Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes

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Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Konkret
                                                                                    Dezember
                                                                                        2019

                      Zeitschrift der Arbeitskammer des Saarlandes – 67. Jahrgang
                      arbeitskammer.de                               Ausgabe 6|19

                                                                            Titelthema

                        Düstere Perspektiven
                            für das Saarland:
                          Die Wirtschaft
                                schwächelt

                                                                       Titelthema

Position                       Politik + Gesellschaft             Aus der Beratung
Mitbestimmungsmesse würdigt    Heimat – Auseinandersetzung        Fragen und Antworten zum
den Einsatz für Gute Arbeit    mit einem umstrittenen Begriff     Thema Bildungsfreistellung
14-15                          29                                 41
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
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                                                 Seminare
                       Betriebliches             für Betriebsräte, Personalräte
     Gesundheitsmanagement – konkret             und Mitarbeitervertretungen
                                       Teil 1:
                    11. – 12. Februar 2020
                                      Teil 2:
                          7. – 8. April 2020
                AK-Bildungszentrum Kirkel

                Urlaubsgrundsätze und
                       Urlaubsplanung
                            4. März 2020
                AK-Bildungszentrum Kirkel

     Mitbestimmung bei Einführung und
              Betrieb von IT-Systemen
                       17. – 18. März 2020                    Beratungsstelle          Infos und Anmeldung
                AK-Bildungszentrum Kirkel                     für sozialverträgliche   BEST e.V.
                                                              Technologiegestaltung    Fritz-Dobisch-Straße 6-8
                                                              (BEST) e.V.              66111 Saarbrücken
                                                                                       Tel. 0681 4005-249
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                                                                                       best-saarland.de

     BEST e.V. ist eine gemeinsame Einrichtung der Arbeitskammer des Saarlandes und des DGB

2 · AK-Konkret 6|19
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Editorial + Inhalt

AUS DEM INHALT                                                         EDITORIAL

                        Ausgabe 6 | 2019                               Wir brauchen mehr
TITELTHEMA                                                             Hilfe vom Bund
Saar-Wirtschaft ist im Krisen-Modus

                                                                                        Von Jörg Caspar
6       Das Land braucht eine von Bund und
        EU flankierte aktive Wirtschaftspolitik                                         Vorstandsvorsitzender der
                                                                                        Arbeitskammer des Saarlandes

                                                                       S
10      Arbeitsmarkt: Politik muss Beschäftigte im
        Strukturwandel vor Jobverlust schützen                                  chwere Zeiten für die saarländische
                                                                                Wirtschaft? Die ersten Einschläge sind
                                                                                spürbar. Gusswerke Saarbrücken, Bosch,
11      Grafiken: Das Saarland liegt bei Wachstum
        und Löhnen unter dem Bundesschnitt                                      Saarstahl, Dillinger Hütte, Stahlwerke Bous,
                                                                       Werle. Die Liste der bereits betroffenen Betriebe
                                                                       ist nicht vollständig und leider sicher auch noch
ARBEITS- + GESUNDHEITSSCHUTZ                                           nicht abschließend. Aber eines wird deutlich: Wir
                                                                       stehen im Saarland vor echten Herausforde­run-
24      Präsentismus: Krank zur Arbeit zu gehen
        kann schwerwiegende Folgen haben                               gen, in konjunktureller wie in struktureller Hinsicht.
                                                                       Wovor Arbeitskammer, Gewerkschaften und Be-
                                                                       triebsräte schon seit Jahren warnen, davor kann
POLITIK + GESELLSCHAFT                                                 sich jetzt niemand mehr wegducken. Einige Ver-
                                                                       bände und auch Vertreter der Regierung haben

31      Landesregierung will den Strukturwandel
        mit allen Beteiligten aktiv und gut gestalten
                                                                       uns dann oft als Schwarzmaler bezeichnet. Wir
                                                                       hätten hier gerne geirrt, sind in der Rückschau
                                                                       aber wohl doch Realisten. Die Analyse der Wirt-
                                                                       schaftskennzahlen hat nichts mit Kaffeesatzleserei
KUNST + KULTUR                                                         zu tun, sondern mit klarer Analyse und Einordnung
                                                                       der Fakten. Auch 2020 bleiben außenwirtschaft-
32      Sonderschau: Historisches Museum widmet
        sich dem Saargebiet in den 1920er Jahren                       liche Risiken, bleiben die Probleme in der Stahl-
                                                                       und Autoindustrie. Wir erkennen weder eine zu-
                                                                       nehmende wirtschaftliche Dynamik im Land noch
AK-SPEZIAL „LEBEN + FREIZEIT“                                          eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts. Das
                                                                       Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
                                                                       prognostiziert einen Rückgang der sozialversiche-
                                                                       rungspflichtigen Beschäftigung im Saarland – als
                                                                       einziges Bundesland! Aber in der Tat, wir wollen
                                                                       nicht schwarzmalen. Wir wollen und werden uns
                                                                       an der Bewältigung der anstehenden Herausfor-
                                                   Foto: Iris Maurer

                                                                       derungen beteiligen. Die Debatte um die Transfor-
                                                                       mation birgt auch Chancen für die Beschäftigten
                                                                       – allerdings nur dann, wenn sie beteiligt werden.
Für die aktuelle Ausgabe haben wir uns in Saarbrü-                     Dann können sie den Technologie- und Struktur-
cken im Deutsch-Französischen Garten, der im Jahr                      wandel aktiv mitgestalten und so ihre Unter-
2020 genau 60 Jahre alt (oder jung) wird, und in                       nehmen mit voranbringen. Dort, wo Mitbestim-
St. Wendel umgeschaut. Interessante Ausflugsziele                      mung aktiv gelebt wird, passiert das bereits. Wir
enthält außerdem der Einhefter „Tipps für Trips“.                      brauchen mehr davon. Wir brauchen Arbeitgeber
                                                                       und Politiker, die verstehen: Mitbestimmung ist
                                                                       wichtiger denn je und für das Überleben unser
RUBRIKEN                                                               Schlüsselindustrien unverzichtbar! Und wir
                                                                       brauchen mehr Mittel vom Bund für die Struktur-
4      Aktuelles + Impressum
                                                                       förderung und die Herstellung gleichwertiger
16     Betrieb + Gewerkschaft                                          Lebensverhältnisse. Alleine schaffen wir das nicht.
18     Veranstaltungen

21     Ausbildung + Beruf                                                             Die Beschäftigten müssen
38     Recht und Rat                                                                  die Transformation aktiv
                                                                                      mitgestalten können.
42     Forum

                                                                                                  AK-Konkret 6|19 · 3
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Aktuelles + Impressum

                                                                                                     ZU TITELFOTO/CARTOON
                                                                                                                                                            Gute Kitas brauchen gute
                                                                                                                                                            Arbeitsbedingungen
                                                                                                     Das Foto auf der Titelseite hat Pasquale
                                                                                                     D‘Angiolillo gemacht – und dabei versucht,
                                                                                                     die aktuelle Stimmung in der Saar-
                                                                                                     Wirtschaft im Bild „einzufangen“.                      BILDUNGSPOLITIK AK-Forum zur Lage der Kitas
                                                                                                     Cartoonist TOM präsentiert auf Seite 43
                                                                                                     wieder mit dem ihm eigenen trockenen                   In saarländischen Kitas fehlen             tung in der Congresshalle, zu der
                                                                                                     Humor seine Einschätzung zu dem für                    mehr als 1.300 Fachkräfte. Das ist         mehr als 250 Besucher gekom-
                                                                                                     dieses Heft gewählten Titelthema.                      nur ein Missstand von vielen in der        men waren. Otto betonte, um dem
                                                                                                                                                            saarländischen Kita-Landschaft,            veränderten Verständnis von früh-
                                                                                                                                                            die im November beim AK-Forum              kindlicher Bildung von einem Be-
                                                                                                                                                            zur Bildungspolitik diskutiert             treuungsangebot hin zu einem in-
                                                                                                     Arbeitskammer                                          wurde. „Es funktioniert nicht, den
                                                                                                                                                            Kitas, die wir als Bildungseinrich-
                                                                                                                                                                                                       tegralen Bestandteil des Bil-
                                                                                                                                                                                                       dungswesens gerecht zu werden,
                                                                                                     bringt zwei                                            tungen verstanden wissen möch-
                                                                                                                                                            ten, immer mehr Aufgaben zu
                                                                                                                                                                                                       müssten endlich bundesweit gute
                                                                                                                                                                                                       Arbeitsbedingungen für alle Kita-
                                                                                                     Broschüren raus                                        übertragen und die Erwartungen
                                                                                                                                                            und Ansprüche zu steigern, ohne
                                                                                                                                                                                                       Beschäftigten geschaffen werden.
                                                                                                                                                                                                                                    red
                                                                                                     NÜTZLICHE RATGEBER                                     die Strukturen zu ändern“, kriti-
                                                                                                                                                            sierte AK-Hauptgeschäftsführer             Mehr Informationen gibt es unter
                                                                                                     Die Arbeitskammer des Saarlandes hat die               Thomas Otto bei der Veranstal-             www.arbeitskammer.de.
                                                                                                     Broschüre „Schwerbehindertenrecht – Be-
                                                                                                     sondere Regelungen im Arbeitsleben“ so-
                                                                                                     wie gemeinsam mit dem Ministerium für
                                                                                                     Umwelt und Verbraucherschutz die Bro-                  DIPLOME FÜR VWA-ABSOLVENTEN
                                                                                                     schüre „Jugendarbeitsschutz“ herausge-
                                                                                                     bracht. Die aktualisierte Broschüre „Ju-
                                                                                                     gendarbeitsschutz“ klärt junge Menschen
                                                                                                                       zum Start ins Berufsle-
                                                                                                                       ben über ihre Rechte und
                                                                                                                                     BROSCHÜRE

                                                                                                                       Pflichten auf. Zudem

                                                                                                                                                                                                                                                                D‘Angiolillo
                                                     Weitere                                                           können sich Eltern über

                                                                                                                                                                                                                                                           D‘Angiolillo
                                                 Informationen:

                                                                                                                       Schutzvorschriften und
                                               www.saarland.de/
                                               arbeitsschutz.htm
                                                                                JUGENDARBEITSCHUTZ

    Jugendarbeitsschutz

                                                                                                                       zulässige Tätigkeiten für
    Der Staat achtet mit seinen Gesetzen besonders
    darauf, dass junge Menschen sich ungefährdet
    entwickeln können und ihre Gesundheit nicht in

                                                                                                                                                                                                                                                 Foto: Pasquale
    Gefahr gerät, wenn sie arbeiten oder eine
    Ausbildung machen.

                                                                                                                       ihre Kinder (zum Beispiel
    Jugendarbeitsschutzgesetz und Kinderarbeits-
    schutzverordnung schaffen die rechtlichen
    Voraussetzungen.
    Nachhaltiger Arbeits- und Gesundheitsschutz

                                                                                                                                                                                                                                           Foto: Pasquale
    bei Berufseinsteigern sichert die Beschäftigungs-
                                                                                                                 JUGENDARBEITSSCHUTZ

                                                                                                                       Ferienjobs, Mithilfe im el-
    fähigkeit für ein ganzes langes Berufsleben.

                                                                                                                       terlichen Betrieb) infor-
                                                                                                          BROSCHÜRE
                                                                                                                       mieren. Auch über die
                                                                                                                       neuen Schutzanforde-
                                                                                                      beraten.bilden.forschen.

                                                                                                                       rungen an junge wer-                 25 Studierende haben im Oktober erfolgreich ihr berufsbegleitendes
                                                                                                                       dende Mütter und Stil-               Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Saarland
                                                                                                                       lende wird informiert.               (VWA) in Saarbrücken abgeschlossen. Ihr Diplom erhielten sie aus
                                                                   Schwerbehindertenrecht

                                                                                                                         Die neue Broschüre                 den Händen von Prof. Dr. Gerd Waschbusch (hinten links). Der
                                                                                                                       „Schwerbehinderten-
                                                                                                                                 Schwerbehindertenrecht
                                                                                                                                 Besondere Regelungen
                                                                                                                                                            Studienleiter der VWA wies die Absolventen beim Festakt in der
                                                                                                                       recht – Besondere Rege-
mer des Saarlandes

                                                                                                                                                            Arbeitskammer auf die Möglichkeit hin, mit dem Diplom ein ebenfalls
h-Straße 6–8                                                                                                                     zur beruflichen Teilhabe
rücken
5-0
kammer.de
kammer.de

                                                                                                                       lungen im Arbeitsleben“              berufsbegleitendes Bachelor-Studium beginnen zu können.
                                                                                                     befasst sich mit arbeitsrechtlichen Beson-
                                                                                                     derheiten für Schwerbehinderte und ihnen
                                                                                                     gleichgestellte behinderte Menschen. Da-
                                                                                                     bei werden grundsätzliche Fragen wie                   IMPRESSUM
                                                                                                     „Schwerbehindertenrecht: Was ist das?“                 Verleger: Arbeitskammer des Saarlandes, Fritz-Dobisch-Straße 6–8, 66111
                                                                                                     geklärt. Praxisnahe Erläuterungen enthält              Saarbrücken, Telefon 0681 4005-0, Telefax 0681 4005-401; Herausgeber: Jörg
                                                                                                     das Kapitel „Häufig gestellte Fragen zum               Caspar, Thomas Otto; Redaktion: Peter Jacob (Chefredakteur – pj), Dörte Grabbert
                                                                                                                                                            (dg), Simone Hien (sh), Wulf Wein (ww); Redaktionsassistenz: Dorothee Krieger;
                                                                                                     Thema Schwerbehinderung und Gleich-                    Infografiken: Stefan Hank; Redaktionelle Mitarbeit: Silvia Buss (sb), Karsten Ries
                                                                                                     stellung“.                                             (Hintergrund-Text Seite 27/kr); Agenturen: Themendienst der Deutschen
                                                                                                       Die Broschüren der AK sind für alle saar-            Presse-Agentur (tmn), Evangelischer Pressedienst (epd); Anzeigen: AK Saar,
                                                                                                                                                            Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Telefon 0681 4005-284; Vertrieb: Sebastian Daub,
                                                                                                     ländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeit-               Telefon 0681 4005-402, Anita Wagner, Telefon 0681 4005-284; Internet:
                                                                                                     nehmer kostenlos. Dazu gehören auch die                arbeitskammer.de/AK-Konkret; E-Mail: redaktion@arbeitskammer.de;
                                                                                                     im Saarland arbeitenden Grenzgänger. red              Druck: Repa Druck GmbH, Saarbrücken-Ensheim
                                                                                                                                                            Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verzichtet die Redaktion überwiegend auf
                                                                                                     Hinweis: Die Broschüren der Arbeitskammer              die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen.
                                                                                                                                                            Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beide Geschlechter.
                                                                                                     können unter arbeitskammer/broschue-                   Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos wird keine Haftung
                                                                                                     renshop bestellt oder unter arbeitskammer.             übernommen. Mit Namen oder Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge geben
                                                                                                                                                            nicht unbedingt die Meinung der ­Arbeitskammer wieder. Bezugspreis für sechs
                                                                                                     de/online-broschueren heruntergeladen                  Ausgaben jährlich: 7,50 Euro inklusive ­Zustellung; Einzelheft: 1,50 Euro.
                                                                                                     werden.                                                Die Zeitschrift „AK-Konkret“ wird auf ­Umweltschutzpapier gedruckt.

                                                                                                     4 · AK-Konkret 6|19
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Fotos: Pasquale D‘Angiolillo
                                                                                                                         Titelthema

Digitalisierung und Dekarbonisierung machen vor der Saar-Wirtschaft nicht halt: Das hat vor allem für die Industrie gravierende Folgen.

                               Wie wollen wir künftig leben,
                                arbeiten und wirtschaften?
                               DENKANSTOSS Wie Jonas Boos die Entwicklung der Saar-Wirtschaft bewertet

D
        as Saarland befindet sich in einer wirt-                          werden sollen, stellen sich grundsätzliche
        schaftlich schwierigen Phase. Die                                 Fragen darüber, wie wir leben, produzieren und
        konjunkturelle Entwicklung verläuft                               arbeiten wollen und inwiefern unser derzeitiges
        schon seit 2018 negativ und nun scheint                           auf Wachstum und Profit ausgerichtetes Wirt-
auch die Zeit von Beschäftigungsrekorden und                              schaftssystem tragfähig bleibt.
rückläufiger Arbeitslosenzahlen vorüber. Vor
allem das weltwirtschaftliche Umfeld ist                                  Die Transformation hat somit das Potenzial,
ungünstig, allerdings lassen sich die konjunktu-                          systemverändernd zu wirken. Damit dies im
rellen Probleme nicht trennen von strukturellen                           Sinne einer Humanisierung der Arbeitswelt
Entwicklungen: Wirtschaft und Arbeitswelt                                 geschieht, ist es zentral, dass bestehende
befinden sich aktuell in tiefgreifenden Transfor-                         Mitbestimmungsmöglichkeiten ausgeschöpft
mationsprozessen, die vor allem getrieben sind                            werden und eine weitere Demokratisierung der
durch Dekarbonisierung und Digitalisierung.                               Wirtschaft erfolgt.

Die aktuelle Debatte zur Transformation bietet
                                                                          Die Transformation
dabei auch Chancen für die saarländischen
Beschäftigten – arbeitnehmerorientierte Einfluss-
                                                                          hat das Potenzial,
nahme vorausgesetzt! Die Wandlungsprozesse                                das System zu ver-
sollten von allen Betroffenen aktiv mitgestaltet                          ändern. Es stellt sich
werden können. Dazu müssen die Rahmenbe-                                  die Frage, ob ein auf
dingungen der Transformation zum Aushand-                                 Wachstum und Profit
lungsprozess demokratischer Diskurse gemacht                              ausgerichtetes
werden, die auf wirtschafts- und gesellschafts-                           Wirtschaftssystem
                                                                                                                   Jonas Boos
politischer Ebene stattfinden sollten und                                 tragfähig bleibt.                        leitet das Referat
durchaus kapitalismuskritisch geführt werden
                                                                                                                   Konjunktur-,
können. Wenn die Beseitigung der systemischen                                                                      Struktur- und
Ursachen von Arbeitsplatzverlusten und                                                                             Beschäftigungs-
Umweltzerstörung in den Blick genommen                                                                             politik.

                                                                                                            AK-Konkret 6|19 · 5
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Titelthema

                                        Die Krise hält an – Zeichen für
                                        eine Besserung gibt es nicht
                                        RÜCK- UND AUSBLICK Einordnung der Wirtschaftsentwicklung 2019/2020
                                        Die saarländische Wirtschaft                                                          pflichtig Beschäftigten ist im Jah-    diesem Jahr auf dem Arbeits-
                                        steckt in einer Krise und Besse-                                                      resverlauf auf einen historischen      markt ankam, zeigt der Blick auf
                                        rung ist kaum in Sicht: Die                                                           Höchststand von 394.700 Perso-         die Arbeitslosenzahlen: Seit Mai
                                        Arbeitskammer sieht das Land                                                          nen gestiegen. Im Vergleich der        steigt die Zahl arbeitslos gemel-
                                        aufgrund von Konjunktur- und                                                          Bundesländer nimmt das Saar-           deter Personen im Vergleich zu
                                        Strukturschwäche vor erhebliche                                                       land mit der Steigerungsrate von       den Vormonaten wieder an. Bis
                                        Herausforderungen gestellt.                                                           0,7 Prozent aber den drittletzten      Oktober nahm die Zahl an Ar-
                                                                                                                              Platz ein (Bund: plus 1,8 Prozent).    beitslosen um 0,7 Prozent auf
                                        Von Jonas Boos                                                                        Auch die Einkommen an der Saar         rund 33.250 Personen zu. Die Ar-
                                                                                                                              entwickelten sich im bisherigen        beitslosenquote an der Saar liegt
                                        Die negative wirtschaftliche Ent-                                                     Jahresverlauf noch positiv, blie-      demnach bei 6,2 Prozent (Bund:
                                        wicklung an der Saar hat sich                                                         ben aber erneut hinter dem west-       4,8 Prozent), im Vorjahr lag sie
                                        auch im Jahr 2019 fortgesetzt. Im                                                     deutschen Bundesdurchschnitt           noch bei „nur“ 5,8 Prozent. Dane-
                                        ersten Halbjahr sank das preis-                                                       zurück (siehe Artikel auf Seite 13).   ben schlagen sich die negativen
                                        bereinigte Bruttoinlandsprodukt                                                                                              wirtschaftlichen Rahmenbedin-
                                                                                                                                   Die Aussichten stimmen
                               !
                                        (BIP) um 0,4 Prozent (Bund: plus                                                                                             gungen auf die Auslastung der
                                        0,4 Prozent). Da die Arbeits-                                                               nicht sehr optimistisch          Beschäftigten (Dillinger Hütte,
                                        kammer für Herbst/Winter nicht                                                                                               Festo, Saarstahl, Stahlwerke
                         Weitere        mit einer Belebung rechnet, ist                                                          Diesen noch positiven Arbeits-      Bous) unter anderem in Form von
                    Grafiken und        im Saarland für das Gesamtjahr                                                        marktzahlen       stehen      Nega-    Kurzarbeit nieder (plus 52,5 Pro-
                    Schaubilder         2019 ein weiterer Rückgang der                                                        tiv-Schlagzeilen über angemel-         zent – siehe Seite 13).
                    zur Entwick-        Wirtschaftskraft zu erwarten. Für                                                     dete Insolvenzen (Gießerei Werle,         Auch der Blick ins Jahr 2020 ist
                        lung von        Deutschland senkten Konjunk-                                                          Gusswerke Saarbrücken) sowie           nicht vielversprechend: Weiter-
                     Wirtschaft,        turforscher ihre Einschätzungen                                                       Job-Abbau gegenüber – ob nun           hin bestehen außenwirtschaftli-
                 Beschäftigung          zuletzt auf 0,3 bis 0,5 Prozent.                                                      bereits realisiert (Ford), bevorste-   che Risiken, weiterhin bestehen
                    und Löhnen          Positiver erscheinen zunächst                                                         hend (Saarstahl) oder befürchtet       Probleme in der Automobilindus-
                  finden Sie auf        die Daten für den Arbeitsmarkt:                                                       (Bosch, ZF). Dass die negative         trie. Dementsprechend fallen die
                         Seite 11.      Die Zahl der sozialversicherungs-                                                     wirtschaftliche Entwicklung in         Prognosen für das Saarland mä-
                                                                                                                                                                     ßig aus. Die Arbeitskammer er-
                                                                                                                                                                     wartet keine zunehmende wirt-
                                                                                                                                                                     schaftliche Dynamik – das BIP
            Beschäftigungsentwicklung nach Wirtschaftsbereichen                                                                                                      dürfte auch 2020 kaum steigen
                      Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte                                                                                                       und abermals hinter der bundes-
     Veränderungen Januar – August 2019 im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum in %                                                                                  weiten Entwicklung (Prognosen
                                                                       0,7
                                                                                                                                                                     Bund: plus 0,7 bis plus 1,4 Pro-
                                   Insgesamt                                        1,8
                                                                                                                                                                     zent) bleiben. Entsprechend ver-
                    Verarbeitendes Gewerbe                 -0,6
                                                                              1,3                                                                                    halten sind die Beschäftigungs-
                                                         -0,9
dar. Metall- und Elektro- sowie Stahlindustrie                                     1,6                                                                               erwartungen. Das Institut für Ar-
                                Baugewerbe                                                2,2
                                                                                                    3,0
                                                                                                                                             Saarland                beitsmarkt- und Berufsforschung
                 Bergbau, Energie u. Wasser                                       1,5                                                                                (IAB) prognostiziert für das Saar-
                                                                                    1,7
                                                                            1,0                                                                                      land sogar einen Rückgang der
                     Dienstleistungsbereiche                                        1,8
                                                                      0,5
                                                                                                                                                                     sozialversicherungspflichtig Be-
                                      Handel                                1,1                                                                                      schäftigten um 0,1 Prozent im
                         Verkehr und Lagerei                                                           3,4
                                                                                                    3,0                                                              Jahr 2020. Das Saarland wäre
                                Gastgewerbe                                                 2,5
                                                                                           2,4                                                                       demnach das einzige Bundes-
                Information/Kommunikation                                                                         5,4
                                                                                                                        6,1                                          land mit einem Beschäftigungs-
       Finanz-/Versicherungsdienstleistung.      -1,7                                                                                                                rückgang (Bund: plus 0,7 Pro-
                                                           -0,6
                                                                                                                                                                     zent). In einem pessimistischen
            Wirtschaftliche Dienstleistungen                                         1,9                                                   Deutschland
                                                                        0,8                                                                                          Szenario des IAB drohen Be-
                      Öffentliche Verwaltung                                 1,0
                                                                                        2,0                                                                          schäftigungsverluste von 1,3 Pro-
                        Erziehung/Unterricht                          0,5
                                                                                           2,4                                                                       zent. Angesichts der verschärften
              Gesundheits- und Sozialwesen                                                    2,5
                                                                                                 2,9                                                                 Risiken kein ganz unrealistisches
                   sonstige Dienstleistungen      -1,5                                                                                                               Szenario. Vor allem der Welthan-
                                                                                   1,6
                                                                                                                                                                     del bereitet weiter Sorge – Brexit,
                                                 -2         -1    0     1           2           3         4   5     6          7     8
                                                                                                                                                                     Handelskonflikte der USA mit EU
Zugrunde liegende Werte am aktuellen Rand sind hochgerechnete Werte der Statistik der Bundesagentur für Arbeit.                                                      und China, Krise in der Türkei,
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen                      Grafik: Arbeitskammer                                                       Nachfragerückgang in China. In
                                                                                                                                                                     der Folge sind die industriellen

                6 · AK-Konkret 6|19
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Auslandsbestellungen an der
Saar in den ersten drei Quartalen
2019 um 12,1 Prozent eingebro-
chen. Neben den unmittelbar ne-
gativen Effekten auf die Export-
entwicklung wirken sich die Risi-

                                      Foto: Pasquale D‘Angiolillo
ken auch auf das Investitionsver-
halten der Unternehmen aus
– eine erschwerte Planungssi-
cherheit führt zu einer Zurück-
haltung bei den Investitionen.
Insbesondere die saarländische
Kfz-Industrie blickt unsicher in
die Zukunft. Aus den Daten des
AK-Betriebsbarometers         2019
geht hervor, dass über 70 Prozent
der befragten Betriebsräte aus
der saarländischen Automobilin-
dustrie die Zukunftsaussichten        zent). Fraglich ist, wie sich der                           Dienstleistungssektor weiter Be-    In der saar-
ihres Betriebs eher schlecht oder     private Konsum entwickeln wird,                             schäftigung aufbauen (plus 1,0      ländischen
sogar sehr schlecht einschätzen.      wenn die Beschäftigung im kom-                              Prozent, 2.600 Personen). Insbe-    Stahlindustrie
   Neben den weltweiten Unsi-         menden Jahr zurückgeht und die                              sondere der Bereich Information     wurde bereits
cherheiten spielen dabei struktu-     Löhne weniger stark ansteigen.                              und Kommunikation konnte zu-        ein Stellenab-
relle Entwicklungen eine Rolle,                                                                   legen (plus 6,1 Prozent, 550 Ar-    bau angekün-
die sich kaum von den konjunk-                                      Trend zur Tertiarisierung     beitsplätze). Im Zuge der voran-    digt. Die Be-
turellen Faktoren trennen lassen:                                    dürfte sich fortsetzen       schreitenden Digitalisierung ist    schäftigten
Wirtschaft und Arbeitswelt befin-                                                                 zu erwarten, dass vermehrt Ar-      sind alarmiert
den sich aktuell in tiefgreifenden      Langfristig      erwartet     die                         beitsplätze in den Bereichen        und kämpfen
Strukturwandelprozessen,        die   Arbeitskammer, dass sich im                                 Softwareentwicklung und IT-Be-      um ihre
vor allem getrieben sind durch        Zuge der Transformation der                                 ratung geschaffen werden. Dabei     Zukunft.
Digitalisierung und Dekarboni-        Trend zur Tertiarisierung verstärkt                         sei darauf hingewiesen, dass ins-
sierung. Insbesondere vor dem         fortsetzen wird. Während im bis-                            besondere im IT-Bereich Verbes-
Hintergrund von Maßnahmen             herigen Jahresverlauf in der saar-                          serungsbedarf hinsichtlich der
zum Klima- und Umweltschutz           ländischen Industrie Beschäfti-                             Ausgestaltung der Arbeitsplätze
rückt der Übergang zu neuen           gung abgebaut wurde (minus                                  im Sinne Guter Arbeit sowie des
Antriebstechnologien verstärkt in     0,6 Prozent beziehungsweise                                 Ausbaus von Tarifbindung und
die öffentliche Debatte. Verstärkt    600 Personen), konnte der                                   Mitbestimmung besteht.
wird dies durch den Dieselskan-
dal, der die Dieselkompetenz im
Saarland weiter vor Probleme
stellt. Kaum Lichtblicke gibt es
auch bei der saarländischen                                                AK-STANDPUNKTE ZUM TITELTHEMA
Schlüsselindustrie Stahl. Sowohl
Auftragseingänge (minus 16,4                                               Notwendig ist eine aktive, nachhaltige und regionale
Prozent) als auch Umsätze (mi-                                             Wirtschaftspolitik, die von Bund und EU flankiert wird
nus 3,5 Prozent) weisen im Jah-
resverlauf auf die Schwierigkei-                                            Stärkung der Binnennachfrage über expansive Lohnpolitik, die
ten hin, mit denen die Stahlin-                                              Schaffung sicherer Arbeitsplätze sowie die Steigerung der
dustrie zu kämpfen hat: Überka-                                              Verteilungsgerechtigkeit.
pazitäten, Emissionsrechtehan-
                                                                            Konjunkturprogramm durch massive Förderung von Investitionen,
del, Außenhandelspolitik der
USA. Dabei erhalten die Arbeit-                                              die eine aktive Gestaltung des Strukturwandels ermöglichen statt
nehmer in den saarländischen                                                 Festhalten an der Schuldenbremse.
Schlüsselindustrien überdurch-                                              Finanzielle Unterstützung durch Bund und EU muss in Form von
schnittlich hohe Löhne und ver-                                              Strukturhilfen zur Gestaltung der Transformation eingefordert werden.
fügen damit über ein enormes
Kaufkraftpotenzial. Fällt dieses                                            Eine strategische Dienstleistungspolitik, welche den Aspekt
auch nur teilweise weg, wird sich                                            Gute Arbeit stärker im Blick hat und dazu beiträgt, die
dies in der gesamten Wirtschaft,                                             Mitbestimmungsstrukturen zu verbessern, ist unbedingt geboten.
also auch in vielen Dienstleis-
tungsbereichen oder dem Hand-                                               Eine zukunftsorientierte Transformations-Strategie, aus welcher
werk, bemerkbar machen. Noch                                                 Handlungsbedarf und die Höhe der benötigten Mittel hervorgehen.
scheinen die privaten Haushalte                                             Ein Aktionsprogramm, das konkrete Maßnahmen und deren
aber in Konsumlaune, was sich                                                Finanzierung aufzeigt, mit denen der Strukturwandel aktiv
im Einzelhandel positiv nieder-
                                                                             gestaltet werden kann, ist zu erarbeiten.
schlägt (Umsatz: plus 3,5 Pro-

                                                                                                                            AK-Konkret 6|19 · 7
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Titelthema

                   „Arbeitsplatz-Erhalt hat Vorrang“
                   INTERVIEW Der Gewerkschafter Patrick Selzer setzt auf die Stärke des Standorts
                   Patrick Selzer von der IG Metall      sogenannte „Optimierer“, die die   stehenden Arbeitsverhältnissen
                   meint, dass die saarländische In-     Flexibilität nahezu grenzen- und   ermöglichen. So ist die Beschäf-
                   dustrie im Strukturwandel auf         regellos handhaben wollen,         tigung zu stabilisieren. Der Erhalt
                   „Stärken wie Qualität, Know-how       müssen in ihre Schranken ver-      der Arbeitsplätze ist maßgeblich
                   und Flexibilität“ setzen sollte.      wiesen werden. Per Gesetz sind     für einen sozial verträglichen
                   Gleichzeitig fordert der Gewerk-      klare Grenzen zu ziehen. Das Ar-   ökologischen Umbau und muss
                   schafter einen sozial verträglichen   beitszeitmodell Geld oder Zeit     allerhöchste Priorität haben.
                   ökologischen Umbau ein.               muss sich flächendeckend eta-
                                                         blieren, weil dadurch mögliche     Die Saar-Autoindustrie steht
                   Herr Selzer, wie sieht Ihre           Rationalisierungspotenziale        besonders im Fokus der Transfor-
                   Vision für einen starken Wirt-        überwiegend         ausgeglichen   mation. Wichtige Entscheidungen
                   schafts- und guten Arbeits-           werden können.                     werden aber oft in den Konzern-
                   standort Saarland 2035 aus?                                              zentralen außerhalb des Landes
                   Im Jahr 2035 ist die Transforma-      Auch der Ausstieg aus fossiler     getroffen. Wie kann der Wandel
                   tion abgeschlossen, die Digitali-     Energie wird zu einschneiden-      aus saarländischer Perspektive
                   sierung ist fester Bestandteil in     den Veränderungen führen – ge-     aktiv mitgestaltet werden?
                   der gesamten Arbeitswelt. Mein        rade im Saarland, wo aufgrund      Die Konzerne werden sich neu
                   Wunsch ist, dass durch beson-         der Industriestruktur der CO2-     ausrichten, was besonders die
                   nenes und sinnvolles Handeln          Ausstoß fast doppelt so hoch ist   Zulieferindustrie hart treffen
                   von Europa- und Bundespolitik         wie im Bundesdurchschnitt. Wie     könnte. Aber Qualität, Know-
         Patrick   der Umbau der bisherigen In-          gelingt ein ökologischer Umbau,    how, Flexibilität und die bisheri-
          Selzer   dustrielandschaft     erfolgreich     ohne dass es tiefgreifende         gen Erfahrungen im Struktur-
  ist 1. Bevoll-   gemeistert wurde. Im Saarland         soziale Verwerfungen gibt?         wandel sprechen ganz klar für
    mächtigter     wird „grüner“ und CO²-neutraler       Ein gesellschaftlich getragener    das Saarland. Wir müssen un-
   der IG-Me-      Stahl verarbeitet. Die Entwick-       ökologischer Umbau der Indus­      sere Stärken in den Vordergrund
        tall-Ge-   lung der automobilen Antriebs-        trie kann nur gelingen, wenn es    rücken, nicht die Bedenken. Wir
 schäftsstelle     technologie hat für einen Mix         für den Einzelnen keine zusätz-    produzieren im Herzen Europas
 Saarbrücken.      aus batteriebetriebenen, kon-         liche Belastung durch Steuern      meist qualitativ hochwertige Gü-
 Die IG Metall     ventionellen und wasserstoffba-       und Abgaben gibt. Damit soziale    ter. Dies müssen die Konzern-
    vertritt mit   sierten Fahrzeugen gesorgt. Die       Verwerfungen vermieden wer-        spitzen und die Bundespolitik
      ihren vier   Zulieferindustrie hat im Bereich      den, sind eine entsprechende       rechtzeitig erkennen und positiv
   Geschäfts-      des Antriebsstranges moderne          Infrastruktur und die Unterstüt-   begleiten. Wir als IG Metall sind
     stellen im    Technologien entwickelt. Und          zung durch Fördermittel erfor-     da „voll am Ball“. Wir agieren
Saarland rund      das Handwerk sowie der Mittel-        derlich, um die notwendigen In-    nicht nur im Saarland, sondern
         67.000    stand haben sich stabilisiert und     vestitionen der Unternehmen        setzen uns für die Belange der
    Mitglieder.    bilden einen wichtigen Bestand-       sicherzustellen. Ein Transforma-   saarländischen       Industriebe-
                   teil der Saar-Wirtschaft.             tionskurzarbeitergeld muss Um-     schäftigten auch in der Bundes-
                                                         und Weiterqualifizierung bei be-   und in der Europapolitik ein.
                   Im Zuge der digitalen Transfor-
                   mation hoffen Arbeitnehmer auf
                   geringere Belastungen und
                   mehr Zeitsouveränität. Firmen
                   wollen Effizienzpotenziale
                   erschließen, um sich im Wettbe-
                   werb zu behaupten. Das kann
                   den Abbau von Arbeitsplätzen
                   bedingen. Wie ist ein Interes-
                   senausgleich möglich?
                   Die Belastungen durch Arbeit
                   werden sich sehr stark verän-
                   dern. Körperliche Belastungen
                   werden zunehmend durch psy-
     Hinweis:      chische abgelöst, deshalb ist
  Die Fragen       eine     Anti-Stress-Verordnung
  stellte Fre-     zum Schutz der Beschäftigten
 derik Moser,      überfällig. Flexible Arbeitszeiten
 Referent für      können positive wie negative
   Unterneh-       Folgen haben. Die Vereinbarkeit
  menspolitik      von Familie und Beruf wird durch
und Betriebs-      neue Arbeitszeitmodelle eine
   wirtschaft.     neue Dimension erreichen. Aber        Wie sind die umfassenden sozioökonomischen Transformationsprozesse zu

8 · AK-Konkret 6|19
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Titelthema

        „Gemeinsam schaffen wir es“
        INTERVIEW Für ME-Saar-Vertreter Martin Schlechter gilt es, jetzt Maß zu halten
        Der Strukturwandel werde geprägt         Im Zuge der digitalen Transfor-                                                                           zu gestalten und so zukünftigen
        sein von der Digitalisierung und der     mation hoffen Arbeitnehmer auf                                                                            Wohlstand zu sichern.
        Frage, welcher Antrieb sich im Au-       geringere Belastungen und
        tomobilbereich durchsetze, sagt          mehr Zeitsouveränität. Firmen                                                                             Auch der Ausstieg aus fossiler
        Martin Schlechter, Hauptgeschäfts-       wollen Effizienzpotenziale                                                                                Energie wird zu einschneiden-
        führer ME Saar. Er setzt in der Trans-   erschließen, um sich im Wettbe-                                                                           den Veränderungen führen – ge-
        formation auf ein Miteinander von        werb zu behaupten. Das kann                                                                               rade im Saarland, wo aufgrund
        Arbeitgebern und Arbeitnehmern.          den Abbau von Arbeitsplätzen                                                                              der Industriestruktur der CO2-
                                                 bedingen. Wie ist ein Interes-                                                                            Ausstoß fast doppelt so hoch ist
        Herr Schlechter, wie sieht Ihre          senausgleich möglich?                                                                                     wie im Bundesdurchschnitt. Wie
        Vision für einen starken Wirt-           Die Wirtschaft steht angesichts                                                                           gelingt ein ökologischer Umbau,
        schafts- und guten Arbeits-              der Digitalisierung und des                                                                               ohne dass es tiefgreifende sozi-
        standort Saarland 2035 aus?              Strukturwandels vor einem Um-                                                                             ale Verwerfungen gibt?
        Der Wirtschafts- und Arbeits-            bruch, bei dem sich auch die                                                                              Die Energiewende ist ein wichti-
        standort Saarland im Jahr 2035           Arbeitsbedingungen        deutlich                                                                        ges gesellschaftliches Thema. Es
        ist idealerweise geprägt von ei-         ändern werden. Allerdings, das                                                                            ist jedoch naiv zu glauben, dass
        ner starken Industrie, einem ge-         hat eine Studie der Arbeitswelt                                                                           dies ein schneller Prozess sein
        sunden Mittelstand und zu-               seit den 1970er Jahren gezeigt,                                                                           kann. Der ökologische Umbau ist
        kunftsorientierten Start-ups. Da-        sind mit dem technologischen                                                                              immer auch mit Konsequenzen
        für haben wir Standortbedingun-          Wandel nicht ein Arbeitsplatz-                                                                            und Kosten verbunden. Das trifft
        gen geschaffen, die uns eine             abbau, sondern neue Chancen                                                                               für die Saar-Industrie in beson-     Martin
        gute Position im internationalen         verbunden. Richtig ist, dass sich                                                                         derem Maße zu. Ich halte es für      Schlechter
        Wettbewerb ermöglichen. Die              die Anforderungen ändern. Hier                                                                            wichtig, bei dem ökologischen        ist Hauptge-
        Belastung für Unternehmen ist            sind auch die Arbeitnehmer ge-                                                                            Wandel immer auch die ökono-         schäftsführer
        gesunken, die Lohnstückkosten            fordert, sich den neuen Heraus-                                                                           mische und soziale Belastungs-       des Verban-
        bewegen sich durch ein zu-               forderungen zu stellen – bei-                                                                             fähigkeit im Auge zu behalten,       des der Me-
        kunftsorientiertes Zusammen-             spielsweise durch die Bereit-                                                                             sonst kann er nicht gelingen. Die    tall- und Elek-
        wirken der Sozialpartner im inter-       schaft zur Weiterbildung. Was                                                                             spannende Frage ist, welchen         troindustrie
        nationalen Mittelfeld, die Infra-        den Interessenausgleich betrifft:                                                                         Beitrag die Saar-Industrie über      des Saarlan-
        struktur und ein schnelles Daten-        Der ist uns in unserer Industrie in                                                                       Innovationen leisten kann, damit     des (ME Saar).
        netz binden das Land nahtlos             der Vergangenheit gut gelun-                                                                              der Klimaschutz noch besser ge-      Die Unterneh-
        sowohl an die Nachbarländer als          gen. Noch nie haben Arbeitneh-                                                                            lingt. Wenn es aber nur gelingt,     men des
        auch das übrige Bundesgebiet             mer in der Metallindustrie so viel                                                                        die Ziele einzuhalten, indem wir     Verbandes
        an. Und das Saarland ist mit ei-         verdient wie aktuell. Jetzt ist es                                                                        Industrien schließen oder sie ins    beschäftigen
        nem guten Bildungs-, Kultur-             aus meiner Sicht an der Zeit,                                                                             Ausland verlagern, hat unsere        42.000
        und Freizeitangebot sowie leis-          Maß zu halten und Unterneh-                                                                               Gesellschaft einen schlechten        Mitarbeiter.
        tungsstarker Forschung ein Mag-          men darin zu bestärken, den                                                                               Job gemacht.
        net für Fachkräfte aus aller Welt.       Wandel am Standort Saarland
                                                                                                                                                           Die Saar-Autoindustrie steht
                                                                                                                                                           besonders im Fokus der Transfor-
                                                                                                                                                           mation. Wichtige Entscheidungen
                                                                                                                                                           werden aber oft in den Konzern-
                                                                                 Fotos: Adobe Stock / Funtap, Pasquale D‘Angiolillo, ME Saar/ Rich Serra

                                                                                                                                                           zentralen außerhalb des Landes
                                                                                                                                                           getroffen. Wie kann der Wandel
                                                                                                                                                           aus saarländischer Perspektive
                                                                                                                                                           aktiv mitgestaltet werden?
                                                                                                                                                           Für Unternehmen zählen dabei
                                                                                                                                                           unterschiedliche Standortfakto-
                                                                                                                                                           ren. Und das Saarland ist mit sei-
                                                                                                                                                           ner langen Industriegeschichte
                                                                                                                                                           und einer hohen Leistungsbereit-
                                                                                                                                                           schaft seiner Menschen ein span-
                                                                                                                                                           nender Standort. Die Politik muss
                                                                                                                                                           allerdings aufpassen, dass bei-
                                                                                                                                                           spielsweise hohe Gewerbesteu-
                                                                                                                                                           ern, hohe Grunderwerbssteuern,
                                                                                                                                                           überbordende Bürokratie oder
                                                                                                                                                           Defizite in der Bildungspolitik
                                                                                                                                                           diese Vorteile nicht zunichtema-
                                                                                                                                                           chen. Hier gibt es durchaus noch
u bewältigen? Darauf suchen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Antworten.                                                                                        Gestaltungsmöglichkeiten.

                                                                                                                                                                                      AK-Konkret 6|19 · 9
Konkret - Arbeitskammer des Saarlandes
Titelthema

                  Es gilt, einen massiven Anstieg
                  der Arbeitslosigkeit zu verhindern
                  ARBEITSMARKTPOLITIK Den Strukturwandel vorausschauend gestalten
                  Nach Auffasung der Arbeits-             Arbeitswelt 4.0 unterstützen? Wie                            Einsatz von Kurzarbeit zu erleich-
                  kammer muss die Politik mit             kann präventiv verhindert wer-                               tern und die Qualifizierung von
                  gezielten Maßnahmen dafür               den, dass die Arbeitslosigkeit im                            Beschäftigten stärker zu fördern.
                  sorgen, dass es im Strukturwan-         Umbruch massiv ansteigt?                                     Neben der bestehenden Rege-
                  del keinen starken Anstieg der             Im Bericht an die Landesregie-                            lung zur Kurzarbeit bei vorüberge-
                  Arbeitslosenzahlen gibt. Es gilt,       rung 2018 und bei einem Forum                                hendem        konjunkturbedingtem
                  industrielle Arbeitsplätze zu           mit Bundesarbeitsminister Hu-                                Arbeitsausfall und dem Transfer-
                  schützen und die Qualifikation          bertus Heil in Berlin hat die                                kurzarbeitergeld soll bei dauer-
                  der Beschäftigten zu erhöhen.           Arbeitskammer einen zukunfts-                                haftem Arbeitsausfall ein „Trans-
                                                          orientierten Umbau der Arbeits-                              formationskurzarbeitergeld“ zur
                  Von Dagmar Ertl                         losenversicherung zu einer prä-                              Beschäftigungssicherung im Be-
                                                          ventiv ausgerichteten Arbeitsver-                            trieb (in Verbindung mit Qualifizie-
                  Der Strukturwandel hin zu einer         sicherung gefordert. Ein erster                              rung) geschaffen werden.
                  emissionsärmeren und digitalen          wichtiger Schritt in diese Rich-
                  Wirtschaft wälzt den Arbeits-           tung ist das 2019 in Kraft getre-                                 AK-Forderungen
                  markt grundlegend um. In der            tene Qualifizierungschancenge-                                   wurden aufgegriffen
                  Automobilindustrie, bei den Zu-         setz. Nach diesem Gesetz kön-
                  lieferern, in der Stahlindustrie, bei   nen vom Strukturwandel betrof-                                  Minister Heil hat mit seinem
                  Banken und Versicherern wurden          fene Unternehmen, die Mitar-                                 Entwurf für ein „Arbeit-von-mor-
                  bereits Arbeitsplätze abgebaut          beiter qualifizieren, sich je nach                           gen-Gesetz“ diese Forderung auf-
                  und stehen weitere Jobs auf dem         Betriebsgröße 15 bis 100 Prozent                             gegriffen. Mit mehr Weiterbildung
                  Spiel. Gleichzeitig sind in anderen     der Weiterbildungskosten und 25                              und einem verbesserten Kurzar-
                  Bereichen, etwa im Gesundheits-         bis 75 Prozent des fortgezahlten                             beitergeld soll ein erheblicher An-
                  und Sozialwesen, im Bereich In-         Arbeitsentgelts erstatten lassen.                            stieg der Arbeitslosigkeit verhin-
                  formation und Kommunikation             Von Januar bis Juli sind laut Bun-                           dert werden. Der Einsatz von Kurz-
                  sowie im Baugewerbe neue ent-           desagentur für Arbeit (BA) bun-                              arbeitergeld soll erleichtert wer-
                  standen. Diese Entwicklung ist im       desweit 14.500 Beschäftigte in                               den. Wo immer es geht, soll
                  Saarland deutlicher spürbar als         eine entsprechende Weiterbil-                                Kurzarbeitergeld mit Qualifizie-
                  anderswo. In den nächsten Jah-          dung eingetreten. Im Saarland                                rung verbunden werden. Betriebe,
 Die Bundes-      ren werden sich Berufe verän-           waren es 153 Beschäftigte. Zu-                               bei denen betriebliche Verände-
   agentur für    dern, viele Tätigkeiten wegfallen       dem hat der Gesetzgeber die                                  rungen anstehen und wo kurzfris-
Arbeit hat ihre   und neue entstehen. Weiterbil-          Weiterbildungsberatung der BA                                tig ein höherer Anteil der Beschäf-
    Weiterbil-    dung wird deshalb immer mehr            erheblich ausgeweitet.                                       tigten nachqualifiziert werden
  dungsbera-      zur Zukunftsfrage. Wie kann Ar-            Um Beschäftigte im Struktur-                              muss, sollen mit einem Transfor-
  tung bereits    beitsmarktpolitik      Beschäftigte     wandel besser vor Jobverlust zu                              mationszuschuss unterstützt wer-
      deutlich    und Arbeitslose bei der notwen-         schützen, fordern Arbeitskammer                              den. Weiter sollen Beschäftigte,
 ausgeweitet.     digen Anpassung an die neue             und Gewerkschaften zudem, den                                die im Unternehmen keine Per-
                                                                                                                       spektive auf Weiterbeschäftigung
                                                                                                                       haben, im Betrieb bleiben können,
                                                                                                                       wenn sie an einer geförderten
                                                                                                                       „Perspektivqualifizierung“ teilneh-
                                                                                                                       men. Zudem soll das Transfer-
                                                                                                                       kurzarbeitergeld verbessert wer-
                                                                                                                       den: Unabhängig von Alter oder
                                                                                                                       Berufsabschluss sollen insbeson-
                                                                                                                       dere längere Qualifizierungsmaß-
                                                                                                                       nahmen ermöglicht werden.
                                                                                                                          Aus AK-Sicht ist das der rich-
                                                                                                                       tige Ansatz, um die Arbeitsplätze
                                                                                                                       in der Industrie zu schützen und
                                                                                                                       die Qualifikation der Beschäftig-
                                                                                         Foto: Pasquale D‘Angiolillo

                                                                                                                       ten auszubauen. Jetzt gilt es, das
                                                                                                                       Arbeit-von-morgen-Gesetz zügig
                                                                                                                       umzusetzen.

                                                                                                                       Dagmar Ertl ist stellvertretende
                                                                                                                       Leiterin der Abteilung
                                                                                                                       Gesellschaftspolitik.

10 · AK-Konkret 6|19
Titelthema

         Saarland wird beim Wachstum
         und bei den Löhnen abgehängt
          WIRTSCHAFT IM SAARLAND WÄCHST NICHT MEHR
 Bruttoinlandsprodukt in den Bundesländern 1                                                                    Wirtschaftswachstum SL/Bund 2
           1. Halbjahr 2019 gegenüber 1. Halbjahr 2018 in %                                                Saarland im Vergleich zum Bund (2015 – 1. Hj. 2019)
                              Hamburg                                        1,6
                                                                                                                                      2,2 %             2,2 %

                                Bayern                               0,9
                                                                                                                       1,7 %
                                                                                                                                                                         1,4 %
                    Schleswig-Holstein                               0,9                                                                       1,0 %
       Neue Bundesländer (inkl. Berlin)                             0,8                                         0,6 %
                                                                                                                                                                                      0,4 %
                                Hessen                             0,7                                                           -0,5 %                         -0,8 %            -0,4 %
                            Deutschland                      0,4
                          Niedersachsen                      0,4
                 Nordrhein-Westfalen                  0,1                                                           2015           2016           2017             2018 1. Hj. 2019
                  Baden-Würtemberg                   0,0
                                Bremen     -0,4
                               Saarland    -0,4
                                                                                                                                               Saar                                       Bund
                       Rheinland-Pfalz     -0,9

                                  JOBENTWICKLUNG GIBT ANLASS ZUR SORGE
                 Beschäftigung im Saarland 3                                                         Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung 4
                             Prognose für 2019/2020                                                          Entwicklung im Saarland (saisonbereinigte Werte)
                                                                                                   60.000

                  1,7 %                                                                            50.000
                                                                                   Saar
                                                                                                   40.000

      0,6 %                                       0,7 %                                            30.000
                                                                                   Bund
                                                                                                   20.000                         Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit)
                                      -0,1 %                                                                                      Arbeitslose

             2019                            2020                                                   10.000
                                                                                                             2012         2013         2014        2015          2016             2017          2018      Okt. 2019

   LOHNSCHERE ÖFFNET SICH – VERUNSICHERUNG NIMMT ZU
           Verdienstabstand Saar-Bund in % 5                                                                Zukunftsaussichten nach Branchen 6
      Vollbeschäftigte Arbeitnehmer – jeweils erstes Halbjahr                                          Wie schätzen Sie gegenwärtig die folgenden Merkmale
                                                                                                      Ihres Betriebs/Ihrer Dienststelle ein? Zukunftsaussichten
     5.000 €                                                                                                 für den Betrieb/die Dienststelle (Gültig in %)
     4.600 €
                                                                                                                                      Gesamt     11,5                      54,6                             26,9          4,4

     4.400 €                                                                                                     Produzierendes Gewerbe          8,9                    52,2                              32,2          6,7
                                                                    10,3 %   11,5 %
     4.000 €                              8,9 %      9,2 %                                                            darunter Kfz-Industrie             27,3                            54,5                      18,2
                              8,0 %
                  8,4 %                                                                                                               Handel      7,1                      50,0                                  21,4
     3.600 €
                                                                                                                       Verkehr und Lagerei        11,1           33,3                              55,6
     3.400 €
                                                                                                                    Private Dienstleistungen     7,1                     60,7                             25,0          7,1

     3.000 €                                                                                    Erziehung, Unterricht, Gesundheit, Soziales             19,1                             63,8                         12,8
               2014           2015        2016       2017           2018      2019                                   Öffentliche Verwaltung        12,8                    51,3                             28,2           5,1

                           Westdeutschland           Saarland
                                                                                                                                   sehr gut              gut              eher schlecht                   sehr schlecht

Quellen: 1, 2 Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; preisbereinigtes BIP; 3 IAB, sowie eigene Ergänzungen über Statistik der BA; sozialversicherungspflichtige
    Beschäftigung; 4 BA-Statistik, Saisonbereinigte Zeitreihen, Oktober 2019; 5 Statistisches Bundesamt, Fachserie 16, Reihe 2.3; eigene Darstellung; 6 AK-Betriebsbarometer 2019

                                                                                                                                                                   AK-Konkret 6|19 · 11
Position

   Bei der UN-Behinderten-
   rechtskonvention geht es
   nicht um Sonderrechte,
   sondern um die Verpflichtung
   der Staaten, die allgemeinen
   Menschenrechte auch für

                                         Foto: Holger Hollemann/dpa
   behinderte Menschen
   durchzusetzen. Die Fachta-
   gung „10 Jahre UN-Behinder-
   tenrechtskonvention“ wurde
   vom Bündnis für inklusive
   Bildung veranstaltet.

   Infos: www.gew-saarland.de           Inklusive Schule braucht mehr als eine Lehrkraft.

                    „Inklusion erfordert Umdenken“
                    INTERVIEW Der Jurist REINALD EICHHOLZ fordert eine Allgemeine Schule für alle
                    Der Kinderrechtsexperte Dr. Rei-                  bloß an die Arbeitswelt denken,      ein pädagogisches Konzept für
                    nald Eichholz mahnt (nicht nur) in                um das Ausmaß der vor uns lie-       die ganze Klasse geht. Möglicher-
                    der Bildung ein Umdenken zu ei-                   genden Arbeit zu sehen. Und dies     weise darf mit einer klassenbezo-
                    ner inklusiven Gesellschaft an.                   zu bewältigen ist umso schwerer,     genen Finanzierung am ehesten
                    Außerdem sieht er die Bundes-                     als das Verständnis von Inklusion    das Saarland für sich in Anspruch
                    länder in der Pflicht, Inklusion                  als Menschenrecht noch kaum in       nehmen, auf dem richtigen Weg
                    ernsthaft umzusetzen. Während                     den Köpfen angekommen ist.           zu sein, wenngleich die soeben
                    der Fachtagung „10 Jahre UN-Be-                                                        erfolgte Zulassung von zwei
                    hindertenrechtskonvention – Wir                   Der Begriff „Regelschule“ sagt       neuen Förderschulen ein Signal in
                    feiern mit Pauken und Trompe-                     aus, dass sie die übliche Schule     die falsche Richtung ist. Auf Dauer
                    ten“ sprach er zu diesen Forde-                   sei. Sie widersprechen, die          kann kein Zweifel bestehen, dass
                    rungen.     AK-Bildungsreferent                   „Regelschule“ sei ein Hindernis      überall eine Doppelbesetzung
                    Jörg Jacoby befragte Eichholz im                  für die Inklusion im Bildungsbe-     mit zwei Lehrkräften die konse-
                    Anschluss zum Thema.                              reich. Wie kommen Sie darauf?        quente Folge eines umfassenden
                                                                      Das Reden von der Regelschule        Inklusionskonzepts ist.
                    Herr Eichholz, sie haben ange-                    bedeutet, dass es von der Regel
                    merkt, dass es nicht nur Gründe                   auch Ausnahmen geben muss.           Sie haben betont, dass es in der
                    gibt, zu feiern. Warum?                           Auf diese Weise geht der univer-     Schule nicht nur um Lehrplan
                    Die Tatsache, dass wir die UN-Be-                 selle Anspruch des Menschen-         und Abschlüsse gehen soll.
                    hindertenrechtskonvention ha-                     rechts auf Inklusion verloren. Aus   Worum soll es dann in der
                    ben, ist auf jeden Fall ein Anlass                guten Gründen spricht die Behin-     Schule gehen? Und warum?
                    zum Feiern. Inklusion mit ihrem                   dertenrechtskonvention deshalb       Inklusion beinhaltet, dass es um
                    Anspruch auf Zugehörigkeit zur                    vom Recht auf Teilhabe am allge-     das diskriminierungsfreie Zusam-
     Dr. Reinald    Gemeinschaft ist in Zeiten, in de-                meinen Bildungssystem, das eine      menleben in der Gemeinschaft
       Eichholz     nen wir um den Zusammenhalt                       Trennung in Regeleinrichtungen       geht. Schule sollte nicht nur Un-
    war Richter     der Gesellschaft ringen müssen,                   und Sondereinrichtungen nicht        terricht sein, nicht nur eine „Schule
      und in der    wichtiger denn je. Dabei zeigt die                zulässt. Daraus erklärt sich die     des individuellen Leistens“, son-
 Ministerialver-    Konvention mit ihrer Forderung,                   Forderung nach einer „Allgemei-      dern zugleich eine „Lebensge-
  waltung tätig.    dass die Achtung von Würde und                    nen Schule für alle“.                meinschaft“ – Lernort und Le-
Unter anderem       Selbstwert und die Zugehörigkeit                                                       bensort. Wird die Gemeinschaft
 war er Kinder-     zur Gemeinschaft im Leben der                     Was wurde bisher bei der             im Schulalltag gepflegt, dann
   beauftragter     Menschen konkret erfahrbar sein                   Umsetzung der Inklusion              kann auf dieser inklusiven Basis
 der Landesre-      müssen, dass menschenrechtli-                     vernachlässigt?                      des Lebensorts Schule in der
   gierung von      che Bekenntnisse nur von halbem                   Vor allem fehlt es an der Verände-   Schule als Lernort nach unter-
     Nordrhein-     Wert sind, wenn sie nicht im Alltag               rung in den Köpfen. Immer noch       schiedlichen Begabungen und
     Westfalen.     der Menschen ankommen. Und                        wird unter Inklusion kaum mehr       Fähigkeiten differenziert werden.
   Heute enga-      hier trübt sich die Feierlaune ein.               verstanden als das, was bisher In-   Kleine Gruppen, um verschiede-
       giert sich   Denn vom Bild einer inklusiven                    tegration hieß. Spätestens bei den   nen Lerntempi Rechnung zu tra-
    Eichholz für    Gesellschaft sind wir noch mei-                   Finanzierungsregelungen sieht        gen, sind ebenso denkbar wie
  Kinderrechte      lenweit entfernt. Die Schule, bei                 man, dass beinahe alle Länderre-     „Lerninseln“ für Überflieger. So
  und Inklusion     der die Notwendigkeit eines „Sys-                 gelungen nur die Mitunterrich-       könnten viele Ängste gegenüber
  als allgemei-     temwechsels“ völlig aus dem                       tung von Kindern und Jugendli-       Inklusion aufgefangen werden
      nes Men-      Blick geraten ist, ist ja nur eine Fa-            chen mit Behinderungen im Blick      und die Allgemeine Schule für
    schenrecht.     cette der Problematik. Man muss                   haben, statt zu sehen, dass es um    alle bekäme wieder eine Chance.

12 · AK-Konkret 6|19
Position

Trotz positiver Tarifabschlüsse
ist die Bilanz durchwachsen
EINKOMMENSENTWICKLUNG Geringerer Anstieg der Effektivverdienste
Die Tarifrunden in 2019 haben             besondere in der Industrie deut-                             durchschnittlich 297 im ersten Halb-
deutliche Tarifsteigerungen für die       lich bemerkbar. In der Privatwirt-                           jahr 2018 auf 418 (plus 40,7 Prozent)
Beschäftigten mit sich gebracht.          schaft insgesamt fiel der Ver-                               allein bis April 2019 (letzter verfügba-
Die konjunkturelle Lage in der            dienstzuwachs mit 0,9 Prozent nur                            rer Wert). Die Zahl der Kurzarbeiter
Industrie dämpft allerdings die           unterdurchschnittlich    aus.    In                          stieg im gleichen Zeitraum von
Verdienstentwicklung im Saarland:         Westdeutschland war er mit 2,6                               durchschnittlich 2.118 auf 3.229 Per-
Trotz spürbarem Tarifplus gingen          Prozent gut dreimal höher. Ohne                              sonen (plus 52,5 Prozent).
die Effektivverdienste im Verarbei-       die wirtschaftlichen Dienstleistun-                             Deutlich besser als im Produzie-
tenden Gewerbe zurück. Der                gen verzeichnete das Produzie-                               renden Gewerbe entwickelten sich
Verdienstabstand zum Bund                 rende Gewerbe sogar einen Rück-                              die Einkommen im Dienstleistungs-
wuchs dadurch weiter.                     gang um 0,7 Prozent, der vor al-                             bereich an der Saar (plus 2,9 Prozent
                                          lem den Entwicklungen im Ma-                                 – Westdeutschland plus 3,8 Pro-
Von Karsten Ries                          schinenbau (minus 0,5 Prozent)                               zent). Hier profitierten unter anderem
                                          und der Kfz-Industrie (minus 4,7                             die Beschäftigten in der Pflege von
Im ersten Halbjahr 2019 wurden laut       Prozent) geschuldet war.                                     einer tariflichen Aufwertung, die zu
WSI-Tarifarchiv von den DGB-Ge-                                                                        einem deutlichen Zuwachs von 4,2
werkschaften bundesweit für etwa           Deutlich mehr Kurzarbeit                                    Prozent im Bereich des Gesund-
3,3 Millionen Beschäftigte neue Ein-                                                                   heits- und Sozialwesens führte.
kommenstarifverträge verhandelt.             In diesen Branchen gab es 2019                               Im März 2020 beginnen die Ver-
Die durchschnittliche Abschluss-          tarifvertraglich keine linearen Lohn-                        gütungsverhandlungen für den gro-
rate belief sich auf 3,2 Prozent und      erhöhungen, zudem waren sie von                              ßen Tarifbereich der Metall- und
lag etwas höher als im Vorjahr (3,0       der konjunkturellen Entwicklung be-                          Elektroindustrie (3,8 Millionen Be-
Prozent). Nach Abzug des Anstiegs         sonders betroffen. Exemplarisch                              schäftigte), die Tarifrunde in der
der Verbraucherpreise ergibt sich         schlagen sich hier der Wegfall der                           Leiharbeitsbranche hat bereits be-                              Im Saarland
für die Tarifbeschäftigten damit ein      Nachtschicht bei Ford in Saarlouis mit                       gonnen. Die Gewerkschaften for-                                 verdienen die
Reallohnzuwachs von 1,6 Prozent.          entsprechenden Beschäftigungsver-                            dern für die bundesweit 980.000                                 Arbeitneh­
Durch die Rückkehr zur paritäti-          lusten und fehlenden Schichtzula-                            Beschäftigten 8,5 Prozent mehr                                  merinnen und
schen Finanzierung der Kranken-           gen nieder sowie der Arbeitskampf                            Lohn, um einen deutlichen Abstand                               Arbeitnehmer
versicherung zum 1. Januar 2019           bei den Gusswerken Saarbrücken.                              zum gesetzlichen Mindestlohn zu                                 weiter in
blieb den Beschäftigten netto de          Daneben mussten zahlreiche Be-                               erreichen, der ab 1. Januar 2020 auf                            vielen Bran-
facto sogar mehr vom Brutto: Bun-         triebe Kurzarbeit anmelden, was Ein-                         9,35 Euro steigt.                                               chen deutlich
desweit stiegen die Nettolöhne und        bußen bei den Einkommen nach sich                                                                                            weniger als im
-gehälter mit 4,8 Prozent stärker als     zog. Die Zahl der Betriebe mit reali-                        Karsten Ries ist Referent für                                   Bundesdurch-
die Bruttolöhne und -gehälter (4,3        sierter Kurzarbeit erhöhte sich von                          Beschäftigungspolitik.                                          schnitt.
Prozent). Die auf 26,5 Monate ge-
stiegene durchschnittliche Laufzeit
der Tarifverträge mit in der Regel                                         Durchschnittliche Bruttomonatsverdienste
mehrstufigen Anhebungen und/                                             nach Wirtschaftsabschnitten im 1. Halbjahr 2019
                                                                                              Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer
oder Einmalzahlungen wird sich in
2020 wohl dämpfend auf den An-                                                                                                         Früheres                    Früheres
                                                                                                                                       Bundesge­                   Bundesge­
stieg der Tariflöhne auswirken.                                                                                          Saarland                       Saarland
                                                                                                                                       biet (einschl.              biet (einschl.
                                                                                                                                       Berlin)                     Berlin)        Abstand
   Der Zuwachs der monatlichen Ef-                                                                                                                                                Saar/
fektivverdienste der Vollzeitbe-                 Wirtschaftsabschnitt                                                                                                             Bund
                                                                                                                                                        Veränderung gegenüber
schäftigten im Produzierenden Ge-                                                                                                insgesamt               dem 1. Halbjahr 2018
werbe und im Dienstleistungsbe-
reich lag im ersten Halbjahr 2019 an                                                                                                  EUR                          %                 %
der Saar bei 1,5 Prozent. Er fiel damit          Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsbereich                         3.973            4.488         1,5           2,9        -11,5
                                                  Privatwirtschaft*                                                        3.994            4.597         0,9           2,6        -13,1
zwar in ähnlicher Größenordnung                   Produzierendes Gewerbe                                                   4.246            4.708        -0,7           1,1         -9,8
aus wie im Vorjahr (1,6 Prozent), war             Verarbeitendes Gewerbe                                                   4.422            4.935        -1,0           1,3        -10,4
                                                   dar.: Getränkeherstellung                                               3.830            4.302        -4,0          -0,2        -11,0
im Vergleich zum früheren Bundes-                        Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren                        4.307            3.981         8,7           1,8          8,2
                                                         Metallerzeugung und ­bearbeitung                                  4.624            4.791         0,3           0,0         -3,5
gebiet (2,9 Prozent) aber nur etwa                       Herstellung von elektrischen Ausrüstungen                         4.351            5.081         2,8          -3,8        -14,4
halb so hoch. Der Verdienstabstand                       Maschinenbau                                                      4.875            5.364        -0,5           2,0         -9,1
                                                         Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen                   4.968            6.164        -4,7          -0,7        -19,4
vergrößerte sich dadurch erneut auf              Dienstleistungsbereich                                                    3.781            4.359         2,9           3,8        -13,3
                                                  Wirtschaftliche Dienstleistungen                                         3.673            4.494         2,3           3,8        -18,3
minus 11,5 Prozent (siehe Tabelle).               Öffentliche und persönliche Dienstleistungen                             3.915            4.129         3,6           3,6         -5,2
   Der Rückgang der saarländi-                     dar.: Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung          3.821            3.967         3,9           4,1         -3,7
                                                         Erziehung und Unterricht                                          4.318            4.480         2,9           2,8         -3,6
schen Wirtschaftsleistung mach-                          Gesundheits- und Sozialwesen                                      3.840            4.071         4,2           3,5         -5,7
te sich im ersten Halbjahr bei der           * Produzierendes Gewerbe inklusive wirtschaftliche Dienstleistungen
Entwicklung der Einkommen ins-                 Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Amt des Saarlandes, eigene Berechnung                                           Arbeitskammer

                                                                                                                                                    AK-Konkret 6|19 · 13
Position

                   Betriebs- und Personalräte
                   stehen für Gute Arbeit
                   1. MITBESTIMMUNGSMESSE 600 Aussteller und Besucher in der Congresshalle
                   Der Personalrat des Universi-          behindertenvertretungen betei-        dern ist auch das gesellschaftli-
                   tätsklinikums sowie die Be-            ligt hatten. Um die anstehenden       che Zukunftsmodell.“
                   triebsräte von Helvetia Packa-         Veränderungen, die die Transfor-         33 Betriebsräte, Personalräte
                   ging in Saarlouis-Lisdorf und          mation mit sich bringe, sozialver-    und Mitarbeitervertretungen aus
                   von Bosch in Homburg sind die          träglich und im Sinne der Be-         dem ganzen Saarland zeigten
                   Gewinner der drei Preise bei der       schäftigten zu gestalten, sei eine    mit ihren Ständen und Präsenta-
                   1. Mitbestimmungsmesse der             starke, auf die neuen Herausfor-      tionen in der Congresshalle auf
                   Arbeitskammer und des DGB.             derungen ausgerichtete und            beeindruckende Weise, was sie
                   600 Besucher kamen in die              durchsetzungsfähige Mitbestim-        für ihre Kolleginnen und Kolle-
                   Saarbrücker Congresshalle.             mung dringend nötig, bekräftigte      gen im Betrieb erstritten und er-
                                                          AK-Hauptgeschäftsfüh­rer Tho-         kämpft haben.
                   Von Peter Jacob                        mas Otto.                                Bei der Preisverleihung be-
                                                                                                zeichnete auch Wirtschaftsminis­
                   Mit der 1. Mitbestimmungsmesse           Mitbestimmte Betriebe               terin Anke Rehlinger die Mitbe-
                   haben die Arbeitskammer des                sind erfolgreicher                stimmung „als Erfolgsfaktor“. Be-
                   Saarlandes und der Deutsche                                                  triebs- und Personalräte hätten

            !      Gewerkschaftsbund (DGB) mit
                   seinen acht Einzelgewerkschaf-
                   ten gezeigt, wie vielfältig, kreativ
                                                             Eugen Roth, stellvertretender
                                                          Vorsitzender des DGB Rhein-
                                                          land-Pfalz/Saarland,      erklärte:
                                                                                                großes Interesse am Wohl der
                                                                                                Unternehmen und setzten sich
                                                                                                für deren Erhalt und Weiterent-
 Weitere Infor-    und kraftvoll sich die Betriebs-       „Der Anspruch der Gewerkschaf-        wicklung ein.
mationen zum       räte, Personalräte und Mitarbei-       ten ist es, die digitale Transfor-       Der 1. Preis ging an den Perso-
Thema Mitbe-       tervertretungen für ihre Kollegin-     mation der Wirtschaft erfolgreich     nalrat des Universitätsklinikums
stimmung und       nen und Kollegen einsetzen. „Sie       mitzugestalten. Dafür müssen wir      Homburg (UKS). Hier heißt Mitbe-
     zur Messe     beweisen durch ihren täglichen         bestehende Instrumente der Mit-       stimmung, Entlastung für das
     sowie eine    Einsatz, dass Mitbestimmung            bestimmung und Tarifbindung           Pflegepersonal durchzusetzen.
 Messezeitung      wirkt. Sie zeigen, dass Demokra-       weiterentwickeln. Fakt ist, mitbe-    Der Betriebsrat von Helvetia Pa-
      mit vielen   tie nicht am Werkstor enden darf.      stimmte Unternehmen besitzen          ckaging kämpft um die Durch-
   Bild-Eindrü-    Mitbestimmung ist an 365 Tagen         höhere Investitions- und Ausbil-      setzung von Mitwirkungs- und
  cken von der     im Jahr gelebte Demokratie“, be-       dungsquoten sowie ein höheres         Mitbestimmungsrechten, die ihm
 Veranstaltung     tonte der AK-Vorstandsvorsit-          Maß an Beschäftigungssiche-           aktuell vom Arbeitgeber ver-
  sind abrufbar    zende Jörg Caspar bei der Eröff-       rung. Deshalb hat sich Mitbe-         wehrt werden. Die Arbeit soll
    unter www.     nung der Messe, an der sich 33         stimmung nicht nur in der Ver-        durch persönliche Sanktionen
     mitbestim-    Betriebs- und Personalräte, Mit-       gangenheit bewährt – Stichwort        behindert werden. So wurde
 mung-saar.de      arbeitervertretungen und Schwer-       Montanmitbestimmung –, son-           dem Vorsitzenden seit über ei-
                                                                                                nem Jahr kein Gehalt mehr be-
                                                                                                zahlt. „Der Betriebsrat kämpft un-
                                                                                                beirrt und mit Rückgrat um seine
                                                                                                Rechte“, lobte Eugen Roth. „Die-
                                                                                                sen harten Kampf zu würdigen,
                                                                                                war uns ein besonderes Anlie-
                                                                                                gen.“ Hierfür gab es den zweiten
                                                                                                Preis. Den dritten Preis bekam
                                                                                                schließlich der Betriebsrat von
                                                                                                Bosch in Homburg. Mitbestim-
                                                                                                mung heißt hier, sichere Arbeits-
                                                                                                plätze mit zukunftssicheren Pro-
                                                                                                dukten für die Belegschaft mit-
                                                                                                zugestalten. Konkret hat man
                                                                                                sich dafür eingesetzt, die Pro-
                                                                                                duktion der mobilen Brennstoff-
                                                                                                zelle nach Homburg zu holen.
                                                                                                   Aussteller und Besucher nutz-
                                                                                                ten die Mitbestimmungsmesse
                                                                                                zum intensiven Meinungsaus-
                                                                                                tausch und informierten sich bei
                                                                                                den angebotenen Fachvorträ-
Strahlende Gesichter bei der Verleihung der Mitbestimmungspreise an den Unikli-                 gen. In zwei Jahren ist bereits die
nik-Personalrat und die Betriebsräte von Helvetia Packaging und Bosch Homburg.                  zweite Auflage fest eingeplant.

14 · AK-Konkret 6|19
Position

 Das ist der absolute
Höhepunkt der Mitbe-
 stimmung in diesem
Jahr im Saarland. Das
  ist sozusagen „der
     zweite 1. Mai“.
      Mark Baumeister
  NGG-Bezirksgeschäftsführer

                                                                                                                                  Fotos: Pasquale D‘Angiolillo (10)/Info-Instiut
Vorträge und Stände
 sind sehr vielfältig.
Der Austausch ist sehr
 gut möglich. Unbe-
 dingt wiederholen!
 Anne Neufang und Katja Bach
       Betriebsrätinnen
      Hydac-Verwaltung

                                 Betriebs- und Personalräte sind ein wichtiger Pfeiler der saarländischen Wirtschaft. Das
                                 wurde bei der 1. Saar-Mitbestimmungsmesse überdeutlich.

                                                                                                 Es war an der Zeit, die
                                                                                                   Mitbestimmungs-
                                                                                                  aktivitäten öffentlich
                                                                                                    darzustellen. Die
                                                                                                    große Resonanz
                                                                                                       beweist es.
                                                                                                          Thomas Müller
                                                                                                  ver.di-Bezirksgeschäftsführer

Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion        im Besuch der Linken-Landtagsfraktion bei der
Meinungsaus­tausch mit Betriebsräten.         Mitbestimmungsmesse.

                                                                                                  Wir kämpfen ums
                                                                                                  Wissen und wissen
                                                                                                   ums Kämpfen!
                                                                                                         Nicklas Schütz
                                                                                                           Besucher

                                                                                                   Es ist toll, dass die
Eine Delegation der Frauen-Union der CDU DGB-Saar-Chef Eugen Roth (links), Ministerin             Arbeit der Betriebs-
informierte sich bei einem Rundgang.     Anke Reh­linger und Jörg Caspar.                        und Personalräte hier
                                                                                                  zu Bewusstsein ge-
                                                                                                  bracht wird. So wird
                                                                                                  deutlich, dass man
                                                                                                 durch Solidarität der
                                                                                                 Vereinzelung entge-
                                                                                                        hen kann.
                                                                                                         Carsten Baum
                                                                                                              GdP

Heidrun Schulz und Christine Schätter (BA-Regionaldirektion), Prof. Dr. Cornelius König (Saar-
Uni), Marc Ferder (DGB) und Michael Hoffmann (INFO-Institut) hielten Fachvorträge (von links).

                                                                                                    AK-Konkret 6|19 · 15
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