Leben & Arbeit LIETZ LEBT - Das Magazin der Altbürger und Freunde der Hermann-Lietz-Schulen e.V.
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
LIETZ LEBT Leben & Arbeit Das Magazin der Altbürger und Freunde der Hermann-Lietz-Schulen e.V. AUSGABE 1 | 2020
INHALTS VERZEICHNIS EDITORIAL Georg Schweizer und Ernst-Friedrich Kellner 4 Zuwendungen für die Lietz-Internate 4 LEITERBERICHTE Neues aus den Schulen 6 AKTUELLES 24 Schutzschirm Schule 8 Lernen in und aus der Krise 9 Die Zeit nach der Krise 10 Irgendwo im Nirgendwo 11 Ralf Koerrenz: Die Normalität der Institution Schule 12 Hohenwehrda schärft weiter sein Profil 17 MINT – Talentförderung wächst weiter 18 Neuer Physikraum und „Waldhaus“ renoviert 20 Deutscher Klimapreis: 10.000 Euro Preisgeld 22 Neuer Abenteuerspielplatz 24 Unterricht in Zeiten von Corona 25 32 Digitaler Inselrundgang 26 UNTERRICHTSPROJEKTE Berufspraktikum mit den Klassen 8 und 9 27 Projektwoche 2020 28 Herbstprojekt 30 Noch nicht alle Tassen im Schrank? 32 Chor in Hohenwehrda: Spaß, Arbeit und Erfolg 32 Soziales Projekt für Hochwasseropfer in England 33 Rennen und shoppen für die Kindertafel Suhl 34 30 Unterstützung für Deichbaugilde und Bootsbau 35 Lernen bei Wind und Wetter 36 2 INHALTSVER ZEICHNIS
41 39 REISEN Berlin ist eine Reise wert! 38 50 FEUILLETON Konzertreihe „Blaue Kogge“ 39 IMPRESSUM Hauen, Stechen, Mord und Totschlag 40 Juni 2020 VERSCHIEDENES Herausgeber: Stiftung Deutsche Landerziehungsheime Hermann-Lietz-Schule, Hermann Lietz-Schule Spiekeroog gGmbH, Welch ein Reizwort: Schulkleidung! 41 Altbürger und Freunde der Hermann-Lietz-Schulen e.V. Weihnachtsmarkt im Internatsdorf Haubinda 42 Redaktionsteam: Georg Schweizer, Katharina Schlegel, Wer löst das Altbürger - Kreuzworträtsel? 44 Mathilde Luxenburger, Stephanie Berg, Martin Batzel, Christoph Winter Redaktionsadresse/Bezugsnachweis: ALTBÜRGER Altbürger und Freunde der Hermann-Lietz-Schulen e.V. – Geschäftsstelle – Sei offen und die Welt gehört dir! 46 Im Grund 2, D -36145 Hofbieber Telefon: +49 (0) 6657 79 -38 Telefax: +49 (0) 6657 79 -39 Erinnerungen von und an Eduard Vormann 50 altbuerger-hl@t-online.de www.lietz-schulen.de/altbuerger Verstorbene Altbürger 53 Einzelpreis 9,– €, Abo 15,– €/Jahr Im Mitgliedsbeitrag des Vereins Altbürger und Freunde der Hermann-Lietz-Schulen e.V. ist der Bezug SONSTIGES von Leben & Arbeit – Lietz lebt enthalten. Außerhalb Europas erfolgt der Versand auf Wunsch per Luftpost (plus 20,– € pro Jahr). HL Clubanschriften 55 Verantwortlich für Anzeigen: Christoph Winter Adressen 56 Titelbild: Alexander Axmann news Blog 60 3 INHALTSVER ZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS Liebe Altbürger und Freunde! Covid-19 hat uns alle versammlung in Hamburg, da an entdecken, sondern auch Jobs/ fest im Griff, was soll diesem Tag der Toppsegelschoner Praktika, Unterkunft/Wohnen, man da im Editorial Johann Smidt im Rahmen des High Angebote/Aktionen finden. Ich schreiben. Die Welt Seas High School Programms dort würde mich sehr freuen, wenn hat sich entschleunigt, seinen Segeltörn beginnt und mit möglichst viele von euch diese und ich würde lügen, etwa 30 Schülern ausläuft. Ich den- Möglichkeit nutzen würden. wenn ich nicht sagen ke, das wäre ein schöner Rahmen würde, dass ich das ein Stück weit für unsere Mitgliederversammlung. Auf Facebook hat der ABV immer- genieße – wenn man nicht wüsste, hin 746 Mitglieder und wird lau- dass das dicke Enden erst noch An Arbeitsausschusssitzungen, HL fend von Mitgliedern mit Bildern kommt. Was die Folgen für jeden Club Treffen oder Jahrgangstreffen und Informationen aus alten und einzelnen, aber auch für unsere ist zurzeit leider auch nicht neuen Zeiten gefüttert. Schulen bedeuten, wird sich erst in zu denken, umso wichtiger Ich freue mich immer sehr den nächsten Monaten herausstel- ist es, dass wir uns virtuell über die Beiträge dort len. Es ist für alle eine neue Erfah- auf dem Laufenden halten. und kann es jedem nur rung, und ich wünsche den Heim- Ich möchte daher gerne empfehlen, Mitglied zu leitern mit ihren Teams sowie dem noch mal an dieser Stelle werden. Auch wenn das Schulvorstand die nötige Kraft und an unsere Datenbank erin- kein wirklicher Ersatz ist die richtigen Entscheidungen, um nern, unter www.lietz-schulen.de/ für gemeinsame Treffen, so ist es die Schulen durch diese schwere altbuerger/abvn-login/ können doch eine schöne Abwechslung. Zeit zu bringen. sich alle Altbürger anmelden. Das Von daher hoffe ich, dass wir uns vereinfacht die Kommunikation schon bald mal wieder sehen und Die Mitgliederversammlung, die untereinander zur Kontaktpflege – bleibt bitte alle bis dahin gesund! ursprünglich mal zum Rhododen- ob privat oder geschäftlich – und dronfest im Juli in Hohenwehrda eröffnet darüber hinaus neue Opti- Mit besten Grüßen geplant war, müssen wir natürlich onen der Kommunikation. Bis jetzt auch in den Herbst verschieben haben wir leider erst ca. 350 An- und hoffen, dass es bis dahin wie- meldungen, aber wenn es uns ge- der möglich ist, Versammlungen lingt, diese Datenbank mit mehr Le- Georg Schweizer abzuhalten. Angedacht ist zur Zeit ben zu füllen, kann man dort nicht der 10.10.2020 für die Mitglieder- nur „alte Freundschaften“ wieder Willkommene und notwendige Unterstützung für förderungswerte Projekte Zuwendungen – Wir sagen Danke! HAU – Kraftstation 400,00 € HAU – Workshop Erstellung Leitbild 1.761,44 € HOH – Digitalmikroskop 799,00 € HOH + BIE – Schulpferd 5.000,00 € BIE – Weichbodenmatte 845,00 € BIE – Ozobots 993,55 € BIE – Drohne 916,99 € 4 EDITORIAL
Liebe Altbürger und Freunde! Auch unsere Heime Der Coronavirus stellt sich aber Geplante und beschlossene Bau- stehen derzeit ganz im auch als die effektivste, flächende- maßnahmen, wie das Wehrda- Zeichen des Corona- ckende Fortbildungsmaßnahme, haus II, müssen leider wegen virus. Nicht nur die Po- welche das Schulsystem je erlebt dieser Sachzwänge erst einmal litik, sondern auch die hat, dar. Er hat Energien in das verschoben werden. beteiligten Schul- und gesamte Schulsystem gebracht, Gesundheitsämter, welche niemand für möglich ge- Bei Eltern wie bei Mitarbeitern be- Lehrer, Erzieher und gewerbliche halten, geschweige denn vorher- steht ein hoher Grad an Verständ- Mitarbeiter sind, bei minimaler Ge- gesehen hat. nis für die aktuellen, sicher auch oft fährdung der Beteiligten, auf der für alle unerwarteten Abläufe. Da- Suche nach abgestimmten Lösun- Da haben diejenigen Schulen für und für ihren jeweiligen Einsatz gen einer individuellen Beschulung bzw. Lehrer, die sich bereits auf kann ich Ihnen nur ausdrücklich in den jeweiligen Einrichtungen. dem Weg in die Digitalisierung danken. Dies unter erheblichem Zeitdruck der Lernformen befanden, einige und der Ungewissheit, wie lange Vorteile, Erleichterungen und Be- Es steht zu hoffen, dass dieses dieser Virus die Entscheidungsfin- stätigungen. Die übrigen die Er- alles infrage stellende Ereignis dung ganz erheblich beeinflussen kenntnis, dass für eine Umstellung, viele Erkenntnisse und Verhal- wird und viel lieb gewonnene Ge- für die früher Jahre prognostiziert, tensweisen hervorbringt, die uns wohnheiten ausschließt. aber auch gefordert wurden, später in der Rückschau als recht nunmehr wenige Wochen zur segensreich erscheinen. Je nach Schulart, Alter der Schüler, Verfügung stehen. Diesen Entschei- Prüfungsstatus und Zusammenset- dungsdruck kann man durchaus Mein Wunsch an Sie alle: Bleiben zung der Kollegien gilt es, in Ab- als ein positives Moment der Pan- Sie gesund und voller Zuversicht. stimmung mit allen Beteiligten einen demie sehen. Lernformen stehen Weg zwischen Präsenz- und Digi- auf dem Prüfstand. Hier dürften In diesem Sinne grüßt talunterricht zeitnah zu suchen, zu sich sowohl das Curriculum als finden und umzusetzen. Dabei gilt auch die Lernformen nicht unerheb- es, die vom Virus vorgegebenen lich verändern. Sicherheitsstandards einzuhalten. Ernst-Friedrich Kellner WEITERE INFOS UND ZUWENDUNGEN DER LETZTEN JAHRE 5 EDITORIAL
INHALTSVERZEICHNIS Eine Chance Das Unmögliche für die Zukunft möglich machen Liebe Freunde der Hermann-Lietz- Fast versandet und vergessen Schulen, herzliche Grüße aus unter all den Pandemie-Sorgen: Haubinda, wo das Leben in der nach einer Odyssee durch die drei Natur weitergeht. Es fehlen im Jahre genehmigter FOS Sozial- Grund genommen nur die Schüle- wesen in Hohenwehrda ist nun rinnen und Schüler. Seit dem 13. die Anerkennung durch das Kul- März kämpft unsere Einrichtung tusministerium und das Staatliche im Online-Modus. Digitaler Unter- Schulamt ausgesprochen worden richt, Videokonferenzen, Homeschooling bestimmen und per Urkunde überreicht worden. Die in den ers- unseren Alltag. Die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer ten Jahren notwendigen Externenprüfungen waren für ist noch herausfordernder geworden, und die Situati- unsere ersten FOS-Schüler kein Zuckerschlecken, aber on bei vielen unserer Eltern ist mehr als anstrengend drei mal haben sie sich den Herausforderung der vier und kaum leistbar. Eine der zentralen Erkenntnisse ist: Klausuren und sieben mündlichen Prüfungen in der mit „Ja, man kann mit den modernen Medien Unterricht Hohenwehrda befreundeten Konrad-Zuse-Schule in gestalten, aber für die ganzheitliche Entwicklung un- Hünfeld mit Erfolg gestellt. Respekt! Respekt auch vor serer Kinder und Jugendlichen ist ein Präsenzunterricht der Langmut, dem Einsatz und der Ausdauer unserer unerlässlich.“ Die besondere Situation eines Internates FOS-Koordinatorin Frau Helga Vogel und ihrem FOS- bietet dabei einen außergewöhnlichen Schutz und Lehrerteam! Es ist geschafft! Wir danken euch dafür! eine Form von Sicherheit, auch wenn diese manch- mal trügerisch zu sein scheint. Ich bin hoffnungsvoll, Dass nun das erste hausinterne Fachabitur unter sol- dass ein vollständiger Präsenzunterricht in absehbarer chen mehr als ungewöhnlichen Bedingungen auf Zeit wieder stattfinden wird. Hintergrund der Pandemie stattfindet, stellt alle vor eine ungeahnte zusätzliche Herausforderung. Aber Ich glaube bei all dem Leid, das diese Pandemie in- alle Beteiligten streben tapfer den 14. bis 19. Mai nerhalb unserer Gesellschaft ausgelöst hat, bietet die- an und wollen das Abi in Hohenwehrda erfolgreich se aber auch für das System Schule und Internat die bewältigen. unglaubliche Chance, sich in großen Teilen neu zu erfinden, vieles zu reformieren, aber auch in vielem Noch im Februar dachten wir an Abifeier, Tanzball, Bewährten einen noch größeren und unverzichtbare- Rhodofest. Nun wird das Feiern im großen Stil nicht ren Wert zu erkennen. traditionsgemäß möglich sein. Wir werden aber das Unmögliche möglich machen und Sie und euch alle Ich bin optimistisch, dass uns diese Transformation digital per Wort und Bild an kleinen Festen in klei- gelingt, weil in dieser Krisensituation mein Lehrerkolle- nen Kreisen beteiligen. Wir werden ein Motto haben gium über sich hinaus zu wachsen scheint und diese bezogen auf die von Henning gestaltete Jahrestasse Anforderungen der jetzigen Zeit nicht nur mit einer und wir werden Preise, Urkunden und Zeugnisse ver- hohen Kreativität, sondern auch mit einer sehr beson- leihen. Wer hätte gedacht, dass die für ein Lietz Inter- deren Empathie versucht zu meistern. Dafür möchte nat so wichtigen Höhepunkte solche Begrenzungen ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Her- erfahren. mann-Lietz-Schule Haubinda meinen größten Respekt zollen. Dadurch zeigen wir, dass unsere Schule eine Aber wir lassen nichts aus, es wird nur anders. Und gewisse Systemrelevanz besitzt. deshalb: trotz allem Herzliche Einladung – auf wel- chem Weg auch immer! Ich hoffe, dass wir uns in nicht allzu ferner Zukunft wie- der persönlich begegnen und den unverzichtbaren Mit herzlichen Wünschen für Gesundheit Dialog zwischen Ehemaligen und Heutigen weiter- und Wohlergehen führen können. Sabine Hasenjaeger Es grüßt Sie ganz herzlich Burkhard Werner 6 LEITERBERICHTE
Wir fahren Tradition und auf Sicht Veränderung Es lief: Schülerzahlen stabil, Ten- Plötzlich stehen die gewohnten denz steigend. E-International mit Routinen still – in der Gesellschaft, einer Verdoppelung auf 10 Teilneh- im Internatsalltag. Das Klassenzim- mer etabliert. 10G Wiwi vom Sta- mer muss neu gedacht werden. pel gelaufen; aber pädagogisch Die neuen Spielräume wurden seetauglich? Immerhin hatten wir auf Spiekeroog für spannende unterjährig leichten Rückenwind Ideen genutzt, die Sie im redakti- und nunmehr sechs Schüler an onellen Teil kennen lernen. Durch Bord. Überhaupt: Nur wenige von Bord gegangen. die Integration digital unterstützter Methoden in den Schüler- und Mitarbeiterschaft friedlich, Meuterei droht Unterricht, welche u.a. in Schülerprojekten wie dem keine. Untiefen durchschifft? Ja. „digitalen Inselrundgang“ bereits vor Beginn der Krise erfolgreich eingesetzt wurden, waren wir vorbereitet. Da tauchte das Virus auf: verharmlost, verteufelt, ver- Und das Dank der Angela Kleimenhagen Stiftung mit heerend. Es hat den Biebersteiner Alltag endgültig um- Medientechnik ausgestattete Besprechungszimmer gekrempelt, nachdem an einem Freitag, den 13., eine kam zum Dauereinsatz. Schülerin, positiv getestet, in Quarantäne musste. Zwei Wochen „Schotten dicht“ für alle. Die Corona-Situation Wie die Vernetzung in einer globalisierten Welt funk- bestimmt bis heute deutlich spürbar unser Leben, Den- tionieren kann, wurde zur Alltagsübung. Die neuen ken, Fühlen. Covid-19 ist ein „gewaltsamer Lehrer“, Impulse werden wir für unsere Schulentwicklung zu der uns eine Fortsetzung der Pädagogik mit anderen nutzen wissen. Und so luden wir im Mai auch euch Mitteln, einen neuen Kurs aufnötigt. Altbürger per Videokonferenz zu einer Reise nach Spiekeroog ein, auf der ihr Aktuelles über eure Schule Auf Sicht fahren: keine Heimfahrwochenenden, Ferien- erfahren konntet. Denn nur durch lebendige Netzwer- betreuung der Gestrandeten an Ostern und Pfingsten, ke kann diese Schule ihre Stärken weiterentwickeln, die komplette Q4 im Nachabitur, unzählige Vorschrif- in deren Zentrum die Gildenarbeit und das Erleben ten, Updates und Krisentipps, zermürbende Abstim- prägender persönlicher Beziehungen stehen. mungsversuche mit den Ämtern zur Hygienesituation, Beschulung, Unterbringung etc., stets im Boot die ban- Herzlichen Dank an den Altbürgerverein für die Unter- ge Sorge, dass jemand ernsthaft krank wird, weil unse- stützung der Deich- und Bootsbaugilde. Und herz- re Abschottung nicht ausreichend gewesen sein könnte. lichen Dank an Hans für den tollen Spielplatz. Auf Sicht fahren, bedeutet auch, aus der Ferne zu se- Auch die Solidarität unserer Eltern ist ausgesprochen hen, wie einige Schüler vom Kurs des elektronischen hoch, sie wissen unser persönliches Betreuungskon- Fernlernens abkommen und ziellos herumschlingern – zept besonders in diesen Krisenzeiten sehr zu schät- obwohl der digitale Kompass die Richtung vorgibt. zen. So schöpfen wir Kraft für die Zukunft, in der Tra- dition und Veränderung zusammenwirken. Auf Sicht fahren war für mich persönlich: die bekannten Rout(in)en ständiger Sitzungen zu verlassen, emporzu- Ihr Florian Fock tauchen aus den E-Mailfluten, sich sehen und sich be- gegnen: am Kickertisch, in den heiteren Mittags- und Abendrunden, Werwolf spielen, einen neuen Kurs fin- den für E-International 20/21. Das habe ich genossen. Liebe Leserinnen und Leser, Ich danke Mitarbeitern, Eltern und Schülern für die Un- das Coronavirus hält die Welt in terstützung und all die guten Worte. Ich habe erfah- Atem – das betrifft auch unsere ren, dass diese Krise in vielen die bessere Seite zum Vorschein gebracht hat. Sie sind Leuchttürme im Sturm. Internate. Zu diesem aktuellen Thema Es läuft gut. kommen auf den nächsten Seiten verschiedene Stimmen zu Wort. Michael Meister 7 LEITERBERICHTE
INHALTSVERZEICHNIS COVID-19: Damals wie heute bieten die Lietz - Internate Zuflucht und Schutz in Krisensituationen Schutzschirm Schule Hohenwehrda 28. April 2020. Wir werfen mit unseren Schülerinnen und Schülern einen Blick auf den 152. Geburtstag unseres Schulgründers Hermann Lietz. 28. April: Immer an seinem Geburtstag werden seine Schulen eröffnet. Ein nachhaltiges Geschenk bis in heutige Zeit. In diesem Jahr schweifen unse- hier sein dürfen. Ein Vater: „Mein einander, für das hohe Maß an re Gedanken in das Jahr 1941. Sohn wollte noch nie mit so viel Ei- Engagement für die Betreuung der Am 28. April öffnet das Lietz In- fer und Elan in die Schule zurück!“ Kinder vor Ort und außerhalb und ternat Hohenwehrda seine Tore last but not least die gute Laune für Oberstufenmädchen. In der bedanken! Krise des 2. Weltkrieges sorgt Dr. Alfred Andreesen, nominierter Die Pandemie wird die Welt ver- Nachfolger von Hermann Lietz, ändern und neue Wege provo- für eine Zuflucht für Jugendliche, zieren. Auch in unserer kleinen in der sie in geschützter Lage ihr Welt Hohenwehrda wird sich das Abitur absolvieren können. niederschlagen. Zum Beispiel ist die Digitalisierung – aus der Not Heute, 28. April 2020, herrscht geboren – große Schritte voran wiederum eine Weltkrise durch gegangen und wird den Unter- die Pandemie. Man kann sich richt vor Ort in Zukunft neu gestal- eines gewissen Déjà-vus nicht ent- ten helfen. ziehen. Wieder werden Jugend- liche trotz der Schulschließungen Und wer hätte gedacht, dass das in dieser relativ geschützten Lage Die Pädagogen und alle anderen Motto, das in diesem Schuljahr der Schule betreut und für ihre Mitarbeiter haben die Ärmel hoch- in Hohenwehrda schwingt, eine Abschlüsse trainiert. Kinder aus gekrempelt, wild entschlossen, die so große Herausforderung und aller Welt, die nicht nach Hause Herausforderungen zu meistern. Umstellung bedeuten würde: „Ge- reisen können, Kinder in Notsitua- Und Herausforderungen sind es: meinsam wirken“. tionen der Eltern, Kinder der Ab- Digitales Training, neue Lernplatt- schlussklassen. form, Telefonseelsorge für die, Wir schauen neugierig in die Zu- die durch die Pandemie bedingt kunft und erwarten, dass aus der Gäbe es nicht die vielen Sorgen zu Hause sind. Begleitung und Krise auch neues verantwortliches im Kopf rund um die Krise und Betreuung der Schüler vor Ort, Denken und sorgfältiges Handeln könnte man das alles ausblen- die aus triftigen Gründen oder in allen Bereichen der Weltpolitik den, lebten wir hier in einer Idylle. weil die Heimat im Ausland ist, erwachsen wird. Wir lachen, plaudern, lernen und in Hohenwehrda verblieben planen miteinander und die Welt sind. Gleichzeitig müssen strenge Und die Lietz Internate? Sie er- scheint in Ordnung zu sein. Die Hygienemaßnahmen organisiert arbeiten sich eine neue aktuelle Sonne scheint, das Gelände blüht und durchgeführt werden. Und Bedeutung und Berechtigung auf und die Vögel zwitschern gute Abstand halten fällt Schülern der Basis der Gründergedanken. Laune von den Dächern. Unter- und Mittelstufe sehr schwer. Herzlichen Glückwunsch, Erneut erweist sich die Insellage Ich möchte mich ausdrücklich bei Hermann Lietz! als gewisser Schutz vor der Welt- allen Mitarbeitern für den Ein- Text: Sabine Hasenjaeger krise. Und wir danken dem Grün- fallsreichtum, die Bereitschaft zur der für seine Ideen und dass wir Flexibilität, das konstruktive Mit- 8 AKTUELLES
COVID-19: Maßnahmen gegen die Flautestimmung an der Nordsee Lernen in und aus der Krise Plötzlich war die Schule leer und es wurde ganz still in den Klassenräumen und auf dem Schulgelände der Hermann Lietz-Schule Spiekeroog. Ruhe sind wir auf Spiekeroog gewohnt: Aber so leise war es bei uns auf der Nordseeinsel schon lange nicht mehr. Wie im ganzen Land musste auch Klassenunterricht online vorgenom- die im Rahmen der Globalisierung unser Internatsgymnasium den men, und auch die freizeitpäda- einen immer höheren Stellenwert Schulbetrieb Mitte März einstellen. gogische Arbeit virtualisierte sich bekommen. Die Kraft der persön- Fast alle Schülerinnen und Schüler durch Spiel- und Treffangebote, lichen Beziehungen, die im Inter- fuhren nach Hause, nur ein paar die sich bei den Heimgereisten als natsalltag eine so hohe Bedeu- wenige sind gemeinsam mit dem ausgesprochen populär erweisen. tung erfahren, ist uns allen noch Kollegium auf der Insel verblieben. bewusster geworden. Solidarität Je länger die Ausnahmesituation – ein Wert, der in Gilden, Schul- Und nun? Das Kollegium setzte andauert, desto mehr zeigt sich familien, Patensystemen, prakti- sich sofort zusammen, um einen das Bedürfnis nach persönlichen schen Arbeiten usw. auf der Lietz Notfallplan zu konzipieren. Wie Beziehungen und so treffen sich Spiekeroog stark gelebt wird – ist gut, dass es „auf Lietz“ seit Jah- mittlerweile sogar einzelne Schul- auch gesellschaftlich wieder in ren Erfahrungen mit der Lernplatt- familien in einer Videokonferenz- den Vordergrund gerückt. form IServ, Tabletklassen, digita- schaltung zum „digitalen Familien- ler Mappenführung und digitaler abend“. Wie wichtig es ist, heute auf die Methodenvielfalt gibt. Eltern und Gesellschaft von morgen vorzube- Schüler bekamen klassenweise gut Krisen haben immer stärkende reiten, zeigt sich also in der Krise abgestimmte Arbeitspläne. Tägli- Momente, wenn sie gemeinsam besonders deutlich. Vorausschau- che Telefon-Sprechstunden wurden durchlebt und durchgestanden end und nachhaltig, so arbeiten eingerichtet, um auch die Betreu- werden, so auch diese: Wir ha- Kollegium und Schülerschaft auf ung zu Hause zu gewährleisten. ben uns eine neue Technologie Spiekeroog zusammen! Dann begann eine sehr kreative erschlossen, die wir zukünftig in Text: Florian Fock Phase. Bereits in der zweiten Wo- den Unterricht integrieren können. Foto: Dagmar Richardt, Adobe Stock che wurde zunächst teilweise in Die Schülerinnen und Schüler ler- „digitalen Klassenzimmern“ der nen virtuelle Methoden kennen, 9 AKTUELLES
INHALTSVERZEICHNIS COVID-19: Wie wird sich sich unser Schulalltag durch die Pandemie verändern? Die Zeit nach der Krise Digitaler Unterricht, Videokonferenzen und Homeschooling bestimmen den Internats-Alltag in den Zeiten der Krise. Die Situation ist eine Herausforderung für Eltern und Lehrerinnen und Lehrer gleichermaßen. Die Bedeutung des Präsenzunterrichts wird immer stärker erkennbar. Wie sieht die Zukunft aus? Wenn wir den Blick nach vorne Spiegel vorgehalten, der nicht im- Druck auf sogenannte individuel- wagen, könnte eine These lau- mer angenehm war. Die weltwei- le Lernbiographien. Die Fragen ten: Das Virus ist eingedämmt, ten Einschränkungen können für von Bewertung und Zensierungen wir haben einen Impfstoff und da- einen noch bewussteren Umgang werden sich neu stellen. Das, was mit gestalten wir die Schule nach mit Ressourcen sorgen. uns von der Wirtschaft schon seit dem Modus 2019. Vieles spricht längerem gespiegelt wird, dass dagegen, dass diese These sich Noten nur noch eine untergeord- so bewahrheiten wird: Die nete Rolle bei der Auswahl des Erfahrungen dieser Pande- Nachwuchses spielen, wird mie, wie unsere Kinder sich ganz anders in unse- lernen und aufwach- rem Schulalltag durch- sen, werden zwangs- setzen. Die Fragen von läufig zu Verände- Inhalten, des jeweiligen rungen führen. Das Könnens, der Persön- unbeschwerte Aufein lichkeitsentwicklung anderzugehen, den und der sozialen Stärke selbstverständlichen Um- werden deutlich an Ge- gang miteinander werden wicht zunehmen. Diese wir so nicht wieder erreichen. Qualifikationen lassen sich rela- Hygiene- und Schutzmaßnahmen tiv schlecht in einem Ziffernsystem werden für eine lange Zeit un- von 1 bis 6 darstellen. seren Schulalltag mitbestimmen. Was heißt das für unsere Schule? Vielleicht werden die wiederge- Unsere Abgeschiedenheit und der Die Schule des 21. Jahrhunderts wonnenen Freiheiten wesentlich Ansatz der Nachhaltigkeit können muss sich in unserer Gesellschaft bewusster wahrgenommen. Die dazu führen, dass noch mehr Eltern neu legitimieren. Die Frage der wirtschaftlichen Sorgen vieler unse- uns als eine Alternative für das nor- Schulpflicht kann und wird neu rer Eltern werden zu einer anderen male Schulsystem wahrnehmen. beantwortet werden müssen. Für Ernsthaftigkeit führen. Die Erfahrungen des digitalen Un- uns als Internatsschulen wird diese terrichtens werden es uns deutlich Legitimation noch ganz andere Es ist davon auszugehen, dass erleichtern, Kindern und Jugend- Antworten bieten müssen. sich auch das Klima in der Gesell- lichen, die sich vielleicht durch schaft nachhaltig verändern wird. Krankheit oder Forschungsaufträ- Die Zeit nach der Krise gibt den Dies muss, um nicht falsch verstan- ge an anderen Orten befinden, Systemen Schule und Internat die den zu werden, nicht unbedingt an unserem Unterricht teilhaben Gelegenheit, sich neu zu positi- negativ sein. Eine neue Beschei- zu lassen. Die Balance zwischen onieren und zu reformieren. Vor denheit, ein verändertes Konsum- dem, ob ich mich direkt in Hau- allem werden wir aber auch erken- verhalten und eine Verschiebung binda befinde oder eben gerade nen, dass der Wert in vielem Be- dessen, was uns wichtig ist, könn- woanders, wird sich neu justieren. währten größer und unverzichtba- ten folgen. Die junge Generation Dies ermöglicht eine neue und voll- rer ist, als wir das erwartet hätten. hatte mit ihrer „Friday for future“- kommen andere Flexibilisierung Text: Burkhard Werner Bewegung der Gesellschaft einen des Schuljahres und erhöht den Foto: 4Max, Adobe Stock 10 AKTUELLES
COVID-19: Ermutigendes Feedback einer Mutter Irgendwo im Nirgendwo HAU Das Lietz Internatsdorf Haubinda ist dankbar und stolz, diese persönlichen Zeilen veröffentlichen zu dürfen. Frau Kern-Ludwig ist Mutter von zwei Kindern, die bei uns zur Schule gehen. Ihr Statement ist ein ermutigendes Feedback und bestätigt uns und unser gesamtes Team in seiner Arbeit. Ob man den richtigen Partner an einer kurzen Testphase vor den Gemeinsam haben wir Neuland seiner Seite hat, sieht man erst, Osterferien gab es den Unterricht betreten und sind auf dem Weg. wenn es schwierig wird. für unsere Kinder einfach online. Eine Erfahrung, die insbesondere Die Lehrer lernen seitdem mit un- für unsere Kinder wichtig ist. Aus- Ein Virus legt die ganze Welt lahm seren Kindern gemeinsam, wie probieren, scheitern, lernen, wie und bringt alles bisher so „Norma- Schule online funktionieren kann. es anders gehen kann und weiter- le“ aus dem Gleichgewicht. Vor Für uns als Eltern ist das eine un- machen … eine Zukunftsfähigkeit, nunmehr neun Jahren haben wir sagbare Entlastung. die hier eher unbewusst trainiert uns entschieden, unsere Kinder wurde. (Maximilian, 15 und Karoline, 13) Natürlich passt am Anfang nicht in Haubinda zur Schule gehen zu alles zu 100%, wenn man Neu- „Irgendwo im Nirgendwo“ funk- lassen. Die Hermann-Lietz-Schule land betritt. Mal streikt die Technik tioniert es einfach. Offensichtlich Haubinda – irgendwo im Nir- oder ein Lehrer ist in seinem Fach liegt es am noch immer gelebten gendwo. Mitten in der Natur, be- etwas überambitioniert in der Geist des Schulgründers Hermann schützt, behütet und doch frei und Aufgabenmenge. Das kam vor, Lietz, Wege zu finden, wo es un- international. Das waren unsere war aber nie dramatisch, denn in wegsam wird. Hauptbeweggründe für unsere Haubinda lebt man den „kurzen damalige Wahl. Weg“. Man redet einfach mitein- Dafür wollen wir als Eltern und als ander, wenn etwas ansteht. Lehrer Familie an dieser Stelle ein herzli- Doch nun kam „Corona“ und un- und Eltern (die meisten zumindest) ches DANKESCHÖN sagen! sere Kinder hatten plötzlich per verstehen sich als Partner, die den Text und Foto: Kathrin Kern-Ludwig Verordnung keine Schule mehr. Weg der Kinder gemeinsam ein Unvorstellbar und eine echte He- Stück begleiten. Wir vertrauen ein- rausforderung für uns als Familie. ander und das macht einen gro- Zwei Erwachsene im Homeoffice ßen Unterschied. und zwei Teenager ohne Schule – was sollte das nur werden?! Wenn man dieser unsäglichen Corona-Krise etwas Positives ab- Glücklicherweise haben wir vor gewinnen mag, dann Folgendes: neun Jahren die richtige Entschei- dung getroffen. Denn anders als • unsere Kinder haben gelernt, die meisten anderen Schulen er- dass Computer, Tablet & Co zu fand sich die Hermann-Lietz-Schu- mehr als nur Unterhaltung tau- le in Haubinda in dieser schrägen gen, Zeit einfach neu. Wenn die Kin- • unsere Lehrer haben gelernt, der nicht in die Schule kommen dass neue Medien kein Teufels- dürfen, kommt die Schule eben zeug sind, sondern Möglichkei- zu den Kindern. Mit Aufgaben ten eröffnen, überquellende E-Mailfächer, die • wir Eltern haben gelernt, dass nicht einmal zeitnah kontrolliert auch wenn wir gerne alles bes- werden – so etwas gab es in der ser wissen, wir doch keine Lehrer Hermann-Lietz-Schule nicht. Nach sind und Schule etwas Tolles ist! 11 AKTUELLES
INHALTSVERZEICHNIS COVID-19: Ralf Koerrenz hinterfragt die Normalität der Institution Schule Schule: Wer – Wie – Was – Wieso – Weshalb – Warum? Wer nicht fragt, bleibt stumm. Wozu eigentlich Schule? Die Frage wirkt seltsam und irritierend, ist die Institution Schule doch eine Selbstverständlichkeit unseres Alltags. Dass es Schule gibt, dass es Schu- Wir leben in Zeiten, die uns eine Offenbarung, dass Schule oftmals le geben soll, gehört zu unserer solche Frage geradezu aufdrän- auch ein Schutzraum für Kinder Normalität. Klar, wir sind alle mal gen. Angesichts der Corona-Pan- und Jugendliche ist (Schutz oftmals zur Schule gegangen, mal mehr, demie geschehen die seltsamsten vor der eigenen Familie), die Ein- mal weniger gerne. Manche von Dinge. Da funktioniert plötzlich sicht, dass die herkunftsbedingte uns haben Schule geliebt, andere ein Alltag mehr oder weniger gut, Chancenungleichheit durch ein gehasst, überlebt haben wir die In- mehr oder weniger entspannt, soziales Angebot wie Unterrichten stitution alle – irgendwie. Aber die ohne dass Kinder und Jugendli- und Abschlussqualifikation zwar Sache selbst, also dass es Schule che jeden Tag in ein bestimmtes nicht überwunden, aber doch kon- als Institution gibt und der Besuch Gebäude gehen, sich in bestimm- struktiv bearbeitet werden kann. dieser Einrichtung verpflichtend ten Gruppen versammeln und in Schule als sicherer Hafen und als ist, steht nicht zur Diskussion. Da- einer bestimmten Taktung im An- Chance auf mehr Gerechtigkeit? für haben wir in der Regel keinen gesicht der leiblichen Gegenwart Und um das Neue auf die Spitze Sprachraum. Schule: Wer – Wie einer Lehrerin oder eines Lehrers zu treiben, wird von vielen Schüle- – Was – Wieso – Weshalb – mit diesem oder jenem Lehrstoff rinnen und Schülern der Wunsch Warum? Niemand hindert uns beschäftigen. Dies wirft ein be- geäußert, endlich wieder zur daran, auch eine solche Frage stimmtes Licht auf eine bisherige Schule gehen zu dürfen. Schule zu stellen. Und dann gibt es Kon- Normalität, die wir als scheinbar als Sehnsuchtsort? Ein scheinbar texte, die in uns Zweifel wecken, unabänderlich, geradezu gottge- seltsamer Wunsch, der vor allem was das Ganze soll, wozu die geben betrachtet haben. Einiges ein Licht auf die insgesamt doch Institution da ist. wird nun möglich, was zuvor un- privilegierte Situation des Heran- denkbar schien. Vieles wird in die- wachsens in entsprechend ökono- sem Licht aber auch als Schatten misch entwickelten Gesellschaften sichtbar: so inmitten aller Chan- wirft. Im Anschein des Ungewohn- cen und Notwendigkeit auch die ten der Krise werden die Stärken, Grenzen digitalen Lernens, die aber auch die Schwächen unse- rer bisherigen Normalität sichtbar und legen uns nahe, neu und an- ders darüber nachzudenken, was Schule eigentlich soll. 12 AKTUELLES
Traditionell wird über den Sinn der Die der Selektionsfunktion eigene packte. Mit dieser Art von Ziel- Institution Schule durchaus kont- Logik des Schulischen ist uns un- vorstellung, idealistisch überhöht, rovers diskutiert. So werden vor mittelbar vor Augen: es geht um materialistisch eher blind, können allem die Funktionen der Qualifi- Bewertung, Unterscheidung, um wir heute in der Regel zumindest kation, Integration, Enkulturation Noten und anerkannte Abschlüsse, nicht mehr ungebrochen etwas und der Selektion unterschieden. die etwas über unser Wissen und anfangen. Mit seiner konstruktiven Darüber erlangt die Idee, dass Schule ein Institution ihre Recht- alternativer Ort des fertigung und Bedeu- Zusammen-Lebens tung. Ok, so gut, so Wieso, weshalb, warum – der Philosoph fragt, und Zusammen-Arbei- schön. Schauen wir provoziert und irritiert. Sein Ziel: den Leser zum tens mit Spielregeln auf die Kernaussagen Nachdenken anregen. Viele Fragen und wenig wechselseitiger An- der genannten Funkti- Antworten – Lösungen werden keine angeboten. erkennung sein soll, onen etwas genauer. Dinge in Frage stellen, hypothetische Aussagen, sind aber wichtige Im- In der Qualifikation gegensätzliche Argumente – Stilmittel, pulse auch für heute geht es um die Pas- die dem Leser Spielräume für unterschiedliche verbunden. Diese Im- sung von Schule und Interpretationen offenlassen. Der Hauptzweck ist die pulse werfen in Zeiten Ökonomie, also um intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Thema von Social Distancing die Reproduktion und – ungeachtet eines konkreten Ergebnisses. vor allem ein anderes Weiterentwicklung Licht auf den Wert der wirtschaftlichen Wie können wir aus diesem Prozess des der persönlichen Be- Verhältnisse über die Philosophierens konkrete Handlungsanweisungen gegnung. Fragen Vermittlung passen- für unsere Schule gewinnen? wir vor dem Hinter- der, berufsrelevan- grund dieser Impulse ter Kompetenzen Diskutieren Sie mit uns und teilen Sie Ihre danach, was denn durch Unterricht und Erkenntnisse, Sichtweisen, Visionen oder einfach heute eine Normalität schulische Sekun- Ihre Gedanken mit! Auch eine Diskussionsrunde von Schule auszeich- därsozialisation (ge- beim nächsten Altbürgertreffen wäre eine denkbare nen könnte, dann sellschaftskonforme Plattform, die Gedanken weiterzuspinnen. gelangen wir eher zu Verhaltensmuster wie einem Set tastender Zuverlässigkeit, Pünkt- Fragen als zu bereits lichkeit etc.). Bei der klaren Antworten. Integration rückt eben- falls eine bestimmte Form der Pas- Können, über unsere erworbenen Wenn wir heute näher nach Kon- sung, hier aber nicht zur ökono- „Kompetenzen“ aussagen sollen. turen von Normalität fragen, kom- mischen, sondern zur politischen Alles in allem geht es um Passung: men uns in einem neuen Ausmaß Dimension der Gesellschaft, in den Passend-Machung durch Schule. Zweifel, ob das, was ist, genauso Mittelpunkt der Überlegungen. Es sein muss, wie wir es vorfinden. geht in Schule dann um die Ver- Hermann Lietz hatte mit seiner Diese Fragerichtung ist nicht neu. mittlung eines Werterahmens, die Idee, dass eine Veränderung von Sie begleitet die Pädagogik der die von Gesellschaft markierten Normalität des Aufwachsens ei- Moderne spätestens seit dem 18. Grenzen des Sprechens und Han- gentlich nur durch die Gründung ei- Jahrhundert, seitdem die Frage delns vorgibt. Mit der Enkulturation ner neuen, einer alternativen Form nach der richtigen Form von Unter- wird der Anschluss des Individuums der Institution möglich ist, eine ra- richt und Schule zu einem Gegen- an die kulturellen Ordnungen der dikale Antwort auf die Frage nach stand permanenter Reformdebatten Gesellschaft in den Blick genom- dem Wozu von Schule gegeben. geworden ist. Zugespitzt formuliert: men. Schreib- und Lesefähigkeit, Ja, Schule hat etwas mit Passung Seit der Aufklärung befinden wir Sprach-, Deutungs- und Urteilskom- zu tun. Für ihn ging es aber um uns im Modus permanenter Re- petenz werden als notwendige eine Passung zu einem idealen formdebatten. Es ist insofern nicht Bausteine dafür verstanden, in der Lebensentwurf – eine Idee, die er ungewöhnlich, dass die konkrete Gesellschaft als kulturelles Wesen in die Formel der „religiös-sittlichen Gestalt von Schule in einem vor- anzukommen. Und schließlich: Persönlichkeit“ als Ziel von Schule gegebenen Aushandlungsrahmen 13 AKTUELLES
INHALTSVERZEICHNIS von Normalität immer wieder neu überprüft wird. Das Problem: Der Aushandlungsrahmen selbst steht heute auf dem Prüfstand. Die Auseinandersetzung mit der Normalität, und das heißt auch der normgebenden Kraft und Funk- tion von Schule, hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine neue Dynamik erhalten. Auch ten stehen für Herausforderungen, te vor allem lernen sollte, will er wenn gewiss noch ganz andere die ein Individuum im Aufbau eines sein Mensch-Sein entfalten. Beide Perspektiven als besonders wich- Selbstbildes, des sozialen Ichs, zu Rahmungen stellen „Normalität“ tig betrachtet werden könnten, so bewältigen hat. Schule aber ist auf den Prüfstand und damit auch scheinen es doch vor allem drei ein wesentlicher Kontext hierfür. die Funktionalität eines Systems Aspekte zu sein, die heute mit Die Integration der verschiedenen wie Schule. Blick auf das System Schule das Perspektiven gelingt mit Blick allein Nachdenken bestimmen: das nur auf eine Seite nur unter größter Die eine Infragestellung von Nor- Globale, das Postkoloniale und Anstrengung. Zusammengenom- malität kann mit dem Stichwort das Digitale. Die weitreichenden, men jedoch sind beide Herausfor- „global“ bezeichnet werden. unbeantworteten Fragen lauten: derungen kaum zu ordnen in un- Dahinter verbirgt sich die grund- Sind es nicht diese Stichworte serem Kopf, in unserem Verstehen legende Einsicht, dass wir heute des Globalen, Postkolonialen und damit auch in der Aufgabe, nach den grundsätzlichen Rech- und Digitalen, die unsere heutige die Funktion von Schule angemes- ten für alle Menschen in einer Normalität ganz wesentlich prä- sen zu bestimmen. Wir stehen vor neuen Qualität fragen müssen. gen (sollten)? Was bedeutet dies der Aufgabe, uns mit Blick auf das Es geht um die Frage einer uni- für die Funktionsbestimmung von Verhältnis von Selbst und Anderen versalen Gleichheit des Mensch- Schule als solche? Kann Schule gleichzeitig als eins und als ver- seins. Im Umkehrschluss geht es unter Ausblendung der Stichworte schieden zu verstehen, zumindest um die Auseinandersetzung mit heute noch angemessen gedacht sollten wir dies. Dies klingt in der jenen Defiziten (z. B. der Teilhabe- werden? Kann Schule unter Aus- sprachlichen Skizze banal und ein- Chancen), die genau in diesem blendung der Stichworte heute fach, führt uns jedoch bei näherer Bereich universaler und elementa- noch funktionieren? Und vor allem: Betrachtung schnell vor die Gren- rer Menschenrechte beschrieben Was bedeutet dies konkret? zen des Denk- und Fühlbaren. werden. Hier wird Verschieden- heit beispielsweise mit Blick auf Ins Zentrum des Nachdenkens In kulturwissenschaftlicher Betrach- Zugangsvoraussetzungen zu Er- über die Funktion von Schule tung wurden die Bedeutung und ziehung und Bildungschancen zu rückt zunächst die Erfahrung ei- Eigenheit von Universalität und einem zentralen Problem. Es geht nes grundlegenden Paradoxes. Es Heterogenität zumindest implizit in dieser Perspektive fundamental geht um das Paradox, was heute in zwei scheinbar gegensätzli- um Fragen der Gerechtigkeit und als normal für das Verständnis von chen, in Wirklichkeit jedoch sich einer uneingelösten Gleichheit. Mensch-Sein empfunden werden ergänzenden Infragestellungen Das UNESCO-Programm „Edu- soll. Es geht um die Normen, die der Normalität entwickelt. Dafür cation for all“ steht stellvertretend von „der“ Realität aus auf das Sys- wurden zwei theoretische Rah- für diese Perspektive der Teilha- tem Schule drängen. Normal sind mungen geschaffen, die je ein be über Inklusion. Letztlich sind auf der einen Seite die absolute eigenes Konzept der zentralen die elementare Rechte des Men- Wertschätzung und Verbindlichkeit Lernherausforderungen und damit schen nur global zu diskutieren von Universalität und Inklusion, auf auch der Funktion alles organisier- und zu begründen. Dies gilt vor der anderen Seite jedoch zugleich ten und nicht organisierten Leh- allem deshalb, weil es ansonsten die absolute Wertschätzung und rens enthalten. Beide theoretische wieder Einfallstore dafür geben Verbindlichkeit von Verschieden- Rahmungen führen eine Perspekti- könnte, bestimmten Personengrup- heit und Heterogenität. Beide Sei- ve mit sich, was ein Mensch heu- pen das Menschsein an sich ab- 14 AKTUELLES
zusprechen oder zumindest von vorhandene Machtstrukturen und marginalisierter Positionen schnell höherwertigen und minderwerti- Unterdrückungsmechanismen zu an Grenzen des Vereinbaren, zu- gen Formen des Menschseins zu verdecken und zu tarnen. Gera- mindest bei mir. sprechen. Verschiedenheit ist vor de mit Blick auf Formen der Aus- diesem Hintergrund das Problem, grenzung und Ausbeutung wird in Mit Blick auf die Funktionsbe- zumindest jedoch sekundär. Es postkolonialer Perspektive neben schreibung von Schule könnte geht um die Orientierung an und einer Sensibilität für heterogene dementsprechend eine Folgerung Einlösung von gleichen Rechten für Lebenswelten eine nicht selbst lauten: Wenn wir heute mit Blick Alle. Es geht um die Suche nach wieder kolonialisierende Partei- auf das System Schule von Nor- einer praktischen Umsetzung der lichkeit für bestimmte Personen- malität reden, so ist in diese das egalisierenden Menschenrechte gruppen eingefordert. Empathie, Spannungsverhältnis von globa- als Teilhaberechte und Entwick- Zuhören und die Einsicht in die len und postkolonialen Anliegen lungschancen insbesondere auch Bindungen und Bedingtheiten des einzutragen. Ob dies gedacht, im Bereich Erziehung, Bildung eigenen Verstehens sind mögliche geschweige denn in Handeln und Schule. Eckpfeiler eines entsprechenden umgesetzt werden kann, ist eine Lernverständnisses. Das Bewusst- große Herausforderung. Ob und Diese Seite trifft nun auf berech- werden (und zumindest gelegent- wie sie gelingen kann, ist eine tigte Einwände. Auch wenn dies lich auch Aussprechen) der eige- Frage der Achtsamkeit und Sen- eine, von Manchen als proble- nen Position und Perspektive wird sibilität mit Blick sowohl auf die matisch empfundene Systemati- dann zum Vor-Satz allen Redens, Umgangsformen als auch auf die sierung darstellen mag, bietet es Denkens und Handelns. Dass dies Lerninhalte in der Schule. In jedem sich dennoch an, das Stichwort nicht zwingend im Widerspruch Fall müsste Uneindeutigkeit und „postkolonial“ für den grundsätz- lichen Einspruch gegen universal- egalisierende Tendenzen zu ver- wenden. Aus dieser Perspektive ist die Betonung von Verschie- denheit nicht ein Problem, son- dern die Einlösung einer neuen, notwendigen (Un-)Ordnung des Denkens. Kritisches Denken resul- tiert hier auf der Sensibilisierung für die ungerechten, problema- tischen Unterschiede, die aus Macht- und Gewaltprozessen der Ausgrenzung und Margi- nalisierung folgen. Die damit verbundenen Formen der Nicht- Anerkennung erstrecken sich über ein weites Feld von kulturellen Zuschreibungen im Modus der Verallgemeinerung (in Satz 1: alle X sind Y; oder auch in Satz 2: zu Kernanliegen globalen Lernens das Aushalten von Uneindeutigkeit Z gehört zu Y, deswegen ist auch geraten muss, ist theoretisch recht beziehungsweise Widersprüchen Z so wie alle X in Y bzw. hat so zu leicht zu denken (als Verschieden- in den Fokus rücken. Genau dies sein) bis hin zu konkreten Formen heit in Gleichheit oder umgekehrt aber scheint mit der gesellschaft- der materiellen Unterdrückung als Gleichheit in Verschiedenheit). lichen Reproduktion (vor allem in und Ausbeutung. Der Verdacht In der Praxis kommt die Gleich- ökonomischer und politischer Hin- gegenüber allen universalen und zeitigkeit der unterschiedlichen sicht) kaum vereinbar, weil diese damit auch globalen Zuschrei- Arten des Respekts, des Reden- nicht mit einer Steigerung von Kon- bungen des Menschseins besteht Könnens und Schweigen-Sollens, tingenz und Ungewissheit operie- darin, dass universale Aussagen des Partei-Ergreifens und des ge- ren kann, sondern gerade auf de- vor allem dazu dienen können, rade nicht Übernehmen-Könnens ren Minimierung angewiesen ist. 15 AKTUELLES
INHALTSVERZEICHNIS Wenn wir somit heute nach der Normalität im pädagogischen Bereich fragen, so drängen uns die drei Aspekte des Globalen, des Postkolonialen und des Digi- talen Perspektiven auf, von denen aus das System Schule auf den Prüfstand gestellt werden muss. Mehr Fragen, weniger Antworten – so scheint es mir. Im Hintergrund stehen als die entscheidenden Herausforderungen, wer wie die Regeln von Normalität definiert und wer im gesellschaftlichen Verständigungsspiel mit welchen Mitteln und auf welchen Wegen Ein dritter Aspekt, der die beiden Erziehung und vor allem Bildung? was durchsetzt. Dabei geht es inhaltlich kulturbezogenen Dimen- Es geht damit nicht nur um techni- ganz entscheidend auch um die sionen von Globalem und Post- sche Möglichkeiten und deren Um- Ordnung beziehungsweise Neu- kolonialem verschränkt, wird mit setzung, sondern vielmehr um die ordnung von semantischen Fel- dem Stichwort Digital angezeigt. Frage, inwieweit das Digitale be- dern, also dessen, was im päda- Es ist eine Sache, in instrumenteller ziehungsweise die Digitalisierung gogischen Bereich als normal und Hinsicht nach den Chancen und das Lernen von Menschen kultu- selbstverständlich betrachtet wird technischen Möglichkeiten von rell prägt und verändert. Und die und was nicht. Schule: Wer – Digitalisierung zu fragen. In dieser Funktion von Schule? Das Digitale Wie – Was – Wieso – Weshalb technischen Hinsicht sind zweifels- als Aufhebung von Wirklichkeits- – Warum? Wenn wir nicht (immer ohne große Entwicklungspotenzia- grenzen, die neue Bedeutung von wieder neu) danach fragen, wozu le enthalten, die mit Blick auf „die“ Marketing, Emphase oder Wahr- Schule als eine Institution eigentlich Digitalisierung von Schule munter nehmungskonjunkturen führen da ist, was sie ausmacht, wo ihre gefordert und auch etabliert wer- doch auch einen grundsätzlichen unverzichtbaren Leistungen aber den. Pädagogisch relevant wird Wandel im Verhältnis von System auch ihre Grenzen liegen, werden die Auseinandersetzung mit Digi- Schule und Umwelt mit sich. Die wir den Kindern und Jugendlichen, talisierung in einem tieferen Sinne Frage stellt sich dann, was eigent- den Eltern und „der“ Gesellschaft, jedoch erst, wenn diese nicht nur lich an Wirklichkeit übrigbleibt letztlich aber vor allem uns selbst instrumentell-technisch als etwas und wie dieses Bild von Wirklich- nicht gerecht. Auch wenn es keine betrachtet wird, das alles Lernen keit die Funktion von Schule verän- einfachen, schlichten und eindeu- heute von der Form und den Vo- dert, aufhebt, negiert oder neu jus- tigen Antworten geben mag, ist raussetzungen aus mitbestimmt. tiert? Und wie verbindet sich dies die von Zeit zu Zeit immer wieder Vielmehr geht es darum, dass das mit den Motiven des Globalen einmal aufzurufende Überprüfung Selbstverhältnis und das Selbstver- und des Postkolonialen? Inwieweit „Schule wozu?“ notwendig. Sonst ständnis des Menschen als eines spielen sich Universalität und He- bleiben wir nicht nur dumm (das Lernenden an sich kulturell neu terogenität im Digitalen ab? Oder könnten wir verstecken), sondern definiert werden. Was bedeutet anders zugespitzt: Haben Univer- vor allem auch stumm (und falsche es, dass Lernen heute digital (mit) salität und Heterogenität im Digita- Stille kann ziemlich laut in den Oh- bestimmt wird, dass Welten der len nicht eine neue Qualität? Was ren dröhnen). Wirklichkeit im Horizont des Di- bedeutet Mensch-Sein im Digitalen Der vorliegende Text nimmt, in überarbeiteter gitalen auseinanderdriften und und wie verändert das Digitale Form Passagen aus dem wesentlich umfang- reicheren Text „System Schule in der Kritik“ in eine Rede von „der“ Wirklichkeit unsere Auffassung vom Menschli- dem von Ralf Koerrenz und Nils Berkemeyer herausgegebenen Band „System Schule auf geradezu konturenlos wird? Was chen? Inwieweit ist digitales Leben dem Prüfstand“ (Weinheim 2020, Beltz-Ver- macht also das Digitale mit dem – Leben? Was entsteht aus der lag) auf. Dort finden sich auch Verweise auf weiterführende Literatur. Grundverständnis des Menschen Vermischung der digitalen und „re- als eines Lernwesens, was macht alen“ Welt? Wie wird das System Illustrationen: Irina Yuzh, Adobe Stock das Digitale dementsprechend mit Schule dadurch neu formiert? 16 AKTUELLES
Ab jetzt Prüfungen zum Fachabitur im Lietz Internat Hohenwehrda Hohenwehrda schärft weiter sein Profil HOH „Wir freuen uns sehr, dass der Weg erfolgreich war“, sagt Sabine Hasenjaeger, Internats- und Schulleiterin im Lietz Internat Hohenwehrda. Das Lietz Internat Hohenwehrda zuständig. Sie ist überzeugt von schärft weiter sein Profil und darf dieser Alternative zum Allgemein- nun Prüfungen zum Fachabitur mit bildenden Abitur: „Ich sehe hier dem Schwerpunkt Sozialwesen eine sehr gute Möglichkeit für abnehmen. Somit kann in Hohen- Schüler, ein Abitur zu erlangen wehrda – neben dem Abschluss und dabei den Schwerpunkt auf der mittleren Reife – mit dem den praktischen Teil zu legen.“ Seit Fachabitur ein weiterer staatlicher vier Jahren bietet das Lietz Internat Abschluss abgelegt werden. Sa- Hohenwehrda diesen Ausbil- bine Hasenjaeger dankte Harald dungsgang und reagierte mit der Persch, Amtsleiter des Staatlichen Einführung auf den Fachkräfteman- Schulamtes in Fulda, für die sehr gel im Bereich der sozialen Berufe. gute Unterstützung und Zusammen- arbeit. In der Jahrgangsstufe 11 erhal- Praxiserfahrungen in sozialen Ein- ten die Schülerinnen und Schüler richtungen, Sozialstation als viel- „Mit dem Fachabitur sind Studium Unterricht in schwerpunktüber- schichtiges Spannungsfeld, Jugend an Hochschulen und Universitäten greifenden Fächern wie Deutsch, und Gesellschaft, Kommunikations- und auch Promotion in verschie- Englisch, Mathematik, Naturwis- und Gruppenprozesse und Soziale denen Fächern möglich“, erklärt senschaften, Politik und Wirtschaft. Arbeit. Drei Tage in der Woche Helga Vogel, in Hohenwehrda für Im Schwerpunktfach Sozialwesen verbringen die FOS-Schüler im die Betreuung der Fachoberschule gibt es die Themenschwerpunkte Klinikum Bad Hersfeld und/oder in verschiedenen Kindertagesstät- ten in Bad Hersfeld. Im zweiten Ausbildungsjahr, der Klasse 12, werden die Schüler auf die Abiturprüfungen vorbereitet. Hier erhalten sie in kleinen Grup- pen vertieft, individuell und gezielt Unterstützung, lernen verschiedene Arbeitstechniken, selbstständiges Lernen und Studierfähigkeit. Mit der staatlichen Anerkennung wird das Angebot, im Lietz Internat Hohenwehrda das Fachabitur ab- legen zu können, auch für Schüler interessant, die sich erst zur Klasse Von links: FOS-Koordinatorin Helga Vogel, Amtsleiter des Staatlichen 11 für einen Wechsel ins Internat Schulamtes in Fulda, Harald Persch und Internats- und Schulleiterin Sabine entscheiden. Hasenjaeger während der Übergabe der Urkunde in Hohenwehrda. Text: Martin Batzel Fotos: Jens Terlinden 17 AKTUELLES
INHALTSVERZEICHNIS Lietz Internatsdorf Haubinda baut MINT-Bereich aus Talentförderung wächst weiter HAU Mit dem Schuljahr 2020/2021 wird das MINT-Programm im Lietz Internatsdorf Haubinda ausgebaut. Interessierte und talentierte SchülerInnen finden hier insbesondere für die Schwerpunkte Naturwissenschaften und Technik optimale Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung. Auf dem 90 ha großen Internats- Im Lietz Internatsdorf Haubinda der und Jugendlichen sowohl von gelände werden in der eigenen leben und arbeiten SchülerInnen Handwerkern, technischen Mitar- Landwirtschaft und in den Hand- und Pädagogen mit und für die beitern und Pädagogen begleitet, werks-Bereichen viele verschiede- Natur sowie für eine bessere Zu- gefordert und gefördert. Das Zu- ne Gilden angeboten sowie nach- kunft. Sie sind Energiesparmeister, sammenleben in Internatsfamilien haltige Schulprojekte durchgeführt. Umweltschützer, Bäcker, Filme- im Internatsdorf stärkt zudem die macher, Handwerker, Artisten, sozialen Kompetenzen. Die Glie- Die zahlreichen Projekte und Aktivi- Köche, Imker, Artenschützer und derung in einzelne Schulbereiche täten haben dem traditionsreichen Weltverbesserer. Sie fungieren mit mit festen Teams sorgt für einen Internatsdorf in Thüringen bereits 15 Jahren bereits als Geschäftsfüh- persönlichen Umgang in über- viele Auszeichnungen, Preise und rer eines Dorfladens und vermark- schaubaren Klassen von 10-18 Ehrungen auf Landes,- Bundes- und ten ihre eigenen Produkte. Sie nut- Schülerinnen und Schülern. internationaler Ebene beschert. zen die Sonne als Tankstelle und Unter anderem in den letzten Jah- achten auf Nachhaltigkeit. MEHR BILDER UND INFOS ren jeweils erste und zweite Plat- AUF DER WEBSEITE zierungen bei dem Thüringer Zu- Von der Grundschule über Haupt,- kunftspreis sowie Platz 2 bei dem und Realschule bis hin zum Be- Wettbewerb „Echt Kuhl!“ des Land- ruflichen Gymnasium und der wirtschaftsministeriums in 2016. Fachoberschule werden die Kin- 18 AKTUELLES
Technische Fertigkeiten Für das Leben lernen Thüringer Nachhaltigkeitsschule – und Basiswissen mit Kopf, Herz und Hand Umweltschule in Europa Für den MINT-Bereich werden be- Getreu dem Motto: „Mit Kopf, Seit fast 20 Jahren trägt die Schu- reits in der Mittelstufe die Grund- Herz und Hand“ wird die sozia- le den Titel „Thüringer Nachhal- lagen für zukünftige wissenschaft- le Kompetenz im Team, der Um- tigkeitsschule – Umweltschule in liche und technische Arbeiten gang mit natürlichen Ressourcen, Europa“, hat sich jedoch im Laufe gelegt: In der Schreinerei, Schlos- Arten- und Landschaftsschutz und der Jahre mit zahlreichen Projek- serei, Hauswirtschaft, Nähstube, Aspekte der Nachhaltigkeit im ten auch über die Landesgrenze Töpferei, genauso wie in der Land- Internatsdorf nicht nur theoretisch hinaus Anerkennung erarbeitet. wirtschaft und Tierhaltung sowie gelernt, sondern im Einklang mit der Gärtnerei. Menschen, Tieren und der Natur In Unterricht und Gilden sind die gelebt und bewusst erfahren. Schüler an konkreten praktischen Ab der Klassenstufe 7 wird das und somit lebensnahen Prozes- Basiswissen im Bereich Technik Neben Herz und Hand ist auch sen und Aktivitäten beteiligt. Die und Naturwissenschaften vertieft das Gehirn gefordert bei Berech- großzügige Anlage im Lietz Inter- und ausgebaut. nungen, Kalkulationen, Wasser- natsdorf Haubinda ermöglicht es und Bodenproben, chemischen immer wieder aufs Neue, eine Drei Wahlpflichtfächer stehen zur Untersuchungen und biologischen Symbiose aus Handwerk und mo- Auswahl: Experimenten. derner Technik zu kreieren. Die • Mathematisch-naturwissen- Schüler werden dadurch in die schaftliche Ausrichtung Hinzu kommt der Bereich Medi- Lage versetzt, im Alltag zu beste- • Wirtschaft – Umwelt – Europa enkompetenz, allem voran qualifi- hen und zugleich für die Zukunft • Darstellen und Gestalten zierte Recherchen in der umfang- gewappnet zu sein. reichen Bibliothek und im Internet. Die Einführung in wissenschaftli- Die Hermann-Lietz-Schule Hau- ches Arbeiten sowie formale Stan- binda ist Mitglied im Verein zur dards bei schriftlichen Ausarbeitun- MINT-Talentförderung e.V. gen, Vorträgen und Präsentationen Fotos: Volker Kilgus, beginnt bereits mit den Jahresar- Lietz Internatsdorf Haubinda beiten in der 7. Klasse und wird zusätzlich in einer jährlich stattfin- denden Projektwoche vertieft. 19 AKTUELLES
Sie können auch lesen