ADAD), die weniger als 1 von 100 Alzheimerpatienten betrifft. Hier         Leichtketten in Körperflüssigkeiten wur-
        spielen Gene die Hauptrolle, mutiert ist dabei eines von drei Genen, PSEN1, APP oder       den bei Mäusen mit Hirnschaden und bei
        PSEN2. Haben Vater oder Mutter ADAD, bekommt man mit einer Wahrscheinlichkeit              neurologischen Krankheiten beobachtet.
        von 50 Prozent auch ADAD. Die Betroffenen erkranken meist zwischen 30 und 50;              Es wurde auch festgestellt, dass die Kon-
        Symptome, weiterer Verlauf und Behandlung sind fast genauso wie bei der «klassi-           zentration im Liquor gut mit jener im
        schen» Form.                                                                               Blut übereinstimmt. Bisher gab es aber
                                                                                                   keine Untersuchungen, wie sich die

      SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 129 3 2019
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