Info-Bulletin Nr. 19 - Dezember 2015 / Décembre 2015 La ville de Berne, Nydeggbrücke, Gouache um 1844-1850 von Johann Ludwig Bleuler Ville de ...
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Info-Bulletin Nr. 19 La ville de Berne, Nydeggbrücke, Gouache um 1844–1850 von Johann Ludwig Bleuler Ville de Berne, Nydeggbrücke, gouache env. 1844–1850 de Johann Ludwig Bleuler Dezember 2015 / Décembre 2015
Impressum Herausgeber Verband bernischer Burgergemeinden und burgerlicher Korporationen VBBG Bahnhofplatz 2 3001 Bern Telefon 031 328 86 00 / Fax 031 328 86 19 info@vbbg.ch Redaktion Henriette von Wattenwyl, Burgergemeinde Bern Korrektorat gutesdeutsch.ch Übersetzungen usg AG, Ittigen Fotos zvg Auflage 400 Exemplare Druck Prolith AG Grubenstrasse 22 CH-3322 Schönbühl
Inhaltsverzeichnis Organe 2 Die Präsidentin hat das Wort 3 Drei neue Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Rede anlässlich der Hauptversammlung des Verbands bernischer Burgergemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Discours tenu lors de l’assemblée générale de l’Association des communes et corporations bourgeoises . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Burgerrödel, Heimatscheine, Einbürgerungen der Landsassen und Heimatlosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Ein Tannenzweig aus dem Burgerwald sei unser Freiheit grünes Zeichen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Regionalversammlungen 15 Amt für Wald (KAWA): Nachhaltige Waldwirtschaft – Organisation – Reviere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Waldbesitz und Burgergemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Aus den Burgergemeinden 18 Burgergemeinde Lyssach – Nachruf René Lehmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Burgergemeinde Mörigen – Rücktritt des Burgerrats Rudolf Blösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Burgergemeinde Studen – Rücktritt von Burgerkassierin Myrtha Zwierz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Burgerbäuert Spiezwiler / Einigen – 50 Jahre unermüdlicher Einsatz von Paul Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Vernehmlassungen 20 Vernehmlassungen 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Newsletter VBBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Wichtige Daten / Dates importantes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 1
Organe Präsidentin Vreni Jenni-Schmid, Kappelen Vizepräsidentin /Vizepräsident Theres Rufer, Zuzwil (bis 21.8.2015 Vorstandsmitglied) Ernst Schaad, Oberbipp (bis 21.8.2015) Vorstand Silvia Barben, Spiez Rolf Dähler, Bern Markus Engemann, Thun Walter Hofer, La Heutte Peter Flück, Unterseen (bis 10.5.2015) Andreas Grimm, Burgdorf Gino Guerne, Tavannes Bruno Gygax, Seeberg Monika Gygax-Böniger, Obersteckholz Peter Michel, Bern Paul Mumenthaler, Huttwil Fritz Nikles, Worben Hans Georg Nussbaum, Bern Silvain Rossel, Prêles (bis 10.5.2015) Andreas Sutter, Biel Silvia Thöni-Fischer, Brienz Geschäftsstelle Henriette von Wattenwyl, Geschäftsführerin Christine Rohrbach, Sekretariat Verband bernischer Burgergemeinden und burgerlicher Korporationen VBBG Bahnhofplatz 2, Postfach, 3001 Bern info@vbbg.ch www.vbbg.ch Rechnungsführung Evelyne Banas Kontrollstelle / Revisoren Céline Oppliger, Tavannes Christof Santschi, Thun 2 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
Editorial Unsere Geschäftsstelle ist zudem dankbar, wenn Sie uns Ihre Adressmutationen und E-Mail-Adressen regel- Die Präsidentin hat das Wort mässig mitteilen. Die nächste Hauptversammlung des VBBG findet am «Verantwortungsbewusstsein ist der Schlüssel unserer 28. Mai 2016 in Schwarzenburg statt. Am 16. Septem- Zukunft.» Justus Vogt ber 2005 wurde dort die Burgergemeinde Wahlern neu gegründet und wurde zur eigenständigen Organisati- on. Eine erfreuliche Tatsache! Die Hauptversammlung wird mehrere Vorstandsmit- glieder sowie das Verbands-Präsidium neu zu bestim- men haben. Gerne blicke ich auf die interessanten und vielseitigen 23 Jahre als Vorstandsmitglied (davon 19 Jahre als Vor- sitzende) zurück. Sehr oft mussten wir schwierige Ent- scheide fällen und Verantwortung übernehmen. Ich danke an dieser Stelle meinen ehemaligen und heute aktiven Vorstandsmitgliedern sowie den Verantwortli- chen in der Geschäftsstelle, die mir in dieser Zeit hilf- Liebe Leserin, lieber Leser reich und freundschaftlich zur Seite gestanden sind. Mit diesem Editorial verabschiede ich mich ebenso mit Im Jahr 1997 hat der VBBG sein erstes Informa- einem herzlichen Dankeschön für die gute Zusammen- tions-Blatt herausgegeben – mit dem heutigen Bulletin arbeit von all’ unseren Funktionären und Mitgliedern in Nr. 19 sind bald zwei Jahrzehnte vergangen. Viele Ak- den Gemeinden, den Verantwortlichen der Regie- tualitäten konnten in diesen Jahren an Sie übermittelt rungs- und Kantonsbehörden sowie den zuständigen werden. Auch bei der Lektüre der neusten Auflage Verwaltungskreisen. werden Ihnen interessante Berichterstattungen be- Für die bevorstehenden Fest- und Feiertage wünsche gegnen, welche Ihnen vielleicht als Motivation und Er- ich allen frohe und besinnliche Momente und einen gu- füllung des Jahresziels 2016 für Ihre Burgergemeinde ten Start ins Jahr 2016. dienen können. Auf Wiedersehen in Schwarzenburg! Im vergangenen Verbandsjahr haben wir uns speziell Ihre Präsidentin, Vreni Jenni-Schmid mit der Thematik von «Nachhaltiger Waldwirtschaft, Organisation und Projekte» befasst. Gut besuchte Kurstage, organisiert durch das KAWA, haben uns dazu bewogen, ein zusätzliches Angebot für unsere Ver- einsmitglieder zu schaffen. Der VBBG bietet Ihnen massgeschneiderte Beratungen an. Das positive Echo nach den Regionalkonferenzen hat uns ermuntert, die Beratungen und Schulungen weiterzuführen. Gefreut habe ich mich ebenfalls über die zahlreichen Veranstaltungen von Burgergemeinden und burgerli- chen Korporationen, welche mit ihren Projekten im Jahr 2015 an die Öffentlichkeit getreten sind. In vielen Archiven unserer Burgergemeinden werden geschichtlich wertvolle Hinweise, alte Schriften oder Rödel aufbewahrt. Um diesen alten Schätzen neue Aufmerksamkeit zu schenken, publizieren wir in dieser Ausgabe den Beitrag von Peter Schneider, Burger- schreiber a.D. aus Diessbach b/Büren. Falls auch Sie in Ihren Archiven interessante Funde machen, freuen wir uns, wenn Sie uns diese mitteilen. Wichtige Informationen werden auf unserer Ver- bands-Website www.vbbg.ch auch direkt veröffentlicht. VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 3
Drei neue Vorstandsmitglieder Bruno Gygax, Walter Hofer und Silvia Thöni- Fischer wurden an der Hauptversammlung in Bern in den Vorstand gewählt. Bruno Gygax Bruno Gygax, geb. 1957, ist verheiratet und wohnt in Seeberg. Nach einer Lehre als Maschinenzeichner so- wie der Ingenieurschule Burgdorf, trat er vor 28 Jahren in der Firma Glas Trösch in Bützberg seine erste Stelle an. Nach verschiedenen Funktionswechseln innerhalb der Firma, leitet Bruno Gygax heute die Kommunikati- on und ist verantwortlich für Public Affairs sowie die Isolierglas-Lizenznehmergruppe SANCO. Seit 22 Jah- ren engagiert sich Bruno Gygax in der Burgergemeinde Seeberg. Zuerst als Sekretär, später als Vizepräsident und seit 18 Jahren als Präsident. In seiner Freizeit ist Bruno Gygax Bruno Gygax in verschiedenen Vereinen aktiv, fährt Ski, wandert, joggt, liest und reist gerne. Walter Hofer Walter Hofer, geb. 1950, ist verheiratet, Vater zweier Kinder und wohnt mit seiner Familie in La Heutte. Nach einer Lehre zum Schriftsetzer und Polygraph lei- tet er heute eine Druckerei. Seit 2010 ist Walter Hofer Präsident der Burgergemeinde La Heutte. Gleichzeitig ist er Mitglied des Verbands Burgergemeinden Berner Jura. In seiner Freizeit fährt Walter Hofer gerne Velo und wandert. Silvia Thöni-Fischer Walter Hofer Silvia Thöni-Fischer, geb. 1968, ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und wohnt mit ihrer Familie in Brienz. Nach einer kaufmännischen Banklehre liess sie sich zur Finanzverwalterin ausbilden. Sie war während 11 Jahren für die Einwohnergemeinde Brienz und 10 Jah- ren für die gemischte Gemeinde Oberried als Finanz- verwalterin tätig. Seit 2012 ist sie Burgerschreiberin, Kassierin und Rodelführerin der Burgergemeinde Bri- enz. Vor diesem Schritt war sie in der Exekutive, wäh- rend 13 Jahren als Burgerrätin, Burgerrats-Vize und Burgergemeinde-Vize aktiv. In ihrer Freizeit widmet sich Silvia Thöni-Fischer ihrer Familie sowie ihrem Hund Joya. Sie liest gerne und treibt Sport. Im Vor- stand des VBBG möchte Silvia Thöni-Fischer ihr Wis- sen und ihre Erfahrungen von der «Burgergemeinde- Silvia Thöni-Fischer Front» vor allem in den Bereichen Buchhaltung und Rodelwesen einbringen. 4 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
Rede anlässlich der Hauptversammlung des Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich für Verbands bernischer Burgergemeinden und die öffentliche Sache zu engagieren, nimmt ab. Sie be- burgerlichen Korporationen VBBG vom 9. Mai weisen durch Ihr Engagement in der Burgergemeinde im Kultur Casino Bern das Gegenteil. Sie engagieren sich – meist unentgelt- Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen lich – im Hintergrund, ohne den Applaus der Öffent- unseres Landes lichkeit zu suchen. Diese Arbeit kann nicht hoch ge- nug geschätzt werden, und ich möchte Ihnen dafür herzlich danken. Je salue tout particulièrement les représentantes et les représentants des communes et des corporations bourgeoises du Jura bernois. Le canton de Berne fait le lien entre la Suisse romande et la Suisse aléma- nique. Il joue, à ce titre, une rôle importante. Je le constate régulièrement dans mes travaux au niveau fé- déral. Souvent, j’ai l’impression que les communes bourgeoises jouent une rôle comparable entre l’Etat et la population. Meine Damen und Herren Werner Luginbühl, Ständerat In der Regel spricht an Ihren Hauptversammlungen ein Regierungsrat. In den vergangen Jahren waren häufig Sehr geehrte Frau Präsidentin die Strukturen und die Organisation des Kantons ein Sehr geehrte Damen und Herren Thema. So auch in meinem Referat im Jahre 1999. Heute steht für einmal ein Standesvertreter vor Ihnen. Ich freue mich, heute an ihrer HV das Wort an Sie rich- Da ich mich an den Grundsatz zu halten versuche, den ten zu können und danke Ihnen für die Einladung. Nachfolgern nicht drein zu reden (was mir zugegebe- Es ist im Übrigen nicht das erste Mal. Schon einmal nermassen nicht immer leicht fällt), spreche ich nicht durfte ich an der GV des VBBG sprechen. Ich dachte, zu einem kantonalen Thema. dies sei 8, 9 Jahre her. Ihre Präsidentin hat mich be- Ich spreche auch nicht über die Energiestrategie 2050 lehrt, dass es am 9. Juni 1999 gewesen sei, also vor oder die Altersvorsorge 2020. Ich äussere ein paar per- ziemlich genau 16 Jahren. So vergeht die Zeit…! sönliche Gedanken über aktuelle Entwicklungen und Ich bin Burger in Krattigen am Thunersee. Mein Bru- Herausforderungen unseres Landes. der ist Burgerpräsident. Vor ihm war dies auch schon Die direkte Demokratie, meine Damen und Herren, hat mein Vater. Dadurch liegen die Burgergemeinden et- der Schweiz über Jahrzehnte hinweg Stabilität, Verläss- was in unserer Familie. Auch als Gemeindedirektor in lichkeit, einen vernünftigen Umgang mit den Finanzen den Jahren 1998 bis 2008 hatte ich immer wieder mit und eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit der Bür- den Burgergemeinden zu tun. Ich weiss also, was sie gerinnen und Bürger mit den Institutionen gesichert. leisten. Diese Faktoren waren massgeblich mit dafür verant- Sie, meine Damen und Herren, setzen sich als Reprä- wortlich, dass die Schweiz vom Armenhaus zu einem sentanten der Burgergemeinden für das Wohl der All- der reichsten Länder der Welt wurde und heute in fast gemeinheit ein. Das haben die Burgergemeinden im- allen Ranglisten im Ländervergleich im Spitzenfeld liegt. mer schon getan, auch, als dieser Auftrag noch nicht in Allerdings: Auch die Firma Kodak war über 100 Jahre der bernischen Verfassung stand. ein Erfolgsmodell mit zeitweise über 60 000 Mitarbei- Trotz diesem altruistischen Engagement, gab es in der tenden. Weil man Entwicklungen verpasst hat, sind es Geschichte der Burgergemeinden immer auch wieder heute noch etwa 10% davon. Bestrebungen, diese abzuschaffen. Glücklicherweise Was will ich damit sagen? Eine Binsenwahrheit. Erfolg waren die Mehrheiten immer klug genug, dies nicht zu in der Vergangenheit garantiert noch keinen Erfolg in tun. Die Burgergemeinden engagieren sich für das Ge- der Zukunft. Jedes Modell – auch Erfolgsmodelle – meinwesen und erfüllen wichtige Aufgaben im gesell- müssen an die aktuellen und künftigen Herausforde- schaftlichen und sozialen Bereich. Das ist gerade in un- rungen angepasst werden, wenn sie auch in Zukunft serer Zeit keine Selbstverständlichkeit. erfolgreich sein sollen. VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 5
Vom Nachtwächter zum allumfassenden Dienst- Der Föderalismus wird ausgehöhlt leister Das Subsidiaritätsprinzip im Föderalismus sorgt dafür, Für unsere Grosseltern und zum Teil auch noch für un- dass staatliches Handeln auf die tiefst mögliche Ebene sere Eltern wäre es unvorstellbar gewesen, zum Staat runter delegiert wird. Die Entscheide sollen so nahe zu rennen, wenn man sich selber nicht mehr helfen wie möglich am Bürger gefällt werden. Das hat lange konnte. Für die modernen Bürgerinnen und Bürger ist wunderbar funktioniert. Der Föderalismus à la Suisse dies eine Selbstverständlichkeit. darf als Erfolgsmodell bezeichnet werden. Die Forderungen und Erwartungen an und in den Heute wird immer mehr auf Bundesebene geregelt und Staat sind innert weniger Jahre ins Unermessliche zentralisiert. Der Föderalismus wird damit ausgehöhlt. gewachsen. Mit ein Grund: Während auf Gemeindeebene Refor- men und Fusionen in Gang gekommen sind, ist die Von der Leistungs- zur Konsumgesellschaft Chance zu Reformen auf Kantonsebene nahezu null. Unsere Vorfahren haben die Schweiz, die im vorletzten Warum? Weil die klare Mehrzahl der Kantone vom Sta- Jahrhundert noch maus-arm war, zu einem der reichs- tus Quo profitiert. ten Länder «gekrampft». Dank Glück und Geschick wurden wir von ökonomi- Ungebremste Regulierungswut schen und militärischen Katastrophen verschont. Die, Wir leben in einer Zeit der ungebremsten Regulie- die den Wohlstand erarbeitet haben, sind sich sehr rungswut. wohl bewusst, woher er kommt. Die, die in den Wohl- In den Anfängen unseres Staatswesens ging es dar- stand hinein geboren werden, weniger. um, die Sicherheit des Einzelnen und das Eigentum zu Wir haben uns an diesen Wohlstand gewöhnt und ge- gewährleisten. Heute werden die Bürger zunehmend stalten unser Leben nach unseren individuellen Be- auch vor der eigenen Unvernunft bewahrt. dürfnissen. Die Lust an Experimenten und Wagnissen Jede Woche werden neue Forderungen aufgestellt, wo nimmt ab, die Angst, etwas zu verlieren, zu. der Staat auch noch aktiv werden sollte. Fussgänger In diesem Zusammenhang ist auch interessant zu se- sollen Leuchtwesten tragen. Wer auf dem Fussgänger- hen, wie die jüngere Generation denkt. Gestützt auf streifen am Handy fummelt, soll bestraft werden. Befragungen gibt die CS jährlich einen Jugendbarome- Es gibt – und das ist kein Witz – eine Initiative, die Re- ter heraus und vergleicht diesen mit Erhebungen in an- geln zum Sexualkundeunterricht in der Bundesverfas- deren Ländern. Zwei, drei Ergebnisse aus der Erhe- sung verankern will. 76% der Schweizerinnen und bung 2014: Schweizer wünschen scheinbar ein Verbot ungesunder • Erstmals ist nur noch eine Minderheit der Befragten Lebensmittel, wenn man einer Umfrage glauben darf. der Meinung, dass man froh sein müsse, eine Stelle Dies nur einige Beispiele. zu haben. Woran liegt das? • Im Beruf suchen die jungen Leute Selbstverwirkli- Wir haben in unserer Vollkasko-Mentalität das Bedürf- chung. Work-Life-Balance ist wichtiger als Karriere nis, die Sicherheit ständig zu verbessern. Immer wenn machen. irgendwo etwas schief läuft, wird nach einem neuen • Mit geschenkten 10 000 Franken würde eine deutli- Gesetz gerufen, damit das nicht mehr passieren kann. che Mehrheit der Jugendlichen Ferien machen (Ju- Wohin führt das? gendliche anderer Länder haben etwas existenzielle- Zu immer mehr Einschränkungen. Zu immer mehr De- re Bedürfnisse). legation von Verantwortung an den Staat und damit zu Fazit der Befragung: Die Schweizer Jugend heute hat Verlust von Eigenverantwortung. eine schwache wirtschaftliche Orientierung / der Wohl- Wer ist schuld daran? stand ist so selbstverständlich, dass er gar nicht mehr Alle ein bisschen. Zwar wird in Wahlkämpfen häufig erstrebenswert ist / die Jugend ist privilegiert, um nach dem Abbau von Vorschriften gerufen. Aber selbst nicht zu sagen verwöhnt. bürgerliche Politiker schaffen es kaum, dies auch in die Man könnte jetzt mit dem Finger auf die Jugendlichen Tat umzusetzen. Wer das Wort «liberal» zumindest zeigen. Dabei würde man allerdings ausblenden, dass noch buchstabieren kann, ist in einen ständigen Ab- diese jungen Leute unter der Obhut unserer Generati- wehrkampf verwickelt (jede Session lehnen wir 30 bis on aufgewachsen sind. 40 entsprechende Vorstösse ab). Ob aber diese Einstellungen in einem internationalen Aber auch die Medien spielen eine wichtige Rolle. Wettbewerb, der härter wird, für die Zukunft erfolgs- Sehr schnell wird skandalisiert, und wo etwas Skanda- versprechend sind, überlasse ich Ihrem Urteil. löses passiert, hat der Staat gefälligst einzuschreiten. 6 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
Aber auch viele Bürgerinnen und Bürger neigen dazu, kung unserer politischen Handlungsfreiheit. Gerade in die Hysterie einzustimmen. Damit arbeiten jene, die uns Schweizern fällt es nicht leicht, dies zu akzeptieren. sich über Bevormundung beklagen, mit daran, dass sie Die Zunahme an Komplexität und an Unübersichtlich- stärker bevormundet werden. keit führt bei Vielen zu einem Rückzug auf sich selbst, Der Philosoph, Dr. Ludwig Hasler, hat es in seinem Re- auf das Überblickbare. ferat im August 2014 im Casino so gesagt: Alles wird Die Schweiz zählt heute zu den wettbewerbsfähigsten idiotensicher gemacht, und nachher wundern wir uns Nationen der Welt. Unsere Hochschulen zählen welt- darüber, dass es so viele Idioten hat. weit zu den Besten. Dies ist vor allem auch darauf zu- Es geht häufig vergessen, dass sich gewisse Dinge rückzuführen, dass wir immer auf eine offene Gesell- nicht regeln lassen, dass gewisse Risiken nicht ausge- schaft und Wirtschaft gesetzt haben. schlossen werden können. Vor der Abstimmung vom Februar 2014 behaupteten Unser Problem, meine Damen und Herren, ist, dass die Initianten, die Bilateralen könnten auch bei einer An- wir häufig auch etwas Angst vor der Freiheit haben. nahme der Initiative problemlos weitergeführt werden. Nicht vor der eigenen, aber vor jener der anderen. Das Heute wird immer klarer, dass dies nicht der Fall ist. eingängigste Beispiel dafür ist der Hausbau. Wenn ich Nun wird die Bedeutung der Bilateralen kleingeredet. selber baue, sollte es möglichst keine Vorschriften ge- Das erachte ich als falsch. Die Bilateralen sind in den ben. Wenn der Nachbar hingegen baut, können sie letzten Jahren für die Schweiz ein ganz wesentlicher nicht streng genug sein. Und auch hier gilt: Man kann Garant für Wachstum und Wohlstand gewesen, und es das Eine haben oder das Andere – aber nicht beides. ist fahrlässig, dieses wichtige Vertragswerk mit unse- Es braucht in Politik und Gesellschaft eine viel kriti- rem, mit Abstand wichtigsten, Handelspartner leicht- schere Auseinandersetzung mit der Frage, ob es eine fertig aufs Spiel zu setzen. neue Vorschrift, die auf den ersten Blick gut aussieht, Die Behauptung, die EU sei stärker auf die Bilateralen wirklich braucht oder ob das Problem nicht vielleicht angewiesen als wir, ist angesichts der effektiven Zah- über die Eigenverantwortung gelöst werden könnte. len schlicht lächerlich. Gesellschaftliche Entwicklungen lassen sich nicht auf- Viele glauben, Wohlstand und Privilegien lassen sich halten. Wenn wir aber gestützt auf bewährte Schwei- durch Abschottung bewahren. Das Gegenteil ist der zer Tugenden wie Vernunft und Augenmass zurückhal- Fall: Abschottung würde uns ärmer machen. Ich hoffe tend regulieren, schaffen wir uns im internationalen nur, dass die Mehrheit der Schweizer das glaubt, bevor Wettbewerb einen grossen Vorteil. Bei den Regulie- wir es am eigenen Leib erfahren. rungen muss es unser Ziel sein, nicht Vorreiter, son- Ganz generell wäre eine etwas unaufgeregtere, sachli- dern Nachzügler zu werden. chere Auseinandersetzung mit dem Thema «Europa» dienlich. Letztendlich muss es uns ja gelingen, die Bila- Skandalisierung / Empörungsbewirtschaftung / teralen zu retten und die Zuwanderung zu drosseln. Boulevardisierung Im Zusammenhang mit der MEI haben viele Leute Befeuert wird die Regulierungswut durch die Informa- auch eine gewisse Wachstumsmüdigkeit zum Aus- tionsflut, durch Skandalisierung, Empörungsbewirt- druck gebracht. schaftung und Angstmacherei. Und da bin ich skeptisch. Es gibt sicher Leute, die be- Die Medien kämpfen um unsere Aufmerksamkeit und reit sind, konkrete Einschränkungen in Kauf zu neh- berichten täglich über Aussergewöhnliches und Be- men. Bei vielen anderen verspüre ich zwar Wachs- drohliches. Wir werden heute überschwemmt mit tumsmüdigkeit, aber nicht die geringste Bereitschaft, (meist) schlechten Neuigkeiten aus der ganzen Welt. auch die Folgen eines Null-Wachstums oder gar eines Dadurch entsteht bei vielen der Eindruck, die Welt sei Schrumpfens – nämlich weniger Lohn und letztendlich völlig aus den Fugen geraten. Katastrophen, Kriege weniger Wohlstand – zu akzeptieren. und Verbrechen nähmen weltweit zu, wir stünden kurz Die NZZ nennt das «den wohlstandssatten, reformmü- vor dem Kollaps. Ein Blick auf die Geschichte der den und konservativen Zeitgeist». Wir sollten uns Menschheit würde das Gegenteil beweisen. Es gibt schon bewusst sein, wie gut es uns geht und wie nicht 100-mal mehr Probleme als früher. Wir haben rasch sich dies auch wieder ändern kann. 100-mal mehr Informationen darüber. Volksrechte werden ausgehöhlt Globalisierung / Internationalisierung Die Volksrechte – vor allem das Initiativrecht – wer- Die Globalisierung ist eine Realität. Die internationale den heute bis aufs Äusserste ausgereizt. Die Zahl der Verflechtung nimmt zu. Dies führt zu einer Einschrän- Initiativen steigt massiv. Das treibt unser System an VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 7
Grenzen und führt bei vielen Stimmberechtigten zu Fazit Überdruss. Meine Damen und Herren, die Schweiz steht nach wie Gefährdet wird dadurch auch unsere Stabilität, eine vor gut da. Es geht uns besser als allen Generationen der wichtigsten Qualitäten unseres Landes in der Ver- zuvor. Es gibt nur zwei, drei Länder auf der Welt, in de- gangenheit. In diesem Bereich sind gewisse Korrektu- nen es den Menschen im Schnitt ebenso gut geht wie ren notwendig, davon bin ich überzeugt, auch wenn es in der Schweiz. ein Riesengeschrei geben wird. Wohlstandssattheit, Verlust von Eigenverantwortung, sinkende Bereitschaft zu gesellschaftlichem Engage- Das Vertrauen in die Wirtschaft hat gelitten ment, fehlende Bereitschaft zu politischen Reformen Soll die direkte Demokratie funktionieren, braucht es sowie Abschottungstendenzen sind für mich aber eine Art ausgewogenen Dreiklang zwischen Volk, Wirt- Warnsignale, die ernst genommen werden sollten. schaft und Politik. Denn eines ist klar: Um an die Spitze zu kommen, Die Bevölkerung muss den Eindruck haben, dass sie muss man besser sein als die Konkurrenz. Man muss von einer florierenden Wirtschaft auch profitiert und aber auch besser sein als die andern, um an der Spitze dass die Politik das Gemeinwohl im Visier hat. Die zu bleiben. Wirtschaft muss sehen, dass die Politik für vernünftige Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! Rahmenbedingungen sorgt. Dieser Dreiklang, dieses Werner Luginbühl, Ständerat Kanton Bern Vertrauen war in den letzten Jahren gestört. Ausgelöst wurde diese Störung durch die Finanzkrise 2008 und die Lohnexzesse einiger Weniger. Discours tenu lors de l’assemblée générale Ein vernünftiges Zusammenwirken Wirtschaft – Politik, de l’Association bernoise des communes et eine emotionale und lokale Verankerung der Wirt- corporations bourgeoises (ABCB) schaft, ist nirgends so notwendig wie in der direkten Le 9 mai au Kultur-Casino Berne Demokratie. In der direkten Demokratie werden an die Développements et défis actuels de notre pays Wirtschaftsführer höhere Ansprüche gestellt, was ihre Vorbildfunktion und ihr ethisches und moralisches Han- Madame la Présidente, deln betrifft, als in andern Systemen. Mesdames, Messieurs, Warum das? Auch in andern Ländern stören sich Bür- gerinnen und Bürger an überrissenen Löhnen. Es bleibt Je suis heureux de pouvoir m’adresser à vous au- ihnen aber nichts anderes übrig, als die Faust im Sack jourd’hui, à l’occasion de votre AG, et vous remercie zu machen. Bei uns ist das anders. In unserem System de m’y avoir invité. kann das Volk auf politischem Weg auch direkt in die Ce n’est d’ailleurs pas la première fois car j’ai déjà eu le Wirtschaft hineinsteuern (siehe Abzocker-Initiative). plaisir de prendre la parole à l’AG de l’ABCB. Je pensais Im Interesse aller muss es gelingen, den Dreiklang Wirt- que c’était il y a 8 ou 9 ans. Votre Présidente m’a appris schaft – Gesellschaft – Politik wieder ins Lot zu bringen. qu’en réalité, c’était le 9 juin 1999, donc il y a près de Dazu braucht es unter anderem ein stärkeres Engage- 16 ans à peu de chose près. Comme le temps file ! ment von Wirtschaftsführern in Gesellschaft und Politik. Je suis Bourgeois de Krattigen, localité située sur les rives du lac de Thoune, et mon frère est Président de la Auch die Politik muss in den Vertrauensaufbau in- Bourgeoisie. Mon père l’a été avant lui. Les communes vestieren bourgeoises sont donc profondément ancrées dans Aber auch Politikerinnen und Politiker müssen sich be- notre famille. En tant que directeur de commune de wusst sein, dass, was Glaubwürdigkeit und Ernsthaf- 1998 à 2008, j’ai sans cesse eu affaire aux communes tigkeit betrifft, in der direkten Demokratie höhere An- bourgeoises. Je connais donc parfaitement leur apport. forderungen auch für sie gelten. Auch da besteht Vous, Mesdames et Messieurs, en tant que représen- einiges an Handlungsbedarf! tants des communes bourgeoises, vous vous engagez pour le bien-être de la collectivité. C’est ce qu’ont tou- Letztendlich sind auch die Bürgerinnen und Bürger jours fait les communes bourgeoises, même à l’époque in der Pflicht où cette mission n’était pas encore inscrite dans la Die direkte Demokratie stellt höhere Anforderungen – constitution bernoise. auch an Sie. Dazu gehört, dass man seine Mitverant- Malgré cet engagement altruiste, dans l’histoire des wortung wahrnimmt und ein Minimum an Zeit in die communes bourgeoises, nombreuses furent les tenta- Ausübung der politischen Rechte investiert. tives de les supprimer. Heureusement, les majorités 8 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
ont toujours été suffisamment éclairées pour ne pas employé par moments plus de 60 000 collaborateurs. le faire. Vous vous engagez pour le bien commun et Aujourd’hui, il ne reste qu’environ 10 % de cet effectif, remplissez des tâches importantes dans le domaine Kodak étant passée à côté de grands développements social et sociétal. Et c’est tout sauf une évidence à techniques. notre époque. Où je veux en venir ? A ce qui pourrait passer pour une De moins en moins de citoyens ont envie de se mettre lapalissade, à savoir que le succès d’hier n’est pas une au service de la collectivité. Par votre engagement au garantie de succès futur. Chaque modèle – y compris sein de la commune bourgeoise, vous démontrez tout les modèles à succès – doit s’adapter aux défis actuels le contraire. Vous vous engagez dans l’ombre – le plus et futurs s’il veut assurer sa pérennité. souvent à titre gratuit – sans chercher honneurs ni ré- compenses. Ce travail mérite la plus haute considéra- De veilleur de nuit à prestataire global tion et je tiens, pour ma part, à vous en remercier du Pour nos grands-parents et même encore pour nos pa- fond du cœur. rents, il aurait été inimaginable de s’adresser à l’Etat Je salue tout particulièrement les représentantes et les s’ils ne parvenaient plus à s’en sortir eux-mêmes. Pour représentants des communes et des corporations bour- les citoyens modernes que nous sommes, c’est deve- geoises du Jura bernois. Le canton de Berne fait le lien nu la chose la plus naturelle qui soit. entre la Suisse romande et la Suisse alémanique. Il Les attentes à l’égard de l’Etat ont augmenté de ma- joue, à ce titre, un rôle important. Je le constate régu- nière exponentielle au cours des dernières années. lièrement dans mon travail au niveau fédéral. Souvent, j’ai l’impression que les communes bourgeoises jouent De la société du mérite à la société de consommation un rôle comparable entre l’Etat et la population. Nos aïeux ont fait de la Suisse, encore miséreuse au 19e siècle, l’un des pays les plus riches de la planète. Mesdames et Messieurs, Avec une bonne dose de chance et d’habileté, nous avons pu échapper aux catastrophes économiques et En règle générale, c’est un Conseiller d’Etat qui militaires. Les gens qui ont œuvré à la prospérité d’un s’adresse à vous lors de vos assemblées générales. pays savent à quoi ils la doivent, ceux qui sont nés Ces dernières années, le sujet des structures et de dans la prospérité, beaucoup moins. l’organisation du canton a été fréquemment abordé. Nous nous sommes habitués à cette prospérité et gé- C’était d’ailleurs le cas lors de mon allocution de l’an- rons nos vies selon nos besoins individuels. Nous née 1999. n’avons plus la même envie d’expérimenter, de prendre Aujourd’hui, une fois n’est pas coutume, c’est un des risques, mais bien davantage peur de perdre ce Conseiller aux Etats qui se présente devant vous. que nous avons. Comme j’essaie de me tenir au principe de ne pas en- Dans ce contexte, il est également intéressant de voir gager mes successeurs (ce qui, je l’avoue, n’est pas ce que pense la jeune génération. Sur la base d’en- toujours simple), j’ai pris le parti de ne pas aborder un quêtes, le CS publie chaque année un Baromètre de la thème cantonal. jeunesse et compare celui-ci aux résultats d’enquêtes Je n’évoquerai pas non plus la Stratégie énergétique réalisées dans d’autres pays. Voici deux ou trois résul- 2050 ou la réforme Prévoyance vieillesse 2020. En re- tats de l’enquête 2014 : vanche, je vous confierai quelques réflexions person- • pour la première fois, seule une minorité de person- nelles sur les développements et défis actuels de nes interrogées pense qu’il faut s’estimer heureux notre pays. d’avoir un emploi; Durant des décennies, la démocratie directe, Mes- • les jeunes cherchent à se réaliser à travers leur mé- dames et Messieurs, a conféré à la Suisse une grande tier – l’équilibre entre vie professionnelle et vie pri- stabilité, lui a valu une gestion éclairée de ses finances vée est plus important que la carrière; et a permis aux citoyens de ce pays d’être hautement • s’ils recevaient 10 000 francs, la grande majorité des satisfaits de leurs institutions, plus que partout ailleurs. jeunes partiraient en vacances (les jeunes d’autres Ces facteurs ont grandement contribué à transformer pays ont des besoins un peu plus existentiels). la Suisse, pays pauvre au départ, en un des pays les Conclusion de l’enquête : aujourd’hui, la jeunesse plus riches au monde, aujourd’hui au sommet de la suisse affiche une faible orientation économique / la quasi-totalité des classements internationaux. prospérité est une telle évidence qu’elle n’est plus Cela dit, il y a plus de 100 ans, la société Kodak était, considérée comme souhaitable / la jeunesse est privilé- elle aussi, un modèle de réussite, l’entreprise ayant giée, pour ne pas dire gâtée ». VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 9
On pourrait pointer les jeunes du doigt, bien sûr, mais La faute à qui ? ce serait oublier un peu vite que ces jeunes ont grandi A nous tous dans une certaine mesure. Lors des élec- sous la supervision de notre génération. tions, on prône volontiers une réduction du nombre de Je vous laisse en tout cas apprécier si une telle atti- règles. Mais même les politiciens bourgeois ne par- tude est ou non une bonne chose pour le futur, dans viennent pas réellement à mettre cela concrètement un contexte de concurrence internationale de plus en en œuvre. Les hommes et femmes politiques qui ont plus acharnée. encore une notion même élémentaire du mot « libé- ral » doivent livrer un combat quotidien contre la rage Le fédéralisme est vidé de sa substance régulatrice (à chaque session, nous rejetons 30 à 40 Dans le fédéralisme, le principe de subsidiarité doit nouvelles initiatives). faire en sorte que l’action des pouvoirs publics soit dé- Mais les médias jouent eux aussi un rôle important. Ils léguée au niveau le plus bas possible. Les décisions crient très vite au scandale et en appellent alors forcé- doivent être prises dans une proximité maximale avec ment à l’Etat pour qu’il intervienne. le citoyen. Cela a parfaitement fonctionné pendant de De nombreux citoyens ont également tendance à par- longues années. Le fédéralisme suisse peut être quali- ticiper à l’hystérie collective. Ceux-là même qui se fié de modèle à succès. plaignent de la mise sous tutelle étatique contribuent Aujourd’hui, tout se passe de plus en plus à l’échelon bien souvent eux-mêmes au phénomène. fédéral, à l’échelon central donc. Le fédéralisme est de Lors d’un exposé présenté au mois d’août au Casino, ce fait vidé de sa substance. le philosophe Ludwig Hasler a dit ceci : tout est fait de Et il y a une raison à cela : si des réformes et des fu- manière idiote et nous nous étonnons ensuite qu’il y sions ont été lancées à l’échelon communal, la chance ait autant d’idiots. de voir des réformes aboutir à l’échelon cantonal est On oublie souvent que certaines choses échappent à quasi nulle. Pourquoi ? Parce qu’une nette majorité de tout contrôle et que certains risques ne peuvent pas cantons a intérêt à jouer la carte du statu quo. être exclus. Notre problème, Mesdames et Messieurs, c’est que la Une rage régulatrice sans limites liberté nous fait souvent un peu peur. Pas la nôtre mais Nous vivons une époque de rage régulatrice. celle des autres. La construction des maisons en est A ses débuts, notre Etat avait pour but de garantir la un bon exemple. Quand on construit soi-même, on ai- sécurité des personnes et des biens. Aujourd’hui, il es- merait qu’il y ait un minimum de règles. Mais si c’est le saie aussi de plus en plus de protéger les citoyens de voisin qui construit, on les voudrait les plus strictes leurs propres errements. possibles. Là encore, on ne peut pas avoir le beurre et Chaque semaine, l’Etat se découvre de nouveaux do- l’argent du beurre. maines où il pense devoir agir. Ainsi, les piétons de- Dans la politique et la société, il faut se demander de vraient avoir l’obligation de porter des gilets de sécuri- façon beaucoup plus critique si une nouvelle règle qui té et il serait question de mettre à l’amende les gens paraît avoir du sens à première vue est réellement né- qui traversent les passages pour piétons en pianotant cessaire ou si le problème ne peut pas être simple- sur leur téléphone mobile. ment résolu par la responsabilité individuelle. Il existe – et ce n’est pas une plaisanterie – une initiative Personne ne peut arrêter les développements sociaux. qui souhaiterait ancrer les règles des cours d’éducation Pourtant, si nous régulons avec discernement, en nous sexuelle dans la Constitution fédérale. Par ailleurs, 76 % basant sur ces vieilles vertus suisses que sont la raison des Suisses semblent être en faveur d’une interdiction et le bon sens, nous aurons un grand avantage face à des aliments nocifs pour la santé, si l’on en croit une la concurrence internationale. En matière de régula- étude. Et ce ne sont là que quelques exemples. tion, notre objectif doit être non pas d’être à la pointe A quoi doit-on ce phénomène ? mais de nous aligner sur les autres. Dans notre mentalité « casco complète », nous avons le besoin d’améliorer sans cesse la sécurité. Et au Scandalisation / exploitation de l’indignation / bou- moindre incident, des voix s’élèvent pour réclamer une levardisation nouvelle loi pour qu’il ne se reproduise plus. La rage régulatrice est attisée par le flot incessant d’in- Où cela nous mène-t-il ? formations, la scandalisation, l’exploitation de l’indigna- A de plus en plus de restrictions. A une délégation de tion et l’alarmisme à outrance. plus en plus importante de notre responsabilité à l’Etat Les médias se livrent une lutte acharnée pour capter et, partant, à une perte de responsabilité individuelle. notre attention et nous rapportent chaque jour une foule 10 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
de faits extraordinaires et de menaces. Nous sommes européenne. Il est essentiel en effet que nous sauvions aujourd’hui submergés de mauvaises nouvelles (géné- les accords bilatéraux tout en contrôlant l’immigration. ralement en tout cas) venues du monde entier. Dans le cadre de l’IIM, beaucoup de gens ont aussi ex- Beaucoup de gens ont donc l’impression de vivre dans primé une certaine lassitude de la croissance. un monde hors de contrôle, où tout n’est que catas- Et là, je suis assez sceptique. Il se trouve certainement trophes, guerres et crimes. Bref, nous serions au bord des gens qui sont prêts à accepter des restrictions du gouffre. Un rapide rappel de l’histoire de l’humanité concrètes. Chez beaucoup d’autres, je perçois certes suffirait à démontrer le contraire. Les problèmes ne une certaine lassitude de la croissance mais pour au- sont pas cent fois plus nombreux aujourd’hui, nous re- tant, je ne les crois pas le moins du monde disposés à cevons simplement cent fois plus d’informations les assumer aussi les conséquences d’une croissance concernant. zéro, voire d’une décroissance, à savoir une baisse des salaires et, partant, moins de prospérité. Mondialisation / internationalisation La NZZ a parlé d’un « état d’esprit conservateur nourri La mondialisation est une réalité et les inter- par une certaine lassitude de la prospérité et des ré- connexions internationales vont croissant. Cela a pour formes ». Nous devons être conscients de la chance effet de restreindre notre liberté d’action politique. Et que nous avons d’être aussi prospères et de la rapidité nous, les Suisses, avons plus de peine que quiconque avec laquelle tout cela peut changer. à l’accepter. Tout est devenu plus complexe et inextricable et cela Les droits populaires sont vidés de leur substance pousse un grand nombre de gens à se refermer sur Aujourd’hui, les droits populaires – le droit d’initiative eux-mêmes pour garder une vision cohérente des surtout – sont poussés dans leurs derniers retranche- choses. ments. Nous assistons à une explosion du nombre Aujourd’hui, la Suisse figure parmi les nations les plus d’initiatives. Cela mène notre système à la limite de compétitives au monde. Nos hautes écoles et universi- ses possibilités et crée un sentiment de saturation tés font partie du gratin international. Et cela, nous le chez bon nombre d’électeurs. devons au fait que nous avons toujours misé sur une Notre stabilité est ainsi également mise en péril et la société et une économie ouvertes. stabilité a toujours été l’une des principales qualités de Avant le vote populaire de février 2014, les auteurs de notre pays par le passé. Dans ce domaine, certaines l’initiative estimaient que les accords bilatéraux pou- corrections sont nécessaires, j’en suis convaincu, vaient être maintenus sans problème même en cas même si cela va créer un tollé général. d’approbation du texte. Aujourd’hui, nous nous ren- dons de plus en plus compte que ce n’est pas le cas, à La confiance dans l’économie est écornée telle enseigne que certains tentent de minimiser l’im- Si nous voulons que la démocratie directe fonctionne, portance des accords bilatéraux. il faut garantir une certaine harmonie entre le peuple, Je ne suis pas de cet avis. Au cours des dernières an- l’économie et la politique. nées, les accords bilatéraux ont été un garant essentiel La population doit avoir l’impression qu’elle profite de la croissance et de la prospérité de la Suisse et ce également d’une économie florissante et que le serait faire preuve de négligence de mettre en jeu, de monde politique pense à l’intérêt général. Le monde manière irréfléchie, cet ensemble d’accords très im- économique, de son côté, doit voir que le monde poli- portant conclus avec notre principal partenaire com- tique crée des conditions cadres raisonnables. C’est mercial – et de loin. cette harmonie, cette confiance qui a été mise à mal Il est tout simplement ridicule, à la vue des chiffres ces dernières années. réels, de prétendre que l’UE a davantage besoin des Ce « brouillage » est dû à la crise financière de 2008 accords bilatéraux que la Suisse. et, dans une moindre mesure, aux rémunérations ex- Beaucoup de gens pensent que l’isolationnisme per- cessives. met de préserver la prospérité et les privilèges. Mais Dans un pays à démocratie directe, une interaction ju- c’est en réalité tout le contraire : nous isoler aurait pour dicieuse entre l’économie et la politique et un ancrage effet de nous appauvrir. J’espère simplement que la émotionnel et local de l’économie sont plus importants majorité des Suisses se rangeront à cette vision de que partout ailleurs. Dans une démocratie directe, on choses avant d’en faire l’amère expérience. attend davantage des leaders économiques en termes De manière tout à fait générale, il serait bon d’avoir une d’exemplarité, d’éthique et de morale que dans tout analyse un peu plus factuelle et posée de la question autre système. VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 11
Pourquoi cela ? Dans d’autres pays, les citoyens s’émeuvent également du niveau trop élevé de cer- taines rémunérations mais ils n’ont pas d’autre choix que faire le poing dans la poche. La situation est diffé- rente chez nous. Dans notre système, le peuple peut aussi agir politiquement dans le domaine économique, comme lors de l’initiative contre les rémunérations abusives. Dans l’intérêt de tous, nous devons parvenir à rétablir la nécessaire harmonie entre l’économie, la société et la politique. Cela suppose entre autres un plus grand engagement des leaders économiques dans le do- maine social et politique. Le monde politique doit aussi investir dans la confiance Cela étant, les hommes et femmes politiques doivent être conscients du fait qu’ils sont eux aussi soumis à de plus hautes exigences en termes de crédibilité et de sérieux dans un système de démocratie directe. Dans ce domaine aussi, il y a du pain sur la planche ! Enfin, les citoyens ont eux aussi des obligations La démocratie directe implique d’importantes exi- gences, y compris à votre égard. Elle suppose notam- ment que chacun assume sa part de responsabilité et consacre un minimum de temps à l’exercice de ses droits politiques. Conclusion Mesdames et Messieurs, la Suisse a toujours d’excel- lentes cartes. Nous sommes plus prospères que toutes les générations qui nous ont précédés. Et il n’y a que deux ou trois pays au monde où, en moyenne, les gens vivent mieux qu’en Suisse. Une certaine lassitude de la prospérité, la dilution de la responsabilité individuelle, le manque d’engagement social, l’absence de volonté réelle de lancer des ré- formes politiques et les tendances isolationnistes sont néanmoins pour moi autant de signaux d’alerte à prendre au sérieux. Car une chose est sûre : pour arriver au sommet, il faut être meilleur que la concurrence. Mais il faut être meil- leur que les autres pour y rester. Je vous remercie de votre attention ! Exposé du Conseiller aux Etats Werner Luginbühl 12 VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015
Burgerrödel, Heimatscheine, Einbürgerungen der rung von Burger – Rödeln zu Stadt und Land» erlassen. Landsassen und Heimatlosen Vielerorts wurden die Register vorerst mangelhaft ge- Gedanken eines pensionierten Burgerschreibers führt, so dass der «Justiz- und Polizy-Rath» ein Kreis- schreiben an alle Oberamtmänner des Kantons Bern Vor 154 Jahren wurden im Amtsblatt des Kantons Bern den versandte und die «gehörige Ausstellung der Heimat- bernischen Burgergemeinden das Verzeichnis der zwangs- scheine und auf die genau und zweckmässig zu füh- weise eingebürgerten Landsassen und Heimatlosen mitge- renden Burgerrödel und Heimatscheinregister» auf- teilt. In der Zwischenzeit hat sich einiges verändert. merksam machte. Nach wie vor blieb aber das Problem der Heimatlosen Seit frühesten Zeiten gab es in der alten Eidgenossen- bestehen. Eine endgültige Lösung brachte erst die schaft sogenannte Heimatlose, die als Gaukler, Wahr- Bundesverfassung von 1848. Gestützt darauf wurde sager, Taschenspieler, Musikanten und Pilger ihren Le- das Bundesgesetz betreffend die Heimatlosigkeit er- bensunterhalt verdienten und nie irgendwo heimisch lassen. 1861 erfolgte im Amtsblatt des Kantons die wurden. Immer wiederkehrende Kriege, religiöse Ver- nachstehende Publikation: folgungen und soziale Missstände aller Art hatten zur «Die Direktion der Justiz und Polizei des Kantons Bern Folge, dass sich dauernd Menschen auf die Wander- teilt hiermit den Burgergemeinden des alten Kantons- schaft begaben, ohne je ein Zuhause zu finden. teiles das von Regierungsrat genehmigte Verzeichnis Zur Zeit der Reisläuferei nahm das Landstreichertum der eingeburgerten Landsassen und Heimatlosen mit. erheblich zu. Da alle alten Orte darunter litten, befass- Bei jeder Gemeinde steht die Anzahl der in erster und te sich im Jahre 1520 die Tagsatzung mit dem Problem zweiter Teilung und durch das Los ihnen zugeteilten des Bettlerunwesens. Es wurde entschieden, dass die Personen vorgemerkt.» einheimischen Bettler in die Orte (Kantone) ihrer Her- Die Auflistung der den Burgergemeinden im Kanton kunft und die fremden (Ausländer) des Landes verwie- Bern zugeteilten Heimatlosen (Geschlechter, Anzahl sen werden sollten. Mit der Reformation ging die Ar- Personen, Zuteilung auch durch Losentscheide) ist im menpflege von der Kirche auf die Gemeinden über. Amtsblatt des Kantons Bern Nr. 86 vom 26. Oktober Trotz allen Bemühungen liessen sich nicht alle kantons- 1861 publiziert und hoch interessant. eigenen Heimatlosen irgendwo ansiedeln. Entspre- Interessierte können das erwähnte Amtsblatt im chend stellte die Almosenkammer im Jahre 1744 vier Staatsarchiv Bern einsehen. Heimatlosenklassen auf. Es fehlte nicht an Bemühun- Es gab in der Folge immer wieder Zeiten, wo ein An- gen der Regierung, diesen Leuten doch eine Heimat griff auf das Burgerrecht bzw. die Abschaffung der zu schaffen. Man gedachte, Neusiedlungen in Einöden Burgergemeinden zur Diskussion stand. In den 1880er- zu erstellen oder die Heimatlosen als Kolonisten au- Jahren war es der freisinnige Bernburger Brunner, der sser Landes zu schicken. Verschiedene Kommissionen sich stark für die Abschaffung der Burgergemeinden nahmen sich dem Problem an. Doch alle Bemühungen einsetzte. Mit Ulrich Dürrenmatt hatte er aber einen verliefen im Sande. Im Februar 1780 kam es zur Errich- Gegner, der ihm die Stange halten konnte und zusam- tung einer Landsassenkorporation. Statt des Ausdru- men mit der bernischen Burgerschaft das ganze Vorha- ckes «Heimatlose» sollte in Zukunft das bessere und ben vereiteln konnte. Auch bei der Ausarbeitung der schicklichere Wort «Landsassen» gebraucht werden. neuen bernischen Staatsverfassung von 1993 war das Diesen Landsassen wurde nun ein «Korporations- erwähnte Thema wiederum sehr aktuell. schein» ausgestellt mit der Wirkungen eines Heimat- Mit dem Gemeindegesetz von 1917 und 1973 wurde scheines. Doch auch damit wurde das gewünschte das Recht der Burgergemeinden zur Einbürgerung wei- Ziel nicht erreicht. Im Gegenteil, die Zahl der Land terhin gewährt. Seit Jahrhunderten sind die Burgerge- sassen nahm ständig zu. In der Zeit der Helvetik wurde schlechter in den Büchern zur Geburt / Taufe, Hochzeit versucht, die vorhandenen Heimatlosen zu erfassen und Tod in den sogenannten Burger-Rödeln eingetra- und nach einem bestimmten Schlüssel auf die Kanto- gen. Jahrhunderte lang wurden aufgrund dieser wert- ne zu verteilen. Das Problem blieb aber unverändert. vollen Bücher durch die Burgerschreiber landauf land- 1820 kam es schliesslich zu einem «Concordat». Es ab die Heimatscheine für ihre Gemeindeangehörigen wurde vereinbart, dass sich die «concordirenden Stän- ausgestellt. Auch für den Schreibenden war das in sei- de gegenseitig verpflichten, der eine den Cantonsbür- ner 27-jährigen Amtszeit während einiger Jahre eine ger des andern den Aufenthalt und die Niederlassung gefreute Aufgabe. zu gestatten.» Gestützt auf das 1997 in Kraft getretene «Gesetz über Zwei Jahre später wurde die «Verordnung zur Einfüh- das Kantons- und Gemeindebürgerrecht» ist es nicht VBBG Info-Bulletin Nr. 19 / Dezember 2015 13
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