Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren?
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Niedrigzinszeiten: Nur jeder fünfte Run auf Büroimmobilien Stiftungen auf dem Weg Banken-Firmenkunde ist hält weiter an zu neuen Anlageformen profitabel SONDERTHEMA Kryptowährungsfonds: Eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren? Stefan Klaile Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG Kryptowährungen als Oberbegriff der digitalen Währungen, haben bereits mehr Akzeptanz, als viele sich dies heute vorstellen können“ Ausgabe September/2017 www.FinanzBusinessMagazin.de 1
EDITORIAL I FinanzBusinessMagazin EDITORIAL Niedrigzinsphase sorgt für deutliche Verschiebungen in Portfolien institutioneller Investoren Die anhaltende Niedrigzinsphase setzt deutsche Stiftungen immer stärker unter Druck. Wie eine aktuelle Befragung des Stiftungspanels des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zeigt, gestaltet sich der reale Kapitalerhalt für viele Stiftungen immer schwieriger. Nach Einschätzung der befragten Stiftungen wird es 2017 nur noch knapp zwei Dritteln gelingen, eine Rendite oberhalb der zu Jahresanfang prognostizierten Jahresinflationsrate von 1,5 Prozent zu erwirtschaften. Die Niedrigzinsphase führt europaweit auch zu deutlichen Verschiebungen in den Portfolios der ins- titutionellen Anleger. Seit 2010 sinkt der Anteil der Anleihen, während neben Aktien und Immobilien vor allem alternative Anlagen zulegen. Dies zeigt der Mercer European Asset Allocation Survey 2017, in dessen Rahmen mehr als 1.200 institutionelle Investoren in Europa mit einem Anlagevolumen von insgesamt über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden. Um ihre Garantiezinsversprechen einzuhalten, wollen deutsche Versicherungen in diesem Jahr weiterhin deutlich in Immobilien investieren. Die geplanten Käufe könnten damit bis Ende 2017 eine Rekordquote von 10,7 Prozent an der Kapitalanlage der Assekuranz erreichen. Dies zeigt das jährliche Trendbarometer Assekuranz von EY Real Estate, für das 35 Unternehmen der Versicherungs- wirtschaft Auskunft über ihre Pläne gaben. Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau von Risiken und Personal: Die europäischen Banken haben in den vergangenen zehn Jahren viele Register gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu lassen. Doch nur 38 Prozent der größeren Institute in Europa stehen gut da. Dagegen ist der Zustand von mehr als einem Viertel äußerst besorgniserregend, so eine aktuelle Studie der internationalen Managementberatung Bain & Company. Mit der Diskussion um Kryptowährungen und Initial Coin Offerings hat die Digitalisierung längst auch Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Litcoins, Peercoins, Dogecoins, Mastercoins und zahlreiche andere um Nutzer buhlende Crypto Currencies geistern durch das Netz. Dabei geben sich Jubel- und Horrormeldungen die Klinke in die Hand – kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zugleich Meldungen zu lesen sind, wonach ein Start-up binnen weniger Stunden mehrere 100 Mio. Dollar über ein ICO aufgebracht hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde einen Anbieter einer virtuellen Währung aus dem Verkehr gezogen hat. Haben wir es nur mit einer digitalen Wildwest- Spielwiese für moderne Glücksritter zu tun oder verbirgt sich hinter dem Hype um Kryptowährungen eventuell eine ernst- zunehmende Alternative für Kapitalanleger? Das Redaktionsteam Ausgabe September/2017 3
FinanzBusinessMagazin I INHALTSVERZEICHNIS KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN 6 Kryptowährungsfonds – eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren? von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner / SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB 9 Sollte man in die Blockchain-Technologie, in Bitcoins oder andere Kryptowährungen investieren? von Prof. Dr. Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center 12 Deshalb sind Kryptowährungen für institutionelle Anleger interessant Interview mit Stefan Klaile, Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG 14 Ertragssteuerliche Behandlung von Crypto Tokens von Dr. jur. Julian Albrecht, Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner 17 Blockchain im Asset Management von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain, Simmons & Simmons LLP 20 Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen Währungen – sog. Kryptowährungen von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH 24 Warum Bitcoin kein Betrug ist und wie sich Kryptowährungen als Investment eignen können Interview mit Kryptowährungsexperte Jörg Molt, Speakers Excellence Top 100 Trainee & Speaker, CEO Satoshi School 28 Neue Trend-Anlageklasse Kryptowährung reif für professionelle Investoren? 29 Schweiz: Falcon Private Bank erweitert Krypto-Asset-Management in Zusammenarbeit mit der Bitcoin Suisse AG um Ether, Litecoin und Bitcoin Cash 30 Zentralbanken heizen die Nachfrage nach Kryptowährungen an 31 Kryptowährungen im Kampf mit traditionellen Zahlungsmitteln 33 eToros Crypto CopyFund investiert in Bitcoin, Ethereum, Ripple, LiteCoin, Ethereum Classic und Dash 34 Blockchain in der Finanzdienstleistungsbranche birgt großes Potenzial - breite Anwendung in drei bis fünf Jahren 36 DXC-Studie "Blockchain": 60 Prozent der Banken prüfen Datenschutz 38 Blockchain macht Entwicklungszusammenarbeit wirksamer 39 EY, Guardtime und Branchenteilnehmer starten die weltweit erste Blockchain-Plattform für Transportversicherer 41 Blockchain – Revolution: Abstraktes Unterfangen mit Zukunft Chance oder 42 Blockchain: In der Automobilbranche weitgehend unbekannt 44 Per Klick zum neuen Reisepass: 81 % der Deutschen wünschen sich die digitale Verwaltung INVESTMENTS 46 Niedrigzinszeiten: Stiftungen auf dem Weg zu neuen Anlageformen 48 Studie: Auf der Suche nach Ertrag rücken alternative Investments in den Fokus 50 Coller-Capital-Umfrage: Private-Equity-Anleger rechnen mt Cyber-Angriffen 4 Ausgabe September/2017
INHALTSVERZEICHNIS I FinanzBusinessMagazin 52 KPMG: Fintech-Investitionen nehmen Fahrt auf 53 Forstimmobilienmarkt Deutschland im Fokus 56 Versicherungsgesellschaften investieren vornehmlich in Finanzprodukte aus dem Euroraum FINANZMÄRKTE 57 McKinsey-Studie: Globalisierung der Finanzmärkte hat sich verändert 59 Zahl der Reichen in China steigt rasant an BANKEN 60 Deutsche Privatbanken bleiben im europäischen Wettbewerb weiter zurück 62 Nur jeder fünfte Banken-Firmenkunde ist profitabel 64 Private Banking in der Schweiz – eine Branche im Umbruch 66 Schweizer Banking Report 2017: Digitalisiertes Retailbanking für zukunftsfeste Ertrags- und Kostenstrukturen 68 Luxemburger Privatbanken müssen sich konsequent neu ausrichten 70 World Retail Banking Report 2017: Open Banking verspricht attraktives Ertragspotenzial für Banken 72 Jede vierte Bank kämpft ums Überleben 74 Bankenregulierung: Institute entdecken Sparpotenzial 75 Studie: Banken gehen FinTech-Kooperationen im Kreditgeschäft aus dem Weg 76 Finanzplatz Frankfurt: In der Pole-Position für Brexit-Banker 76 IT-Sicherheit: Banken kämpfen unter erschwerten Bedingungen 78 Studie: Jede vierte Bank ist Fintech-Gründer IMMOBILIEN 79 Versicherungen: Einzelhandel und Sicherheit wieder top 81 Run auf Büroimmobilien hält weiter an 82 Mehrheit der Immobilieninvestoren möchte kaufen 83 Deutschland wohnt zur Miete 84 Mails im Minutentakt - wenn für Manager digital zur Qual wird IMPRESSUM 86 Impressum Ausgabe September/2017 5
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Kryptowährungsfonds – eine neue Assetklasse für institutionelle Investoren? von Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt, Partner SERNETZ · SCHÄFER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB M it der Diskussion um Kryptowäh- neue Technologie – einer rechtlichen Ein- rungen und Initial Coin Offerings ordnung zugänglich sind und dass sich so hat die Digitalisierung längst auch beinahe automatisch die Leitplanken auf- Geld und Währungen erfasst. Bitcoins, Lit- stellen werden, innerhalb derer sich Teil- coins, Peercoins, Dogecoins, Mastercoins nehmer auf dem Kapitalmarkt bewegen und zahlreiche andere um Nutzer buh- können und dürfen. Erinnert sei etwa an lende Crypto Currencies geistern durch die Klarstellung der US-amerikanischen das Netz. Dabei geben sich Jubel- und Börsenaufsicht Securities und Exchange Horrormeldungen die Klinke in die Hand Commission (SEC), wonach auf Coins – – kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zu- unabhängig von deren Ausgestaltung im gleich Meldungen zu lesen sind, wonach ein Detail – durchaus wertpapier(handels) Start-up binnen weniger Stunden mehrere rechtliche Vorschriften anwendbar sein 100 Mio. Dollar über ein ICO aufgebracht können. Allein dieses sehr prominente hat und zugleich eine Aufsichtsbehörde Beispiel zeigt, dass es sich bei Kryptowäh- einen Anbieter einer virtuellen Währung rungen keineswegs um einen (bislang) aus dem Verkehr gezogen hat. Haben wir ungeregelten Markt handelt. es nur mit einer digitalen Wildwest-Spiel- wiese für moderne Glücksritter zu tun Auch der deutsche Regulator war fleißig oder verbirgt sich hinter dem Hype um und hat sich im Hinblick auf Kryptowäh- Kryptowährungen eventuell eine ernstzu- rungen erfreulich klar geäußert: So sind nehmende Alternative für Kapitalanleger? nach Auffassung der BaFin, Bitcoins in der Tatbestandsalternative der Rechnungsein- heiten gemäß § 1 Absatz 11 Satz 1 Kredit- wesengesetz (KWG) rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente einzuordnen. Und weiter heißt es auf der BaFin-Homepage wörtlich: „Diese rechtliche Einordnung gilt grundsätzlich für alle VC. Auf die zugrun- deliegende Software oder Verschlüsse- lungstechnik kommt es hierbei nicht an.“ Danach sind VC aber auch kein gesetz- liches Zahlungsmittel und daher weder Devisen noch Sorten. Sie sind auch kein E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteauf- Quelle: © nyul - Fotolia.com sichtsgesetzes (ZAG), da es keinen Emit- tenten gibt, der sie, unter Begründung Wie jeder Debatte tut auch dieser eine einer Forderung gegen sich, ausgibt. Bei Versachlichung gut und erscheint unbe- digitalen Zahlungsmitteln ist dies gerade dingt notwendig. Zunächst sei festgehal- anders, da hinter diesen stets eine zen- ten, dass Kryptowährungen – wie jede trale Stelle steht, welche die Ausgabe und 6 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin Verwaltung der Einheiten tätigt. Derartige kann. So sind etwa die Produktregeln für Unternehmen betreiben in aller Regel das einen offenen Spezial-AIF im KAGB auf den E-Geld Geschäft nach § 1 a ZAG. Umstand maßgeschneidert, dass die An- teile bzw. die Aktien an einem Spezial-AIF Mit dieser wichtigen und zentralen Grund- (je nach Rechtsform des Emittenten) von aussage lässt sich für die Konzeption von Spezial-AIF ausschließlich von professio- Kapitalanlageprodukten gut arbeiten. Ins- nellen und semi-professionellen Anlegern besondere wird so klar, dass insbesonde- gehalten werden. Der Spezial-AIF (früher: re Prospektpflichten, Erlaubnispflichten Spezialfonds) ist im Unterschied zum Pu- für Intermediäre und die Einhaltung von blikumsinvestmentvermögen das „klas- wertpapierhandelsrechtlichen und geld- sische“ Vehikel, mit dem institutionelle wäscherechtlichen Vorschriften eine er- Investoren ihre Investmentpolitik maßge- hebliche Rolle spielen können. Im Fokus schneidert umsetzen können. Spezial-AIF des Interesses standen bislang bei einer sind im KAGB geregelte Sondervermögen, Ansprache breiterer Investo- renkreise die Internetplatt- formen, auf denen Emittenten und Anleger zusammengeführt werden und die u.U. einer Er- laubnispflicht unterfallen (z.B. wegen Betreiben des Finanz- kommissionsgeschäfts). Nunmehr wendet sich der Markt immer stärker einer professio- nellen Konzeption für professi- onelle Anleger zu, die durch ein reguliertes Produkt bei allen wohlverstandenen Risiken und Volatilitäten eine interessante Rendite zu erzielen versuchen – und wer könnte dies im an- haltenden Niedrigzinsumfeld verdenken? Das Augenmerk des Konzepti- onärs fällt hierbei schnell auf das Kapitalanlagegesetzbuch, das sinn- die aufsichtsrechtlich vollreguliert sind hafterweise bei den Vorschriften über und dabei Absicherungsmöglichkeiten ge- Spezial-AIF aufgeschlagen wird. Eine Lek- gen eine eventuelle Insolvenz vorsehen türe macht schnell deutlich, dass hier ein Daher gibt es für offene inländische Spezial- konsistentes Regelwerk existiert, dass AIF auch keinen Katalog von zulässigen Ver- ursprünglich nicht auf Kryptowährungen mögensgegenständen, der eine Anlage in zugeschnitten gewesen sein mag, die- Kryptowährungen ausschließen würde (an- se aber gleichwohl sachgerecht erfassen ders als etwa bei geschlossenen Publi- Ausgabe September/2017 7
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Quelle: © Wit - Fotolia.com kums-AIF iSd §§ 261 ff KAGB). Verlangt so liquide sein, dass sie die von dem offe- wird als Instrument der Produktregulie- nen Spezial-AIF vorgesehene Rücknahme rung die Einhaltung des Grundsatzes der der Anteile oder Aktien erlauben. Risikomischung (§ 282 Abs. 1 und Abs. 2 KAGB). Danach darf nur in solche Ver- Das sind aber Punkte, die sich bei Kryp- kehrswerte investiert werden, towährungen handhaben lassen. Vor die- (1) deren Verkehrswert ermittelt werden sem Hintergrund ist es nur eine Frage kann; der Zeit, bevor innovationsfreudige wie (2) zudem muss die Zusammensetzung kompetente Marktteilnehmer ein ent- der Vermögensgegenstände bei offenen sprechendes Investitionsvehikel auflegen Spezial-AIF die vertraglichen Abreden des werden. Ein professionelles Produkt für AIF zur Rücknahme der Anteile oder Aktien professionelle Anleger beaufsichtigt von Rechnung tragen. einem professionellen Regulator – viel (3) insbesondere müssen die Vermögens- besseres könnte der Alternatives-Branche gegenstände in ihrer Zusammensetzung kaum passieren. Zum Autor: Dr. Thorsten Voß, Bankkaufmann, vormals BaFin, ist Rechtsanwalt und Partner im Düsseldorfer Büro der Sozietät Sernetz Schäfer mit Tätigkeitsschwerpunkten im Bank-, Kapitalmarkt-, Investment- und Aufsichtsrecht. Er ist Mitherausgeber des Kommentars „Recht der Alternativen Invest- ments“ im Verlag C.H.Beck sowie zahlreicher anderer kapitalmarkt- rechtlicher Kommentare (ua zum KWG, WpHG und WpPG). Voß ist Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance für Internationales Bankaufsichtsrecht. www.sernetz-schaefer.de Dr. Thorsten Voß ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de 8 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin Sollte man in die Blockchain-Technologie, in Bitcoins oder andere Kryptowährungen investieren? von Prof. Dr. Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center B itcoin ist der Ursprung der Block- gensverwalter oder Venture Capital-Funds chain-Technologie, die viel verän- mit der Technologie beschäftigen, um ihr dern wird; auch die Bereiche In- Geschäftsmodell auf neue Chancen aber vestment, Vermögensanlage und Venture auch auf die Risiken auszurichten. Capital. Mit Kryptowährungen existieren zudem neue Investitionsobjekte, die je- Kryptowährungen als Investitionsobjekt doch als hochspekulativ einzustufen sind. Bitcoin hat sich inzwischen signifikant wei- Bitcoin wird derzeit sehr kontrovers terentwickelt. Es existieren nunmehr über diskutiert. Es handelt sich um eine so 700 so genannte Kryptowährungen mit genannte Kryptowährung, die seit 2008 teilweise sehr unterschiedlichen Profilen, existiert. Mit dem Konzept für Bitcoin wurde damals auch die Blockchain-Ar- chitektur erfunden. Teilweise wird von „digitalem Gold“ gesprochen. Warum Bitcoin? Wer heute von Deutschland aus nach Indonesien 1000 Euro überweist, weiß nicht nach wie vielen Tagen oder gar Wochen der Betrag ankommt; zu- dem werden Gebühren erhoben, so dass etwa nur 900 Euro das Ziel erreichen. Mit Bitcoin kann ein solcher Wert (1) binnen Minuten weltweit versandt werden (2) ohne nennenswerte Transaktionskosten. Blockchain-Technologie: Digitale Verwaltung von die interessante aber auch sehr spekula- Eigentumsverhältnissen tive Investitionsobjekte sein können. He- rausragend ist sicherlich der Ansatz von Die Blockchain-Technologie eignet sich zur Ethereum, der die Abbildung von welt- Verwaltung aller Arten von Eigentumsver- weiten Geschäftsprozessen und -logiken hältnissen und zur Automatisierung von erlaubt. Funds, die in Kryptowährungen Geschäftsprozessen. So lassen sich Werte investieren, sind derzeit in der Entwick- übermitteln, ohne Intermediäre und ohne lung. Damit könnten auch traditionelle Finanzinfrastruktur. Direkt von einem Ab- Investoren in Kryptowährungen investie- sender zum Empfänger. Daher müssen sich ren. Der Investor muss sich jedoch genau Intermediäre wie Banken, Börsen, Vermö- mit der Materie auskennen, da regulato- Ausgabe September/2017 9
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN rische Veränderungen wie im September zu erheblichen Kursschwankungen führen können. Hackerangriffe können zudem zu Totalverlusten führen. Veränderungen von Venture Capital Auch Venture Capital-Geber sind Inter- mediäre. Venture Capital-Geber sind seit Jahrzehnten wichtige Financiers für In- novationen; ohne derartige Kapitalgeber gäbe es Unternehmen wie Google oder Dropbox heutzutage nicht. Es waren exakt diese Kapitalgeber, die in frühen Phasen von börsennotierten Unternehmen an- Start-ups kurz nach deren Gründung finan- zulehnen. Natürlich ist hier ein gewisser ziert haben, so dass diese dann zu großen Hype zu beobachten und auch die regula- Unternehmen heranwachsen konnten. Mit torischen Anforderungen werden oftmals der Blockchain-Technologie müssen auch nicht oder nur unzureichend beachtet. Venture Capital-Geber ihr Geschäftsmo- Aber dennoch ist hier eine Veränderung dell überdenken. Im Jahr 2017 sind weit im Gange, auf die Venture Capital-Geber mehr als 1 Milliarde Euro von Investoren achtgeben müssen, um übermorgen noch via Blockchain-Technologie direkt an Zugang zu herausragenden Start-ups zu Start-ups geflossen – ohne dass die- haben. se Investitionen durch Venture Capital- Geber vermittelt werden mussten. Die- Iconiq Lab: ses Phänomen nennt sich im „digitalen Blockchain-basierte Volksmund“ Initial Coin Offering (ICO) Unternehmensgründungen um sich bewusst und provokant an den Begriff des Initial Public Offering (IPO) Bei Iconiq Lab mit Sitz in Berlin und Frank- furt handelt sich um ein Unternehmen, das blockchain-basierte Start-ups unter- stützt, Gelder mittels Blockchain-Techno- logie zu akquirieren. Iconiq Lab erfährt großes Interesse von Start-ups aber auch von Venture Capital-Gebern. Venture Capital-Funds äußern Interesse, weil sie merken, dass sich interessante Start-ups direkt an Blockchain-Investoren wenden, und nicht mehr an „traditionelle“ Venture Capital-Geber. Dies zeigt, dass sich das Thema Gründungsfinanzierung und Ver- mögensverwaltung durch die Blockchain- Technologie verändern wird. 10 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin W2B: Effiziente Immobilienfinanzierung mittels Blockchain-Technologie Zuletzt ist W2B noch ein interessanter blockchain-basierter Ansatz. Die Idee ist hier, zum Beispiel Gewerbeimmobilien zu erwerben, diese dann weiterzuentwickeln Regulatorik als Herausforderung und und sich das Investment durch Mieter Treiber für Digitalisierung über die Folgejahre refinanzieren zu las- sen. Diese Investitionsmöglichkeiten gibt Natürlich ist es nicht einfach, diese neuen es bereits für Großinvestoren; seit Jahr- Geschäftsansätze regulatorisch korrekt zehnten. Mit der Blockchain-Technologie abzubilden, aber es ist möglich. Und damit wäre es jedoch möglich, einen zuverläs- entstehen durch die Blockchain-Technologie sigen und effizienten Mechanismus zu gänzlich neue Geschäftsmodelle, die zumeist entwickeln, so dass auch kleinere Inve- vollautomatische Geschäfts- und Zahlungs- storen vom deutschen Immobilienmarkt prozesse beinhalten. Die Zeit wird zeigen, partizipieren könnten. Interessant wird inwiefern derartige Geschäftsideen erfolg- dies vor allem dann, wenn man auf diese reich werden können. Aber in jedem Falle Weise ausländische Investoren eine Mög- lässt sich festhalten, dass die Blockchain- lichkeit bereit stellen würde, in Deutsch- Technologie nicht mehr verschwinden land zu investieren – ohne dass Inter- wird, sondern zahlreiche Branchen und mediäre hohe Kosten und übermäßig viel Geschäftsmodelle signifikant beeinflussen Papierlast erzeugen. wird. Zum Autor : Prof. Dr. Philipp Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management, welches im Februar 2017 initiiert wurde. Zu den Themengebieten von Herrn Prof. Dr. Sandner gehören Blockchain, Kryptowährungen, Digitalisierung und Entrepreneurship. Herr Prof. Dr. Sandner ist im FinTechRat des Bundesministerium der Finanzen. www.fs.de/blockchain Prof. Dr. Philipp Sandner ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de Ausgabe September/2017 11
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Deshalb sind Kryptowährungen für institutionelle Anleger interessant Interview mit Stefan Klaile, Vorstand XOLARIS Service Kapitalverwaltungs-AG FBM: Warum sind Kryptowährungen für institutionelle Anleger interessant? Stefan Klaile: Kryptowährungen als Oberbegriff der digitalen Währungen, haben bereits mehr Akzeptanz, als viele sich dies heute vorstellen können. Selbst Zah- lungen des täglichen Bedarfes lassen sich teilweise bereits darstellen. Auch einige Länder haben bereits; andere wollen kurz- fristig, digitale Währungen als Währung akzeptieren, sodass es auch hier zu mehr Akzeptanz dieser Währungen in unserem täglichen Leben kommen wird. Aus die- sem Grund handelt es sich bei den Kryp- towährungen um potentielle Assets in die investiert werden kann. Wenn man sich den historischen Verlauf ansieht, dann kann man die enormen Schwankungen der verschiedenen Währungen erkennen, sodass es sich zweifelsohne um high risk investments handelt, die gleichzeitig aber auch einen enormen Wertzuwachs haben können. Aus diesem Grund kann eine In- Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com vestition in Kryptowährungen für instituti- onelle Anleger interessant sein, wenn die- ligen Mengen selbst herzustellen oder die- se in der jetzigen Zinsphase in spekulative se ggf. auch am Markt kaufen zu können. Anlagen mit einem überdurchschnittlichen Daneben ist wichtig zu entscheiden ob man Rendite-/Risikoprofil investieren wollen. sich auf eine spezielle Währung beschränken will und wenn ja auf welche oder ob man FBM: Was sind die Herausforderungen einen Multi-Asset-Ansatz aufbaut. Zeit- für Finanzprodukte? gleich muss man sich die Frage stellen, ob eine Investition sinnvoll ist oder ob Stefan Klaile: Die Herausforderung man sich nicht besser an den Mining- für Finanzprodukte bestehen aus einer Farmen beteiligt, die notwendig sind, Vielzahl verschiedener Punkte. Wichtig ist um die Währungen zu produzieren. die Auswahl der richtigen Geschäftspartner, Zum Schluss stellt sich noch die Frage damit diese auch nachhaltig in der Lage nach der geeigneten Struktur bzw. der sind, von einer Kryptowährung die jewei- Konzeption des Produktes. 12 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin FBM: Wie ist Ihr Unternehmen hier gemeinsam mit einem Kunden ein solches aufgestellt? Projekt aufsetzen, dann können aus unserer Sicht damit nur Kunden angesprochen Stefan Klaile: Als XOLARIS beschäftigen werden, die sich selbst mit dem Thema wir uns schon seit mehr als einem Jahr bereits intensiv beschäftigt haben. Dies mit dem Thema. Dies hängt auch damit ist die Voraussetzung, damit das Risiko auf zusammen, dass wir Anfragen zur Auflage Kundenseite selbst eingeschätzt und bewertet eines Produktes sowohl von Kunden als und gleichzeitig auch die Konzeption und auch von Anbieterseite hatten und haben. der Inhalt des Produktes analysiert werden Derzeit sind wir in der Prüfung eines neuen kann. Insofern kann es sich aus unserer Projektes. Sicht nur um institutionelle Anleger handeln, die Kryptowährungen selbst FBM: Welche Kunden wollen Sie mit als Assetklasse definiert haben. zukünftigen Angeboten ansprechen? Das Interview führte Friedrich Andreas Wanschka Stefan Klaile: Wenn wir als Service KVG für FinanzBusinessMagazin.de Zum Interview-Partner: Stefan Klaile gründete 2010 die XOLARIS Gruppe und 2013 gemeinsam mit der xpecto AG die XOLARIS Service KVAG in München, deren Portfoliomanagement er seitdem als Vorstand verantwortet. Darüber hinaus ist er Aufsichtsrat der ADREALIS Service KVG in Hamburg. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich liquider und illiquider Finanzprodukte und bekleidete Führungspositionen bei internationalen Finanzhäusern, unter anderem als COO eines Emissionshauses. Stefan Klaile entwickelte als Dozent an der Frankfurt School of Finance & Management den Studiengang „Certified Closed End Funds Advisor / Manager“ www.xolaris-kvg.de Stefan Klaile ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de Ausgabe September/2017 13
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Ertragssteuerliche Behandlung von Crypto Tokens von Dr. jur. Julian Albrecht, Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partner D ie Begriffe „Crypto Token“, „Block- Erwerb und Veräußerung ein Zeitraum von chain“ und „ICO“ sind inzwischen mindestens einem Jahr (zehn Jahre, falls in aller Munde. Die im Rahmen von ein Token als laufende Einkunftsquelle ge- Initial Coin Offerings (ICOs) eingesammel- nutzt werden kann) liegt – ein durchaus ten finanziellen Mittel werden immer grö- interessantes Ergebnis, wenn man sich ßer, Crypto Tokens wie Bitcoin, Ether, vergegenwärtigt, dass nach Einführung Litecoin oder Ripple (dies sind nur einige der sog. Abgeltungsteuer Veräußerungs- der bekanntesten) erreichen wöchentlich gewinne nur noch sehr selten steuerfrei er- neue, wenn auch volatile, Höchststände. zielt werden können. In ebenso schneller Folge werden neue, vielversprechende Anwendungsgebiete Veräußerungen innerhalb eines Jahres für die dahinterstehende Technologie der nach Erwerb sind hingegen voll steuer- Blockchain ausgemacht. pflichtig. Ein steuerbarer Vorgang ist dabei nicht nur anzunehmen, wenn erworbene Die langfristige Perspektive für Crypto Tokens Tokens für einen Preis in Euro veräußert wird – zumindest für den Standort werden, sondern auch beim Eintausch von Deutschland – auch dadurch beein- Tokens gegen andere Wirtschaftsgüter. flusst, wie Gewinne aus Token-Ge- „Anderes Wirtschaftsgut“ kann in diesem schäften steuerlich behandelt werden, Zusammenhang z.B. ein anderer Crypto denn Marktteilnehmer richten erfah- Token sein, bei dessen ICO man mit Bitcoin rungsgemäß ihre Investitionstätigkeit zahlt (viele kleinere Token können nur ge- auch nach der zu erwartenden Abga- gen andere, bekanntere Token, nicht aber benlast aus. Dieser Beitrag wirft die gegen sog. Fiat-Währungen eingetauscht wichtigsten steuerlichen Fragen auf werden). Der Moment des Eintauschs ist und fasst den aktuellen Diskussions- ein steuerlicher Realisationsvorgang, so stand zusammen. dass etwaige Kurserhöhungen innerhalb eines Jahres zwischen dem Zeitpunkt des I. Steuerfrei vs. voll steuerpflichtig Bitcoinerwerbs und des Eintauschs steuer- pflichtige Veräußerungsgewinne sind. Nach ersten Äußerungen der Bundesre- gierung sind Bitcoin, die bekanntesten Um zu ermitteln, ob ein veräußerter Token und gemessen an der Marktkapitalisie- länger als ein Jahr gehalten wurde, dürfte rung (noch) wichtigsten Crypto Tokens, im das sog. FIFO-Verfahren (first in - first out) Ausgangspunkt Wirtschaftsgüter und als anzuwenden und häufig auch von Vorteil solche in ihrer steuerlichen Behandlung sein. In tatsächlich-technischer Hinsicht zunächst vergleichbar mit Münzen, Oldti- hilft die Blockchain-Technologie, die sämt- mern oder Briefmarken. Für Privatanleger liche Transaktionen irreversibel festhält. Es hat das folgende Konsequenzen: Gewinne gilt an dieser Stelle, die steuerrechtliche aus Bitcoin, die durch Kapitaleinsatz (nicht Beratung mit der technischen zu verknüp- „Mining“) erworben und später veräußert fen, denn es gibt Maßnahmen, die sicher- werden, sind steuerfrei, sofern zwischen stellen, dass die „richtigen“ Tokens ver- 14 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin äußert werden. Dafür ist ein technisches erheblicher selling point im Fundraising sein! Grundverständnis (u.a.) über die Arbeits- Kapitalgesellschaften sind mit Token-Ge- und Wirkungsweisen von Blockchain-Trans- winnen, die auf sie aus einer Fondsbetei- aktionen und Wallets notwendig. ligung entfallen, voll steuerpflichtig. Daran ändert natürlich auch die Zwischenschal- (Deutsche) Kapitalgesellschaften profitie- tung einer (deutschen) Kapitalgesell- ren von der Steuerfreiheit nicht. Im Ge- schaft nichts – zwar kann dann je nach genteil: Für sie sind die Erträge beim di- konkreter Ausgestaltung die Investor- rekten Halten und Veräußern von Tokens Kapitalgesellschaft von der 95 %igen steuerpflichtig, und zwar im Gegensatz zu Steuerfreiheit profitieren, auf Ebene der Veräußerungserträgen bei Kapitalgesell- Zwischengesellschaft tritt aber eine Kör- schaftsanteilen zu 100 %. perschaft- und Gewerbesteuerbelastung ein. II. Besonderheiten für Fonds-Investments in Crypto Tokens Hier zeigt sich, dass sich je nach Investo- renstruktur unterschiedliche Haltestruk- Die Gewinnphantasien, die die Kursent- turen anbieten können. Reine Token-Fonds wicklungen von Bitcoin und anderen Cryp- werden über Parallelfonds-Strukturen to Tokens ausgelöst haben, stellen auch nachdenken können, um jedem Investor Manager von Tech-affinen Venture Capital- eine steueroptimierte Behandlung der Fonds vor die Frage, ob sie nicht einen Teil Rückflüsse zu gewährleisten. des von ihnen verwalteten Geldes für den Erwerb solcher Tokens einsetzen sollen. b) Vermögensverwaltender Status eines Dabei ergeben sich einige steuerliche Be- Crypto Fonds sonderheiten, die Manager vor einer Kauf- Der originäre (durch ICOs, nicht durch entscheidung beachten sollten. Mining) oder derivative (Handelsplatt- formen) Erwerb von Crypto Tokens führt a) Besteuerung von Fonds-Investoren nicht zwingend zur Gewerblichkeit eines Venture Capital Fonds sind typischerweise Fonds. Es sind bei der Beurteilung u.E. – vermögensverwaltend tätig. Ein vermö- und hier scheinen uns erste Finanzämter gensverwaltender Fonds ist ein materiell- zuzustimmen – vielmehr die allgemei- steuerliches Nullum, denn aufgrund der nen Grundsätze anwendbar, die sich – bei sog. Bruchteilsbetrachtung werden den Venture Capital-ähnlichen Fonds – insbe- Investoren steuerlich keine Fondsanteile, sondere aus den Kriterien des sog. PE- sondern anteilig die vom Fonds gehaltenen Erlasses des BMF ergeben. Das bedeutet, Wirtschaftsgüter zugerechnet. Es ändert dass es auf die Umstände des konkreten sich gegenüber dem oben Gesagten also Einzelfalls, vor allem aber auf die beab- nichts: sichtigte Haltedauer ankommt. Ein häu- Natürliche Personen, die (ggf. über eine wei- figes, „händlertypisches“ Umschlagen tere vermögensverwaltende Personengesell- von Token und Ansprüchen sowie wieder- schaft) in einen Fonds investieren, können kehrende Reinvestitionen könnten zu ei- von der Steuerfreiheit nach Ablauf der Spe- ner Gewerblichkeit des Fonds führen. Bei kulationsfrist profitieren. Das kann ein ganz ICOs, in denen zunächst nur Ansprüche Ausgabe September/2017 15
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN auf die spätere Übereignung erworben liche Aufteilung des Carrys gerade entbehr- werden, ist daher besondere Aufmerksam- lich machen. Überdies wird in der Begrün- keit geboten; ebenso bei ICOs, in denen dung als Kernvoraussetzung die vorherige nur mit anderen Token, nicht aber mit Fiat- Rückzahlung des Kapitaleinsatzes der Inve- Währungen gezahlt werden kann. storen – und gerade nicht die Mittelherkunft – identifiziert. Dass der Wortlaut gegen c) „Infizierung“ des carried interest? die Anwendung spricht, ist übrigens nicht Der „VC-typische“ Teil des carried interest verwunderlich: Die Norm wurde ca. fünf bleibt (sofern die Anforderungen des § 18 Jahre vor „Geburt“ der Bitcoin erlassen. Abs. 1 Nr. 4 EStG ansonsten grundsätzlich Auch ein noch so vorausschauend handeln- erfüllt sind) steuerlich jedenfalls dann pri- der Gesetzgeber hätte schlicht nicht antizi- vilegiert, wenn die Token-Rückflüsse kein pieren können, dass er, um „Wagniskapital“ erhebliches Ausmaß annehmen. Dies wäre, zu fördern, nicht ausschließlich „Anteile so sich diese Meinung durchsetzt, eine er- an Kapitalgesellschaften“, sondern auch hebliche Erleichterung für Fondsmanager: „digital-kryptografische Werteinheiten“ als Sie könnten, nach Klärung weiterer gesell- Carry-Quelle hätte nennen müssen. schaftsrechtlicher und aufsichtsrechtlicher Fragen, kleinere Testinvestitionen in Diese Einschätzungen geben unsere An- Tokens tätigen, ohne um ihren Steuer- sichten zum Thema wieder, die in konkreten vorteil fürchten zu müssen. Einzelfällen von zuständigen Finanzämtern auch geteilt wurden. Dennoch müssen wir d) Carry-Privileg für Token-Rückflüsse darauf hinweisen, dass umfassende ver- Bei diesem Thema zeigt sich die Finanzver- lässliche Äußerungen der Finanzverwaltung waltung aktuell noch zurückhaltend. Und oder der Finanzgerichtsbarkeit fehlen. Wir tatsächlich scheint der Wortlaut des § 18 raten deshalb dazu, vor einem Investment Abs. 1 Nr. 4 EStG gegen eine Anwendung in Crypto Tokens die steuerlichen Folgen im der Norm auf Crypto-Carry zu sprechen. Wir Vorwege abzuklären, vorzugsweise in einer sind anderer Meinung: Das Privileg sollte vom zuständigen Finanzamt erteilten ver- laut der Gesetzesbegründung eine steuer- bindlichen Auskunft. Der Beitrag ist eine gekürzte und aktualisierte Fassung eines Briefings, das Mandanten von Schnittker Möllmann Partners zu diesem Thema zur Verfügung gestellt wurde. Zum Autor: Dr. jur. Julian Albrecht, ist Senior Associate bei Schnittker Möllmann Partners in Hamburg Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Bucerius Law School in Hamburg und einem Auslandsstudium an der University of Cambridge erfolgte nach dem 1.Staatsexamen eine Tätigkeit am Lehrstuhl für Steuerrecht von Prof. Dr. Birgit Weitemeyer an der Bucerius Law School und ein Referendariat mit Stationen u.a. beim Finanzgericht Hamburg, der Finanzbehörde Hamburg, Latham & Watkins LLP in Hamburg sowie Flick Gocke Schaumburg in Berlin. Nach dem 2.Staatsexamen, der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und der Promotion zum Dr.jur. folgte eine Tätigkeit als Associate bei Flick Gocke Schaumburg in Berlin/Hamburg. www.smp.law Dr. jur. Julian Albrecht ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de 16 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin Blockchain im Asset Management von Dr. Khanh Dang Ngo, Rechtsanwalt, Finance & Blockchain, Simmons & Simmons LLP D ie Blockchain Technologie hat das er über den vollständigen, verschlüsselten Potential das Asset Management Datensatz verfügt. Blockchain schafft da- nachhaltig zu verändern. Block- mit Vertrauen über die Richtigkeit und Voll- chain bietet eine Alternative zu vielen ständigkeit von Informationen, ohne dass aufzeichnungs-basierten Transaktionen. man sämtliche Informationen vollständig Insbesondere der Zahlungsverkehr, die lesen kann. Blockchain löst damit ein Kern- Verwahrung von Vermögensgegenständen problem der verteilten Datenverarbeitung. und die Fondsberechnung lassen sich mit Hilfe dieser vielversprechenden Technologie Mit diesem Grundkonzept der dezentralen effektiver gestalten, weil der Abgleich von Datenerfassung sind eine Fülle von An- Daten schneller und weniger fehleranfäl- wendungsfelder im Asset Management lig in einem digitalen Netzwerk vollzogen denkbar. Die gesamte Wertschöpfungs- werden kann. Blockchain behandelt kette einer Wertpapiertransaktion dient Assets wie das Internet Informationen als Spielwiese einer Blockchain-basierten behandelt: sie dezentralisiert die Kon- Plattform, auf der jeder Teilnehmer zu trolle über Informationen, beseitigt In- jeder Zeit alle Daten in nahezu Echtzeit formationsasymmetrien und allgemein erfassen kann. Betrachtet man die Wert- verändert die Art, wie wir mit Informati- schöpfungskette von der ersten Aufnahme onen, Assets und Dingen umgehen und einer Order über das Erfassen des jewei- mit ihnen interagieren. Die Blockchain ligen Assets, der Ausführung der Transak- Technologie läutet einen Paradigmen- tion und der abschließenden Übertragung wechsel im Asset Management ein, das der Vermögensgegenstände, so lassen nicht nur die Prozesse der Vermögens- sich mit Hilfe von Blockchain-basierten verwaltung neukonzeptioniert, sondern Plattformen viele veraltete Prozesse der auch das Verhältnis zu Vermögensge- Datenüberprüfung, die teilweise derzeit genständen fundamental verändert. sogar noch manuell durchgeführt werden, ersetzen und modernisieren. Blockchain by Design bedeutet verteilte Verwahrung von Daten. Statt Daten zen- Blockchain betrifft grundlegend zunächst tral an einer Stelle zu erfassen, speichert das Asset an sich. Blockchain-basierte As- die Blockchain Daten in einem Verbund von sets werden auf der Grundlage von Wert- Computern. Jeder Computer in dem Netz- marken, so genannten "Tokens" aufge- werk ist ein Knotenpunkt und speichert zeichnet. Tokens sind digitale Einheiten, den gesamten Datensatz. Mit Hilfe von denen ein Wert gutgeschrieben wird. Verschlüsselungstechniken und Algorith- Der erste Anwendungsfall der Blockchain men gewährleistet Blockchain, dass jeder Technologie ist der bekannte Bitcoin. Bit- einzelne Computer auch nur diejenigen coin ist eine Kryptowährung, die auf ei- Daten lesen und bearbeiten kann, die ihm ner öffentlichen Blockchain, auf die jeder- zugeordnet sind. Gleichzeitig erhält der mann im Internet Zugriff hat, gespeichert einzelne Computer die Gewissheit, dass wird. Genaugenommen werden die ein- Ausgabe September/2017 17
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN zelnen Transaktionen der Bitcoin Wertmarke mediäre eingeschaltet werden müssen, auf der Blockchain gespeichert. Die Bit- stellt die Blockchain jedem Anleger den coin Blockchain erfasst also die Übertra- direkten Zugriff auf den jeweiligen Vermö- gung eines Bitcoin bzw. Teileinheiten eines gensgegenstand her. Überflüssige Über- Bitcoin (kleinste Einheit ist ein Satoshi) prüfungen, widerholende Bewertungen von einem Teilnehmer auf einen anderen und wiederkehrende Compliance Doku- im Netzwerk. Mittlerweile gibt es eine Fül- mentationen können auf der Blockchain- le von Alternativen Wertmarken, so ge- basierten Plattform eliminiert werden, weil nannten Altcoins, die auf dem Prinzip der alle Daten auf einem einzelnen Datensatz verteilten Datenerfassung der Blockchain - dem "Block" bzw. der Blockkette- erfasst basieren. Es war lange Zeit unklar, wel- werden, den alle Teilnehmer als einzige chen rechtlichen Status eine solche Wert- Aufzeichnung der Wahrheit beurkunden marke wie der Bitcoin hat. Die deutsche und beglaubigen. Nicht nur das Erfassen Aufsichtsbehörde betrachtet Bitcoin je- der einzelnen Order ließe sich dezentral denfalls als Finanzinstrument in Form dokumentieren. Auch die einzelnen Or- einer Rechnungseinheit, sodass die auf- derdaten wie etwa Kaufpreis, Devisenkurs sichtsrechtlichen Vorschriften auf Bitcoin und Ausführungszeitpunkt ließen sich auf Anwendung finden. Nahezu alle maß- einer Blockchain allgemeingültig und von geblichen Aufsichtsbehörden überwachen jedermann verifiziert speichern. Das de- die Entwicklung der Kryptowährungen und zentrale Design der Blockchain wirft aber Tokenemissionen streng, um systemischen grundlegende Fragen der Sicherheit und Wirkungen rechtzeitig schützend begegnen des Datenschutzes auf. Diese Fragen lassen zu können. Gerade die Venture Capital sich nicht ganz allgemein durch Algorithmen Finanzierung mit eigens emittierten und mathematische Formeln beantworten. Tokens durch so genannte Initial Coin Darüber hinaus im Bereich der Haftung und Offerings steht derzeit aufgrund der der Corporate Governance bleibt es bei den Größe der erzielten Kapitalaufnahme konventionellen rechtlichen Grundsätzen, im Fokus der Aufsichtsbehörden. die in einer Blockchainstruktur mitberück- sichtigt werden müssen. Auf einer Blockchain-basierten Plattform erhalten alle Teilnehmer Zugriff zu allen Blockchain geht zudem über die "simple" wesentlichen Daten von Wertpapieren. Aufzeichnung einzelner Transaktionen Während bei der Aufnahme von Order hinaus. Die als Blockchain 2.0 bezeich- zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren nete Weiterentwicklung ermöglicht nicht und anderen Vermögensgegenständen nur die Aufzeichnung von Transakti- derzeit noch Broker und andere Inter- onen von Wertmarken ("tokens") wie 18 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin etwa Bitcoin, Ether oder anderen Alt- ausgeübt werden und die erforderlichen coins, sie bietet die Möglichkeit ganze Sicherheiten automatisch übertragen Programmierzeilen auf der Blockchain werden können. abzuspeichern, die Smart Contracts ge- nannt werden. Hierunter versteht man Die Entwicklung von Blockchain scheint allgemein Wenn-Dann-Bedingungen, die unaufhaltbar. Im Bereich Asset Manage- die Parteien vorzeitig vereinbaren und in ment bietet die Blockchain Technolo- Computersprache schreiben. Treten die gie durch ihr dezentrales Design Effi- vordefinierten Bedingungen eines Smart zienzsteigerung, mit denen sich Daten Contracts ein, werden bestimmte Be- schneller und kostengünstiger abglei- fehle ausgeführt wie etwa die Übertra- chen lassen. Durch Tokens lassen sich gung einer Wertmarke oder der Tausch Assets oder jedenfalls Repräsentanzen von Assets. Die derzeitige Entwicklung von Assets in nahezu Echtzeit übertra- von Smart Contracts ist rasant und viele gen. Unabhängig von der Wertentwick- Standardtransaktionen insbesondere im lung einzelner Tokens wird der Einsatz Derivate Bereich lassen sich zumindest von Blockchain viele Prozesse im Asset in der Konzeptionierungsphase darstel- Management grundlegend verändern len. Man arbeitet verstärkt etwa an das und die Evolution der Digitalisierung und Collateral Management von Derivaten, Automatisierung in bisher ungeahnte bei denen etwa Margin Calls automatisch Dimensionen vorantreiben. Zum Autor: Dr. Khanh Dang Ngo ist Mitglied des Internationalen FinTech Teams der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons. Er ist spezialisiert auf die Beratung von Blockchain-basierten Projekten und der Anlage in Kryptowährungen. Zuvor war er lange Zeit als In-house Counsel für eine US-amerikanische Bank tätig, für die er die Derivate-Clearing Abteilung aufgebaut und betreut hat. Er hat an den Universitäten in Heidelberg, Boston und Münster studiert und auf dem Gebiet der Finanz- marktinnovationen rechtsvergleichend promoviert. Darüber hinaus forschte er im Committee on Capital Markets Regulation an der Harvard Law School. www.simmons-simmons.com Dr. Khanh Dang Ngo ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de Ausgabe September/2017 19
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Besteuerung der Geschäfte mit virtuellen Währungen – sog. Kryptowährungen von Alexander Lehnen und Marcel Bailänder, ARNECKE SIBETH K ryptowährungen erfreuen sich zu- sich der Zeitraum von einem Jahr auf zehn nehmender Beliebtheit. Aufgrund Jahre prolongiert, wenn aus der Nutzung des ansteigenden Investitionsvolu- der Kryptowährung zumindest in einem mens von deutschen Private Equity bzw. Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden. Die institutionellen Investoren treten ver- ist beispielsweise dann der Fall, wenn die mehrt Fragestellungen hinsichtlich deren Kryptowährungen gegen eine Verzinsung Besteuerung auf. Überwiegend werden In- an Unternehmen verliehen werden, die auf vestitionen in Bitcon und Ethereum vorge- den Handel mit Kryptowährungen speziali- nommen. Im Folgenden möchten wir die siert sind. wesentlichen steuerlichen Fragestellungen näher beleuchten. Ertragsteuerrechtliche Qualifizierung von Kryptowährungen Die deutsche Finanzverwaltung hat sich bei der Frage der ertragsteuerlichen Ein- ordnung der Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ange- schlossen. Diese hat virtuelle Währungen am Beispiel Bitcoin als Rechnungseinheiten gemäß § 1 des Kreditwesengesetz (KWG) rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente qualifiziert. Die BaFin hat auch klargestellt, Eine Verlustverrechnung ist nur einge- dass es sich um kein gesetzliches Zahlungs- schränkt möglich. Verluste aus Veräuße- mittel handelt und daher weder um Devisen rungen von Kryptowährungen mindern noch Sorten. Steuerlich sind Kryptowäh- nur die Einkünfte, die in dem unmittelbar rungen somit nicht als Währungen, son- vorangegangenen Veranlagungszeitraum dern als immaterielle Wirtschaftsgüter zu oder in den folgenden Veranlagungszeiträu- qualifizieren. men aus ebensolchen Veräußerungen er- zielt werden. Besteuerung bei Investitionen aus dem Privatvermögen Beispielfall: Grundsätzlich handelt es sich bei der X erwirbt am 01.01.2017 einen Bitcoin zum Veräußerung von Kryptowährungen um Kurs in Höhe von € 930. Am 01.09.2017 er- private Veräußerungsgeschäfte. Diese wirbt X Waren mit diesem Bitcoin im Wert stellen sonstige Einkünfte dar und sind von € 4.000. steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwi- schen Anschaffung und Veräußerung nicht Ergebnis: mehr als ein Jahr beträgt. Nur wenn der Mit dem Erwerb der Waren realisierte X ein Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger steuerbares und steuerpflichtiges privates als € 600 beträgt, bleiben auch diese Ge- Veräußerungsgeschäft. X ist verpflichtet winne steuerfrei. Zu beachten ist, dass eine Einkommensteuererklärung abzu- 20 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin geben und hat den realisierten Gewinn in Einkommensteuersatz. Die Gewerbesteuer Höhe von € 3.070 zu versteuern. kann bei natürlichen Personen (teilweise) auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Abwandlung: X erwirbt die Waren erst am 01.01.2018. Die Bilanzierung von Ergebnis Abwandlung: Kryptowährungen im Betriebsvermögen Da der Zeitraum zwischen Anschaffung und Spätestens nach der ersten Investition in Veräußerung mehr als ein Jahr beträgt, Kryptowährungen aus einem Betriebsver- handelt es sich um ein nicht steuerbares mögen heraus stellt sich Frage der han- privates Veräußerungsgeschäft. Es besteht dels- und steuerrechtlichen Bilanzierung weiterhin eine Verpflichtung zur Abgabe ei- von Kryptowährungen. ner Steuererklärung, der Gewinn unterliegt Für Kryptowährungen, die beispielsweise jedoch nicht der Besteuerung. auf einer Handelsplattform erworben wurden, besteht die Möglichkeit der Hierbei ist festzuhalten, dass jeder Erwerb Bilanzierung im Umlaufvermögen nach eines Vermögensgegenstandes mit einer HGB. Die Bewertung erfolgt handels- und Kryptowährung einen Tauschvorgang und steuerrechtlich mit den tatsächlichen An- damit einen Veräußerungstatbestand dar- schaffungskosten. Hierzu gehören auch die stellt. jeweiligen Marktplatzgebühren, die beim Erwerb vom Marktplatzbetreiber einbehal- Gewerbliche Einkünfte ten werden. Die Bewertung am Bilanzstich- mit Kryptowährungen tag erfolgt beim Umlaufvermögen mit den Gewerbliche Einkünfte liegen vor, soweit jeweiligen Börsen- oder Marktpreis, jedoch durch den Handel mit Kryptowährungen eine selbständige nachhaltige Tätigkeit mit der Absicht, Gewinn zu erzielen unternom- men wird und diese eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar- stellt. Die bislang bekannteste als gewerblich zu qualifizierende Einkunftsquelle im Hin- blick auf Kryptowährungen ist das sog. Mining von Kryptowährungen. Dane- ben sind bislang auch der Betrieb einer Online-Börse für Kryptowährungen, das Betreiben von Kryptowährungs-Geldau- Quelle: © Massimo Cavallo - Fotolia.com tomaten und die zinsbringende Anlage von Kryptowährungen als gewerbliche maximal mit den Anschaffungskosten. Oft- Einkünfte bekannt. Die gewerblichen mals bestehen auf den verschiedenen Han- Einkünfte unterliegen – je nach Ort der delsplattformen unterschiedliche Kurse mit Betriebsstätte – zwischen 7% und 17% bis zu 15% Abweichung (eigene Beobach- Gewerbesteuer sowie dem persönlichen tung). Hier stellt sich die Frage, welcher Ausgabe September/2017 21
FinanzBusinessMagazin I KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN Kurs für die Bilanzierung maßgeblich ist. ihren Herstellungskosten steuerlich anzu- Unter Anwendung des Vorsichtsprinzips setzen sind. Der Gewinn aus dem Mining schlagen wir eine Selektion der fünf be- entsteht steuerlich jedoch in beiden Fällen deutendsten Handelsplattformen sowie erst mit der Veräußerung bzw. anderwei- die Wahl des auf diesen Plattformen tigen Verwendung der Bitcoins. niedrigsten Umrechnungskurses für die Bewertung vor. Besteuerung von Mining-Aktivitäten am Standort Island Bevor wir näher auf die Bilanzierung von Aufgrund des enormen Energiebedarfs selbst geschürften Kryptowährungen ein- der zum Mining verwendeten Rechner ist gehen wollen, möchten wir noch einmal Deutschland aufgrund seiner Strompreise den Herstellungsprozess verdeutlichen: als Miningstandort nur bedingt attraktiv. Beim Mining von Kryptowährungen han- Der Standort Island, bei dem die Energie- delt es sich um einen Prozess, bei dem Re- gewinnung durch Geothermie betrieben chenleistung zur Transaktionsverarbeitung, wird, hat sich bereits als ein weltweit an- Datensynchronisierung und Sicherung al- erkannter Standort etabliert. Mining stellt len Netzwerknutzern zur Verfügung ge- unseres Erachtens eine aktive Tätigkeit im stellt wird. Für das Mining von beispielweise Sinne des deutschen Außensteuergesetzes Bitcoins werden professionelle Bitcoin-Miner dar, weshalb Einkünfte aus einer islän- benötigt. Diese haben spezielle ASIC-Chips dischen Kapitalgesellschaft oder dortigen verbaut, die nur für das Minen von Bitcoins Betriebsstätte nicht der deutschen Hinzu- geeignet sind. Da die angeschafften Rechner rechnungsbesteuerung unterliegen sollten. sich nicht dem einzelnen Bitcoin direkt zuord- In Island werden Gewinne einer islän- nen lassen, ist es nicht möglich, den erstellten dischen LLC begünstigt mit 20% besteuert. Bitcoins direkte Herstellungskosten zuordnen. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Island beträgt der Quellen- Die erstmalige Bilanzierung von selbst ge- steuereinbehalt auf Dividendenzahlungen minten Bitcoins erfolgt in der Handelsbi- nach Deutschland bei einer Beteiligungs- lanz daher zum Umrechnungskurs im Er- quote von mehr als 10% grundsätzlich 5%. stellungszeitpunkt. Steuerlich besteht für Ansonsten beträgt der Steuersatz in Island die Bilanzierung von selbstgeschaffenen dagegen 36%. immateriellen Wirtschaftsgütern im Anla- gevermögen ein Aktivierungsverbot, leider Umsatzsteuerliche Qualifizierung von jedoch nicht für immaterielle Wirtschafts- Kryptowährungen güter des Umlaufvermögens. Dies bedeu- Die Frage hinsichtlich der umsatzsteuer- tet, dass selbst geminte Bitcoins, die zum rechtlichen Einordnung wurde bereits vom Handel bzw. Verkauf bestimmt sind, mit Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache 22 Ausgabe September/2017
KRYPTOWÄHRUNGEN und BLOCKCHAIN I FinanzBusinessMagazin Hedquist geklärt. In dem besagten Fall Bitcoins) umsatzsteuerlich wie gesetzliche ging es darum, ob es sich bei der Dienst- Zahlungsmittel zu behandeln sind und für leistung in Form des An- und Verkaufs und damit zusammenhängende Betriebsaus- somit der Umtausch einer Kryptowährung gaben der Vorsteuerabzug versagt wird. (hier Bitcoins) in eine anerkannte Wäh- Im nationalen Umsatzsteuergesetz ist so- rung und umgekehrt um eine Dienstlei- mit die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8b stung gegen Entgelt handelt und diese UStG anwendbar. von der Umsatzsteuer befreit ist. Der Klä- ger vertrat die Ansicht, dass es sich aus Fazit umsatzsteuerlicher Sicht um einen um- Die umsatzsteuerliche Behandlung von satzsteuerpflichtigen Umtausch handelt. Kryptowährungen wurde bereits mit dem Im Gegenzug machte der Unternehmer Urteil des EuGH klargestellt. Ertragsteuer- den Vorsteuererstattungsanspruch gel- lich handelt es sich bei Investitionen aus tend. Der Europäische Gerichtshof ur- dem Privatvermögen um private Veräuße- teilte, dass es sich bei der Dienstleitung rungsgeschäfte. Beim Mining handelt es um einen Umsatz handelt, der mit einem sich um gewerbliche Einkünfte. Das BMF herkömmlichen Währungsumtausch ver- hat uns die steuerliche Qualifizierung be- gleichbar ist. Daraus resultierend greift die stätigt. Mining in Island ist nicht nur unter umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift energetischen, sondern auch unter steuer- nach Art. 135 MwStSystRL. Final ist somit lichen Aspekten attraktiv. festzustellen, dass Kryptowährungen (hier Zum Autor: Alexander Lehnen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Equity Partner bei ARNECKE SIBETH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, ist auf die steuerliche Strukturierung von Immobilieninvestitionen sowie die steuerliche und aufsichtsrechtliche Fondsstrukturierung spezialisiert. Tax Due Diligence bzw. Transaktionsberatung gehören genauso zu seinem Spezialgebiet wie die umfassende steuerliche Beratung von nationalen und internationalen Immobilieninvestoren. Marcel Bailänder, Diplom-Finanzwirt (FH), Steuerberater bei ARNECKE SIBETH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, berät nationale und internationale Mandanten im Steuerrecht. Ein Schwer- punkt seiner Tätigkeit ist das Immobiliensteuerrecht. Seine Tätigkeit erstreckt sich auf die steuerliche Betreuung von Immobilientransaktionen und sowie die laufende steuerliche Beratung von Unternehmen. Herr Bailänder kommt ursprünglich von der Finanz- verwaltung und war für ein große internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. www.arneckesibeth.com Alexander Lehnen ist Referent beim 1.Investorenkongreß Kryptowährungen am 23. Januar 2018 in München www.Investorenkongress.de Ausgabe September/2017 23
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