GEDENKFEIER SEMPACH 2021 - OFFIZIELLE FESTZEITUNG - Kanton Luzern
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A.Z. 6203 SEMPACH STATION, DONNERSTAG, 1. JULI 2021 VERKAUFSPREIS FR. 2.50 GEDENKFEIER SEMPACH 2021 O F F I Z I E L L E F E S T Z E I T U N G Von der Burg zur Stadt Edle Herkunft, edle Gesinnung. Das Bild aus der berühmten Manessischen Liederhandschrift, entstanden um 1300 in Zürich, zeigt den Min- nesänger Hesso von Rinach, der Behinderte und Bettler in sein Haus aufnimmt. Unter seinem Namen sind zwei Minnelieder mit sieben Strophen überliefert. Darin klagt er: «Ach, willst Du mich nicht trösten mit deinem roten Mund, sieh, so sterbe ich.» Über das Leben von Hesso ist wenig bekannt. Als Minnesänger wird er je- doch zum bekanntesten Vertreter der Herren von Rinach, die im Spätmittelalter im heutigen Grenzraum Luzern–Aargau drei Burgen besitzen. Hesso lebt hundert Jah- re vor der Schlacht bei Sempach, steht aber für jene adelig-vornehme Lebensweise der Ritter, die nach 1386 zunehmend bedrängt wird. Nicht mehr die Ritter auf den Burgen geben nun den Ton an, sondern die Räte und Bürger in den Städten. Der Luzerner Schultheiss Petermann von Gundoldingen verkörpert mit seiner be- wegten Biografie diesen Übergang besonders eindrücklich, wie die Doppelseite 6/7 dieser Ausgabe dokumentiert. BILD UB HEIDELBERG, CODEX MANESSE 113V.
2 1. JULI 2021 GEDENKFEIER 2021 Sempach 1386: Eine oft verklärte Schlacht GESCHICHTE REKONSTRUIERT SICH IM FALLE DER SCHLACHT BEI SEMPACH ZU EINEM GROSSEN TEIL DURCH SPÄTERE «ZEUGEN» Was sich genau am 9. Juli 1386 Adels setzten. Die im lokalpolitischen auf einem Feld nahe Sempach Kontext kühnste Rückprojektion dürfte zugetragen hat, ist bis heute aber jene der eidgenössischen Kriegs- nur bruchstückhaft rekonstru- uniformen gewesen sein, wie er sie im ierbar. Historisch ist nur eines Bild dargestellt hatte. Schwyzer und gesichert: Je weiter das Ereignis Luzerner Haufen rannten dabei diszi- zeitlich zurücklag, desto mehr pliniert und in ihren rot- sowie blau- «Zeugen» wussten immer detail- weissen Strümpfen gegen den Feind reicher von ihm zu berichten. an. Dabei handelt es sich vielleicht weniger um eine «materielle» Rück- Viele dieser «Details» wurden früheren projektion als vielmehr um eine «Ide- Erzählungen hinzugefügt und konnten elle», denn auch zu Schillings Lebzei- in der modernen Geschichtswissen- ten gab es solcherlei Uniformen nicht. schaft als sogenannte «Rückprojektio- Freund und Feind konnten lediglich nen» identifiziert werden. Anhand von anhand der Banner und Fähnlein von- Rückprojektionen wurden Wissens- einander unterschieden werden. In ihr lücken «logisch» aufgefüllt. In ihnen verbirgt sich allerdings das im Verlau- verbargen sich stets auch zahlreiche fe des 15. Jahrhundert, und im Zuge Erklärungs- und Rechtfertigungsver- der zunehmenden Territorialisierung suche für die «Umkehr der gottgewoll- der städtischen Herrschaft gewachse- ten Ordnung», die mit der Vernichtung ne obrigkeitliche Selbstverständnis ei- des vorderösterreichischen Adels in ner durch sie kontrollierten Kriegsfüh- der Schlacht von Sempach ihren Höhe- rung. Eine Territorialität, die im 14. punkt erreichte. Ein frühneuzeitlicher Jahrhundert noch fehlte, genauso wie Chronist, welcher in Wort und Bild be- die militärische Disziplin, die sich erst sonders stark auf diese «Technik» zu- im 16. Jahrhundert langsam verbes- rückgriff, war der Luzerner Diebold sern sollte. Die Schlacht von Sempach Schilling 1513. Einige seiner rückpro- wurde weder von der Luzerner Füh- jizierten Motive überlebten dabei bis in rung geplant noch eröffnet, geschwei- die Gegenwart. ge denn geführt. Sie war das Resultat eines gescheiterten österreichischen Aktueller Wissensstand Die Schlacht bei Sempach hat Diebold Schilling im Jahre 1513 dargestellt. FOTO ZVG Überfalls auf einen kleinen eidgenössi- Der Historiker Guy Marchal nann- schen Trupp, der wie schon der Sturm te einst drei verschiedene von der Ge- auf Rothenburg 1385 von eidgenös- schichtswissenschaft vertretene «Ver- wurden. Seine Vermutung sah er auch auf eidgenössischer Seite als Ursache Anschluss zur Strafe hängen zu kön- sischer Seite her ohne obrigkeitliche sionen» über den Schlachtverlauf. Da durch die zu Beginn sehr hohen Op- identifiziert haben wollte. Ausserdem nen. In Wirklichkeit stammen sie aus Führung über die Bühne ging. Schau- wäre zum einen die Sichtweise Hein- ferzahlen auf eidgenössischer Seite be- kannte er die genaue Zahl der Krieger: den Burgenderkriegen. Karl der Küh- felberger spricht in diesem Zusammen- rich Killers, welcher die Österreicher stätigt, bevor sich das Blatt gegen die 1300 Eidgenossen gegen 4000 Österrei- ne liess nach der Schlacht von Grand- hang vom «Fähnlein, das den Knech- sich in ihrer ritterlichen Arroganz seiner Meinung nach eher halbherzig cher. Auch er betonte primär die ge- son 1476 die dortige eidgenössische ten hinterherlief», was charakteristisch auf die besser postierten Eidgenos- kämpfenden Adelsritter wandte. Daher machte materielle Beute der Eidgenos- Burgbesatzung trotz Schutzabsprache für die Sempacherzeit gewesen sein sen zu stürzen glaubt, was fehlschlug. könne von einer ungeplanten Schlacht- sen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts mit Stricken erhängen, wozu er eigens soll. Militärisch bestens ausgebildete Die zweite Darstellung vertrat Wal- eröffnung ohne klare Ordnung, Strate- wurden die Überlieferungen der Sem- Stricke in einem Karren hergebracht Söldner plündern sich, toleriert durch ter Schaufelberger, welcher die Eidge- gie und Taktik ausgegangen werden. pacher Schlacht immer detailreicher. hatte. Die bei Schilling umschriebe- städtische Obrigkeiten wie Luzern, nossen die Schlacht eröffnen sah, als Andreas Remy sieht das in der verän- ne Sempacher Kriegsbeute wiederum Bern oder Zürich, durch die habsbur- sich diese in die schwer gerüstete Pha- Früheste Überlieferung derten politischen Lage der Eidgenos- beinhaltete auch zahlreiche Kanonen, gischen Lande, vertreiben den dorti- lanx der Österreicher warfen und die, Die zeitnächste Überlieferung der senschaft zu jener Zeit begründet, wel- die es im 14. Jahrhundert so noch gar gen Adel und bereiteten so das Terrain ihrer Unbeweglichkeit wegen, in der Schlacht stammt aus dem Jahr 1390. che mit den Burgunderkriegen, wenn nicht gab. Auch sie entstammen der für die territoriale Ausdehnung städti- Schlacht das Nachsehen hatten. Guy Ein unbekannter Autor der Zürcher auch nur für kurze Zeit, zu einer euro- Schlacht von Grandson 1476 und wa- scher Herrschaft. 130 Jahre später, als Marchal selber wiederum stellte sich Chronik hielt über die Schlacht fest, päischen Militärmacht aufstieg. ren Teil des damals erbeuteten Bur- Diebold Schilling sein Bild von der auf den Standpunkt, dass die österrei- dass die Eidgenossen zunächst un- gunderschatzes. Bei Schilling sollen Schlacht malte, waren die Expansions- chischen Truppen aus einer erhöhten ter Druck geraten seien (das Luzerner Diebold Schillings Erzählung die eidgenössischen Knechte darüber phasen bereits vorbei. Nun galt es, die Lage heraus übereilt und ungeordnet Banner sei kurzzeitig niedergegangen), Die Schlacht von Sempach in der hinaus noch die Zeit gefunden haben, Herrschaft zu sichern und den Krieg in die überraschten eidgenössischen diese die Schlacht aber schlussend- Chronik des Diebold Schillings von vor der Schlacht auf ihren Knien ein zu kontrollieren. Die Idealvorstellung Haufen hinabgestürzt seien und nach lich doch noch gewonnen hätten. Des 1513 hat mit jener von 1386 wenig ge- Feldgebet zu sprechen. Damit rückpro- von städtisch geführten Truppen, die Anfangserfolgen schliesslich in die De- Weiteren wusste der Schreiber von mein. Sie kommt in ihrer Darstellung jizierte er das gesamte führungspoli- loyal und gehorsam für «ihren Stand» fensive gerieten, worauf sich Leopold vielen gefallenen Rittern, der Erbeu- nicht nur ideologisch aufgeladen da- tisch-eidgenössische Selbstverständnis kämpften, ist ein Ideal des 16. Jahrhun- ins Schlachtgetümmel begab und da- tung von nicht weniger als neun öster- her, sondern schien auch stark an die eines von Gott auserwählten, die öster- derts, (noch) nicht jedoch in der Sem- bei umkam. Der österreichischen Seite reichischen Bannern und einer gros- Lebenswelt des 15. und 16. Jahrhun- reichische Tyrannei beendenden Vol- pacherzeit. Die von Schilling rückpro- sei primär an einem Schädigungskrieg sen Menge an Rüstungen, Gold und derts angelehnt worden zu sein. Insbe- kes in die Sempacherzeit zurück. No- jizierte Vorstellung standesfarblich gelegen gewesen und nicht an einer ri- Silber zu berichten. Wie es zum wun- sondere die von Schilling selbst miter- tabene ein Tyrannen-Motiv, das ebenso uniformierter Knechte lebt unter ande- sikobehafteten offenen Feldschlacht. dervollen Umschwung in der Schlacht lebten Burgunderkriege flossen stark in aus der frühneuzeitlichen anti-burgun- rem dank der Zunft zu Safran bis heute Es ging um eine Machtdemonstration, kam, wurde damals noch nicht erklärt. seine Vorstellung des späten 14. Jahr- dischen Propaganda entnommen sein fort. MAXIMILIAN SCHERRER wofür Leopolds Ritter das Land brand- Dies übernahm dreissig Jahre später hunderts ein. So berichtet er von Stri- dürfte, wie die Selbstrechtfertigung da- schatzten, plünderten und schädigten. der Berner Conrad Justinger, welcher cken, die Herzog Leopold III. in ei- für, weshalb sich bäuerliche und städ- Quellen: Die hastige Schlachteröffnung erklär- in seiner Chronik von 1420 eine ge- nem Karren in die Schlacht mitgeführt tische Oberschichten an die Stelle des - Jäggi, Stefan, Artikel «Sempacherkrieg». In: His- te sich Marchal damit, dass der öster- schickt geänderte Schlachtformation haben soll, um die Eidgenossen im von Gott zur Herrschaft eingesetzten torisches Lexikon der Schweiz (HLS) online, reichische Ritteradel sich in einem lo- Version vom 18. Dezember 2012, https://hls- ckeren Bauernjagen wähnte und den dhs-dss.ch/de/articles/008871/2012-12-18/, eidgenössischen Gegner dabei fatal un- abgerufen am 22. Mai 2021. terschätzte. Weiter verwies er auf die - Marchal, Guy P., Leopold und Winkelried – topographischen Vorteile, welches das Die Helden von Sempach, oder: Wie ein Ge- Heer Leopolds auf seiner Seite wuss- schichtsbild entsteht. In: Marchal, Guy P, te, und darauf, dass zur selben Zeit Schaufelberger, Walter, Steiner, Alois, et al., auch im Deutschordensstaat Schädi- Arnold von Winkelried, Mythos und Wirklich- gungszüge der Ritter ins verfeindete, keit, Stans (1986), s. 84–86. heidnische Nachbargebiet üblich wa- - Marchal, Guy P., Zum Verlauf der Schlacht bei ren, wobei auch dort einfache Bauern Sempach, Ein quellenkritischer Nachtrag. In: von Rittern «gejagt» wurden. Aus die- Schneider, Boris, Phyton, Francis, Schweizeri- sem Denken heraus sei den habsburgi- sche Zeitschrift für Geschichte, Vol. 37, Basel schen Rittern erst mitten im Getümmel (1987), S. 429–435. klar geworden, dass sie es in Wirklich- - Remy, Andreas, Sempach 1386 – Darstellung keit mit professionellen, kriegsgeüb- einer Schlacht im Wandel der Zeit. Vom un- ten Fusssoldaten zu tun hatten. Dass erklärlichen Sieg zum festen Bestandteil eid- die geländekundigen, eidgenössischen genössischer Militärtradition. In: Füssel, Ma- Truppen sich ausgerechnet selbst in rian, Sikora, Michael (Hrsg.), Kulturgeschichte eine solch` nachteilige Lage gebracht einer Schlacht, Paderborn (2014), S. 79–91. haben sollen, glaubte Marchal indes - Schaufelberger, Walter (Herausgegeben von nicht. Es wäre ein Leichtes gewesen, Claudia Miller), Spurensuche: Siebzehn Auf- sich auf eine nahe gelegene Anhöhe sätze zur Militärgeschichte der Schweiz, Lenz- zu verschieben, bevor die Schlacht los- burg (2008), S. 123–140 und S. 181–223. ging. Daher ging er davon aus, dass die Truppen gar nicht auf eine Schlacht Maximilian Scherrer studiert derzeit Geschich- vorbereitet waren, sondern sich auf te an der Universität Luzern und ist nebenbe- dem Weg nach Sempach befanden ruflich im Conrad-Ferdinand-Meyer-Haus in (wo die eidgenössischen Soldaten sich Kilchberg ZH als Mitarbeiter in der Museums- für den Kampf gesammelt hätten), als Dank der Zunft zu Safran lebt die Vorstellung standesfarblich uniformierter Knechte bis heute. Im Bild die Zunft zu Safran an der leitung tätig. Er wird sein Studium dieses Jahr sie aus heiterem Himmel angegriffen Gedenkfeier vom 30. Juni 2019. FOTO ARCHIV SEMPACHER WOCHE abschliessen.
1. JULI 2021 3 GEDENKFEIER 2021 Die Steger-Dynastie prägte Sempach SEMPACH VATER UND SOHN PRÄGTEN DAS GESELLSCHAFTLICHE UND HISTORISCHE LEBEN SEMPACHS WÄHREND FAST 100 JAHREN Mit dem tragischen Unfall- sen., Vater von Marie-Theres Helfen- tod von Martin Steger am 30. stein, waren damals wichtige Stüt- März 2021 geht in Sempach die zen der Museumskommission, welche Steger-Dynastie zu Ende. Vater sich um den Betrieb kümmerte. Nach Fritz Steger und sein Sohn Mar- deren Tod traten Martin Steger und tin haben das gesellschaftli- Marie-Theres Helfenstein 1982 in die che Leben in Sempach als Leh- Fussstapfen ihrer Väter. Sie wurden rer und Lokalhistoriker während zu treibenden Kräften und erreich- fast 100 Jahren stark geprägt. ten 1996 die Gründung des Museums- Eine Würdigung. vereins, welcher sich zum Ziel setzte, die Sempacher Geschichte zu bele- Es war 1926, als der 1895 in Ettis- ben und erlebbar zu machen. Ziel war wil geborene Primarlehrer Friedrich die Eröffnung eines neuen Museums, (Fritz) Steger mit seiner Familie nach das den formulierten Ansprüchen ge- Sempach zog. Zuvor war er während recht zu werden vermochte. Es wurde zwölf Jahren als Lehrer und Orga- ein langer und steiniger Weg. Der Kor- nist in Eich tätig gewesen. Hier hat- poration als Besitzerin des Rathauses te er seine erste Frau Katharina Brun- fehlte das Geld für die notwendige Ge- ner kennengelernt, welche nach der samtsanierung, was den Verein veran- Geburt des sechsten Kindes 1925 be- lasste, auf eigene Faust ein Konzept reits in jungen Jahren verstarb. Schon für ein reduziertes Museumsprojekt von Eich aus hatte Fritz Steger Bezie- zu erarbeiten. Aber auch das scheiter- hungen zu Sempach geknüpft. Etwa te an der Finanzierung. «Das hat un- zur Theatergesellschaft, wo er im serem Konservator Martin Steger arg 1926 aufgeführten Festspiel «Der Mül- zugesetzt», erinnert sich seine Weg- ler von Sempach» für den erkrank- streiterin Marie-Theres Helfenstein. ten Hauptrollenträger einsprang. Was für ein Glücksfall, nicht nur für die Die Wunder von Sempach Theatergesellschaft, sondern auch für Doch es geschehen hin und wie- die sechs Waisen und die zehn Kin- der Wunder: Für Marie-Theres Hel- der, die seiner zweiten Ehe entsprin- fenstein waren es gleich mehrere, gen sollten, die sich hier auf der Büh- die schliesslich den gordischen Kno- ne anbahnte. Fritz Steger verliebte Grossfamilie Steger. ten lösten. Die Korporationsgemeinde sich in die weibliche Hauptrollenträ- gab das Rathaus zugunsten einer zu gerin Frieda Rüttimann von der Mühle gründenden Stiftung frei, mehr noch: in Sempach. Das Bühnenpaar heirate- Sie beteiligte sich an der Stiftung mit te und bezog das Haus «Paradiesli» an 500‘000 Franken. Die Stadt Sempach der Hildisriederstrasse. beteiligte sich ebenfalls mit einer hal- ben Million, und der Museumsverein Multitalent Fritz Steger mit 100‘000 Franken. 2011 konnte die Heutzutage ist es kaum mehr vorstell- Stiftung Rathaus gegründet und das bar, was Fritz Steger in seinen fast 82 Projekt für ein neues Rathausmuse- Lebensjahren alles unter einen Hut um in Angriff genommen werden. Für gebracht hat. Als engagierter Primar- die Inhalte des neuen Museums waren lehrer stand er in Sempach als Regis- Martin Steger und der Luzerner His- seur und Schauspieler auf der The- toriker Kurt Messmer zuständig, mit aterbühne, dirigierte mehrere Jahre der gestalterischen Umsetzung wurde den Kirchenchor, den Männerchor, die Berner Werbe- und Kommunikati- den Orchesterverein und die Musik- onsagentur Wapico beauftragt. An der gesellschaft Harmonie. Als überzeug- Sempacher Gedenkfeier 2014 konnte ter Naturmensch engagierte er sich zu das Museum als neues Juwel mitten Beginn der 1920er-Jahre an vorders- im Städtchen Sempach eröffnet wer- ter Front erfolgreich gegen geplan- den. Für Martin Steger wurde es zum te Stauseeprojekte am Sempachersee. Höhepunkt seines ausserordentlichen Fritz Steger half mit, die Vereinigung Engagements als Lokalhistoriker. zum Schutz des Sempachersees (heu- te Pro Sempachersee) zu gründen und Stolzer Grossvater so dem See einen dauerhaften Verbün- 2010 ging Martin Steger als Sempacher deten zur Seite zu stellen. Stadtarchivar in Pension und trat die- Besonders am Herzen lagen Fritz ses Amt an Historiker André Heinzer Steger auch die Lokalgeschichte und ab. «Mit seinem ebenso liebenswürdi- das lokale Kulturgut. gen wie eigenwilligen Charakter, mit 1949 gründete er die «Pro Kirchbühl», Fritz (rechts) und sein Sohn Martin Steger hinterlassen in Sempach grosse Fussabdrücke. FOTOS OTTO SCHMID / ZVG seinen Ecken und Kanten und mit sei- eine Vereinigung, die es schaffte, aus nem unglaublich detailreichen Wissen der damals verwahrlosten Kirchenan- um das Gemeinwesen, lernte ich ihn lage oberhalb von Sempach ein kul- damalige Gemeindepräsident Hans und er «eine mönchische Seite» habe, Als Martin Steger 1985 begann, Ord- als angenehmen, humorvollen Kolle- turhistorisches Juwel zu schaffen. Helfenstein in seiner Grabrede. Des- die sich in seinem «Hang zum Sin- nung in das Sempacher Stadtarchiv gen kennen, mit dem ich den persön- Zwischen 1957 und 1976 betreute er sen Schwester Marie-Theres Helfen- nieren und Nachdenken bei Rückzü- zu bringen, machte er das zehn Jahre lichen Austausch sehr schätzte», sagt als Redaktor die Festzeitung der Sem- stein war ebenfalls eine Schülerin gen in die Einsamkeit» manifestiere, lang praktisch für Gotteslohn. Erst als der Nachfolger über seinen Vorgänger. pacher Schlachtjahrzeitfeier und ver- von Fritz Steger. «Er war ein stren- entschied er sich für die Universität die Stadt 1996 ein Teilzeitpensum von Martin Steger blieb auch als pensio- öffentlichte dabei Beiträge, die weit ger, aber fortschrittlicher und bei den Fribourg, wo er neueuropäische Ge- 50 Prozent als Stadtarchivar und Kon- nierter Stadtarchivar aktiv: Für viele über die Schweiz hinaus Echo fan- Schülern beliebter Lehrer. Die leben- schichte, Schweizer Geschichte und servator des Rathausmuseums schuf, war er eine gefragte Ansprechperson. den. In unzähligen Führungen und dig und temperamentvoll vorgetra- deutsche Literatur studierte. Dazwi- wurde seine Arbeit zumindest teil- Er betätigte sich weiterhin als versier- Schilderungen auf dem Schlachtfeld genen Geschichtsstunden oder seine schen gab er an den Berufsschulen in weise entschädigt, was ihm die Kün- ter Führer im neuen Museum und an entpuppte er sich als begnadeter Ge- Lektionen draussen in freier Natur ge- Emmen und Zug Unterricht. Er liess digung an der Berufsschule ermög- den anderen historischen Schauplät- schichtenerzähler. Mehr als einmal hörten zu seinen Markenzeichen», er- sich schliesslich zum Berufsschul- lichte. Er brachte das Stadtarchiv auf zen Sempachs. Bis März 2021 hat er soll es vorgekommen sein, dass er von innert sich Marie-Theres Helfenstein. lehrer ausbilden und gab in Emmen Vordermann, konzipierte Ausstellun- mitgeholfen, das umfangreiche städti- begeisterten Besuchern gefragt wurde, «Er war auch einer der ersten Leh- Schule, bis ihn gesundheitliche Prob- gen für das Rathausmuseum, machte sche Bildarchiv zu digitalisieren und ob er denn bei der Schlacht bei Sem- rer, die das Medium Film im Unter- leme 1994 zwangen, seine Schultätig- Führungen im Museum, durchs Städt- zu inventarisieren. Als naturverbun- pach selber dabei gewesen sei. richt eingebaut haben», ergänzt Fritz keit zu reduzieren. li Sempach, in Kirchbühl und auf dem dener Mensch verbrachte er viel Zeit Stegers Sohn Hans Steger aus Emmen- Schlachtfeld. Das Wissen, das er von in seinem Biogarten, kochte gut, las Als Lehrer seiner Zeit voraus brücke, der ebenfalls bei seinem Vater Viel Arbeit um Gotteslohn seinem Vater geerbt und durch sei- viel und lernte Neugriechisch. Seine Fritz Steger starb 1977 an den Folgen zur Schule ging. Schon in seinen jungen Jahren be- ne Tätigkeit erweitert hat, war in- beiden Enkelkinder, die heute dreijäh- eines Herzinfarkts. Als er zu Grabe ge- schäftigte sich Martin Steger inten- zwischen so gross, dass er als «wan- rigen Zwillinge Alena und Elia, berei- tragen wurde, trauerte ganz Sempach Martin – ein wandelndes Lexikon siv mit der lokalen Geschichte. Dass delndes Lexikon» nicht nur unzählige teten ihm riesige Freude und wurden um seinen verdienten Ehrenbürger. Es war Martin, das neunte von zehn er seine Frau Hildegard Zemp aus historische Beiträge und Schriften ver- zu seinem letzten grossen Stolz. «Sein vielfältiges, unermüdliches Kindern von Fritz und Frieda Steger- Wolhusen anlässlich der Sempacher fasste, sondern auch Frauen und Män- Am 30. März 2021 ist Martin Steger Wirken zugunsten der breiten Öffent- Rüttimann, der das Erbe seines Vaters, Schlachtjahrzeit von 1969 in der Sem- ner ausbildete, die sich für den Ne- nach einem unglücklichen Sturz auf lichkeit kann noch heute kaum er- insbesondere im Bereich der Sempa- pacher Festhütte kennenlernte, ist benjob als Sempacher Städtliführer einer kurzen Wanderung in seinem fasst werden. Als Lehrer und Erzieher cher Lokalgeschichte, fortführte. Am deshalb kaum verwunderlich. 1974 interessierten. geliebten Goms im Alter von 75 Jah- wirkte er mit vollständiger Hingabe 17. November 1945 in Sempach gebo- heiratete das Paar und zog nach Ro- ren verstorben. Damit ging die Steger- während 39 Jahren an unseren Schu- ren, wäre er nach seiner Schulzeit bei- thenburg, ehe der Weg 1981 zurück Lebenswerk Rathausmuseum Dynastie, die mit Vater Fritz und Sohn len. Nur wer selbst seinen Schulun- nahe Kapuziner geworden. Seine El- nach Sempach ins Elternhaus von Das erste Museum im Sempacher Martin Steger in Sempach grosse terricht erleben und geniessen durf- tern hatten ihn ins Kollegium nach Martin führte, wo die Familie, zu der Rathaus wurde 1971 eröffnet, nach- Fussabdrücke hinterlassen hat, nach te, weiss, wie interessant, lebhaft und Stans geschickt, wo er 1968 die Ma- sich Tochter Katrin gesellte, fortan dem die Vogelwarte aus der Tuchlau- fast 100 Jahren engagierten Wirkens zielstrebig er seine Schüler aufs wirk- tura machte. Obwohl ihn theologi- lebte. Bis heute ist das «Paradiesli» be ausgezogen war. Fritz Steger, Va- im Dienste der Öffentlichkeit leider liche Leben vorbereitete», sagte der sche Fragen durchaus interessierten ein Mehrgenerationenhaus geblieben. ter von Martin, und Hans Helfenstein abrupt zu Ende. HANS WÜST
4 1. JULI 2021 GEDENKFEIER 2021 «Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit» LETZTJÄHRIGE FESTREDE ARMEECHEF THOMAS SÜSSLI BEZEICHNETE DIE SCHWEIZ ALS EIN ERFOLGSMODELL Sehr geehrter Herr Regierungspräsident, die Luftwaffe, die Armee oder das VBS geschätzter Paul; Sehr geehrter Herr zu beschaffen. Es geht um den Schutz Kantonsratspräsident Josef Wyss; Sehr der Schweiz. Es geht darum, auch in geehrter Herr Stadtpräsident, geschätz- Zukunft unsere Bevölkerung vor Be- ter Franz; Geschätzte Vertreterinnen drohungen aus der Luft zu schützen. und Vertreter von National-, Stände-, Das Portemonnaie: Wir finanzieren die Regierungs-, Kantons- und Stadtrat; neuen Kampfflugzeuge mit dem or- Geschätzte Damen und Herren aus Po- dentlichen Budget der Armee (welches litik, Kirche, Wirtschaft und Armee; das Parlament gesprochen hat). Es ist liebe Kameradin und Kameraden; Lie- nicht Geld, das an einem anderen Ort be Festgemeinde. gespart werden muss. Den Kopf: Un- sere F/A-18 haben ein Verfalldatum Danke, dass ich heute als Festredner und erreichen 2030 das Ende ihrer hier sein darf. Es ist mir eine grosse Nutzungsdauer. Die Beschaffung dau- Ehre und Freude, unsere Armee hier ert zehn Jahre, wir müssen also heute vertreten zu dürfen. Wenn wir heute beginnen. hier schon auf Heldenboden stehen, möchte ich auch über Helden sprechen Ich komme zum Schluss: Der Weg – und es geht dabei nicht um einen ein- vom Jahr und der Schlacht bei Sem- zelnen Helden, es geht um viele Hel- pach am 9. Juli 1386 bis ins Jahr 2020 den. Um alte Helden, neue Helden, um war ein steiniger Weg. Die Schweiz Milizhelden und schliesslich auch um ist eine Erfolgsgeschichte. Dieser Er- zukünftige Helden. Beginnen möch- folg der Eidgenossenschaft war jedoch te ich mit den alten Helden, weil mich nie selbstverständlich und nicht gege- Heldengeschichten schon immer fas- ben. Vieles, was uns heute selbstver- ziniert haben. Dazu eignet sich Sem- ständlich scheint, haben unsere Vorvä- pach besonders gut, denn es ist die ter und Väter sich erkämpfen und hart Heimat einer der wichtigsten Helden- erarbeiten müssen. Sie waren die Hel- legenden unseres Landes. Ich erinnere den, welche sich einer für alle und alle mich gut daran, als in der Primarschu- für einen für unser Land eingesetzt ha- le meine Lehrerin von der Schlacht bei ben. Die Zeit für die Helden ist noch Sempach und von Arnold von Winkel- Thomas Süssli, Chef der Schweizer Armee, sprach sich für Gemeinsinn aus. FOTO GERI WYSS, ARCHIV nicht vorbei und wird es auf absehbare ried erzählte. Dank dem Bild im Ge- Zeit auch nicht sein. Es ist die Verant- schichtsbuch, auf dem Winkelried für wortung jeder Generation, diese Errun- seine Kameraden die Phalanx der Spee- Ich mache Ihnen stellvertretend ein kommen, machen unsere Arbeit, und Selbstzweck. Genauso wenig wie die genschaften nicht nur zu bewahren, re öffnet, konnte ich mir die Schlacht konkretes Beispiel: Im Mai haben sich dann gehen wir wieder. Das kann kei- Luftwaffe. Es gibt drei wichtige Grün- sondern weiterzuentwickeln und den lebhaft vorstellen. Was mich faszinier- zahlreiche Helden auf dieser Wiese ne Berufsarmee. Die vorläufige Bilanz de für ein neues Kampfflugzeug. Diese Erfolg der Schweiz weiterzutragen. te, war die Tatsache , dass ein Einzel- hier in Sempach eingefunden. Es wa- präsentiert sich wie folgt: Bis zu 5000 Gründe kann man sich einfach merken, Es liegt an uns allen, diese Erfolgsge- ner bewusst sein Leben zum Wohl von ren die Angehörigen des Spitalbatail- Angehörige der Armee haben in allen weil sie das Herz, das Portemonnaie schichte fortzusetzen. Dafür werden allen opferte. Erst später habe ich ge- lons 5. Das Spit Bat 5 hat am 6. Mai Kantonen sowie im Fürstentum Liech- und den Kopf betreffen. Das Herz: Es wir auch in Zukunft Helden brauchen. lernt, dass es noch andere Helden gibt. hier in Sempach seine Bataillonsfah- tenstein in den zwei Bereichen «Hel- geht nicht darum, Kampfflugzeuge für Einer für alle, alle für einen. Diese neuen Helden sind oft und so- ne abgegeben und damit seinen Assis- fen» und «Schützen» Assistenzdienst gar meistens namenlose Helden. Es tenzdienst im Rahmen des subsidiä- geleistet. Dabei wurden schweizweit sind all jene, die sich für die Schwa- ren Einsatzes «CORONA 20» beendet. rund 300 Gesuche der zivilen Behör- Anzeige chen in unserer Gesellschaft einsetz- Was ein normaler Wiederholungskurs den erfüllt. Es wurden in Spitälern, bei ten. Die Basis für unsere Gesellschaft hätte sein sollen, wurde zum ersten Patiententransporten, zur Unterstüt- ist die Bundesverfassung von 1848 und Corona-Einsatz der Armee zuguns- zung der Armeeapotheke, an den Gren- dort steht in der Präabmel geschrieben: ten unseres Gesundheitswesens. Der zen und zum Schutz von Botschaften «[ … ] und dass die Stärke des Volkes Kommandant des Spitalbataillons 5 insgesamt 300’000 Diensttage geleistet. sich misst am Wohl der Schwachen ist heute unter uns: Oberstleutnant Auch hier im Kanton Luzern. Ich dan- [ … ].» Und im Zenit der Kuppelhal- Kopp, werter Beat, ihr habt es hervor- ke allen, die einen Beitrag dafür geleis- le des Bundeshauses in Bern sind die ragend gemacht. tet haben. Unseren Bürgerinnen und alten und neuen Helden beschrieben: Bürgern in Uniform, den Zivilschüt- Unus pro omnibus, omnes pro uno. Ei- Blicken wir zurück, wo es begann. In zern und Zivis. Ich danke besonders ner für alle, alle für einen. Dieser Wahl- spruch wurde im 19. Jahrhundert po- China und später Asien kamen schon vor Weihnachten die ersten Nachrich- allen Eltern, Freunden, Partnerinnen und Partnern, den Geschäftskollegen Sie können sich auf uns pulär, nachdem heftige Herbststürme zu grossen Schäden und Überschwem- ten eines neuen Virus zu uns. In unse- rer Wahrnehmung war das auf der an- und Chefs, die unsere Helden unter- stützt haben. Wir haben bei diesem verlassen – weil wir täglich mungen geführt hatten. deren Seite der Erde, weit weg. Wir Einsatz viel gelernt und werden ihn Der Bundesrat erliess einen Spenden- dachten und hofften, es würde wie SARS, MERS und andere Viren gar selbstkritisch auswerten, um daraus zu lernen und besser für die Zukunft vor- unser Bestes für Sie geben. aufruf an das Schweizer Volk und die nie bis zu uns kommen. Doch das Vi- bereitet zu sein. Denn auch 634 Jahre Manuel Müller, Geschäftsstellenleiter Sempach Presse verwendete dabei diesen Wahl- rus kam nach Europa. Besonders heftig nach der Schlacht bei Sempach wissen spruch als Symbol und zur Förderung nach Italien. Die Situation verschärfte wir, dass wir auch in Zukunft Helden der eidgenössische Solidarität. Diese sich täglich und die Bilder von Berga- brauchen werden. eidgenössische Solidarität besteht heu- mo haben uns geprägt. Am 25. Februar te noch. Lassen Sie mich als Beispiel war das Virus in der Schweiz. Spätes- Unsere Welt ist nicht so sicher und so dafür aus dem Brief des Regierungsra- tens Mitte März wurde jedem von uns friedlich, wie wir sie alle gerne hätten. tes an die Luzerner Bevölkerung wäh- definitiv klar: Das Coronavirus könnte Sie ist volatiler geworden, unsiche- rend der Coronakrise zitieren. In die- auch unser Gesundheitswesen überfor- rer, komplexer und vieldeutiger. Erin- sem Brief heisst es: «Die Coronakrise dern. Wir blickten täglich auf exponen- nern Sie sich noch an das Anstossen ist die Stunde der Zusammenarbeit tielle Kurven mit neu Infizierten, ver- an Sylvester? Wer hätte gedacht, dass von Menschen und Organisationen, folgten, wie sich im Kanton Tessin die wir nach knapp drei Monaten Schulen die dasselbe Ziel haben: die Schäden Spitäler füllten und auch bei uns die schliessen werden, dass Risikogruppen der Pandemie so gering wie möglich ersten Patienten starben. zu Hause bleiben und wir unser Land zu halten.» Das trifft den Nagel auf den Am 16. März hat der Bundesrat des- weitgehend stilllegen müssen? Wer Kopf. Es geht darum, dass sich eine halb die Teilmobilmachung der Armee weiss, was die nächste Krise beinhal- Gemeinschaft zusammen um das Ge- angeordnet. Und es hat funktioniert: tet? Wer weiss, wann die nächste Krise meinwohl von allen kümmert. 91 Prozent der aufgebotenen Offiziere, kommt und wie lange sie dauert? Wir Es sind die Helden von heute, die in Unteroffiziere und Soldaten sind ein- wissen auch nicht, wie diese nächste der Coronakrise Verantwortung für das gerückt. Keine und keiner von ihnen Krise aussieht, deshalb müssen wir für Gemeinwohl übernommen haben: Das wusste beim Einrücken, was ihn er- alles bereit sein. Vereinzelt waren wäh- Pflegepersonal in Spitälern und Hei- wartet. Zurücklassen mussten sie ihre rend Corona Stimmen zu hören, dass men, Verkaufspersonal, Lehrpersonen Familien, ihre Arbeitsplätze blieben sich die Armee auf Pandemien konzen- und Eltern, die Angestellten des öf- verwaist. Doch alle waren bereit. Alle trieren soll und keine schweren Waffen fentlichen Verkehrs, all jene, die für haben ihre Leistung erbracht. Alle ha- und Geräte mehr braucht. Nur: Hygie- betagte Nachbarinnen und Nachbarn ben ihre Aufträge erfüllt. nemasken schützen uns nicht vor Cy- einkauften und ihnen die Säcke mit berangriffen; Computer können nach den Lebensmitteln vor die Tür gestellt Als sich nach Ostern die Lage beruhig- Unwetterschäden keine Brücken bau- haben. te, konnten wir die Truppe nach und en; Brücken können unsere kritische nach wieder entlassen. Letzten Mitt- Infrastruktur nicht bewachen; und In- Auch unser helvetisches Milizsystem woch sind die letzten aus dem Assis- fanteristen können unseren Luftraum ist ein Heldensystem. Auch und gera- tenzdienst nach Hause zurückgekehrt. nicht schützen. Wir werden also auch de weil es auf Solidarität basiert. Ver- Auch das ist ein grosser Vorteil un- in Zukunft eine Milizarmee brauchen, eine, Gesellschaften, Politik, Kultur- seres Milizsystems. Unsere Milizar- die auf alle Krisen vorbereitet ist. Da- leben, und ja, auch die Armee wären mee drängt sich nicht auf. Aber wenn für muss sie richtig ausgerüstet und ohne das Milizsystem nicht denkbar. es uns braucht, sind wir bereit. Wir gut trainiert sein. Die Armee ist kein
1. JULI 2021 5 GEDENKFEIER 2021 «Ich habe meine Fragezeichen, ob die Patienten immer im Mittelpunkt stehen» FESTPREDIGT 2021 DER KIRCHENHISTORIKER UND THEOLOGE DAVID NEUHOLD PREDIGT AN DER GEDENKFEIER Wie sollen Spitäler sein, damit der christlichen Soziallehre eine gros- viel Last tragen müssen. «Die Jungen sie den Patientinnen und Patien- se Bedeutung habe. Menschen bräuch- waren in ihrer Lebensgestaltung stark ten am besten dienen? Und wel- ten andere Menschen und die Spiege- eingeschränkt. Auch werden sie spä- chen Einfluss hatte das Chris- lung durch die Gesellschaft, damit sie ter für die wirtschaftlichen Folgen auf- tentum auf die Entwicklung des sich zu Persönlichkeiten entwickeln kommen müssen.» Weiter ruft David Gesundheitswesens? Mit sol- könnten. Neuhold in Erinnerung, dass die Ent- chen Fragen beschäftigt sich der wicklung eines Impfstoffs auch als so- Theologe David Neuhold, der Nähe als Gefahr lidarischer Akt zu verstehen sei. «Na- in Sempach an der Gedenkfeier Während der Pandemie habe die So- türlich kann man damit viel Geld predigen wird. lidarität aber eher abgenommen, be- verdienen, doch es stecken auch eine dauert David Neuhold. Er nimmt vie- grosse Aufopferung und viel Arbeit Die Coronapandemie rückt das The- le Menschen als distanzierter wahr als hinter einer Impfung.» GERI WYSS ma Krankheit und Tod seit eineinhalb vorher, was auch nicht überraschend Jahren stark in den Fokus der Öffent- sei, da Nähe und Berührungen als et- lichkeit. Medien berichten in geballter was Heikles in Zusammenhang mit Informationsflut, wie sich die Fallzah- der Ausbreitung des Virus dargestellt len entwickeln, wie stark das Gesund- heitswesen belastet wird, welche Hygi- worden sei. «Ich hoffe schon, dass es wieder selbstverständlich wird, bei- David Neuhold enemassnahmen und Beschränkungen gelten. Seit Wochen ist auch die Impf- «Auch Spiritualität Der 45-jährige David Neuhold ist kampagne in aller Munde. Spitäler und mit ihnen die Ärzte und das Pfle- muss in den Spitä- Privatdozent für Mittlere und Neu- ere Kirchengeschichte an der Uni- gepersonal sind intensiv gefordert. lern ihren Platz versität Freiburg sowie Projektmitar- Technik ist nicht alles haben.» DAVID NEUZHOLD beiter an der Professur für Spiritual Care an der Universität Zürich zu FESTPREDIGER 2021 Redet man mit dem Festprediger der Fragen von seelsorglicher Dokumen- Gedenkfeier zur Schlacht von Sem- tation und der Geschichte der Spi- pach, David Neuhold, über das Ge- spielsweise einen älteren Menschen ritualität in der WHO. Danebst do- sundheitswesen im Allgemeinen und an die Hand zu nehmen und sicher ziert der gebürtige Österreicher auch die Spitäler im Speziellen, hebt der über die Strasse zu begleiten.» Angst an der Universität Luzern im Fach- Theologe den Aspekt der «spirituel- dürfe nicht der Massstab sein, wie bereich Kirchengeschichte. Er ist zu- len Versorgung» von Patienten hervor. man sich verhalte. dem wissenschaftlicher Mitarbeiter Die heutige Medizin sei hochtechno- der «Schweizerischen Zeitschrift für logisiert, doch «der Mensch ist nicht Solidarische Impfstoffentwickler Religions- und Kulturgeschichte». ausschliesslich Biochemie. Auch Spi- Die junge Generation sei besonders David Neuhold ist verheiratet und ritualität muss in Spitälern ihren Platz «Angst darf nicht der Massstab sein, wie man sich verhaltet»: David Neuhold, Festpre- durch die Coronapandemie gefordert Vater zweier Kinder. GERI WYSS haben.» So wünscht sich Neuhold, diger an der diesjährigen Schlachtjahrzeitfeier. FOTO ZVG worden. Sie habe überdurchschnittlich dass nicht nur die Spitalseelsorge ein offenes Ohr für Sinnfragen von Patien- Anzeige tinnen haben sollte, sondern auch Ärz- Beginn der Pandemie als drastisch. Die Macht der Spiritualität te und Pflegende. Häufig fehlen aber So sei es beispielsweise an manchen Für David Neuhold müssen die Pati- ganz einfach die Zeit und auch die Orten nicht erlaubt gewesen, bei To- entinnen und Patienten im Zentrum Kompetenzen dazu. Doch David Neu- desfällen in den Spitälern Seelsorger stehen und ihre Wünsche, auch die spirituellen, hoch gewichtet werden. «Je nach Leiden ist ein Spital manchmal «Man muss offen sein für die Bedürf- nisse der Patienten. Nur schon ein kur- einfach der richtige und beste Ort. Ich habe zer Rundgang mit dem Rollstuhl in der aber meine Fragezeichen, ob Patientinnen Natur kann viel bewirken. Der Patient kann sich stärken und zur Ruhe kom- und Patienten immer im Mittelpunkt ste- men», gibt er ein Beispiel. Auch das hen.» DAVID NEUZHOLD Wissen, dass andere für einen Kerzen angezündet hätten, könne jemanden FESTPREDIGER 2021 kräftigen. Berücksichtigt werden soll- hold ist überzeugt: «Spiritualität und beizuziehen, was für die Angehöri- te stets die ganze Vielfalt an spirituel- menschliche Zuwendung sind zentral, gen von Covid-Patienten sehr belas- len Wünschen und Ressourcen, jene wenn es um Heilung geht.» tend gewesen sei. «Glücklicherweise von Religionen genauso wie von Men- hat man danach diese Massnahmen re- schen fernab jeder Glaubensrichtung, Spürbare Ohnmacht vidiert.» Auch sei eine gewisse Ohn- ergänzt der Theologe. Gerade die Coronapandemie habe ge- macht innerhalb der Medizin ersicht- zeigt, was mit Menschen passieren lich gewesen, als man erst wenig über Marktwirtschaftliche Spitäler könne, denen soziale Kontakte ver- die Krankheit gewusst habe und an Es sei eine Tatsache, dass grundsätz- wehrt blieben. David Neuhold be- Grenzen der Machbarkeit gestossen lich im Gesundheitswesen und spezi- zeichnet die Einschränkungen zu sei. ell in Spitalbetrieben marktwirtschaft- liche Aspekte stark gewichtet würden. Es sei auch zu beobachten, dass die Patientinnen und Patienten tendenzi- Christentum befeuert Modernisierung ell immer weniger lange in den Kran- kenhäusern blieben. Zudem überwa- che man sie vermehrt extern. So habe Das Christentum hat das Spital- und Gesundheitswesen historisch massgeb- sich etwa die Telemedizin bei Patien- lich geprägt. Grundlage dazu bot das Selbstverständnis als Heilungsreligion. ten, die bei sich zu Hause hätten blei- «Jesus werden Wunderheilungen und die fürsorgliche Zuwendung an Kran- ben können, bewährt. ke zugeschrieben», erläutert David Neuhold. Aus dieser Narration hätten sich «Doch je nach Leiden ist ein Spital die Angehörigen des Christentums auch motiviert gefühlt, Ähnliches zu tun. manchmal einfach der richtige und Auch im Leiden, in Krankheiten und Gebrochenem sehe diese Glaubensge- beste Ort.» Gerade auch dort müsste meinschaft das Göttliche und Jesus Christus selbst (erkennbar im Matthäus- eine Ambiance herrschen, welche die evangelium 25,31–46). «Deshalb haben christliche Gedanken auch Impulse Heilung optimal unterstützt. In diesem gegeben, Kranke zu versorgen.» Kontext sagt David Neuhold etwas kri- So geht beispielsweise die Gründung des Inselspitals Bern im 14. Jahrhun- tischer: «Ich habe meine Fragezeichen, dert auf die fromme Witwe Anna Seiler zurück, die 12 Krankenbetten geschaf- ob Patientinnen und Patienten immer fen hatte. Ein weiteres Beispiel sei die britische Krankenschwester Florence im Mittelpunkt stehen.» Nightingale, die im 19. Jahrhundert die moderne westliche Krankenpflege be- gründet und diese Arbeit professionalisiert habe. Die Werke der Barmherzig- keit seien wie ein ethischer Kodex christlicher Menschen zu verstehen. Strapazierte Solidarität Solidarität ist ein Begriff, den man bei JETZ BEWÄRBE OND LEHRLING IM A-TEAM WÄRDE Auffallend ist, dass in den Anfängen im Mittelalter die Krankenhäuser im- dieser Pandemie immer wieder hört. mer in der Mitte der Städte gebaut worden sind. Erst viel später kamen sie Bundesrat und Bundesbehörden ap- an Siedlungsrändern zu stehen, wie beispielsweise das Kantonsspital Lu- pellierten wiederholt, dass sich die zern. Dennoch wurden Kranke und Gebrechliche auch in der Vergangenheit Menschen solidarisch zeigen und gesellschaftlich an den Rand gedrängt. «Einerseits fehlten die Kapazitäten in die verordneten Massnahmen in ers- den Krankenhäusern, gerade auch bei Seuchen», erzählt David Neuhold. Und ter Linie zugunsten vulnerabler Per- andererseits hätten sich Pflegende oftmals auch nur einer gewissen Gesell- sonen mittragen sollten. «Solidarität schaftsschicht zugewandt, was viele Menschen ausgegrenzt habe. GERI WYSS ist ein strapazierter Begriff», hält Da- www.aregger-ag.ch vid Neuhold fest, der aber gerade in
œ î Werner von Gundoldingen, Werner von vermutlich Gundoldingen, Gerber, vermutlich ist 1352Gerber, laut Steuerregister dur die minne dîn. ist 1352 lautder Steuerregister reichste der reichste in der minne ich brinne [brenne], Bürger von Luzern. Bürger Wirtschaftliche von Luzern. Wirtschaftliche und politische Macht und politische schaukeln Macht sich gegenseitig schaukeln sich empor. gegenseitig empor. von der minne fiure [Für, Feuer] lîde ich sende nôt [Sehnsuchtsschmerz]. hey mündel rôt, 6 1. JULI 2021 Ab 1346 ist er wiederholt 1. JULI 20217 Ab 1346 istSchultheiss, er wiederholt ebenso Schultheiss, sein Bruderebenso œ Niklaus. sein Bruder , WernersNiklaus. Sohn ist Werners Sohn ist [sieh], sô bin ich tôt. Petermann vonPetermann Gundoldingen,von der Gundoldingen, während 24der Jahren während ununterbrochen 24 Jahren ununterbrochen das das GEDENKFEIER 2021 SchultheissenamtSchultheissenamt der Spitze Luzerns. innehat. Während innehat. 40 Jahren Während stehen 40somit Jahrendrei Die von Gundoldingen – Aufstieg nach Luzerner Art der Spitze Luzerns. stehen Vertreter somitder dreiFamilie Vertreter an der Familie an Luzern entwickelt sich aus einer Klostersiedlung. Als die Habsburger 1291 die Stadt kaufen, wird Luzern eine österreichische Landstadt und bleibt es auch nach dem Bund mit den drei Das Ende der Dynastie Das Ende dramatisch: der Dynastie 1384 Diedramatisch: wird Petermann 1384 werdenwird mittangiert. Petermann einer Dass Verfassungsänderung nun mit einer Verfassungsänderung Von der Burg zur Stadt – der Sempacherkrieg markiert einen tiefgreifenden Wandel Waldstätten 1332. Rechte Österreichs nicht zwei Lager zum Rücktritt gezwungen. zum Rücktritt Zweigezwungen. entstehen, Jahre sich. versteht späterZwei Die überträgt einen Jahre später möchten ihm sich die überträgt vermehrt Stadt Habsburgdennoch ihm diediedie zuwenden, Stadt anderndennoch die der Innerschweiz. 1343 gibt es einen «uflouff», in den Quellen nur schwer fassbar, aber ein militärische Leitung militärische im Krieg Leitung gegen Steilpass für eine im Österreich. Krieg Sage: dramatische gegen Petermann Österreich. Mordnacht! vonPetermann Als IllusionGundoldingen von nicht schlecht, nur führt wirdGundoldingen eine die führt die 1386 STEHEN SICH EINSTIGE «NACHBARN» GEGENÜBER DIE HERREN VON RINACH UND PETERMANN VON GUNDOLDINGEN, SCHULTHEISS VON LUZERN Luzerner bei Sempach Luzerneranähnliche bei und Sempach fällt am an 9. Juli und1386. Verschwörungsgeschichtefällt nocham 9. Julianderen in vierzehn 1386.Schweizer Städten erzählt. Die Schlacht bei Sempach ist Teil Habsburg zuwenden, die andern der eines epochalen Umbruchs. Die Gundoldingen –Gundoldingen ein historisches – ein Scharnier historisches Scharnier Innerschweiz. 1343 gibt es einen «uf- Zeit der Ritter und Burgen geht louff», in den Quellen nur schwer zu Ende. Die Zukunft gehört den fassbar, aber ein Steilpass für eine dra- aufstrebenden Städten. Bezeichnend, dassBezeichnend, die führenden dassFamilien die führenden in Luzern Familien nicht aus in Luzern einemnicht altenaus Adel einem hervorgehen. alten Adel hervorgehen. matische Sage: Mordnacht! Als Illusi- on nicht schlecht, nur wird eine ähn- Im Vorfeld der Schlacht ergibt sich im Schweizer Mittelland eine explo- Das trifft nicht erst Das auf trifftdas nicht Patriziat erst auf seitdas demPatriziat 16. Jahrhundert seit dem 16.zu,Jahrhundert sondern bereits zu, sondern auf das 14. bereits auf das 14. liche Verschwörungsgeschichte noch in vierzehn anderen Schweizer Städ- sive Lage. Mehrere Städte, vor al- lem Bern und Luzern, aber auch Solo- Jahrhundert. Die Jahrhundert. von Gundoldingen Die vonsind Gundoldingen Landleute,sind die in Landleute, die Stadt die ziehen in die undStadt die Gunst ziehender und die Gunst der ten erzählt. Wie kein anderes Geschlecht verkör- thurn und Basel bauen ihr Territorium Stunde und ihreStunde Talenteund nutzen. ihre Talente nutzen. pern die von Gundoldingen in der aus. Luzern nimmt immer mehr ös- Zeit des Sempacherkriegs den Über- terreichische Landleute ins städtische gang Luzerns von der österreichischen Burgrecht auf, die «mit rechte Herzog Lewpolten angehörtten». Das verstösst Noch 1379, wenige NochJahre 1379,vor wenige dem Sempacherkrieg, Jahre vor dem Sempacherkrieg, übernehmen Petermann übernehmen undPetermann sein Sohn und sein Sohn Landstadt zur politischen Eigenstän- digkeit. Nach 1300 steigt die Familie gegen Reichsrecht und untergräbt die Herrschaft und Existenz des Adels. die Vogteien Ebikon die Vogteien und Rotsee Ebikon als Pacht und Rotsee – von als denPacht Habsburgern! – von denSo Habsburgern! weit auseinander So weit auseinander rasch auf, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Heiraten in die Ober- Die Kraftprobe ist programmiert liegen die beiden liegen Welten die beiden nicht, dass Welten sie nicht nicht,Geschäfte dass sie nicht im beidseitigen Geschäfte im Interesse beidseitigen Interesse schicht tragen auch hier zum modell- haften Aufstieg bei. Als Luzern diese Politik im Janu- ermöglichen. 1380 ermöglichen. erwirbt Petermann, 1380 erwirbt nunPetermann, für Luzern, nun die Vogtei für Luzern, Weggis die und Vogtei treibt Weggis die und treibt die Werner von Gundoldingen, vermut- ar 1386 intensiviert, zuerst das Entle- lich Gerber, ist 1352 laut Steuerregis- buch und die Kleinstadt Sempach in Aufnahme österreichischer Aufnahme österreichischer «Ofen, «Ofen, Landsassen Ofen! Dir muss ichvoran. Ofen! Dir muss ich es [Luzerner] Egg sind viele Landsassen es klagen, klagen, Leute Dass weil ich es er weil ich es versammelt. jazudem voran. keinem ja keinem Sie tragen als Dass Menschen Menschen Waffen und Schiedsrichter darf er sagen: darf zudem sagen: Harnisch Unteralsder sowohl Schiedsrichter Unter der [Luzerner] und rote Egg für sowohl für ter der reichste Bürger von Luzern. sein Burgrecht aufnimmt, danach die Städtchen Meienberg, Richensee und die eidgenössischen die eidgenössischen Orte[österreichische] alsNacht auchnoch für Orte Österreich Sie als auch mittätig fürEidgenossen Österreich ist,alle weist halten!ihn tätigals esist, eineweistpolitische ihnWahr- sind viele Leute versammelt. Sie tragen Waffen und Harnisch und rote [österreichische] Ärmel. Sie wollen diese Ärmel. alle ermorden,wollen die diese es Nacht den noch ermorden, die Ofen! mit Ofen! den Das ist Eidgenossen die lautere als eine politische Wirtschaftliche und politische Macht schaukeln sich gegenseitig empor. Ab halten! Ofen! Ofen! Das ist die lautere Wahrheit!» Wer liebt nicht gute Geschichten? Aber die Willisau, spitzt sich der Konflikt zu. Hier Luzern, das von einer österreichi- Persönlichkeit aus, Persönlichkeit die zwischen faktische aus, oder nach und Geschichte dieistsogar zwischen über besser, zeigt. der von Gundoldingen wie dasoder den sogar Beispiel Fronten über der Rinach undsteht. den der Fronten zeigt. von Gundoldingen steht. heit!» Wer liebt nicht gute Geschichten? Aber die faktische Geschichte ist besser, wie das Beispiel der Ri- 1346 ist er wiederholt Schultheiss, ebenso sein Bruder Niklaus. Werners schen Landstadt zu einer reichsfreien, Geschichtslehrmittel von Franz Meyer, Luzern, 1961, GESCHICHTSLEHRMITTEL VON Zeichnungen: Godi1961, FRANZ MEYER, LUZERN, Hofmann ZEICHNUNGEN: GODI HOFMANN Sohn ist Petermann von Gundoldin- das heisst direkt dem Kaiser unterstell- gen, der während 24 Jahren ununter- ten Stadt mit gehörigem Umland wer- brochen das Schultheissenamt inne- den will, dort die Habsburger, die ih- 6 hat. Während 40 Jahren stehen somit ren Streubesitz zu einem Herzogtum Johann von Rinach (1360–1425), Ritter, links, und Petermann von Gundoldingen, Schultheiss von Luzern drei Vertreter der Familie an der Spit- Schwaben zusammenfassen wollen. (†1386). Rekonstruktionen im Museum zum Rathaus Sempach.. FOTO WAPICO BERN ze Luzerns. Stadt gegen Adel, ihr oder wir. Das Ende der Dynastie dramatisch: 1384 wird Petermann mit einer Ver- Geschichte ist immer konkret fassungsänderung zum Rücktritt ge- «Stadt gegen Adel», als Formel grif- zwungen. Zwei Jahre später überträgt fig, aber abstrakt. Um uns in die Ver- ihm die Stadt dennoch die militäri- heutige Kantonsgrenze gangenheit hineinzudenken, brauchen wir Berichte, die uns Entscheide und Aargau – Luzern Hallwilersee sche Leitung im Krieg gegen Öster- reich. Petermann von Gundoldingen Schicksale von Menschen näherbrin- führt die Luzerner bei Sempach an gen. Dabei können Gegenüberstellun- gen den Blick schärfen. So verhält es Hintere Rinach und fällt am 9. Juli 1386. sich auch bei zwei Gegnern im Sem- Gundoldingen – ein historisches pacherkrieg, beim Ritter und österrei- Rickenbach LU Scharnier chischen Gefolgsmann Johann von Ri- Burg AG Bezeichnend, dass die führenden Fa- nach und beim Anführer der Luzerner, Das Familienwappen Das Familienwappen derDas von Gundoldingen: Familienwappen der von der von Gundoldingen: Dasblau- Gundoldingen: Gemeindewappen Das Gemeindewappen Das Gemeindewappen vonRainRain von LU, inLU, in von Rain LU, in Anlehnung milien in Luzern nicht aus einem al- Petermann von Gundoldingen. ten Adel hervorgehen. Das trifft nicht Untere Rinach weisser Luzernerschild mit roter österreichischer blau-weisser Luzernerschild blau-weisser mit Schärpe,Luzernerschild einroter vollendetes Symbolmit roter für die Anlehnung historisch an das Wappen der von Gundoldingen. Der heutige an Weiler dasAnlehnung Wappen «Gundolingen» steht aufder an das vonWappen der von der Gemeindegren- erst auf das Patriziat seit dem 16. Jahr- Einstige «Nachbarn» Dem Aufgebot von Herzog Leopold österreichischer österreichischer Schärpe,Gundoldingen. ein vollendetes Schärpe, ein vollendetes Gundoldingen. bedeutsame Scharnierfunktion Petermanns von FOTO WIKIMEDIA Der Gundoldingen. heutige Weiler ze von Rain und Römerswil. Der heutige Weiler FOTO WIKIMEDIA hundert zu, sondern bereits auf das 14. Jahrhundert. Die von Gundoldin- folgt im Juli 1386 ein Heer von Rit- Symbol für die historisch Symbol für bedeutsame die historisch bedeutsame «Gundolingen» steht «Gundolingen» auf der Gemeindegrenze steht auf der Gemeindegrenze gen sind Landleute, die in die Stadt tern aus Schwaben, dem Elsass, Aar- ziehen und die Gunst der Stunde und gau, Thurgau und Tirol. Dazu kom- Obere Rinach ScharnierfunktionScharnierfunktion Petermanns vonPetermanns von von Rain und Römerswil.von Rain und Römerswil. ihre Talente nutzen. men Söldner aus Italien, Frankreich, Deutschland sowie Mitglieder der Römerswil LU Gundoldingen. Gundoldingen. Wikimedia Wikimedia Noch 1379, wenige Jahre vor dem Sempacherkrieg, übernehmen Peter- Führungsschicht süddeutscher Städ- Wikimedia Wikimedia mann und sein Sohn die Vogteien Ebi- te. Die Habsburger erkennen den Ernst kon und Rotsee als Pacht – von den der Lage. Sie wollen das «grobe torisch bawern volck» in die Schranken wei- 7 Habsburgern! So weit auseinander lie- gen die beiden Welten nicht, dass sie 7 sen. Ein Schädigungskrieg der gröbe- nicht Geschäfte im beidseitigen Inte- ren Sorte. Elsass und Tirol sind fern, resse ermöglichen. 1380 erwirbt Pe- die Oberrinach ist nah. Bloss eine gute termann, nun für Luzern, die Vogtei Wegstunde trennt die obere Burg der Weggis und treibt die Aufnahme ös- österreichischen Dienstadeligen Ri- terreichischer Landsassen voran. Dass nach in Römerswil vom Weiler Gun- er zudem als Schiedsrichter sowohl doldingen bei Rain, Herkunftsort der Gundolingen für die eidgenössischen Orte als auch Magistratsfamilie des Luzerner An- führers Petermann von Gundoldin- Rain 1256 erwähnt als «Gundoldingin» für Österreich tätig ist, weist ihn als eine politische Persönlichkeit aus, die gen. Bis gegen 1500 lebt ein Teil seiner zwischen oder sogar über den Fronten Familie noch auf dem Land. Ein ande- Die drei Stammburgen des Geschlechts Rinach im Raum Beromünster, im Sempacherkrieg zerstört und steht. rer sucht das Glück früh in der Stadt nicht wieder aufgebaut; südlich davon, nur 6 km von der Oberen Rinach entfernt, der Weiler «Gundolin- Luzern, verbürgt seit 1312. gen» bei Rain, Herkunftsort des Luzerner Schultheissengeschlechts von Gundoldingen. Nicht Bruchstelle, sondern GRAFIK KURT MESSMER / ALEXANDER RECHSTEINER SNM Überlagerung Die Herren von Rinach – blühen- Für Habsburg ist die Schlacht bei der Adel Sempach der Anfang vom Ende im Erste Nachrichten des Geschlechts in Schönenwerd, Jakob († 1363) im man nicht. Wo die Quellen schwei- «Schlachtjahrzeit» in Sempach. Schultheiss Petermann von Gundoldingen, erkennbar an seinem Wappen, Land der «groben bawern», für Luzern datieren von 1210. Ursprünglich aus nahen Stift Beromünster, Wernher gen, sprudelt der Volksmund. Eine scheint 2013 beim Herstellen einer respektablen Marschordnung der Luzerner Krieger eher skeptisch, der Anfang des Stadtstaats. Rückt ein freiem Stand, treten die Rinach in die († 1383) in Zürich. Legende berichtet, Johann habe sich was die «Disziplin» seiner Mannen von der Safranzunft betrifft. Oder sinniert er darüber, warum ihm stets Ereignis in den Vordergrund, gehört Dienste des Hochadels, vorerst der beim Abschneiden seiner modischen, einer im Licht steht, den es gar nicht gegeben hat, Winkelried? stets der Hintergrund dazu, der gros- Kyburger, dann der Habsburger und Die Schlacht bei Sempach als aber unpraktischen Schuhschnäbel FOTO HUGUES DE WURSTEMBERGER / MUSEUM ZUM RATHAUS SEMPACH se Bogen, oft eine Überlagerung wie verbreiten sich auf drei Stammburgen Tragödie und Wende verletzt und deshalb nicht am Kampf hier: Die «Wiedergeburt der Städte» in unmittelbarer Nähe: auf der Unte- Der 9. Juli 1386 wird für die Ritter- teilgenommen. Fakt ist: Er wird setzt bereits im 12. Jahrhundert ein; ren Rinach in Burg AG, der Oberen Ri- schaft zur Katastrophe. Konkret: Bei zum alleinigen Stammhalter des Ge- der letzte Verkauf von Gütern in den was den von Hertenstein in Luzern Rittergesellschaften werden noch im nach in Römerswil LU sowie der Hin- Sempach fallen von der Oberen Ri- schlechts. Die anderen Linien sterben Stammlanden. Im Gegenzug schafft gelingt, misslingt den von Hallwyl in 15. Jahrhundert gebildet. Allerdings teren Rinach in Rickenbach LU. Bis nach der erst 14-jährige Rutschmann, im 15. Jahrhundert aus. sich das Geschlecht im Elsass und Bern. ist das eher ein Aufflackern. Durchge- 1386 gehört das Adelsgeschlecht zu der 38-jährige Ulrich, sein Schwie- im Breisgau eine neue Existenz, wie- setzt haben sich bereits die Städte. den bedeutendsten im heutigen Lu- gersohn Hans von Hallwyl und des- Fort aus der Eidgenossenschaft, derum im Dienste Habsburgs. Die Ri- Die von Gundoldingen – Auf- PS. Nach der «Freiheitsschlacht» von zernbiet. Sein Streubesitz reicht über sen Bruder Thüring. Heinrich von Ri- Karriere im Ausland nach erwerben zahlreiche Vogteien stieg nach Luzerner Art 1386 nennt der Luzerner Rat die Be- das Wynental in den Raum Aare. nach stirbt sechs Wochen nach der Das Beispiel der Rinach taugt fürs und Herrschaften und erreichen einen Luzern entwickelt sich aus einer Klos- wohner der Landschaft die «Unsern». Geheiratet wird ebenbürtig, wie es der Schlacht mit 40 Jahren an seinen Ver- Lehrbuch: Im Herrschaftsgebiet der rasanten gesellschaftlichen Aufstieg. tersiedlung. Als die Habsburger 1291 Das hält nicht ewig. Seit dem 16. Jahr- ständischen Gesellschaft entspricht. letzungen. Von der Unteren Rinach ambitionierten Stadt Luzern ist für Sie werden Grafen des französischen die Stadt kaufen, wird Luzern eine hundert sind die Landschäftler die Die Rinach sind mit ihresgleichen ver- erleiden den «jähen Tod» die Zwil- Rittergeschlechter wie die Rinach Königs und kaiserliche Reichsfreiher- österreichische Landstadt und bleibt «Untertanen». KURT MESSMER bunden bis in österreichische Gebiete linge Günther und Friedrich, 19-jäh- kein Platz mehr. Ihre drei Burgen wer- ren. Im fürstlichen Ausland möglich, es auch nach dem Bund mit den drei jenseits des Rheins. Ebenso standes- rig, dazu ihr Schwager Albrecht von den geschleift und nicht wieder aufge- in den Stadt- und Landorten der Eid- Waldstätten 1332. Die Rechte Öster- Vorabdruck eines Beitrags, der am 9. Juli 2021 gemäss treten zahlreiche Frauen und Mülinen. Tod, Trauer, Verzweiflung. baut. 1464 verkauft die Familie ihren genossenschaft undenkbar. Hier fin- reichs werden nicht tangiert. Dass im Blog des Landesmuseums Zürich veröffent- Männer der Familie ins Kloster. Hesso Nur Johann von Rinach von der Un- Besitz im Michelsamt, kurz danach Die Lebenswelt des Stadtluzerner Schultheissen Petermann von Gundoldingen. «Der Läderer», Gerber, beim Entfleischen eines Fells. Aus dem Stände- den Dienstadelige allenfalls Zugang nun zwei Lager entstehen, versteht licht wird. https://blog.nationalmuseum.ch/author/ von Rinach († um 1280) wird Propst teren Burg überlebt, warum, weiss im Aare- und Wynental. 1545 erfolgt buch von Jost Ammann, Frankfurt am Main 1568, Ausgabe Leipzig 1975, Seite 56. BILD ZVG zu Rat und Ämtern einer Stadt. Doch sich. Die einen möchten sich vermehrt kurt-messmer/
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