MAGAZIN 05. 2016 - GCSC.MAGAZIN
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
05 . 2016 german council 20. Jahrgang 2016 | € 12 | ISSN 1614-7804 German Council of Shopping Centers e. V. Impulse, Trends und Nachrichten für Immobilienwirtschaft, Handel, Städte und Kommunen MAgazin VERTRAUEN
Trinity Leeds (GB) The International Local Trinity Trinity Kitchen Kitchen Chapman Taylor Architektur und Städtebau Planungsgesellschaft mbH Klaus-Bungert-Str.33 D-40468 Klaus-Bungert-Str. D-40468Düsseldorf Düsseldorf +49 +49(0)211 (0)21188 8828 2869-0 69-0 www.chapmantaylor.de www.chapmantaylor.deduesseldorf@chapmantaylor.com duesseldorf@chapmantaylor.com
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, »Es gibt nur zwei Tage im Jahr, an denen man wirklich? »Heute ist der richtige Tag«, sagt der nelfähig « umzubauen. Sein Vertrauen auf den nichts tun kann. Der eine ist Gestern, der ande- Dalai Lama, und er hat Recht. Wenn wir Ver- richtigen Standort basiert im Kern auf der re Morgen. Dies bedeutet, dass heute der rich- trauen wieder zurückgewinnen wollen und da- Möglichkeit, mit seinem Geschäft Umsätze tige Tag zum Lieben, Glauben und in erster Li- mit ein harmonisches, entspanntes Leben er- und am Ende des Tages Gewinne zu erwirt- nie zum Leben ist.« So sagt der Dalai Lama. reichen möchten, dann müssen wir heute an schaften, um eingekaufte Waren, Personal, den dafür nötigen Dingen arbeiten. »Jedes Mieten und Steuern bezahlen zu können. Der Was wird morgen passieren, wie wird das gute Geschäft beginnt mit einem ehrlichen bedrängende Online-Handel ist frei von Öff- nächste Jahr werden? Hören wir auf das Zitat, Handschlag.« So handelt der ehrbare, hansea- nungszeiten, Sortimentsbeschränkungen und dann ist das, was wir heute tun können, ent- tische Kaufmann seit Hunderten von Jahren. vor allem von jahrelangen Genehmigungsver- scheidend. Dann ist heute der Tag, an dem wir »So wird’s gemacht – Hand drauf«, lautet am fahren, wenn es um den Umbau seines Stand- das Morgen gestalten. Machen wir aber das Ende einer langen und komplizierten Verhand- ortes geht. Frust und Resignation macht sich Richtige und machen wir es vor allem richtig? lung der Beweis der Einigkeit, der Beweis, dass unter Kaufleuten dann breit, wenn der Umbau Die Basis unserer Arbeit, unseres Lebens ist jede Seite der anderen vertraut, dass die Ver- des Elektromarktes in einen Foodcourt die Vertrauen. Kinder vertrauen Eltern, und in der einbarung gehalten und am Ende des Tages nachvollziehbare Änderung des Bebauungs- Gemeinschaft der Familien, der Bürger eines geliefert wird. Eine Tugend, die heute oft von plans bedarf, dieses aber dann drei Jahre dau- Staates, ist Vertrauen die Versicherung der ge- seitenlangen Verträgen und juristischen Spitz- ert, während im ersten Stock eines Bürohau- genseitigen Unterstützung – das Vertrauen auf findigkeit untergraben, manchmal fast verges- ses der X. Lieferservice für internationales Es- gemeinsame Werte. sen scheint. sen in wenigen Stunden sein Geschäft eröff- net. Das Vertrauen in ein faires Miteinander In der heutigen Zeit wird Vertrauen oft in ei- Ich meine aber, dass wir heute damit anfangen geht hier gegen Null. nem sehr kritischen Kontext gesehen. Das Ver- können, verlorenes Vertrauen damit zurückzu- trauen in die Politik ist nicht nur in Deutsch- gewinnen, indem wir Ehrlichkeit und Fairness Die vor uns liegenden ruhigen Tage eignen land deutlich gesunken. Ebenso sinkt das Ver- mehr Platz in unserem Geschäftsleben geben sich ideal, um über die wichtigen Dinge des Le- trauen in den Themenfeldern Rente, wirt- und »Wort halten« wieder einen höheren Stel- bens einmal etwas mehr nachzudenken. Ver- schaftliche Stabilität, Bankwesen und in die lenwert bekommt. trauen gehört dazu und der Tag, daran etwas Fähigkeit des Staates, den Bürger vor Terror- zu verändern, ist heute. gefahren zu schützen. So müssen wir aber auch politisch deutlich machen, dass der stationär handelnde Kauf- Kein Patentrezept der Welt wird dieses verlore- mann in der Innenstadt lokaler Politik vertrau- ne Vertrauen mit einem »Fingerschnipp« zu- en kann, wenn es darum geht, sein Unterneh- rückgewinnen. Aber worum geht es eigentlich men in den kommenden Jahren »multichan- Ihre Christine Hager
GERMAN COUNCIL . inhalt vertrauen GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN VERTRAUEN MUSS MAN SICH © Thomas Fedra (Frankfurt) IMMER WIEDER NEU VERDIENEN Interview mit Jörg Hintz, dem langjährigen Chefredakteur der textilWirtschaft, der die Entwicklungen im Einzelhandel und der Medienlandschaft über mehrere Jahrzehnte hinweg hautnah und intensiv miterlebte Es passiert nicht allzu oft, dass ein Journalist Millionen zogen in die Vorstädte, SB-Großflä- Wer gehörte denn damals sonst noch zu den von einem Journalisten interviewt wird. Jörg chen entstanden, der Discount wurde bedeu- Gewinnern? Hintz war ein halbes Leben als solcher mit tender, die Preisbindung fiel. Massa, Wert- Jörg Hintz: Eine große Zukunft wurde auch großer Leidenschaft tätig. Gestartet bei der kauf, Mehrwert hießen die SB-Pioniere, den Großfilialisten wie P&C, Sinn, Leffers oder Lebensmittel Zeitung, wo er schnell in die Karstadt versuchte sie zu imitieren, aber das Wöhrl, vorhergesagt, aber ein Siegeszug wie GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN Chefredaktion an der Seite des »legendären« gelang den Etablierten aufgrund ihrer Kosten- bei den Vertikalen fand hier nicht statt. Heute Theo Werdin beordert wurde, wechselte er strukturen nicht. wissen wir, dass für die Großfläche vor allem 1978 als alleiniger Redaktionschef zur Textil- eine lokale Ausrichtung für den Erfolg bedeut- Wirtschaft (TW), die ebenfalls zum Deut- Die textil-Produktion verlagerte sich in dieser sam ist. Wie L & t in Osnabrück, Garhammer in VERTRAUEN IST DER MUT, DAS RISIKO schen Fachverlag gehört, und dessen Ge- Zeit bereits zunehmend ins Ausland. Unterneh- Waldkirchen und viele andere. © Ben Zurbriggen Fotografie schäftsführer er zehn Jahre vor dem Ende sei- men wie Seidensticker machten damals den An- EINZUGEHEN, ENTTÄUSCHT ZU WERDEN ner beruflichen Laufbahn wurde. Im Inter- fang. Dann gab es in den 80ern die ersten Wir- Und dann kamen die Einkaufszentren? view mit GCM-Chefredakteur Thorsten Mül- kungen der Globalisierung und neuer Kommu- Jörg Hintz: Ja, aber so richtig erst in den 90er Interview mit Deutschlands Bestsellerautor und erfolgreichem Vortragsredner Hermann Scherer, ler erzählt Hintz, wie er die Entwicklungen in nikation. Die Vertikalisierung, mit Unterneh- Jahren. Sie profitierten besonders von der Mul- der mit einer Lehre zum Einzelhandelskaufmann den Einstieg in die Berufswelt fand der Branche erlebt hat, aber auch womit er men wie H&M, Benetton oder Zara, begann. Es tiplikation der Spezialkonzepte, weil sie ja letzt- sich heute in seinem seit zehn Jahren wäh- war der Aufstieg von vertikal organisierten tex- lich eine organisierte Versammlung von Spezia- renden (Un-)Ruhestand beschäftigt. tilspezialisten. Eng ausgerichtet – damit auch listen sind. In dieser Zeit entstand auch eine schneller in der Warenbeschaffung – agierten enge Kooperation der tW mit dem German Er zählt zu Deutschlands bekanntesten und tellaun mit einer Aktion für Aufsehen gesorgt, so bei 50:50 liegt. Meine these ist im Gegen- bestbezahlten Vortragsrednern, ist Autor von als sie die Schaufenster ihrer Geschäfte zuge- teil eine ganz andere: Wenn Sie erfolgreich sie international, was eine Reihe von Vorteilen Council of Shopping Centers. Zu Peter Fuhr- 40 Büchern, von denen manche Bestseller klebt hat, um gegen Online-Händler wie Amazon werden wollen, dürfen Sie keine Chancen nut- Wie haben Sie als Fachjournalist die Entwick- bot. Das stellte natürlich für die eher breit aus- mann, Elisabeth Lange und Helmut Koprian ent- wurden, und berät als Marketing-Experte ei- zu protestieren. Ich fand es bemerkenswert, aber zen! Natürlich klingt das verrückt. Ich meine, nige bedeutende Wirtschaftsunternehmen. nicht wirklich intelligent, weil es so noch weni- wenn jemand im Leben die eine große Chance lung des Einzelhandels erlebt? Es gab ja tief- gerichteten Warenhäuser eine beachtliche Be- wickelte ich schnell ein gutes Verhältnis. Fuhr- Hermann Scherer (52), der mit seinen interes- ger Kaufanreize gab und Amazon seinen Betrieb für sich entdeckt hat, dann sollte er ihr treu greifende Veränderungen. drohung dar. Sie hatten zu der Zeit bereits klei- mann sagte bei einem German Council Con- santen Ausführungen auch das Programm überraschenderweise nicht eingestellt hat. bleiben und versuchen, diese zu skalieren. eines früheren German Council Congresses Jörg Hintz: Als ich im Dezember 1967 bei der nere Standorte belegt. Aber sie waren dort nur gress: »Das ist der Herr Hintz, der hat bei der bereicherte, ist bekannt für starkes Polarisie- Wer ist denn für Sie intelligent? Wann lebt für Sie ein Mensch nicht mehr (ohne, Lebensmittel Zeitung begann, steckte der Ein- optisch die Größten. Viele Spezialisten zeigten tW das thema Handelsimmobilien eingeführt.« ren und Provozieren. Im Interview mit GCM- Hermann Scherer: Es gibt 27 verschiedene dass er tatsächlich gestorben ist)? Chefredakteur Thorsten Müller nimmt er zu »Intelligenzien«. Davon gefällt mir die Le- Hermann Scherer: Ich glaube, dass die meis- zelhandel in einem Umbruch. Besser gesagt sich in ihrem Warenbereich leistungsfähiger. So Es war natürlich etwas übertrieben, aber Stand- vielen aktuellen Fragen, die in Teilen auch die bensintelligenz am besten, die den als clever ten Menschen nicht mehr leben. Ein Spruch in einem Aufbruch. Es gab immer mehr Autos, zumindest sahen es die Kunden. ortentwicklung und Standortwahl spielten eine Einzelhandelsbranche betreffen, in seiner für ansieht, der sein Leben besser in den Griff be- von mir dazu lautet: Mit 30 gestorben – mit 70 ihn typischen Art Stellung. kommt als Andere. beerdigt! Womit ich sagen will, dass viele Leu- immer wichtigere Rolle und wurden so auch zu te ihre Lebensträume in der tat viel zu früh einem Dauerthema der tW. Sie haben viel geschrieben über das Nutzen von aufgeben. © Thomas Fedra (Frankfurt) Was haben Sie zuletzt gekauft? Chancen. Haben Sie denn auch Ihre eigenen Hermann Scherer: Einen PH-Senker, 50 Kilo- Chancen genutzt? Es gibt von Ihnen ein Buch mit dem Titel Center-Unternehmen wie ECE und mfi besetz- gramm schwer. Gut, dass er ins Haus geschickt Hermann Scherer: Selbstverständlich nicht. »Glückskinder«. Würden Sie sich selbst als wurde. Ich wohne im Hunsrück. Dort gibt es Wenn ja, dann würde ich sicher keine Bücher Glückskind bezeichnen bzw. wenn Sie es nicht ten interessante Standorte, und sie mussten ja nicht allzu viel stationär zu kaufen. Vor einiger mehr darüber schreiben. Ich glaube, dass mei- sind, wer ist für Sie ein solches? Zeit haben die Einzelhändler der Gemeinde Kas- ne Chancennutzung wie bei vielen Menschen Hermann Scherer: Also ich bin kein Glücks- auch Mieterpolitik machen, Strukturen schaf- kind. Es ist natürlich eine Definitionssache. fen und immer im Gespräch mit dem Einzel- Die meisten sind ja eher »gegeben« glücklich. Meine these lautet: »Glück ist eine Überwin- handel sein. So erhielten sie nachrichtlich und dungsprämie«. Wir sind immer dann glück- inhaltlich mehr Platz bei uns, denn auch ihre lich, wenn wir etwas überwunden haben, eine Hermann Scherer Prüfung geschafft, einen Berg erklommen, ir- Arbeitsweise – das Centermanagement – war gendetwas für uns Wichtiges erreicht haben. ja für unsere Leser interessant. Diejenigen, die sich stärker überwinden kön- wir irgendwann sogar 250 werden. Früher war pendeln werden, das Leben zu genießen, die Roboterisierung unserer Gesellschaft erst nen, sind in der Regel auch glücklicher. Zumin- man mit 60 alt, heute fängt für viele da das mehr Zeit für uns selbst und unsere Familie zu einmal so richtig Fahrt aufgenommen hat und dest für diesen kurzen Moment des Glücks. schöne Leben erst an. Nein, ganz klar: Die Ver- haben, statt weitere materielle Güter anzu- viele Dienstleistungen nicht mehr zwingend Wie hat die Branche darauf reagiert? sorgung ist besser, die Gesundheit – alles ist häufen, die wir kaufen, um den Nachbarn zu von Menschen erledigt werden müssen? Warum glauben Sie, müssen sich die Menschen besser, das ist ein gutes Zeichen. Das sollten beeindrucken. Eher einige, sehr schöne Dinge Hermann Scherer: Ich halte es für sinnvoll, Jörg Hintz: Die Center waren natürlich starke nicht wirklich große Sorgen um die Welt ma- sich die Menschen mal ins Bewusstsein bringen kaufen als 1000 belanglose. Auch sehe ich, weil ich glaube, dass die Menschen nicht zur Wettbewerber. Als mit der ECE erstmals ein chen? und nicht immer nur das Negative sehen. dass – anders als noch vor 30 Jahren – reiche Arbeit bzw. zu so viel Arbeit gezwungen wer- Hermann Scherer: Ich könnte die Gegenfrage Menschen freiwillig bereit sind, einen nicht den müssen, weil sie es zu einem sehr gro- Shopping-Center-Unternehmen mit dem Fo- stellen: Warum sollten sie es tun? Denn: Es ging Bessere Gesundheit und längeres Leben ja, aber geringen teil ihres Vermögens zur Verfügung ßen teil gerne tun und ihren Beitrag zum rum-Preis der tW ausgezeichnet wurde, ru- uns noch nie so gut wie heute. Der Luxus war was ist mit der Lebensqualität? Wie sieht dafür zu stellen, um zu helfen. Ich bin optimistisch, Wohle der Gesellschaft freiwillig leisten wol- noch nie so groß und die Armut war früher aus Ihrer Sicht das Minimum aus? dass die Besitzverteilung in der Welt langsam, len. Wir Menschen haben so eine Art Schöp- morte es im Publikum. Wie auch vorher bei schrecklicher, als sie es aktuell ist. Wir wissen, Hermann Scherer: Wer essen, trinken und aber stetig gerechter wird. ferkraft in uns, die uns vieles tun lässt, aber der Auszeichnung von H&M. Aber die Ent- dass die Menschen 150 Jahre alt werden kön- warm wohnen kann, hat das Minimum ge- es sollten auch Dinge dabei sein, die über tä- nen. Der Mensch, der es mal wird, ist jetzt schafft. Bei denen, die deutlich mehr wollen, Der erfolgreiche Einzelhandelsunternehmer tigkeiten eines Roboters hinaus gehen. Ich scheidungen der Jury erfolgten zu Recht. Sie Jörg Hintz schon geboren – er weiß es im Moment nur spielt sich im Moment jedoch eine ziemliche Götz Werner hat vor einigen Jahren das Grund- glaube aber auch, dass der Roboter eine noch nicht. Und Google-Alphabet hat eine Fir- Veränderung ab. Ich glaube, dass wir uns gehalt ins Gespräch gebracht. Kann das wirk- ganz, ganz wichtige Stufe zur Weiterentwick- ma gegründet, die sehr wohl daran glaubt, dass langfristig betrachtet immer mehr darauf ein- lich irgendwann Realität werden, gerade wenn lung der Menschheit ist. GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 6 Vertrauen ist der Mut, das Risiko einzugehen, enttäuscht zu werden 22 Vertrauen muss man sich immer wieder neu verdienen german council vertrauen 01 Vorwort 04 Was genau ist eigentlich Vertrauen? 06 Vertrauen ist der Mut, das Risiko einzugehen, enttäuscht zu werden 12 Handel ist gefordert, pro-aktiv zu denken und Neues auszuprobieren 14 Aufweichung der Sortimentsliste ist ein ganz klarer Irrweg 16 Die Politik muss Einzelhändlern mehr Spielraum gewähren 18 Den Boom der Factory Outlets sehe ich kritisch 20 Center ohne klares Profil werden es in Zukunft sehr schwer haben 22 Vertrauen muss man sich immer wieder neu verdienen 28 Kommentar: Vertrauen schafft Wohlstand impressum herausgeber redaktionsteam Covermotiv anzeigen Das German Council Magazin Nachdruck oder sonstige Repro German Council of dieser ausgabe mitifoto – fotolia.com Ulrich Netz basiert auf Informationen, die duktion (auch auszugsweise) Shopping Centers e. V. Jürgen Hainke, Verlagsrepräsentant wir als zuverlässig ansehen, nur mit Genehmigung des Bahnhofstraße 29 David Huth, verlag Breslauer Straße 18 eine Haftung kann nicht Herausgebers. D-71638 Ludwigsburg Rahel Willhardt GCM-Verlag c/o 63128 Dietzenbach übernommen werden. Telefon 07141.38 80 83 Behrens und Behrens GmbH Telefon: 06074.40 78 18 Namentlich gekennzeichnete Mediadaten und weitere Telefax 07141.38 80 84 Geschäftsführer und Telefax: 06074.40 78 19 Beiträge müssen nicht die Informationen finden Sie office@gcsc.de bezug Verleger: Ingmar Behrens netz@gcsc-magazin.de Meinung der Redaktion unter www.gcsc-magazin.de. www.gcsc.de Mitgliederzeitschrift für Dorfstraße 64 www.gcsc-magazin.de widerspiegeln. Die Redaktion Mitglieder des GCSC e. V. 24107 Kiel-Ottendorf behält sich die Kürzung erscheinungsdatum beauftragter des Telefon: 0431.66 111 88 11 druck eingesandter Manuskripte vor. dieser ausgabe: herausgebers auflage Telefax: 0431.66 111 88 88 Kunst- und Werbedruck, Erfüllungsort und Gerichts Dezember 2016 Rüdiger Pleus 13.000 www.behrensundbehrens.de Bad Oeynhausen stand ist Hamburg. das nchste german chefredaktion council magazin Thorsten Müller (v.i.S.d.P.) erscheint im Februar 2017. GCM 5 / 2016
german council . inhalt GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN GERMAN COUNCIL . VERtRAUEN BRILLIEREN STATT NIVELLIEREN © Thomas Koy Kann der Einzelhandel von der Klassischen Musik lernen, wieder die Massen anzusprechen? Es braucht Vertrauen, Commitment und lebendige Vermittlung, sagt Dirigent Leo Siberski. Ein Interview. Herr Siberski, als Dirigent bringen Sie dutzen- ges Problem. Oftmals verlangen die Verträge von verantwortete ich drei Projekte im Jahr selbst- de Profimusiker in Wohlklang. Was schafft das Chefdirigenten nur noch ein Vierteljahr Anwe- ständig. Doch ein Orchester bis zur eigenen Vertrauen, Ihrer Interpretation zu folgen? senheitspflicht. Viele reisen nur zu den Proben an Note auszuformen, ist die Aufgabe des Chefdiri- Leo Siberski: Am Ende der Erfolg. Jubelt das und feilen sonst mit anderweitigen Engagements genten – und der Ruf hat mich noch nicht ereilt. Publikum, begeistern sich Kulturkritiker und an ihren Karrieren. Wo aber bleibt da das Einlas- GERMAN COUNCIL . CENtER GERMAN COUNCIL . CENtER bekommt das Orchester tourneeeinladungen, sen? Vor 50 Jahren saßen Musikdirektoren jeden Ihre Karriere begann als Trompeter an der Berli- eilt einem der Ruf beim nächsten Engagement Abend in »ihrem« theater, durchdrangen den ge- ner Staatsoper. Aber als Orchestermusiker fehl- als Vertrauensvorschuss voraus. In der direkten Arbeit mit den Musikern zählt fachliche Kom- samten Betrieb und verschrieben sich dem Haus, dessen Musik sie verantworteten. Das ist heute te Ihnen der Selbstausdruck und Sie zogen die Konsequenzen ... Center-neuentwiCklungen Center-neuentwiCklungen petenz und Überzeugungskraft. Also hand- selten. Sir Simon Rattle fällt mir dazu ein. Acht- Leo Siberski: Die entscheidende Frage war: Will werklich tadellos dirigieren, hören, wo es nicht zehn Jahre lang leitete er das City of Birmingham ich mitgestalten oder nur mitmachen? Obwohl klappt und dann Lösungen liefern. Symphony Orchestra, was er aus der Mittelklasse mein Job zu den bestbezahlten der Deutschen zur Weltspitze führte. Dafür schlug er attraktivere Orchestermusiker zählte, begann ich 1997 Diri- Husum Shopping Center Oskar Osnabrück Und überzeugen heißt? Angebote aus. Nur so gelang es, das Orchester gieren zu studieren. Zunächst ergebnisoffen. Leo Siberski: Ich muss wissen, was ich will und zu einem Klangkörper internationalen Ranges zu Aber die tiefe Auseinandersetzung mit Werken Im Zentrum einer der attraktivsten Ferienregi- Mit dem Oskar entwickelt Unibail-Rodamco dafür brennen. Nur so kann ich die Musiker formen. Seit 2002 nun konzentriert er sich auf die und Interpretation zog mich wie in ein Bermuda- onen Deutschlands entwickelt Prelios Immo- Germany am Neumarkt das erste Shopping bilien Management das »Husum Shopping Center im Herzen Osnabrücks. Verteilt auf einladen mitzukommen! Bevor ich also vor das Berliner Philharmoniker. dreieck hinein. trotz Ungewissheit, ob ich je wie- Center« mit 12.000 qm Verkaufsfläche, 650 drei Etagen entstehen 100 Geschäfte mit ei- Orchester trete, habe ich meine Hauptarbeit, der in der gleichen Liga wie im Orchester spielen Parkplätzen und etwa 35 Shops gegenüber ner Gesamtfläche von 25.000 qm (GLA) in bes- dem bekannten Kaufhaus CJ Schmidt. Dank ter Innenstadtlage. Besonders beeindruckt die musikalische Auseinandersetzung, längst Wie handhaben Sie den Faktor Zeit in Ihren En- würde, beschloss ich Dirigent zu werden. der hohen Zentralität, des großen Einzugsge- die Mall durch innovatives Innen- und Außen- abgeschlossen. gagements? bietes und mehreren Millionen tagestouris- design und moderne Elemente wie die eta- ten ist Husum ein hochattraktiver Einzelhan- genübergreifenden und individuell gestalte- Leo Siberski: In der Orchesterbranche qualifi- Gastdirigent zu sein heißt, wechselnde Orches- delsstandort. Die Fertigstellung ist für 2018 ten Iconic Shopfronts. Die Eröffnung des Cen- In der Zusammenarbeit erwächst Überzeu- ziert man sich über Gastdirigate. Da sind die ter und Vertrauen immer wieder neu und in vorgesehen. Ankermieter sind H+M, Edeka ters ist für 2019 geplant. und dm. gungskraft aus Commitment, also inhaltlichem, Zeitlimits gesetzt: Bei Symphonien hat man we- kurzer Zeit aufzubauen. Wie funktioniert das? emotionalem und zeitlichem Engagement. Zeit nige tage, bei Opern vielleicht eine Woche. Als Leo Siberski: Zum Glück werde ich sehr oft wie- ist bei vielen bekannten Dirigenten kein gerin- Stellvertretender Chefdirigent am theater Kiel der eingeladen. Beim fünften Engagement mit Das EVER.S München Überseequartier Hamburg Die neue Allacher Mitte bietet auf rund 14.300 Rund 977 Millionen Euro investiert Unibail- © Thomas Koy qm Geschäftsfläche modernes Shoppingerleb- Rodamco Germany in die Entwicklung des nis pur. Sämtliche Ladengeschäfte liegen eben- südlichen Überseequartiers in der Hamburger erdig und werden durch ein ansprechendes HafenCity. Geplant ist eine einzigartige Life- gastronomisches Angebot, Büros und Dienst- style-, Shopping- und tourismus-Destination leister ergänzt. Am neugestalteten Quartiers- mit insgesamt 260.000 qm. Die 16 Gebäude platz mit Baumhain, schattigen Sitzgelegen- des Quartiers bieten Raum für 200 Geschäfte heiten und Brunnen lässt es sich angenehm auf einer Fläche von 80.500 qm (GLA), für drei verweilen. Baubeginn ca. Sommer 2017. Ent- Hotels, Büroräume, Entertainment-Angebote wickler: MOEG GmbH, eine Gemeinschaftsges. und bis zu 500 Wohnungen. Die Fertigstel- der Zech Group Bremen und der Christmann lung ist für 2021 vorgesehen. Unternehmensgruppe aus Grünwald. Sedelhöfe Ulm Forum Villingen-Schwenningen Der Hamburger Projektentwickler DC Develop- Die HBB entwickelt das Forum mit 15.000 qm ments und DC Values entwickeln ein offenes Verkaufsfläche und 50 Shops über 3 Etagen innerstädtisches Quartier rund um einen zent- mit Bibliothek und Fitnessstudio. Der Entwurf ralen Platz. Der Nutzungsmix umfasst Einzel- setzt auf Offenheit und mehr Fläche. So lädt handel (u.a. Supermarkt im UG), Gastronomie ein über zwei Etagen offener Eingangsbe- im EG, Büroflächen und ca. 112 Wohnungen reich die Besucher ein, während ein gläserner (von Single- bis Familienwohnungen). Auf ei- Steg die Alte Herdstraße überspannt und so ner Verkaufsfläche von insgesamt 20.000 qm den Anschluss an die Fußgängerzone sicher- werden ca. 30 Handelsmieter auf großen mo- stellt. Anbindung an ein benachbartes Park- dernen Flächen das Einzelhandelsangebot der haus, abschließbarer Food-Court, Nutzung Leo Siberski Ulmer Innenstadt abrunden. Fertigstellung ist über die Geschäftszeiten des Centers hinaus. für Ende 2019 geplant. Eröffnung Ende 2019. GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 GCM 5 / 2016 30 Brillieren statt nivellieren 66 Center-Neuentwicklungen vertrauen center 30 Brillieren statt nivellieren 66 Center-Neuentwicklungen 36 Vertrauen – auch im Geschäftsleben? 74 Revitalisierungen 38 Ausvertraut? 42 Vertrauen schafft Werte news 44 Das Zwischenmenschliche macht oft den Unterschied 80 Nachrichten 46 5 Statements zur Positionierung und Profillierung von Fachmarktzentren marktplatz – advertorial 50 Weihnachtsstimmung 86 MK Illumination 88 Christmasworld insight 90 Agentur Randolph Hopp 52 GCSC stellt sich vor 91 First Christmas vor ort 54 Welch eine beeindruckende Persönlichkeit foren 56 Ganzheitlicher Ansatz ist Grundlage für erfolgreiche Investition in Shopping Center nextgen 58 Dzien Dobry Warschau! vertrauen 60 Millenial-Verbraucher: Die neue Billionen-Dollar- Generation 62 Ist der »Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung« noch zeitgemäß? ›Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen schenkt.‹ Matthias Claudius GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen WAS GENAU IST EIGENTLICH VERTRAUEN? Eine begriffliche Annäherung und Abgrenzung von ähnlichen Begriffen, aber auch ein Blick auf die unterschiedlichen Vertrauensdimensionen und die politisch bedeutsame Vertrauensfrage Vertrauen ist die subjektive Überzeugung aufregend sein, beispielsweise das Vertrauen, Vertrauensfrage / Misstrauensvotum von der (oder auch als Gefühl für oder Glau- das ein Kind dem Vater schenkt, wenn es von be an die) Richtigkeit bzw. Wahrheit von Per- oben herab in die ausgebreiteten Arme springt. Die Vertrauensfrage ist in vielen parlamentari- sonen, von Handlungen, Einsichten und Dies gilt sowohl für den Vater als auch für das schen Demokratien ein Instrument der Regie- Aussagen eines Anderen oder von sich selbst Kind. Die Geschichte wird oft im übertragenen rung zur Disziplinierung des Parlaments. Sie (Selbstvertrauen). Zum Vertrauen gehört Sinn erzählt – als Gottvertrauen. kann von einer Regierung dem Parlament ge- auch die Überzeugung der Möglichkeit von stellt werden, um festzustellen, ob es mit ihrer Handlungen und von der Fähigkeit zu Hand- Die unterschiedlichen Dimensionen Haltung grundsätzlich noch übereinstimmt lungen. Man spricht dann eher von Zutrau- des Vertrauens und so die Abklärung gravierender Konflikte en. Als das Gegenteil des Vertrauens gilt das herbeiführen. Ein negatives Ergebnis führt Misstrauen. »Vertrauen ist der Wille, sich verletzlich zu zei- häufig zum Rücktritt der Regierung oder zu gen.« Dieser einfache Satz umfasst mehrere Neuwahlen. Vertrauensdimensionen: 1. Vertrauen entsteht Vertrauen ist als Wort seit dem 16. Jahrhun- in Situationen, in denen der Vertrauende (der Vertrauensarbeitszeit dert bekannt (althochdeutsch: »fertruen«, Vertrauensgeber) mehr verlieren als gewinnen mittelhochdeutsch: »vertruwen«) und geht kann – er riskiert einen Schaden bzw. eine Ver- Vertrauensarbeitszeit (auch Vertrauensgleit- auf das gotische trauan zurück. Das Wort letzung. 2. Vertrauen manifestiert sich in Hand- zeit, Vertrauensarbeit oder Vertrauenszeit ge- »trauen« gehört zu der Wortgruppe um lungen, die die eigene Verletzlichkeit erhöhen. nannt) ist ein Modell der Arbeitsorganisation, »treu« = »stark«, »fest«, »dick«. Im Griechi- Man liefert sich dem Vertrauensnehmer aus bei dem die Erledigung vereinbarter Aufgaben schen steht dafür »pistis« (Glaube), im Lateini- und setzt zum Vertrauenssprung an. 3. Der im Vordergrund steht, nicht die zeitliche Prä- schen »fiducia« (Selbstvertrauen) oder »fi- Grund, warum man sich ausliefert, ist die posi- senz des Arbeitnehmers. Es ist ein Modell der des« (Treue). So befindet sich im antiken und tive Erwartung, dass der Vertrauensnehmer Arbeitsorganisation, nicht der Arbeitszeit, und mittelalterlichen Gebrauch Vertrauen im die Situation nicht zum Schaden des Vertrau- der Arbeitnehmer ist selbst für die Gestaltung Spannungsfeld von Treue und Glauben (z. B. ensgebers verwendet. und Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich. bei Demokrit, der fordert, nicht allen, sondern Die Verantwortung zur Einhaltung der gesetz- nur den Bewährten zu vertrauen). Für Thomas Je nach Dauer und Intensität einer Beziehung lichen und tariflichen Arbeitszeitregelungen von Aquin ist Vertrauen durch Erfahrung be- und je nach Informationsgrundlage bezieht liegt jedoch weiterhin beim Arbeitgeber. kräftigte Hoffnung auf Erfüllung von erwarte- sich das Vertrauen: ten Zuständen unter der Prämisse des Vertrau- • auf die Situation – es entsteht situationsba- ens auf Gott. Seit Beginn der Neuzeit – etwa siertes Vertrauen, © nicoletaionescu - istockphoto.com mit Thomas Hobbes einsetzend – ist Vertrau- • auf die wahrgenommene Vertrauenswür- en immer stärker ein Zutrauen in die eigenen digkeit des Vertrauensnehmers – es ent- Fähigkeiten (Selbstvertrauen). steht eigenschaftsbasiertes Vertrauen, • auf gemeinsam geteilte Normen und Werte Vertrauen ist ein Phänomen, das in unsicheren von Vertrauensgeber und Vertrauensneh- Situationen oder bei risikohaftem Ausgang ei- mer – es entsteht identifikationsbasiertes ner Handlung auftritt: Wer sich einer Sache si- Vertrauen. cher sein kann, muss nicht vertrauen. Vertrau- en ist aber auch mehr als nur Glaube oder Vertrauensbeziehungen basieren oft auf Ge- Hoffnung, es benötigt immer eine Grundlage, genseitigkeit. Identifikationsbasiertes Vertrau- die sogenannte Vertrauensgrundlage. Dies en basiert auf gemeinsamen Erfahrungen und können gemachte Erfahrungen sein aber auch früheren Handlungen sowie auf gegenseiti- das Vertrauen einer Person, der man selbst ver- gem Verstehen. In Partnerschaften gedeiht ge- traut, oder institutionelle Mechanismen. Ver- genseitiges Vertrauen umso stärker, je feinfüh- trauen ist teilweise übertragbar. Jemandem liger die Partner wechselseitig auf die Gefühle sein ganzes Vertrauen zu schenken, kann sehr des jeweils anderen eingehen. GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen Seasonal Decoration at its best 27. – 31. 1. 2017 Leuchtendes neues Jahr! Beginnen Sie das neue Jahr mit atemberaubenden Impressionen: Auf der Christmasworld 2017 erwarten Sie die internationalen Innovationstreiber für Festbeleuchtung sowie Großflächen- und Objektdekorationen. Nutzen Sie die Impulskraft einzigartiger Konzeptbeleuchtungen für Ihren Erfolg und schaffen Sie Erlebniswelten, die Ihre Kunden begeistern. Jetzt Ticket zum Vorverkaufspreis inklusive ÖPNV sichern: christmasworld.messefrankfurt.com Entdecken Sie das PREMIUM Businessprogramm für Top-Entscheider! GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen VERTRAUEN IST DER MUT, DAS RISIKO EINZUGEHEN, ENTTÄUSCHT ZU WERDEN Interview mit Deutschlands Bestsellerautor und erfolgreichem Vortragsredner Hermann Scherer, der mit einer Lehre zum Einzelhandelskaufmann den Einstieg in die Berufswelt fand Er zählt zu Deutschlands bekanntesten und tellaun mit einer Aktion für Aufsehen gesorgt, so bei 50:50 liegt. Meine These ist im Gegen- bestbezahlten Vortragsrednern, ist Autor von als sie die Schaufenster ihrer Geschäfte zuge- teil eine ganz andere: Wenn Sie erfolgreich 40 Büchern, von denen manche Bestseller klebt hat, um gegen Online-Händler wie Amazon werden wollen, dürfen Sie keine Chancen nut- wurden, und berät als Marketing-Experte ei- zu protestieren. Ich fand es bemerkenswert, aber zen! Natürlich klingt das verrückt. Ich meine, nige bedeutende Wirtschaftsunternehmen. nicht wirklich intelligent, weil es so noch weni- wenn jemand im Leben die eine große Chance Hermann Scherer (52), der mit seinen interes- ger Kaufanreize gab und Amazon seinen Betrieb für sich entdeckt hat, dann sollte er ihr treu santen Ausführungen auch das Programm überraschenderweise nicht eingestellt hat. bleiben und versuchen, diese zu skalieren. eines früheren German Council Congresses bereicherte, ist bekannt für starkes Polarisie- Wer ist denn für Sie intelligent? Wann lebt für Sie ein Mensch nicht mehr (ohne, ren und Provozieren. Im Interview mit GCM- Hermann Scherer: Es gibt 27 verschiedene dass er tatsächlich gestorben ist)? Chefredakteur Thorsten Müller nimmt er zu »Intelligenzien«. Davon gefällt mir die Le- Hermann Scherer: Ich glaube, dass die meis- vielen aktuellen Fragen, die in Teilen auch die bensintelligenz am besten, die den als clever ten Menschen nicht mehr leben. Ein Spruch Einzelhandelsbranche betreffen, in seiner für ansieht, der sein Leben besser in den Griff be- von mir dazu lautet: Mit 30 gestorben – mit 70 ihn typischen Art Stellung. kommt als Andere. beerdigt! Womit ich sagen will, dass viele Leu- te ihre Lebensträume in der Tat viel zu früh Sie haben viel geschrieben über das Nutzen von aufgeben. Was haben Sie zuletzt gekauft? Chancen. Haben Sie denn auch Ihre eigenen Hermann Scherer: Einen PH-Senker, 50 Kilo- Chancen genutzt? Es gibt von Ihnen ein Buch mit dem Titel gramm schwer. Gut, dass er ins Haus geschickt Hermann Scherer: Selbstverständlich nicht. »Glückskinder«. Würden Sie sich selbst als wurde. Ich wohne im Hunsrück. Dort gibt es Wenn ja, dann würde ich sicher keine Bücher Glückskind bezeichnen bzw. wenn Sie es nicht nicht allzu viel stationär zu kaufen. Vor einiger mehr darüber schreiben. Ich glaube, dass mei- sind, wer ist für Sie ein solches? Zeit haben die Einzelhändler der Gemeinde Kas- ne Chancennutzung wie bei vielen Menschen Hermann Scherer: Also ich bin kein Glücks- kind. Es ist natürlich eine Definitionssache. Die meisten sind ja eher »gegeben« glücklich. Meine These lautet: »Glück ist eine Überwin- dungsprämie«. Wir sind immer dann glück- lich, wenn wir etwas überwunden haben, eine Prüfung geschafft, einen Berg erklommen, ir- gendetwas für uns Wichtiges erreicht haben. Diejenigen, die sich stärker überwinden kön- nen, sind in der Regel auch glücklicher. Zumin- dest für diesen kurzen Moment des Glücks. Warum glauben Sie, müssen sich die Menschen nicht wirklich große Sorgen um die Welt ma- chen? Hermann Scherer: Ich könnte die Gegenfrage stellen: Warum sollten sie es tun? Denn: Es ging uns noch nie so gut wie heute. Der Luxus war noch nie so groß und die Armut war früher schrecklicher, als sie es aktuell ist. Wir wissen, dass die Menschen 150 Jahre alt werden kön- nen. Der Mensch, der es mal wird, ist jetzt schon geboren – er weiß es im Moment nur noch nicht. Und Google-Alphabet hat eine Fir- ma gegründet, die sehr wohl daran glaubt, dass GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen © Ben Zurbriggen Fotografie Hermann Scherer wir irgendwann sogar 250 werden. Früher war pendeln werden, das Leben zu genießen, die Roboterisierung unserer Gesellschaft erst man mit 60 alt, heute fängt für viele da das mehr Zeit für uns selbst und unsere Familie zu einmal so richtig Fahrt aufgenommen hat und schöne Leben erst an. Nein, ganz klar: Die Ver- haben, statt weitere materielle Güter anzu- viele Dienstleistungen nicht mehr zwingend sorgung ist besser, die Gesundheit – alles ist häufen, die wir kaufen, um den Nachbarn zu von Menschen erledigt werden müssen? besser, das ist ein gutes Zeichen. Das sollten beeindrucken. Eher einige, sehr schöne Dinge Hermann Scherer: Ich halte es für sinnvoll, sich die Menschen mal ins Bewusstsein bringen kaufen als 1000 belanglose. Auch sehe ich, weil ich glaube, dass die Menschen nicht zur und nicht immer nur das Negative sehen. dass – anders als noch vor 30 Jahren – reiche Arbeit bzw. zu so viel Arbeit gezwungen wer- Menschen freiwillig bereit sind, einen nicht den müssen, weil sie es zu einem sehr gro- Bessere Gesundheit und längeres Leben ja, aber geringen Teil ihres Vermögens zur Verfügung ßen Teil gerne tun und ihren Beitrag zum was ist mit der Lebensqualität? Wie sieht dafür zu stellen, um zu helfen. Ich bin optimistisch, Wohle der Gesellschaft freiwillig leisten wol- aus Ihrer Sicht das Minimum aus? dass die Besitzverteilung in der Welt langsam, len. Wir Menschen haben so eine Art Schöp- Hermann Scherer: Wer essen, trinken und aber stetig gerechter wird. ferkraft in uns, die uns vieles tun lässt, aber warm wohnen kann, hat das Minimum ge- es sollten auch Dinge dabei sein, die über Tä- schafft. Bei denen, die deutlich mehr wollen, Der erfolgreiche Einzelhandelsunternehmer tigkeiten eines Roboters hinaus gehen. Ich spielt sich im Moment jedoch eine ziemliche Götz Werner hat vor einigen Jahren das Grund- glaube aber auch, dass der Roboter eine Veränderung ab. Ich glaube, dass wir uns gehalt ins Gespräch gebracht. Kann das wirk- ganz, ganz wichtige Stufe zur Weiterentwick- langfristig betrachtet immer mehr darauf ein- lich irgendwann Realität werden, gerade wenn lung der Menschheit ist. GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen Viele Menschen beklagen beim Einkaufen den Bei Marken und Medien bin ich extrem vor- allgemein gehören natürlich dazu. Wenn ich Service. Kann ein Roboter so etwas vielleicht so- sichtig. Samsung und VW sorgen ja aktuell für mir zum Beispiel Umkleidekabinen vorstelle, gar besser leisten? immer wieder neue Schlagzeilen und haben wie sie immer noch daherkommen, dann ist Hermann Scherer: Sicher werden in Zukunft gewaltige Imageverluste zu beklagen. Der da noch viel Verbesserungspotenzial. Ein Con- Roboter freundlicher sein können als be- Vertrauensbegriff ist mit Blick auf Marken viel cierge-Service wie z. B. bei Breuninger zeigt, stimmte Menschen heute, und natürlich wer- zu hoch angesetzt. Tageszeitungen und Fern- wohin der Weg geht. Die Ratgeber-Funktion den sie in nahezu allen Bereichen den Ser- sehen kommen in meinem Leben nur am Ran- des Personals halte ich nämlich ebenfalls für vice deutlich verbessern, aber durch sie bzw. de vor. Für meine Seele ist die diesbezügliche sehr relevant genauso wie das Aufmerksam die Digitalisierung im Allgemeinen können Zurückhaltung wohltuend, aber man kann machen und den zwischenmenschlichen Aus- Menschen auch an sich weiterarbeiten und sich natürlich in meinem Beruf nicht völlig da- tausch ganz generell. mehr Muße für schöne Dinge haben, um so von freimachen. bessere – und freundlichere – Menschen zu Immer häufiger verwendet man ja den Begriff werden. Nein, ich sehe die Digitalisierung Muss sich hier nicht vieles ändern? »Einkaufserlebnis«. Auf diesem Gebiet hat sich und die Roboter nicht als Fluch, aber wir Hermann Scherer: Ganz ohne Frage. Tageszei- aber wirklich sehr vieles gewandelt. Wir leben in müssen natürlich darauf achten, dass sie uns tungen sollten zum Beispiel noch viel mehr einer an Erlebnissen immer ärmeren Gesellschaft. nicht zu viel wegnehmen und uns mit ihrer auf Lokalität setzen. Im Wirtschaftsbereich Früher hatte man Spaß am Mittagstisch. Heute zunehmenden künstlichen Intelligenz be- sehe ich viel Luft nach oben bei den Sparkas- muss man ins Disneyland fahren oder – weil’s viel herrschen. sen. Ich hatte neulich einen Workshop mit praktischer ist und schneller geht – ins Einkaufs- zentrum gehen. Der Begriff Shopping Wem oder was vertrauen Sie? Center ist inzwischen längst nicht mehr Hermann Scherer: Man sollte vor al- ›Man sollte vor allen Dingen sich selbst passend, weil er deutlich zu kurz greift. len Dingen sich selbst vertrauen, oft aber setzt man mehr auf Andere. Ich vertrauen, oft aber setzt man mehr auf Begegnung, Kommunikation, Erlebnis taucht dabei ja gar nicht auf. habe einmal gesagt, Vertrauen ist Andere.‹ der Mut, das bewusste Risiko einzu- Was fällt Ihnen sonst noch zum The- gehen, enttäuscht oder verletzt zu Hermann Scherer ma Shopping Center ein? werden – auch von sich selbst. Per- Hermann Scherer: Ich kann mich sönlich bin ich sehr misstrauisch. Das mag Sparkassen-Vorständen, und da haben wir uns noch gut an meine ersten Begegnungen mit auch daran liegen, dass ich zu oft Menschen über radikales Weglassen unterhalten. Da war Einkaufszentren erinnern. Damals zu meiner erlebt habe, die sich stark überschätzt haben. ich sehr frech und machte den Vorschlag: Wie Studienzeit, die ich unter anderem in Koblenz Viele erzählen Ihnen, was sie alles drauf ha- wär’s denn mal mit Geld? Nein, ganz im Ernst, verbrachte, gab es noch das – heute muss ben – da fallen mir zahlreiche Dienstleister sie muss sich ihrer regionalen Rolle meiner man sagen »alte« – Löhr-Center. Ich erinnere ein – und dann steht man da, hat viel Zeit Meinung nach neu bewusst werden. mich an ein außergewöhnliches Tarzan-Event und Geld in sie investiert, und letztlich und an den Center-Macher Helmut Koprian. kommt nichts wirklich Gescheites dabei raus. Was muss sich denn beim stationären Handel Erlebnis war also damals schon angesagt. Wenn aber einmal jemand es wirklich ge- ändern? schafft hat, mein Vertrauen zu gewinnen, Hermann Scherer: Ich glaube, dass der Han- Erinnern Sie sich an den schönsten Satz, der je- dann vertraue ich ihm auch nahezu blind. Es del noch Dutzende Funktionen besser aus- mals über sie gesagt wurde. gibt in meinem beruflichen Umfeld höchs- üben muss, die ich gar nicht alle benennen Hermann Scherer: Der schönste Satz kam tens zwei, drei Menschen, auf die das zutrifft. kann. Warenverfügbarkeit und Service ganz sinngemäß bestimmt von irgendeiner bild- GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen hübschen jungen Dame, die mir zu verstehen gab, wie gut ich doch aussehe und wie un- glaublich geistreich und charmant ich doch bin. Aber das wäre die rein private Variante. Der zweitschönste Satz ist dann sicherlich, wenn eine Süddeutsche Zeitung schreibt, »Scherer gehört zu den Besten seines Fachs« – aber Sie wissen ja, welches Vertrauen bei mir die Medien im Allgemeinen genießen. Nein, am Ende ist dann doch der allerschönste Satz für mich: »Vati, Du bist der allerbeste Papa!« Was halten Sie von Donald Trump und dem jüngsten amerikanischen Wahlkampf? Hermann Scherer: Ich wollte schon lang darü- ber etwas schreiben. Wahrscheinlich hätte meine Aussage wie folgt angefangen: Es gibt fast 300 Millionen Amerikaner, haben die kei- ne zwei Besseren gefunden? Ein großes Ar- mutszeugnis für dieses Land, für dieses Sys- tem und auch für die Art und Weise, wie dort ein Wahlkampf stattgefunden hat! Wie sieht’s denn mit der deutschen Politik aus? Was machen wir gut und was muss deutlich besser werden? Hermann Scherer: Ich bin eher ein Politikver- drossener. Natürlich geht’s uns hierzulande insgesamt sehr gut. Das liegt ja auch an der Politik. Aber in unserem System sind Politiker vergleichsweise machtlose Menschen. Viel- leicht müssen sie mächtiger werden, mehr Möglichkeiten zum Durchsetzen bekommen, um pragmatischer werden zu können. Wir ha- ben deutlich zu viel Bürokratie und sinnlose Streitkultur. Was ist die schlimmste Untugend der Deut- schen? Hermann Scherer: Pessimismus und Neid, ob- wohl wir in einem der besten Länder leben. Wie beurteilen Sie das Agieren unserer heimi- schen Wirtschaftskonzerne? Hermann Scherer: Als dramatisch. Das Rumge- gockele, um den eigenen Status zu wahren, ist stammt doch noch aus Königs- und Kaiserzeiten Wie sieht im Allgemeinen Ihr Tagesablauf aus? untragbar. Erst unlängst war ich auf einer Ta- und wurde eingesetzt, um die Arbeiterschicht Hermann Scherer: Ich habe ca. 270 Vorträge gung der Vereinigung Cockpit. Ich glaube, dass ruhig zu halten, so wie ich das verstanden habe. im Jahr, bin werktags also praktisch täglich un- wir in unserer Zeit aufhören sollten, über das Dieses Denken hat sich dann in den Jahren in terwegs, habe drei Jahre lang noch nicht ein- Mittel Streik nachzudenken. Das ist doch völlig den Unternehmen fortgesetzt. Ich sehe hier ins- mal eine Wohnung besessen, sondern in Ho- gestrig und dumm, weil Leidtragende Kunden gesamt einen großen Reformationsbedarf. tels oder Boarding Houses gelebt, was auch sind, die mit der Auseinandersetzung nichts zu ausgereicht hat. Mein Arbeitseinsatz ist ja pro tun haben und dann am Flughafen warten müs- Was raten Sie denn den großen Unternehmens- Tag eigentlich nur eine Stunde, nämlich dann, sen – mal abgesehen davon, dass es Millionen managern? wenn ich meinen Vortrag halte, der ja manch- kostet. Wir machen es doch nur mit, weil wir Hermann Scherer: Management ist für mich mal sogar nur 20 Minuten dauern kann. Aber gezwungen sind. Ich würde jedenfalls nie eine die Umwandlung von Wissen in Nutzen für den eine häufig lange Anreise mit Übernachtung Fluglinie buchen, die jemals gestreikt hat, so- Kunden, denn der sollte immer im Mittelpunkt kommen natürlich dazu. Natürlich versuche in fern ich es verhindern könnte. Das Mittel Streik stehen. der langen Reisezeit viel zu schreiben oder zu GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen organisieren, daheim kommen dann noch Glauben Sie an Schicksal? manche Beratungsaufgaben dazu. Hermann Scherer: Selbstverständlich. EuropEan Wie entspannen Sie? Und an den Zufall? rEtail Hermann Scherer: Eine längere Erholungspha- Hermann Scherer: Den es nicht gibt. Ich bin se habe und brauche ich auch nicht. Mir macht erst seit zwei Jahren verheiratet mit einer Frau, meine Arbeit wirklich viel Spaß. Wer viel Regene- die hellsichtig, hellfühlig, hell everything ist, innovation ration benötigt, ist meist beruflich nicht zufrie- den. Bei mir ist das zum Glück anders. kurzum außergewöhnliche Gaben besitzt. Ich habe mit ihr Sachen erlebt, an die ich vor Jahren award ›Ich habe mich nie auf definitiv nicht geglaubt hätte. Ich weiß, dass es ganz, ganz viel zwischen Himmel und Erde gibt, was sicher ein eigenes Interviewthema wäre. 26. Januar 2017 mein Talent verlassen. Wie feiern Sie einen persönlichen Erfolg? Frankfurt/Main Gottseidank!‹ Hermann Scherer: Ich bin aufgrund meiner Vergangenheit ein ständig Getriebener, der Hermann Scherer zum Feiern keine Zeit hat und sieht. Ich habe mir früher zur Belohnung den Luxus gegönnt, den halben Sommer in New York zu verbrin- Wie sind Sie denn zu dem geworden, was Sie gen – eine Stadt, die ich sehr mag. Aber natür- heute sind? Lag das vor allem an einem beson- lich mache ich hier keinen ausgeprägten Ur- deren Talent? laub, sondern gebe nur meiner dann eher Hermann Scherer: Also, ich habe mich nie auf »behutsamen Arbeit« ein besonders ein- mein Talent verlassen. Gottseidank! Jeder drucksvolles Ambiente. kann alles, wenn er nur dranbleibt. Tägliche Übung und Fleiß helfen sehr viel weiter. Ich Welche Herausforderungen sehen Sie noch für bin Sohn eines Einzelhändlers. Mein Vater be- die Gesellschaft, aber auch für sich persönlich saß mehrere Lebensmittelgeschäfte, hat aber in der Zukunft? irgendwann schwere Fehler mit Immobilien Hermann Scherer: Ich glaube, dass wir manch- gemacht, als er in einer Hochzinsphase Um- mal zu viel Unternehmenserfolg in die Welt baumaßnahmen vornahm, was leider gar bringen wollen anstelle der Menschlichkeit. Ist nicht funktioniert hat, und er dabei mehrere es nicht so, dass gerade durch Menschlichkeit Millionen verlor. So geschah es mir, dass ich Unternehmenserfolg zustande kommt. Wenn Beginn als junger Mensch plötzlich mit geerbten Mil- uns dies gelingt – auch dabei menschenorien- 18:00 Uhr Empfang lionenschulden und einem unglaublich hohen tierter zu denken und zu handeln – dann wäre 18:30 Uhr Verleihung des Europäischen finanziellen Druck meinen Berufseinstieg fin- das für unsere Gesellschaft ein großer Schritt Innovationspreises Handel den musste. Da stellte ich mir also die Frage, und damit auch mein Lebensziel erreicht. womit kannst du viel Geld verdienen, ohne zu- Ort: vor investieren zu müssen. Ich hatte damals Cinestar Metropolis schon erste Erfahrungen als Trainer gemacht, Interview: Thorsten Müller Eschenheimer Anlage 40 und so kam ich schnell auf den Gedanken, es 60318 Frankfurt am Main mit Vorträgen zu versuchen. Im Anschluss an die Verleihung findet Ohne diesen Druck wäre ich wahrscheinlich traditionell der GCSC Neujahrsempfang nie so weit gekommen, obwohl eigentlich die (20:00 Uhr) statt. Die beiden Locations kreative Arbeit unter Zwang nur selten Erfolg sind fussläufig von einander entfernt. hat. Die Bank saß mir natürlich gewaltig im Nacken. Ort: Leonhard´s Gab es denn damals dann ein zeitnahes Schlüs- GALERIA Kaufhof selerlebnis, das Ihre finanzielle Aufholjagd be- Zeil 116 – 126 schleunigte? 60313 Frankfurt am Main Hermann Scherer: Nein, nicht wirklich. Wenn Sie sich in meiner damaligen Lage befinden, beginnen Sie etwas zu entwickeln, was sich Selbstwirksamkeits-Überzeugung nennt. Die Mit freundlicher Unterstützung durch: habe ich bekommen und konnte so mehr schaffen. GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen HANDEL IST GEFORDERT, PRO-AKTIV ZU DENKEN UND NEUES AUSZUPROBIEREN Interview mit Sebastian Müller, Head of Retail & Real Estate Consulting, GfK Geomarketing GfK Geomarketing blickt 2016 auf ein nicht stabile bis starke Umsätze und steigende Durch- trifft. Dies zeichnete sich bereits in der zwei- gerade spektakuläres Branchenjahr zurück. schnittsbons. Non-Food performte je nach Seg- ten Hälfte des vergangenen Jahres ab und hat Die Erwartungen sind zu einem Großteil ein- ment sehr unterschiedlich, dabei wurde Fashion sich für 2016 bewahrheitet. Auffällig ist eben- getreten. Es gab vergleichsweise wenig Über- wieder einmal besonders hart getroffen. Dies falls, dass Paketverkäufe in diesem Jahr wei- raschungen. Sebastian Müller, Head of Retail zeigte sich insbesondere nach dem für den Mo- terhin zugenommen haben und sich die Akti- & Real Estate Consulting, erläutert im Inter- dehandel viel zu warmen September, und auch vitäten nordamerikanischer Investoren noch view mit dem German Council Magazin, wer die frühen Rabatt-Aktionen im November lassen mal verstärkt haben. Wenn etwas dieses Jahr zu den Gewinnern und Verlieren zählt und stark sinkende Umsätze befürchten. überraschte, dann sicherlich die Höhe man- wie seine Prognose für den Einzelhandel in cher Kaufpreise, die 2016 neue Sphären er- den nächsten Jahren aussieht. Der Online-Handel wächst hingegen immer reicht haben. weiter, aber in den etablierten Segmenten et- was langsamer, wenngleich es scheint, dass Wie bewerten Sie aktuell die Entwicklung der Welche wichtigsten Erkenntnisse ziehen Sie mit Amazon gerade auch im Modebereich erheb- einzelnen Handelsimmobilien-Formate? Wer hat Blick auf den Deutschen Einzelhandel und die lich Fahrt aufnimmt. Multi-Channel ist weiter- gut lachen und wer muss sich Ihrer Meinung Handelsimmobilien-Wirtschaft aus dem nun fast hin in aller Munde, wird aber nur teilweise nach Sorgen machen? abgelaufenen Jahr? Was hat Sie am meisten gelebt und wird uns auch als Schlagwort in Sebastian Müller: Dies stellt sich natürlich überrascht und in welchen Bereichen wurden Sie den kommenden Jahren begleiten. auch regional unterschiedlich dar, aber allge- in Ihrer Einschätzung bestätigt? mein kann man Folgendes sagen: Für Outlet Sebastian Müller: Lebensmittel und Drogeriear- Im Bereich der Handelsimmobilien stellen wir Center wird händeringend nach Standorten tikel waren auch in diesem Jahr wieder die Ge- weiterhin enorm viel Nachfrage fest, die gesucht und manche Baugenehmigungshoff- winner, und viele der Betreiber verzeichneten gleichwohl auf relativ wenig (gutes) Angebot nungen gleichen Blütenträumen. © MattiaMarasco - istockphoto.com GCM 5 / 2016
GERMAN COUNCIL . Vertrauen Für den Shopping-Center-Neubau wird es aus anderen Gründen immer schwieriger und somit stehen Refurbishments weiterhin im Fokus. Ein anhaltender Trend ist, dass LEH-Ankermieter zu- nehmend wichtiger geworden sind, was u.a. auch die Performance von und Nachfrage für Fachmarktzentren erklärt. Sorgen machen müssen sich alle Objekteigen- tümer, die weder ein Produkt noch eine Story haben, um ihre Mieter, also den Einzelhandel, zu überzeugen. Die Verhandlungskraft der Mieter hat insgesamt auch im Jahr 2016 noch- mal zugelegt. Was passiert in der Beziehung zwischen Stadt und Handel? Lange Genehmigungsverfahren und offenbar nicht nachlassende Restriktionen bei Flächen und Sortimenten stehen im Gegen- satz zum Wunsch, die Innenstädte durch neue Einzelhandelsansiedlungen zu stärken. Oder se- hen Sie das anders? Sebastian Müller: Zunächst, die Beziehung zwi- schen Stadt und Handel ist so alt wie die Stadt an sich und wird auch künftig fortbestehen. Al- lerdings ist in der Tat zu beobachten, dass sich die Grundlage für diese Beziehungen seit Jah- ren negativ verändert, da die Interessenslagen auseinander driften. Eine erfolgreiche Bezie- hung basiert auch hier auf der Fähigkeit zu kommunizieren und auf gemeinsamen Zielvor- stellungen. Die städtischen wie auch die überregionalen Behörden setzen dabei weitestgehend auf Sebastian Müller, Head of Retail & Real Estate Consulting, GfK Geomarketing, GCSC-Beirat und Mitglied des GCSC-ThinkTank überkommene stadtplanerische sowie in Teilen planwirtschaftliche und reaktive Instrumente mit geringer Risikobereitschaft für Neues. Der Handel ist hingegen so stark wie noch nie zuvor Food-Bereich unter Druck ist und weiterhin Um- Welche digitalen Trends werden aus Ihrer Sicht aufgrund von Disruption durch neue Formate sätze einbüßt. Der Online-Handel wird in eini- den Einzelhandel in nächster Zeit am stärksten und Globalisierung gezwungen, pro-aktiv zu gen Warengruppen weiter Marktanteile gewin- beeinflussen? denken, zu handeln und Neues auszuprobieren. nen – wir beobachten mit Interesse Amazons Sebastian Müller: Aus unserer Sicht heißen die Aktivitäten im Fashionbereich. Für 2017 erwar- prägenden digitalen Trends der kommenden Der aktuelle Beziehungsstatus würde bei Face- ten wir ein Flächenwachstum, was aber maß- Jahre – in Ermangelung griffiger deutscher Be- book »es ist kompliziert« lauten und die von Ih- geblich auf Neueröffnungen von großflächigen griffe – Virtual Reality, 3D-Print, Internet of nen genannten Punkte wie Genehmigungsver- Möbel- und Einrichtungshäusern sowie Bau- Things und Digital Wallet. fahren und Sortimentsbeschränkungen sind nur märkten zurückzuführen sein wird; mittelfristig einzelne Beispiele dafür. Meines Erachtens ist es wird es keinen Flächenzuwachs geben. an der Zeit, dass der Gesetzgeber und die Städte beim Wandel mitgehen und zeitgemäße Instru- Inhaltlich werden wir neue Brandstores auf der Interview: Thorsten Müller mente für die Planung entwickeln. Fläche sehen, und für das Jahr 2017 erwarte ich in verstärktem Umfang Firmen- und Flächen- Wie lautet Ihre Prognose hinsichtlich der EH-Ent- übernahmen, die zusätzliche Dynamik bringen wicklung im kommenden Jahr und darüber hin- werden. aus? Sebastian Müller: Es dürfte zu einer Fortsetzung Mit Blick auf die Umsatzentwicklung erwartet der Entwicklung der vergangenen Jahre kom- GfK ein leichtes reales Plus, das vor allem durch men: Stationäre Lebensmittel- und Drogerie- Zuwächse im Online-Bereich und einen leichten märkte entwickeln sich stabil, während der Non- Preisanstieg hervorgerufen wird. GCM 5 / 2016
Sie können auch lesen