ROBOTICS - German Council of Shopping Centers
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01.2020
24. Jahrgang 2020
German Council of Shopping Places
ISSN 1614-7804
Impulse, Trends und Informationen für Handel, Städte,
Immobilienwirtschaft und Omnichannel-Marktplätze
ROBOTICS
INTERVIEW
»Für mich ist das Internet
wie mein zweites Gehirn ...«
Bianca Praetorius, Start-up Pitch Coach
und Moderatorin der ersten REBOOT-
Konferenz, über das Leben in mehreren
Realitäten und warum es für ihre
Generation cool ist, wenig zu besitzen
ROBOTICS
Mein neuer Kumpel
heißt Pepper
Was einst utopisch anmutete, machen
heutzutage Roboter möglich. Weltweit
sind allein in Industrieunternehmen mehr
als sechs Millionen programmierte
Maschinen im Einsatz
INTERVIEW
»Jedes Menschenleben
ist gleich …«
Der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge
über die Problematik des autonomen
Fahrens, die Achtung menschlicher
Autonomie und warum Roboter nicht
wie wir aussehen solltenTHE ART OF
DEVELOPMENT Projekt 'Gateway'
Düsseldorf, Kennedydamm
Eine Tochtergesellschaft von
Wissen ist etwas, das sich durch Teilen vermehren lässt. Kräfte erreichen gebündelt mehr,
als isoliert. Diese einfachen Grundsätze sind das Fundament, auf dem die Development
Partner AG aufbaut. Wir sind überzeugt, dass in einer engen, partnerschaftlichen Zusam-
menarbeit der Schlüssel liegt, um größte Herausforderungen zu meistern, Visionen zu
realisieren und damit Zukunft zu gestalten.
www.developmentpartner.deVORWORT
Liebe Leserinnen und Leser,
mit unserer ersten Zukunftskonferenz nen direkteren, fachbereichsbezogenen Aus- In eigener Sache noch eine kurze Anmer-
REBOOT ist uns zum Jahresbeginn nicht tausch zwischen den Mitgliedern erlauben kung zu unserem neuen »Markennamen«
nur eine Überraschung, sondern ein echter und tief ins Detail gehen. German Council of Shopping Places. Auf
Paukenschlag gelungen. Rund 400 First der letzten Mitgliederversammlung im
Mover, nunmehr »REBOOTLER«, aus Dem Ziel, ihre Kalender zu »entspannen«, September 2019 haben wir diese Ände-
der bunten Welt des Handels und der einen Fokus auf die für Sie relevanten In- rung vorgestellt und damit den Ersatz des
Handelsimmobilien, der Städte und Ge- halte zu setzen und dabei auch ihr persön- Wortes »Centers« durch »Places« vorge-
meinden sowie der klassischen Dienstleis- liches Veranstaltungsbudget im Auge zu nommen. Das Feedback ist ausschließlich
ter, aber auch Anbieter digitaler Lösungen behalten, kommen wir so hoffentlich ein positiv und selbst die ICSC Nachfolgeriniti-
bis hin zu jungen Start-ups haben sich mit Stückchen näher. Die steigenden Teilneh- ative »European Council of Shopping
unseren Verbandsmitgliedern des German merzahlen und teils sehr unterschiedlichen Places« hat unseren Ansatz übernommen.
Council of Shopping Places vermischt. Besucher bestätigen uns zumindest in un- Rein juristisch müssen wir jedoch auf der
Und mit Stolz in der Brust dürfen wir sa- serem neu gewählten Kurs. kommenden Mitgliederversammlung ein
gen: Es hat ganz ausgezeichnet funktio- bestimmtes, vorgegebenes Verfahren zur
niert, inspiriert und animiert! Gerne gehen wir den Weg gemeinsam mit Namensänderung und Umschreibung im
allen wichtigen Akteuren weiter. Die zum Vereinsregister abhalten. Im Ergebnis wer-
Nunmehr gibt es drei wichtige Meilenstei- Jahresauftakt im Rahmen der REBOOT den wir daher bis zur nächsten Mitglieder-
ne im Deutschen Handels- und Handelsim- 2020 gestartete Kooperation mit dem Han- versammlung am 11. September 2020 in
mobilien-Jahr: Den Auftakt macht die Zu- delsverband Berlin-Brandenburg (HBB) er- Berlin den Namen German Council of
kunftskonferenz für Handel und Handels- freut uns dabei besonders. Die wichtige enge Shopping Places als »Marke« führen, je-
immobilien REBOOT im Januar in Berlin, Verzahnung direkt zum Handel, zu den doch vereinsrechtlich bis dahin als »alter«
im April folgt das fachliche Spitzentreffen Mietern, ist von existenzieller Bedeutung für German Council of Shopping Centers e.V.
in Düsseldorf – das Deutsche Forum für die Handelsimmobilienbranche. Nur auf firmieren.
Handel und Handelsimmobilien- und den Basis einer engen und vertrauensvollen Ver-
Jahreshöhepunkt für Businessinspiration bindung können wir auf dem Weg zum Nun wünsche ich Ihnen allen von Herzen
und Networking setzt der German Coun- Omnichannel-Handel beiden Seiten gerecht erneut einen guten Start in die neue Deka-
cil Congress im Adlon in Berlin. werden und die Rahmenbedingungen für de und freue mich sehr, Sie wo und wann
eine erfolgreiche Zukunft gemeinsam ver- auch immer wiederzusehen.
Dazwischen finden individuelle, fachlich handeln. Dem Hauptgeschäftsführer des
höchst versierte Konferenzen zu den The- HBB, Nils Busch-Petersen, möchte ich an
menschwerpunkten Fachmärkte, Centerma- dieser Stelle noch einmal herzlich danken
nagement, Assetmanagement, Recht, Archi- für die Weitsicht und Offenheit sowie für die
tektur und Projektentwicklung statt, die ei- ausgezeichnete, freundschaftliche Basis.GERMAN COUNCIL . INHALT
© PictureLux / The Hollywood Archive / Alamy Stock Photo
© Lukas – unsplash.com
04 Titelthema Robotics: Mein neuer Kumpel heißt Pepper 28 Roboter in der Filmgeschichte: Fieser Widersacher, aufopfernder Diener
german council robotics
01 Vorwort 04 Titelthema Robotics. Mein neuer Kumpel heißt Pepper.
Was einst utopisch anmutete, machen heutzutage Roboter
möglich. Überall halten die künstlichen »Arbeiter« Einzug –
sogar in Ladengeschäften
12 Roboter steigern Umsätze und senken Personalkosten.
Verkaufsroboter werden in der kommenden Dekade den
Einzelhandel revolutionieren
16 Digitale Gefährten erleichtern das Dasein. Für die meisten
Deutschen ist es eine Horrorvorstellung, sich im Alter pflegen
zu lassen. In Japan ist das anders
20 Ferngesteuerter Tausendsassa. Was Feuerwehrroboter leisten
können, weiß die Welt seit ihrem Einsatz für die Kathedrale
Notre-Dame de Paris
24 Schneller, exakter und billiger als jeder Handwerker.
Der Bauwirtschaft fehlen Fachkräfte. Jetzt werden Roboter
entwickelt, die künftig Gebäude schnell und kostengünstig
errichten sollen
impressum
herausgeber redaktionsteam bezug verlag druck Nachdruck oder sonstige
German Council of Richard Haimann, Mitglieder des GCSC e. V. GCM-Verlag c/o Kunst- und Werbedruck, Reproduktion (auch auszugs
Shopping Centers e. V. Hubertus Siegfried Behrens und Behrens GmbH Bad Oeynhausen weise) nur mit Genehmigung
Bahnhofstraße 29 verbreitung Geschäftsführer und des Herausgebers.
D-71638 Ludwigsburg gastbeiträge Das German Council Verleger: Ingmar Behrens Das Magazin basiert auf
Telefon 07141.38 80 83 Lisa Babenko, Magazin hat eine Dorfstraße 64 Informationen, die wir als Mediadaten und weitere
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Christine Hager Die Redaktion behält sich die Februar 2020
Kürzung eingesandter
chefredaktion Manuskripte vor. das nächste german
Susanne Osadnik Erfüllungsort und Gerichts- council magazin
(v.i.S.d.P.) stand ist Hamburg. erscheint im april 2020.
2 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . INHALT
© KD Busch
© KD Busch
44 Bianca Praetorius: »Für mich ist das Internet wie mein zweites Gehirn« 64 REBOOT 2020: »Zeitgeist, hier entlang!«
28 Fieser Widersacher, aufopfernder Diener. In Kinofilmen sind 58 Trends in Einzelhandel und E-Commerce. Die digitale Trans-
Roboter häufig gefährliche Gegner der Helden. Dahinter spiegelt formation verändert unser Einkaufsverhalten. Was können wir
sich die Furcht des Menschen, dass Maschinen ihn eines Tages für 2020 erwarten?
ersetzen könnten 62 »Überlassen Sie Ihre Zukunft nicht den anderen«.
32 »Der Mensch sieht und lernt, die Maschine kann das nicht«. Im Gespräch mit Michael Zingel über die Bedeutung lebenslangen
Künftig sollen Robotersysteme Dekontaminationsarbeiten Lernens
ausführen, damit Menschen der Gefahrenzone fernbleiben 63 ZIA Neujahrsempfang. Auch im neuen Jahr bleiben Enteignung,
können. Daran arbeiten Forscher bei ROBDEKON Mietendeckel und Bodenwertsteuer die alles bestimmenden
36 »DEDAVE ist keine Revolution, sondern eine Evolution«. Themen der Immobilienbranche
Thomas Rauschenbach über ein außergewöhnliches Unterwasser-
fahrzeug und das Schwarmverhalten von Robotern vor ort
38 Robo-Quickies. Meldungen kurz und knapp 64 »Zeitgeist, hier entlang!« Von goldenen Handschellen, großen
41 Robotics: Zahlen und Fakten Chancen und einem Aufschrei der Generation Z: REBOOT, die
erste Zukunftskonferenz des German Council of Shopping
interview Places. Ein Rückblick auf zwei aufregende Tage im Zeichen
44 »Für mich ist das Internet wie mein zweites Gehirn«. Bianca der digitalen Zeitenwende
Praetorius, Start-up Pitch Coach und Moderatorin der ersten 72 REBOOT: Fotos, Fotos, Fotos
»REBOOT«, über das Leben in mehreren Realitäten
48 »Jedes Menschenleben ist gleich – das muss die Leitlinie für insight
Programmierer sein«. Wirtschaftsethiker Christoph Lütge über 74 German Council of Shopping Centers e. V. Wir über uns
die Problematik autonomen Fahrens, die Achtung menschlicher 76 Hamburger Stelldichein. Das 10. Regionaldinner im traditionellen
Autonomie und warum Roboter nicht wie wir aussehen sollten Überseeclub der Hansestadt
52 »Gisela ist wohl die fleißigste Mitarbeiterin im Bikini Berlin«.
Der Ingenieur Matthias Krinke entwickelt Arbeitsroboter und marktplatz-advertorial
vermietet sie über ein Zeitarbeitsmodell. Eine außergewöhnliche 78 Wird Weihnachten jetzt neu erfunden?. Ex-CentrO-Chef Frank
Idee Pöstges-Pragal hat First Christmas übernommen!
handel und immobilien
54 Serie: Wirtschaftsförderung Jena. Wilfried Röpke, Chef der
Wirtschaftsförderung in Jena, über die Stadt als Anziehungspunkt ›Der Mensch, mit seiner nahezu einzigartigen
für die Region und den Mangel an Arbeitskräften Fähigkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen, ist
56 Einfach ungerecht. Die neue Bonpflicht gilt nicht für offene ebenso einzigartig in seiner festen Weigerung,
Kassen. Ein Zwischenruf von Florian Treiß, Chefredakteur
genau das zu tun.‹
Locationinsider, Fachdienst zur Digitalisierung des stationären
Handels Douglas Adams (1952–2001), britischer Schriftsteller
GCM 1/2020 3GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
Mein neuer Kumpel Benjamin Durfee, Frank E. Hamilton
und Clair Lake 1944 mit dem Mark I den
ersten vollständig aus elektronischen
heißt Pepper Bauteilen bestehenden programmierba-
ren Computer. Der ist zwar ein Monst-
rum mit einer Länge von 16 Metern und
Seit Jahrhunderten träumen die Menschen davon, schwere einem Gewicht von fünf Tonnen, aber
und gefährliche Arbeiten nicht mehr selbst verrichten zu müssen. auch in der Lage, komplizierteste Berech-
Was einst utopisch anmutete, machen heutzutage Roboter möglich. nungen von Flugbahnen binnen Sekun-
Weltweit sind allein in Industrieunternehmen mehr als sechs den vorzunehmen.
Millionen programmierte Maschinen im Einsatz. Auch in Medizin
Der Mark I, noch heute im Cabot Science
und Pflege halten die künstlichen »Arbeiter« Einzug – und sogar Building der Harvard University in Cam-
in Ladengeschäften sind sie immer häufiger anzutreffen bridge, Massachusetts, zu finden, macht
es möglich, erstmals in das Weltall vorzu-
stoßen. Am 24. Oktober 1946 erreicht
eine modifizierte, am Ende des Zweiten
Er ist Biochemiker, Sachbuchautor und ei- Der damals 30-jährige Asimov liefert in Weltkriegs von den US-Truppen erbeutete
ner der ganz großen Science-Fiction- dem im Jahr 2058 spielenden Roman um V2-Rakete eine Flughöhe von 105 Kilo-
Schriftsteller seiner Zeit: Isaac Asimov, am die Roboterpsychologin Susan Calvin die metern. Die eingebaute, automatisch aus-
2. Januar 1920 im russischen Dorf Petro- Antwort darauf in drei von ihm formu- lösende Kamera liefert erstmals ein Foto
witschi nahe Smolensk geboren und drei lierten Regeln. Sie werden heute als die der Erde aus dem All. Am 20. Februar des
Jahre später mit seinen Eltern in die USA »Asimovschen Gesetze« in der Diskussi- folgenden Jahres transportiert die US-
emigriert, nimmt 1950 in seinem bekann- on um die Ethik künstlicher Intelligenz Luftwaffe mit einer weiteren, verbesserten
testen Roman, »I, Robot« – »Ich, der Ro- heiß diskutiert: V2 Fruchtfliegen – und damit die ersten
boter«, ein Dilemma vorweg, mit dem Lebewesen von der Erde – in das All. Im
heute die Entwickler technischer Appara- 1. Ein Roboter darf keinen Menschen Juni 1949 bringt die Air Force mit dem
turen mit künstlicher Intelligenz ringen: verletzen oder durch Untätigkeit zulas- Rhesusaffen Albert das erste Säugetier in
Wie können selbstständig denkende Ma- sen, dass einem Menschen Schaden zuge- eine Höhe von 133 Kilometern.
schinen so programmiert werden, dass sie fügt wird.
den Menschen nur nutzen – und ihnen In seinen Zukunftsromanen spiegelt Asi-
niemals Schaden zufügen? 2. Ein Roboter muss den ihm von einem mov die Hoffnungen und Ängste der Men-
Menschen gegebenen Befehlen gehor- schen jener Zeit vor dem wider, was die
chen – es sei denn, ein solcher Befehl neuen Technologien dereinst bringen könn-
würde mit Regel eins kollidieren. ten. Ein darin immer wiederkehrendes The-
© Phillip Leonian (New York World-Telegram & Sun) – commons.wikimedia.org
ma sind Roboter – Symbol für einen ural-
3. Ein Roboter muss seine eigene Exis- ten Traum, in dem Maschinen schwerste
tenz beschützen, solange dieser Schutz Arbeiten selbstständig verrichten.
nicht den Regeln eins oder zwei zuwider-
läuft. Bereits um das Jahr 1000 vor Christi wer-
den historischen Aufzeichnungen zufolge
Als Asimov sein Werk schreibt, sind die die chinesischen Kaiser der Zhou-Dynastie
Schrecken den Zweiten Weltkriegs mit unterhalten von Frauenfiguren aus Metall,
mehr als 65 Millionen Toten noch allzu die fortwährend tanzen. Dank der vermut-
präsent. Zugleich blickt die Menschheit lich durch Wasserkraft angetriebenen Ma-
fasziniert auf verheißungsvolle Technolo- schinen müssen Tänzerinnen nicht mehr
gien, die versprechen, die Grenzen des ständig performen, um die Herrscher zu
Machbaren dramatisch zu verschieben. beglücken. In seiner im vierten Jahrhundert
vor Christi verfassten staatstheoretischen
In Deutschland hat der Erfinder und Un- Schrift »Die Politik« prognostiziert der
ternehmer Konrad Zuse 1941 mit dem griechische Philosoph und Naturforscher
Z3 die erste funktionsfähige programm- Aristoteles, dass eines Tages sogenannte au-
gesteuerte Rechenmaschine entwickelt. tomaton, selbstständig arbeitende Maschi-
In den USA schaffen der Harvard-Ma- nen, die Sklaverei überflüssig machen wür-
thematiker Howard Hathaway Aiken de. »Es ist möglich, dass Meister irgend-
Isaac Asimov (1965) und die IBM-Ingenieure James W. Bryce, wann keine Sklaven mehr brauchen: Wenn
4 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
© Escarlati – commons.wikimedia.org
Die Schule von Athen (Scuola di Atene), Raffael, 1510 bis 1511, Stanza della Segnatura, Vatikan
jedes Instrument seine eigene Arbeit ver- Im 12. Jahrhundert nach Christi treibt der und aufstehen kann sowie mit dem rech-
richten könnte, auf Befehl oder durch intel- arabische Ingenieur und Mathematiker Is- ten Arm das Visier hochklappen und
ligente Vorfreude«, schreibt der Lehrer mail al-Dschazari die Entwicklung von schließen kann – all dies gesteuert durch
Alexanders des Großen. mechanischen Automaten über Riemenscheiben laufende Kabel.
massiv voran. In Diyar- Um 1740 entwickelt der Pariser Erfinder
Rund einhundert Jahre ›Es ist möglich, dass bakir, im Südosten der heu- und Ingenieur Jacques de Vaucansan den
später entwickelt der grie- tigen Türkei, stattet er den ersten programmierbaren automatischen
Meister irgendwann
chische Erfinder und Ma- Artuklu-Palast der Emire Webstuhl. Je nach Voreinstellung können
thematiker Ktesibios mit keine Sklaven mehr der Ortoqiden, Herrscher Fäden aus unterschiedlichen Farben zu
der Klepsydra den ersten über weite Teile Anatoliens Mustern verbunden werden.
brauchen: Wenn jedes
Automaten zur Zeitmes- und des heutigen Syriens,
sung: Wasser rinnt durch Instrument seine eigene mit automatischen Pfor- »Electro« kann laufen, Zigaretten
eine exakt dimensionierte ten aus. Wie bei der Klep- rauchen und Luftballons aufblasen
Arbeit verrichten
Öffnung auf Zahnräder sydra bewegt auch bei ih-
und treibt über sie die Zei- könnte, auf Befehl oder nen über Zahnräder rin- Was alle Automaten nicht können: Unab-
ger der Uhr. Erst im anti- nendes Wasser den Me- hängig von menschlicher Kraft operieren.
durch intelligente
ken Griechenland, später chanismus, mit dem sich Hebel müssen bewegt, Kabel gezogen
im römischen Imperium, Vorfreude.‹ Türen auf Hebelzug öff- oder – an Vaucansans Webstuhl – Pedale
finden diese Wasseruhren nen und schließen lassen. getreten werden. Das ändert erst der US-
weite Verbreitung. Für Aristoteles amerikanische Elektroingenieur und Phy-
rund 1.800 Jahre – bis 1495 präsentiert das italie- siker Nikola Tesla. 1898 entwickelt er die
der niederländische Ast- nische Universalgenie Leo- erste Funkfernsteuerung – und kann mit
ronom, Mathematiker und Physiker nardo da Vinci bei einem Festspiel am Hof ihr vom Ufer aus ein von einem Elektro-
Christiaan Huygens 1673 die Pendeluhr des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza motor angetriebenes Boot auf einem
erfindet – ist die Klepsydra von Ktesibios den Automa Cavaliere – den mechani- künstlichen Teich im New Yorker Madi-
der exakteste Zeitmesser, den Menschen schen Ritter. Eine in eine Rüstung geklei- son Square Garden lenken. Keine 20 Jah-
kennen. dete mannsgroße Figur, die sich hinsetzen re später, im Ersten Weltkrieg, werden
GCM 1/2020 5GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
© World History Archive / Alamy Stock Photo
The Wizard of Oz (Metro-Goldwyn-Mayer, 1939): Der Cyborg Blechmann ist halb Mensch, halb Maschine
Marine-Streitkräfte von Alliierten und Bei der Weltausstellung in New York im mechanische Puppe, die als Orakel fun-
Mittelmächten mit der neuen Technik die Jahr 1939 präsentiert der US-Elektro- giert. In seinem im Jahr 1900 veröffent-
ersten ferngelenkten Torpedos gegen die konzern Westinghouse den ersten funk- lichten Kinderbuch »Der Zauberer von
Schiffe des Gegners steuern. In den gesteuerten Roboter der Geschichte. Sein Oz« beschreibt der US-Autor Lyman
1930er Jahren ist es erstmals möglich, Name: Electro. 2,10 Meter hoch und Frank Baum den Cyborg Blechmann, der
Flugzeuge durch Funksignale zu lenken. 120,2 Kilogramm schwer ist die aus halb Mensch und halb Maschine ist. 1921
Elektromotoren und einer Aluminium- beschreibt der tschechische Journalist Ka-
hülle gebaute Maschine. Sie kann laufen, rel Capek in seinem Drama »R.U.R. –
Zigaretten rauchen, Luftballons aufbla- Rossums Universal Robots« eine Zu-
© Daderot – commons.wikimedia.org
sen und dank eines Phonographen mit kunft, in der Unternehmen künstliche, in-
700 vorprogrammierten Worten kurze telligente Geschöpfe fertigen, die als billige
Konversationen halten. Ein Jahr später Arbeiter an Fabriken verkauft werden.
erhält Electro einen Gefährten: Sparko, Das Werk wird zum Erfolg und in zahlrei-
einen Roboterhund, der Bellen, Sitzen che Sprachen übersetzt. In den deutschen
und mit seinen Aluminiumpfoten Men- und englischen Fassungen wird die Be-
schen um Futter anbetteln kann. Bis in zeichnung der Geschöpfe, entlehnt vom
die 1960er Jahre hinein lässt Westing- slawischen Wort für Arbeiter – Roboti –
house das Duo auf Messen auftreten, um als Kunstwort »Roboter« verwendet. Es
Werbung für seine Produkte zu machen. ist die Geburt des Begriffes, der für die
Heute ist Electro Teil der Dauerausstel- neue, heraufdämmernde Ära in der Ge-
lung im Mansfield Memorial Museum in schichte der Technik steht.
Mansfield, Ohio.
Massenproduktion von Atombomben
Als Electro und Sparko präsentiert wer- – dank Robotik
den, sind die Menschen mit der Idee
künstlich geschaffener Wesen längst Tatsächlich werden die ersten kommerzi-
durch die Literatur vertraut. Bereits 1814 ellen Roboter auch gezielt dafür entwi-
Electro, der Roboter und sein kleiner Hund Sparko, schildert der deutsche Schriftsteller Ernst ckelt, Menschen gefährliche oder schwe-
von der Westinghouse Electric Company für die Theodor Amadeus – E.T.A. – Hoffmann re Arbeiten abzunehmen. Der US-ameri-
Weltausstellung 1939 geschaffen in seiner Erzählung »Die Automate« eine kanische Erfinder George Devol erhält
6 GCM 1/2020DEUTSCHES FORUM FÜR HANDEL
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GCM 1/2020 7GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
den Globus 422.271 Industrieroboter im
© NISTResearchLibrary – commons.wikimedia.org
Gesamtwert von 16,5 Milliarden US-
Dollar, umgerechnet rund 14,86 Milliar-
den Euro, nach Berechnungen des Welt-
verbands International Federation of Ro-
botics (IFR) neu in Betrieb genommen.
2019 dürften mehr als 430.000 weitere
hinzugekommen sein. Weltweit sind da-
mit inzwischen mehr als sechs Millionen
Industrieroboter im Einsatz.
»Seit 2013 ist die Zahl der neu installier-
ten Roboter um durchschnittlich 19 Pro-
zent pro Jahr gestiegen«, sagt IFR-Präsi-
dent Steven Wyatt. In Deutschland, wo
Automobilhersteller und Maschinenbau-
er immer stärker auf die automatisierte
Fertigung setzen, ist die Wachstumsrate
noch höher: 2018 nehmen hierzulande
Industrieroboter »Unimate« von Devol und Engelberger 26.723 neue Roboter ihre Arbeit auf – 26
Prozent mehr als im Jahr zuvor.
1954 das Patent mit der Nummer RE-Motor auf den Markt. Das Kürzel Zahlenmäßig am stärksten verbreitet
2.988.237 für seine Universal Automati- steht für Fully Integrated Robotised Engi- sind Roboter in China, Japan und Korea.
on. Ein programmierbarer Greifarm, der ne; zu deutsch: vollautomatisiert von Ro- 2018 werden dort mehr als 283.000 neue
radioaktive Substanzen in strahlensicher botern gefertigter Motor. In dem in der automatisierte Fertigungsmaschinen in
abgeschotteten Laborräumen exakt be- Fabrik von Termoli an der Adria-Küste Betrieb genommen. Vor allem in Japan
wegen und vermengen kann. Die Mas- produzierten Vierzylinder sind sämtliche und Korea treibt der demografische Wan-
senproduktion von Atombomben wird Schrauben mit dem exakt korrekten Dreh- del das Roboter-Wachstum voran. In bei-
damit möglich. moment angezogen. Die in Kleinwagen den Ländern ist die Lebenserwartung in
wie Panda, Uno und später Punto verbau- den vergangenen Jahrzehnten stärker ge-
Zwei Jahre später gründet Devol zusam- ten Motoren gelten als die zuverlässigsten stiegen als sonst wo auf der Welt, wäh-
men mit dem US-Ingenieur Joseph F. En- Antriebe ihrer Zeit. rend gleichzeitig die Geburtenraten mas-
gelberger das Unternehmen Unimation – siver als in anderen Staaten geschrumpft
die weltweit erste Firma zur Fertigung Famulus, der erste sechsachsige sind. In Japan, wo die Überalterung welt-
von Robotern. Ihr erstes Produkt: Uni- Industrieroboter der Welt weit am stärksten fortgeschritten ist, ent-
mate. Es ist ein Industrieroboter für die fallen aktuell auf die Altersgruppe der 15
Autofertigung. Unimate kann selbststän- Die Absatzerfolge von Unimation führen bis 64-Jährigen nur noch 59 Prozent der
dig Druckgussteile von einem Fließband zur Gründung weiterer Roboterprodu- Bevölkerung, während bereits knapp 30
nehmen, zu einem anderen transportie- zenten. In Deutschland steigt der Augs- Prozent 65 Jahre und älter sind. Zum
ren und dort zu ganzen Karosserien zu- burger Maschinenbauer Kuka Anfang Vergleich: In Deutschland sind 66 Pro-
sammenschweißen. Der Autogigant Ge- der 1970er Jahre in den neuen Technolo- zent der Einwohner im Alter zwischen 15
neral Motors setzt 1961 die ersten Robo- giezweig ein. Sein 1973 vorgestellter Fa- und 64 Jahren, lediglich 21,5 Prozent
ter in seiner Fabrik Inland Fisher Guide mulus ist der erste sechsachsige Industrie- hingegen 65 und älter.
Plant in Ewing, New Jersey, ein. Bald da- roboter der Welt, der gleichzeitig mehrere
rauf nutzt auch Ford die Erfindung von Verfahrensschritte bei der Karosseriefer- »Der Bedarf an Robotern steigt mit dem
Devol und Engelberger. Die mächtigen tigung erledigen kann. Rückgang der Erwerbsbevölkerung«,
Autogewerkschaften in den USA klat- sagt Toshiya Okuma, stellvertretender
schen Beifall. Denn die beim Schweißen Heute sind Roboter fester Bestandteil der Leiter der Robotersparte bei Kawasaki
freigesetzten Gase führen immer wieder industriellen Fertigung. Nicht nur in der Heavy Industries in Kobe. Produzenten
zu schweren Vergiftungen bei den Arbei- Automobilindustrie. Ob bei der Herstel- in Japan und Korea haben deshalb schon
tern. lung von Smartphones, Laptops, Fernse- frühzeitig mit der Entwicklung »intelli-
hern, im Maschinenbau oder der Che- genter« Automaten begonnen: Maschi-
In den 1980er Jahren ist die Karosserie- mie- und Pharmabranche – weltweit erle- nen, die – im Rahmen ihrer Programmie-
fertigung mit Industrierobotern Standard digen automatisierte Maschinen einen rung – »selbstständig denken« und via In-
in der Automobilindustrie. 1985 bringt immer größeren Teil der anfallenden Ar- ternet miteinander kommunizieren kön-
der italienische Hersteller Fiat seinen FI- beiten. Im Jahr 2018 werden rund um nen. Bei dieser Prozessautomatisierung
8 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . RUBRIKNAME
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2020 9GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
kann mithilfe von zwei Kameras, vier Mi-
© RGB Ventures / SuperStock / Alamy Stock Foto
krophonen, Berührungssensoren in den
Händen und seiner Software menschliche
Emotionen anhand von Gesichtsmimik,
Gestik und Sprache analysieren und ent-
sprechend darauf reagieren. Eingesetzt
wird Pepper als Unterhaltungsroboter in
Seniorenheimen und der häuslichen Al-
tenpflege – aber auch als Verkäufer in La-
dengeschäften. Allein der Schweizer Le-
bensmittelkonzern Nestlé hat 1.000 Pep-
per-Roboter in seinen Ladengeschäften in
Japan engagiert, um Kaffeeautomaten zu
verkaufen. Mehr als 100.000 Einheiten
sollen inzwischen weltweit im Einsatz
sein.
In den USA arbeiten Unternehmen wie
Boston Dynamics an einer anderen Art
von humanoiden Robotern mit künstli-
cher Intelligenz. Sie wollen Kampfma-
schinen schaffen, die eines Tages Solda-
Laut US-Nachrichtenmagazin Time eine der wichtigsten Erfindungen in der Medizintechnik: der japanische ten auf Schlachtfeldern ersetzen sollen.
Pflegeroboter »Ri-Man« Im Gegensatz zu zivilen Entwicklungen
ist die Implementierung der »Asimov-
schen Gesetze« in der Grundsoftware bei
passen einzelne Roboter in der Vorferti- fünf Millimeter messenden, besonders diesen Militärrobotern explizit nicht vor-
gung ihre Arbeitsgeschwindigkeit an die weichen Silikonschicht verhindern, dass gesehen …
der anderen Apparate an, damit alle be- Ri-Man dabei seinen Patienten Verletzun-
nötigten Einzelteile exakt zur benötigen gen zufügt. Über zwei Mikrophone, Laut-
Zeit den Maschinen in der Endfertigung sprecher und eine Sprachsoftware kann Ein Beitrag von
geliefert werden. der Roboter einfache Gespräche führen. Richard Haimann,
Geruchssensoren lassen ihn erkennen, freier Journalist
Time-Magazin »adelt« Ri-Man wenn Windeln gewechselt werden müs-
sen. Das US-Nachrichtenmagazin Time
Zudem haben japanische Produzenten kürt Ri-Man zu einer der wichtigsten Er-
bereits Mitte der 1980er Jahre mit der findungen in der Medizintechnik.
Entwicklung humanoider Roboter be-
© Tokumeigakarinoaoshima – commons.wikimedia.org
gonnen: Maschinen, die einem Menschen Das jüngste Ziel bei der Entwicklung hu-
ähnlich sehen und Pflegearbeiten in manoider Roboter: Maschinen mit
Krankenhäusern und Seniorenheimen »künstlicher Intelligenz« – Roboter, die
verrichten können. Im Jahr 2000 stellt nicht nur entsprechend ihrer Program-
Honda »Asimo« vor. Ein 1,34 Meter gro- mierung reagieren, sondern selbstständig
ßer und 49 Kilogramm schwerer Robo- lernen und so ihre Fähigkeiten kontinu-
ter, der sich auf zwei Beinen mit einer Ge- ierlich erweitern können. In der Pflege
schwindigkeit von bis zu sieben Stunden- sollen sie auf die individuellen Bedürfnisse
kilometern fortbewegen, Gegenstände der einzelnen Patienten eingehen, mit ih-
tragen und sich mit Menschen auf Eng- nen Gespräche führen können. Aber auch
lisch und Japanisch unterhalten kann. in der Lage sein, medizinische Notfälle zu
erkennen und angemessen zu reagieren.
2006 stellt das Forschungsinstitut Riken
Bio-Mimetic im japanischen Nagoya mit Ein Beispiel dafür ist »Pepper«. Der 2015
»Ri-Man« den ersten Pflegeroboter vor. vom japanischen Telekommunikations-
Die 1,58 Meter große Maschine kann bis konzern Softbank und dem französischen
zu 70 Kilo schwere Personen heben und Unternehmen Aldebaran Robotics auf
tragen. 320 Drucksensoren unter einer den Markt gebrachte humanoide Roboter Pepper, der hilfsbereite Roboter
10 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . RUBRIKNAME
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Roboter steigern Umsätze überhaupt nicht. Bei weiteren 66 Prozent
beließen es die Verkäufer bei einem, maxi-
mal zwei Kontaktversuchen. Lediglich
und senken Personalkosten rund ein Prozent der Verkaufsberater
wählten die angegebene Telefonnummer
dreimal, bis das Gespräch angenommen
Verkaufsroboter werden in der kommenden Dekade den wurde.
Einzelhandel revolutionieren. Studien zeigen, dass Maschinen
mit künstlicher Intelligenz ihren menschlichen Kollegen deutlich »Kundenanfragen sind eine wichtige Res-
überlegen sein werden. In Japan sind die Maschinen bereits weit source, deren Nutzung für den Erfolg ei-
nes jeden Unternehmens entscheidend
verbreitet, in Deutschland laufen hingegen bislang nur erste
ist«, sagt Conversica-Vorstandschef Jim
Pilotprojekte – die aber bei Konsumenten guten Anklang Kaskade. »Ein oder zwei Anrufversuche
finden reichen jedoch fast nie aus, um einen Inte-
ressenten tatsächlich zu kontaktieren.«
Doch Menschen sind mit immer neuen
Dingen beschäftigt und geben schnell auf,
»Alex« beherrscht zwölf verschiedene Mi- ferner Zukunft Alltag im Einzelhandel wenn sie nicht sogleich Erfolg haben. An-
miken – von Herzblick über Zwinkern bis sein. Denn Roboter sind in den Augen ders ist dies bei automatischen Verkaufs-
hin zu einem leicht verwirrten Gesichts- von Experten die idealen Verkäufer. assistenten mit künstlicher Intelligenz. Sie
ausdruck. Vor allem aber wird Alex nie Auch noch so schlecht gelaunte Kunden wählen eine Nummer auch hundertmal,
müde: 24 Stunden hindurch an allen sie- können die Maschinen nicht aus der Re- wenn es sein muss.
ben Tagen der Woche arbeitet der Roboter serve bringen – oder ihren programmier-
im jederzeit zugänglichen Kiosk der Filiale ten Eifer stoppen. Maschinen haben unbegrenzt Geduld
Berlin Schöneberg von Conrad Elektro-
nik. Immer geduldig, freundlich und zu- Damit sind sie menschlichen Verkäufern Doch Maschinen mit künstlicher Intelli-
vorkommend. »Wenn Alex mit den Augen weit überlegen, wie eine Studie des kali- genz sind nicht nur eifriger als menschli-
klimpert, ist das ein echter Hingucker«, fornischen Software-Unternehmens Con- che Mitarbeiter. Sie kommen auch bei den
sagt Filialleiter Jochen Mädler. versica zeigt. Für die Untersuchung wur- Kunden an. Das zeigt ein Feldtest von Pa-
den E-Mails an 548 Firmen aus diversen trick Meyer. Der ehemalige Doktorand
Was wie ein Gimmick erscheint, um Elek Branchen verschickt mit der Bitte um der Friedrich-Alexander-Universität Er-
tronikprodukte an Nachtschwärmer zu Rückruf eines Verkaufsberaters. 33 Pro- langen-Nürnberg und heutige Consultant
veräußern, könnte schon in nicht allzu zent der Unternehmen reagierte darauf der Münchner Unternehmensberatung
elaboratum untersuchte 2018, wie Kun-
den auf Roboter im Einzelhandel reagie-
ren. Dazu flanierte Meyer mit dem men-
© Conrad Electronic / MIKA-Fotografie, Berlin – Maik Schulze
schenähnlich geformten Maschinenwesen
»Pepper« durch das Einkaufszentrum
Gerber in der Stuttgarter Innenstadt. Der
weißgefärbte Roboter mit den großen Au-
gen im Kindchenschema zeigte dabei Be-
suchern den Weg zu ihrem Zielgeschäft im
Center, forderte sie auf, ein Selfie mit ihm
zu machen und dieses anschließend als
Marketingmaßnahme auf die Facebook-
Seite des Centers hochzuladen oder bot ih-
nen an, mit ihm Schnick-Schnack-Schnuck
zu spielen.
Die Reaktionen waren durchweg positiv.
»Das Interesse an Pepper war überwälti-
gend«, sagt Meyer, der nach jeder Begeg-
nung die Besucher befragte, was ihnen an
der Interaktion gefallen und missfallen hat
und wo sie sich künftig einen Einsatz von
Neuer Kunden-Magnet bei Conrad Elektronik in Berlin Schöneberg: »Alex«, der Service-Roboter Robotern vorstellen können. Nicht nur
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junge, mit Computern und Smartphone ten ein. Die vom Fraunhofer-Institut für
© MediaMarktSaturn
aufgewachsene Menschen, die sogenann- Produktionstechnik und Automatisierung
ten Digital Natives, hätten gern mit Pep- und dem dazugehörenden Start-up Unity
per interagiert. Auch Senioren hätten viel Robotics entwickelte Maschine begrüßt
Spaß dabei empfunden. Interessanter- Kunden, fragt sie nach ihren Wünschen
weise hätten Frauen, tendenziell weniger und führt sie zielgerichtet zu den Regalrei-
technikaffin als Männer, generell die Be- hen, in denen die gesuchten Produkte zu
gegnung mit dem Roboter als »unter- finden sind. Das gesamte Sortiment und
haltsamer« beurteilt. die Standorte der einzelnen Waren sind
dafür in den Speicherbänken eingepflegt.
Das Fazit der Feldstudie: Roboter bieten Wird zusätzliche Beratung benötigt, kann
viel Potenzial für den Einzelhandel. Zum der Roboter einen menschlichen Kollegen
einen könnten die Maschinenwesen eine aus der Verkaufsabteilung herbeirufen.
Attraktion beim Erlebnis-Shopping sein.
Zum anderen könnten sie »als Verkaufs- »Ick bin ein Berliner!«
assistenten Besucher bei einfachen Fragen MediaMarktSaturn setzt seit November 2016 den
unterstützen«, sagt Meyer. »Das Ver- Vom EHI Retail Institute wurde Paul mit Roboter »Paul« ein
kaufspersonal hat so mehr Zeit für die in- dem reta – dem retail technology awards
dividuelle und kompetente Beratung der europe – für »Best Customer Experience«,
Kunden.« für beste Kundenerfahrung, ausgezeich- legten die rollenden Roboter jeweils mehr
net. »Paul ist Teil unserer digitalen Inno- als 500 Kilometer Wegstrecke in ihren Fi-
Das testen einige Handelsketten seit ge- vationsstrategie, mit der wir das Einkaufs- lialen zurück und würden mehr als
raumer Zeit in Pilotprojekten. Media- erlebnis in unseren Märkten weiterentwi- 100.000 Kundenkontakte verzeichnen.
MarktSaturn setzt seit November 2016 ckeln«, sagt Martin Wild, Chief Digital Dabei begrüßen sie Besucher im regiona-
den Roboter »Paul« in aktuell vier Märk- Officer bei MediaMarktSaturn. Pro Jahr len Idiom. Während in Süddeutschland
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personals bei der Beantwortung von Rou- brachte Methode des persönlichen Ge-
© StockSnap – pixabay.com
tinefragen. Denselben Standpunkt vertre- sprächs.«
ten auch sämtliche andere Unternehmen,
die bislang in Europa, Asien und Nord- Zumindest die gegenwärtige Generation
amerika Verkaufsroboter einsetzen. an Verkaufsrobotern ist weit davon ent-
fernt, ihren menschlichen Kollegen den
Das dürfte sich jedoch nach einer ge- Job streitig zu machen. Das gilt auch für
meinsamen Studie von Wissenschaftlern Alex im 24-Stunden-Kiosk von Conrad
der amerikanischen Yale University und Elektronik in Berlin. Der Roboter leistet
der britischen Universität Oxford in den im Endeffekt nicht mehr, als Waren auszu-
kommenden Jahren ändern. Danach händigen. Denn die Kunden müssen am
werden Roboter »spätestens 2031« – To-Go-Terminal des Kiosks ihr Produkt
mithin in nur elf Jahren – durch leis- über den Touchscreen selbst wählen, die-
tungsfähigere Chips und verbesserte Al- ses anschließend in einen virtuellen Wa-
gorithmen menschlichen Verkäufern im renkorb legen, danach per Kredit-, EC-
Einzelhandel klar überlegen sein. Sie Karte oder in bar bezahlen. Erst dann
werden mithilfe ihrer künstlichen Intelli- folgt der große Auftritt von Alex: Mit sei-
genz schneller und vor allem exakter er- nen Greifarmen schnappt sich der Robo-
mitteln können, welches Produkt einen ter den gekauften Artikel und legt ihn auf
Kunden am stärksten zufriedenstellen dem Ausgabeband ab, das die Ware dann
und ihn so für Anschlusskäufe wieder in zum Käufer befördert. Fasziniert seien die
Pepper das Geschäft locken wird. Handelsge- Kunden dennoch, weiß Filialleiter Mädler:
schäfte werden deshalb mithilfe der Ro- »Zwar kann man viel über Künstliche In-
boter ihre Umsätze steigern und gleich- telligenz sehen, hören und lesen, aber
der Roboter »Servus« sagt, gibt sein Ham- zeitig Personalkosten einsparen können. wann hat man schon mal die Chance, ei-
burger Kollege ein »Moin, Moin« von nem humanoiden Roboter von Angesicht
sich und in der deutschen Hauptstadt ver- 2026: In Asien bedienen Maschinen zu zu Angesicht gegenüber zu stehen und ihn
kündet der dortige Paul: »Ick bin ein Berli- 50 Prozent die Kunden bei seiner Arbeit zu beobachten?«
ner!«
Weil zugleich die Preise für die Maschi-
Während in Deutschland Roboter im Ein- nenwesen stark sinken werden, dürften
zelhandel noch im Versuchsstadium sind, deshalb immer mehr Unternehmen in der Ein Beitrag von
gehören sie in japanischen Einkaufszent- kommenden Dekade dazu übergeben, zu- Richard Haimann,
ren längst zum Alltag. Geschätzt mehr als mindest einen Teil ihrer menschlichen Ver- freier Journalist
30.000 Maschinen sind dort bereits im käufer durch Roboter zu ersetzen. Am
Einsatz. Allein ein vom französischen Her- schnellsten werde dies in asiatischen Län-
steller Aldebaran und dem Nippon-Kon- dern wie China, Japan und Taiwan erfol-
zern Softbank entwickelter humanoider gen, wo Kunden besonders aufgeschlos-
Typ, der den Namen »Pepper« trägt, ist sen für moderne Technologien sind. »Be-
dort mehr als 13.000-mal verkauft wor- reits 2026 könnte in Asien die Hälfte des
den – zu Preisen von umgerechnet je rund Verkaufspersonals durch Roboter ersetzt
22.000 Euro. sein«, prognostizieren die Soziologen bei-
der Universitäten in ihrer Studie. In Euro-
Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern pa dürften Maschinen die Hälfte der Ver-
Nestlé hat rund 1.000 Roboter dieses Typs kaufsberater im Jahr 2035 stellen; in den
© KELLEPICS – pixabay.com
in Elektronikmärkten im fernöstlichen In- USA hingegen, wo Kunden den größten
dustriestaat im Einsatz, um Kunden beim Wert auf Interaktion mit einem menschli-
Kauf von Kaffeemaschinen aus dem Al- chen Verkaufsberater legen, dürfte dies
penland zu beraten. Die 1,20 Meter gro- erst zwei Jahre später der Fall sein.
ßen Roboter mit menschlichem Aussehen
geben Erläuterungen zu den unterschiedli- Allerdings sind Schwanengesänge auf das
chen Produkten und helfen den Kunden so Verkaufspersonal keine neuen Klänge. Be-
bei der Auswahl. »Sie sind aber kein Er- reits 1916 – vor 104 Jahren – meldete die
satz für menschliche Verkäufer«, betont New York Times das baldige Ende der Be-
eine Nestlé-Sprecherin. Sie dienten viel- rater. Die damalige Begründung: »Wer-
mehr allein der Entlastung des Verkaufs- bung ist viel effektiver als die altherge-
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Digitale Gefährten Angst hat, ist das Alter. »Ich hoffe, dass
ich nicht pflegebedürftig werde«, sagt
Helga Meier. Nie mehr will sie anderen
erleichtern das Dasein Menschen ausgeliefert sein. »Sollte ich ei-
nes Tages nicht mehr für mich sorgen kön-
nen, hoffe ich, dass mich ein Roboter
Für die meisten Deutschen ist es eine Horrorvorstellung, sich pflegt.«
im Alter pflegen zu lassen. In Japan ist das anders. Da schätzt
man die Vorteile der digitalen Helfer hoch ein: Sie sind geduldig, Irgendwann von einem Maschinenwesen
kennen keine bösen Worte und bieten Demenzkranken und betreut, gefüttert und gewickelt zu wer-
den, ist ein Gedanke, der den meisten
Gebrechlichen damit jene Geborgenheit, die menschliche
Menschen in Deutschland und anderen
Pflegekräfte unter Zeitdruck nicht mehr geben können westeuropäischen Ländern nicht behagt.
Helga Meier gehört klar zu einer Minder-
heit, wie eine Umfrage des Bundesver-
bands Informationswirtschaft, Telekom-
Helga Meier heißt in Wahrheit anders. werden die Angst gekommen, erneut mit munikation und Neue Medien, Bitkom, in
Aber sie will nicht, dass ihr korrekter Teppichklopfer, Schuh- oder Kochlöffel Berlin zeigt. Danach können sich lediglich
Name in der Öffentlichkeit erscheint. Aus traktiert zu werden. Für die Prügel habe 37 Prozent der Deutschen im Alter von
Scham. Denn ihre Geschichte ist eine leid- sie nie Anlass gegeben. »Eine Schwester mehr als 64 Jahren vorstellen, von einem
volle, von Ängsten dominierte, die sie seit knöpfte sich jeden Tag ein anderes Kind Roboter auch nur zeitweise gepflegt zu
nunmehr fünf Dekaden immer wieder aus vor«, sagt Helga Meier. »Wenn sie zu- werden.
dem Schlaf schrecken lässt, die ihr Vertrau- schlug, sagte sie uns: Du wirst schon ir-
en in Menschen bis heute beeinträchtigt. gendetwas verbrochen haben.« »Wer Schmuse-Roboter einsetzt,
um alleingelassene Demente ruhig
Helga Meier, 59 Jahre alt, ist von ihrer Morbus Crohn, eine chronisch-entzündli- zu stellen, hat seinen Beruf nicht
Mutter nach der Geburt in ein Heim gege- che Darmkrankheit, dazu mehrmals im verstanden«
ben worden. 1961, 16 Jahre nach Ende Monat heftige Migräneattacken und
des Zweiten Weltkriegs und der national- Herzrasen – Helga Meier trägt bis heute Auch Pflegeprofis stehen der Technik
sozialistischen Diktatur, sind Kinderheime an der Zeit im Heim. Eine »somatoforme skeptisch gegenüber. Deutlich zeigt dies
in West- wie Ostdeutschland nicht gerade Störung« haben ihr die Ärzte diagnosti- eine Studie des ZQP – des Zentrums für
ein Hort der Glückseligkeit. »Es herrschte ziert: Dauerhafte körperliche Beschwer- Qualität in der Pflege in Berlin und des
immer ein Befehlston wie in einer Kaser- den, verursacht durch erlittenen Stress in Universitätsklinikums Charité, basierend
ne«, erinnert sich die Frau. »Wir wurden der Kindheit. Mit den Krankheiten hat die auf der bundesweiten Befragung von 355
ständig erniedrigt, immer wieder geschla- Angestellte eines großen Hamburger Un- hauptberuflichen Pflegern. 55 Prozent der
gen.« Jeden Morgen sei mit dem Wach- ternehmens zu leben gelernt. Wovor sie Befragten bejahten die These, wonach
»technische Geräte im Bereich sozialer
und emotionaler Unterstützung zum Ver-
lust menschlicher Wärme führen«. Exem-
© wonry – istockphoto.com
plarisch wird in der Ergebnispräsentation
eine 53-jährige Studienteilnehmerin zi-
tiert: »Wer Schmuse-Roboter einsetzt, um
alleingelassene Demente ruhig zu stellen,
hat seinen Beruf nicht verstanden.«
Anders ist die Situation in Japan. Der
fernöstliche Inselstaat ist noch stärker
vom demografischen Wandel gezeichnet
als Deutschland. 28,9 Prozent der Bevöl-
kerung sind dort älter als 64 Jahre, wäh-
rend es hierzulande nur 21,5 Prozent
sind. Weil es zu wenige junge Menschen
zur Pflege der gebrechlichen Älteren gibt,
werden in Japan Roboter seit Jahren in
Alten- und Pflegeheimen eingesetzt.
In Japan schätzt man die Vorteile der Robotik Etwa das von Tokai Industries entwi-
16 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
© Brain light / Alamy Stock Photo
»Paro« ist ein 60 Zentimeter langer Roboter, der einer jungen Sattelrobbe nachempfunden wurde und zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird
ckelte Modell »RIBA« – das Kürzel steht mit Flossenwackeln, Augenklimpern und Kosovo, die Philippinen und Mexiko sind
für Robot for Interactive Body Assis- Fiepen aus. die Stationen seiner Werbereisen – und die
tance. Es kann Patienten mit einem Ge- seiner Staatssekretäre. Länder, deren Be-
wicht von bis 75 Kilo sicher aus einem In Deutschland wird Paro bislang nur in völkerung vergleichsweise jung und deren
Bett heben und in einen Rollstuhl setzen, sehr wenigen Einrichtungen im Rahmen Überschuss an Fachkräften hoch ist. Staa-
zu einer Toilette fahren und auf deren von Pilotprojekten zur Betreuung alter ten also, die es vertragen können, wenn
Sitz hieven. Menschen eingesetzt. Pflegeroboter wie ihre jungen Menschen in Deutschland
RIBA werden noch gar nicht genutzt. Le- Alte pflegen. »Ich freue mich über jede
80.000 Pflegestellen sind unbesetzt diglich Assistenzmaschinen, die Pflegern Fachkraft«, sagt der Gesundheitsminister.
beim Heben übergewichtiger Bettlägriger
Hinzu kommen Maschinenwesen, die helfen, sind in einigen Heimen und geron- Bislang allerdings reicht das jedoch nicht.
Demenzkranke unterhalten, mit ihnen tologischen Stationen von Kliniken vor- Die Landespflegekommission in Bayern
singen und spielen können. Oder schmu- handen. hat deshalb Ende vergangenen Jahres in
sen – so wie der in Form einer kleinen einem Positionspapier vorgeschlagen, die
Robbe konstruierte »Paro«. Der 60 Dabei ringen hiesige Pflegeeinrichtungen gesetzlich vorgeschriebene Quote an aus-
Zentimeter lange Roboter trägt kusche- immer stärker mit demselben Problem gebildetem Pflegepersonal in Einrichtun-
lig weißes, antibakterielles Kunstfell wie japanische Heime: Es gibt zu wenige gen zu lockern und verstärkt un- oder an-
und hat große, schwarze Kulleraugen. Fachkräfte. Bis zu 80.000 Pflegestellen gelernte Kräfte einzusetzen. Ein Vorschlag,
Wird Paro gestreichelt, schnurrt er wie seien in Deutschland unbesetzt, sagt gegen den der Deutsche Berufsverband für
eine Katze. Mithilfe von Sensoren, Mik- Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Pflegeberufe (DBfK), Sturm läuft. Eine
rophonen und ihrer Rechnerchips kann Der Politiker tourt deshalb seit vergan- Senkung der Fachkraftquote würde »die
die künstliche Robbe Menschen wieder- genem Frühsommer um die Welt, um Versorgung pflegebedürftiger Menschen
erkennen und drückt dann ihre Freude qualifiziertes Personal anzulocken: Der akut gefährden«, sagt Marliese Bieder-
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Hand in Hand – Mensch und Maschine kommen sich langsam näher
beck, Geschäftsführerin des für Bayern zu- lich bessere Bezahlung, für eine höhere »Digitale Technologien sollten die medizi-
ständigen DBfK Südost. »Ältere und hoch- Personaldichte, für besser geregelte Ar- nische und pflegerische Versorgung unter-
betagte Menschen weisen heutzutage in beitszeiten. Maschinenwesen seien bislang stützen, nicht die menschliche Fürsorge er-
vielen Fällen ein kompliziertes Krankheits- nicht die Antwort, sagt Mario Baum, sozi- setzen.«
bild auf, eine Absenkung der fachlichen alwissenschaftlicher Berater bei Input
Anforderung an die professionelle Pflege Consulting, die für die Ver.di-nahe Stif- Doch es gibt auch eine andere Sicht. Eine,
wäre deshalb fatal.« tung der Deutschen Angestellten Akade- in der Roboter humaner erscheinen kön-
mie eine Studie über die Digitalisierung in nen als Menschen. Eine Maschine kennt
Eine Maschine kennt keinen Ekel der Pflege erstellt hat. »Es wird sicher keine Gefühle, kennt keinen Ekel. »Der
noch ein, zwei Generationen dauern, bis Roboter wird den Hilfebedürftigen keine
Um mehr professionelle Pflegekräfte zu Pflegeroboter in größerem Stil eingesetzt kränkenden Rückmeldungen geben wie:
gewinnen, plädieren der Berufsverband werden.« Und, so betont Baum in einem ‚Du hast schon wieder Dein Bett ver-
und die Gewerkschaft Ver.di für eine deut- von Ver.di mit ihm publizierten Interview: saut‘«, schreibt Adelheid von Stösser, Vor-
sitzende der Pflegeethik Initiative Deutsch-
land, in ihrem Essay »Roboter als Lösung
für den Pflegenotstand?«. Darin verweist
© Ars Electronica / RIKEN – flickr.com
die Lehrerin für Pflegeberufe und Verfas-
serin von unter dem Namen Stösser-Stan-
dards veröffentlichten Fachbänden zu
Qualitätsstandards in der Alten- und
Krankenpflege auch darauf, dass schon
heute die Abläufe in den Einrichtungen
häufig einer »Abfertigung gleichen, die
den Menschen zum Sachgegenstand
macht«. Betreute, die sich den Betriebs-
aufläufen nicht unterordnen könnten,
»die wegzulaufen versuchen, aggressiv
werden, erhalten eine Überweisung zum
‚Einstellen‘ in der Psychiatrie«, schildert
von Stösser. »Als ginge es darum, lockere
»RIBA« Schrauben anzuziehen, flößt man ihnen
18 GCM 1/2020GERMAN COUNCIL . ROBOTICS
Medikamente ein, die ihre emotionalen deren reden kann und niemanden damit Pflegefall widerfahren könnte: »Ein Ro-
Regungen soweit blockieren, dass sie sich aufhält, der unruhig auf der Stuhlkante boter würde nie mit mir schimpfen oder
widerstandslos den Abläufen im Heim un- sitzt und einem bereits den nächsten Bis- mich schlagen…«
terordnen.« sen vor die Nase hält…«
»Ein Roboter würde nie mit mir In Japan, das zeigen Umfragen unter den
schimpfen oder mich schlagen…« Bewohnern von Altenheimen, werden Ro- Ein Beitrag von
boter von diesen nicht als kalte, seelenlose Hubertus Siegfried,
In Science-Fiction-Schilderungen wird Wesen gesehen, sondern als digitale Ge- freier Journalist
häufig eine Welt von Morgen beschrieben, fährten, die das Dasein erleichtern. Viel-
in denen die Masse der gebrechlichen Al- leicht liegt die etwas andere Sicht schlicht
ten in Heimen von gefühllosen Robotern daran, dass die Menschen in dem Fernost-
versorgt werden. Für die Reichen hinge- Staat die vergangenen Jahrzehnte über
gen gibt es die Luxuspflege. Sie werden wesentlich technik-affiner waren als in
umsorgt von psychologisch bestens ge- Deutschland. Darauf deutet ein Aspekt in
© Jason kwok7837 – commons. wikimedia.org
schulten, immer freundlichen und endlos der Bitkom-Umfrage: Danach können
geduldigen Menschen. Doch was, wenn es sich von den mit PC, Laptop und Smart-
genau umgekehrt wäre, gibt Susanne Bos- phone aufgewachsenen 18- bis 29-jähri-
hammer, Professorin für Philosophie an gen Deutschen 51 Prozent – und damit
der Universität Osnabrück, zu bedenken: immerhin etwas mehr als die Hälfte – vor-
»Wer es sich leisten kann, bekommt den stellen, sich eines Tages von einem Robo-
Roboterservice, bei dem man das Esstem- ter pflegen zu lassen.
po selbst bestimmen kann, bei dem man
vielleicht auch die Essenszeit selber festlegt Für Helga Meier wäre eine Maschine als
und während der Mittagessen mit den an- Betreuer das Beste, war ihr in einem
Die Shoppingcenter-AG
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