ROBOTICS - German Council of Shopping Centers
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01.2020 24. Jahrgang 2020 German Council of Shopping Places ISSN 1614-7804 Impulse, Trends und Informationen für Handel, Städte, Immobilienwirtschaft und Omnichannel-Marktplätze ROBOTICS INTERVIEW »Für mich ist das Internet wie mein zweites Gehirn ...« Bianca Praetorius, Start-up Pitch Coach und Moderatorin der ersten REBOOT- Konferenz, über das Leben in mehreren Realitäten und warum es für ihre Generation cool ist, wenig zu besitzen ROBOTICS Mein neuer Kumpel heißt Pepper Was einst utopisch anmutete, machen heutzutage Roboter möglich. Weltweit sind allein in Industrieunternehmen mehr als sechs Millionen programmierte Maschinen im Einsatz INTERVIEW »Jedes Menschenleben ist gleich …« Der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge über die Problematik des autonomen Fahrens, die Achtung menschlicher Autonomie und warum Roboter nicht wie wir aussehen sollten
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VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, mit unserer ersten Zukunftskonferenz nen direkteren, fachbereichsbezogenen Aus- In eigener Sache noch eine kurze Anmer- REBOOT ist uns zum Jahresbeginn nicht tausch zwischen den Mitgliedern erlauben kung zu unserem neuen »Markennamen« nur eine Überraschung, sondern ein echter und tief ins Detail gehen. German Council of Shopping Places. Auf Paukenschlag gelungen. Rund 400 First der letzten Mitgliederversammlung im Mover, nunmehr »REBOOTLER«, aus Dem Ziel, ihre Kalender zu »entspannen«, September 2019 haben wir diese Ände- der bunten Welt des Handels und der einen Fokus auf die für Sie relevanten In- rung vorgestellt und damit den Ersatz des Handelsimmobilien, der Städte und Ge- halte zu setzen und dabei auch ihr persön- Wortes »Centers« durch »Places« vorge- meinden sowie der klassischen Dienstleis- liches Veranstaltungsbudget im Auge zu nommen. Das Feedback ist ausschließlich ter, aber auch Anbieter digitaler Lösungen behalten, kommen wir so hoffentlich ein positiv und selbst die ICSC Nachfolgeriniti- bis hin zu jungen Start-ups haben sich mit Stückchen näher. Die steigenden Teilneh- ative »European Council of Shopping unseren Verbandsmitgliedern des German merzahlen und teils sehr unterschiedlichen Places« hat unseren Ansatz übernommen. Council of Shopping Places vermischt. Besucher bestätigen uns zumindest in un- Rein juristisch müssen wir jedoch auf der Und mit Stolz in der Brust dürfen wir sa- serem neu gewählten Kurs. kommenden Mitgliederversammlung ein gen: Es hat ganz ausgezeichnet funktio- bestimmtes, vorgegebenes Verfahren zur niert, inspiriert und animiert! Gerne gehen wir den Weg gemeinsam mit Namensänderung und Umschreibung im allen wichtigen Akteuren weiter. Die zum Vereinsregister abhalten. Im Ergebnis wer- Nunmehr gibt es drei wichtige Meilenstei- Jahresauftakt im Rahmen der REBOOT den wir daher bis zur nächsten Mitglieder- ne im Deutschen Handels- und Handelsim- 2020 gestartete Kooperation mit dem Han- versammlung am 11. September 2020 in mobilien-Jahr: Den Auftakt macht die Zu- delsverband Berlin-Brandenburg (HBB) er- Berlin den Namen German Council of kunftskonferenz für Handel und Handels- freut uns dabei besonders. Die wichtige enge Shopping Places als »Marke« führen, je- immobilien REBOOT im Januar in Berlin, Verzahnung direkt zum Handel, zu den doch vereinsrechtlich bis dahin als »alter« im April folgt das fachliche Spitzentreffen Mietern, ist von existenzieller Bedeutung für German Council of Shopping Centers e.V. in Düsseldorf – das Deutsche Forum für die Handelsimmobilienbranche. Nur auf firmieren. Handel und Handelsimmobilien- und den Basis einer engen und vertrauensvollen Ver- Jahreshöhepunkt für Businessinspiration bindung können wir auf dem Weg zum Nun wünsche ich Ihnen allen von Herzen und Networking setzt der German Coun- Omnichannel-Handel beiden Seiten gerecht erneut einen guten Start in die neue Deka- cil Congress im Adlon in Berlin. werden und die Rahmenbedingungen für de und freue mich sehr, Sie wo und wann eine erfolgreiche Zukunft gemeinsam ver- auch immer wiederzusehen. Dazwischen finden individuelle, fachlich handeln. Dem Hauptgeschäftsführer des höchst versierte Konferenzen zu den The- HBB, Nils Busch-Petersen, möchte ich an menschwerpunkten Fachmärkte, Centerma- dieser Stelle noch einmal herzlich danken nagement, Assetmanagement, Recht, Archi- für die Weitsicht und Offenheit sowie für die tektur und Projektentwicklung statt, die ei- ausgezeichnete, freundschaftliche Basis.
GERMAN COUNCIL . INHALT © PictureLux / The Hollywood Archive / Alamy Stock Photo © Lukas – unsplash.com 04 Titelthema Robotics: Mein neuer Kumpel heißt Pepper 28 Roboter in der Filmgeschichte: Fieser Widersacher, aufopfernder Diener german council robotics 01 Vorwort 04 Titelthema Robotics. Mein neuer Kumpel heißt Pepper. Was einst utopisch anmutete, machen heutzutage Roboter möglich. Überall halten die künstlichen »Arbeiter« Einzug – sogar in Ladengeschäften 12 Roboter steigern Umsätze und senken Personalkosten. Verkaufsroboter werden in der kommenden Dekade den Einzelhandel revolutionieren 16 Digitale Gefährten erleichtern das Dasein. Für die meisten Deutschen ist es eine Horrorvorstellung, sich im Alter pflegen zu lassen. In Japan ist das anders 20 Ferngesteuerter Tausendsassa. Was Feuerwehrroboter leisten können, weiß die Welt seit ihrem Einsatz für die Kathedrale Notre-Dame de Paris 24 Schneller, exakter und billiger als jeder Handwerker. Der Bauwirtschaft fehlen Fachkräfte. Jetzt werden Roboter entwickelt, die künftig Gebäude schnell und kostengünstig errichten sollen impressum herausgeber redaktionsteam bezug verlag druck Nachdruck oder sonstige German Council of Richard Haimann, Mitglieder des GCSC e. V. GCM-Verlag c/o Kunst- und Werbedruck, Reproduktion (auch auszugs Shopping Centers e. V. Hubertus Siegfried Behrens und Behrens GmbH Bad Oeynhausen weise) nur mit Genehmigung Bahnhofstraße 29 verbreitung Geschäftsführer und des Herausgebers. D-71638 Ludwigsburg gastbeiträge Das German Council Verleger: Ingmar Behrens Das Magazin basiert auf Telefon 07141.38 80 83 Lisa Babenko, Magazin hat eine Dorfstraße 64 Informationen, die wir als Mediadaten und weitere Telefax 07141.38 80 84 Mathias Gehrckens, Reichweite von rund 24107 Kiel-Ottendorf zuverlässig ansehen, eine Informationen finden Sie office@gcsc.de Timo Kranzusch, 20.000 Lesern (inkl. Telefon: 0431.66 111 88 11 Haftung kann nicht über- unter www.gcsc-magazin.de. www.gcsc.de Florian Treiß Online-Version). Telefax: 0431.66 111 88 88 nommen werden. Namentlich www.behrensundbehrens.de gekennzeichnete Beiträge beauftragte des covermotiv www.gcsc-magazin.de müssen nicht die Meinung erscheinungsdatum herausgebers Janson_G / pixabay.com der Redaktion widerspiegeln. dieser ausgabe: Christine Hager Die Redaktion behält sich die Februar 2020 Kürzung eingesandter chefredaktion Manuskripte vor. das nächste german Susanne Osadnik Erfüllungsort und Gerichts- council magazin (v.i.S.d.P.) stand ist Hamburg. erscheint im april 2020. 2 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . INHALT © KD Busch © KD Busch 44 Bianca Praetorius: »Für mich ist das Internet wie mein zweites Gehirn« 64 REBOOT 2020: »Zeitgeist, hier entlang!« 28 Fieser Widersacher, aufopfernder Diener. In Kinofilmen sind 58 Trends in Einzelhandel und E-Commerce. Die digitale Trans- Roboter häufig gefährliche Gegner der Helden. Dahinter spiegelt formation verändert unser Einkaufsverhalten. Was können wir sich die Furcht des Menschen, dass Maschinen ihn eines Tages für 2020 erwarten? ersetzen könnten 62 »Überlassen Sie Ihre Zukunft nicht den anderen«. 32 »Der Mensch sieht und lernt, die Maschine kann das nicht«. Im Gespräch mit Michael Zingel über die Bedeutung lebenslangen Künftig sollen Robotersysteme Dekontaminationsarbeiten Lernens ausführen, damit Menschen der Gefahrenzone fernbleiben 63 ZIA Neujahrsempfang. Auch im neuen Jahr bleiben Enteignung, können. Daran arbeiten Forscher bei ROBDEKON Mietendeckel und Bodenwertsteuer die alles bestimmenden 36 »DEDAVE ist keine Revolution, sondern eine Evolution«. Themen der Immobilienbranche Thomas Rauschenbach über ein außergewöhnliches Unterwasser- fahrzeug und das Schwarmverhalten von Robotern vor ort 38 Robo-Quickies. Meldungen kurz und knapp 64 »Zeitgeist, hier entlang!« Von goldenen Handschellen, großen 41 Robotics: Zahlen und Fakten Chancen und einem Aufschrei der Generation Z: REBOOT, die erste Zukunftskonferenz des German Council of Shopping interview Places. Ein Rückblick auf zwei aufregende Tage im Zeichen 44 »Für mich ist das Internet wie mein zweites Gehirn«. Bianca der digitalen Zeitenwende Praetorius, Start-up Pitch Coach und Moderatorin der ersten 72 REBOOT: Fotos, Fotos, Fotos »REBOOT«, über das Leben in mehreren Realitäten 48 »Jedes Menschenleben ist gleich – das muss die Leitlinie für insight Programmierer sein«. Wirtschaftsethiker Christoph Lütge über 74 German Council of Shopping Centers e. V. Wir über uns die Problematik autonomen Fahrens, die Achtung menschlicher 76 Hamburger Stelldichein. Das 10. Regionaldinner im traditionellen Autonomie und warum Roboter nicht wie wir aussehen sollten Überseeclub der Hansestadt 52 »Gisela ist wohl die fleißigste Mitarbeiterin im Bikini Berlin«. Der Ingenieur Matthias Krinke entwickelt Arbeitsroboter und marktplatz-advertorial vermietet sie über ein Zeitarbeitsmodell. Eine außergewöhnliche 78 Wird Weihnachten jetzt neu erfunden?. Ex-CentrO-Chef Frank Idee Pöstges-Pragal hat First Christmas übernommen! handel und immobilien 54 Serie: Wirtschaftsförderung Jena. Wilfried Röpke, Chef der Wirtschaftsförderung in Jena, über die Stadt als Anziehungspunkt ›Der Mensch, mit seiner nahezu einzigartigen für die Region und den Mangel an Arbeitskräften Fähigkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen, ist 56 Einfach ungerecht. Die neue Bonpflicht gilt nicht für offene ebenso einzigartig in seiner festen Weigerung, Kassen. Ein Zwischenruf von Florian Treiß, Chefredakteur genau das zu tun.‹ Locationinsider, Fachdienst zur Digitalisierung des stationären Handels Douglas Adams (1952–2001), britischer Schriftsteller GCM 1/2020 3
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS Mein neuer Kumpel Benjamin Durfee, Frank E. Hamilton und Clair Lake 1944 mit dem Mark I den ersten vollständig aus elektronischen heißt Pepper Bauteilen bestehenden programmierba- ren Computer. Der ist zwar ein Monst- rum mit einer Länge von 16 Metern und Seit Jahrhunderten träumen die Menschen davon, schwere einem Gewicht von fünf Tonnen, aber und gefährliche Arbeiten nicht mehr selbst verrichten zu müssen. auch in der Lage, komplizierteste Berech- Was einst utopisch anmutete, machen heutzutage Roboter möglich. nungen von Flugbahnen binnen Sekun- Weltweit sind allein in Industrieunternehmen mehr als sechs den vorzunehmen. Millionen programmierte Maschinen im Einsatz. Auch in Medizin Der Mark I, noch heute im Cabot Science und Pflege halten die künstlichen »Arbeiter« Einzug – und sogar Building der Harvard University in Cam- in Ladengeschäften sind sie immer häufiger anzutreffen bridge, Massachusetts, zu finden, macht es möglich, erstmals in das Weltall vorzu- stoßen. Am 24. Oktober 1946 erreicht eine modifizierte, am Ende des Zweiten Er ist Biochemiker, Sachbuchautor und ei- Der damals 30-jährige Asimov liefert in Weltkriegs von den US-Truppen erbeutete ner der ganz großen Science-Fiction- dem im Jahr 2058 spielenden Roman um V2-Rakete eine Flughöhe von 105 Kilo- Schriftsteller seiner Zeit: Isaac Asimov, am die Roboterpsychologin Susan Calvin die metern. Die eingebaute, automatisch aus- 2. Januar 1920 im russischen Dorf Petro- Antwort darauf in drei von ihm formu- lösende Kamera liefert erstmals ein Foto witschi nahe Smolensk geboren und drei lierten Regeln. Sie werden heute als die der Erde aus dem All. Am 20. Februar des Jahre später mit seinen Eltern in die USA »Asimovschen Gesetze« in der Diskussi- folgenden Jahres transportiert die US- emigriert, nimmt 1950 in seinem bekann- on um die Ethik künstlicher Intelligenz Luftwaffe mit einer weiteren, verbesserten testen Roman, »I, Robot« – »Ich, der Ro- heiß diskutiert: V2 Fruchtfliegen – und damit die ersten boter«, ein Dilemma vorweg, mit dem Lebewesen von der Erde – in das All. Im heute die Entwickler technischer Appara- 1. Ein Roboter darf keinen Menschen Juni 1949 bringt die Air Force mit dem turen mit künstlicher Intelligenz ringen: verletzen oder durch Untätigkeit zulas- Rhesusaffen Albert das erste Säugetier in Wie können selbstständig denkende Ma- sen, dass einem Menschen Schaden zuge- eine Höhe von 133 Kilometern. schinen so programmiert werden, dass sie fügt wird. den Menschen nur nutzen – und ihnen In seinen Zukunftsromanen spiegelt Asi- niemals Schaden zufügen? 2. Ein Roboter muss den ihm von einem mov die Hoffnungen und Ängste der Men- Menschen gegebenen Befehlen gehor- schen jener Zeit vor dem wider, was die chen – es sei denn, ein solcher Befehl neuen Technologien dereinst bringen könn- würde mit Regel eins kollidieren. ten. Ein darin immer wiederkehrendes The- © Phillip Leonian (New York World-Telegram & Sun) – commons.wikimedia.org ma sind Roboter – Symbol für einen ural- 3. Ein Roboter muss seine eigene Exis- ten Traum, in dem Maschinen schwerste tenz beschützen, solange dieser Schutz Arbeiten selbstständig verrichten. nicht den Regeln eins oder zwei zuwider- läuft. Bereits um das Jahr 1000 vor Christi wer- den historischen Aufzeichnungen zufolge Als Asimov sein Werk schreibt, sind die die chinesischen Kaiser der Zhou-Dynastie Schrecken den Zweiten Weltkriegs mit unterhalten von Frauenfiguren aus Metall, mehr als 65 Millionen Toten noch allzu die fortwährend tanzen. Dank der vermut- präsent. Zugleich blickt die Menschheit lich durch Wasserkraft angetriebenen Ma- fasziniert auf verheißungsvolle Technolo- schinen müssen Tänzerinnen nicht mehr gien, die versprechen, die Grenzen des ständig performen, um die Herrscher zu Machbaren dramatisch zu verschieben. beglücken. In seiner im vierten Jahrhundert vor Christi verfassten staatstheoretischen In Deutschland hat der Erfinder und Un- Schrift »Die Politik« prognostiziert der ternehmer Konrad Zuse 1941 mit dem griechische Philosoph und Naturforscher Z3 die erste funktionsfähige programm- Aristoteles, dass eines Tages sogenannte au- gesteuerte Rechenmaschine entwickelt. tomaton, selbstständig arbeitende Maschi- In den USA schaffen der Harvard-Ma- nen, die Sklaverei überflüssig machen wür- thematiker Howard Hathaway Aiken de. »Es ist möglich, dass Meister irgend- Isaac Asimov (1965) und die IBM-Ingenieure James W. Bryce, wann keine Sklaven mehr brauchen: Wenn 4 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS © Escarlati – commons.wikimedia.org Die Schule von Athen (Scuola di Atene), Raffael, 1510 bis 1511, Stanza della Segnatura, Vatikan jedes Instrument seine eigene Arbeit ver- Im 12. Jahrhundert nach Christi treibt der und aufstehen kann sowie mit dem rech- richten könnte, auf Befehl oder durch intel- arabische Ingenieur und Mathematiker Is- ten Arm das Visier hochklappen und ligente Vorfreude«, schreibt der Lehrer mail al-Dschazari die Entwicklung von schließen kann – all dies gesteuert durch Alexanders des Großen. mechanischen Automaten über Riemenscheiben laufende Kabel. massiv voran. In Diyar- Um 1740 entwickelt der Pariser Erfinder Rund einhundert Jahre ›Es ist möglich, dass bakir, im Südosten der heu- und Ingenieur Jacques de Vaucansan den später entwickelt der grie- tigen Türkei, stattet er den ersten programmierbaren automatischen Meister irgendwann chische Erfinder und Ma- Artuklu-Palast der Emire Webstuhl. Je nach Voreinstellung können thematiker Ktesibios mit keine Sklaven mehr der Ortoqiden, Herrscher Fäden aus unterschiedlichen Farben zu der Klepsydra den ersten über weite Teile Anatoliens Mustern verbunden werden. brauchen: Wenn jedes Automaten zur Zeitmes- und des heutigen Syriens, sung: Wasser rinnt durch Instrument seine eigene mit automatischen Pfor- »Electro« kann laufen, Zigaretten eine exakt dimensionierte ten aus. Wie bei der Klep- rauchen und Luftballons aufblasen Arbeit verrichten Öffnung auf Zahnräder sydra bewegt auch bei ih- und treibt über sie die Zei- könnte, auf Befehl oder nen über Zahnräder rin- Was alle Automaten nicht können: Unab- ger der Uhr. Erst im anti- nendes Wasser den Me- hängig von menschlicher Kraft operieren. durch intelligente ken Griechenland, später chanismus, mit dem sich Hebel müssen bewegt, Kabel gezogen im römischen Imperium, Vorfreude.‹ Türen auf Hebelzug öff- oder – an Vaucansans Webstuhl – Pedale finden diese Wasseruhren nen und schließen lassen. getreten werden. Das ändert erst der US- weite Verbreitung. Für Aristoteles amerikanische Elektroingenieur und Phy- rund 1.800 Jahre – bis 1495 präsentiert das italie- siker Nikola Tesla. 1898 entwickelt er die der niederländische Ast- nische Universalgenie Leo- erste Funkfernsteuerung – und kann mit ronom, Mathematiker und Physiker nardo da Vinci bei einem Festspiel am Hof ihr vom Ufer aus ein von einem Elektro- Christiaan Huygens 1673 die Pendeluhr des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza motor angetriebenes Boot auf einem erfindet – ist die Klepsydra von Ktesibios den Automa Cavaliere – den mechani- künstlichen Teich im New Yorker Madi- der exakteste Zeitmesser, den Menschen schen Ritter. Eine in eine Rüstung geklei- son Square Garden lenken. Keine 20 Jah- kennen. dete mannsgroße Figur, die sich hinsetzen re später, im Ersten Weltkrieg, werden GCM 1/2020 5
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS © World History Archive / Alamy Stock Photo The Wizard of Oz (Metro-Goldwyn-Mayer, 1939): Der Cyborg Blechmann ist halb Mensch, halb Maschine Marine-Streitkräfte von Alliierten und Bei der Weltausstellung in New York im mechanische Puppe, die als Orakel fun- Mittelmächten mit der neuen Technik die Jahr 1939 präsentiert der US-Elektro- giert. In seinem im Jahr 1900 veröffent- ersten ferngelenkten Torpedos gegen die konzern Westinghouse den ersten funk- lichten Kinderbuch »Der Zauberer von Schiffe des Gegners steuern. In den gesteuerten Roboter der Geschichte. Sein Oz« beschreibt der US-Autor Lyman 1930er Jahren ist es erstmals möglich, Name: Electro. 2,10 Meter hoch und Frank Baum den Cyborg Blechmann, der Flugzeuge durch Funksignale zu lenken. 120,2 Kilogramm schwer ist die aus halb Mensch und halb Maschine ist. 1921 Elektromotoren und einer Aluminium- beschreibt der tschechische Journalist Ka- hülle gebaute Maschine. Sie kann laufen, rel Capek in seinem Drama »R.U.R. – Zigaretten rauchen, Luftballons aufbla- Rossums Universal Robots« eine Zu- © Daderot – commons.wikimedia.org sen und dank eines Phonographen mit kunft, in der Unternehmen künstliche, in- 700 vorprogrammierten Worten kurze telligente Geschöpfe fertigen, die als billige Konversationen halten. Ein Jahr später Arbeiter an Fabriken verkauft werden. erhält Electro einen Gefährten: Sparko, Das Werk wird zum Erfolg und in zahlrei- einen Roboterhund, der Bellen, Sitzen che Sprachen übersetzt. In den deutschen und mit seinen Aluminiumpfoten Men- und englischen Fassungen wird die Be- schen um Futter anbetteln kann. Bis in zeichnung der Geschöpfe, entlehnt vom die 1960er Jahre hinein lässt Westing- slawischen Wort für Arbeiter – Roboti – house das Duo auf Messen auftreten, um als Kunstwort »Roboter« verwendet. Es Werbung für seine Produkte zu machen. ist die Geburt des Begriffes, der für die Heute ist Electro Teil der Dauerausstel- neue, heraufdämmernde Ära in der Ge- lung im Mansfield Memorial Museum in schichte der Technik steht. Mansfield, Ohio. Massenproduktion von Atombomben Als Electro und Sparko präsentiert wer- – dank Robotik den, sind die Menschen mit der Idee künstlich geschaffener Wesen längst Tatsächlich werden die ersten kommerzi- durch die Literatur vertraut. Bereits 1814 ellen Roboter auch gezielt dafür entwi- Electro, der Roboter und sein kleiner Hund Sparko, schildert der deutsche Schriftsteller Ernst ckelt, Menschen gefährliche oder schwe- von der Westinghouse Electric Company für die Theodor Amadeus – E.T.A. – Hoffmann re Arbeiten abzunehmen. Der US-ameri- Weltausstellung 1939 geschaffen in seiner Erzählung »Die Automate« eine kanische Erfinder George Devol erhält 6 GCM 1/2020
DEUTSCHES FORUM FÜR HANDEL UND HANDELSIMMOBILIEN 21.–22. April 2020 • InterContinental Düsseldorf Programmhighlights: • Kongressthema: Nachhaltigkeit im Einzelhandel und Jetzt Frühbuche in der Immobilienbranche rrabatt sichern – m inus 40 % • Perspektiven einer lebendigen und nachhaltigen Innenstadt bei Anmeld ung bis zum 22. März 20 20 • Fachforen zu den Themen Leasing, Marketing, Digitalisierung, Retail, Assetmanagement und Fachmarkt Mit freundlicher Unterstützung von: Jetzt anmelden unter: www.dscf.de GCM 1/2020 7
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS den Globus 422.271 Industrieroboter im © NISTResearchLibrary – commons.wikimedia.org Gesamtwert von 16,5 Milliarden US- Dollar, umgerechnet rund 14,86 Milliar- den Euro, nach Berechnungen des Welt- verbands International Federation of Ro- botics (IFR) neu in Betrieb genommen. 2019 dürften mehr als 430.000 weitere hinzugekommen sein. Weltweit sind da- mit inzwischen mehr als sechs Millionen Industrieroboter im Einsatz. »Seit 2013 ist die Zahl der neu installier- ten Roboter um durchschnittlich 19 Pro- zent pro Jahr gestiegen«, sagt IFR-Präsi- dent Steven Wyatt. In Deutschland, wo Automobilhersteller und Maschinenbau- er immer stärker auf die automatisierte Fertigung setzen, ist die Wachstumsrate noch höher: 2018 nehmen hierzulande Industrieroboter »Unimate« von Devol und Engelberger 26.723 neue Roboter ihre Arbeit auf – 26 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 1954 das Patent mit der Nummer RE-Motor auf den Markt. Das Kürzel Zahlenmäßig am stärksten verbreitet 2.988.237 für seine Universal Automati- steht für Fully Integrated Robotised Engi- sind Roboter in China, Japan und Korea. on. Ein programmierbarer Greifarm, der ne; zu deutsch: vollautomatisiert von Ro- 2018 werden dort mehr als 283.000 neue radioaktive Substanzen in strahlensicher botern gefertigter Motor. In dem in der automatisierte Fertigungsmaschinen in abgeschotteten Laborräumen exakt be- Fabrik von Termoli an der Adria-Küste Betrieb genommen. Vor allem in Japan wegen und vermengen kann. Die Mas- produzierten Vierzylinder sind sämtliche und Korea treibt der demografische Wan- senproduktion von Atombomben wird Schrauben mit dem exakt korrekten Dreh- del das Roboter-Wachstum voran. In bei- damit möglich. moment angezogen. Die in Kleinwagen den Ländern ist die Lebenserwartung in wie Panda, Uno und später Punto verbau- den vergangenen Jahrzehnten stärker ge- Zwei Jahre später gründet Devol zusam- ten Motoren gelten als die zuverlässigsten stiegen als sonst wo auf der Welt, wäh- men mit dem US-Ingenieur Joseph F. En- Antriebe ihrer Zeit. rend gleichzeitig die Geburtenraten mas- gelberger das Unternehmen Unimation – siver als in anderen Staaten geschrumpft die weltweit erste Firma zur Fertigung Famulus, der erste sechsachsige sind. In Japan, wo die Überalterung welt- von Robotern. Ihr erstes Produkt: Uni- Industrieroboter der Welt weit am stärksten fortgeschritten ist, ent- mate. Es ist ein Industrieroboter für die fallen aktuell auf die Altersgruppe der 15 Autofertigung. Unimate kann selbststän- Die Absatzerfolge von Unimation führen bis 64-Jährigen nur noch 59 Prozent der dig Druckgussteile von einem Fließband zur Gründung weiterer Roboterprodu- Bevölkerung, während bereits knapp 30 nehmen, zu einem anderen transportie- zenten. In Deutschland steigt der Augs- Prozent 65 Jahre und älter sind. Zum ren und dort zu ganzen Karosserien zu- burger Maschinenbauer Kuka Anfang Vergleich: In Deutschland sind 66 Pro- sammenschweißen. Der Autogigant Ge- der 1970er Jahre in den neuen Technolo- zent der Einwohner im Alter zwischen 15 neral Motors setzt 1961 die ersten Robo- giezweig ein. Sein 1973 vorgestellter Fa- und 64 Jahren, lediglich 21,5 Prozent ter in seiner Fabrik Inland Fisher Guide mulus ist der erste sechsachsige Industrie- hingegen 65 und älter. Plant in Ewing, New Jersey, ein. Bald da- roboter der Welt, der gleichzeitig mehrere rauf nutzt auch Ford die Erfindung von Verfahrensschritte bei der Karosseriefer- »Der Bedarf an Robotern steigt mit dem Devol und Engelberger. Die mächtigen tigung erledigen kann. Rückgang der Erwerbsbevölkerung«, Autogewerkschaften in den USA klat- sagt Toshiya Okuma, stellvertretender schen Beifall. Denn die beim Schweißen Heute sind Roboter fester Bestandteil der Leiter der Robotersparte bei Kawasaki freigesetzten Gase führen immer wieder industriellen Fertigung. Nicht nur in der Heavy Industries in Kobe. Produzenten zu schweren Vergiftungen bei den Arbei- Automobilindustrie. Ob bei der Herstel- in Japan und Korea haben deshalb schon tern. lung von Smartphones, Laptops, Fernse- frühzeitig mit der Entwicklung »intelli- hern, im Maschinenbau oder der Che- genter« Automaten begonnen: Maschi- In den 1980er Jahren ist die Karosserie- mie- und Pharmabranche – weltweit erle- nen, die – im Rahmen ihrer Programmie- fertigung mit Industrierobotern Standard digen automatisierte Maschinen einen rung – »selbstständig denken« und via In- in der Automobilindustrie. 1985 bringt immer größeren Teil der anfallenden Ar- ternet miteinander kommunizieren kön- der italienische Hersteller Fiat seinen FI- beiten. Im Jahr 2018 werden rund um nen. Bei dieser Prozessautomatisierung 8 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . RUBRIKNAME Wenn Retail-Objekte nicht nur erfolgreich sind, sondern Freude bringen, ist das Musik in unseren Ohren. Für Sie hört sich das auch gut an? Dann lassen Sie uns zusammen etwas bewegen. Mehr unter di-gruppe.de Real estate. REVITALISIERUNG | CENTERMANAGEMENT | PROPERTYMANAGEMENT | PROJEKTENTWICKLUNG | LEASINGMANAGEMENT Real GCM 1/joy. 2020 9
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS kann mithilfe von zwei Kameras, vier Mi- © RGB Ventures / SuperStock / Alamy Stock Foto krophonen, Berührungssensoren in den Händen und seiner Software menschliche Emotionen anhand von Gesichtsmimik, Gestik und Sprache analysieren und ent- sprechend darauf reagieren. Eingesetzt wird Pepper als Unterhaltungsroboter in Seniorenheimen und der häuslichen Al- tenpflege – aber auch als Verkäufer in La- dengeschäften. Allein der Schweizer Le- bensmittelkonzern Nestlé hat 1.000 Pep- per-Roboter in seinen Ladengeschäften in Japan engagiert, um Kaffeeautomaten zu verkaufen. Mehr als 100.000 Einheiten sollen inzwischen weltweit im Einsatz sein. In den USA arbeiten Unternehmen wie Boston Dynamics an einer anderen Art von humanoiden Robotern mit künstli- cher Intelligenz. Sie wollen Kampfma- schinen schaffen, die eines Tages Solda- Laut US-Nachrichtenmagazin Time eine der wichtigsten Erfindungen in der Medizintechnik: der japanische ten auf Schlachtfeldern ersetzen sollen. Pflegeroboter »Ri-Man« Im Gegensatz zu zivilen Entwicklungen ist die Implementierung der »Asimov- schen Gesetze« in der Grundsoftware bei passen einzelne Roboter in der Vorferti- fünf Millimeter messenden, besonders diesen Militärrobotern explizit nicht vor- gung ihre Arbeitsgeschwindigkeit an die weichen Silikonschicht verhindern, dass gesehen … der anderen Apparate an, damit alle be- Ri-Man dabei seinen Patienten Verletzun- nötigten Einzelteile exakt zur benötigen gen zufügt. Über zwei Mikrophone, Laut- Zeit den Maschinen in der Endfertigung sprecher und eine Sprachsoftware kann Ein Beitrag von geliefert werden. der Roboter einfache Gespräche führen. Richard Haimann, Geruchssensoren lassen ihn erkennen, freier Journalist Time-Magazin »adelt« Ri-Man wenn Windeln gewechselt werden müs- sen. Das US-Nachrichtenmagazin Time Zudem haben japanische Produzenten kürt Ri-Man zu einer der wichtigsten Er- bereits Mitte der 1980er Jahre mit der findungen in der Medizintechnik. Entwicklung humanoider Roboter be- © Tokumeigakarinoaoshima – commons.wikimedia.org gonnen: Maschinen, die einem Menschen Das jüngste Ziel bei der Entwicklung hu- ähnlich sehen und Pflegearbeiten in manoider Roboter: Maschinen mit Krankenhäusern und Seniorenheimen »künstlicher Intelligenz« – Roboter, die verrichten können. Im Jahr 2000 stellt nicht nur entsprechend ihrer Program- Honda »Asimo« vor. Ein 1,34 Meter gro- mierung reagieren, sondern selbstständig ßer und 49 Kilogramm schwerer Robo- lernen und so ihre Fähigkeiten kontinu- ter, der sich auf zwei Beinen mit einer Ge- ierlich erweitern können. In der Pflege schwindigkeit von bis zu sieben Stunden- sollen sie auf die individuellen Bedürfnisse kilometern fortbewegen, Gegenstände der einzelnen Patienten eingehen, mit ih- tragen und sich mit Menschen auf Eng- nen Gespräche führen können. Aber auch lisch und Japanisch unterhalten kann. in der Lage sein, medizinische Notfälle zu erkennen und angemessen zu reagieren. 2006 stellt das Forschungsinstitut Riken Bio-Mimetic im japanischen Nagoya mit Ein Beispiel dafür ist »Pepper«. Der 2015 »Ri-Man« den ersten Pflegeroboter vor. vom japanischen Telekommunikations- Die 1,58 Meter große Maschine kann bis konzern Softbank und dem französischen zu 70 Kilo schwere Personen heben und Unternehmen Aldebaran Robotics auf tragen. 320 Drucksensoren unter einer den Markt gebrachte humanoide Roboter Pepper, der hilfsbereite Roboter 10 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . RUBRIKNAME Ihrr P Ih Paarrttn neerr ffü ürr Husum a alllle S h e Sho Husum oppppiningg Pla Placce s es!! DER SPEZIALIST FÜR EINZELHANDELSIMMOBILIEN Konstanz Konstanz Prelios Prelios bietet bietet bundesweit bundesweit alle alle erfolgsrelevanten erfolgsrelevanten Dienstleistungen Dienstleistungen für für Shopping Center, Fachmarktzentren und Shopping Center, Fachmarktzentren und Geschäftshäuser Geschäftshäuser ausaus einer einer Hand: Hand: Von Von Projektentwicklung Projektentwicklung undund Center Center Management, Management, überüber Repositionierung, Repositionierung, Property Property Management Management und und Vermietung Vermietung bis bis zum zum Transaktions-, Transaktions-, Portfolio- Portfolio- und und Asset Asset Management. Management. Redevelopment, Redevelopment, Vermietung Vermietung und und Management von Shopping Centern Management von Shopping Centern Prelios managt Prelios managt rund rund 11 Million Million Quadratmeter Quadratmeter Mietfläche Mietfläche und und betreut rund 2 Milliarden Euro Immobilienvermögen in Deutschland. Hamburg Hamburg betreut rund 2 Milliarden Euro Immobilienvermögen in Deutschland. www.prelios.de www.prelios.de +49 +49 (0)40 (0)40 // 350 350 170-0 170-0 GCM 1/2020 11
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS Roboter steigern Umsätze überhaupt nicht. Bei weiteren 66 Prozent beließen es die Verkäufer bei einem, maxi- mal zwei Kontaktversuchen. Lediglich und senken Personalkosten rund ein Prozent der Verkaufsberater wählten die angegebene Telefonnummer dreimal, bis das Gespräch angenommen Verkaufsroboter werden in der kommenden Dekade den wurde. Einzelhandel revolutionieren. Studien zeigen, dass Maschinen mit künstlicher Intelligenz ihren menschlichen Kollegen deutlich »Kundenanfragen sind eine wichtige Res- überlegen sein werden. In Japan sind die Maschinen bereits weit source, deren Nutzung für den Erfolg ei- nes jeden Unternehmens entscheidend verbreitet, in Deutschland laufen hingegen bislang nur erste ist«, sagt Conversica-Vorstandschef Jim Pilotprojekte – die aber bei Konsumenten guten Anklang Kaskade. »Ein oder zwei Anrufversuche finden reichen jedoch fast nie aus, um einen Inte- ressenten tatsächlich zu kontaktieren.« Doch Menschen sind mit immer neuen Dingen beschäftigt und geben schnell auf, »Alex« beherrscht zwölf verschiedene Mi- ferner Zukunft Alltag im Einzelhandel wenn sie nicht sogleich Erfolg haben. An- miken – von Herzblick über Zwinkern bis sein. Denn Roboter sind in den Augen ders ist dies bei automatischen Verkaufs- hin zu einem leicht verwirrten Gesichts- von Experten die idealen Verkäufer. assistenten mit künstlicher Intelligenz. Sie ausdruck. Vor allem aber wird Alex nie Auch noch so schlecht gelaunte Kunden wählen eine Nummer auch hundertmal, müde: 24 Stunden hindurch an allen sie- können die Maschinen nicht aus der Re- wenn es sein muss. ben Tagen der Woche arbeitet der Roboter serve bringen – oder ihren programmier- im jederzeit zugänglichen Kiosk der Filiale ten Eifer stoppen. Maschinen haben unbegrenzt Geduld Berlin Schöneberg von Conrad Elektro- nik. Immer geduldig, freundlich und zu- Damit sind sie menschlichen Verkäufern Doch Maschinen mit künstlicher Intelli- vorkommend. »Wenn Alex mit den Augen weit überlegen, wie eine Studie des kali- genz sind nicht nur eifriger als menschli- klimpert, ist das ein echter Hingucker«, fornischen Software-Unternehmens Con- che Mitarbeiter. Sie kommen auch bei den sagt Filialleiter Jochen Mädler. versica zeigt. Für die Untersuchung wur- Kunden an. Das zeigt ein Feldtest von Pa- den E-Mails an 548 Firmen aus diversen trick Meyer. Der ehemalige Doktorand Was wie ein Gimmick erscheint, um Elek Branchen verschickt mit der Bitte um der Friedrich-Alexander-Universität Er- tronikprodukte an Nachtschwärmer zu Rückruf eines Verkaufsberaters. 33 Pro- langen-Nürnberg und heutige Consultant veräußern, könnte schon in nicht allzu zent der Unternehmen reagierte darauf der Münchner Unternehmensberatung elaboratum untersuchte 2018, wie Kun- den auf Roboter im Einzelhandel reagie- ren. Dazu flanierte Meyer mit dem men- © Conrad Electronic / MIKA-Fotografie, Berlin – Maik Schulze schenähnlich geformten Maschinenwesen »Pepper« durch das Einkaufszentrum Gerber in der Stuttgarter Innenstadt. Der weißgefärbte Roboter mit den großen Au- gen im Kindchenschema zeigte dabei Be- suchern den Weg zu ihrem Zielgeschäft im Center, forderte sie auf, ein Selfie mit ihm zu machen und dieses anschließend als Marketingmaßnahme auf die Facebook- Seite des Centers hochzuladen oder bot ih- nen an, mit ihm Schnick-Schnack-Schnuck zu spielen. Die Reaktionen waren durchweg positiv. »Das Interesse an Pepper war überwälti- gend«, sagt Meyer, der nach jeder Begeg- nung die Besucher befragte, was ihnen an der Interaktion gefallen und missfallen hat und wo sie sich künftig einen Einsatz von Neuer Kunden-Magnet bei Conrad Elektronik in Berlin Schöneberg: »Alex«, der Service-Roboter Robotern vorstellen können. Nicht nur 12 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS junge, mit Computern und Smartphone ten ein. Die vom Fraunhofer-Institut für © MediaMarktSaturn aufgewachsene Menschen, die sogenann- Produktionstechnik und Automatisierung ten Digital Natives, hätten gern mit Pep- und dem dazugehörenden Start-up Unity per interagiert. Auch Senioren hätten viel Robotics entwickelte Maschine begrüßt Spaß dabei empfunden. Interessanter- Kunden, fragt sie nach ihren Wünschen weise hätten Frauen, tendenziell weniger und führt sie zielgerichtet zu den Regalrei- technikaffin als Männer, generell die Be- hen, in denen die gesuchten Produkte zu gegnung mit dem Roboter als »unter- finden sind. Das gesamte Sortiment und haltsamer« beurteilt. die Standorte der einzelnen Waren sind dafür in den Speicherbänken eingepflegt. Das Fazit der Feldstudie: Roboter bieten Wird zusätzliche Beratung benötigt, kann viel Potenzial für den Einzelhandel. Zum der Roboter einen menschlichen Kollegen einen könnten die Maschinenwesen eine aus der Verkaufsabteilung herbeirufen. Attraktion beim Erlebnis-Shopping sein. Zum anderen könnten sie »als Verkaufs- »Ick bin ein Berliner!« assistenten Besucher bei einfachen Fragen MediaMarktSaturn setzt seit November 2016 den unterstützen«, sagt Meyer. »Das Ver- Vom EHI Retail Institute wurde Paul mit Roboter »Paul« ein kaufspersonal hat so mehr Zeit für die in- dem reta – dem retail technology awards dividuelle und kompetente Beratung der europe – für »Best Customer Experience«, Kunden.« für beste Kundenerfahrung, ausgezeich- legten die rollenden Roboter jeweils mehr net. »Paul ist Teil unserer digitalen Inno- als 500 Kilometer Wegstrecke in ihren Fi- Das testen einige Handelsketten seit ge- vationsstrategie, mit der wir das Einkaufs- lialen zurück und würden mehr als raumer Zeit in Pilotprojekten. Media- erlebnis in unseren Märkten weiterentwi- 100.000 Kundenkontakte verzeichnen. MarktSaturn setzt seit November 2016 ckeln«, sagt Martin Wild, Chief Digital Dabei begrüßen sie Besucher im regiona- den Roboter »Paul« in aktuell vier Märk- Officer bei MediaMarktSaturn. Pro Jahr len Idiom. Während in Süddeutschland LANGGUTH & BURBULLA Rechtsanwälte PartG mgB IHR PARTNER FÜR DIE GEWERBEIMMOBILIE www.langguth-burbulla.de GCM 1/2020 13
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS personals bei der Beantwortung von Rou- brachte Methode des persönlichen Ge- © StockSnap – pixabay.com tinefragen. Denselben Standpunkt vertre- sprächs.« ten auch sämtliche andere Unternehmen, die bislang in Europa, Asien und Nord- Zumindest die gegenwärtige Generation amerika Verkaufsroboter einsetzen. an Verkaufsrobotern ist weit davon ent- fernt, ihren menschlichen Kollegen den Das dürfte sich jedoch nach einer ge- Job streitig zu machen. Das gilt auch für meinsamen Studie von Wissenschaftlern Alex im 24-Stunden-Kiosk von Conrad der amerikanischen Yale University und Elektronik in Berlin. Der Roboter leistet der britischen Universität Oxford in den im Endeffekt nicht mehr, als Waren auszu- kommenden Jahren ändern. Danach händigen. Denn die Kunden müssen am werden Roboter »spätestens 2031« – To-Go-Terminal des Kiosks ihr Produkt mithin in nur elf Jahren – durch leis- über den Touchscreen selbst wählen, die- tungsfähigere Chips und verbesserte Al- ses anschließend in einen virtuellen Wa- gorithmen menschlichen Verkäufern im renkorb legen, danach per Kredit-, EC- Einzelhandel klar überlegen sein. Sie Karte oder in bar bezahlen. Erst dann werden mithilfe ihrer künstlichen Intelli- folgt der große Auftritt von Alex: Mit sei- genz schneller und vor allem exakter er- nen Greifarmen schnappt sich der Robo- mitteln können, welches Produkt einen ter den gekauften Artikel und legt ihn auf Kunden am stärksten zufriedenstellen dem Ausgabeband ab, das die Ware dann und ihn so für Anschlusskäufe wieder in zum Käufer befördert. Fasziniert seien die Pepper das Geschäft locken wird. Handelsge- Kunden dennoch, weiß Filialleiter Mädler: schäfte werden deshalb mithilfe der Ro- »Zwar kann man viel über Künstliche In- boter ihre Umsätze steigern und gleich- telligenz sehen, hören und lesen, aber der Roboter »Servus« sagt, gibt sein Ham- zeitig Personalkosten einsparen können. wann hat man schon mal die Chance, ei- burger Kollege ein »Moin, Moin« von nem humanoiden Roboter von Angesicht sich und in der deutschen Hauptstadt ver- 2026: In Asien bedienen Maschinen zu zu Angesicht gegenüber zu stehen und ihn kündet der dortige Paul: »Ick bin ein Berli- 50 Prozent die Kunden bei seiner Arbeit zu beobachten?« ner!« Weil zugleich die Preise für die Maschi- Während in Deutschland Roboter im Ein- nenwesen stark sinken werden, dürften zelhandel noch im Versuchsstadium sind, deshalb immer mehr Unternehmen in der Ein Beitrag von gehören sie in japanischen Einkaufszent- kommenden Dekade dazu übergeben, zu- Richard Haimann, ren längst zum Alltag. Geschätzt mehr als mindest einen Teil ihrer menschlichen Ver- freier Journalist 30.000 Maschinen sind dort bereits im käufer durch Roboter zu ersetzen. Am Einsatz. Allein ein vom französischen Her- schnellsten werde dies in asiatischen Län- steller Aldebaran und dem Nippon-Kon- dern wie China, Japan und Taiwan erfol- zern Softbank entwickelter humanoider gen, wo Kunden besonders aufgeschlos- Typ, der den Namen »Pepper« trägt, ist sen für moderne Technologien sind. »Be- dort mehr als 13.000-mal verkauft wor- reits 2026 könnte in Asien die Hälfte des den – zu Preisen von umgerechnet je rund Verkaufspersonals durch Roboter ersetzt 22.000 Euro. sein«, prognostizieren die Soziologen bei- der Universitäten in ihrer Studie. In Euro- Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern pa dürften Maschinen die Hälfte der Ver- Nestlé hat rund 1.000 Roboter dieses Typs kaufsberater im Jahr 2035 stellen; in den © KELLEPICS – pixabay.com in Elektronikmärkten im fernöstlichen In- USA hingegen, wo Kunden den größten dustriestaat im Einsatz, um Kunden beim Wert auf Interaktion mit einem menschli- Kauf von Kaffeemaschinen aus dem Al- chen Verkaufsberater legen, dürfte dies penland zu beraten. Die 1,20 Meter gro- erst zwei Jahre später der Fall sein. ßen Roboter mit menschlichem Aussehen geben Erläuterungen zu den unterschiedli- Allerdings sind Schwanengesänge auf das chen Produkten und helfen den Kunden so Verkaufspersonal keine neuen Klänge. Be- bei der Auswahl. »Sie sind aber kein Er- reits 1916 – vor 104 Jahren – meldete die satz für menschliche Verkäufer«, betont New York Times das baldige Ende der Be- eine Nestlé-Sprecherin. Sie dienten viel- rater. Die damalige Begründung: »Wer- mehr allein der Entlastung des Verkaufs- bung ist viel effektiver als die altherge- 14 GCM 1/2020
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GERMAN COUNCIL . ROBOTICS Digitale Gefährten Angst hat, ist das Alter. »Ich hoffe, dass ich nicht pflegebedürftig werde«, sagt Helga Meier. Nie mehr will sie anderen erleichtern das Dasein Menschen ausgeliefert sein. »Sollte ich ei- nes Tages nicht mehr für mich sorgen kön- nen, hoffe ich, dass mich ein Roboter Für die meisten Deutschen ist es eine Horrorvorstellung, sich pflegt.« im Alter pflegen zu lassen. In Japan ist das anders. Da schätzt man die Vorteile der digitalen Helfer hoch ein: Sie sind geduldig, Irgendwann von einem Maschinenwesen kennen keine bösen Worte und bieten Demenzkranken und betreut, gefüttert und gewickelt zu wer- den, ist ein Gedanke, der den meisten Gebrechlichen damit jene Geborgenheit, die menschliche Menschen in Deutschland und anderen Pflegekräfte unter Zeitdruck nicht mehr geben können westeuropäischen Ländern nicht behagt. Helga Meier gehört klar zu einer Minder- heit, wie eine Umfrage des Bundesver- bands Informationswirtschaft, Telekom- Helga Meier heißt in Wahrheit anders. werden die Angst gekommen, erneut mit munikation und Neue Medien, Bitkom, in Aber sie will nicht, dass ihr korrekter Teppichklopfer, Schuh- oder Kochlöffel Berlin zeigt. Danach können sich lediglich Name in der Öffentlichkeit erscheint. Aus traktiert zu werden. Für die Prügel habe 37 Prozent der Deutschen im Alter von Scham. Denn ihre Geschichte ist eine leid- sie nie Anlass gegeben. »Eine Schwester mehr als 64 Jahren vorstellen, von einem volle, von Ängsten dominierte, die sie seit knöpfte sich jeden Tag ein anderes Kind Roboter auch nur zeitweise gepflegt zu nunmehr fünf Dekaden immer wieder aus vor«, sagt Helga Meier. »Wenn sie zu- werden. dem Schlaf schrecken lässt, die ihr Vertrau- schlug, sagte sie uns: Du wirst schon ir- en in Menschen bis heute beeinträchtigt. gendetwas verbrochen haben.« »Wer Schmuse-Roboter einsetzt, um alleingelassene Demente ruhig Helga Meier, 59 Jahre alt, ist von ihrer Morbus Crohn, eine chronisch-entzündli- zu stellen, hat seinen Beruf nicht Mutter nach der Geburt in ein Heim gege- che Darmkrankheit, dazu mehrmals im verstanden« ben worden. 1961, 16 Jahre nach Ende Monat heftige Migräneattacken und des Zweiten Weltkriegs und der national- Herzrasen – Helga Meier trägt bis heute Auch Pflegeprofis stehen der Technik sozialistischen Diktatur, sind Kinderheime an der Zeit im Heim. Eine »somatoforme skeptisch gegenüber. Deutlich zeigt dies in West- wie Ostdeutschland nicht gerade Störung« haben ihr die Ärzte diagnosti- eine Studie des ZQP – des Zentrums für ein Hort der Glückseligkeit. »Es herrschte ziert: Dauerhafte körperliche Beschwer- Qualität in der Pflege in Berlin und des immer ein Befehlston wie in einer Kaser- den, verursacht durch erlittenen Stress in Universitätsklinikums Charité, basierend ne«, erinnert sich die Frau. »Wir wurden der Kindheit. Mit den Krankheiten hat die auf der bundesweiten Befragung von 355 ständig erniedrigt, immer wieder geschla- Angestellte eines großen Hamburger Un- hauptberuflichen Pflegern. 55 Prozent der gen.« Jeden Morgen sei mit dem Wach- ternehmens zu leben gelernt. Wovor sie Befragten bejahten die These, wonach »technische Geräte im Bereich sozialer und emotionaler Unterstützung zum Ver- lust menschlicher Wärme führen«. Exem- © wonry – istockphoto.com plarisch wird in der Ergebnispräsentation eine 53-jährige Studienteilnehmerin zi- tiert: »Wer Schmuse-Roboter einsetzt, um alleingelassene Demente ruhig zu stellen, hat seinen Beruf nicht verstanden.« Anders ist die Situation in Japan. Der fernöstliche Inselstaat ist noch stärker vom demografischen Wandel gezeichnet als Deutschland. 28,9 Prozent der Bevöl- kerung sind dort älter als 64 Jahre, wäh- rend es hierzulande nur 21,5 Prozent sind. Weil es zu wenige junge Menschen zur Pflege der gebrechlichen Älteren gibt, werden in Japan Roboter seit Jahren in Alten- und Pflegeheimen eingesetzt. In Japan schätzt man die Vorteile der Robotik Etwa das von Tokai Industries entwi- 16 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS © Brain light / Alamy Stock Photo »Paro« ist ein 60 Zentimeter langer Roboter, der einer jungen Sattelrobbe nachempfunden wurde und zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird ckelte Modell »RIBA« – das Kürzel steht mit Flossenwackeln, Augenklimpern und Kosovo, die Philippinen und Mexiko sind für Robot for Interactive Body Assis- Fiepen aus. die Stationen seiner Werbereisen – und die tance. Es kann Patienten mit einem Ge- seiner Staatssekretäre. Länder, deren Be- wicht von bis 75 Kilo sicher aus einem In Deutschland wird Paro bislang nur in völkerung vergleichsweise jung und deren Bett heben und in einen Rollstuhl setzen, sehr wenigen Einrichtungen im Rahmen Überschuss an Fachkräften hoch ist. Staa- zu einer Toilette fahren und auf deren von Pilotprojekten zur Betreuung alter ten also, die es vertragen können, wenn Sitz hieven. Menschen eingesetzt. Pflegeroboter wie ihre jungen Menschen in Deutschland RIBA werden noch gar nicht genutzt. Le- Alte pflegen. »Ich freue mich über jede 80.000 Pflegestellen sind unbesetzt diglich Assistenzmaschinen, die Pflegern Fachkraft«, sagt der Gesundheitsminister. beim Heben übergewichtiger Bettlägriger Hinzu kommen Maschinenwesen, die helfen, sind in einigen Heimen und geron- Bislang allerdings reicht das jedoch nicht. Demenzkranke unterhalten, mit ihnen tologischen Stationen von Kliniken vor- Die Landespflegekommission in Bayern singen und spielen können. Oder schmu- handen. hat deshalb Ende vergangenen Jahres in sen – so wie der in Form einer kleinen einem Positionspapier vorgeschlagen, die Robbe konstruierte »Paro«. Der 60 Dabei ringen hiesige Pflegeeinrichtungen gesetzlich vorgeschriebene Quote an aus- Zentimeter lange Roboter trägt kusche- immer stärker mit demselben Problem gebildetem Pflegepersonal in Einrichtun- lig weißes, antibakterielles Kunstfell wie japanische Heime: Es gibt zu wenige gen zu lockern und verstärkt un- oder an- und hat große, schwarze Kulleraugen. Fachkräfte. Bis zu 80.000 Pflegestellen gelernte Kräfte einzusetzen. Ein Vorschlag, Wird Paro gestreichelt, schnurrt er wie seien in Deutschland unbesetzt, sagt gegen den der Deutsche Berufsverband für eine Katze. Mithilfe von Sensoren, Mik- Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Pflegeberufe (DBfK), Sturm läuft. Eine rophonen und ihrer Rechnerchips kann Der Politiker tourt deshalb seit vergan- Senkung der Fachkraftquote würde »die die künstliche Robbe Menschen wieder- genem Frühsommer um die Welt, um Versorgung pflegebedürftiger Menschen erkennen und drückt dann ihre Freude qualifiziertes Personal anzulocken: Der akut gefährden«, sagt Marliese Bieder- GCM 1/2020 17
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS © wildpixel – istockphoto.com Hand in Hand – Mensch und Maschine kommen sich langsam näher beck, Geschäftsführerin des für Bayern zu- lich bessere Bezahlung, für eine höhere »Digitale Technologien sollten die medizi- ständigen DBfK Südost. »Ältere und hoch- Personaldichte, für besser geregelte Ar- nische und pflegerische Versorgung unter- betagte Menschen weisen heutzutage in beitszeiten. Maschinenwesen seien bislang stützen, nicht die menschliche Fürsorge er- vielen Fällen ein kompliziertes Krankheits- nicht die Antwort, sagt Mario Baum, sozi- setzen.« bild auf, eine Absenkung der fachlichen alwissenschaftlicher Berater bei Input Anforderung an die professionelle Pflege Consulting, die für die Ver.di-nahe Stif- Doch es gibt auch eine andere Sicht. Eine, wäre deshalb fatal.« tung der Deutschen Angestellten Akade- in der Roboter humaner erscheinen kön- mie eine Studie über die Digitalisierung in nen als Menschen. Eine Maschine kennt Eine Maschine kennt keinen Ekel der Pflege erstellt hat. »Es wird sicher keine Gefühle, kennt keinen Ekel. »Der noch ein, zwei Generationen dauern, bis Roboter wird den Hilfebedürftigen keine Um mehr professionelle Pflegekräfte zu Pflegeroboter in größerem Stil eingesetzt kränkenden Rückmeldungen geben wie: gewinnen, plädieren der Berufsverband werden.« Und, so betont Baum in einem ‚Du hast schon wieder Dein Bett ver- und die Gewerkschaft Ver.di für eine deut- von Ver.di mit ihm publizierten Interview: saut‘«, schreibt Adelheid von Stösser, Vor- sitzende der Pflegeethik Initiative Deutsch- land, in ihrem Essay »Roboter als Lösung für den Pflegenotstand?«. Darin verweist © Ars Electronica / RIKEN – flickr.com die Lehrerin für Pflegeberufe und Verfas- serin von unter dem Namen Stösser-Stan- dards veröffentlichten Fachbänden zu Qualitätsstandards in der Alten- und Krankenpflege auch darauf, dass schon heute die Abläufe in den Einrichtungen häufig einer »Abfertigung gleichen, die den Menschen zum Sachgegenstand macht«. Betreute, die sich den Betriebs- aufläufen nicht unterordnen könnten, »die wegzulaufen versuchen, aggressiv werden, erhalten eine Überweisung zum ‚Einstellen‘ in der Psychiatrie«, schildert von Stösser. »Als ginge es darum, lockere »RIBA« Schrauben anzuziehen, flößt man ihnen 18 GCM 1/2020
GERMAN COUNCIL . ROBOTICS Medikamente ein, die ihre emotionalen deren reden kann und niemanden damit Pflegefall widerfahren könnte: »Ein Ro- Regungen soweit blockieren, dass sie sich aufhält, der unruhig auf der Stuhlkante boter würde nie mit mir schimpfen oder widerstandslos den Abläufen im Heim un- sitzt und einem bereits den nächsten Bis- mich schlagen…« terordnen.« sen vor die Nase hält…« »Ein Roboter würde nie mit mir In Japan, das zeigen Umfragen unter den schimpfen oder mich schlagen…« Bewohnern von Altenheimen, werden Ro- Ein Beitrag von boter von diesen nicht als kalte, seelenlose Hubertus Siegfried, In Science-Fiction-Schilderungen wird Wesen gesehen, sondern als digitale Ge- freier Journalist häufig eine Welt von Morgen beschrieben, fährten, die das Dasein erleichtern. Viel- in denen die Masse der gebrechlichen Al- leicht liegt die etwas andere Sicht schlicht ten in Heimen von gefühllosen Robotern daran, dass die Menschen in dem Fernost- versorgt werden. Für die Reichen hinge- Staat die vergangenen Jahrzehnte über gen gibt es die Luxuspflege. Sie werden wesentlich technik-affiner waren als in umsorgt von psychologisch bestens ge- Deutschland. Darauf deutet ein Aspekt in © Jason kwok7837 – commons. wikimedia.org schulten, immer freundlichen und endlos der Bitkom-Umfrage: Danach können geduldigen Menschen. Doch was, wenn es sich von den mit PC, Laptop und Smart- genau umgekehrt wäre, gibt Susanne Bos- phone aufgewachsenen 18- bis 29-jähri- hammer, Professorin für Philosophie an gen Deutschen 51 Prozent – und damit der Universität Osnabrück, zu bedenken: immerhin etwas mehr als die Hälfte – vor- »Wer es sich leisten kann, bekommt den stellen, sich eines Tages von einem Robo- Roboterservice, bei dem man das Esstem- ter pflegen zu lassen. po selbst bestimmen kann, bei dem man vielleicht auch die Essenszeit selber festlegt Für Helga Meier wäre eine Maschine als und während der Mittagessen mit den an- Betreuer das Beste, war ihr in einem Die Shoppingcenter-AG Die Quartalsmitteilung 9M 2019 ist nun abrufbar unter www.deutsche-euroshop.de/IR
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