Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...

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Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
2.19
Innovationsstandort
    ländlicher Raum

         Vorgestellt:
         BM Maria Patek
         Seite 6

         Die Zukunft des
         Pflanzenschutzes
         Seite 24

         Haftungsfragen:
         Von Kühen und
         Bäumen
         Seite 33
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PEFC heißt,
        Nachhaltigkeit über
         Generationen zu
           garantieren.

         Als weltweit größte Zertifizierungsorganisation für nachhaltige Waldbewirtschaftung ist PEFC der Garant
    für artenreiche und gesunde Wälder. Wälder und Unternehmen mit PEFC-Zertifikat leisten einen wichtigen Beitrag
             zur Sicherung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungsfähigkeit unserer Wälder.

                                                    www.pefc.at
2
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Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Editorial, Leitartikel                                        BIOSA
4    Editorial                                                36 Bericht aus dem Fachbereich BIOSA
4    Impressum
5    Leitartikel                                              Landesverbände
                                                              37 Vollversammlung Land&Forst Betriebe Kärnten
Österreich & Europa                                           37 Vollversammlung Land&Forst Betriebe Burgenland
6    Vorgestellt: BM Maria Patek                              38 LFBNÖ: Sommerempfang auf Schloss Rosenburg
7    Entschuldigung, wie spät ist es?                         39 LFB Stmk: Mitgliederversammlung
8    Nachgefragt bei Günter Stummvoll                              und Grüner Abend
10   Interview mit Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer
12   Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg                FHP
                                                              40 Startworkshop Digitales Rohstoffmanagement
Forst & Umwelt                                                40 Baumpflanzaktion in Nußdorf
14    Bericht aus dem Fachbereich Forst & Umwelt              41  Neuauflage der FHP-Broschüre
15    Borkenkäferfrüherkennung aus Luftbildern                    „Traktor-Krananhänger“
16    Österreichische Forsttagung 2019
18    Baumartenwahl im Zeichen des Klimawandels               PEFC
20 Austrofoma 2019                                            42 PEFC Austria mit neuem Auftritt:
21    4th World Congress on Agroforestry                           Das g’fallt dem Wald!

Landwirtschaft                                                Dies&Das
22 Bericht aus dem Fachbereich Landwirtschaft                 43 Waldfest Graz
23 Nachhaltige Grünland- und Ackerbewirtschaftung 2030        44 NÖ Waldjugendspiele
24 Die Zukunft des Pflanzenschutzes                           44 Gütesiegel für Betriebliche
                                                                   Gesundheitsförderung
Kommunikation                                                 44 Weltumwelttag
26 Bericht aus dem Fachbereich Kommunikation                  45 Our Forests, Our Future
27 Barthold Stürgkh-Preis                                     45 Forstwirtschaft in Europa
28 Wirtschaftspressekonferenz 2019                            46 Kurt Ramskogler neuer Präsident von BIOSA
30 Neues Kleid für aktuell und www.landforstbetriebe.at       46 Max von Elverfeldt - neuer Bundesvorsitzender
                                                                   der Familienbetriebe Land und Forst
Recht                                                         46 Führen mit Werten - Das rechte Maß finden
32 Bericht aus dem Fachbereich Recht
32 Judikatur aktuell                                          Persönliches
33 Von Kühen und Bäumen – Haftungsfragen in                   47 Persönliches
     der Land- und Forstwirtschaft                            47 Termine
34 Eigentumsschutz aus technischer und rechtlicher Sicht
34 Familienunternehmertag im Stift Göttweig
35 ÖGAUR Frühjahrstagung

                                                                                                                  3
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Editorial

                                                                             Editorial
           Impressum                                                         Der

                                                                                                                              FBÖ
                                                                                                                            ©L
           Offenlegung der Besitzverhältnisse
           gemäß § 25 des Mediengesetzes:                                    dreibeinige
           Medieninhaber:
           Land&Forst Betriebe Österreich
           Schauflergasse 6/5, 1010 Wien
                                                                             Hund …
           Telefon: +43/1/533 02 27                                          Im Südosten Schwedens liegt die beliebte Urlaubsinsel Öland. Das für skandi-
           E-Mail: office@landforstbetriebe.at                               navische Verhältnisse milde Klima und die guten Bademöglichkeiten haben den
           www.landforstbetriebe.at
                                                                             Ort zu einem Mallorca Schwedens gedeihen lassen. Das wussten allerdings auch
           Verlagspostamt: 1010 Wien                                         schon die Könige der Vergangenheit, die auch die Jagd im Augenmerk ihres Inte-
           Erscheinungsweise: 4x jährlich                                    resses hatten. Einer dieser Herrscher wollte daher unterbinden, dass die gut aus-
                                                                             gebildeten Jagdhunde der heimischen Bauern in die aufoktroyierten Jagdrechte
           Herausgeber:
                                                                             des Königs eingriffen. Er erließ ein Gesetz, dass allen Hunden auf der Insel ein
           DI Bernhard Budil,
           Schauflergasse 6/5, 1010 Wien                                     Bein abzuschneiden sei. Soweit, so wahr – auf Öland gab es in Folge viele Jahr-
                                                                             zehnte nur dreibeinige Hunde.
           Redaktion und
           Anzeigenverwaltung:
           Mag. Renate Magerl                                                Als Urproduzent Anfang des 21. Jahrhunderts hat man mithin das Gefühl, dass die
                                                                             Geschichte sich im Laufe der Zeit nur unwesentlich ändert und viele Teile daraus
           Layout und Satz:
           KOMO Wien – Büro für                                              immer wieder neu auftauchen. Der – durch den Menschen verursachte – Klima-
           visuelle Angelegenheiten                                          wandel verlangt heute bereits seine ersten Opfer und die Anpassung daran bezie-
           Simone Leonhartsberger                                            hungsweise seine Bekämpfung bringt große Herausforderungen für die Mensch-
                                                                             heit mit sich. Die Eigenversorgung eines Landes mit sicheren und hochqualitativen
           Hersteller:
           Druckerei Berger, 3580 Horn                                       Lebensmitteln ist zunehmend ein Gebot der Stunde, der Umstieg auf erneuerbare
                                                                             Energien ist ein wesentlicher Lösungsansatz für den Klimawandel und eine geleb-
                                                                             te Bioökonomie – also die Abkehr von fossil-basierten Energieträgern und Pro-
                          Das Österreichische Umweltzeichen                  dukten, hin zu Biomasse-Alternativen – ist bereits als Schwerpunkt in der Politik
                          für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686
                          Ferdinand Berger & Söhne GmbH.                     verankert.

          Diese Zeitung wurde auf PEFC-zertifiziertem                            Die heimischen Landbewirtschafter sind diesbezüglich gut aufgestellt. Jahrzehn-
          Papier gedruckt.                                                       telange Erfahrung, hohes Know-how und flächendeckende Infrastruktur sind
Unbenannt-1 1                                              07.07.2009   13:28:58
                                                                                 grundsätzlich vorhanden. Alleine die Möglichkeit von seinem Grund und Boden
                                                                                 zu leben, wird einem zunehmend abgedreht. Der Klimawandel schafft technische
                                                                                 Herausforderungen, die schwer zu bewältigen sind. Umwelt- und Naturschutz-
                                                                                 NGOs sehen die Land- und Forstwirtschaft als Spielbrett für zu guten Teilen über-
                                                                                 zogene Forderungen – zumeist nicht berücksichtigend, dass nachhaltige Landbe-
                                                                                 wirtschaftung alle drei Säulen – Ökologie, Ökonomie, Soziales/Kultur – zu erfüllen
           Die Gastkommentare müssen nicht die Meinung                           hat. Der nachwachsende Rohstoff Holz soll Heilsbringer für Bioökonomie und Er-
           des Medieninhabers ausdrücken.                                        neuerbare werden, bei steuerlichen Notwendigkeiten, bei der Produktion und bei
                                                                                 der Ernte/Vermarktung werden einem aber regelmäßig Prügel zwischen die Beine
           Genderhinweis: Geschlechtsspezifische                                 geworfen (Baumartenwahl, Schutzgebiete, Marktversagen …). Regional und Bio
           Bezeichnungen im Verbandsmagazin stehen im
                                                                                 wird bei Lebensmitteln eingefordert, aber das Billigste beim Griff ins Regal gekauft.
           Zweifelsfall gleichwertig für beide Geschlechter.
           Dies impliziert jedoch keine Diskriminierung in
           die eine oder andere Richtung, sondern soll im                    Man fühlt sich wie ein dreibeiniger Hund. Die Kompetenz, die Ressource und auch
           Sinne der leichteren Lesbarkeit als geschlechts-                  der Wille sind eindeutig vorhanden. Wenn uns allerdings Politik, NGOs und Ge-
           neutral zu verstehen sein.                                        sellschaft ein Bein abschneiden, wird das Laufen schwierig. Ob vor diesem Hin-
                                                                             tergrund die Vielzahl an Erwartungen künftig erfüllt werden können, wird letztlich
           Titelbild: ©Alberto Masnovo - stock.adobe.com
                                                                             von denen abhängen, die die Gesetze dafür schreiben ...

                                                                             Ihr

                                                                             Bernhard Budil

           4
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Leitartikel

Leitartikel

Zeit zum Umdenken!

                                                                            FBÖ
                                                                          ©L
Zeit zu handeln!
Kennen Sie den alten Spruch „Wer in der Jugend kein
Revolutionär ist, hat kein Herz; Wer im Alter noch immer
Revolutionär ist, hat kein Hirn“? Ja, es ist das Vorrecht der            »Jetzt gilt es noch einmal für
Jugend, Veränderung zu fordern, und es ist unsere Pflicht,            Veränderung in der Wirtschaft, der
Veränderungen einzuleiten und jetzt die Weichen zu stel-
                                                                       Verwaltung und im Sozialsystem
len für die Zukunft. Wir dürfen nicht mehr länger auf die
„Anderen“ oder die nächste technische Generation oder                   Stimmung zu machen und auch
                                                                           entsprechend zu wählen.«

         »Wer in der Jugend kein
      Revolutionär ist, hat kein Herz;
                                                                einmal für Veränderung in der Wirtschaft, der Verwaltung
            Wer im Alter noch
                                                                und im Sozialsystem Stimmung zu machen und auch ent-
         immer Revolutionär ist,                                sprechend zu wählen.
             hat kein Hirn?«
                                                                 Wenn die erneuerbaren Energiesysteme nicht ausgebaut
                                                                 werden, die Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie nicht
gar auf ein Wunder warten. Und schon gar nicht dürfen           in Schwung gebracht werden, Energieeinsatz nicht radikal
wir der Jugend vorwerfen, nach der Klimademonstration           effizienter wird, im internationalen Handel und Verkehr
mit dem Flugzeug in den Urlaub zu reisen. Die Jugend hat        weiterhin keine Kostenwahrheit herrscht, die Sozialsyste-
ein Recht auf Spaß und auf Urlaub und es ist schon lange        me nicht gestrafft werden, die Staatsfinanzen nicht durch
unsere Aufgabe, ihnen klimaverträgliche Mobilitätssyste-        Einsparungen saniert werden, werden wir als Land- und
me, Verbrauchsgüter aus nachwachsenden Rohstoffen,              Forstbetriebe nicht nachhaltig wirtschaften können.
klimafreundliche Häuser oder recyclingfähige technische
Geräte anzubieten. Wir haben viel zu lange gezögert und
uns vor radikalen Veränderungen gefürchtet – jetzt erinnert           »Müssen wir Radikales fordern? Ja!
uns die Jugend daran.                                                 Denn die Bremser sitzen überall. «

Kreislaufwirtschaft, Bioökonomie und erneuerbare Ener-
gie sind keine neuen Lösungsansätze, aber es hat bisher         Wenn wir wollen, dass unsere zukünftigen Generationen
der Mut dazu gefehlt. Echte Anreize und sicher auch regu-       weiterhin nachhaltige Land- und Forstwirtschaft betreiben
latorische Maßnahmen müssen jetzt die Weichen in Rich-          können, müssen wir jetzt für radikale Veränderungen ein-
tung Bioökonomie und Dekarbonisierung stellen. Jetzt            treten. Müssen wir Radikales fordern? Ja! Denn die Brem-
und nicht erst in der übernächsten Legislaturperiode. Die       ser sitzen überall.
Ergebnisse der europäischen Wahl und die Jugendbewe-
gungen zeigen deutlich, was die nächste Generation von          Unterstützen Sie unsere Forderungen und Lösungsvor-
der Politik erwartet – im vollen Bewusstsein, dass diese        schläge durch Ihre Mitgliedschaft und Ihre Stimme bei den
notwendigen Veränderungen nicht immer bequem sein               Wahlen!
werden.
                                                                Ihr
Österreich hat schon bei der letzten Wahl 2017 für Verän-
derung gestimmt. Die abgesetzte Regierung hat sehr viele
fundierte Konzepte erarbeitet, sie ist aber leider nicht mehr
zur Umsetzung gekommen. Die Gunst der Stunde haben              Felix Montecuccoli
jene genutzt, die sich schon seit Jahren gegen Veränderun-
gen stemmen und mit uralten Ideologien Wählerstimmen
der alten Generation gewinnen wollen. Jetzt gilt es noch

                                                                                                                            5
Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
Österreich & Europa

    Aufgaben • Ziele • Herausforderungen

    Vorgestellt:

                                                                                                                                     © BMNT / Paul Gruber
    Bundesministerin
    Maria Patek                                                    Maria Patek wurde am 3. Juni von Bundespräsident Alexander
                                                                   Van der Bellen als Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou-
                                                                   rismus der Übergangsregierung angelobt.

    STABILITÄT UND PLANUNGSSICHERHEIT                              Europäische Kommission einen neuen Ansatz. In jedem
    Die Land- und Forstwirtschaft zählt zu den zentralen Stüt-     Mitgliedsstaat soll ein individueller Plan ausgearbeitet
    zen unseres Landes, sowohl aus wirtschaftlicher als auch       werden, der sämtliche Bereiche abdeckt: Direktzahlungen,
    aus ökologischer Sicht. Mit dem Amt der Bundesministerin       Sektorinterventionen und Ländliche Entwicklung. Auch
    für Nachhaltigkeit und Tourismus habe ich große Verant-        wenn die EU-Rechtsgrundlagen noch verhandelt werden,
    wortung übernommen – die ich glücklicherweise nicht al-        startet unser Ministerium bereits mit der Ausarbeitung des
    leine tragen muss. Seit 1983 bin ich in verschiedenen Berei-   nationalen GAP-Strategieplans für 2021-2027. Mir ist wich-
    chen und Funktionen für unser Ministerium tätig, zuletzt als   tig, dass wir optimal vorbereitet sind und verlässliche Rah-
    Leiterin der Sektion „Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit“.     menbedingungen für unsere Familienbetriebe schaffen –
    Ich kenne das Haus genau und weiß, dass ich mich auf die       ganz im Sinne einer multifunktionalen, flächendeckenden
    fachkundige Unterstützung sämtlicher Mitarbeiter verlas-       und nachhaltigen Landwirtschaft.
    sen kann. Als Mitglied der Übergangsregierung ist es meine
    Aufgabe, weiterhin Stabilität und Planungssicherheit für       SCHUTZ UND PFLEGE DES WALDES
    unsere Familienbetriebe zu garantieren: vom Kampf gegen        Nach dem Studium der Forst- und Holzwirtschaft in Wien
    den Klimawandel über die Zukunft der Gemeinsamen Ag-           war ich viele Jahre lang in diesem Bereich für unser Mi-
    rarpolitik bis zum Schutz der heimischen Wälder.               nisterium tätig. Ich weiß, was der Sektor leistet und wie
                                                                   wichtig es ist, dass heimische Wälder auch weiterhin zu-
    UMSETZUNG DER KLIMA-                                           kunftsorientiert und nachhaltig bewirtschaftet werden.
    UND ENERGIESTRATEGIE                                           Nur ein klimafitter Wald kann Holz bereitstellen, Trink-
    Starke Temperaturschwankungen und unberechenbare               wasser aufbereiten, Luft filtern sowie Lebensraum bieten
    Wetterkapriolen stellen die Land- und Forstwirtschaft vor      und schützen. Auch hier stehen zahlreiche Maßnahmen
    enorme Herausforderungen. Mit der #mission2030, der ös-        auf dem Programm: Ein umfangreiches Paket hilft der
    terreichischen Klima- und Energiestrategie, haben wir das      Land- und Forstwirtschaft seit 2018, klimabedingte Schä-
    Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet. Bis zum Jahr 2030    den zu bewältigen – bis zu 35 Millionen Euro sind für den
    wollen wir bilanziell 100 Prozent des heimischen Stromver-     Forstsektor vorgesehen. Des Weiteren fördern wir Schad-
    brauchs aus erneuerbaren Energiequellen bewerkstelligen.       holzlagerung auf beihilfefähigen Flächen und die Errich-
    Daher müssen wir optimale Rahmenbedingungen für den            tung von Nasslagern. Sie sind wichtig, um Schadholz rasch
    weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien schaffen. Ak-        aus dem Wald abzuführen, die Qualität zu sichern und
    tuell arbeiten wir unter anderen am Erneuerbaren-Ausbau        Preisverfällen entgegenzuwirken. Das Aktionsprogramm
    Gesetz, stellen mit der Green-Finance-Initiative neue Wege     „Unser Wald schützt uns!“ in der Höhe von 29 Millionen
    der Finanzierung sicher und forcieren die Bioökonomie-         Euro pro Jahr dient dazu, die Schutzfunktionalität der Wäl-
    strategie. Gemeinsam mit dem Verkehrsministerium und           der wiederherzustellen und auszubauen sowie ihre Resili-
    der Automobilbranche wurde noch vor dem Regierungs-            enz zu erhöhen.
    wechsel ein Paket zur Förderung von Elektromobilität in
    Höhe von 72 Millionen Euro geschnürt. Sämtliche Maßnah-        Wenn es darum geht, Österreich zukunftsorientiert weiter-
    men müssen wir ebenso effizient wie effektiv umsetzen.         zuentwickeln, übernehmen unsere bäuerlichen Familien-
                                                                   betriebe eine Schlüsselrolle. In den vergangenen Jahren
    GESTALTUNG DER GEMEINSAMEN                                     konnten wir große Herausforderungen meistern – nun
    AGRARPOLITIK NACH 2020                                         freue ich mich darauf, den erfolgreichen Kurs gemeinsam
    In der Landwirtschaft zählen die Vorbereitungen für die        fortzusetzen.
    nächste Programmperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik
    (GAP) zu den bedeutsamsten Aufgaben der kommenden              Maria Patek
    Monate. Mit den so genannten Strategieplänen verfolgt die      Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

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Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
© Pixabay

            Eine gesamtheitliche Betrachtung

            „Entschuldigung, wie spät ist es?“
            VOR ODER NACH ZWÖLF?                                             unseres Landes dringend benötigt. Der Übergangsregie-
            Fragt man heute nach der Zeit, dann müsste die Antwort           rung ist hoher Respekt und Anerkennung auszusprechen,
            ehrlicherweise lauten: „Das hängt vom Thema ab“. Denn            denn es gehört schon einiges dazu, spontan so hohe Ver-
            stellt man das alles überschattende (schön wär´s) Thema          antwortung zu übernehmen.
            Klimawandel in den Fokus, so liest man bereits in vielen
            Medien, dass es längst fünf Minuten nach Zwölf ist. Die          URBANISIERUNG –
            Trumps und Co dieser Welt sehen das noch ganz anders             EIN ZEITLOSES THEMA
            und haben in ihrer Zeitzone anscheinend noch mindestens          Die Frage nach dem dritten großen Thema unserer Zeit ist
            eine Stunde, um zuerst einen kleinen „Powernap“ zu hal-          wohl zeitlos, auch wenn sie uns bereits überholt hat. Es ist
            ten und dann gemütlich zu überlegen, wie man das Thema           die Urbanisierung, die Grundlage für viele Entwicklungen
            denn angehen könnte. Die Wahrheit liegt wohl nicht in der        in Gesellschaft und Politik ist. Auf die Landbewirtschaftung
            Mitte, aber wenn man Optimist ist, haben wir noch weni-          bezogen sind die Auswirkungen enorm. Das Wissen und
            ge Minuten bis Zwölf. In diesen wird man ziemlich laufen         das Verständnis um diesen so wichtigen Sektor sind in den
            müssen, will man seinen Zug noch erreichen.                      letzten Jahren zunehmend verloren gegangen. Politische
                                                                             Entscheidungen werden zumeist für Mehrheiten gestaltet,
            ES WIRD ZEIT!                                                    die heute in den städtischen Großräumen sitzen. Dass Er-
            Fragt man nach den politischen Verhältnissen, so lautet          nährungssicherheit, biogene Ressourcen und erneuerba-
            die Antwort: „Es wird Zeit“ – Zeit für stabile Verhältnisse      re Energien fast ausschließlich aus dem ländlichen Raum
            mit verantwortungsvollen Personen im Cockpit, die nicht          kommen und entsprechende Rahmenbedingungen brau-
            Ideologie oder Parteipolitik als Fahrplan haben, sondern         chen, ist in Vergessenheit geraten. Auch der Ausgleich für
            Sachpolitik im Sinne der Herausforderungen unserer Zeit.         die vielen ballungsraumverbundenen Auswirkungen auf
            Will man dabei unser demokratisches Grundgerüst und die          Klima, Umwelt und Natur wird am Land geleistet. Im Wett-
            Parteienstruktur nicht in Frage stellen, so sind es vor allem    bewerb mit Fragen wie Parkräumen, Wohnraumgestaltung
            Persönlichkeiten, die heute quer über Europa in der Politik      und vielerlei stadtgebundenen Themen wird dies aber oft
            fehlen. Als aufmerksamer Bürger hat man den Eindruck,            außer Acht gelassen. Und dass man regionale, hochquali-
            dass es bis auf wenige Ausnahmen entweder „Zufallspoli-          tative Lebensmittel verlangt, aber beim Griff ins Regal das
            tiker“ sind, die in entsprechende Funktion kommen, oder          Billigste nimmt – in der Regel aus dem fernen Ausland, mit
            Menschen, die vor allem das Spiel mit der Macht im Fokus         niedrigen Umwelt- und Produktionsstandards und dafür
            haben. Es braucht aber deutlich mehr, um die Geschicke           großen Transportwegen – ist leider ein Zeichen der Zeit.
            eines Landes zu lenken. Neben der Fähigkeit zuhören zu
            können, die Notwendigkeiten der Zeit zu erkennen und             Fasst man also die Lage zusammen, so wird ohne zu Jam-
            letztlich Entscheidungen zu treffen (manchmal auch unge-         mern klar, dass große Herausforderungen für die Landbe-
            liebte), braucht es aber vor allem auch charakterliche Stär-     wirtschafter bevorstehen. Klimawandel, die politischen
            ke. Denn der Umgang mit der Macht bedarf moralischer             Verhältnisse und die Urbanisierung sind die drei großen
            Standfestigkeit, will man nicht auf Ibiza enden. Viele gute      Meta-Themen, die sich diesbezüglich gegenseitig beein-
            und notwendige Ansätze sind dadurch hinfällig geworden           flussen und bei denen uns die Zeit davonläuft. Da fragt es
            und ein weiteres Mal wurde der Abbruch einer laufenden           sich natürlich: „Wie spät ist es denn jetzt eigentlich?“
            Legislaturperiode verursacht. Es ist Nachhaltigkeit im bes-
            ten Sinne seiner langfristigen Intention, die auch die Politik   budil@landforstbetriebe.at

                                                                                                                                            7
Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
Österreich & Europa

             Nachgefragt bei Günter Stummvoll
             Sprecher der Initiative Standort (ehemals Plattform für Leistung und Eigentum)

            Wir brauchen Stabilität
            und Reformdynamik
             aktuell: Sehr geehrter Herr Stummvoll, Österreich er-          kann. Meine Erfahrung sagt, der Wähler ist meist klüger als
             lebt seit einigen Wochen eine innenpolitisch sehr turbu-       viele Parteitaktiker glauben. Daher bin ich durchaus opti-
             lente Zeit. Dürfen wir um Ihre Einschätzung bitten: Was        mistisch für die Zukunft unseres Landes.
             hat sich Ihrer Meinung nach in Österreich von vor 2017
             bis jetzt geändert? Wo stand Österreich vor zwei Jahren        aktuell: Die Initiative Standort will Österreich wieder
             und wo stehen wir heute?                                       unter den Top Ten der Wirtschaftsstandorte sehen. Denn
                                                                            Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Einkommen
             Günter Stummvoll: Die ÖVP/FPÖ Bundesregierung hat              und soziale Sicherheit. Wo muss der Hebel angesetzt
             den Wählerauftrag vom 15. Oktober 2017 ernst genommen          werden, um Österreich wieder nach vorne zu bringen?
             und unserem Land wichtige Veränderungen gebracht. An
             erster Stelle nenne ich den neuen politischen Stil, weg vom    Stummvoll: Hauptprobleme sind die überbordende Bü-
             ständigen Streit und den gegenseitigen Attacken in der Re-     rokratie und der Regulierungswahn, die hohe Steuer- und
             gierung. Inhaltlich war die Abkehr von der Schuldenpolitik     Abgabenbelastung sowie der Mangel an Fachkräften. Hier
             bei gleichzeitiger Senkung der Steuer- und Abgabenlast         muss angesetzt werden. Sowohl beim Bürokratieabbau
             eine wichtige historische Weichenstellung. Die vorgestellte    als auch bei der Senkung der Steuer- und Abgabenquote
             Steuerreform mit einer Entlastung der Bürger und der Be-       wurden in der abrupt zu Ende gegangenen Legislaturpe-
             triebe ist durch den parteitaktisch bedingten Misstrauens-     riode wichtige erste Schritte gesetzt. Beispiele dafür sind
             antrag von SPÖ/FPÖ gegen Bundeskanzler Kurz und sein           etwa das Anti-Gold-Plating-Gesetz oder das Standortent-
             Team gestoppt worden. Insgesamt steht aber Österreich          wicklungsgesetz. Diesen Reformprozess muss die künfti-
             besser da als noch vor zwei Jahren: Unternehmerische           ge Regierung fortsetzen. Das Gleiche gilt für die Senkung
             Initiative hat wieder einen höheren Stellenwert und Refor-     der Steuer- und Abgabenquote, denn die in der EU sechs-
             men, über die seit Jahrzehnten nur geredet wurde, wurden       höchste Abgaben- und Steuerbelastung schwächt den
             eingeleitet, wie etwa in der Sozialversicherung oder gegen     Wirtschaftsstandort massiv. Daher sollte sich der Etappen-
             die überbordende Bürokratie.                                   plan einer Steuerentlastung in Richtung 40 Prozent auch in
                                                                            einem neuen Regierungsprogramm prominent wiederfin-
                                  aktuell: Viele Bürger sind verunsi-       den. Auch als Maßnahmen gegen den Facharbeitermangel
     »Unternehmerische            chert, fühlen sich von der Politik im     gehören die eingeleiteten Schritte fortgesetzt. Dabei geht
    Initiative hat wieder         Stich gelassen. Vieles vom letzten        es unter anderem im Hinblick auf rasche Veränderungen in
           einen höheren          Regierungsprogramm konnte nicht           der Arbeitswelt um neue Berufsbilder und die Evaluierung
                                  mehr umgesetzt werden und man             der bestehenden alle fünf Jahre. Das Modell „Lehre nach
             Stellenwert«
                                  hat das Gefühl Österreich ist im          Matura“ soll ausgebaut werden. Die Aufgaben der Austrian
                                  Dauerwahlkampf. Wie schätzen Sie          Business Agency sollen um die Anwerbung von Fachkräf-
             die Situation ein? Was braucht Österreich Ihrer Meinung        ten aus dem EU-Raum erweitert werden. Die Rot-Weiss-
             nach, um nun wieder Stabilität zu bekommen und damit           Rot-Card für Fachkräfte aus Drittstaaten muss attraktiver
             die Politik wieder inhaltlich weiterarbeiten kann?             gestaltet werden.

             Stummvoll: Der Sturz der Regierung hat zweifellos viele        aktuell: Die heimischen Land- und Forstwirte sind mit
             Bürger, die – wie viele Umfragen gezeigt haben – mit der       ihrem Produktionsstandort – sprich Grund und Bo-
             Arbeit der Bundesregierung zufrieden waren, verunsichert,      den – an Ort und Stelle gebunden und leisten somit für
             weil hier Parteitaktik vor der Verantwortung für die Zukunft   den Wirtschaftsstandort Österreich einen wesentlichen
             unseres Landes stand. Der Wähler hat aber im Herbst die        Beitrag. Welche Maßnahmen braucht es Ihrer Meinung
             Möglichkeit, hier korrigierend einzugreifen und für klare      nach, um den ländlichen Raum und dort angesiedelte
             politische Mehrheitsverhältnisse zu sorgen, die wieder po-     Betriebe zu stärken und welche Rolle sollte die Politik
             litische Stabilität bei gleichzeitiger Reformdynamik bringen   bzw. einzelne Parteien hier einnehmen?

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Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
Österreich & Europa

              »Der Klimawandel hat in den letzten Jahren und Monaten eine
                 hohe Priorität bekommen. Immer mehr wird bewusst, dass
                                    hier die Politik enorm gefordert ist«

Stummvoll: Ohne das Potential des ländlichen Raumes            aktuell: Die bereits ausgearbeitete Steuerreform war ei-
zu heben, werden wir unser Ziel, Top Ten zu werden, nicht      nes der wichtigsten Themen der letzten Regierung. Wie
erreichen. Wir müssen den Regionen verbesserte Rahmen-         es mit diesen Ansätzen nun weitergeht ist – so wie vieles
bedingungen schaffen. Die Industriellenvereinigung hat         andere auch – ungewiss. Die Grundsatzfrage dahinter ist
hier mit ihrem Aktionsprogramm zur Stärkung                            aber: Wer finanziert eigentlich Österreich?
des ländlichen Raumes wichtige Vorar-
beit für die Politik geleistet. Die Ini-                                       Stummvoll: Es wäre von der künfti-
tiative Standort unterstützt dieses                                              gen Regierung sehr klug, wenn sie
Aktionsprogramm vollinhaltlich.                                                     das Steuersenkungskonzept der
Präsident Montecuccoli und                                                           Regierung Kurz übernimmt und
ich haben dies gemeinsam                                                              umsetzt. Denn die Entlastung
mit dem Autor Peter Koren                                                              des Steuerzahlers ist letztlich
                                        entsdirek /Wilke

auch medial kundgetan. Ein-                                                            auch deshalb notwendig, weil
                                                 tion

zelne Maßnahmen seien hier                                                             er alles finanziert, was der Staat
nur beispielhaft erwähnt: Die                                                          bietet, egal ob in den Bereichen
                                   arlam

Entwicklung einer Bundes-                                                             Gesundheit, Soziales, Bildung,
                                 ©P

Raumordnungskompetenz mit                                                            Sicherheit usw. Es wäre fahrlässig,
klaren Prioritäten, die Stärkung                                                   ihn zu überfordern. Die Leistungsträ-
der regionalen Zusammenarbeit                                                    ger in unserer Gesellschaft und Wirt-
und Schaffung neuer Zentren in pe-                                            schaft dürfen steuerpolitisch nicht die
ripheren Regionen, die Intensivierung                                      Dummen sein.
der beruflichen Bildungsangebote, um den
Bildungsraum Land zu stärken sowie Zugang zur Regio-           aktuell: Sie haben in einem Interview gesagt: „Regu-
nalförderung für mittelständische Unternehmen. Auch die        lierungswahn und Bürokratie killen Arbeitsplätze. Das
Digitalisierung und die neuen bahnbrechenden Technolo-         Prinzip gilt, unabhängig davon, welche Farbe die Regie-
gien mit dem 5G-Netz sind von ungeheurer strategischer         rung hat.“ Glauben Sie dennoch, dass es eine der kom-
Bedeutung für die Zukunft des Landes.                          menden Regierungen schaffen wird, die detailverliebten
                                                               Überregulierungen einzudämmen bzw. wem trauen Sie
aktuell: Die Auswirkungen des Klimawandels werden              diese Aufgabe am ehesten zu?
täglich sichtbarer. Wir müssen handeln: Raus aus der
fossilen Energie und rein in die Bioökonomie lautet ein        Stummvoll: Ich bin durchaus optimistisch, dass diese Er-
Lösungsansatz. Welche Rolle wird die Bioökonomie vor           kenntnis „Regulierungswahn und Bürokratie killen Arbeits-
allem für die Stärkung des ländlichen Raumes spielen?          plätze“ immer stärker ins politische Bewusstsein rückt.
                                                               Wem traue ich eine entsprechende
Stummvoll: Der Klimawandel hat in den letzten Jahren           Strategie am ehesten zu? Sehr einfach: »Regulierungswahn
und Monaten eine hohe Priorität bekommen. Immer mehr           Jenen politischen Führungspersönlich-
                                                                                                          und Bürokratie killen
wird bewusst, dass hier die Politik enorm gefordert ist. Die   keiten, die schon in den letzten einein-
Bioökonomie, die darauf abzielt, Erdöl und Erdölprodukte       halb Jahren wichtige Reformschritte ge- Arbeitsplätze«
(Plastik!) durch biogene Rohstoffe zu ersetzen, bietet hier    setzt haben und die zu Unrecht mit dem
nachhaltige Lösungen an. Sie stellt auch einen wichtigen       Misstrauensvotum gestürzt wurden. Sie sollen vom Wähler
Beitrag zur Senkung der CO2–Emissionen dar. Ich bin zu-        die Chance erhalten, diese Strategie für eine gute Zukunft
tiefst überzeugt, dass sich damit eine historische Chance      unseres Landes fortzusetzen.
für die Stärkung des ländlichen Raums ergibt. Nützen wir
diese Chance!                                                  aktuell: Sehr geehrter Herr Stummvoll, vielen Dank für
                                                               das Gespräch!
                                                                                                                              9
Innovationsstandort ländlicher Raum - Vorgestellt: BM Maria Patek Die Zukunft des Pflanzenschutzes Haftungsfragen: Von Kühen und Bäumen ...
Österreich & Europa

     Interview mit Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer

     Der ländliche Raum muss
     Innovationsstandort sein
     aktuell: Sehr geehrter Herr Präsident, seit mehr als ei-        aktuell: Der Wirtschaftsstandort Österreich befindet
     nem Jahr stehen Sie der Wirtschaftskammer Österreich            sich im Wettbewerb mit einem globalen Markt. Was sind
     vor. Welches Resümee ziehen Sie nach Ihrem ersten               die Erfolgsfaktoren für die heimische Wirtschaft in die-
     Jahr in dieser Funktion?                                        sem Wettbewerb und wo sind die großen Hemmnisse?

     Mahrer: Wir haben mit der Bildungsoffensive und der In-         Mahrer: Hohes Wachstum, sinkende Arbeitslosigkeit, Re-
     novationsstrategie der WKÖ zwei Masterpläne für den hei-        kordexporte und die gute globale Konjunktur haben für
     mischen Standort auf den Weg gebracht. Die Stimmung             sehr erfreuliche Wirtschaftsdaten gesorgt. Mit Blick auf
     bei unseren Unternehmen ist sehr gut – das                            das jüngste Ergebnis des „World Competitiveness
     zieht sich quer durch alle Unternehmens-                                      Scoreboard 2018“ konnte sich der heimische
     größen. Wir haben eine immense Dy-                                                Wirtschaftsstandort mit einem Plus von
     namik am Wirtschaftsstandort. Der                                                    sieben Rängen über den höchsten
     5G Ausbau, die Digitalisierung                                                         Zuwachs unter allen im Ranking be-
     und der technologische Wandel                                                            rücksichtigten 63 Ländern freuen.
     sind Treiber. Wir sind generell                                                           Wir punkten bei „Economic Per-
                                           DW/Marek Knopp

     in einer sehr guten Position                                                               formance“, „Business Efficiency“
     innerhalb der EU. Das bedeu-                                                               und „Government Efficiency“.
     tet aber nicht, dass wir unsere                                                            Positiv sehe ich auch das neue
     Hausaufgaben vernachlässi-                                                                 Arbeitszeitgesetz, das den Un-
                                       © BM

     gen dürfen. Denn nur, wenn                                                                ternehmen mehr Gestaltungs-
     wir als Standort unsere vollen                                                            möglichkeiten bei der Abdeckung
     Möglichkeiten        ausschöpfen,                                                       von Produktionsspitzen gibt und
     können wir innerhalb Europas                                                          das – entgegen der Kritik – zu keiner
     Taktgeber sein.                                                                    Ausweitung der Arbeitszeit insgesamt
                                                                                    geführt hat!
     aktuell: Was sind aktuell die dringendsten
     Aufgaben und Themen der WKÖ?                                    aktuell: Als land- und forstwirtschaftliche Grundbesit-
                                                                     zer sind wir mit unserer Produktionsgrundlage an den
     Mahrer: Das Thema, das uns unter den Nägeln brennt, ist         Standort gebunden und tragen große Verantwortung
     der Fachkräftemangel. Wir haben 2018 erhoben, dass rund         für den ländlichen Raum. Welche Maßnahmen setzen
     162.000 Fachkräfte in Österreich fehlen – eine immense          Sie als gesetzliche Interessenvertretung, um den Wirt-
     Zahl. Und da die Konjunktur weiterhin gut läuft, bin ich si-    schaftsstandort Österreich – und hier vor allem den
     cher, dass diese Zahl 2019 bereits nochmals angewachsen         ländlichen Raum – zu stärken?
     ist. Gleichzeitig sehen wir, dass trotz der guten wirtschaft-
     lichen Entwicklung konstant mehr als 300.000 Personen           Mahrer: Der ländliche Raum darf in seiner Wohlstandsent-
     auf Jobsuche sind. Das heißt, ein zentraler Fokus wird auf      wicklung nicht von Ballungsräumen abgekoppelt werden.
     die Qualifizierung und die Aus- und Weiterbildung gelegt.       Unser Hauptaugenmerk richtet sich daher auf bestmögli-
     Berufliche Bildung endet nicht mit dem Lehrabschluss, wir       che Rahmenbedingungen, um Unternehmen abzusichern
     wollen den Meister stärken, die berufliche Höherqualifizie-     oder sogar neue anzusiedeln. Das heißt, der ländliche
     rung forcieren. Denn Fachkräftemangel kostet Geld. Gelän-       Raum muss Innovationsstandort sein und flächendecken-
     ge es, den Bedarf an Fachkräften zu decken, brächte das         de Breitbandversorgung, aber auch attraktive Lebensbe-
     einen zusätzlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP)       dingungen für die Menschen Vorort mit Angeboten von
     von 2,5 Milliarden Euro im Jahr.                                Kinderbetreuung bis zu Mobilitätslösungen bieten. Im Rah-

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Österreich & Europa

men unserer Innovationsstrategie – und hierin vor allem         Ohne Gold Plating könnte das Bruttoinlandsprodukt um
mit der Maßnahme „Daten-Kompetenz stärken“ – bieten             rund 0,2 Prozent, also knapp 800 Millionen Euro, höher
wir vor allem auch Menschen am Land große Chancen. Mo-          ausfallen.
mentan laufen Gespräche mit dem Land Salzburg, um dort
eine Innovationszone im Bereich Tourismus aufzubauen. In        aktuell: Absolute Zukunftsthemen für den ländlichen
Summe stehen wir in Österreich mit unseren Initiativen für      Raum sind etwa die Nutzung nachwachsender Rohstoffe
den ländlichen Raum nicht so schlecht da. In Deutschland        und die Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie.
                                                                Der ländliche Raum kann mit Bioökonomie an Bedeu-
          »Im Rahmen unserer                                    tung, Wertschöpfung und Arbeitsplätzen dazugewin-
    Innovationsstrategie bieten wir                             nen. Für die Betriebe ergeben sich neue Märkte. Welche
                                                                Schritte zur Unterstützung werden hier von Seiten der
   vor allem auch Menschen am Land
                                                                WKÖ gesetzt?
            große Chancen.«
                                                                Mahrer: Nachwachsende Rohstoffe sind seit jeher ein
besteht ein Unterschied von bis zu 93 Prozent in Bezug auf      wichtiger Bestandteil der österreichischen Volkswirtschaft.
Wohlstand und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse           Angesichts des Klimawandels wird ihre Nutzung natürlich
zwischen den Regionen, in Österreich beträgt der maxima-        immer wichtiger. Biobasierte Prozesse und Technologien
le Unterschied nur 23 Prozent.                                  eröffnen der heimischen Land- und Forstwirtschaft sowie
                                                                auch vielen Unternehmen neue Chancen. Diese gilt es ge-
aktuell: Was bedeutet für Sie persönlich Eigentum?              rade in ländlichen Gebieten, in denen zwei Drittel der Be-
                                                                völkerung Österreichs leben, zu nutzen. Die Regierung hat
Mahrer: In der aktuell in Deutschland angestoßenen De-          mit der vor Kurzem veröffentlichten österreichischen Bio-
batte über Enteignung, Vergesellschaftung oder Verstaat-        ökonomiestrategie bereits begonnen, einen Transformati-
lichung wird die Kapitalismuskeule angewandt. Und dem           onsprozess in eine biobasierte Wirtschaft zu unterstützen
kann ich nicht entsprechen. Denn das Gros der Menschen          und die Entwicklung der Biotechnologie als Schlüsseltech-
– egal ob Privatperson oder Unternehmer – hat über einen        nologie zu fördern. Ziel der Wirtschaft ist der bestmögliche
längeren Zeitraum entsprechende Leistung eingesetzt, um         Einsatz aller nachwachsenden Rohstoffe unter Berücksich-
Eigentum zu erwerben. Der Streit ums Eigentum wird also         tigung der Bereiche Ressourcenschonung und Kreislauf-
in meinen Augen unter den falschen Prämissen geführt,           wirtschaft.
denn Eigentum bedeutet Freiheit, Unabhängigkeit und
Übernahme von Verantwortung.                                    aktuell: Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für
                                                                das Gespräch!
aktuell: Zum Thema Bürokratisierung: Hier braucht es
schon seit vielen Jahren eine deutliche Entlastung für
die heimischen Betriebe. Wann wird es dazu aus Ihrer

                                                                      Harald Mahrer
Sicht Erleichterungen geben?

Mahrer: Überbordende Regulierungen bergen natürlich
immer die Gefahr eines engen Bürokratiekorsetts, das die            Der gebürtige Wiener (geb. 1973) und promovierte
Luft zum Atmen nimmt. Aus Sicht der Wirtschaft ist weni-            Sozial- und Wirtschaftswissenschafter war in der
ger Bürokratie immer besser als mehr. Und es macht daher            Unternehmensberatung tätig ehe er in die Politik
natürlich Sinn, Regelungen auf ihre Sinnhaftigkeit zu prü-          ging. Von 2014 bis 2017 war er Staatssekretär für
fen, das gilt für Österreich wie für die Europäische Union.         Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, nach
Wichtig ist, jene Verordnungen zu identifizieren, die für den       dem Rücktritt von Vizekanzler Mitterlehner Wirt-
Binnenmarkt hinderlich sind. Österreich hat sich ja bereits         schaftsminister. Seit Dezember 2017 ist er Präsi-
selbst dazu bekannt, Gold Plating – also die Übererfüllung          dent des Wirtschaftsbundes der ÖVP, seit Mai 2018
von europäischen Regelungen durch nationales Recht – zu
                                                                    Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, seit
reduzieren und bereits erste Schritte gesetzt. Das Bürokra-
                                                                    Juni 2018 bekleidet er die Funktion des Präsiden-
tiekorsett aufzuschnüren geht aber nur in Etappen. Wichtig
                                                                    ten des Wirtschaftsforschungsinstituts und seit
ist es, die Kosten zu sehen, die Bürokratie und vor allem
                                                                    September 2018 ist er zudem Präsident der Öster-
Gold Plating verursachen: Denn Österreichs Wirtschaft
                                                                    reichischen Nationalbank. Mahrer ist verheiratet
wird durch die Übererfüllung von EU-Regelungen mit rund
                                                                    und lebt in Wien und Spittal an der Drau.
500 Millionen Euro pro Jahr belastet. Hinzu kommen über
100 Millionen Euro pro Jahr in der öffentlichen Verwaltung.

                                                                                                                               11
Österreich & Europa
                                           Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg

                                           Verantwortung für
                                           Mensch und Umwelt

                                                                                                                                       © Michael Zechany
     Stift Klosterneuburg – das Augustiner-Chorherrenstift vor den Toren Wiens.

     Vorausblickendes Handeln, nachhaltiges Wirtschaften sowie familiengerechte Arbeitsplätze zu schaffen
     sind die Grundprinzipien der Wirtschaftsbetriebe des Stiftes Klosterneuburg. Die naturnahe und schonende
     Bewirtschaftung der Wälder und Ackerflächen zählen ebenso dazu wie die Gewinnung von Energie aus Bio-
     masse zur CO2-Reduktion. Als erstes klimaneutrales Weingut wurde 2009 das Stiftsweingut Klosterneuburg
     – das älteste Österreichs – zertifiziert.

     Im Jahr 1114 gründete der Babenberger Markgraf Leopold             Hauses“, so Prälat Bernhard Backovsky, Propst des Stiftes.
     III. das Stift Klosterneuburg. Er wurde 1485 heilig gespro-        Mit rund 200 Mitarbeitern werden an die 30 Millionen Euro
     chen und 1663 zum Landespatron von Österreich erhoben.             Gesamtumsatz pro Jahr erwirtschaftet.
     Im Speziellen auch zum Landespatron von Wien, Nieder-
     österreich und (gemeinsam mit dem Hl. Florian) von Ober-           Der Auftrag, Wertvolles für künftige Generationen zu be-
     österreich. Um ein religiöses, soziales und kulturelles Zent-      wahren, schließt den schonenden Umgang mit natürlichen
     rum zu bilden, übergab Leopold III. im Jahre 1133 das Stift        Lebensgrundlagen mit ein. „Ethische, soziale und ökologi-
     den Augustiner-Chorherren.                                         sche Kriterien stehen für uns daher gleichberechtigt neben
                                                                        wirtschaftlichen Zielen“, beschreibt Direktor Andreas Gah-
     Aurelius Augustinus (354-430) wirkte als Bischof von Hip-          leitner die Arbeitsweise der Wirtschaftsbetriebe des Stiftes
     po Regius in Nordafrika und gründete mit den Priestern an          Klosterneuburg.
     seiner Bischofskirche eine Priestergemeinschaft nach dem
     Vorbild der Mönchsklöster. Während die Mönche aber da-             LEBENSRAUM FÜR MENSCHEN, TIERE UND PFLANZEN
     mals keine kirchlichen Weihen hatten und sich im Kloster           Im Herbst 2001 stellte das Stift Klosterneuburg seine 380
     von der Welt möglichst abschirmten, waren die Priester der         Hektar Ackerflächen auf biologische Bewirtschaftung um,
     Gemeinschaft des Augustinus in der Seelsorge tätig – also          verzichtet seither auf Mineraldünger und Pflanzenschutz-
     für die Menschen da. Bis heute ist das Leben und Wirken im         mittel und sichert damit langfristig die Erzeugung hochwer-
     Stift Klosterneuburg durch die von Augustinus aufgestell-          tiger Lebensmittel. Mit der schonenden Bewirtschaftung
     ten Regeln bestimmt.                                               von rund 8.000 Hektar Forstflächen und umfangreichen
                                                                        Aufforstungen erhält das Stift seine Wälder als Erholungs-
     Zu den Tätigkeiten der Augustiner-Chorherren gehören die           raum für Menschen und Rückzugsgebiet für zahlreiche
     Seelsorge in ihren 27 Pfarren, die Kranken- und Gefäng-            Tier- und Pflanzenarten. Durch die naturnahe Verjüngung
     nisseelsorge aber auch der Religionsunterricht und vieles          der Althölzer wird die Artenvielfalt von Flora und Fauna er-
     mehr. Die Betreuung von Pfarren beinhaltet aber nicht              höht und die Vitalität des Ökosystems gestärkt. Besonders
     nur die Entsendung von Seelsorgern, sondern auch einen             sensible Flächen wurden zu Sonderschutzgebieten, in de-
     nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zur Erhaltung der         nen heimische Orchideen blühen und Smaragdeidechsen
     Kirchen und sonstiger Gebäude. Allein der Beitrag zu den           leben. Im März 2010 wurde dem Stift von BIOSA für sein
     Renovierungskosten der Kirchen beträgt pro Jahr rund               vorbildliches Handeln ein Preis für die Erhaltung der biolo-
     eine Million Euro.                                                 gischen Vielfalt verliehen.

     DIE WIRTSCHAFTSBETRIEBE DES STIFTES                                UMWELTFREUNDLICHE WÄRME
     „Die Wirtschaftsbetriebe bilden mit ihren vier Hauptge-            Die 2003 errichtete unterirdische Biomasse-Fernwärmean-
     schäftsfeldern, Land- & Forstwirtschaft, Immobilienverwal-         lage reduzierte den CO2-Ausstoß im Vergleich zu den zuvor
     tung, Kultur & Tourismus sowie Betrieb & Erhaltung, die            eingesetzten Heizsystemen um mehr als 3.000 Tonnen pro
     erforderliche Basis für die vielfältigen Aufgaben unseres          Jahr. Da die dafür benötigten Hackschnitzel nach Möglich-

12
Österreich & Europa
© im Auftrag von Newman & Co KG

                                                                                          © Stift Klosterneuburg/Latusek

                                                                                                                                                           © Jakob Gsöllpointner
                                         Der Konvent des Stiftes Klosterneuburg           Die Weingärten befinden sich in den besten                           Das älteste Weingut Österreichs ist auch
                                         besteht aus 48 Mitbrüdern.                       Lagen von Klosterneuburg, Wien,                                      Österreichs erstes klimaneutrales Weingut.
                                                                                          Gumpoldskirchen und Tattendorf.

                                         keit aus den stiftseigenen Wäldern der Umgebung kommen,                           flugs- und Reiseziel. Auch die Gärten bilden touristische
                                         fallen überdies keine langen Transportwege an. Mit der                            Anziehungspunkte für Gäste aus aller Welt. So findet alle
                                         Anlage wird das Stift mit all seinen Nebengebäuden sowie                          zwei Jahre die größte Orchideenausstellung Österreichs
                                         kommunale Einrichtungen in Klosterneuburg (Krankenhaus,                           mit rund 30.000 Besuchern statt. Die den Forschern zu-
                                         Rathaus, Happyland, . . .) umweltfreundlich beheizt.                              gängliche Stiftsbibliothek, sie ist die größte wissenschaft-
                                                                                                                           liche Privatbibliothek Österreichs, und das Stiftsarchiv
                                         ERSTES KLIMANEUTRALES WEINGUT                                                     verwalten umfangreiches historisch wichtiges Material. Die
                                         UND ZERTIFIZIERT NACHHALTIG                                                       Wirtschaftsbetriebe vermieten außerdem Räumlichkeiten
                                         Das Weingut Stift Klosterneuburg ist als besonders nach-                          für Veranstaltungen.
                                         haltig arbeitender Betrieb ausgezeichnet. Das älteste
                                         Weingut Österreichs war im schonenden Umgang mit Res-                             DIE SOZIALE VERANTWORTUNG
                                         sourcen immer schon ein Leitbetrieb, der Zertifizierung als                       Mindestens 10 Prozent des Ertrages werden für soziale
                                         erstes klimaneutrales Weingut Österreichs im Jahr 2009                            Aufgaben (Geldspenden) aufgewendet. Inklusive der Zu-
                                         folgte 2016 die Zertifizierung im strengen Nachhaltigkeits-                       satzleistungen für Mitarbeiter und Pensionisten sowie von
                                         programm des Weinbauverbandes.                                                    Nachlässen für sozial schwache Mieter und Pächter liegen
                                                                                                                           die Sozialausgaben bereits über 1 Million Euro pro Jahr.
                                         Für Weingutsleiter Wolfgang Hamm ist die Zertifizierung ein
                                         sehr wesentliches Anliegen: „Große Weine können nur im                            FAMILIENGERECHTE ARBEITSWELT VERWIRKLICHEN
                                         Einklang mit der Natur entstehen. Die Nachhaltigkeitszer-                         Im Herbst 2011 starteten die Wirtschaftsbetriebe des Stiftes
                                         tifizierung bestätigt unseren Weg in allen Bereichen so zu                        Klosterneuburg das „audit berufundfamilie“. Es geht dabei
                                         arbeiten, dass es allen gut geht: den Böden, Pflanzen und                         um betriebliche Flexibilität im Bereich Arbeitszeit, um Ver-
                                         Lebewesen in unseren Weingärten, unseren Mitarbeitern,                            besserungen in der Informations- und Kommunikations-
                                         unseren Kunden und letztlich der Gesellschaft insgesamt!“                         politik, Personalentwicklung, Karenz und Rückkehr in den
                                         So schaffte es das Stiftweingut als einziger österreichischer                     Beruf. Das Stift versucht so, auf die Bedürfnisse seiner Mit-
                                         Betrieb im Jahr 2011 unter die weltweit 15 Nominierten für                        arbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten, damit diese Beruf
                                         den „Energy Global Award“.                                                        und Familie in Einklang bringen können.

                                         KULTUR UND TOURISMUS                                                              Stift Klosterneuburg
                                         Für rund 100.000 Besucher pro Jahr ist das Stift mit seinem                       Andreas Gahleitner, Wirtschaftsdirektor
                                         kulturellen und touristischen Angebot ein gefragtes Aus-                          direktion@stift-klosterneuburg.at
                                                                                                                           Walter Hanzmann, Pressesprecher
                                                                                                                           presse@stift-klosterneuburg.at
                 © Jakob Gsöllpointner

                                                                                                                                                                                                            13
FORST UND UMWELT
             BERICHT AUS DEM FACHBEREICH
                                                                    von Sandro Gaugg

     BIODIVERSITÄTSKONFERENZ                                          Pomme Langue, Generalsekretärin von CEPF, war Teil des
     Die Europäische Kommission und der Ausschuss der Re-             dritten Panels, bei dem es um das 3. Ziel der Strategie ging,
     gionen organisierten am 23. und 24. Mai dieses Jahres die        der Erhöhung des Beitrages von Land- und Forstwirtschaft
     „Conference on Biodiversity and Ecosystem Services – A           zur Biodiversität. Sie hielt fest, dass Waldbesitzer per se da-
     Common Agenda to 2020 and Beyond“. Es wurde dabei                ran interessiert sind Biodiversität zu schützen, da eine star-
     über die bisher erreichten Fortschritte gesprochen, welche       ke Umwelt eine der Säulen nachhaltiger Forstwirtschaft ist.
     Erfahrungen man dabei gesammelt hat und was man dar-             Die Land- und Forstwirtschaft repräsentiert immerhin rund
     aus für die Zukunft lernen kann.                                 95 Prozent der europäischen Fläche und ist somit jener Ort,
                                                                      an dem Biodiversität lebt und geschützt wird. Waldbesitzer
     Umweltkommissar Karmenu Vella und Roby Biwer, stellv.            seien daher der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung,
     Vorsitzender der Fachkommission ENVE, betonten in ihrer          was die vielen erfolgreichen Projekte auch eindrucksvoll
     Keynote-Speech, dass es noch nicht zu spät ist, um die           zeigen.
     Problematik der zurückgehenden Biodiversität in den Griff
     zu bekommen. Man wisse, wo die Probleme liegen, müsse            AARHUS KONVENTION & INVASIVE ARTEN
     aber jetzt mit konsequenter Arbeit beginnen.                     Zur Umsetzung der Aarhus Konvention wurde seitens der
                                                                      Kommission eine Konsultation gestartet, an der auch die
     Der kürzlich fertig gestellte IPBES-Report zeigte dazu einen     LFBÖ teilgenommen haben. Es wurde dabei festgehalten,
     ersten Einblick in die Biodiversitätsbewertung auf globaler      dass mit der Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten
     Ebene. 500 Beteiligte haben einen Bericht erarbeitet, der        ein – für die positive Entwicklung des ländlichen Raums
     aufzeigt, wie es um die Tier- und Pflanzenwelt steht und         und der nachhaltigen Landbewirtschaftung – folgenschwe-
     warum mittlerweile 1 Million Arten gefährdet sind. Neben         rer Schritt gesetzt wurde, der weder der Rechtssicherheit
     der Biodiversitätsentwicklung wurde auch über den Bei-           noch der Verfahrensbeschleunigung dienen wird. Bei der
     trag der Natur auf europäischer und globaler Ebene dis-          österreichischen Umsetzung wird jedenfalls darauf zu ach-
     kutiert und welche Herausforderungen hier zukünftig zu           ten sein, dass die Auswirkungen in den Bundesländern
     bewältigen sein werden.                                          nicht durch „Gold Plating“ unnötig verschlimmert werden.

     Im Anschluss an die Diskussionen wurde das 40-jährige            Im Zuge eines geplanten Updates der Liste gebietsfremder
     Bestehen der Vogelschutzrichtlinie zelebriert und es hatten      invasiver Arten mit unionsweiter Bedeutung hat die Euro-
     verschiedene Institutionen die Möglichkeit, Erfolgsmodelle       päische Kommission zu einem Feedback eingeladen. Die
     vorzustellen, die den bestmöglichen Beitrag zur Biodiversi-      LFBÖ haben sich dabei klar gegen die Aufnahme des Göt-
     tät aufzeigen. FACE, die europäische Vertretung von rund         terbaums (Ailanthus altissima) ausgesprochen. Die Kom-
     7 Millionen Jägern, stellte dabei das Manifest für die Bio-      mission sollte hier die einzelnen Interessen der Mitglied-
     diversität vor und zeigte in unzähligen Projekten auf, dass      staaten berücksichtigen und von einer Aufnahme in die
     Jäger und Landbewirtschafter einen wertvollen Beitrag zur        EU-Liste absehen. Einige Forschungsprojekte sehen den
     Aufrechterhaltung der Flora und Fauna beitragen.                 Götterbaum durch seine physikalische und mechanische
                                                                      Ähnlichkeit zur (sterbenden) Esche in vielen Bereichen als
     Am zweiten Tag wurde die Möglichkeit geboten, an der Eva-        eine geeignete Alternative, weshalb die Entscheidung über
     luierung und Gestaltung der neuen Biodiversitätsstrategie        den Umgang mit dieser Baumart jedenfalls auf Mitglied-
     post 2020 mitzuwirken. Die teilnehmenden Stakeholder             staatenebene bleiben muss.
     und Entscheidungsträger diskutierten über die Erfolgsfak-
     toren und Umsetzungshürden der letzten Jahre. Fanny-             gaugg@landforstbetriebe.at

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Forst und Umwelt

                                    Künstliche Intelligenz im Einsatz

                                    Borkenkäferfrüh-
Alle Fotos: © Festmeter Wöls GmbH

                                    erkennung aus Luftbildern

                                    Zunächst aus Eigenbedarf ging Kurt Wöls der Frage nach, ob eine automatisierte Früherkennung von Bor-
                                    kenkäferbefall möglich sei und wie daraus ein modernes Werkzeug für Förster und Waldbesitzer zu gestalten
                                    wäre. Fünf Jahre wurde geforscht und am „Zentrum für angewandte Technologie“ in Leoben ein Verfahren
                                    entwickelt, das mittlerweile als Dienstleistung der „Festmeter Wöls GmbH“ angeboten wird.

                                    „Festmeter“ hat die für Agrarflächen bereits etablierte               einige Wochen später ein zweiter Flug statt, bei
                                    Auswertung von Infrarot-Luftaufnahmen für Forstflächen                welchem die Daten analog zum ersten Flug ausge-
                                    adaptiert und 2019 durch die Erweiterung der Bilddaten-         		    wertet werden.
                                    analyse mit künstlicher Intelligenz den technologischen           •   Danach werden die Flüge in Relation zueinander
                                    Durchbruch geschafft.                                                 gesetzt und eine „Change Detection“ durchgeführt
                                                                                                          – jeder einzelne Baum wird somit über die Zeit mit
                                    Damit liefert „Festmeter“ ein Präzisionswerkzeug, doch trotz    		    sich selbst verglichen. Dadurch werden Veränderun-
                                    aller High-Tech bleibt der Förster mit seinem Fachwissen        		    gen in der Vitalität erkennbar.
                                    und seiner Erfahrung unersetzbar. Der Zeitpunkt der Beflie-       •   Zusätzlich wird eine Nachbarschaftsanalyse durch-
                                    gungen kann nur in enger Abstimmung mit dem Experten                  geführt, bei der jeder einzelne Baum mit seinen
                                    vor Ort, der über den genauen Überblick zu Temperatur,          		    unmittelbaren 20 Nachbarn verglichen wird. Daraus
                                    Niederschlägen und Borkenkäferentwicklung verfügt, statt-       		    lässt sich insgesamt eine Vitalitätseinschränkung
                                    finden. Ebenso braucht es die professionelle Organisation             ablesen, die mit einer Trefferquote von meist über
                                    vor Ort, um die ausgegebenen GPS-Punkte im Bestand zu                 75 Prozent dem Borkenkäfer zuzuordnen ist – das
                                    verorten, auszuzeigen und eine schnelle Ernte zu realisieren.         zeigen Rückmeldungen aus terrestrischen Validie-
                                                                                                    		    rungen der Kunden.
                                    PILOTPROJEKT MIT DER LK OBERÖSTERREICH
                                    Den innovationsfreudigen Kunden und ihrem Selbstver-            Typisch für technologiebasierte
                                    ständnis als kritische Entwicklungspartner des Unterneh-        Start-ups stand auch Festme-
                                    mens ist es zu verdanken, dass die inzwischen sieben Mit-       ter anfangs immer wieder vor
                                    arbeiter das Verfahren über die Jahre laufend verbessern        Herausforderungen. Zu den
                                    konnten. Inzwischen wird es weit über Österreich hinaus         technischen Stolpersteinen
                                    angeboten. Bei einem Pilotprojekt mit der oberösterreichi-      wie etwa unzureichende
                                    schen Landwirtschaftskammer auf rund 1.300 Hektar mit           Übertragungs- oder Rech-
                                    etwa 140 Waldeigentümern, führt das Bundesforschungs-           nerleistung gesellten sich
                                    zentrum für Wald (BFW) eine kritische terrestrische Validie-    naturbedingte wie zum Bei-
                                    rung durch.                                                     spiel der Einfluss sich ändern-
                                                                                                                                                                     ew
                                                                                                    der Lichtverhältnisse, die Re-                           eets N
                                                                                                                                             Eco n omy m             r ung
                                      • Zunächst werden durch Befliegung mit Drohnen (bis           generationsfähigkeit „gestresster“ „Old
                                                                                                                                                     – D ig italisie
                                                                                                                                                 y“
                                        500 ha) oder einem Flugzeug Luftaufnahmen der               Bäume oder kurzfristige witterungs- Econom              schaft
                                                                                                                                                 o rstwirt
                                        Waldfläche erstellt. Ergänzend arbeitet „Festmeter“         bedingte Planänderungen hinzu. Un- in der F
                                        mit hochauflösenden Satellitenbildern.                      ermüdlicher Einsatz, Forscherdrang,
                                      • Dann wird der Bestand mittels Algorithmen analy-            die Verwendung neuester Datenverarbeitungstechnologie
                                        siert. Dabei wird ein CIR-Orthophoto erzeugt, die           in Verbindung mit forstlichem Know-how und aktiver Kun-
                                        relevanten einzelnen Nadelbäume mittels künstli-            denbeteiligung im Entwicklungsprozess führten schluss-
                                        cher Intelligenz (Deep Learning) weitgehend auto-           endlich jedoch zum Erfolg.
                                    		 matisch ermittelt und mit einer individuellen Num-
                                    		 mer sowie GPS-Koordinaten versehen.
                                      • Zur Erhebung der Veränderungen im Wald findet               www.festmeter.at

                                                                                                                                                                             15
Forst und Umwelt

Forstvereins-Präsident Johannes Wohlmacher                               BM (a.D.) Elisabeth Köstinger präsentierte das neue Schutzwaldprogramm

              Österreichische Forsttagung 2019

              Wälder im Klimastress – Klimawandel
              setzt auch dem Schutzwald zu
              Sowohl die Österreichische Forsttagung am 23. Mai in Seckau, als auch das Aktionsprogramm Schutzwald
              der österreichischen Bundesregierung greifen das Thema des Klimawandels auf und geben Antworten auf
              die gesellschaftliche Herausforderung des sich schnell verändernden Klimas. Die Schutzwaldstrategie wur-
              de von zahlreichen Experten interdisziplinär ausgearbeitet und den über 400 Besuchern der Forsttagung
              präsentiert.

              EIN WALD DER SCHÜTZT                                           nachwachsende Rohstoffe und Energieträger umstellen
              In Österreich erfüllen rund 1,2 Millionen Hektar Wald oder     und den hemmungslosen Verbrauch von fossilem Erdöl,
              30 Prozent der Waldfläche eine primäre Schutzfunktion          Kohle und Erdgas stoppen. Das ist nämlich die Ursache
              und jeder vierte Österreicher profitiert von dieser nachhal-   des Klimawandels. Sollte uns das nicht gelingen, wird bei
              tig wirkenden Schutzinfrastruktur. „Der Schutzwald ist ein     anhaltend schlechter werdenden Klimabedingungen gar
              wahres Multitalent. Er ermöglicht vielerorts erst die dauer-   kein Baum mehr wachsen“, meint Johannes Wohlmacher,
              hafte Besiedlung indem er vor Lawinen, Steinschlag und         Präsident des Österreichischen Forstvereins.
              Muren schützt. Außerdem sichert er die Wasserqualität und
              bindet CO2. Die Auswirkungen des Klimawandels, neue            DER WALD MIT UNTERSCHIEDLICHEN FUNKTIONEN
              Freizeitnutzungen und fehlende Attraktivität der Waldbe-       Sowohl Österreicher als auch unsere Gäste erholen sich
              wirtschaftung stellen den Schutzwald allerdings vor neue       gerne im Wald. Die Freizeitaktivitäten haben sich aber
              Herausforderungen. Das Aktionsprogramm liefert darauf          in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Heu-
              starke Antworten“, so BM (a.D.) Köstinger bei der Präsen-      te düsen Mountainbiker auf die Berge, fliegen Paragleiter
              tation des neuen „Aktionsprogramms Schutzwald“. Dieses         über die Gipfel und ziehen Variantenschifahrer ihre Spur
              zielt darauf ab, durch Investitionen in den Schutzwald von     durch verschneite Wälder. Das erzeugt Stress bei Tier und
              29 Millionen Euro pro Jahr die Schutzfunktionalität der        Mensch. Hirsche, Rehe, Auerhahn und Co finden kaum
              Wälder wiederherzustellen beziehungsweise auszubauen.          noch Rückzugsgebiete und brauchen zum Flüchten viel
              Durch gezielte Forschung und Ausbildung soll außerdem          Energie. Sie fressen daher vermehrt junge Bäume und na-
              die Wissensbasis für notwendige Anpassungen im Schutz-         gen die Rinde von den Bäumen ab. „Die natürliche Rege-
              wald erweitert und somit zukünftig ein resilienter und kli-    nerationskraft des Waldes muss voll genutzt werden. Dazu
              mafitter Schutzwald ermöglicht werden.                         braucht es aber die aktive Unterstützung der Jäger, die vie-
                                                                             lerorts überhegte Wildbestände so anpassen müssen, dass
              DER WALD IM ZEICHEN DES KLIMAWANDELS                           die Naturverjüngung auch wachsen und gedeihen kann.
              Der Wald steht seit mehreren Jahrzehnten vor Verände-          Gerade im Schutzwald ist dies von größter Bedeutung.
              rungen und die Waldbewirtschaftung wird immer wieder           Müsste man den Wald durch technische Verbauungen er-
              danach ausgerichtet. Der steigende Anteil an Laubholz,         setzen, würde das mehr als das Hundertfache an Kosten für
              mehr natürliche Verjüngung und das Auspflanzen klima-          die Gesellschaft verursachen“, so Wohlmacher.
              resistenterer Baumarten sind deutliche Signale. „Wenn wir
              gemeinsam den Wald retten wollen, dann müssen wir auf          www.forstverein.at

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