Kranz der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am Vertriebenenmahnmal in Stuttgart-Bad Cannstatt
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Oktober 2020 Kranz der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am Vertriebenenmahnmal in Stuttgart-Bad Cannstatt
Die Landsmannschaft Aus dem Inhalt Öffentlichkeitsausschuss der 2 Bericht des Öffentlichkeitsausschusses Landsmannschaft der Deutschen aus Russland: 3 4 Auf ein Wort Friedland: Zentrale Gedenkfeier der Ein Rückblick I LmDR in schweren Zeiten n den letzten Monaten trafen sich 6 Stuttgart-Bad Cannstatt: Festakt zum Gedenken an die Opfer der Deportation die Mitglieder des Öffentlichkeits- 7 Nürnberg: Kranzniederlegung am Denk- ausschusses der Landsmannschaft mal Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Russland wiederholt, 9 Stuttgart-Bad Cannstatt: Jubiläumsfeier um sich über neue Lösungen und Instru- zu 70 Jahren Charta der deutschen Hei- mente im Hinblick auf die Digitalisierung matvertriebenen der Verbandsarbeit, mögliche Plattfor- 10 Porträt Valentina Wudtke men für Treffen und Veranstaltungen, in- 11 Interview mit Albina Baumann und Va- terne Kommunikation und Präsentation lentina Dederer nach außen auszutauschen. Dabei wur- 12 Julia Herb – alles Gute zum 75. Geburts- den Fragen wie Imagepflege, Kommu- tag nikationswege (intern und nach außen), 13 Ewald Oster – herzlichen Glückwunsch Kontaktherstellung, Vernetzung und Di- zum 70. Geburtstag gitalisierung diskutiert. 14 NRW: Russlanddeutsche Kulturtage Die Corona-Krise stellte die Orts- und 2020 15 Baden-Württemberg Landesgruppen der LmDR und vor allem 16 Bayern ihre Projektleiterinnen und Projektleiter 18 Hamburg sowie weitere aktive Mitglieder vor erhebli- 19 Hessen che Herausforderungen. Dabei waren neue 20 Niedersachsen Wege und Mittel gefragt, um die Arbeit Dietmar Schulmeister, Vorsitzender des 22 Nordrhein-Westfalen nicht komplett einschlafen zu lassen. Auch Öffentlichkeitsausschusses der LmDR 22 Rheinland-Pfalz das stellte in den letzten Monaten einen der 23 Sachsen wichtigsten Arbeitsschwerpunkte dar. ses, stellvertretender Bundesvorsitzender 24 Schleswig-Holstein Zu den Aufgaben des Ausschusses ge- und Vorsitzender der Landesgruppe Nord- 27 Amalia und Friedrich Dortmann – Hand hört außerdem die Weiterbildung und Pro- rhein-Westfalen der LmDR, und Michael in Hand durchs Leben fessionalisierung der Verbandsmitglieder Müller, Referent des Projektes „Gemein- 28 Interview mit Roman Friedrich in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Zielgrup- sam. Demokratie. Gestalten“ der Konrad- 30 40 Jahre Deutsches Schauspieltheater Te- pen waren insbesondere diejenigen, die als Adenauer-Stiftung. mirtau/Almaty ProjektleiterInnen oder ReferentInnen in An den Workshops nahmen Mitglieder 32 Lydia Deringer: „Das Leben ist ein Spiel der Öffentlichkeitsarbeit der LmDR tätig des Öffentlichkeitsausschusses, aktive Eh- (?)“ sind. renamtliche, ProjektleiterInnen und die 33 Kronos‘ Kinder Aus diesem Grund organisierte der Öf- Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit der 34 Interview mit Arthur Böpple fentlichkeitsausschuss in Kooperation mit einzelnen Landesgruppen der LmDR teil. 36 Nelly Kossko, „Du mein geliebter Russe‘“ der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Regi- Sie konnten viele Impulse und Ideen für 37 Georg Lauer: „Jeder Tag bringt genug In- spiration zum Schreiben.“ onalforum NRW, mehrere Weiterbildungs- ihre eigene Arbeit und in den Projekten ge- 39 Dr. Viktor Krieger: Die neue Kolonis- maßnahmen. Darunter waren das Semi- winnen. Die Rückmeldungen der Teilneh- tenkorporation in Dorpat / Verzeichnis nar „Erfolgreiches Verbandsmanagement menden zu den einzelnen Veranstaltungen, der deutschen Siedler-Kolonisten an der im digitalen Zeitalter“ mit dem Kommu- ihren Themen und Inhalten, fielen sehr po- Universität Dorpat nikations- und Strategieberater Dr. Justus sitiv aus. 41 Neuerscheinung des HFDR Bobke sowie das vierteilige Seminar „Pro- Für einige Teilnehmenden waren die 42 Ilona Walger: Liolindchen und ihre mu- fessionelle Verbandskommunikation“. Webinare eine neue Erfahrung und ein tige Tat Die Seminarreihe begann am 6. Mai mit spannendes Format zum Lernen und zum 44 Viktor Pretzer: Ostsee – Brücke der einer Veranstaltung zum Thema „Das Me- Austausch. Die Inhalte wurden als sehr in- Freundschaft und des Friedens diensystem zwischen Krise und Wandel“. formativ, verständlich und kompakt ver- 46 Lesungen mit Carsten Gansel Am 13. Mai stand das Thema „Kommuni- mittelt empfunden. Die Teilnehmenden 47 Katharina Martin-Virolainen: Der kative Herausforderungen in Social Media“ schätzten insbesondere die gute Struktur Schlüssel zur Vergangenheit auf dem Programm. In der darauffolgen- der Vorträge und dass die Referenten sich 48 Glückwünsche den Woche beschäftigten sich die Teilneh- die Zeit nahmen, auf alle Fragen einzuge- 50 Theaterprojekt „Leben jenseits des Hori- menden des Seminars mit der Frage „Wie hen. Als gelungene Ergänzung empfand zonts“ 51 Braunschweig: Zeitzeugen erzählen verfasse ich einen guten Online-Beitrag?“. man das nachträglich zugeschickte Mate- 52 Den Toten gewidmet Abgeschlossen wurde die Seminarreihe am rial inkl. Linksammlungen. 54 Beitrittserklärung / MBE-Stellen 26. Mai mit dem Schwerpunktthema „So- Auf der Grundlage der erworbenen 55 Bücherangebot der LmDR cial Media Management im politischen Kenntnisse fand in den nachfolgenden 56 Gemeinsam.Demokratie.Gestalten – ein Umfeld“. Monaten immer wieder ein Austausch Projekt der Konrad-Adenauer-Stiftung Die einzelnen Workshops wurden von zwischen den Mitgliedern des Öffentlich- der freien Journalistin Charleen Florijn, keitsausschusses sowie den aktiven Ehren- Bitte beachten Sie: die unter anderem für das „Handelsblatt“ amtlichen und den ProjektleiterInnen zur Redaktionsschluss für und den WDR arbeitet, geleitet. Moderiert Professionalisierung der digitalen Arbeit die November-Ausgabe 2020 und begleitet wurden die einzelnen Ver- bei der LmDR statt. ist der 17. Oktober 2020. anstaltungen von Dietmar Schulmeister, Der Öffentlichkeitsausschuss Vorsitzender des Öffentlichkeitsausschus- der LmDR 2 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
Die Landsmannschaft Auf ein Wort schen aus Russland bis zum heutigen Tag als unser „Grundgesetz“. Insbesondere gilt das für den „Verzicht auf Rache und Vergel- Liebe Landsleute, tung“, der für uns eine Selbstverständlich- liebe Mitglieder der Landsmannschaft keit darstellt. der Deutschen aus Russland, *** Für selbstverständlich halten wir auch wie schon in den vergangenen Jahren die Pflege der russlanddeutschen Kultur - und Jahrzehnten gedachte die Landsmann- hier in der Bundesrepublik, aber auch in schaft der Deutschen aus Russland auch den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. 2020 im August und September mit Veran- Die Zusammenarbeit mit dem Museum staltungen auf Bundes-, Länder- und Orts für russlanddeutsche Kulturgeschichte in ebene der Verfolgung der Russlanddeut- Detmold und dem Bayerischen Kulturzen- schen, für die der Erlass des Präsidiums des trum der Deutschen aus Russland in Nürn- Obersten Sowjets der Sowjetunion vom 28. berg gehört ebenso dazu wie die Pflege und August 1941 „Über die Übersiedlung der Ausweitung unserer grenzüberschreitenden Deutschen, die in den Wolgarayons woh- Maßnahmen. nen“ als markantestes Datum steht. Im Übrigen wird ein nicht unerhebli- Ich spreche auch an dieser Stelle allen cher Teil des Ende November 2020 erschei- unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbei- nenden Heimatbuchs der LmDR der Kultur tern meinen herzlichen Dank aus, dass sie der Deutschen aus Russland in der Sowjet- Johann Thießen in Zeiten von Corona für würdige Veran- union gewidmet sein. staltungen gesorgt haben. *** *** Dass wir uns in diesem Zusammenhang Abschließend wiederhole ich eine Bitte Die Herausforderungen und Verände- entschieden gegen eine Vereinnahmung an Sie: rungen, die die Corona-Krise mit sich ge- des wichtigsten Datums der russlanddeut- Anlässlich ihres 70-jährigen Gründungs- bracht hat, sind enorm. Maßgeblich durch schen Geschichte durch rechtsradikale jubiläum plant die Landsmannschaft der die ehrenamtliche Arbeit, Hilfe und un- Kräfte, wie in diesem Jahr ausgerechnet Deutschen aus Russland die Herausgabe ermüdliche Unterstützung ihrer Mitglie- am 28. August im Grenzdurchgangslager einer Festschrift. der konnte die Landsmannschaft diese Zeit Friedland geschehen, verwahren, betonen Zu den Inhalten sollen kurzgefasste Bei- auf eine bewundernswerte Art meistern wir in dieser Ausgabe ausdrücklich. träge verdienter Mitglieder zu ihrer Moti- und geht aus der Krise sogar gestärkt her- *** vation, in der LmDR mitzuwirken, bzw. zur vor. Vieles war in dieser Zeit nicht einfach, Über die zahlreichen Gedenkveranstal- Entwicklung ihrer Mitgliedschaft gehören. Konzepte mussten überdacht werden, Ver- tungen berichten wir ebenso wie über die Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn anstaltungen verschoben und neue Wege Jubiläumsfeier in Stuttgart-Bad Cannstatt Sie uns entsprechende Beiträge (mit Port- gegangen werden. Wir danken von Herzen zu 70 Jahren Charta der deutschen Hei- rätbild) unter den bekannten Adressen (per für diese herausragende Leistung! matvertriebenen, zu deren Mitunterzeich- Post: Landsmannschaft der Deutschen aus nern unser Verband gehörte. Die in der Russland, Raitelsbergstraße 49, 70188 Stutt- Bleiben Sie stark und gesund! Charta formulierten Maximen betrachten gart; per E-Mail: Kontakt@LmDR.de) bis Ihr Johann Thießen, auch wir als Landsmannschaft der Deut- zum 25. Oktober 2020 übermitteln würden. Bundesvorsitzender der LmDR Presseerklärung der LmDR zum Schicksalstag der Deutschen aus Russland (gekürzt) Z wei Monate nach Beginn des vielmehr alle Deutschen in der Sowjetunion, mannschaft der Deutschen aus Russland, deutsch-sowjetischen Krieges am ganz gleich ob sie an der Wolga, am Dnjepr Johann Thießen, zur geschichtlichen und 22. Juni 1941 veröffentlichte das oder am Don, am Schwarzen Meer, auf der aktuellen Bedeutung der tragischen Ereig- Präsidium des Obersten Sowjets der Sow Krim oder im Kaukasus, in Wolhynien, in nisse aus: jetunion am 28. August 1941 den Erlass den Städten oder in Streusiedlungen wohn- „Wir verkennen nicht, dass der von „Über die Übersiedlung der Deutschen, ten. Es gab damals Dutzende weiterer Er- Deutschland verursachte Krieg Auslöser die in den Wolgarayons wohnen“. lasse und Befehle, Verfügungen und Anord- dieser Katastrophe war. Ebenso wie die In diesem Erlass wurden die Deutschen nungen, die deren Deportation mit penibler Bundesrepublik Deutschland stehen auch in der Wolgarepublik ohne jeden Grund Genauigkeit regelten. wir zur Verantwortung für die dadurch ver- beschuldigt, Feinde des Sowjetvolkes und Und sie erlitten dieses Schicksal nur aus ursachten Kriegsfolgen. der Sowjetmacht, Saboteure und Spione in dem einen und einzigen Grund, weil sie Wir betonen aber auch, dass die Russ- ihrer Mitte zu verstecken. Diese, so der Er- Deutsche waren. Unabhängig davon, wo sie landdeutschen zu keiner Zeit eine Bedro- lass, würden auf Befehl aus Deutschland wohnten, ob sie gläubig waren oder nicht, hung für die Sowjetunion darstellten und Anschläge vorbereiten. unabhängig davon, ob sie einfache Bauern ohne jede Schuld zu Opfern wurden. Was dann 1941 geschah, mussten Hun- oder hochgebildete Wissenschaftler waren, Bereits vor knapp zehn Jahren haben wir derttausende unserer Landsleute am eige- und auch unabhängig davon, was sie von den einen Appell an den Präsidenten Russlands nen Leib verspüren: Deportation, Zwangs- mehr als fragwürdigen Errungenschaften des gerichtet, die Russlanddeutschen so viele arbeit unter unmenschlichen Bedingungen, Kommunismus hielten. Es wurde nicht ge- Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges mörderische Kälte, Hunger und Tod. fragt, was einer tatsächlich dachte oder getan auch faktisch zu rehabilitieren, ihre un- Keine Rede konnte davon sein, dass von hatte, dass er Deutscher war, genügte, um ihn schuldigen Opfer mit Worten des Bedau- den Maßnahmen des Erlasses nur die Wol- Tod und Verderben auszusetzen. erns und des Mitgefühls zu würdigen. Eine gadeutschen betroffen waren, die darin na- Bei der Gedenkfeier des Jahres 2018 Antwort, egal von welcher Regierungse- mentlich genannt wurden. Zu leiden hatten führte der Bundesvorsitzende der Lands- bene, ist bis heute ausgeblieben.“ VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020 3
Die Landsmannschaft Grenzdurchgangslager Friedland: Zentrale Gedenkfeier der LmDR in schweren Zeiten Landsmannschaft setzt Zeichen gegen rechts Boris Pistorius T rotz erheblicher Einschränkun- gen im Zeichen der Corona-Pan- demie veranstaltete die Lands- mannschaft der Deutschen aus Russland unter Federführung der Landesgruppe Niedersachsen (Vorsitzende: Lilli Bi- schoff) auch in diesem Jahr im Grenz- durchgangslager Friedland ihre zent- rale Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des stalinistischen Terrors in der Sowjetunion der 30er und 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Das Motto lautete „Zukunft braucht Vergangenheit“. Auf eine Gedenkveranstaltung wie in den vergangenen Jahren mit bis zu 300 Teilneh- mern mussten die Organisatoren in diesem Das traditionelle Bild vor der Friedlandglocke – mit beschränkter Personenzahl in Zeiten der Jahr verzichten, trotzdem schaffte es Lilli Bi- Corona-Pandemie. schoff mit ihrem Team, am 5. September 2020 eine dem Anlass angemessene Feier auf die Beine zu stellen. zu bewältigen haben, zu sagen. Ich möchte staltung beigetragen hatten, und allen Teil- Unter den Ehrengästen waren erneut der Ihnen auf diesem Wege gerade als Schirm- nehmern, die auch unter erschwerten Be- stellvertretende Vorsitzende der CDU-Frak- herr meine besondere Wertschätzung aus- dingungen den Weg nach Friedland nicht tion im Niedersächsischen Landtag, Uwe drücken und unseren Zusammenhalt in scheuten. Schünemann, und der Bürgermeister der Niedersachsen nachdrücklich bekräftigen. Zur Bedeutung der Gedenkveranstal- Gemeinde Friedland, Andreas Friedrichs, Die Geschehnisse in Folge des Zweiten tung führte sie aus und nahm dabei mit die sich mit Ansprachen an die Teilnehmer Weltkriegs sind Teil unserer gemeinsamen deutlichen Worten gegen Vereinnahmungs- wandten. Geschichte und Gedanken ... Das ist für versuche der russlanddeutschen Geschichte unser Land ebenso wichtig wie für die be- durch rechte Splittergruppen, die in skan- Eine Erinnerung, troffenen Menschen selbst. Erst das Geden- dalöser Weise das Grenzdurchgangslager ken, erst die Auseinandersetzung schaffen Friedland für eine eigene Propagandaver- die nicht verlorengehen darf ein geschichtlich kritisches Bewusstsein. anstaltung am 28. August 2020 missbraucht Der niedersächsische Minister für Inneres Erinnerung ist ein Teil unseres gesellschaft- hatten: und Sport, Boris Pistorius (SPD), der die lichen Wertkompasses Gedenken. Ein Teil „So schmerzvoll die Erinnerung an un- Schirmherrschaft übernommen hatte, hatte des Kompasses, den wir brauchen, um die sere Vergangenheit auch ist, hilft sie uns eine Videobotschaft übermittelt, in der er Zukunft unseres Landes verantwortungs- doch, den rechten Weg in der Gegenwart unter anderem betonte: voll zu gestalten.“ und Zukunft zu finden. Als selber in der „Aus unseren vielen Begegnungen weiß ehemaligen Sowjetunion Unterdrückte und ich, dass die Erinnerung an das in der ehe- Zeichen gegen rechts Deportierte wenden wir uns heute etwa maligen Sowjetunion geschehene Unrecht gegen jegliche Diskriminierung von Flücht- nicht verloren gehen darf. Es ist sehr wichtig, Lilli Bischoff bedankte sich in ihrer Begrü- lingen und anderen Minderheiten. Ich zi- Ihnen das auch noch einmal unter den be- ßungsrede bei allen, die mit ihrem Einsatz tiere dazu aus einer unserer Stellungnah- sonderen Bedingungen, die wir alle gerade zum Zustandekommen der Gedenkveran- men der letzten Zeit: 4 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
Die Landsmannschaft Vor dem Mahnmal auf dem Friedlandberg. Links neben dem Kranz Uwe Schünemann, rechts daneben Svetlana Paschenko, Johann Thießen und Lilli Bischoff. ‚Die Deutschen aus Russland mussten Vorredner bereits berichtet haben, hat uns der Demokratie haben, und sind bereit, sie über Jahrzehnte in der Sowjetunion erfah- jedoch dazu bewogen, uns hier im kleine- gegen jeden zu verteidigen, der sie unter- ren, was es bedeutet, allein aufgrund der ren Rahmen vor dem Friedland-Mahnmal gräbt!“ Volkszugehörigkeit diskriminiert und ge- zu treffen, um zu zeigen, wer die Deutschen Zum Ausmaß der Verfolgungen der hasst zu werden. aus Russland wirklich sind und was sie den- Deutschen in der Sowjetunion Stalins be- Wer mit eben diesem Hass Menschen ken und fühlen. tonte der Bundesvorsitzende: begegnet, die ihre Heimatländer wegen Wir können – offen gestanden! – nur „Insgesamt wurden zwischen Juni 1941 der dort herrschenden lebensbedrohlichen schwer verstehen, weshalb Organisationen, und März 1942 nicht weniger als 24 Be- Umstände verlassen mussten, hat mit dem die schon in der Vergangenheit immer wie- fehle, Erlasse, Beschlüsse und Verordnun- energischen Widerstand der Landsmann- der durch volksverhetzende, menschenver- gen erlassen, mit denen die Deportation schaft der Deutschen aus Russland zu rech- achtende und antisemitische Äußerungen der Deutschen in der Sowjetunion geregelt nen.‘ aufgefallen waren, diese Plattform gegeben wurde. Umso empörter waren wir darüber, dass wurde. Sie zeigen, in welchem Umfang und mit Vertreter einer rechtsradikalen russland- Und das im Zusammenhang mit dem welch systematischer Genauigkeit die De- deutschen Splittergruppe hier an gleicher Gedenktag der Deutschen aus Russland, portation der Deutschen in der Sowjet- Stelle vor einer Woche unter dem Deck- die am eigenen Leib erleben mussten, was union geplant und durchgeführt wurde. mantel einer Gedenkfeier Werbung für ihre es bedeutet, wenn die Demokratie ausgehe- Letztendlich wurde keiner verschont menschenverachtenden Thesen machten. belt wird und Diktatoren das Sagen haben.“ und kein Gebiet ausgelassen.“ Wir distanzieren uns davon mit aller Weiter führte Thießen aus: Entschiedenheit und hoffen, dass sich der „Keiner, der die Entwicklungen der letz- Der Rahmen Schaden, den sie der gesamten russland- ten Jahre und Jahrzehnte vorurteilsfrei ver- deutschen Volksgruppe zufügen, in Gren- folgt hat, kann bestreiten, dass sich die Deut- Die Totenehrung vor dem Mahnmal sprach zen hält. schen aus Russland mit ihrer ausgeprägten der langjährige Vorsitzende der Ortsgruppe Wir Deutschen aus Russland sind froh, Integrationsbereitschaft zu einem Gewinn Wolfsburg der LmDR, Helmut Kieß. in der Demokratie angekommen zu sein, für die Bundesrepublik entwickelt haben. Den musikalischen Rahmen gestaltete und lehnen jeden ab, der ihr Schaden zu- Gerade deshalb wünschen wir uns, dass der Wolfsburger Chor der Deutschen aus fügen möchte!“ in den Medien nicht nur dann über sie be- Russland unter der Leitung von Emanuel In gleicher Weise äußerte sich auch der richtet wird, wenn etwas vermeintlich Ne- Kaufmann, der auch als Solist mit „In Erin- Bundesvorsitzende der LmDR, Johann gatives geschehen ist. nerung an die Deportation des deutschen Thießen: Natürlich war die eingangs erwähnte Volkes“ von Valentina Kukharuk auftrat. „Ursprünglich sollte die Gedenkfeier Aktion der Rechtsradikalen hier in Fried- Abgeschlossen wurde das Gedenken tra- wegen der anhaltenden Corona-Pandemie land verabscheuungswürdig – aber es war ditionsgemäß mit dem gemeinsamen Ge- auf unbestimmte Zeit verschoben werden. nur eine ganz kleine Minderheit, die sich sang des Deutschlandliedes und des Liedes Der nach unserer Auffassung skandalöse hier produzierte. der Deutschen aus Russland, „Großer Gott Auftritt einer rechtsradikalen Gruppierung, Wir, die große Mehrheit der Deutschen wir loben dich“. über den Frau Bischoff und meine anderen aus Russland, wissen sehr wohl, was wir an VadW; Bilder: Jakob Krämer VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020 5
Die Landsmannschaft Stuttgart-Bad Cannstatt: Festakt zum Gedenken an die Opfer der Deportation Festredner Ernst Strohmaier, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg der LmDR. tung des 20. Septembers für die deutsche Geschichte hin: „Heute vor 75 Jahren wurde durch den Alliierten-Kontrollrat die NSDAP ver- boten. Mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 1 wurde das NS-Recht aufgehoben. Das war der erste Schritt in die Freiheit für die den Krieg überlebenden und in Trümmern le- benden Deutschen. Ganz anders ging es den Menschen, die im Osten Deutschlands lebten oder in Ost- europa zuhause waren. Für sie war der Krieg nicht zu Ende. Die Folgen des Krieges er- schwerten verstärkt das Leben der Schle- sier, Sudetendeutschen, Ostpreußen, Dob- rudschadeutschen und Karpatendeutschen. Vertrieben aus ihrem Lebensraum, muss- ten sie auf Todeswegen durch Elend und Hunger für sich und ihre Kinder im Westen Restdeutschlands ein neues Zuhause zwi- schen den auf Trümmern sitzenden Einhei- mischen suchen. Nach unterschiedlichen Schätzungen sol- len in den Wirren zwischen 1944 und 1947 etwa 400.000 bis zwei Millionen Flüchtlinge ums Leben gekommen sein. In den Norden Russlands und nach Si- birien wurden viele Bessarabiendeutschen, Banater Schwaben und Siebenbürger Sach- sen verschleppt, um als Wiedergutmachung in sowjetischen Zwangsarbeitslagern zu ar- Kranz der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am Mahnmal für die Charta der deut- beiten. Erst einige Jahre später kamen sie in schen Heimatvertriebenen in Stuttgart-Bad Cannstatt. ihre Heimatorte zurück. D Die menschenfeindliche NSDAP war ie Landesgruppe Baden-Würt- Die Eröffnung des Festaktes übernahm verboten, aber nicht das Sowjetregime Sta- temberg der LmDR war in die- der langjährige Kulturreferent der Landes- lins. Aufgehetzt gegen alles, was deutsch sem Jahr zuständig für die Orga- gruppe Baden-Württemberg des BdV, Al- war oder einen deutschen Namen trug, nisation der Kranzniederlegung vor dem bert Reich. Das Grußwort der Stadt sprach bekamen nun die erzürnten und erbosten Vertriebenenmahnmal im Kurpark von Beate Dietrich, die Festrede hielt der Vor- Menschen der Sowjetunion einen gehass- Stuttgart-Bad Cannstatt, die am 20. Sep- sitzende der Landesgruppe Baden-Würt- ten Feind zum Greifen nah: Die Russland- tember stattfand. Die Kranzniederlegung temberg der Landsmannschaft der Deut- deutschen wurden aus Deutschland nach ist die zentrale Maßnahme um „Tag der schen aus Russland, Ernst Strohmaier. Er Russland ‚repatriiert‘. Hier warteten auf sie Heimat“ in Baden-Württemberg. wies nicht zuletzt auf die besondere Bedeu- Zwangsarbeitslager und Sondersiedlungen. 6 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
Die Landsmannschaft Der Stuttgarter Chor unter der Leitung von Galina Schulz sang das traditionelle Lied der Deutschen aus Russland, „Großer Gott wir loben dich“. Mit der Zerschlagung von Nazi-Deutsch- Im Kampf ums Überleben gab es für sie zu überleben. Hinzu kam der Glaube, dass land war der Krieg für 2 Millionen Deut- nur noch ein Gefühl, das stärker war – die Gott ihnen helfen werde. Deswegen spre- sche in der Sowjetunion noch lange nicht Sehnsucht nach Freiheit, Gerechtigkeit und chen die Deutschen aus Russland auch stets zu Ende. Konrad-Adenauer nannte sie ‚ver- Gleichberechtigung. Gott Lob und Dank aus. Und das ist der gessene Deutsche‘. Es waren Menschen, die In der Presse findet man oft die gut- Grund, wieso das Kirchenlied ‚Großer Gott das Kriegsfolgeschicksal mit voller Härte gemeinte Formulierung: Die Deutschen wir loben dich‘ zu ihrem Traditionslied bei getroffen hatte. aus Russland kommen zurück in die Hei- allen Festakten geworden ist.“ 75 Jahre sind eine kurze Zeit, wenn man mat ihrer Ahnen. Das stimmt. Aber es In diesem Zusammenhang danke ich – wie die UdSSR im II. Weltkrieg – den Tod stimmt auch, dass diese deutsche Volks- herzlich dem Stuttgarter Chor der Deut- von über 20 Mio. Bürger zu beklagen hat. gruppe seit 75 Jahren nach Heimat sucht. schen aus Russland unter der Leitung von Für die Rache an den Verbrechen von Na- Für die Deutschen aus Russland ist die Galina Schulz, der nach den Worten Stroh- zi-Deutschland wurden einfache Menschen Heimat nichts Abstraktes. Heimat für sie maiers „Großer Gott wir loben dich“ an- – Männer, Frauen, Kinder, Alte, Schwache, ist die tiefe Sehnsucht nach Freiheit. Es ist stimmte. Die zahlreichen Teilnehmer der Kranke, Menschen, die im zivilen Leben der Wunsch, als Gleiche unter Gleichen zu Gedenkveranstaltung sangen voller In Bauern oder Handwerker waren – genom- leben. brunst mit. men, wenn sie einen deutschen Namen tru- In den schlimmsten Jahren des Hungers Viktor Neubauer, stellvertretender Vorsitzender gen. Deutsche hatten keine Rechte mehr in und der Not, in Kerkern und Lagern träum- der Landesgruppe Baden-Württemberg der Sowjetunion. Dem Kriegsfolgenschick- ten die Deutschen in der Sowjetunion von der LmDR sal sind sie bis in die heutige Zeit ausgesetzt. Freiheit. Dieses Gefühl gab ihnen die Kraft Bilder: Ilja Fedoseev Horst Göbbel: „Ich verneige mich vor diesen Menschen.“ Kranzniederlegung am Zentralen Denkmal Flucht und Vertreibung in Nürnberg A nlässlich des 79. Jahrestages der Deportation der Deutschen in der Sowjetunion luden die Lm- DR(Kreisgruppe Nürnberg) und das Bay- erische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland unter strengsten Corona-Aufla- gen zur Kranzniederlegung am 28. Au- gust 2020 am Zentralen Denkmal für Flucht und Vertreibung in Nürnberg ein. Im Beisein von Karl Freller, 1. Vizepräsi- dent des Bayerischen Landtags, CSU-Stadt- rätin Helmine Buchsbaum (in Vertretung des Nürnberger Oberbürgermeisters Mar- cus König, der die Schirmherrschaft über- nommen hatte) sowie Vertretern von SPD und Grünen gedachten die Veranstalter der Opfer der Deportationen in der Sowjetunion. Vor dem Denkmal in Nürnberg. VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020 7
Die Landsmannschaft „Der Vertreibungserlass vom 28. August Zur Kranzniederlegung, die von Rudi 1941 ist nur einer von vielen Meilensteinen Walter und Ewald Oster vorgenommen der Leidensgeschichte der Russlanddeut- wurde, spielte der russlanddeutsche Musiker schen, die die bittere Erfahrung machen Walter Schatschneider „Ich hatt’ einen Ka- mussten, was es bedeutet, eine Schicksals- meraden“ auf der Trompete. Mit klassischen gemeinschaft zu sein, die schuldlos schuldig Musikstücken von Peter Tschaikowski, Lud- gesprochen wurde“, fasste Dorothea Walter, wig van Beethoven, Edvard Grieg und ande- Kulturreferentin der Kreisgruppe Nürnberg ren sorgte er auch für die gesamte musikali- und Moderatorin der Gedenkveranstaltung, sche Umrahmung der Gedenkfeier. in ihrer Begrüßungs zusammen. Die Gedenkveranstaltung wurde in den „Das Ereignis, an das wir heute erinnern, Räumen des BKDR fortgesetzt, wo die hat nichts von seinem Schrecken, hat nichts Gäste unter anderem einen Vortrag von Dr. von seiner mahnenden Botschaft verloren. Viktor Krieger zum Thema „Der Deporta- Der verleumderischen Erlass des Präsidiums tionserlass vom 28. August 1941: Seine Be- des Obersten Sowjets der UdSSR vom 28. deutung für das Selbstverständnis und die August 1941 markiert einen tiefen und bis Erinnerungskultur der russlanddeutschen in die Gegenwart nachwirkenden Einschnitt Bundesbürger“ verfolgten, der die histo- in der russlanddeutschen Geschichte“, be- rische Dimension der Tragödie der Russ- tonte Rudi Walter, stellvertretender Vorsit- landdeutschen durchleuchtete. zender der Landesgruppe Bayern der LmDR Krieger betonte in seinem Vortrag unter und des BKDR sowie Vorsitzender der Orts- anderem: „Sowohl in Russland als auch in gruppe Nürnberg. Das Denkmal „Flucht Kranz zum Gedenken an die Opfer des stali- Deutschland gibt es – abgesehen von we- und Vertreibung“, das der Freistaat Bayern nistischen Gewaltregimes. nigen, zeitlich begrenzten Förderprojekten in den 1990er Jahren in Nürnberg errichten – keine dauerhaft finanzierten staatlichen ließ, sei Mahnung und Gedenken, Nach- Diese Aussage von Viktor Krieger habe Institutionen der Geschichts- und Erin- denken und Versöhnung, Verzeihung und ihn seit Jahren tief beeindruckt. Sie veran- nerungskultur wie etwa Museen, Archive, Frieden zugleich. Die Stadt Nürnberg stehe schauliche treffend, wie „die damals ge- Bibliotheken, Informations- und Doku- hinter den Landsmannschaften, hinter den schundene deutsche Minderheit von der mentationszentren, Gedenkstätten und Deutschen aus Russland und den Erinne- verbrecherischen Führung der damaligen Forschungsinstitute, die sich schwerpunkt- rungsveranstaltungen, um zu mahnen und Sowjetunion in die unendliche Tiefe ihres mäßig mit den russlanddeutschen histori- Frieden zu stiften, so die Stadträtin. Verderbens blicken musste. Jedoch – und schen Erfahrungen oder ihrem kulturellen Auch Werner Henning, BdV-Kreisvor- auch darum stehen wir heute hier und ge- Erbe befassen. sitzender und CSU-Stadtrat, betonte in sei- denken – trotz totaler Rechtlosigkeit, Ver- Auch solche Ausdrucksformen der Er- nem Grußwort insbesondere das Unrecht, folgung, Schutzhaft, Zwangsarbeit, gesell- innerungskultur wie Mahnmale, nationale das den Deutschen in der Sowjetunion wi- schaftlicher Ausgrenzung und tausendfacher Gedenktage und -feste, Fernseh- und Ki- derfahren sei. Opfer ließ sie sich nicht unterkriegen. Ich nofilme, Briefmarken oder Straßennahmen Horst Göbbel, Vorsitzender des Hauses verneige mich vor diesen Menschen.“ fehlen praktisch komplett. der Heimat Nürnberg, wünschte in seiner Der Festredner Ewald Oster, Vorsitzen- Ihre mannigfaltigen Diktaturerfahrun- Ansprache allen Deutschen aus Russland der der Landesgruppe Bayern der LmDR gen – übrigens die längsten im vereinten weiterhin ein starkes Zusammengehörig- und Vorstandsvorsitzender des Trägerver- Deutschland – werden im Schulunterreich keitsbewusstsein. „Wenn es um das Zu- eins des BKDR, ging auf die wichtigsten und in der politischen Bildung kaum be- sammengehörigkeitsbewusstsein der Entwicklungen der russlanddeutschen Ge- rücksichtigt. Die Bilder der russlanddeut- Deutschen aus Russland geht, spielen ver- schichte seit dem Überfall Nazi-Deutsch- schen Vergangenheit bleiben deshalb bis schiedene Faktoren eine eminente Rolle. lands auf die Sowjetunion und dem folgen- heute diffus und werden in öffentlichen Natürlich geht es bei den Deutschen aus schweren Erlass vom 28. August 1941 ein. Diskursen kaum wahrgenommen, obwohl Russland um ihre Sprache, natürlich geht es „Es war der Beginn einer Verfolgung, einer allein in Deutschland nicht weniger als 2,5 bei den Deutschen aus Russland um ihren Demütigung und des grausamen Terrors Millionen Bundesbürger mit russlanddeut- Glauben, um ihre Traditionen“, so Göbbel. gegenüber den Deutschen in der UdSSR. schem Hintergrund leben. In diesem Zusammenhang rief er die Die Wolgarepublik wurde aufgelöst und Die fehlende öffentlichkeitswirksame Worte des russlanddeutschen Historikers die deutsche Bevölkerung wurde unrecht- Anerkennung ihrer eigenständigen Erin- Dr. Viktor Krieger in Erinnerung: „Nicht al- mäßig des Verrats und der Kollaboration nerungskultur, oft verbunden mit empa- lein die Sprache oder der Glauben, nicht die mit Nazi-Deutschland beschuldigt. Die thielosen und einseitigen Berichten in den Herkunft oder die kulturellen Überlieferun- Vorwürfe der Kollaboration mit dem Feind Massenmedien, behindert ihr vollständiges gen, sondern in erster Linie die kollektiven entbehrten jeder Grundlage“, betonte Oster. Heimischwerden und macht einige davon Erfahrungen der gesellschaftlichen Ächtung Die Totenehrung für die Opfer der für russische Propaganda und Geschichts- und alltäglichen Anfeindungen, der Ernied- Kriege und Vertreibungen verlasen Do- politik anfällig. Die Betroffenen erwarten rigung und Entrechtung, der Einweisung in rothea Walter und Stanislav Bugar, Mit- zurecht, dass ihre historischen Erfahrungen Zwangsarbeitslager und das Leben als Son- arbeiter des BKDR. Zu den emotionalen und Erlebnisse – nun Teil auch der deut- dersiedler unter Kommandanturaufsicht Höhepunkten der Gedenkfeier gehörten schen Geschichte geworden – eine gebüh- schufen letztendlich ein übergreifendes Ge- Dorothea Walters Rezitationen von Rein- rende Berücksichtigung in gesellschaftlichen meinsamkeitsgefühl und prägen bis heute hold Franks „Bettelkind aus Sibirien, 1942“ Diskursen und in der gesamtdeutschen Er- das nationale und historische Bewusstsein und Viktor Schnittkes „Die Vergangenheit innerungslandschaft finden würden.“ der russlanddeutschen Minderheit.“ ragt über der Zukunft wie eine Orgel“. VadW 8 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
Zum Gedenken Pressemitteilung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. 70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen Jubiläumsfeier in Stuttgart-Bad Cannstatt Teilnehmer der Gedenkfeier. Das Blumengebinde der LmDR. V or der Gedenktafel für die deut- Neuen Schlosses die Charta der deut- schen Heimatvertriebenen in schen Heimatvertriebenen öffentlich ver- Stuttgart-Bad Cannstatt wurde kündet. Aus ihrer leidvollen Erfahrung am 5. August 2020 an den 70. Jahres- sollen künftigen Generationen ein geein- tag der Unterzeichnung der Charta der tes Europa, weltweite Verständigung und deutschen Heimatvertriebenen erin- ein international anerkanntes Menschen- nert. und Heimatrecht erwachsen.“ Unter den Teilnehmern der Gedenk- Zu den Unterzeichnern der Charta feier, deren Anzahl aufgrund der Co- gehörte 1950 auch der erste Bundes- ronakrise begrenzt werden musste, vorsitzende der Landsmannschaft der waren unter anderem der Beauftragte Deutschen aus Russland, Dr. Gottlieb der Bundesregierung für Aussiedlerfra- Leibbrandt (1908-1989). Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft gen und nationale Minderheiten, Prof. Als Mitunterzeichner orientierten sich der Deutschen aus Russland, Johann Thießen Dr. Bernd Fabritius, der Parlamenta- bereits die Gründer der Landsmann- (rechts), mit dem Vorsitzenden der Landes- rische Staatssekretär beim Bundesmi- schaft der Deutschen aus Russland, die gruppe Hessen des BdV, Siegbert Ortmann. nister des Innern, für Bau und Heimat, gleichfalls 1950 in Stuttgart gegründet Stephan Mayer, die baden-württember- wurde, an den Maximen der Charta, in gische Ministerin für Kultur, Jugend der von „Verzicht auf Rache und Vergel- rechtigkeit“ und die „Wahrnehmung der und Sport, Dr. Susanne Eisenmann, der tung“ ebenso die Rede ist wie von „glei- sozialen und wirtschaftlichen Belange“. Vorsitzende der Landesgruppe Bayern chem Recht als Staatsbürger, nicht nur Ebenso wie die Verbände der deut- des Bundes der Vertriebenen (BdV), vor dem Gesetz, sondern auch in der schen Heimatvertriebenen betrach- Christian Knauer, der Vorsitzende der Wirklichkeit des Alltags“ und von „sinn- tet die Landsmannschaft der Deutschen Landesgruppe Hessen des BdV, Siegbert vollem Einbau aller Berufsgruppen der aus Russland die Charta seither als ihr Ortmann, die Vorsitzende der Landes- Heimatvertriebenen in das Leben des „Grundgesetz“. gruppe Baden-Württemberg der Union deutschen Volkes“. Bernd Fabritius würdigte die Bedeu- der Vertriebenen und Flüchtlinge, Iris Ganz in diesem Sinne formulierten die tung der Charta als Gründungsdoku- Ripsam, und der Bundesvorsitzende der Vertreter der „Arbeitsgemeinschaft der ment der Bundesrepublik, die in diesem Landsmannschaft der Deutschen aus Ostumsiedler“, wie die Landsmannschaft Jahr auch durch die von Bundesinnen- Russland, Johann Thießen. der Deutschen aus Russland in den ers- minister Horst Seehofer angeordnete Be- Unter der Überschrift „Verständigung ten fünf Jahren ihres Bestehens genannt flaggung der obersten Bundesbehörden statt Vertreibung – Versöhnung statt Ver- wurde, im Vereinsorgan „Volk auf dem zum Ausdruck komme. geltung“ ist auf der Tafel zu lesen: „Im Weg“ als Ziele ihrer Arbeit neben der Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Angesicht der Verheerungen von Krieg, „Pflege der heimatlichen Kultur und der Schäuble betonte in einer Videobotschaft Flucht und Vertreibung wurde von den Verbundenheit der Landsleute“ unter an- insbesondere die Weitsicht der Charta Heimatvertriebenen und Flüchtlingen derem die „Geltendmachung des Rechts und den darin formulierten Verzicht auf am 06. August 1950 vor den Ruinen des auf Heimat, Menschenwürde und Ge- Rache und Vergeltung. VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020 9
Frauenbilder: Gestern, heute, morgen. Valentina Wudtke – Unversiegbare Energiequelle einer russlanddeutschen Powerfrau Valentina Wudtke Valentina Wudtke mit der Bayerischen Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ca- der Vergangenheit bei vielen Aktionen und rolina Trautner (links), und Sylvia Stierstorfer (rechts), Beauftragte der Bayerischen Staatsre- Veranstaltungen mitgewirkt, war eine der gierung für Aussiedler und Vertriebene, bei der Feier zum Tag der Heimat 2020 im Augsburger tragenden Säulen der Orts- und Landes- Rathaus. gruppenarbeit. W Als Vorsitzende der Orts- und Kreis- er Valentina Wudtke kennt 1994 siedelte Valentina mit ihrer Familie gruppe Regensburg nutzt sie mittlerweile und sie schon einmal in Ak- nach Deutschland um. Sie fand einen Job, ihr Amt zu einer stärkeren Vernetzung, leis- tion erlebt hat, denkt sich arbeitete sich schnell ein und war bald so- tet viel für die Entwicklung der Ortsgruppe, zweifelsohne: Ihr Tag muss doch 50 Stun- wohl beim Team als auch bei den Vorge- erweitert die Kooperationen zwischen der den haben! Denn wie sonst schafft es diese setzten für ihren Fleiß und ihre Leistung LmDR und den Strukturen der Stadt. Da- Powerfrau aus Regensburg (Bayern), so anerkannt und angesehen. Sie zeigte sich rüber hinaus trägt sie zur Akzeptanz der viele Aufgaben gleichzeitig zu meistern? stets engagiert und scheute sich nicht, ei- Deutschen aus Russland in der Stadt bei, In erster Linie ist Valentina Wudtke eine gene Ideen und Verbesserungsvorschläge organisiert mit ihrem Team sämtliche In- liebevolle Mutter und Oma, die ihrer Fa- einzubringen. formations- und Aufklärungsveranstaltun- milie trotz all ihrer Aktivitäten viel Zeit Als alleinerziehende Mutter von zwei gen und setzt sich darüber hinaus für die und Aufmerksamkeit widmet. Sie ist die Kindern musste Valentina im Alltag viel Förderung und Vermittlung der russland- Vorsitzende der Orts- und Kreisgruppe bewältigen. Und trotz aller Hürden schaffte deutschen Kultur mithilfe von Konzerten, Regensburg und Vorstandsmitglied der sie es, alles zu meistern und ihren Kindern Theateraufführungen, Lesungen und Be- Landesgruppe Bayern der LmDR. Neben vieles zu ermöglichen. Mittlerweile hat sie gegnungen ein. ihrer Tätigkeit bei der Landsmannschaft drei Enkelinnen, mit denen sie sehr gern Valentina ist „multifunktional“ – das ist sie seit Jahren in der Seniorenarbeit ihre Zeit verbringt. Ihre Tochter und ihren sagen nicht nur ihre Familienmitglie- engagiert. Sohn hat sie bei der Betreuung der Kinder der, sondern auch ihre Freunde und Kol- Valentina Wudtke ist ein Phänomen, immer nach Kräften unterstützt. Für ihre legen aus ihrem Umfeld. Wenn es darauf denn ihre Energie scheint unerschöpf- Mutter haben Viktoria und Michael nur die ankommt, kann man sich zu 100 Prozent lich zu sein. Mit ihrem aufgeschlossenen wärmsten Worte der Dankbarkeit und Be- auf sie verlassen. Sie ist immer da, hilft und Wesen, ihrem einzigartigen Humor und geisterung. Zu ihren Enkelinnen hat Valen- packt mit an. Sie lässt alles stehen und lie- ihrer unübertroffenen Schlagfertigkeit tina eine sehr enge Bindung und blüht in gen, versetzt Berge und gibt alles, wenn es bringt sie stets gute Laune in die Runde und ihrer Oma-Rolle voll auf. darum geht, Menschen in Not zu helfen. motiviert andere, sich aktiv in das Gesche- Valentinas Leben zog sich durch viele Gleichbehandlung und Gleichberechtigung hen einzubringen. Stationen: Sie lebte in Kasachstan und in werden bei ihr ganz großgeschrieben. Geboren ist Valentina im Gebiet Kus Russland; nach der Übersiedlung nach Neben der aktiven Arbeit mit Menschen tanaj (heute Qostanai) in Kasachstan. Die Deutschland lebte sie in Niederbayern und legte Valentina immer großen Wert auf die Familie zog bald nach Tscheljabinsk, um in Rheinland-Pfalz. Nach der gesundheits- Weiterentwicklung und Weiterbildung in den vier Kindern mehr Perspektiven bieten bedingten Verrentung zog sie nach Re- den Bereichen, in denen sie tätig ist. Sie er- zu können. Valentina zeichnete sich schon gensburg und hat dort mittlerweile ihren weiterte stets ihr Wissen, absolvierte Schu- immer durch Zielstrebigkeit und Kampf- Lebensmittelpunkt und ihre Heimat gefun- lungen, besuchte Seminare, erlangte dabei geist aus. Als sie bereits ihre beiden Kin- den. neue Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie en- der Viktoria und Michael hatte, schlug sie Als Valentina nach Regensburg kam, gagierte sich bei der Diakonie und in der einen zweiten Bildungsweg an und absol- entdeckte sie das Ehrenamt für sich. Im Bahnhofsmission und ist heute als ehren- vierte eine Offiziersschule. Sie erlangte den Jahr 2013 lernte sie die Arbeit der Lands- amtliche und rechtliche Betreuungskraft in Offiziersgrad und arbeitete daraufhin jah- mannschaft der Deutschen aus Russland der Seniorenarbeit tätig. relang als Leiterin einer Berufsfeuerwehr. kennen und wurde kurz daraufhin Mit- Für Senioren engagiert sich Valentina Eine starke Aufgabe für eine starke Frau! glied. Seitdem ist sie aktiv dabei. Sie hat in mit Herz und Seele. Sie kennt die Prob- 10 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
Frauenbilder: Gestern, heute, morgen. leme und Herausforderungen, mit denen manche Situationen sind schwer und stel- Für ihr großes Herz, ihren starken Wil- die Menschen im Alltag zu kämpfen haben. len eine Herausforderung dar. Doch trotz len, für ihren unermüdlichen Einsatz für Aber auch die Vorurteile und Benachteili- allem macht sie immer weiter, denn ihre unsere Landsleute, sowie das großartige gungen, die sie erfahren. Mit ihrem uner- Arbeit gibt ihr das Gefühl einer Erfüllung; Bild einer engagierten Deutschen aus Russ- müdlichen Einsatz versucht sie die Lage der daraus schöpft Valentina ihre Kraft. Und land, das sie nach außen vermittelt, bedan- Menschen zu verbessern. Sie steht nicht nur aus den Ergebnissen ihrer Arbeit schöpft sie ken wir uns im Namen des Vorstandes und mit einem aufmunternden Wort, sondern neuen Mut, neue Hoffnung und die Motiva- der gesamten Orts- und Kreisgruppe Re- auch mit wertvollem Rat und nicht selten tion zum Weitermachen. Sie engagiert sich gensburg sowie des Vorstandes der Lan- auch mit Tat zur Seite. nicht, um jemandem etwas zu beweisen, desgruppe Bayern der Landsmannschaft Bei ihrer Arbeit steht für Valentina der sondern um etwas zu bewirken. Das macht der Deutschen aus Russland. Mensch mit seiner Geschichte im Mittel- sie zu einer unversiegbaren Quelle des bei- Katharina Martin-Virolainen punkt. Viele Fälle berühren sie emotional, spielhaften Engagements. „Frauen stärken, fördern und ermutigen“ Im Gespräch mit der Frauenbeauftragten der LmDR, Albina Baumann, und der Vorsitzenden des LmDR-Ausschusses für Soziales, Familie und Frauen, Valentina Dederer S eit 2019 ist Albina Baumann als Frauenbeauftragte der LmDR tätig. Das Arbeitsfeld ist vielfältig, aber auch mit vielen Herausforderungen ver- bunden. Als eine der wichtigsten Aufga- ben nennt Albina Baumann den Aufbau eines Netzwerkes innerhalb der Lands- mannschaft sowie eine starke Vernetzung mit den örtlichen Strukturen. Gemein- sam mit ihrer Kollegin Valentina Dede- rer, Bundesvorstandsmitglied und Vor- sitzende des Ausschusses für Soziales, Familie und Frauen, erarbeitet sie Instru- mente und Strategien, um Frauen inner- halb der LmDR und in der russlanddeut- schen Community stärken zu können. Die Fragen des nachstehenden Inter- views stellte Katharina Martin-Virolainen. Albina Baumann Valentina Dederer Wenn wir über Stärkung und Förderung von Frauen sprechen: Wo besteht aus Ihrer Wie erreicht man diese Frauen und wie gen. Bei uns muss vieles noch aufgebaut Sicht noch Bedarf? kann die Landsmannschaft da unterstüt- und nachgeholt werden. Damit wir diese Albina: Innerhalb der Landsmannschaft zend mitwirken? Vernetzung nicht nur regional, sondern sind unsere Frauen sehr aktiv: Sie engagie- Albina: Das betone ich immer wieder: auch bundesweit schaffen. Damit wir nicht ren sich ehrenamtlich in den Orts- und Wir brauchen eine bessere und stärkere nur helfen, sondern auch mitreden, mitbe- Landesgruppen, in den Vorständen, gestal- Vernetzung, sowohl innerhalb der Lands- stimmen und mitgestalten können. ten die Angebote, beteiligen sich an Planun- mannschaft als auch mit den vorhandenen Valentina: Netzwerk ist ein wichtiger gen und Durchführungen von Aktionen örtlichen Strukturen. Stichpunkt. Das ist das Fundament, auf dem und Veranstaltungen. Sie sind die tragende Um Bedarfe erkennen und auf sie reagie- wir unsere Frauenarbeit aufbauen möchten. Säule unserer landsmannschaftlichen Ar- ren zu können, brauchen wir die Informati- Es wird bereits viel geleistet, aber wir müs- beit und leisten einen enormen Beitrag zur onen der einzelnen Orts- und Landesgrup- sen an einem Strang ziehen. Ein Thema ist Weiterentwicklung unseres Verbandes. pen. Welche Themen sind gerade aktuell? unumstritten die Sichtbarkeit der Frauen Doch leider ist diese Arbeit nicht immer Welche Probleme und Herausforderungen im ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen sichtbar. Mir fehlt die Würdigung der ein- gibt es? Welche Unterstützung können wir Engagement, wie Albina bereits erwähnt zelnen Frauen und Anerkennung ihrer bieten? hat. Da sind wir auf einem guten Weg, weil Leistung. Wir sprechen noch viel zu wenig Um handeln zu können, sind wir auf unsere Frauen sich immer stärker präsen- darüber. Ich wünsche mir, dass das ehren- Rückkopplung angewiesen. Wir brauchen tieren. Diese Entwicklung müssen wir un- amtliche und bürgerschaftliche Engage- den Kontakt zu den einzelnen Gliederun- terstützen und fördern. ment der Frauen sichtbarer wird. Nicht nur gen der Landsmannschaft. Diese könn- Doch es gibt auch andere Themen und sichtbarer, sondern auch, dass es entspre- ten als Ansprechpartner und Bindeglied Probleme, die sich zum Beispiel auf der pri- chend anerkannt und gewürdigt wird. zwischen unseren Frauen, mir als Frau- vat-persönlichen Ebene abspielen. Da brau- Eine weitere wichtige Aufgabe ist zum enbeauftragten sowie den Institutionen, chen unsere Frauen ebenfalls Unterstützung Beispiel die Unterstützung der Frauen in Gleichstellungsbeauftragten und Behörden und Hilfestellung. Wenn wir als Beispiel schwierigen Lebenssituationen, bei der fungieren. das Thema der häuslichen Gewalt nehmen: Anerkennung von Bildungs- und Berufs- Unsere Netzwerke und Kooperationen Meistens sind Frauen davon betroffen. Wie abschlüssen sowie bei ihrer Gleichstellung müssen noch reifen. Andere Organisatio- können wir als Landsmannschaft da helfen? im Berufsleben. nen verfügen bereits über diese Grundla- Es gibt bereits viele Angebote – öffentliche Fortsetzung auf der nächster Seite >>> VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020 11
Frauenbilder: Gestern, heute, morgen. Beratungsstellen, Frauenhäuser und Hilfs- Es wäre sehr wertvoll, zu wissen, wo wel- vereine -, aber die Frage ist: Wie kommen che Strukturen bereits vorhanden sind. Wir Mit dem Codewort „Maske 19“ die Frauen an diese Informationen? müssen die Informationen bündeln und zur können Frauen, die häusliche Verfügung stellen. Wie sehen Sie da die Rolle der Lands- Dabei spielt auch das Ehrenamt eine Gewalt erfahren, in Apotheken mannschaft? große Rolle. Frauen können Frauen helfen. unauffällig um Hilfe bitten. Valentina: In erster Linie beratend und Wir müssen sie mehr in die Prozesse einbin- begleitend. Wir müssen die Informatio- den. Man kann persönliche und berufliche 08000 160 016 – Hilfetelefon nen zusammentragen und den Frauen den Erfahrungen nutzen, um eine bessere Unter- „Gewalt gegen Frauen“ in 17 Zugang dazu erleichtern und gewährleis- stützung und Koordinierung zu erreichen. Sprachen, unter anderem auch ten. Die Kooperation mit öffentlichen Stel- Valentina: Ich möchte hinzufügen, dass len ist sehr wichtig. Natürlich können wir wir viele russlanddeutsche Frauen haben, Russisch. nicht jede Frau an die Hand nehmen und die im Bereich Soziales tätig sind. Sie kön- sie in diesem Prozess begleiten – dafür feh- nen ihre wertvollen Erfahrungen mit uns len uns auch oft die Ressourcen. Aber wir teilen und in so manchen Fragen beratend Bei Fragen oder Anliegen stehe ich als können sie an die entsprechenden Stellen zur Seite stehen. Wir müssen alle Kanäle Frauenbeauftragte gern zur Verfügung. Ich vermitteln. Oft ist es ja auch ein sprachli- und alle Mittel dazu nutzen, um Frauen zu möchte die einzelnen Gliederungen, die an ches Problem, das die Frauen daran hin- stärken, ihnen neue Perspektiven aufzuzei- einer Entwicklung und Stärkung der Frau- dert, sich Hilfe zu suchen. gen und zu eröffnen. enarbeit interessiert sind, dazu aufrufen, Viele wissen nicht, dass es Codewörter Albina: Auch bei der Landsmannschaft Kontakt mit mir aufzunehmen. Über eine gibt, mit denen sie sich in der Öffentlichkeit haben wir viele Frauen, die auf dieser Ebene enge Zusammenarbeit und den Ausbau Hilfe holen und auf ihr Problem aufmerk- bereits in unseren Orts- und Landesgrup- eines Netzwerkes freue ich mich sehr und sam machen können. Es gibt Unterstüt- pen aktiv sind und als positives Beispiel bin sehr dankbar für die Kontaktaufnahme. zung in mehreren Sprachen, Hotlines, Be- dienen. Etwa Valentina Wudtke aus Re- Nur gemeinsam können wir die Frauenar- ratungsstellen, Unterkünfte und so weiter. gensburg. Sie ist eine starke und engagierte beit in unserem Verband stärken. All das müssen wir für die Frauen zu- Frau, sie ist aktiv und hilft vielen Frauen in gänglich und greifbar machen, damit sie schwierigen Lebenssituationen. Kontakt: ohne großen Aufwand und ohne Hürden Vorbilder wie sie müssen wir sichtbar Frauenbeauftragte – Albina Baumann: an diese Informationen kommen. machen. Dadurch motivieren wir die einen a.baumann@lmdr.de Vorsitzende des Albina: Da wären wir wieder beim Frauen, sich zu engagieren, und gleichzei- Ausschusses für Soziales, Familie und Netzwerk. Wir brauchen die Zusammen- tig geben wir anderen Frauen den Mut, sich Frauen – Valentina Dederer: arbeit mit den Orts- und Landesgruppen. Hilfe zu suchen. v.dederer@lmdr.de Julia Herb – alles Gute zum 75. Geburtstag! 75 Jahre zu werden, ist schon etwas Beson- unserer Geschäftsstelle in der Dresdner Jo- deres. Dieses besondere Jubiläum beging hannstadt, vieles erledigt sie auch von zu- am 2. September 2020 die Vorsitzende der hause aus. So organisiert sie die Chorpro- Ortsgruppe Dresden, Julia Herb. ben und Auftritte des Chores „Silberklang“ Seit knapp 26 Jahren lebt Julia Herb in (in dem sie selbst mit großer Begeiste- Deutschland. Sie kam mit ihren drei Kin- rung singt), kümmert sich um die Volley- dern, zwei Töchtern und einem Sohn, aus ball-Mannschaft, agiert selbst in der Frauen- Estland zuerst in die Landesaufnahmestelle gruppe, organisiert Begegnungstreffen und Bärenstein, Sachsen, und dann Anfang 1995 kulturelle Veranstaltungen der LmDR in nach Dresden. Dresden, berät neu angekommene und län- In Deutschland angekommen, legte Julia ger in Deutschland lebende Spätaussied- großen Wert auf das Erlernen der deutschen lerInnen und deren Angehörige und hilft Sprache und wollte sich schnell integrieren. regelmäßig beim Dolmetschen in der Migra- In Estland hatte sie viele Jahre als Laborlei- tionsberatung für Erwachsene. terin gearbeitet; nach dem Sprachkurs und Dabei arbeitet sie eng mit der Landes- Julia Herb einer Anpassungsqualifizierung als Labo- gruppe Sachsen der LmDR und ihrem Vor- rantin fand sie leider auf diesem Gebiet keine sitzenden Florian Braun, dem Kreisverband schen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich Stelle. Trotz allem arbeitete Julia in verschie- Dresden des Vertriebenenverbandes, ande- eine Urkunde für ihr ehrenamtliches En- denen Bereichen bis weit ins Rentenalter hi- ren Vereinen und Organisationen in Dres- gagement entgegennehmen durfte. nein, um nicht von Sozialleistungen abhän- den und der Migrationsberaterin der LmDR, Aus Anlass ihres 75. Geburtstages gratu- gig zu sein. Birgit Matthes, zusammen. lieren wir Julia Herb ganz herzlich und wün- Gleichzeitig suchte Julia Kontakt zu ihren Obwohl Julia Herb ein Familienmensch schen ihr weiterhin alles Gute, vor allem Landsleuten und kam so zur LmDR. Von ist, bleibt so für die Familie oft wenig Zeit. Gesundheit und noch viel Kraft und Lei- Anfang an half sie bei der Integration von Aber Julia ist stolz auf ihre Kinder, denn sie denschaft für ihre ehrenamtlichen Tätigkei- Spätaussiedlern und ihren Familienangehö- sind in Deutschland angekommen, haben ten. Und wir sagen „Dankeschön“ für all ihre rigen, denn sie wusste aus eigener Erfahrung, Arbeit und Familien. Aktivitäten und dafür, dass sie die gute Seele wie schwer der Neuanfang in Deutschland ist. Auch Julia selbst ist schon lange ange- der Ortsgruppe Dresden der LmDR ist, ohne Als langjährige Vorsitzende der Orts- kommen im Land ihrer Vorfahren. Beson- die vieles einfach nicht funktionieren würde. gruppe Dresden erfüllt Julia Herb ihr Eh- ders stolz ist sie, dass sie 2014 zur „Dresdne- Florian Braun, Vorsitzender renamt mit Leidenschaft und großem En- rin des Jahres“ gewählt wurde und im Jahr der Landesgruppe Sachsen, gagement. Mehrmals in der Woche ist sie in darauf aus der Hand des damaligen Sächsi- Birgit Matthes, Migrationsberaterin 12 VOLK AUF DEM WEG Nr. 10/2020
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