CLB Chemie in Labor und Biotechnik

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CLB Chemie in Labor und Biotechnik
CLB
                                                   Analytik

                                                 Biotechnik

                                        Optimierte Prozesse

                                      Komplexe Materialien

                                 Maßgeschneiderte Moleküle

                                      Menschen und Chemie

Chemie in Labor und Biotechnik       Aus- und Weiterbildung

  Geschmacksrezeptoren
  EU-Chemikalienpolitik
  Liebigs Fehlleistung
  Ionenchromatographie-Praxis

03 / 2003                                         D 2046 E
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
CLB-Geschichte

                                                                                       Für textile Zwecke verwendete man noch
                                                                                       vor 100 Jahren fast ausschließlich Natur-

                                                                                                                                        (Fortsetzung auf Umschlagseite 3)
                                                                                       fasern. Hierher gehören die Proteinfasern
                                                                                       Wolle und Seide sowie die natürlichen
                                                                                       Cellulosefasern wie Baumwolle, Flachs
                                                                                       und Hanf. Eine der wichtigsten künstlichen
                                                                                       Cellulosefasern, die Viskose, war 1892
                                                                                       entdeckt worden. 1927 betrug der Anteil
                                                                                       an Reyon1 nur etwa zwei Prozent, 1947
                                                                                       bereits 18 Prozent. Vollständig künstliche
                                                                                       Fasern gibt es etwa seit Mitte der 1930er
                                                                                       Jahre (siehe nebenstehenden Artikel). Heute
                                                                                       gibt es kaum grundsätzliche Neuerungen
                                                                                       bezüglich der Fasermaterialien (Polyamid,
                                                                                       Polyester) wohl aber gewaltige Fortschritte
                                                                                       bei den Funktionalitäten von Geweben, wie
                                                                                       zum Beispiel Elastizität oder Atmungsakti-
                                                                                       vität. In die Zukunft völlig neuer Fasern, die
                                                                                       beispielsweise aus Kohlenstoffnanoröhr-
                                                                                       chen bestehen oder wie ein photonischer
                                                                                       Kristall aufgebaut sein könnten, weist der
                                                                                       Artikel in dieser CLB ab Seite 104.

                                                                                       1 Bis 1950 nannte man alle auf Cellulosegrund-
                                                                                         lage gesponnenen endlosen Textilfasern
                                                                                         Kunstseide. Das dann in Anlehnung an den
                                                                                         Sprachgebrauch in anderen Ländern übliche
                                                                                         „Reyon“ konnte sich in Deutschland nicht
                                                                                         recht durchsetzen, wird aber in CLB-Artikeln
                                                                                         von 1951 verwendet.

                 U2   CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Liebe CLB-Leserin, lieber CLB-Leser,

            die geplante neue europäisch Chemikalienpolitik         Bei dem Artikel über Geschmacksrezeptoren (ab
            stößt bei der Industrie nicht gerade auf Gegenlie-      S. 88) habe ich mir überlegt, ob ich nicht einen
            be, sollen mit ihrer Einführung doch Zusatzkos-         Hinweis machen sollte: „Achtung, dieser Artikel
            ten in Milliardenhöhe auf Chemieproduzenten             kann Informationen enthalten, die missbräuchlich
            zukommen (siehe Artikel S. 96 ff). Unbestrittten        Verwendung in bösen Nutzungen finden könn-
            ist der Zweck des neuen REACH-Systems: Es soll          ten!“ Schließlich haben sich in dem zur Zeit ver-
            die menschliche Gesundheit und die Umwelt               stärkenden Klima restriktiver Informationspolitik
            schützen. Die Komplexität der notwendigen An-           doch etliche Verleger und Chefredakteure von
            nahmen, die Vielfalt der Chemikalien lässt aber         Wissenschaftsmagazinen wie auch „Nature“ und
            eben genügend Raum für Streitfragen.                    „Science“ zur „Verantwortung von Wissenschaft
                                                                    und nationaler Sicherheit“ bekannt. Danach
                             Sicherlich ist es einfacher, den       sollen sicherheitsrelevante Publikationen einer
                             amerikanischen Weg zu gehen:           Kontrolle unterzogen werden. Sollte das poten-
                             Während man in Europa gemäß            tielle Risiko eines Manuskripts größer sein als
                             des Vorsorgeprinzips von einer         der gesellschaftliche Nutzen, behalten sich die
                             grundsätzlichen Gefährlichkeit         Herausgeber vor, den Beitrag zu modifizieren
                             der Stoffe ausgeht, ist die An-        oder zurückzuweisen. Ein Maulkorb für die Wis-
                             nahme der Ungefährlichkeit             senschaft also! Vielleicht sollte man seine Süß-
                             von Stoffen Grundlage der US-          stoffrezeptoren, die in dem Artikel beschrieben
                             Chemikalienpolitik. Einfaches          werden, doch einmal etwas überreizen, damit
                             amerikanisches Politikerden-           man den ganzen Unmut herausbrechen kann,
                             ken hat uns allerdings gerade          der sich bei dem Betrachten jetziger politischer
                             wiederum einen Irak-Krieg be-          Tendenzen ansammelt. Oder man gibt sich we-
                             schert, der die vielschichtigen        nigstens den euphorisierenden Effekten hin, die
                             Vorstellungen und Anforderun-          der Schokolade nachgesagt werden.
                             gen der meisten Menschen der
                             Welt außen vor lässt. Damit tritt      Zumindest eine wichtige positive Nachricht
                             sie das aufkeimende Pflänzchen         kann man in diesen Tagen verzeichnen. Nach
                             einer Weltgerechtigkeit, die           Schreckensmeldungen über Kürzungen der For-
            langfristig zu Verlässlichkeit und Sicherheit           schungsförderungen durch die Bundesregierung
            führen soll – den Grundlagen des allgemeinen            Ende des letzten Jahres konnten Forschungsor-
            Wohlstandes – mit Füßen. Dem alten, gerad-              ganisationen jetzt die Ankündigung von Bundes-
            linigen Schweizer Nationalepos von Schiller             kanzler Gerhard Schröder begrüßen, dass ihre
            Wilhelm Tell folgt amerikanische Politik ja auch        Etats ab 2004 um jährlich drei Prozent erhöht
            im Umweltschutz: Simpel nimmt sie für sich das          werden sollen. Vielleicht sollten die Forschungs-
            vor mehr als 200 Jahren wohl gültige Zitat „Der         institute noch schnell ein paar brandneue Geräte
            Starke ist am mächtigsten allein“ noch immer            in den USA kaufen. In den 80er Jahren konn-
            in Anspruch. Sie verweigert die Unterschrift            ten US-Firmen ihre Gaschromatographen und
            unter das Kyoto-Protokoll zur Verminderung              Massenspektrographen selbst in Westdeutsch-
            des Treibhausgas-Ausstoßes. Dann kann man ja            land nur mit ausdrücklicher Zustimmung der
            wohl nicht für entsprechende Umweltbelastun-            US-Regierung verkaufen, nachdem der Käufer
            gen belangt werden – wie auch nicht allgemein           für würdig befunden wurde...
            völkerrechtlich, bleibt man dem internationalen
            Gerichtshof in den Haag fern... Über neue Trends                  Ihr
            zum Umweltschutz und zu nachhaltiger Chemie
Editorial

            berichtet in dieser Ausgabe ab Seite 100 Prof.
            Wolfgang Hasenpusch.

                                              CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003      81
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
INHALT

                  Menschliche Geschmacksrezeptoren
     Aufsätze
                  Warum Süßes süß schmeckt ___________________________________ 88

                  Liebig und die entgangene Entdeckung des Elementes Brom
                  „Schlampige Untersuchungen“ _________________________________ 92

                  Europäische Chemikalienpolitik und deutsche Unternehmen
                  Streit um geplantes REACH-System _____________________________ 96

                  Vom Umgang mit den Ressourcen unserer Erde
                  Nachhaltige Chemie _________________________________________ 100

                  Editorial ___________________________________________________     81
      Rubriken

                  Impressum _________________________________________________       83
                  F & E im Bild ________________________________________________    83
                  Unternehmen _______________________________________________       84
                  Personalia __________________________________________________     86
                  Förderungen / Preise _________________________________________    87

                  Umschau
                  Gentechnik und Nano-Materialien im Einsatz für neue Gewebe
                  Spannende Fasern __________________________________________ 104
                  Patentanmeldung in der Femtosekundenanalytik
                  Krümmungsprofile von Wellenfronten ermitteln__________________ 108
                  Enzyme machen Holzfaserstoffe umweltfreundlicher
                  Hydrolasen ersetzen Klebstoffe _______________________________ 109

                  Forschung und Technik ______________________________________     110
                  Software __________________________________________________      112
                  Wirtschaft _________________________________________________     113
                  Literatur / Multimedia _______________________________________   114
                  Service ___________________________________________________      115
                  Neue Produkte _____________________________________________      116
                  Bezugsquellenverzeichnis ____________________________________    119

                  Moderne Ionenanalytik (Teil 3): Ionenchromatographie
     CLB-Memory

                  Stationäre / mobile Phasen – Praxis Wasseranalytik_______________ M17
                  Frische Brise in den Universitäten
                  Unis wählen Studis – Bachelor im Aufwind ______________________ M23
                  Fragen zu Grundlagen der Chemie _____________________________ M24

82                CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
F & E im Bild
                                                                                                           Revolutionäre Displays kommen

                                                                                                   Größere Displays für kleinere mobile Geräte wird es in naher
                                                                                                   Zukunft geben. Das „Paperlike Display“, das Siemens auf der
                                                                                                   CeBIT 2003 zeigte, ist flexibel, ja sogar aufrollbar und nicht
                                                                                                   dicker als einen halben Millimeter (großes Bild: Siemens).
                                                                                                   Es lässt sich damit in kleinste Geräte integrieren, denen
                                                                                                   niemand diese überproportionale Anzeigengröße zutrauen
                                                                                                   würde. Damit eignet es sich zum Beispiel für Straßenkarten,
                                                                                                   E-Mails oder eine elektronische Zeitung. Der wesentliche
                                                                                                   Vorteil gegenüber einem klassischen Printmedium liegt
                                                                                                   darin, dass das flexible Display stets aktuelle Informationen
                                                                                                   anzeigt, die ständig durch einen Server und mit moderner
                                                                                                   Kommunikationstechnik auch drahtlos auf den neuesten
                                                                                                   Stand gebracht werden.

                                                                                                   Und noch eine Neuigkeit zu Displays, die wir moderner
                                                                                                   Chemie verdanken: Der taiwanische LCD-Hersteller Chi
                                                                                                   Mei Optoelectronics (CMO) hat nach eigenen Angaben das
                                                                                                   derzeit größte organische Display gefertigt (kleines Bild:
                                                                                                   CMO). Der Prototyp des 20-Zoll-OLED wurde zusammen mit
                                                                                                   den IBM Research Laboratories entwickelt. CMO und IBM
                                                                                                   Japan gründeten vor rund zwei Jahren das Joint Venture
                                                                                                   International Display Technology. Eine Besonderheit des
                                                                                                   20“-OLED: Die Transistoren zur Ansteuerung der organischen
                                                                                                   Leuchtschichten sind aus amorphem Silizium. Bisher nutzt
                                                                                                   man inOLEDs polykristallines Silizium, das eine höhere
                                                                                                   Elektronenbeweglichkeit hat. Amorphes Silizium lässt sich
                                                                                                   jedoch einfacher und damit kostengünstiger großflächig
                                                                                                   herstellen. Da auch herkömmliche Flüssigkristallschirme
                                                                                                   Pixeltransistoren aus a-Silizium nutzen, könnte das OLED von
                                                                                                   IDTech zudem auf den vorhandenen LCD-Produktionslinien
                                                                                                   gefertigt werden. Nachteil bisher: Die geringe Lebensdauer...

Impressum
CLB
Chemie in Labor und Biotechnik               Ständige Mitarbeiter:                    Layout und Satz:                             Anzeigenpreisliste:
                                             Dr. Mechthild Kässer, Diekholzen; Hans   Agentur & Verlag Rubikon                     Nr. 42 vom 1.1.2002. Bei Nichterscheinen
Verlag:                                      Dietrich Martin, Köln; Dr. Uta Neubau-   Druck: Printec Offset, Ochshäuser Straße     durch Streiks o. Störung durch höhere Ge-
Agentur & Verlag Rubikon                     er, Bad Soden; Dr. Ognian Serafimov,     45, 34123 Kassel                             walt besteht kein Anspruch auf Lieferung.
für technische und wissenschaftliche         Konstanz; Jürgen Wagner, Weinheim;
Fachinformation                              Hans-G. Winkler, Meyenfeld; Dr. Röbbe    CLB erscheint monatlich.                     Die Zeitschrift und alle in ihr enthalte-
Rolf Kickuth                                 Wünschiers, Köln.                                                                     nen einzelnen Beiträge und Abbildun-
Anschrift:                                                                            Bezugspreise:                                gen sind urheberrechtlich geschützt.
CLB, Agentur & Verlag Rubikon                VBTA-Verbandsmitteilungen:               CLB Chemie in Labor und Biotechnik mit       Jede Verwertung außerhalb der engen
Bammentaler Straße 6–8                       Thomas Wittling, Raiffeisenstraße 41,    der Beilage „CLB-MEMORY“. Einzelheft         Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist
69251 Gaiberg bei Heidelberg                 86420 Diedorf,                           – außerhalb des Abonnements – 8,60           ohne Zustimmung des Verlags unzuläs-
Deutschland                                  Telefon (0821)327-2330                   Euro, im persönlichen Abonnement jähr-       sig und strafbar. Das gilt insbesondere
e-Mail: redaktion@clb.de                     Fax (08 23 8) 96 48 50                   lich 87 Euro zuzüglich Versandkosten;        für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
                                             e-Mail: info@vbta.de                     ermäßigter Preis für Schüler, Studenten      Mikroverfilmungen und die Einspeiche-
Herausgeber:                                                                          und Auszubildende (nur gegen Vorlage         rung und Verarbeitung in elektronischen
Dr. Dr. U. Fitzner, Düsseldorf · Prof. Dr.   Anzeigenberatung:                        der Bescheinigung) jährlich 67,10 Eu-        Systemen.
W. Fresenius, Taunusstein · Prof. Dr.        Lutz Krampitz                            ro zuzüglich Versandkosten, inkl. 7%         Für die Rückgabe unverlangt eingesand-
K.-H. Koch, Dortmund · Priv. Doz. Dr.        Am Schützenhaus 8, 47055 Duisburg        MWSt. Ausland sowie Firmenabonne-            ter Buchbesprechungsexemplare kann
H.-M. Kuß, Duisburg · Prof. Dr. Georg        Telefon (02 03) 73 85-1 64               ments (Staffelpreisliste nach Anzahl) auf    keinerlei Gewähr übernommen werden.
Schwedt, Clausthal-Zellerfeld · Prof. Dr.    Fax (02 03) 73 85-1 65                   Anfrage. Bezug durch den Buchhandel
G. Weichbrodt, Aalen · Prof. Dr. G. Wer-     e-Mail: anzeigen@clb.de                  und den Verlag. Das Abonnement ver-          ISSN 0943-6677
ner, Leipzig.                                                                         längert sich jeweils um ein weiteres Jahr,
                                             Abonnentenbetreuung:                     falls nicht 8 Wochen vor Ende des Be-
Redaktion:                                   Natalia Khilian                          zugsjahres Kündigung erfolgt.
Rolf Kickuth (RK, verantwortlich;            CLB, Agentur & Verlag Rubikon            Erfüllungsort ist Heidelberg. Mitglieder
e-Mail: kickuth@clb.de),                     Bammentaler Straße 6–8                   des VDC sowie des VBTA erhalten CLB
Dr. Maren Bulmahn (MB,                       69251 Gaiberg bei Heidelberg             zu Sonderkonditionen.
e-Mail: bulmahn@clb.de)                      Telefon (0 62 23) 97 07 43
Telefon (0 62 23) 97 07 43                   Fax (0 62 23) 97 07 41
Fax (0 62 23) 97 07 41                       e-Mail: service@clb.de

                                                                         CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003                                 83
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Unternehmen

                                                                           Künftig spezieller Fokus auf China
                        NACHRICHTEN & NOTIZEN
               Der Vorstand der Gene Scan Europe AG hat                    Wacker seit 20 Jahren in Asien
               mit der Eurofins Scientific S.A., Brüssel Nantes,
               eine Vereinbarung über die Abgabe eines öffentli-
               chen Übernahmeangebots getroffen. Eurofins ist ein
               international tätiges Unternehmen für bioanalytische
                                                                           W     acker feiert in Tokio
                                                                                 das 20jährige Bestehen
                                                                           seiner ersten Niederlassung
                                                                                                                spezieller Fokus liege dabei auf
                                                                                                                China.
                                                                                                                  In Japan produziert das Un-
               Dienstleistungen im Bereich Lebensmittel, Pharma und
                                                                           im asiatisch-pazifischen Raum.       ternehmen       Halbleiterprodukte
               Umwelt. Der Vorstand von Gene Scan erwartet weit-
                                                                           1983 startete der Konzern            und Silicone. Die Wacker NSCE
               reichende Synergien für beide Gesellschaften, haupt-
                                                                           in Tokio. Inzwischen verfügt         Corporation, ein Joint Venture
               sächlich auf dem Gebiet der GMO-Analyse aber auch
                                                                           Wacker über sechs Produkti-          der Wacker Siltronic AG und der
               für die Biochip-basierten Dienstleistungen der Phar-
                                                                           onsstandorte in Indien, Japan,       Nippon Steel Corporation, fertigt
               makogenetik und Toxikologie.
                                                                           Malaysia und Singapur. Sieben        in Hikari Wafer in Durchmessern
               Roche und Genentech, Inc. erhalten das Patent
                                                                           technische und mehr als 20           von 150 bis 300 Millimetern. Die
               vom US-amerikanischen Patentamt (PTO) für ent-
                                                                           Verkaufsbüros       unterstützen     Oberflächenveredelung von Silici-
               scheidende Verfahrensschritte bei der Herstellung von
                                                                           Kunden vor Ort. Mit über 1700        umscheiben und das Ziehen von
               rekombinanten Interferon alfa. Das Biomolekül dient
                                                                           Mitarbeitern erwirtschaftete         150 bis 300 Millimeter Kristallen
               zur Behandlung von Krebs und Hepatitis C. Betroffen
                                                                           der Konzern im Asien-Pazifik-        erfolgen auch dort.
               sind die Interferon alfa Arzneimittel Pegasys (Peginter-
                                                                           Raum im Geschäftsjahr 2001             Die Wacker Asahikasei Silicone
               feron alfa-2a) und Roferon-A (Interferon alfa-2a). Der
                                                                           mehr als 500 Millionen Euro.         Co. ist ein Joint Venture zwischen
               Patentschutz gilt bis zum 19. November 2019.
                                                                           Dies entspricht fast 20 Prozent      der Wacker-Chemie GmbH und der
               Die Europroteome AG in Hennigsdorf bei Ber-
                                                                           des Konzernumsatzes.                 Asahi Kasei Corp. und der viert-
               lin übernimmt die volle unternehmerische Füh-
                                                                             In der Region Asien-Pazifik ins-   größte Siliconproduzent in Asien.
               rung der Phase-it Intelligent Solutions AG, einer
                                                                           gesamt erwartet der Konzernchef      Am Produktionsstandort Akeno,
               Ausgründung aus dem Deutschen Krebsforschungs-
                                                                           Dr. Peter-Alexander Wacker für       etwa 100 Kilometer nordöstlich
               zentrum. Die Transaktion, die das Ergebnis der bereits
                                                                           die Chemieaktivitäten während        von Tokio, verfügt Wacker über
               länger bestehenden Kooperation zwischen beiden
                                                                           der nächsten Jahre ein überdurch-    Produkt- und Verfahrensentwick-
               Unternehmen ist, soll die Kompetenzen von Euro-
                                                                           schnittliches Marktwachstum im       lung, technischen Service, sowie
               proteome in der Entwicklung neuer Krebsdiagnostika
                                                                           zweistelligen Prozentbereich. Ein    Produktion und Lagerhaltung.
               und -therapeutika um moderne Methoden zur Identi-
               fizierung neuer Muster von Biomarkern für spezifische
               Patientengruppen ergänzen.
               Die Merck KGaA hat sich entschlossen, ihre
               weiteren Planungen für eine neue großtechnische             Geschäft mit Cyaniden                Bioanalytik in China
               Anlage zur Herstellung therapeutischer Proteine auf
                                                                           Eine Ausgründung aus dem Pro-
               den Standort Jena in Thüringen zu konzentrieren. In
                                                                           duktbereich Bergbauchemikalien
               der geplanten Anlage soll die neueste Generation bio-
                                                                           des Geschäftsbereichs Bleich- &
               logischer Wirkstoffe zur Krebsbehandlung hergestellt
                                                                           Wasserchemie der Degussa AG
               werden. Die rund 300 Millionen Euro teure Investition
                                                                           ist die neue Cyplus GmbH. Das
               würde insgesamt rund 260 neue Arbeitsplätze und 20
                                                                           Unternehmen beliefert mit rund
               Ausbildungsplätze schaffen. Die endgültige Entschei-
                                                                           100 Mitarbeitern Kunden in den
               dung zum Bau der Anlage steht allerdings noch aus.
                                                                           Branchen Bergbau, chemisch-phar-
               Die Celanese AG hat von der Chinesischen
                                                                           mazeutische Industrie und Ober-
               Regierung die Genehmigung zur Errichtung einer
                                                                           flächenbehandlung mit Cyaniden.      Berthold Technologies hat einen
               Essigsäure-Anlage erhalten. Als Standort wird der
                                                                           Weltweit geht der größte Anteil      neuen Distributionspartner in
               Nanjing Chemical Industry Park in der Provinz Jiangsu
                                                                           an Cyaniden in den Bergbau. Rund     China: Cold Springs, der bisherige
               im Osten Chinas dienen. Für die Anlage ist eine Jahres-
                                                                           70 Prozent werden hier zur Gewin-    Vertriebspartner für Taiwan, hat
               kapazität von 600 000 Tonnen vorgesehen. Celanese
                                                                           nung von Gold aus Erz eingesetzt.    in Peking und Shanghei Vertriebs-
               erwartet den Start der Produktion ab Ende 2005.
                                                                           Ein weiterer großer Anteil der Cy-   und Serviceniederlassungen ge-
               Die Degussa AG überführt ihr Projekthaus Nano-
                                                                           anidproduktion geht in die chemi-    gründet. Laut Berthold Breitkopf,
               materialien in die „Degussa Advanced Nanomateri-
                                                                           sche Industrie, unter anderem zur    Geschäftsbereichsleiter Bioana-
               als“, die sich mit derzeit 20 Mitarbeitern bis 2006
                                                                           Herstellung von Aminosäuren oder     lytische Instrumente, hat unter
               als profitable Geschäftseinheit etablieren soll. Dazu
                                                                           pharmazeutischen Wirkstoffen. In     anderem das profunde Fachwissen
               stellen die Degussa-Corporate-Venture-Gesellschaft
                                                                           der Oberflächenbehandlung wer-       der Mitarbeiter von Cold Springs
               Creavis Technologies & Innovation und der Degussa-
                                                                           den mit Hilfe von Cyaniden sowohl    Berthold Technologies zu einem
               Geschäftsbereich Aerosil & Silanes in den nächsten vier
                                                                           Metalle mit anderen Metallen         der Marktführer im Bereich Lumi-
               Jahren bis zu 25 Millionen Euro zur Verfügung.
                                                                           beschichtet als auch Stahl an der    neszenz- und Fluoreszenzgeräte in
                                                                           Oberfläche gehärtet.                 Taiwan gemacht.

              84                 CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Unternehmen
Zuwachs im Ausland und Umsatzeinbußen im Inland bei Jumo

Flachmembranglas für robuste pH-Elektroden

E   in durchwachsenes Ge-
    schäftsjahr haben die über
1600 Mitarbeiter der M. K.
                                       Russland hat kürzlich ein erstes Au-
                                       ßenbüro in Perm eröffnet. In China
                                       hat man zusätzliches Personal für
Juchheim GmbH & Co (Jumo)              die Temperaturfühlerproduktion
hinter sich. Die Ergebnisse des        eingestellt. Vorgefertigte Teile
vergangenen Jahres und geplan-         liefert das Werk Fulda an. In China
te     Produktneueinführungen          baut man diese ausschließlich für
stellte das Unternehmen kürz-          den dortigen Markt zusammen
lich in Fulda vor. Die Produkte        – ein Reimport finde nicht statt,
des ursprünglich reinen Ther-          wie Bernhard Juchheim, geschäfts-
mometerherstellers        reichen      führender Gesellschafter des Un-
heute von Einbauthermostaten           ternehmens, betonte.
für die Heizungstechnik über              Die pH-Elektrodenherstellung
Bildschirmschreiber zur FDA-           hat bei Jumo eine lange Traditi-        Gegenüber dem Geschäftsjahr 2001 ist der Umsatz von
                                                                               Jumo Fulda um rund acht Prozent zurückgegangen. Die
konformen Datenaufzeichnung            on. Auch heute entwickelt man
                                                                               ausländischen Tochtergesellschaften konnten ihren Umsatz
bis zu fluoridtoleranten pH-           die Glasmembranrezepturen im            gegenüber 2001 um über zwei Prozent steigern. Der gesamte
Elektroden.                            eigenen Hause und beschäftigt           Exportanteil 2002 betrug 33,5 Prozent. Für das Geschäftsjahr
   Ähnlich dem bundesweiten            Glasbläser, die an einer ständi-        2003 kündigt die Jumo-Gruppe einen Gesamtumsatz von 148
Rückgang bei Produktion und            gen Verbesserung der Elektroden         Millionen Euro an. Dies bedeutet eine Umsatzsteigerung von
Umsatz in der Elektrotechnik- und      arbeiten. Bereits seit fünf Jahren      rund vier Prozent (Grafik: Jumo).
Elektronikindustrie verzeichnete       besteht der Gelelektrolyt der
das Unternehmen Umsatzeinbußen         Einstabmessketten aus KCl-Gel           dustrie in Ätzbädern zum Einsatz
im Inland. Im Ausland hingegen ge-     und enthält kein Acrylamid mehr.        kommt, hat laut Jumo eine etwa 17
lang ein Zuwachs im Umsatz. Jumo       Neueste Produkte sind eine Hoch-        mal höhere Bruchfestigkeit als her-
Frankreich feierte 25jähriges Be-      temperatur- und eine besonders          kömmliche Kugelmembranen und
stehen, Jumo Schweden gründete         fluoridtolerante pH-Messkette.          besteht aus einer Glasmischung,
im letzten Jahr ein Tochterunter-      Diese Flachmembranglaselektrode,        die bis 1000 Milligramm pro Liter
nehmen in Norwegen und Jumo            die beispielsweise in der Chip-In-      HF fluoridbeständig ist.       MB

Kooperationsvertrag                    Hochreine Chemikalien                     Die Borchers GmbH, im Bayer-Konzern der Spezialist
gegen Krebs                            für die Elektronik                        für Lackadditive, hat in Langenfeld ein neues Gebäude
                                                                                 bezogen und ist ab sofort unter folgender Anschrift zu
Tubulysine sind spezielle Peptide,     Die europäischen Aktivitäten für          erreichen:
die auf Mikrotubuli wirken, die        die Halbleiterindustrie der Merck
beispielsweise wichtig für die Zell-   KGaA sind in einen rechtlich eigen-
teilung sind. Myxobakterien, aus       ständigen Teilkonzern überführt                                              Borchers GmbH
denen Tubulysine isolierbar sind,      worden. Die deutsche Tochterge-                                              Berghausener Str. 100
hat Prof. Dr. Hans Reichenbach,        sellschaft dieser Holding, Merck                                             D- 40764 Langenfeld
damals Leiter der Naturstoffbi-        Electronic Chemicals GmbH, hat                                               Tel 02173 3926666
ologie der Gesellschaft für Bio-       mit rund 50 Mitarbeitern ihre
technologische Forschung (GBF),        Geschäftstätigkeit aufgenommen.
Braunschweig, in einem Kompost-        Merck hat mit Elektronikchemi-
haufen des Botanischen Gartens         kalien – einer von fünf Sparten           Auf einem etwa 2500 Quadratmeter großen Gelände
Freiburg entdeckt. Ziel der Koope-     im Unternehmensbereich Chemie             entstand ein Neubau mit vier Etagen und insge-
ration der GBF mit dem Münchner        – in 2002 weltweit einen Umsatz           samt 1600 Quadratmetern Labor- und Bürofläche.
Biotechnologie-Unternehmen Mor-        von 192 Millionen Euro erzielt.           Im Erdgeschoss befinden sich die Labors der Pro-
phochem ist die Entwicklung neuer      Das Geschäft umfasst Prozess-             duktentwicklung, darüber im ersten Stock die der
Mittel gegen Krebs. Morphochem         chemikalien von hoher Reinheit,           Anwendungstechnik (Das Foto zeigt einen Blick in das
erhält die Rechte zur Nutzung der      die Kunden der Halbleiterindus-           Labor der Anwendungstechnik). In den beiden oberen
Forschungsergebnisse der GBF, die      trie unter Reinraumbedingungen            Stockwerken sind die Büros der Geschäftsleitung, von
GBF Projektmittel sowie Lizenzein-     vorwiegend zur Herstellung von            Verkauf, Rechnungswesen und Verwaltung.
nahmen aus der Vermarktung.            Microchips einsetzen.

                                                         CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003                 85
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Personalia

             CELANESE       Der Vorstand der                             Der Hamburger Chemieprofessor         Der Gründer und CEO von Free-
             Celanese AG hat Lyndon Cole                                 Dr. Walter Kaminsky hat den           man Technology Reg Freemann
             zum Präsidenten von Ticona, dem                             mit 7500 Euro                         erhielt einen Smart Achievement-
             Unternehmen für Technische                                  dotierten Her-                        Preis vom britischen Ministerium
             Kunststoffe von Celanese, ernannt.                          mann-Stau-                            für Handel und Industrie. Mit
             Außerdem wird er zugleich den                               dinger-Preis                          dem Preis werden die Leistungen
                                                     Cole
             neu gebildeten Growth Excellence                            der Gesellschaft                      anerkannt, die das Unternehmen
             Council leiten. Cole, der noch                              Deutscher Che-                        hinsichtlich seiner Geschäftsent-
             Präsident von Celanese Chemi-                               miker (GDCh)                          wicklung erbracht hat, seit es in
             cals ist, übernimmt seine neuen                             erhalten. Kaminsky wird für die       den Jahren 1996 und 1997 die
             Aufgaben am 1. April 2003.                                  Entwicklung homogener Kataly-         Smart und Spur-Finanzierung
                                                                         satoren zur Polymerisation von        erhielt.
             DEGUSSA      Neue Mitglieder im                             Olefinen geehrt. Seine Arbeiten
             Aufsichtsrat sind der Vorstands-                            hätten maßgeblich zur stürmischen
             vorsitzende der RAG AG, Karl                                Entwicklung polymerisationsakti-
             Starzacher sowie die RAG-Vor-                               ver Katalysatoren beigetragen, die
             stände Ulrich Weber und Dr.                                 die moderne Polymersynthese rich-
             Peter Schörner. Neuer Aufsichts-                            tungsweisend geprägt hat, heißt es
             ratsvorsitzender ist Starzacher. Er                         in der Verleihungsurkunde.
                                                     Starzacher
             übernahm dieses Amt von Prof.
             Wilhelm Simson, Vorsitzender des
             Vorstands der E.ON AG, der dem                              Der Chemiker Dr. Wolf-Dieter          Prof. Dr. Richard A. Lerner (64)
             Degussa-Aufsichtsrat weiterhin                              Schubert, Wissenschaftler der         und Prof. Dr. Peter G. Schultz
             angehört.                                                   Gesellschaft für                      (46) erhielten den Paul Ehrlich
                                                                         Biotechnologi-                        und Ludwig Darmstaedter-
             CLARIANT      Der Verwaltungsrat                            sche Forschung                        Preis. Die Auszeichnung ist mit
             hat Roland Lösser (60) als Nach-                            (GBF), erhielt                        65 000 Euro dotiert. Die Preisträ-
             folger von Reinhard Handte zum                              den Max-von-                          ger werden für ihre Leistungen
             CEO ernannt. Handte hatte darum                             Laue-Preis.                           auf dem Gebiet der Immunologie
             gebeten, ihn von seinen Funktio-                            Diese Auszeich-                       ausgezeichnet. Lerner und Schultz
             nen als CEO und Verwaltungsrat                              nung verleiht die Deutsche Ge-        forschen am Scripps Research Ins-
             abzuberufen.                                                sellschaft für Kristallographie an    titute im südkalifornischen La Jolla
                                                     Lösser              Nachwuchswissenschaftler, die bei     und haben katalytische Antikörper
                                                                         der Aufklärung von Molekül-Struk-     entdeckt und hergestellt. Diese
                                                                         turen besondere Erfolge erzielt       spezielle Sorte Antikörper kann
             EHRUNGEN                                                    haben. Schubert untersucht unter      chemische Reaktionen im Körper
                                                                         anderem den Zusammenhang zwi-         beschleunigen und wirkt ähnlich
             Der Augsburger Physiker Prof. Dr.                           schen Struktur und Funktion von       den Enzymen.
             Achim Wixforth und die Firma                                biologischen Eiweiß-Molekülen.
             Advalytix AG haben jetzt den
             erstmals für die beste Innovation                                                                 Den Forschungspreis der BMS-
             im Bereich der Nanobiotechno-                               Im Sommersemester 1998 wurde          Stiftung in Höhe von 500 000
             logie verliehenen Bio Trends                                an der Universität Ulm ein von        Dollar hat Prof. Dr. Ralf Bar-
                                                     Wixforth
             Award erhalten. Kern der mit                                Prof. Dr. Klaus Gietzen und           tenschlager (links) vom Hygiene-
             5000 Euro prämierten Technik                                Prof. Dr. Peter Gierschik betreu-     Institut des Universitätsklinikums
             sind Nanopumpen, die Reagenzien                             tes Pilotprojekt zur Einführung des   Heidelberg für seine wissenschaft-
             berührungsfrei und ohne bewegli-                            problemorientierten Lernens in        liche Arbeit zum Hepatitis-C-Virus
             che Teile auf der Oberfläche von                            der Pharmakologie und Toxikolo-       erhalten. Überreicht wurde die Eh-
             Chips positionieren können. Das                             gie begonnen. In Kleingruppen         rung von Richard Colonno (rechts),
             gelingt mit Hilfe von Oberflächen-                          lernen die Studierenden anhand        Vizepräsident im Forschungsbe-
             wellen, die durch hochfrequente                             von realitätsnahen Fallbeispielen     reich der Pharmazeutischen Firma
             elektrische Impulse auf dem Chip                            praxisnah. Dabei liegt ein beson-     Bristol-Myers Squibb (BMS).
             angeregt werden. Diese Wellen                               derer Akzent auf gemeinsamem,
             breiten sich über das Substrat aus                          selbständigem Wissenserwerb.
             und transportieren dabei Flüssig-                           Die Autoren des Lernprojekts
             keiten und Feststoffe über den                              haben nun den mit 20 500 Euro
             Chip. Integrierte Sensoren gestat-                          ausgestatteten Baden-Württem-
             ten zusätzlich eine Auswertung der                          bergischen        Landeslehrpreis
             Experimente.                                                2003 erhalten.

             86                CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Förderungen / Preise
Molekularbiologie                    Wissenschaft                             Gründungsengel
Zum neunten Mal können sich ab       Der „Lautenschläger Forschungs-          „Business Angels“ sind in den USA
sofort in Europa tätige Forscher     preis“ zählt zu den höchst dotierten     finanzstarke Unternehmer, die in-
und Forscherinnen im Alter bis       internationalen Wissenschaftsprei-       teressiert sind, den Nachwuchs zu
35 Jahren um den Eppendorf           sen (250 000 Euro). Bis zum 15.          fördern und junge Unternehmen
Award For Young European Inves-      April können zum zweiten Mal             auf ihrem Weg eine Zeit lang zu
tigators bewerben. Der Preis ist     internationale      Spitzenforscher      begleiten. In Deutschland betreut
mit 15 000 Euro dotiert. Honoriert   aller Disziplinen für den Preis          das Braunschweiger „business an-
werden auf molekularbiologischen     nominiert werden. Mit dem Preis          gel team“ Gründerunternehmen
Methoden beruhende herausra-         werden international anerkannte          aus dem technologischen Umfeld.
gende Leistungen auf dem Gebiet      Wissenschaftler ausgezeichnet,           Neben Know-how setzen die Men-
der biomedizinischen Forschung.      die der Universität Heidelberg in        toren ihr Kapital, häufig in Form
Die Anmeldefrist läuft bis zum       wissenschaftlicher Kooperation           einer Minderheitsbeteiligung, ein
30. Juni.                            verbunden sind. Weitere Informa-         – natürlich im Hinblick auf eine
   Zum zweiten Mal verleihen die     tionen unter www.lautenschlaeger-        langfristig zu erwartende Rendite.
Eppendorf AG und die Zeitschrift     forschungspreis.uni-hd.de.               www.business-angel-team.com.
Science ihren jährlichen, mit
25 000 US-Dollar dotierten For-
schungspreis für herausragende
Beiträge zur neurobiologischen
Forschung mit molekular- und zell-   Förderung Brandenburger Existenzgründer
biologischen Methoden. Die Be-
werbungsfrist endet am 15. Juni.
Weitere Informationen finden sich
                                     Gründungsnetzwerk
unter www.eppendorf.com.

                                     D    as      Gründungsnetzwerk
                                          „Begin“ – Brandenburger
                                     Existenzgründer im Netzwerk
                                                                              Forschungseinrichtungen zu er-
                                                                              höhen.
                                                                                 Begin startet nun, ergänzend
Kunststoffindustrie                  – startet sein umfangreiches             zu den gründungsbezogenen
                                     Sommersemesterprogramm an                Lehrangeboten der Hochschulen,
Die Arbeitsgemeinschaft Verstärk-    Hochschulen und außeruniver-             mit den ersten Informationsver-
te Kunststoffe – Technische Verei-   sitären Einrichtungen.                   anstaltungen zu Gründungsfragen,
nigung e.V. (AVK-TV) vergibt den       Begin ist ein Projekt der Universi-    beispielsweise zu Themen wie Frei-
AVK-TV Innovationspreis in den       tät Potsdam, der Fachhochschulen         beruflichkeit oder Förderprogram-
Kategorien Anwendung, Umwelt         Potsdam und Brandenburg sowie            me. Die Studierenden können in
und Hochschularbeit. Ziel des        der Zukunftsagentur Brandenburg          Assessment Centern und Projekten
Innovationspreises ist die Förde-    GmbH. Die Gründungsinitiative ist        wie der Ideenwerkstatt „Braintool“
rung neuer industrieller Problem-    2002 als Sieger aus dem bundes-          ihre Gründungsideen entwickeln
lösungen durch Composites und        weiten Wettbewerb „Exist Transfer        sowie sich beim Gründerstamm-
duroplastische Formmassen, die       – Existenzgründungen aus Hoch-           tisch „Beginer“ austauschen.
Darstellung der Leistungen unserer   schulen“ des Bundesministeriums          Des Weiteren wird das Thema
Branche im Umweltschutz, sowie       für Bildung und Forschung hervor-        Schutzrechte, Märkte, Ideen und
die Förderung der Hochschularbeit    gegangen. Das Brandenburgische           Verwertung in Workshops und
im Bereich der Verbundwerkstoffe     Institut für Existenzgründung und        Vorlesungen aufgegriffen.
und duroplastischen Formteile.       Mittelstandsförderung        (BIEM)         Parallel dazu sind die Grün-
Nicht zuletzt soll durch diesen      hat als übergeordnete Koordinati-        dungsberatungen      mit     ihren
Preis die Motivation von Spezia-     onsstelle das Projektmanagement          Standortmanager/innen an den
listen auf diesen Gebieten geför-    übernommen.                              Hochschulen bereits etabliert, um
dert werden. Bewerbungen zum           Ziel von Begin ist es, eine Kultur     Gründungsinteressierte      direkt
Innovationspreis 2003 können zu      der Selbstständigkeit (Unterneh-         vor Ort beraten zu können, die
folgenden Bereichen eingereicht      mer in eigener Sache werden) an          Gründungsidee zu schärfen oder
werden: • Anwendung des Jah-         den Hochschulen nachhaltig zu            bei der Erstellung des Business-
res, • Umweltpreis des Jahres,       verankern, eine gründungsbezoge-         plans zu helfen. Ab April 2003
• Hochschularbeit des Jahres.        ne und -freundliche Infrastruktur        stehen den Studierenden zusätz-
Einsendeschluss für die Bewer-       zu verfestigen und die Zahl der          lich Gründerräume an den Hoch-
bungsunterlagen ist der 10. Juni.    Existenzgründungen sowohl aus            schulen zu Verfügung. Weitere
Nähere Angaben finden Sie unter      brandenburgischen Hochschulen            Informationen unter: www.begin-
www.avk-tv.de.                       als auch aus außeruniversitären          brandenburg.de.

                                                        CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003   87
CLB Chemie in Labor und Biotechnik
Menschliche Geschmacksrezeptoren

                    Warum Süßes süß schmeckt
                    Mechthild Kässer, Barienrode

                    Süßer Geschmack ist eine Eigenschaft, die sehr ver-
                    schiedenartige Verbindungen auszeichnet. Außer Zucker
                    schmecken viele andere Di- und Monosaccharide, Glycol
                    und Zuckeralkohole süß, aber auch Aminosäuren, etwa
                    Alanin oder Proteine wie der in der EU zugelassene Süß-
                    stoff Thaumatin. Wenn man Chloroform – unvorschrifts-
                                                                                     Abbildung 2: Modell der Verknüpfung zwischen süßem Stoff
                    mäßig – mit dem Mund pipettiert, ist man überrascht;             und seinem Rezeptor nach Shallenberger [1]
                    auch diese wiederum gänzlich andere Substanz schmeckt
                    süß. Und auch unter den synthetisch hergestellten
                    Süßstoffen mit ihrer besonders großen Süßkraft finden            dem menschlichen Rezeptor für Süßes erklären. Aus-
                    sich Vertreter der unterschiedlichsten Stoffklassen, die mit     gehend von Zuckern, sahen Shallenberger und Acree
                    Zucker keinerlei Ähnlichkeit zu haben scheinen.                  [1] (1967) die Glykolgruppe als entscheidend für den
                                                                                     süßen Geschmack an. Da innermolekulare Wechsel-
                    Andere Geschmacksrichtungen sind eindeutig defi-                 wirkungen zwischen den Glykolgruppen einer solchen
                    niert. Saurer Geschmack wird von protonierten Was-               Substanz die Süßkraft offensichtlich schwächen, ver-
                    sermolekülen H3O+ vermittelt, salziger von Ionen des             muteten sie, dass ähnliche Kräfte zwischen Rezeptor
                    NaCl oder anderer anorganischer Salze, und die neu               und Glykol wesentlich für die Süße seien. Sie pos-
                    eingeführte Geschmacksqualität Umami ist Peptiden                tulierten daher ein verallgemeinerndes AH/B-System
                    und Proteinen zugeordnet. Bei süß (und bitter) schme-            das heisst ein Säure/Basen- oder Protonendonator/-
                    ckenden Stoffen sind gemeinsame Merkmale nicht so                acceptor-System als gemeinsames und unerlässliches
                    leicht zu erkennen, aber auch sie müssen in bestimm-             Strukturelement süßer Verbindungen. Dabei ist A ein
                    ten molekularen Strukturen übereinstimmen, um mit                saures und B ein basisches Zentrum, die etwa 0,25
                    dem Süß-Rezeptor in Wechselwirkungen treten zu                   bis 0,4 nm Abstand voneinander haben. Beide, A und
                    können. Wie der viel zitierte Schlüssel müssen sie in            B, sind elektronegative Atome (oft O oder N). Der
                    das Rezeptorschloss passen. Es könnte natürlich auch             Wasserstoff H ist kovalent an A gebunden und leicht
                    mehrere Schlösser geben; dann müsste man Gruppen                 ablösbar. Diese Anordnung tritt mit einem ähnlich
                    ähnlicher Schlüssel für ihr jeweiliges Schloss finden.           gebauten, ebenfalls bifunktionalen Bereich des Re-
                    Erkenntnisse über diese Zusammenhänge könnten                    zeptors – vermutlich einer Peptidgruppe – über zwei
                    helfen, bei der Suche nach neuen Süßstoffen gezielter            Wasserstoffbrücken in Kontakt.
                    und erfolgreicher vorzugehen.                                      Für einige süß schmeckende Verbindungen wurden
                                                                                     die AH- und B-Gruppe angegeben (Abbildung 3). Kier
Abbildung 1:           Gemeinsame Strukturelemente süßer Stoffe                      [2] erweiterte Shallenbergers Modell zum AH/B/X-
Welche Gemein-                                                                       Modell (1972). Danach bildet die unpolare Gruppe X
samkeit verbindet   In den letzten Jahrzehnten entwickelten mehrere                  einen dritten Verknüpfungspunkt durch hydrophobe
diese in der EU     Forscher Vorstellungen, die auf molekularer Ebene                Wechselwirkung mit dem Rezeptor. Sie liegt etwa
zugelassenen        die Wechselwirkungen zwischen süßen Stoffen und                  0,35 nm von A und 0,55 nm von B entfernt und
Süßstoffe?                                                                           verstärkt die Süßkraft. Wo sie fehlt, wie zum Beispiel
                                                                                     bei Glycin und Ethylenglykol, bleibt auch die Süßkraft
                                                                                     gering (Abbildung 4).
                                                                                       In zahlreichen Studien sammelten Wissenschaftler,
                                                                                     beispielsweise um A. van der Heijden [3], H.-D. Belitz

                                                                                                                   Die Autorin:
                                                                                     Die promovierte Lebensmitttelchemikerin
                                                                                     Dr. Mechthild Kässer begeistert sich für
                                                                                     Themen der Biologie, Medizin, Biochemie
                                                                                     und Gentechnik. Sie ist langjährige Korres-
                                                                                                            pondentin der CLB.

88                  CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
Abbildung 3:
                                                                               Verbindungen
                                                                               unterschiedlicher
                                                                               chemischer
                                                                               Klassen und
                                                                               ihre AH- und
                                                                               B-Einheiten.                                    AUFSÄTZE

                                                                               Abbildung 4 : Die für die Süße von Saccharin verantwortli-
                                                                               chen Molekülbereiche nach dem Modell von Kier [2].

[4, 5] und L. Kerckhoff [6] Daten, die beschreiben, wie   Stellen AH, B, XH, G1-4 und D herstellen, schließen
sich die Süße von Verbindungen ändert, wenn Substi-       die Forscher Nofre und Tinti aus ihren Untersuchun-
tuenten ausgetauscht und die Stereochemie variiert        gen: An den Orten AH, B und XH, die auch bei den
wird. Oft schlägt dabei der süße Geschmack in bitte-      beiden früheren Modellen beschrieben wurden, hal-
ren um oder verschwindet ganz oder süß-bittere Stoffe     ten demnach ionische Bindekräfte den Süßstoff; und
entstehen (Tabellen 1 und 2 und Abbildung 5).             zwar bei AH und XH die Carboxylat-Gruppe aus Aspa-

  Das Multikontaktpunkte-Modell
                                                          Tabelle 1: Einfluss der Stereochemie auf die Geschmacksqualität von Cyclamat-
Nofre und Tinti [7] (1996) versuchten, das Schloss an
                                                          Abkömmlingen [6].
Hand zahlreicher bekannter Schlüssel noch genauer
zu beschreiben. Aus ihren Untersuchungen an mehre-
ren Serien synthetisch hergestellter Süßstoffe folger-
ten sie: Der Süß-Rezeptor besitzt außer AH, B und X
wenigstens fünf weitere Haupt-Erkennungsbereiche,
nämlich für mindestens acht verschiedene Bindungs-
stellen süßer Stoffe. Diese Erkennungsbereiche des
Rezeptors bestehen bis auf einen aus je zwei Unter-
bereichen, so dass zusammen also 15 Stellen auf süße
Substanzen reagieren. Je mehr Molekülgruppen mit
den Erkennungsregionen des Rezeptors in Kontakt
treten können, desto süßer schmeckt die Substanz.
Dabei haben die einzelnen Erkennungsregionen un-
terschiedlich starken Einfluss auf die Süßkraft.
  Der menschliche Rezeptor für Süßes besteht aus
einem Protein, das einen für Geschmackstoffe zu-
gänglichen Hohlraum umschließt. In diesen ragen
Aminosäure-Seitenketten hinein und bieten definierte
Kontaktpunkte für passende Moleküle. Welche Ami-
nosäuren über ihre Seitenketten die Bindung an den

                                                          CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003                  89
Geschmacksrezeptoren

      Abbildung 5:                                                                       raginsäure oder Glutaminsäure und bei B die proto-
 Geschmacksqua-                                                                          nierte Aminogruppe -NH3+ eines Lysinrestes. Die vier
   lität (bi: bitter,
                                                                                         G-Erkennungsregionen sind vermutlich Threoninreste
      sw: süß) und
      Erkennungs-                                                                        -CH2OH CH3. Sie wirken durch Wasserstoffbrücken,
  schwellenwerte                                                                         van der Waals-Kräfte und ihre räumliche Lage in Bezug
     (mmol/L) von                                                                        auf AH und B.
 L-Valin, D-Valin,                                                                         Das selbe gilt für den Kontaktpunkt D, der eine
    N-Methylvalin                                                                        Serin- oder Threonin-Seitenkette sein könnte.
  und –prolin [5].

                                                                                           Wie kommt der Reiz zustande?
                                                                                         Ein süßes Molekül, das in Wechselwirkung mit
                                                                                         dem Rezeptor tritt, bewirkt eine Umlagerung der
                                                                                         Bindungsverhältnisse und die Weitung der Prote-
                                                                                         intasche. Im Ruhezustand (Abbildung 7) bestehen
    Abbildung 6:
                                                                                         Wasserstoffbrücken zwischen den benachbarten
       Räumliche
  Anordnung und                                                                          Aminosäure-Seitenketten, im durch ein Schlüsselmo-
 Bezeichnung der                                                                         lekül angeregten Zustand ordnen sie sich zugunsten
acht Erkennungs-                                                                         von Wechselwirkungen zwischen süßer Substanz
    regionen des                                                                         und Protein um (Abbildung 8). Nach der Aktivierung
   menschlichen                                                                          und dem dadurch ausgelösten Reiz der Nervenzellen
    Rezeptors für                                                                        stößt der Rezeptor das süße Molekül wieder aus und
          Süßes.                                                                         schwingt in den Ruhezustand zurück, angetrieben von
                                                                                         den elektrostatischen Kräften zwischen den polaren
                                                                                         oder ionischen Erkennungsbereichen.
                                                                                           Dieses von Nofre und Tinti aufgestellte Modell des
                                                                                         Süßrezeptors spricht sehr dafür, dass der Mensch nur
                                                                                         diesen einen Rezeptortyp für Süßes besitzt.
                                                                                           Zucker (Saccharose) ist als Disaccharid ein relativ
     Abbildung 7:
    Schematische
                                                                                         großes Molekül. Es passt ausgezeichnet in die Pro-
  Darstellung des                                                                        teintasche und tritt mit 14 Erkennungspunkten des
  Süßrezeptors im                                                                        Rezeptorproteins in Wechselwirkungen. Dies erklärt
    Ruhezustand.                                                                         auch die hohe Selektivität des Rezeptors für das in der
                                                                                         Natur weit verbreitete Molekül. Dennoch ist Zucker
                                                                                         nicht ungewöhnlich süß. Ursachen sind die fehlende
                                                                                         Wechselwirkung mit D, Mangel an ionischen Grup-
                                                                                         pen, die geringe Affinität seiner polaren Hydroxyl-
                                                                                         gruppen als Wasserstoff-Akzeptoren und -Donatoren
                                                                                         und der geringe Einfluss seiner sterisch wirksamen
                                                                                         Bereiche (Abbildung 9).

                                                                                         Tabelle 2: Einfluss der Stereochemie des Restes R auf die
                                                                                         Geschmacksqualität von Alitam-Abkömmlingen [6].

      Abbildung 8:
        Aktivierter
     Zustand eines
     Teils des Süß-
   rezeptors durch
  Wechselwirkun-
    gen mit einem
 süßen Stoff (z. B.
Saccharose) an 14
 Erkennungspunk-
                ten.

90                      CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003
Als Beispiel für eine äußerst süß schmeckende
Substanz sei Lugdunam genannt. Sie übertrifft die
Süße von Saccharose um das 225 000fache. Ihre
Kontaktpunkte am Rezeptor sind B1, B2, AH2, XH1, G1,
E1, G2, E2, G4, und D (Abbildung 10). Ihre Ähnlichkeit
mit Alitam, einem ebenfalls sehr starken, in den USA                                                                                  AUFSÄTZE
zugelassenen Süßstoff, und Aspartam ist nicht zu
übersehen. (Abbildung 12).
                                                                                                                                 Abbildung 9:
                                                                                                                                 Saccharose und
                                                                                                                                 die Erkennungs-
                                                                                                                                 bereiche des
                                                                                                                                 Rezeptors [7].

                                                                                                                                 Abbildung 10:
                                                                                                                                 Lugdunam und
                                                                                                                                 die Erkennungs-
                                                                                                                                 bereiche des
                                                                                                                                 Rezeptors [7].

Abbildung 12: Alitam und Aspartam und die Erkennungsbe-
reiche des Rezeptors.

                                                                                                                                 Abbildung 11:
                                                                                                                                 Modell der
                                                                                                                                 Proteintasche
                                                                                                                                 des Süßrezeptors
                                                                                                                                 nach Kerckhoff
                                                                                                                                 [6] mit Alitam-
                                                                                                                                 Derivaten.

Literatur
                                              Süßkraft:                                         nerven verbunden und geben den Reiz, der
                                              Süßungsgrad: Verhältnis der Konzentration         durch den Kontakt mit einem Geschmacks-
 [1]   R. S. Shallenberger, T. E. Acree:
                                              einer Saccharoselösung zu einer Süßstofflö-       stoff entstanden ist, über eine Nervenfaser
      Nature (1967) 216, 480-482
                                              sung der selben Süße. Da die Geschmacks-          als schnelle Sequenz elektrischer Entladungen
  [2] L. B. Kier, J. Pharm. Soc. (1972) 61,
                                              empfindung subjektiv ist, sind die Werte nicht    an das Gehirn weiter. Die Wiederholungs-
      1394-1397
                                              exakt.                                            frequenz der Potentiale gibt die Stärke des
[3] A. van der Heijden, H. van der Wel,
                                                                                                Geschmacks wieder. Jede Sinneszelle kann
      H.G. Peer: Chem. Senses (1985)
                                              Geschmackssinn:                                   im Prinzip alle vier Geschmacksqualitäten in
      10, 73-88
                                              Jede Geschmacksempfindung beginnt auf der         unterschiedlicher Intensität wahrnehmen. An
  [4] H.-D. Belitz, H. Rohse, W. Stempfl,
                                              Zunge. Die im Speichel gelösten Substanzen        Spitze, Rand und Grund der Zunge finden wir
      H. Wieser: Lebensmittelchem.Geric
                                              gelangen u. a. auch in Vertiefungen der Zun-      aber Gruppen von Geschmacksknospen, die
      htl.Chem. (1987) 41 77-82
                                              genoberfläche, die sogenannten Geschmacks-        vornehmlich auf eine Geschmacksrichtung
  [5] H.-D. Belitz, W. Chen, H. Jugel, W.
                                              knospen. Sie sind die eigentlichen Organe,        spezialisiert sind.
      Stempfl, R. Treleano, H. Wieser:
                                              mit denen wir die vier Hauptgeschmacks-           Auf der Zunge sind die Geschmacksknos-
      Chem & Ind (1983) 1, 23-26
                                              richtungen süß, sauer, salzig und bitter          pen auf den so genannten Papillen angeord-
  [6] L. Kerckhoff “Zur Synthese enanti-
                                              wahrnehmen. In den Geschmacksknospen,             net, von denen einige, die Zungenwarzen,
      omerenreiner Süßstoffe vom Cycla-
                                              die ungefähr 0,07 Millimeter hoch und 0,05        wie kleine, mit bloßem Auge sichtbare Pilze
      mat- und Alitam-Typ”: Dissertation
                                              Millimeter breit sind, befinden sich jeweils      aussehen. Die Zahl der Geschmacksknospen
      Münster 1997
                                              zwischen 15 und 40 Sinneszellen. Sie sind         nimmt im Lauf unseres Lebens stetig von
  [7] C. Nofre, J. M. Tinti: Food Chem
                                              an ihrer Basis direkt mit den Geschmacks-         10 000 auf 1000 bis 2000 ab.
      (1996) 56, 263-274

                                                                CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003                91
Liebig und die entgangene Entdeckung des Elementes Brom

     „Schlampige Untersuchungen“
     Georg Schwedt, TU Clausthal

     Am 26. Mai 1824 wurde Justus Liebig, Sohn des
     Materialisten Johann Georg Liebig in Darmstadt, gerade
     21 Jahre jung zum außerordentlichen Professor der
     Chemie und Pharmazie an der hessisch-darmstädtischen
     Landesuniversität Gießen ernannt. Ein Jahr später
     publizierte er seine „Chemische Untersuchung der Sole
     zu Salzhausen“.

     Bad Salzhausen, 1970 mit zahlreichen anderen Ge-
     meinden mit dem bereits um 800 erwähnten Nidda
     zusammengeschlossen, zählt zu den ältesten Solebä-
     dern Deutschlands. Aus einer Schenkungsurkunde von
     1187 geht hervor, dass es als Salzhusen vom Grafen
     Bertold von Nidda in den Besitz des Johanniterordens
     gelangte. Das Sieden mit zwei Pfannen betrieb um
     1500 der Pfänner Ludewig Knott, die ersten Quellen
     erbohrte 1593 der Amtmann von Nidda Roland Krug,
     der auch ein Gradierwerk errichten ließ. 1729 kam
     das Solebad in den Besitz der Landgrafen von Hessen.
     Unter dem Salinendirektor Johann Wilhelm Langsdorff
     wurden jährlich bis zu 4500 Zentner Salz gefördert.                 Abbildung 1: Liebig – noch als Student – im Alter von etwa
     1826 entstand das erhalten gebliebene stattliche                    20 Jahren.
     Kurhaus im zur gleichen Zeit im Landschaftsgartenstil
     angelegten Kurpark. Die Entwürfe stammen von dem
     bedeutenden hessisch-darmstädtischen Baumeister                     als mit Wasserstoff, als Hydrojodsäure [HI] zugegen
     Georg Moller (1784-1852). 1860 wurde die Salzge-                    war, und man weiß, dass wenn einer Flüssigkeit, wo-
     winnung aus Gründen der Unrentabilität eingestellt,                 rin sich diese Säure befindet, Stärke und verdünnte
     der Kurbetrieb blieb bestehen (1).                                  Salpetersäure zugesetzt wird, eine intensiv blaue Farbe
                                                                         entsteht, die eine Zusammensetzung des Jods, aus der,
       Liebig und die Sole von Salzhausen                                durch die Salpetersäure zersetzten Hydrojodsäure, mit
                                                                         Stärke darstellt.
     1825 publizierte Liebig, der in Gießen noch mit er-                    Wenn die Sole oder die Mutterlauge auf diese Weise
     heblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, in dem                  behandelt wurden, so bildete sich diese blaue Farbe
     von seinem Lehrer Kastner herausgegebenen „Archiv                   nicht. Bei der Mutterlauge erzeugten sich braune Flo-
     für die gesammte Naturkunde“ (V. Band, S. 459) seine                cken, welche zu Boden vielen.
     Analysenergebnisse der Sole zu Salzhausen. Er fand                     In Salzhausen hat sich Liebig mehrere Jahre enga-
     neben Natrium-, Magnesium- und Calciumchlorid und                   giert – mit vor allem kommerziellen Absichten. In
     Calciumsulfat 77 Milligramm je Kilogramm Natrium-                   einem Brief vom 23. Juli 1825 an Schleiermacher
     iodid. Bei der Anwendung der von einem seiner Lehrer                schlug Liebig folgendes vor:
     in Paris entdeckten Iod-Stärke-Reaktion (1814 durch                    Bei Gelegenheit der Analyse der Sole zu Salzhausen
     Gaultier de Claubry, in dessen Laboratorium Liebig als              habe ich dem Finanzminister vorgeschlagen, die abfal-
     Student gearbeitet hatte) stellt er jedoch fest:                    lende Mutterlauge auf Salzsäure und Bittersalz (Mag-
       Es war nicht wahrscheinlich, dass das Jod in der                  nesiumsulfat) zu benutzen, vor einiger Zeit habe ich
     Soole oder im Wasser in einer anderen Verbindung                    nun den Auftrag erhalten, zu Salzhausen eine Fabrik
                                                                         von Salzsäure und Bittersalz einzurichten, welche auf
                                                                         das Geringste angeschlagen dem Staate einen Gewinn
                                                                         von 2000-3000 fl. (fl.: Florin, Gulden – ursprünglich
                                                                         Gold-, seit 1500 Silbermünze. Liebigs Jahresgehalt be-
     Der Autor                                                           trug 1825 300 fl.) abwerfen wird. Ich bin vor 14 Tagen
     Der Buchautor und Mitherausgeber der CLB, Prof. Dr. Georg           selbst in Salzhausen gewesen, es ist wirklich schade,
     Schwedt, ist seit 1987 Professor für Anorganische und Analytische   dass die Badeanstalt nicht gleich im Anfange weiter
     Chemie an der Technischen Universität Clausthal.                    ausgedehnt worden ist, indem die Leute, welche täg-

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lich ankommen, kaum unterzubringen sind, und noch        er eine Apotheke in Montpellier, ab 1842 wirkte er
täglich Bestellungen auf Wohnungen einlaufen, welche     als Professor für Chemie an der Sorbonne in Paris,
nicht angenommen werden können, indem kein Platz         ab 1851 an der Französischen Akademie und 1868
mehr für Badegäste da ist. Man kann über die wirk-       wurde er zum Generalinspekteur des französischen
lich merkwürdigen Wirkungen dieser Sole nicht den        Unterrichtswesens ernannt. Als Liebig aus München
mindesten Zweifel hegen, ich habe mich selbst durch      1867 als offizieller Vertreter des Königreichs Bayern                 AUFSÄTZE
den Augenschein überzeugt, dass Leute durch 20-30        an der Weltausstellung in Paris teilnahm, brachte Ba-
Bäder, nachdem sie vorher in Wiesbaden und Ems           lard bei einem Diner in der Akademie einen Toast auf
vergeblich gebadet hatten, in Salzhausen vollkommen      Liebig aus, worüber Liebig seinem Freund Wöhler in
wiederhergestellt worden sind. Die Einrichtungen sind    Göttingen in einem Brief mit großer Freude berichtete
im übrigen recht zweckmäßig, man lebt in Salzhausen      (2).
recht angenehm und wohlfeil.                                Liebigs Schüler James Sheridan Muspratt (1821-
   Anfänglich hatten Liebigs Bemühungen in Salz-         1871) aus Liverpool, der 1843-1845 bei Liebig in
hausen auch Erfolg. Täglich wurden zwei Zentner          Gießen studierte und 1845/46 in Liverpool in der in
Salzsäure und ebenso viel an Bittersalz erzeugt.         Familienbesitz befindlichen Sodafabrik mit der Her-
Aber schon bald traten Schwierigkeiten im Absatz         stellung von Liebigs Patentdünger begann, schrieb in
der Salzsäure auf. Liebig denkt an eine Angliederung     seinem mehrbändigen Handbuch (deutsche Ausgabe
einer Leimfabrik. Am 14. April 1828 schreibt er: Bei     1865) über die Entdeckung des Broms:
meiner kürzlichen Anwesenheit in Salzhausen habe ich        „Brom ist einer von den Körpern, die in der Natur
die Fabrikation von Glaubersalz (Natriumsulfat) ange-    verbreitet, aber stets nur in sehr geringer Menge
ordnet. Weiterhin plante er die Fabrikation von Soda,    vorkommen. Es wurde 1826 zuerst von Balard in der
von Chlorkalk und von Knochenleim. Dazu schrieb          Mutterlauge des Seewassers entdeckt und von ihm als
O. Lentz: „Diesem Vorschlag lagen die Resultate von      ein einfacher Körper beschrieben. Er nannte es Mu-
fünf Versuchen zugrunde. Damit ergaben sich für          ride, sein Name wurde aber bald in Brom, von (bro-
Salzhausen ganz neue Perspektiven, die bei ihrer         mos), der Gestank, wegen seines charakteristischen
Verwirklichung den Kurbetrieb unmöglich gemacht          Geruchs verwandelt. In allen seinen Eigenschaften
hätten. Liebig mag bei seinen Versuchen um manche        und seinem Verhalten hat es die größte Aehnlichkeit
Erkenntnis reicher geworden sein, aber für das Bad       mit dem Jod und Chlor. (…) Seine Quantität variiert
war das Erliegen des Liebigschen Unternehmens ein        in Quellen sehr bedeutend, von kaum nachweisbaren
Gewinn.“ – s. in (1). 1835 hielt sich Liebig im Juni     Spuren bis zu namhaften Mengen. Die reichsten Was-
und Juli auch zur Kur in Salzhausen auf. 1928 wurde      ser sind die der Saline Neusalzwerk bei Minden und
zur Erinnerung an Liebigs Wirken eine Gedenktafel        Kreuznach…“ (3).
an einem Basaltsteinbau angebracht, der auf alten Plä-      1825 untersuchte Liebig auch die Sole von Kreuz-
nen als Bittersalzfabrik und Laboratorium aufgeführt     nach. In einem Brief vom 30. März 1825 an den Ka-                Abbildung 2:
war. Hier soll Liebig außer den Analysen auch andere     binettsekretär Schleiermacher in Darmstadt schrieb               Liebigs Laborato-
Experimente durchgeführt haben. In seinem Inneren        er u.a.:                                                         rium, ein ehema-
hatte es sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem viel        Die Mutterlauge der Sole zu Kreuznach habe ich                liges Wachthaus
größeren Laboratorium Liebigs in Gießen, das als Er-     aufs neue untersucht und finde, dass ihr Gehalt an Jo-           der Garnison
weiterungsbau 1842 entstand.                             dium den der Sole zu Salzhausen um ein Bedeutendes               Gießen, in einer
                                                                                                                          zeitgenössischen
                                                         übertrifft.
                                                                                                                          Darstellung.
  Die Entdeckung des Broms durch Balard
Liebig hatte mit dieser Beschreibung die Bildung des
zu dieser Zeit noch unbekannten Elementes Brom aus
dem Bromid beschrieben, jedoch trotz seiner richti-
gen Beobachtungen nicht erkannt, dass es sich um ein
dem Iod ähnliches Element, aber eben nicht um Iod
handelte. Diese Entdeckung beziehungsweise Schluss-
folgerung sollte ein Jahr später, 1826, dem französi-
schen Apotheker Antoine-Jérôme Balard (1802-1876)
gelingen. Auch glaubte Liebig, bei der Umsetzung mit
Silbernitrat das schwer lösliche Silberiodid erhalten
zu haben. Balard, Sohn eines Weinbauers, stammte
aus Montpellier, ließ sich ab 1819 zum Apotheker
ausbilden und arbeitete gleichzeitig als Vorlesungs-
assistent für Chemie an der École de Pharmacie
und an der Faculté des Sciences. Er studierte an der
letzteren Chemie und Physik und graduierte im Jahr
seiner Entdeckung in Pharmazie. Zunächst eröffnete

                                                         CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 54. Jahrgang, Heft 03/2003                 93
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