Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg

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Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
# 20 / Dezember 2013 / www.filmmuseum-hamburg.de

    Lichtspieltheater-Legenden:
    SAVOY-Kino wiedereröffnet
    Hundert Jahre PASSAGE-Kino
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
Stürmischer Applaus
in einem Hamburger
Innenstadt-Kino       4    KINOGESCHICHTE

                           Eine Passage durch 100 Jahre
                           Kalenderblätter aus einem bewegten Leben

                      11   A LT E H A M B U R G E R L I C H T S P I E L H Ä U S E R

                           Letzter Vorhang am Jungfernstieg
                           Nach 57 Jahren wurde das Streit’s-Kino geschlossen

                      16   KINOGESCHICHTE

                           Savoy – Alles ganz neu
                           Die Wiedereröffnung eines legendären Filmtheaters

                      20   MEDIENZENTRUM

                           40 Jahre Medienpädagogik Zentrum Hamburg
                           Ein Streifzug durch die Geschichte

                      24   FILMTECHNIK

                           Ende des Umkehrfilms?
                           Ein Hamburger und ein Italiener sind um Rettung bemüht

                      26   FERNSEHGESCHICHTE

                           „… wer, wie, was …?“
                           40 Jahre Sesamstraße – ein kursorischer Rückblick

                      34   F I L M K L A S S E

                           Aller Anfang ist Film
                           Die erste Filmklasse in Hamburg an der HfbK

                      38   FERNSEHGESCHICHTE

                           Wiederentdeckt:
                           Jürgen Rolands Kurzfilm über seinen Kripo-V-Mann

                      44   FILMGESCHICHTE

                           Als Jürgen Roland 1963 die Pferde sattelte …
                           Hamburgs Krimikönig und sein Western-Abstecher

                      49   B U C H B E S P R E C H U N G E N

                           Dagmar Fohl: „Palast der Schatten“
                           Walfried Malleskat (Hrsg.): „Filmbuch Bendestorf“

                      50   FILMGESCHICHTE

                           Alle wollen den Doktor sehen
                           Doktor Schiwago von 1966 bis 1969 im Grindel-Kino

                      57   A U S D E M V E R E I N

                           Jahresrückblick 2012/2013

                      58   B U C H B E S P R E C H U N G / M AT I N E E N

                           Dirk Alt: „Der Farbfilm marschiert!“
                           Film-Matineen Frühjahr 2014 im Abaton-Kino

                           Impressum
                           Hamburger Flimmern Die Zeitschrift des Film- und Fernsehmuseums Hamburg e.V.
                           www.filmmuseum-hamburg.de, www.fernsehmuseum-hamburg.de
                           Redaktion: Jürgen Lossau (V.i.S.d.P.), Dr. Joachim Paschen, Volker Reißmann
                           Layout: atelier anita wertiprach | Adresse: Sierichstr.145, 22299 Hamburg
                           Telefon 040-468855-0, Fax -99, info@filmmuseum-hamburg.de
                           Erscheinen: unregelmäßig 1–2 mal jährlich | Anzeigen: sind gern gesehen
                           Bezug: für Mitglieder kostenlos | Titelblatt und Foto links: Vereinsarchiv

                           Der Verein „Film- und
                           Fernsehmuseum Hamburg e.V.“
                           wird unterstützt von der
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
4   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                                                                KINOGESCHICHTE    5

                                                                                                                                                                          DIE ERÖFFNUNG                       Publikum gefunden hat, veranlasst uns,
                                                                                                                                                                                                              das grandiose Bild auch noch für die
                                                                                                                                                                          1. NOVEMBER 1913                    nächste Woche auf dem Spielplan zu
                                                                                                                                                               „Hamburg hat wieder – das Bedürfnis            lassen.“ Kinobetreiber Julius Cohn hat
                                                                                                                                                               danach scheint unersättlich zu sein – ein      offenbar die richtige Entscheidung ge-
                                                                                                                                                               neues Lichtspieltheater“, schreibt das         troffen, als er für die Eröffnung nicht
                                                                                                                                                               Fremdenblatt zur Eröffnung. „Sehr üppig        irgendeinen Film mit Asta Nielsen oder
                                                                                                                                                               ist der Vorraum mit seinem breiten Trep-       Henny Porten wählte. Die Passage Licht-
                                                                                                                                                               penaufgang zum Balkon. Er strotzt von          spiele wollen kein Kintopp sein; man setzt
                                                                                                                                                               Marmor und echten Hölzern, von Perser-         auf das Bildungsbürgertum, schließlich
                                                                                                                                                               teppichen und Lichtluxus.“ Einen Absatz        ist 1913 ein Wagner-Jahr. Vielleicht hat
                                                                                                                                                               lang schwärmt der Journalist von der           Cohn auch gehört, dass mit der Urauf-
                                                                                                                                                               sanft eindringlichen Schönheit der Innen-      führung in Berlin ein Filmtheater in der
                                                                                                                                                               architektur, den aparten Formen und            vornehmen Friedrichstraße eingeweiht
                                                                                                                                                               Farben, den geschmackvollen Kristall-          wurde. In Hamburg ist die Mönckeberg-
                                                                                                                                                               körpern und der Mahagonibekleidung.            straße seit 1909 als Verbindung zwischen
                                                                                                                                                               „Aber da geht schon der wundervolle            Hauptbahnhof und Rathaus die neue               Kinoanzeige vom 30. Oktober 1913
                                                                                                                                                               schwarze Vorhang, bedeckt mit diskreter,       Einkaufsmeile, und in den Anzeigen wird
                                                                                                                                                               lichtgrüner Ornamentik, auseinander,           das neue repräsentative Innenstadt-Kino
                                                                                                                                                               Lichtbänder flirren durch den Saal und auf     lokalisiert mit „Warenhaus Karstadt ge-
                                                                                                                                                               die weiße Leinwand schreibt der Licht-         genüber“.                                    Die Firma ist ein süddeutsches Pendant
                                                                                                                                                               griffel das Wort: Herzlich willkommen!“            Allerdings: Ein 1.000-Plätze-Kino all-   zur Berliner UFA, gerät jedoch bald in
                                                                                                                                                                    Erst spielt das Hausorchester – in die-   abendlich zu füllen, ist nicht leicht, da    finanzielle Turbulenzen. Struckmeyer &
                                                                                                                                                               sem Kino gibt es einen richtigen Orches-       muss man Konzessionen an den Publi-          Behnke gründen daraufhin die Eftege,
                                                                                                                                                               tergraben – die Jubel-Ouvertüre von Carl       kumsgeschmack machen. In der zweiten         wiederum ein Firmenkürzel: F(ilm)
                                                                                                                                                               Maria von Weber, anschließend spricht          Woche besteht das Programm deshalb           t(heater)g(esellschaft).
                                                                                                                                                               Direktor Mayring einen Prolog, den ein         nicht allein aus dem Wagner-Film, son-
                                                                                                                                                               Dichter extra für diesen Anlass verfasst       dern es gibt dazu noch das Lustspiel Bubi                 1 3 . M ä rz 1 9 2 9
                                                                                                                                                               hat. Danach ein Raunen im Saal: Enrico         gewährt Gastfreundschaft, den Kultur-        „Eine Autoauffahrt wie vor Berliner
                                                                                                                                                               Caruso erscheint, alle Augen des Publi-        film Spaziergänge in Rom, die illustrierte   Theater-Premieren“, staunt das Fremden-
                                                                                                                                                               kums richten sich auf den weltberühmten        Wochenchronik Der Weltspiegel und            blatt. Die Hapag präsentiert im Passage
                                                          Eine Passage durch 100 Jahre                                                                         Maestro, der in einer Loge Platz nimmt.
                                                                                                                                                               Für die Einweihung hat man den Monu-
                                                                                                                                                                                                              zum Abschluss Leos Liebeslenz, laut An-
                                                                                                                                                                                                              zeige „ein farbenprächtiges Frühlings-
                                                                                                                                                                                                                                                           den Film Melodie der Welt, und die han-
                                                                                                                                                                                                                                                           seatische Prominenz ist vollständig ver-
                                                          Kalenderblätter aus einem                                                                            mentalstreifen Richard Wagner ausge-
                                                                                                                                                               wählt, der in Bayreuth (Villa Wahnfried)
                                                                                                                                                                                                              gedicht“.                                    sammelt. Die Sensation: Ein „Volltonfilm“,
                                                                                                                                                                                                                                                           allerdings kein „Sprechfilm“. Regisseur
                                                          bewegten Leben                                                                                       wie auch in der Elbmündung gedreht
                                                                                                                                                                                                                   Z w is c hen den K riegen
                                                                                                                                                                                                                                                           Walter Ruttmann will den „visuellen
                                                                                                                                                               wurde (als Fliegender Holländer diente                                                      Rhythmus des Universums“ einfangen;
                                                                                                                                                               der Segelkutter Sturmvogel). Musikalisch                    2 3 . J uli 1 9 2 5             seinem Bilderreigen (die Aufnahmen
                                                          Von Michael Töteberg
                                                                                                                                                               geht es weiter, den Naturfilm Des Meeres       Das gründlich renovierte Passage, nun        stammen von der letzten Weltreise des
                                                                                                                                                               ewiges Rauschen begleitet das Orchester        wieder eines der „vornehmsten und            Luxus-Dampfers „Resolute“) unterlegt er
                                                                                                                                                               mit Stücken aus Griegs Peer Gynt. Kapell-      schönsten Lichtspielhäuser des Deut-         eine raffinierte Tonmontage (Straßen-
                                                          „Das Theater ist vornehm-behaglich eingerichtet, die                                                 meister Drache gibt sein Bestes, doch          schen Reiches“, wird der Öffentlichkeit      lärm, Schiffstuten, Maschinengeräusche
                                                          Beleuchtung ist von zauberischer Pracht“, staunte der                                                Caruso zeigt deutlich sein Missfallen. „Als    vorgestellt. Zwischendurch hatte der         usw.). Eigentlich nichts weiter als ein
                                                          Hamburgische Correspondent 1913 bei einer ersten                                                     die Hörner einmal anfingen, zu rasen,          Kinobetreiber gewechselt: 1917 über-         unkonventioneller Werbefilm für die
                                                                                                                                                               wurde der Maestro sehr nervös. Er rief,        nahm James Henschel das Filmtheater,         Hapag-Touristik, erweist sich der Ex-
                                                          Besichtigung. Das Passage war nie irgendein Innenstadt-
                                                                                                                                                               nicht eben sehr leise, ‚Bääh!‘, trommelte      der es ein Jahr später an die neu gegrün-    perimentalfilm als Geschäft. 18.191 Be-
                                                          Kino, sondern immer ein repräsentatives Haus. Ein Ort
                                                                                                                                                               dann mit dem dunstroten Achatknopf             dete UFA weitergab. Vier Jahre wurde         sucher in der ersten Woche, nochmals
                                                          für glanzvolle wie denkwürdige Premieren, in denen sich                                              seines Stockes auf dem Zylinder herum          im Stillen mit dem Besitzer des Grund-       über 10.000 in der zweiten Woche; damit
                                                          100 Jahre Filmgeschichte spiegeln.                                                                   und hielt sich dann mit beiden Händen          stücks, der Konfektionsfirma Feldberg Er-    kann sowohl die Reederei wie das Kino
                                                                                                                    Quelle: Staatsarchiv Hamburg/Conti-Press

                                                                                                                                                               die Ohren zu, bis die Gefahr vorüber war.      ben, verhandelt, und jetzt ist das Passage   hoch zufrieden sein.
                                                                                                                                                               Aber sonst war’s sehr nett“, liest man am      ein Emelka-Kino, betrieben von Hans
                                                                                                                                                               nächsten Tag im Fremdenblatt.                  Struckmeyer und Wilhelm Behnke. Bran-                  2 0 . D ezember 1 9 2 9
                                                                                                                                                                                                              chenfremde sprechen den Namen falsch         Die Tonfilm-Revolution erreicht Ham-
                                                                                                                                                                          7. NOVEMBER 1913                    E-mel-ka aus, richtig wäre jedoch Em-el-     burg: Der amerikanische Spielfilm The
                                                                                                                                                               Die Theaterleitung gibt per Annonce            ka, denn es handelt sich um die phoneti-     Singing Fool (mit Al Jolson und seinem
         Curd Jürgens beim Pressefototermin anlässlich
                                                                                                                                                               bekannt: „Der kolossale Erfolg, den der        sche Schreibweise von MLK, Abkürzung         Hit Sonny Boy) sorgt für ein täglich aus-
         der Dreharbeiten zum Remake Auf der Reeperbahn                                                                                                        Film Richard Wagner bei der Presse und         für M(ünchner) L(ichtspiel) k(unst) AG.      verkauftes Haus. Das „alleinige Auffüh-
         nachts um halb eins im Juni 1969
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
6   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                                                  KINOGESCHICHTE     7

                                                                                                                                                                                                              Quelle: Staatsarchiv Hamburg
Blick in den noch ungeteilten
Kinosaal des Passage-Kinos
in den 1940er Jahren

rungsrecht“ für Hamburg teilt sich das                                      gewinnung („Volk ohne Raum“) und                           2 1 . J uli 1 9 3 7             Opfergang, ein schwülstiges Melodrama,                                Wunsches bedeuten, der häufig der Be-
Passage mit dem Waterloo-Theater.                                           Führerprinzip. Die beiden Hauptdarstel-      Hinter geschlossenen Türen finden Ver-        von einer „schwermütigen Todesmelo-                                   satzungsmacht vorgetragen worden ist.“
                                                                            ler Mathias Wieman und Marianne Hop-         handlungen statt, von denen die Öffent-       die“ (Kristina Söderbaum) durchzogen.                                 Doch zu früh gefreut: Die Verhandlungen
                                                                            pe sind nach Hamburg gekommen und            lichkeit nichts erfährt. In Berlin tagt der   Bereits in den ersten Szenen werden                                   verlaufen im Sande. Während die ande-
     UNTER DEM HAKENKREUZ
                                                                            werden vom Publikum gefeiert; auch die       Vorstand der UFA und stimmt einem             morbide Töne angeschlagen: Während                                    ren Kinos sukzessive wieder den norma-
            1 . N ovember 1 9 3 3                                           Tochter des Dichters, Gertrud Storm, ist     „Poolabkommen“ mit dem Passage zu.            draußen über der Alster die Sonne lacht,                              len Spielbetrieb aufnehmen, bleibt als
Zum 20jährigen Jubiläum gibt es offi-                                       anwesend. Die Premiere wird, wie an-         Zunächst hatte man eine Übernahme des         widmen sich die Honoratioren hinter                                   einziges das Passage beschlagnahmt.
zielle Glückwünsche von der Stadt und                                       derntags der Film-Kurier berichtet, „zu      Hamburger Kinos erwogen, doch die Ver-        zugezogenen Gardinen der Lektüre von
den neuen Machthabern. Es sollte „zu                                        einem von brausender Begeisterung ge-        handlungen scheiterten: Struckmeyer           Nietzsche. Ein Hamburg-Film, wie ihn                                                4 . J uni 1 9 5 1
den Aufgaben eines Filmtheaterleiters im                                    tragenem Erfolg“.                            forderte neben dem Pachtzins auch noch        sich die Lokalpatrioten über all die Jahre                            Nach sechs Jahren und 26 Tagen wird
nationalsozialistischen Staat gehören“,                                                                                  eine jährliche Abfindung, zusammen            gewünscht hatten, ist das sicher nicht.                               die Beschlagnahme aufgehoben, das
postuliert das Hamburger Tageblatt, die                                                2 3 . F ebruar 1 9 3 4            110.000 Reichsmark, was den UFA-Her-                                                                                Kino an die Besitzer zurückgegeben. „Im
lokale Nazi-Zeitung, „das Programm                                          Als Auftakt zum Gauparteitag in Ham-         ren laut Vorstandsprotokoll nicht tragbar                  2 0 . M ä rz 1 9 4 5                                     Blitztempo sind die Jugendstildekorati-
nach den kulturellen und nationalpo-                                        burg zeigt das Passage Hans Westmar.         erschien. Mit dem Abkommen werden in          Das Passage-Kino wird von zwei Bomben                                 onen von 1913 und die Grinzinglauben
litischen Gesichtspunkten des neuen                                         Einer von Vielen. Hakenkreuzfahnen im        Zukunft die Einnahmen von Lessing- und        getroffen, die in den Lichtschacht und ins                            der britischen Truppenbetreuer aus dem
Reiches zu gestalten“. Doch das Passage                                     Kinoeingang und Zuschauerraum, bei           Passage-Theater hälftig geteilt; Filmmie-     Treppenhaus fallen, jedoch nicht deto-                                Foyer verschwunden“, stellt das Ham-
musste nicht erst „gleichgeschaltet“ wer-                                   der Vorführung sind Reichsstatthalter        ten und Unkosten zahlt jedes Theater          nieren. Der Betrieb geht weiter bis zum                               burger Echo fest. „In der Zeit von gut drei
den: Schon vor der Machtergreifung                                          Kaufmann, Polizeipräsident Boltz sowie       selbst, die Film-Disposition übernimmt        Schluss.                                                              Wochen haben die Architekten Th.
fanden hier häufig Veranstaltungen der                                      weitere lokale Nazi-Prominenz anwe-          für beide Kinos die UFA. Der Filmkon-                                                                               Holthey und Prof. Hanns Stich den Ein-
NS-Ortsgruppen statt. Struckmeyer und                                       send; anschließend gibt es einen Fackel-     zern verspricht sich davon eine bessere                                                                             gang an der Mönckebergstraße ein mo-
                                                                                                                                                                                 N a c h dem K rieg
Behnke hatten ihr Kino bereits in der                                       zug durch die Straßen. Der Film ist ein      Ausnutzung der eigenen Produktion,                                                                                  dernes, schlichtes, aber freundliches
„Kampfzeit“ in den „Dienst der national-                                    Rückblick „auf die opfervollen Kämpfe,       speziell jener Filme, die für den UFA-                       3 . M ai 1 9 4 5                                       Gesicht gegeben.“ Im Kinosaal waren
sozialistischen Bewegung“ gestellt, wie                                     die zum Werden des neuen Reiches führ-       Palast nicht geeignet erschienen. Politi-     Britische Truppen ziehen in die Stadt                                 die Spuren der britischen Militärs – nicht
ein Oberregierungsrat in einem Schrei-                                      ten“, wie die Hamburger Theater-Woche        sche Überlegungen spielen ebenfalls eine      ein. Sämtliche Filmtheater werden zu-                                 unerhebliche Schäden durch Zigaret-
ben lobt. Dass einstmals ein Mann                                           schreibt. Inspiriert durch Horst Wessel      Rolle: Man will einem „erwarteten Ein-        nächst geschlossen, einige ausgewählte                                ten und angeklebte Kaugummis, klagt
namens Cohn das Kino gründete, ver-                                         (der Name darf nicht genannt werden),        griff der Reichsfilmkammer zugunsten          Kinos in der Innenstadt – Lessing, Urania                             Struckmeyer – zu beseitigen.
schweigt man besser in der Nazizeit.                                        wird die Märtyrerlegende eines von           des Passage-Theaters“ zuvorkommen.            und Passage – und in den Randbezirken
                                                                            Kommunisten ermordeten SA-Mannes,                                                          beschlagnahmt: Sie dienen als Truppen-
                                                                                                                                                                                                                                                          N euanfang
             1 2 . J anuar 1 9 3 4                                          eines „vom Untermenschentum gemeu-                      8 . D ezember 1 9 4 4              kinos für die britischen Besatzer. Deut-
Welturaufführung: Der Schimmelreiter,                                       chelten Mitkämpfers“, ins Bild gesetzt.      Eine Welturaufführung, parallel im            schen ist der Zutritt verboten.                                                    2 8 . J uni 1 9 5 1
eine Verfilmung der Storm-Novelle. Die                                      Das Propagandaministerium ist nicht          Lessing-Theater und dem Passage Kino:                                                                               Festliche Wiedereröffnung vor gelade-
Regisseure Hans Deppe und Curt Oertel       An der Kasse für 10 Pfennig     ganz zufrieden mit dem Streifen, doch        Opfergang von Veit Harlan. Goebbels                       1 7 . A pril 1 9 4 8                                      nem Publikum. Programmatisch zeigt
haben alles Spukhafte und Gespensti-        zu haben: Zum Eröffnungsfilm    der Rezensent wischt alle Einwände bei-      hatte der „vom Feindterror so hart be-        „Von unterrichteter Seite wird mitge-                                 man einen neuen deutschen Film, doch
sche der literarische Vorlage einem nüch-   Richard Wagner 1913 gab es –    seite: „Es ist ein Film, der das Hohe Lied   troffenen Hamburger Bevölkerung“ ver-         teilt, daß seit einiger Zeit Verhandlungen                            leider hat die einheimische Produktion
                                            „die zeitgemäßeste Neuerung
ternen Realismus geopfert: Deichgraf                                        der Treue zu Führer, Volk und Vaterland      sprochen, dass sie „ihren Film“ zuerst zu     über die Freigabe des Passage-Kinos ge-                               im Moment nicht viel zu bieten: Man
                                            für alle Kino-Besucher“ – ein
Hauke Haien im heroischen Kampf gegen       Begleitbuch mit Fotos und
                                                                            singt, und wer wollte da zürnen, wenn        sehen bekommen, nämlich Große Freiheit        führt werden“, weiß die Hamburger Freie                               muss sich mit dem in Hamburg gedreh-
die Naturgewalt des Meeres, ganz ge-        Aufdruck „Passage-Lichtspiele   auch einmal ein nicht ganz reiner Ton        Nr. 7 Aber der Film wird für Deutschland      Presse zu berichten. „Ein positiver Ab-                               ten Melodrama Irrwege zweier Herzen
mäß den „Forderungen der Zeit“, Land-       Hamburg“                        dabei ist?“                                  nicht zugelassen, und so gibt es als Ersatz   schluß würde die Verwirklichung eines                                 begnügen. Eine ziemlich verquaste Ge-
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
8   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                KINOGESCHICHTE                                                       9

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Foto: picture alliance/dpa (Christian Charisius)
                                                                                                                                                                   Foto: Manfred Thielemann / Vereinsarchiv
                                                                                  Foto: Staatsarchiv Hamburg/Conti-Press

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Foto: Jürgen Lossau
1956                                        1968                                                                           1986                                                                               1988                                         2009                                                           2013

schichte um einen Musikprofessor, dem       alten Schauerromans von Hanns Heinz                                                         2 1 . A pril 1 9 6 7                                                  beiden Vorführräume ist zu hoch gewor-       Schmuckstück. Zwar lassen sich die Sün-                               von links nach rechts:
ein junger Schüler die Frau ausspannt,      Ewers, eine Frankenstein-Variation. Die                                        Mord und Totschlag: Papas Kino ist tot,                                            den. Das Traditions-Kino, das eine fast      den der Vergangenheit nicht alle wieder-                              Der in den letzten 50 Jahren mehrfach
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 umgestaltete Kinoeingang
worauf der Verlassene sich erschießt.       Presse ist nicht begeistert: „Das Ganze                                        das „Schnulzenkartell“ haben die Jung-                                             70-jährige Spieldauer aufzuweisen hat,       gutmachen, aber bei der Neueröffnung
Bei allem Wohlwollen, selbst das Abend-     ist wirklich Sensation von dunnemals,                                          filmer zu Grabe getragen. Regisseur Vol-                                           soll nur noch bis zum Dezember dieses        erstrahlt das Haus in neuem Glanz. Ulrich
blatt fand den Streifen verlogen und arg    ist Dämonie in Plüsch“, schreibt das                                           ker Schlöndorff zeigt seinen zweiten Film                                          Jahres bespielt werden. Nach dem Um-          Tukur und Band spielen, der rote Teppich
missglückt; die Laune wollte man sich       Abendblatt.                                                                    im Passage, mitgekommen ist die Haupt-                                             bau soll im Hause eine Ladenpassage          ist bis zur Mönckebergstraße ausgerollt.
deshalb nicht verderben lassen: „Das                                                                                       darstellerin Anita Pallenberg. Ihr Freund,                                         entstehen.“ Es kommt nicht dazu, doch        Der Hausherr begrüßt seine Gäste mit
Publikum nahm die ernstgemeinte Kost                  1 . N ovember 1 9 6 3                                                Brian Jones von den Rolling Stones, hat                                            nachdem drei Jahre zuvor der Kinokönig       Handschlag und verspricht: „So festlich
gestern heiter auf, hielt sich an Grothes   Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums                                           die Musik zu dem Film beigesteuert.                                                Heinz Riech das Passage seinem Reich         wie bei der Eröffnungsfeier soll es auch
Musik und ließ es die ungerufen vor dem     bekräftigt Wilhelm Behnke in der Welt,                                         „Schlöndorff beobachtet sachverständig,                                            einverleibt hat, geht es mit dem einstigen   bei künftigen Filmpremieren zugehen.“
Vorhang erscheinenden Beteiligten nicht     das Passage werde auch weiterhin Heim-                                         distanziert, reglos, mit anatomischen                                              Vorzeigekino weiter bergab.
entgelten.“                                 stätte des oft geschmähten deutschen                                           Blicken aus unterkühlter und brillant ge-                                                                                                 1 8 . S eptember 1 9 9 1
                                            Films sein. „Es gehört Mut dazu“, kom-                                         führter Kamera“, urteilt die Hamburger                                                        1 5 . O ktober 1 9 8 7            Ex-Beatle Paul McCartney ist für einen
           2 5 . O ktober 1 9 5 1           mentiert die Zeitung. „Und ein gewisser                                        Kritik. „Dabei ist ihm der beste Film ge-                                          „Ein Jubelschrei, als Peter Maffay vor das   Tag in Hamburg zur Welturaufführung
Aus London kommt Operettenkönig             Glaube daran, daß der deutsche Film                                            lungen, den die jungen Deutschen bisher                                            Passage-Kino tritt. An der Glastür drü-      des Dokumentarfilms Get Back. Vormit-
Robert Stolz zur Welturaufführung sei-      eines Tages wieder den Anschluß an die                                         zustande gebracht haben.“                                                          cken sich Fans die Nasen platt, Mädchen      tags um 11 Uhr im Passage Pressevorfüh-
nes Films Tanz ins Glück und dirigiert      internationale Produktion findet.“ Zu-                                                                                                                            halten Blumen, Jungen schwenken Plat-        rung für 350 Journalisten aus ganz Eu-
das NWDR-Orchester. „Ein melodienbe-        sammen mit Ellen Dietrich, eine Tochter                                                    1 . F ebruar 1 9 6 8                                                   tenhüllen. Weltpremieren sind selten in      ropa. Um 19.35 Uhr Cocktail-Stehparty
schwingter Film des Frohsinns, der den      des 1956 gestorbenen Hans Struckmeyer,                                         Aufklärung à la Oswalt Kolle: Das Wun-                                             Hamburg“, berichtet das Abendblatt von       im Foyer: 650 geladene Gäste, darunter
Alltag zum Sonntag macht“, lockt die        führt Behnke auch in lausigen Zeiten den                                       der der Liebe erlebt im Passage seine Welt-                                        der Uraufführung des Films Der Joker.        auch Ex-Star Club-Geschäftsführer Horst
Kinoanzeige und jubiliert: „Ein musika-     Betrieb weiter, später übernimmt seine                                         uraufführung. Wissenschaftlich beraten                                             Maffay spielt einen vom Dienst suspen-       Fascher, Champagner, Sekt, Kir Royal
lischer Triumph in nie erlebter Farben-     Tochter Ursula Raschke.                                                        von dem Hamburger Sexologen Prof.                                                  dierten St.-Pauli-Polizisten, der sich mit   und ein vegetarisches Büfett. Paul und
pracht!“ Robert Stolz, gebürtiger Wiener,                                                                                  Hans Giese wollen es mehr als drei                                                 der Unterwelt anlegt. Inszeniert hat den     Anhang verschwinden durch den Hinter-
der in der Nazizeit in die amerikani-                 8 . N ovember 1 9 6 4                                                Millionen Bundesbürger wissen. Sieben                                              längst vergessenen Streifen der Kottan-      ausgang um 21.20 Uhr, während die Vor-
sche Emigration ging, trifft auf Jo-        Aus 1 mach 2: Das Kino wird modernisiert                                       weitere Kolle-Filme folgen.                                                        Regisseur Peter Patzak; es wirken mit        führung im Kino beginnt.
hannes Heesters, der im „Dritten Reich“     und – die Damen Dietrich und Raschke                                                                                                                              (und sind ebenfalls anwesend) Armin                                                                                Kinoanzeige von 1967
Karriere machte. In dem Film spielt         haben von Branchenprimus Riech ge-                                                          2 9 . A pril 1 9 7 7                                                  Mueller-Stahl und Tahnee Welch, die                      4 . F ebruar 1 9 9 3
Heesters einen Tenor, der einer kleinen     lernt, dem Erfinder des Schachtelkinos                                         Mit Passage 3 hat das Kino nun einen                                               Tochter von Raquel Welch. „Ich bleibe        Keine gewöhnliche Premiere, sondern
Schmiere am Bodensee zu unerwarteter        – zweigeteilt. Der Saal wird zu Passage 1                                      kleinen Ableger – einen Schuhkarton mit                                            Musiker“, versichert Maffay den Fans.        eine Benefiz-Gala: Sir Richard Atten-
Sensation verhilft. Nett und harmlos,       (522 Plätze), der ehemalige Rang zu Pas-                                       52 Plätzen. Man hat einfach das ehema-                                             Das ist auch besser so.                      borough und Geraldine Chaplin stellen
Politik wird im Fünfziger-Jahre-Kino aus-   sage 2 (271 Plätze). Vier Monate dauerte                                       lige Büro umgebaut – Kinogenuss sieht                                                                                           sechs Wochen vor dem offiziellen Kino-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Foto: Michael Töteberg
gespart.                                    der Umbau, eine Operation am lebendi-                                          anders aus.                                                                                      3 1 . M ai 1 9 8 8             Start das Biopic Chaplin vor. Die Eintritts-
                                            gen Leib: Man brauchte den Betrieb nicht                                                                                                                          Mit der Übernahme durch Hans-Joachim         karten kosten 200 Mark, von denen 180
            2 . J anuar 1 9 5 3             an einem einzigen Tag zu schließen. „Ge-                                                                                                                          Flebbe, dem Erzrivalen von Heinz Riech,      Mark an das Kinder-Hilfswerk UNICEF
                                                                                                                              T otgesagte leben l ä nger
Lange Schlangen vor der Kasse schon         schickt halbiert“ findet Bild und freut                                                                                                                           wird das Passage wieder zu dem schöns-       fließen. Um 23 Uhr, nach Ende der Vor-
morgens um 11 Uhr: Hildegard Knef           sich: „Es macht immer mehr Spaß, in                                                         9 . A pril 1 9 8 3                                                    ten Filmtheater der Stadt. Flebbe inves-     stellung, überreicht Attenborough Bür-
ist abends zu Gast zur Premiere von         Hamburg ins Kino zu gehen.“ Nicht alle                                         „Passage-Kino muß schließen“, meldet                                               tiert fünf Millionen DM und macht aus        germeister Henning Voscherau einen
Alraune. Es ist die x-te Verfilmung eines   Cineasten sind dieser Meinung.                                                 das Abendblatt. „Die Pachtgebühr für die                                           dem heruntergekommenen Kino ein              Scheck in Höhe von 60.660 Mark.                                       Die Rückseite des Kinos (Speersort) 2009
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
10   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                         A LT E H A M B U R G E R L I C H T S P I E L H Ä U S E R   11

                                                                                                                                                                                 Letzter Vorhang am Jungfernstieg
                                                                                                                                                                                 Nach 57 Jahren wurde das
                                                                                                                                                                                 Streit’s-Kino geschlossen

                                                                                                                                                                                 Von Volker Reißmann

Im Frühjahr 2010 wurde bei der

                                                                                                                                                       Fotos: Anita Wertiprach
Renovierung die vorher auf-
klappbare Leinwand durch eine
feste Projektionsfläche ersetzt

Unten: Das Kino hatte sich schon
von seinen Gästen verabschiedet                                                                                                                                                      Folge

                                                                                                                                                                                    19

           1 9 . S eptember 2 0 0 5                                                                             eine Balken-Überschrift wert. Kein Kino-
Regisseur und Hauptdarstellerin sind                                                                            mogul, kein Medienkonzern, sondern
diesmal nicht zur Promotion ihre neuen                                                                          ein mittelständischer Unternehmer aus
Films angereist, sondern um einen un-                                                                           Schwaben tritt den Beweis an, dass man
gewöhnlichen Erfolg zu feiern: Der mil-                                                                         das Passage rentabel führen kann. „Ich
                                                                                       Foto: Michael Töteberg

lionste Besucher von Dani Levys Kino-                                                                           mache das hier nicht aus Raffgier, son-
Komödie Alles auf Zucker, eigentlich nur                                                                        dern aus Liebe“, sagt Heinz Lochmann,
fürs Fernsehen gedacht, wird erwartet.                                                                          ergänzt aber nach einer kleinen Pause:
Hannelore Elsner überreicht dem Jubilä-                                                                         „Ich möchte schon, dass sich die ganze
umszuschauer einen speziellen Gewinn:                                                                           Mühe lohnt.“ Erst einmal wird es teurer
eine Gastrolle in Levys nächstem Film.                                                                          als geplant. Gut 1,7 Millionen Euro muss
                                                                                                                er in das Kino stecken, denn vom Vor-
           1 1 . N ovember 2 0 0 9                                                                              gänger kann er nichts übernehmen: Das
Das Passage schließt. An diesem Abend       rückerstattet bekommen haben, inzwi-                                alte Kino ist entkernt und ausgeweidet.
– letzte Vorstellung, Ende 22.30 Uhr –      schen verstreut in den USA, Uruguay und                             Wiederauferstanden verfügt das Passage
scheint das Schicksal des Traditionshau-    England leben – haben die Miete erhöht.                             über die neueste Technik inkl. Stereo-3D
ses besiegelt. Die Nachrufe sind bereits    Damit ist das Passage wirtschaftlich nicht                          und prunkvollen Glanz im Stil des Art
geschrieben, selbst in der Frankfurter      mehr tragbar, erklärt ein Sprecher von                              déco: Goldglanztapeten, Kronleuchter
Allgemeinen hat man einen Kranz gebun-      Cinemaxx. Als börsennotiertes Unter-                                (handgefertigte Unikate) im Foyer, Tep-
den. Zum Abschied haben sich Stamm-         nehmen könne man sich leider keine                                  pichboden mit Schneckenmuster. Ham-
gäste und Kino-Enthusiasten eingefun-       Liebhabereien leisten. Branchenkenner                               burg hat wieder ein repräsentatives Erst-
den; auch Kinobetreiber erweisen dem        haben Zweifel, ob dies die wahren Grün-                             aufführungstheater in der Innenstadt.
alten Haus ihre Reverenz: Hans-Peter        de für die Schließung sind. Das Passage                             Die Eröffnung wird ein rauschendes Fest,
Jansen, Werner Grassmann und andere,        gehört Cinemaxx, die – seitdem sie ins                              irritiert sind die Hanseaten nur über das
unter ihnen Flebbe, der ehemalige Cine-     Multiplex-Geschäft eingestiegen ist – alle                          Catering: Der Schwabe Lochmann tischt
maxx-Chef. Bevor der Film beginnt, wird     anderen Kinos der Gruppe stiefmütterlich                            Maultaschen und Spätzle auf.
                                                                                                                                                                                                       Feste wurden in dem ursprünglich von Christian Daniel Friedrich
noch einmal eine besondere Kuriosität in    behandelt und langsam abstößt. Immer-
                                                                                                                                                                                                       Streit als Hotel errichteten Traditionshaus am Jungfernstieg
Gang gesetzt: Von starkem Quietschen        hin 150.000 Besucher jährlich kamen                                         Z um 1 . N ovember 2 0 1 3
begleitet, wird die für Breitwandfilme      ins Passage, damit – meinen alte Hasen –                            Das Passage kann sein 100-jähriges Beste-                                              bereits seit 1837 gefeiert. 1842 gab es vorübergehend eine Unter-
notwendige Leinwand ausgefahren und         müsste man leben können. Aber Cine-                                 hen feiern. Um das gut besuchte, ebenso                                                brechung, da das Gebäude zur Begrenzung des Stadtbrandes
seitlich aufgeklappt.                       maxx steckt tief in den roten Zahlen,                               komfortable wie elegante Kino braucht                                                  kurzerhand gesprengt wurde; doch schon ein Jahr später wurde

                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Quelle: Privatarchiv Frank-Oliver Möller
    Als der Film aus ist und das Licht im   braucht dringend mehr Besucher. Ein                                 man sich keine Sorgen zu machen. Als                                                   es in alter Pracht wieder aufgebaut.
Saal erlischt, steht die Trauergemeinde     böses Wort macht die Runde: Marktberei-                             Schlusswort sei zitiert, was vor bald hun-
noch lange auf der Straße vor dem Kino      nigung.                                                             dert Jahren eine Zeitung zur Eröffnung
und diskutiert. Die Besitzer der Immobi-                                                                        schrieb: „Wir dürfen nur hoffen, dass
lie – immer noch Feldberg Erben, die                       2 5 . M ai 2 0 1 0                                   man den Menschen die bunte Bewegtheit
während der Nazizeit emigrieren muss-       Totgesagte leben länger: „Hamburgs äl-                              des Lebens in geschmackvoller Form und
ten, aber ihr „arisiertes“ Eigentum zu-     testes Kino gerettet“, das ist nicht nur Bild                       unverzerrt bietet.“ •                                                                  Neonwerbung aus den 1950er Jahren
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
12   K LT
     A O LEU M
             HANM
                ENBT
                   UIRTG
                       EELR LICHTSPIELHÄUSER                                                                                                                                                                                                                                           A LT E H A M B U R G E R L I C H T S P I E L H Ä U S E R       13

                                                                                                                                                                                                                                         der allgemeinen Kinokrise leisten. Der        senen Innenstadt-Kinos Kurbel am Jung-
                                                                                                                                                                                                                                         Hausmanager war gleichzeitig techni-          fernstieg, Waterloo und Esplanade an. So

                                                                                                                                                                                                        Foto: Staatsarchiv/Conti-Press
                                                                                                                                                                                                                                         scher Direktor, sein Assistent auch ne-       kam Michael Douglas als 1975 als Pro-
                                                                                                                                                                                                                                         benbei Filmvorführer, der Portier längst      duzent von Einer flog über das Kuckucks-
                                                                                                                                                                                                                                         pensioniert. Rund 50.000 DM koste der         nest zusammen mit Jack Nicholson nach
                                                                                                                                                                                                                                         Kinobetrieb jeden Monat, davon alleine        Hamburg und natürlich auch ins Streit’s.
                                                                                                                                                                                                                                         100 DM an Strom täglich für den Projek-       Klaas Akkermann war dabei der wich-
                                                                                                                                                                                                                                         tor und die Beleuchtung. Ein Mittelplatz      tigste Protagonist – als Promoter für
                                                                                                                                                                                                                                         im Kino koste inzwischen stolze 8 Mark.       Rundfunk, Fernsehen und Presse war er
                                                                                                                                                                                                                                             Anfang Mai 1975 überraschte die           der Dreh- und Angelpunkt für alle Son-
                                                                                                                                                                                                                                         gleiche Zeitung Hamburger mit der             dervorführungen für die schreibende
                                                                                                                                                                                                                                         Schlagzeile: „Die Amerikaner wollen           Zunft. Der Filmkritiker Georg von Grote
                                                                                                                                                                                                                                         noch mehr Kinos in Hamburg kaufen:            erinnerte sich kürzlich: „Für mich war
                                                                                                                                                                                                                                         Streit’s ist der Anfang.“ Zwei Millionen DM   das Streit’s während meiner Hamburger
                                                                                                                                                                                                                                         sollten dem Bericht zufolge angeblich für     Zeit mein Arbeitsplatz. Schätzungsweise
                                                                                                                                                                                                                                         die Übernahme von der britischen Rank         die Hälfte aller Pressevorführungen, ob
                                                                                                                                                                                                                                         Organization gezahlt worden sein, die         nun im großen Saal oder im Streit’s

                                                                                                                                   Foto: Pressebild/UFA-Theater AG
                                                                                                                                                                                                                                         sich nach dem Ableben ihres Gründers J.       Studio, fanden dort statt. Es gab Tage,
                                                                                                                                                                                                                                         Arthur Rank gerade neu ausrichtete und        da war man von morgens bis abends nur
                                                                                                                                                                                                                                         aus Deutschland zurückzog. Inwieweit          dort, ging höchstens mal raus um was zu
                                                                                                                                                                                                                                         diese Informationen stimmten oder ob es       essen oder sich um die Ecke was zu essen
                                                                                                                                                                                                                                         vielmehr um eine Übernahme des lang-          zu besorgen.“ Das erwähnte Pressestudio
                                                                                                                                                                                                                                         fristigen Pachtvertrages ging, lässt sich     mit 25 Plätzen war Ende der 1980er Jahre
                                                                                                                                                                                                                                         nicht nachprüfen – jedenfalls gehörte         auf Betreiben von Klaas Akkermann im
                                                                                                                                                                                                                                         der Großteil der Immobilie schon damals       ehemaligen Hotel-Küchenbereich einge-
                                                                                                                                                                                                                                         der Familie Reimers. Fox-Manager Steve        richtet worden, nachdem das Presse-
                                                                                                                                                                                                                                         Roberts ließ sich für die Presse stolz vor    studio im Passage-Kino nach diversen
                                                                                                                                                                                                                                         dem neuesten Kino seiner Gesellschaft         Umbauten und Schließungen vorüber-
Das Gästebuch verzeichnete schon da-           anstelle des alten Speise- und Festsaals     im Rang. In den Folgejahren liefen im                                    Links: Heinz und Harry Anger                                        fotografieren.                                gehend nicht mehr zur Verfügung stand
mals große Namen wie den Dichter               ein Kino und das übrige Gebäude zu einem     Streit’s viele große Klassiker, vor allem                                mixten in den 1950er Jahren an                                          Besonderer Anziehungspunkt war            (später konnte das kleine Streit’s Studio
                                                                                                                                                                     der ersten Bar im Kinofoyer die                                                                                   auch für private Feiern gemietet werden).
Hoffmann von Fallersleben oder den             Bürohaus um. Nach dem Abbruch des            aus britischer und amerikanischer Pro-                                                                                                       nach wie vor über viele Jahre die Bar.
                                                                                                                                                                     Getränke
Komponisten Gustav Mahler. 1925 kauf-          alten Saals musste aber erst einmal auf-     duktion – ob David Leans Die Brücke am                                                                                                       „Geöffnet von 11 Uhr morgens bis 2 Uhr            Aber die glanzvollen Zeiten neigten
ten Bertha und Ludwig Vogt das Objekt.         wändig eine neue Gründung mit 60 Stahl-      Kwai oder die James-A.-Michener-Verfil-                                  Oben: Blick in den gerade                                           nachts“, warben Eröffnungsannoncen            sich vorübergehend dem Ende zu: Horst-
Prächtig war der Hotel-Saal, der schon         betonpfählen vorgenommen werden.             mung Hawaii – alle diese Werke erlebten                                  fertiggestellten Kinosaal am                                        schon 1956 in den großen Zeitungen.           Dieter Eber verfasste 1986 in Hamburgs
in den 1930er und 1940er Jahren ab und             Als Betreiber des 463-Plätze-Kinos       hier ihre deutsche Erstaufführung.                                       6. Dezember 1956, unten die                                         Zu Klaviermusik mixten Werner Müller,         Top Ten (2. aktualisierte Auflage 1989) ein
                                                                                                                                                                     zweite Bar aus den 1970er Jahren                                                                                  kritisches Urteil über das Streit’s: „Keiner
an für Filmvorführungen genutzt wur-           konnte der britische J.-Arthur-Rank-Ver-         Von nun an war das Streit’s die erste                                                                                                    Harry und Heinz Anger die Getränke.
de: Flugs wurde dann an der Stirnwand          leih gewonnen werden, der das Lichtspiel-    Adresse in Hamburg, wenn für festliche                                                                                                       Hier trafen sich seither Kinobesucher         weiß, warum diese Projektionsstätte die
eine Leinwand aufgestellt und so konn-         theater in hellblauen Farben gestalten       Uraufführungen der rote Teppich aus-                                                                                                         und Filmkritiker nach Pressevorführun-        feinste Kinoadresse der Stadt sein soll.
ten hier auch bewegte Bilder über die          ließ. Eigentlich sollten dem ersten deut-    gerollt wurde. Barbra Streisand, Peter                                                                                                       gen ebenso wie die Stars nach Premieren.      An den betonharten Sitzen, der furchtba-
Leinwand flimmern. In der NS-Zeit gab          schen Kino der Rank-Organization (das        O’Toole, Liza Minnelli – die Liste der                                                                                                           Überhaupt – als Pressekino trat das       ren Leinwand und an den Filmen kann es
es Veranstaltungen, die einen deutlichen       britische Unternehmen hatte sich gerade      Streit’s-Gäste in den folgenden Jahrzehn-                                                                                                    Streit’s spätestens seit Ende der 1970er      nicht liegen. Vielleicht an der Bar? Aber
Propagandaeinschlag erkennen ließen:           kurz zuvor mit dem US-Kopiergeräteher-       ten liest sich wie das „Who-is-who“ von                                                                                                      Jahre die Nachfolge der zuvor geschlos-       wer mag schon warmes Bier? Vielleicht
So hat sich im Hamburger Staatsarchiv          steller Xerox zusammengeschlossen und        Hollywood. 1957 feierte Hardy Krüger
eine Einladungskarte erhalten, in der          befand sich deshalb auf Expansionskurs)      die Premiere von Einer kam durch, 1961
die Fremdsprachliche Arbeitsgemeinschaft       noch viele weitere folgen – schließlich      Shirley MacLaine kam für Irma La Dou-
der Frauen des Bundes zur Pflege persönli-     blieb es jedoch beim Streit’s als einzigem   ce, 1980 auch Bette Midler gastierte mit                                 Einladungskarte von 1956 für den
                                                                                                                                                                     Eröffnungsfilm Doktor Ahoi! mit
cher Freundschaften mit Ausländern e.V.,       Lichtspielhaus in Deutschland.               ihrem neuen Film Rose und 1986 schließ-
                                                                                                                                                                     James Robertson Justice als trink-
Ortsgruppe Hamburg für den 13. Januar              Die Eröffnung erfolgte am 6.12.1956      lich auch Erotik-Star Valérie Kaprisky mit                               festen Schiffskapitän (er kam auch
1942 um 16 Uhr in Streit’s Hotel für eine      mit der britischen Komödie Doktor Ahoi!      La Gitane.                                                               persönlich zur Premiere ins Streit’s)
Farbfilm-Reise vom Norden über die Alpen       in Anwesenheit des britischen Botschaf-          Am 2. August 1974 erschien in der
nach Italien mit Ewald Zeyn, Reiseleiter       ters Sir Frederick R. Hoyer Miller und       Lokalausgabe der Bild-Zeitung der Arti-
des Reisebüros Schnieder, warb: „Unkos-        des Senators Dr. Biermann-Ratjen. Auch       kel „Wie teuer es ist, ein Kino zu haben“
tenbeitrag: 1 Reichsmark.“                     einige Darsteller wie James Robertson        – Geschäftsführer Friedrich W. Herzog
    Im Mai 1945 wurde das Hotel von            Justice kamen persönlich zur Premiere.       berichtete, dass von den einstmals 26
den Briten als Offiziersquartier beschlag-     Vor der gläsernen Schwingtür stand ein       Mitarbeitern beim Start 1956 nur noch

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Foto: Filmmuseumsarchiv
nahmt. Nach ihrem Abzug 1955 war               Portier in roter Livree, zwei Direktoren     13 Mitarbeiter übrig geblieben seien:
die einstige Nobelherberge in einem so         im Smoking empfingen die 650 Gäste im        Lediglich drei Platzanweiserinnen, zwei
desolaten Zustand, dass die Eigentümer         Foyer, sieben uniformierte Platzanweise-     Kassiererinnen, eine Garderobiere und
des Objektes von einer weiteren Nutzung        rinnen reichten Sekt. Lediglich 1,45 Mark    eine Süßwarenverkäuferin sowie eine
als Hotel Abstand nahmen. So baute man         kostete ein Kinokarte im Parkett, 3,95 DM    Sekretärin könne man sich in den Zeiten
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
14   A LT E H A M B U R G E R L I C H T S P I E L H Ä U S E R

                                                                           rührt das Vorurteil daher, dass die bes-                   Eastwood kam im September 1996 per-
                                                                           ten Hollywood-Produktionen hier jeden                      sönlich, um das von ihm inszenierte Me-

                                          Foto: Staatsarchiv/Conti-Press
                                                                           Sonntagmorgen im Original anzusehen                        lodram vorzustellen: Nachmittags gab

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Foto: Frank-Oliver Möller
                                                                           sind.“                                                     es im Kinosaal zunächst eine große Pres-
                                                                               Doch im gleichen Jahr wurde dieses                     sekonferenz, bevor dann am Abend die
                                                                           Manko behoben: Am 27. November 1986                        Gala-Premiere mit anschließender Verlei-        Legendäre „Raubtierfütterung“ mit
                                                                           titelte die Bild-Zeitung in ihrer Hambur-                  hung des Douglas-Sirk-Preises des Film-         Chipstüten bei der montäglichen
                                                                           ger Lokalausgabe: „Das Streit’s am Jung-                   fests Hamburg stattfand: Festivalleiter         OV-Sneak von 2008 bis 2013
                                                                           fernstieg wird jetzt umgebaut: Mahagoni-                   Josef Wutz und Bürgermeister Henning
                                                                           Tresen und weiche, rote Sessel.“ Der da-                   Voscherau überreichten den neugeschaf-
                                                                           malige Betriebsleiter Dieter Rohlf und der                 fenen Preis persönlich an Eastwood, der
                                          Foto: Volker Reißmann

                                                                           Direktor Richard Holubowsky präsen-                        sich artig bedankte und eine Anekdote an                                                                     Haus“ feierte: Das Kino wurde in dem         Hineinwerfen von Chips-Tüten ins Pub-
                                                                           tierten persönlich die neuen weinroten                     den Namensgeber des Preises, den 1987                                                                        siebenminütigen Werbevideo, das die          likum und auch keine analoge Projekti-
                                                                           Sitze; ein rotgrauer Teppichboden und                      gestorbenen, aus Hamburg stammenden                                                                          Hauseigentümer wohl für potentielle          onsmöglichkeit mehr, so dass das Kino-
                                                                           eine hellgraue Wandbespannung sorgten                      Filmregisseur Detlef Sierck, der sich in                                                                     Mieter herstellen ließen, gerade einmal      trailer-Archiv mit immerhin über 1.400
                                                                           für ein neues Farbdesign. Am 17. Dezem-                    den USA Douglas Sirk nannte, beisteuerte.                                                                    sieben Sekunden erwähnt – umso mehr          Filmrollen von unserem Verein übernom-
Oben: Jack Nicholson und Michael                                           ber 1991 erschien in der gleichen Zeitung                      Noch einmal im April/Mai 2001, wur-                                                                      wurden die Einkaufsmöglichkeiten im          men wurde, um es vor der Entsorgung zu
Douglas (als Produzent) am                                                 eine Laudatio zum 35-jährigen Jubiläum                     de das Streit’s-Kino renoviert und die                                                                       Umfeld und angrenzenden Passagen-            bewahren. Aber die bereits mehrmals
23. Februar 1976 bei der Promotion                                                                                                                                                                                                                                                              umgezogene Sneak-Preview (von 1994
                                                                           des Kinos mit der Schlagzeile: „Wo schon                   Bestuhlung komplett erneuert. Zugleich                                                                       Bereichen ins Bild gerückt. Theaterleiter
zu Einer flog über das Kuckucksnest
                                                                           Hans Albers seinen Cognac trank“.                          versetzte man den Eingangsbereich samt                                                                       Gary Rohweder hatte dann die Idee,           bis 2001 fand sie im City statt, danach von
Mitte: Clint Eastwood, Bürgermeister                                           Ein besonderer Höhepunkt in den                        Bar in den ursprünglichen Zustand zu-                                                                        einen eigenen Streit’s-Spot herstellen zu    2001 bis 2008 im Grindel, seit 2008 dann
Voscherau am 13. Sept. 1995 bei der                                        1990er Jahren war die Deutschland-                         rück. Die Ufa-Theater AG führte das Kino                                                                     lassen. Vorführer Frank-Oliver Möller        im Streit’s) hatte damit wenigstens lang-
Premiere von Die Brücken am Fluss
                                                                           Premiere der Bestseller-Verfilmung Die                     nun neben dem Studio-Kino in der Bern-                                                                       kontaktierte daraufhin Ex-Kollegen vom       fristig eine neue Heimstätte gefunden.
Unten: Eingangstür, Dezember 1956                                          Brücken am Fluss – Hollywood-Ikone Clint                   storffstraße als Ufa-Arthouse mit beson-                                                                     Atlantik Filmkopierwerk und so wurden            Die CineStar AG gab Ende März 2013
                                                                                                                                      ders ausgewähltem Filmprogramm. Nach                                                                         fünf digitale Imagetrailer hergestellt.      eine Pressemitteilung heraus, der zufolge
                                                                                                                                      der Ufa-Insolvenz 2003 wurde das Haus                                                                        Die Dreharbeiten zu den Motiven fanden       man sich mit dem Vermieter bisher nicht
                                                                                                                                      der Lübecker CineStar AG als Partnerkino                                                                     dann, ausserhalb der Kinoöffnungszeiten,     über die Auszugskonditionen und die
                                                                                                                                      ihrer Multiplex-Kette angegliedert.             Blick in die Bar und den kleinen                             im Foyer statt. Regisseur Dennis Albrecht    von ihm verlangten Instandsetzungsar-
                                                                                                                                          Im März 2007 konnte das 50-jährige          Zuschauerraum des Streit’s-Presse-                           und sein Team setzten die Motive ins         beiten (Ausbau der Klimaanlage und des
                                                                                                                                                                                      studios                                                                                                   gesamten Interieurs) habe einigen kön-
                                                                                                                                      Jubiläum mit einer kleinen Nostalgie-                                                                        rechte Bild. Die digitalen Imagetrailer
                                                                                                                                      Schau (nach)gefeiert werden. Probleme                                                                        (Streit’s OV-Das Original) wurden nach       nen. So kam es wie es kommen musste,
                                                                                                                                      gab es jedoch zu diesem Zeitpunkt mit                                                                        der Fertigstellung vor jedem Spielfilm       zu einem unwürdigen Ende: Hatte man
                                                                                                                                      einer Mäuseplage, über die auch ande-                                                                        eingesetzt und fanden beim Publikum,         am Ostermontag, den 1. April, noch ein-
                                                                                                                                      re Geschäfte zwischen Gänsemarkt und                                                                         Aufgrund der ideenreichen Umsetzung,         mal das volle Programm geboten, ende-
                                                                                                                                      Rathausmarkt allgemein klagten – so                                                                          großen Anklang.                              te der Spielbetrieb am Dienstag, den 2.
                                                                                                                                      konnte es schon einmal passieren, dass                                                                           Da half es auch nichts, dass der Deut-   April 2013, abrupt: Bereits Vormittags
                                                                                                                                      mitten in einer Vorstellung auf einmal                                                                       sche Kulturrat des Streit’s-Kino ganz        blockierte ein großer Diesel-Trafo den
                                                                                                                                      ein kleines Tierchen zwischen den Stuhl-                                                                     oben auf die aktuelle „Rote Liste“ der       Kinoeingang und nach Androhung von
                                                                                                                                      reihen auftauchte und dass mehrmals                                                                          bundesweit gefährdeten Kulturinstitutio-     rechtlichen Zwangsmaßnahmen einigten
                                                                                                                                      der Kammerjäger bemüht werden muss-                                                                          nen setzte – unter Denkmalschutz stand       sich beide Parteien: Die Kinobetreiber
                                                                                                                                      te. Zudem stieg mehrmals nach heftigen                                                                       lediglich die äußere Hausfassade, nicht      klebten am gleichen Tag einen Zettel mit
                                                                                                                                      Regenfällen der Grundwasserspiegel der                                                                       jedoch der Kinosaal im Innenhof.             der lapidaren Feststellung an die Tür, der

                                                                                                                                                                                                                      Fotos: Frank-Oliver Möller
                                                                                                                                      Alster trotz Sandsack-Barrieren derart                                                                           Eigentlich sollte das Kino bereits       „Spielbetrieb sei mit sofortiger Wirkung“
                                                                                                                                      stark an, dass der gesamte untere Foyer-                                                                     Ende Februar 2013 schließen; dann wur-       eingestellt.
                                                                                                                                      Bereich überschwemmt wurde – zuletzt                                                                         de der Termin auf Anfang März verlegt            Die Betreiber überließen es den
                                                                                                                                      im Juni 2011: Anschließend musste der                                                                        und wenig später auf Mitte des Monats.       Hauseigentümern, die Bestuhlung, den
                                                                                                                                      völlig durchnässte Teppichboden kom-                                                                         Die Hoffnung, dass Heinz Lochmann, der       Vorhang und den Rest der Projektions-
                                                                                                                                      plett ausgetauscht werden. Auch das                                                                          Retter des Passage-Kinos an der Möncke-      technik zu entsorgen – vieles landete bei
                                                                                                                                                                                      Heftige Regenfälle und steigendes
                                                                                                                                      digitale Zeitalter zog ins Streit’s ein. Ende   Grundwasser überschwemmten am
                                                                                                                                                                                                                                                   bergstraße oder Hans-Joachim Flebbe,         Privatsammlern, die damit ihre eigenen
                                                                                                                                      2010 wurde zusätzlich zur vorhandenen           6. Juni 2011 das Kinofoyer                                   der gerade in Hamburg auf der Suche          Garagenkinos einrichteten (die Stühle
                                                                                                                                      35mm-Projektor, ein Digital-Beamer zur                                                                       nach einem Standort für ein neues „Pre-      mussten selbst demontiert werden). Nur
                                                                                                                                      Wiedergabe von 2D-und 3D-Spielfilmen                                                                         mium-Kino“ war, nun auch das Streit’s        Tage später begann die Entkernung der
                                                                                                                                      installiert. Somit war das Streit’s der we-                                                                  übernehmen würde, zerschlugen sich.          angrenzenden Ladengeschäfte und des
                                                                                                    Foto: Pressebild/UFA-Theater AG

                                                                                                                                      nigen Hamburger Kinos, dass Filme nun                                                                            Die legendäre Sneak-Preview, die         Foyer-Bereiches; die aufwändige Stüt-
                                                                                                                                      analog und digital zeigen konnte.                                                                            immer montags Filme lange vor dem ei-        zung der denkmalgeschützten Fassade
                                                                                                                                          Dass die Hauseigentümer an dieser                                                                        gentlichen Kinostart in Originalsprache      mit neu eingezogenen Stahlträgern
                                                                                                                                      Stelle etwas anderes als einen Kino-                                                                         zeigte und fast immer ausverkauft war,       nahm mehrere Monate in Anspruch.
                                                                                                                                      betrieb planten, konnte man schon im                                                                         wanderte am 11. März 2013 ins Passage-       Dem Vernehmen nach soll hier in Zu-
                                                                                                                                      Frühjahr 2012 einem Imagefilm entneh-                                                                        Kino ab – dort gab es zwar keine Bühne       kunft eine gemischte Nutzung aus Büro-
                                                                                                                                      men, der das Jubiläum „175 Jahre Streit’s                                                                    für die „Raubtierfütterung“, sprich das      und Ladenflächen vorgesehen sein.“ •
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
16   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                        KINOGESCHICHTE          17

                                                                                                                                       1957 kam aus den USA ein neues, sehr         Objekt von Grund auf saniert. Unterstützt    Linke Seite: Handzettel mit der
                                                                                                                                       eindrucksvolles Filmverfahren nach Eu-       wurde er dabei von dem Architekten R.        Werbung für die Eröffnung 1957
                                                                                                                                                                                                                                 und das damals sensationelle
                                                                                                                                       ropa: Todd-AO setzte neue erfolgreiche       Siegmeier, der sich übrigens auch für das
                                                                                                                                                                                                                                 TODD-AO-Projektionsverfahren
                                                                                                                                       Maßstäbe, auch für den Kinobau – mit         bereits Ende Mai 2010 offiziell von Heinz
                                                                                                                                       70mm-Breitfilm, einhüllendem 6-Kanal-        Lochmann wiedereröffnete Passage-Kino
                                                                                                                                       Magnetton und großen gekrümmten              (im edlen Art-Déco-Stil) in der Möncke-
                                                                                                                                       Leinwänden. Das erste in Europa eigens       bergstraße verantwortlich zeigte.
                                                                                                                                       für Todd-AO erbaute Kino war damals
                                                                                                                                       das Hamburger Savoy-Filmtheater, das
                                                                                                                                                                                           O R I G I N A L FA S S U N G E N
                                                                                                                                       am 14. März 1957 festlich eingeweiht
                                                                                                                                                                                           UND SCHMUSESESSEL
                                                                                                                                       wurde. Fast 60 Jahre später existiert das
                                                                                                                                       Kino immer noch, trotz mehrfacher            Alles wurde, in Abstimmung mit der Bau-
                                                                                                                                       Schließungen, langjährigen Leerstandes       behörde und der für den Brandschutz
                                                                                                                                       und der Gefahr des Abrisses (siehe dazu      zuständigen Bauprüfabteilung des Be-
                                                                                                                                       Hamburger Flimmern, Heft 11/2004: „Vom       zirksamts Hamburg-Mitte, von Grund
                                                                                                                                       Premierentempel zum Geisterkino – Die        auf erneuert – von der Klimaanlage, der
                                                                                                                                       wechselhafte Geschichte des Savoy-           elektrischen Verkabelung, dem Sanitär-
                                                                                                                                       Kinos“). Dank der Initiative von Hans-       bereich bis hin zu den Wänden und
                                                                                                                                       Joachim Flebbe wurde es am 19. Juni          Decken im Kinosaal und im Foyer. Um
                                                                                                                                       2013 erneut zum Leben erweckt: „Ein          dies zu ermöglichen, investierte Flebbe
                                                                                                                                       so schönes Kino darf man einfach nicht       mit seiner neu gegründeten „Savoy-Film-
                                                                                                                                       sterben lassen“, sagte Flebbe.               theater-GmbH“ kräftig. Mehr als 1,2 Mil-
                                                                                                                                           Lange Zeit liefen Flebbes Planungen      lionen Euro betrugen die Kosten, von
                                                                                                                                       auf das am 6. Dezember 1956 eröffnete        der Gesellschaft selber finanziert, unter-
                                                                                                                                       und am 2. April 2013 endgültig ge-           stützt mit einem Filmtheaterförderungs-
                                                                                                                                       schlossene Streit’s-Filmtheater als idea-    darlehen der Bundesfilmförderungsan-
                                                                                                                                       len Standort für sein Astor-Film-Lounge      stalt (FFA).
                                                                                                                                       Kinoprojekt in Hamburg hinaus. Liebe-            Da das im Streit’s-Filmtheater viele
                                                                                                                                       voll bis ins Detail gestaltete Pläne einer   Jahre bereits erfolgreich erprobte Kon-
                                                                                                                                       Berliner Innenarchitektin fanden bei         zept mit englischsprachigen Originalfas-
                                                                                                                                       den Hauseigentümern jedoch keinen            sungen im Savoy fortgeführt werden soll,
                                                                                                                                       Anklang.                                     überrascht es nicht, dass nun Ex-Streit’s-
                                                                                                                                                                                    Theaterleiter Gary Rohweder das wie-
                                                                                                                                                                                    dereröffnete Haus leiten wird. Mit ihm
                                                                                                                                             EINE NEUE CHANCE FÜR
                                                                                                                                                                                    wurden erfreulicherweise auch weitere
                                                                                                                                              DAS TRADITONSHAUS
                                                                                                                                                                                    Streit’s-Mitarbeiter übernommen.
                                                                                                                                       Doch es gab eine Alternative: Das alt-           „Der Zuschauerraum dieses Kinos ist
                                                                                                                                       ehrwürdige Savoy-Filmtheater am Stein-       beeindruckend und sicherlich einer der
                                                                                                                                       damm, welches sich in Hamburgs multi-        schönsten noch existierenden Filmthea-
                                                                                                                                       kulturellem Stadtteil St. Georg befindet,    tersäle Hamburgs“, schwärmte Flebbe
                                                                                                                                       der in den letzen Jahren bekanntlich mit     bei der ersten Pressekonferenz am 19.
                                                                                                                                       allerlei sozialen Problemen und auch         Juni. Die neue elegante und bequeme
                                                                                                                                                                                                                                 Anzeigen für Monumentalfilme
                                                                                                                                       einem teilweise baulich wenig attraktiv      dunkelbraune Bestuhlung kommt von            und Musicals, die bevorzugt
                                                                                                                                       gestalteten Umfeld zu kämpfen hatte.         der Firma SKEIE in Sandnes aus Norwe-        in den Anfangsjahren des Savoy

                                   Alles ganz neu                                                                                      „Die Lage des Kinos, so ganz in der Nähe
                                                                                                                                       des Hamburger Hauptbahnhofs, ist
                                                                                                                                                                                    gen. Von den ursprünglich 950 Sitzplät-
                                                                                                                                                                                    zen bleiben noch 284, davon 94 Plätze in
                                                                                                                                                                                                                                 gezeigt wurden

                              Die Wiedereröffnung eines                                                                                sicherlich nicht ideal für ein Luxuskino
                                                                                                                                       der Astor-Film-Lounge-Klasse“, gestand
                                                                                                                                                                                    der so genannten Loge (letzte 4 Reihen
                                                                                                                                                                                    im Kinosaal) und 190 im Parkett (8 Rei-

                               legendären Filmtheaters
                                                                                                                                       Flebbe bei der Wiedereröffnung des Sa-       hen). Auch drei Rollstuhlplätze gibt es.
                                                                                                                                       voy. Gleichzeitig gab er bekannt, dass in    Die Sessel haben natürlich verstellbare
                                                                                                                                       den kommenden Jahren ein Neubau für          Rückenlehnen, bei einigen Sitzen sogar       Neuer Hausherr: Kinokönig
                                                                                                                                       ein Astor-Premium-Kino mit drei Sälen in     bis fast in die Liegeposition mit ausklap-   Hans-Joachim Flebbe
                                                  Von Gerhard Witte                                                                    der Hamburger Hafencity in Planung sei.      penden Fußstützen. Überall besteht gro-
                                                                                                                                           Erfreulicherweise können die Ham-        ße Beinfreiheit. In den letzten Reihen
                                                                                                                                       burger nun wieder Filme auf der großen       hinten, im Logenbereich, gibt es zusätz-
                                                                                                             Foto: Filmmuseumsarchiv

                                                                                                                                       Leinwand in dem legendären Filmthea-         lich Beinhocker und sogar integrierte

                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto: Volker Reißmann
            Deutschlands Kinounternehmer Hans-Joachim Flebbe eröffnete in diesem Sommer das Savoy-
                                                                                                                                       ter am Steindamm genießen. Dafür wur-        Weinkühler. Hier und da sind auch
            Filmtheater erneut – als „Originalfassungs-Premium-Kino“ ganz in der Tradition seines zuvor in                             de über vier Monate renoviert. Unter der     doppelsitzige „Schmusesessel“ eingebaut.
               Berlin, München, Frankfurt am Main und Köln erprobten „Astor-Film-Lounge“- Konzepts.                                    Leitung des CinemaxX-Hausarchitekten         Ein besonderer Clou: Die erste Reihe
                                                                                                                                       Heinz-Jürgen Schuhmacher wurde das           des Kinos hat „Chaiselongue-Charakter“,
Lichtspieltheater-Legenden: SAVOY-Kino wiedereröffnet Hundert Jahre PASSAGE-Kino - Filmmuseums Hamburg
18   KINOGESCHICHTE                                                                                                                                                                                                                                  KOLUMNENTITEL   19

                                                                                                                                                                Anschließend gab es sehr unterhalten-              Links: Der Monumentalfilm
                                                                                                                                                                de Showauftritte der Dresdner Sängerin             Salomon und die Königin
                                                                                                                                                                                                                   von Saba lief Ende 1959
                                                                                                                                                                und Chansonnière Anna Maria Scholz,
                                                                                                                                                                                                                   mehrere Wochen lang
                                                                                                                                                                alias Annamateur, und des Komikers und
                                                                                                                                                                Parodisten Jörg Knör, der erst vor kur-            Rechts: Kinoanzeige für den
                                                                                                                                                                zem nach Hamburg umgezogen ist. Zum                CinemaScope-Film Roter
                                                                                                                                                                Abschluss zeigte man auf der großen                Staub von Irving Rapper, mit
                                                                                                                                                                                                                   dem 1957 das Kino eröffnet
                                                                                                                                                                Leinwand den mit viel Soul-Musik unter-
                                                                                                                                                                                                                   wurde
                                                                                                                                                                legten australischen Spielfilm The Sap-
                                                                                                                                                                phires, der am Folgetag dann in Deutsch-
                                                                                                                                                                land offiziell in den Kinos anlief.
                                                                                                                                                                    Die Neueröffnung des Filmpalasts
                                                                                                                                                                war für Hamburgs Kinolandschaft na-
                                                                                                                                                                türlich ein freudiges Ereignis, besonders
                                                                                                                                                                wenn man bedenkt, dass im Laufe der
                                                                                                                                                                vergangenen Jahre sehr viele Kinos ihre
                                                                                                                                                                Türen für immer schließen mussten.
                                                                                                                                                                Das Hamburger Abendblatt und auch die
                                                                                                                                                                regionalen Fernsehsender NDR und

                                                                                                                                      Foto: Filmmuseumsarchiv
                                                                                                                                                                SAT.1-Norddeutschland berichteten aus-
                                                                                                                                                                führlich darüber. In der Nacht der Eröff-
                                                                                                                                                                nung wurde das Kino zusätzlich durch
                                                                                                                                                                heftige und ungewöhnlich lang andau-
                                                                                                                                                                ernde Gewitter „getauft“ – hoffentlich ein
                                                                                                                                                                gutes Omen für die Zukunft!
                                                                                                                                                                    Wer, wie der Autor, das Glück hatte,
                                                                                                                                                                die Breitfilm-Ära im Savoy miterleben zu
                                                                                                                                                                können, dem waren solche Kinobesuche
eine Bestuhlung, in der man es sich             Service sorgen. Über das Internet kön-         Kopfhörer ansehen konnte. Im Savoy                               ein „Hollywood am Steindamm“. Man
mit ausgestreckten Beinen bequem ma-            nen Eintrittskarten platzgenau reserviert      werden dann Filme in der Originalver-                            darf froh sein, dass Hans-Joachim Flebbe
chen kann. Allerdings soll es typische          oder gekauft werden. Zusätzlich zu den         sion gezeigt, und man wird sie zugleich                          dem altehrwürdigen Haus nun eine Über-
Premium-Kino-Dienste wie Valet Parking,         regulären Vorstellungen sollen einige          über Kopfhörer in der deutschen Syn-                             lebenschance gibt. •
Begrüßungsgetränke und eine direkte             Filme mit deutschen Untertiteln und            chronisation hören können. Doch erst
Platzbedienung im Kinosaal im Savoy             zu Matinee-Vorstellungen am Sonntag            bei steigender Zahl von Kinos, die diese
nicht geben.                                    Filme nur in deutscher Sprache gezeigt         Technik anwenden können, wären die
                                                werden. Theateraufführungen aus dem            Filmverleihe bereit, derartige Festplatten
                                                National Theatre und dem Globe Theatre         (DCPs – Digital Cinema Packages) mit
 M O D E R N S T E V O R F Ü H RT E C H N I K
                                                in London, teils auch als Live-Übertra-        der entsprechenden Software zur Verfü-
Für den Einbau der hochmodernen Pro-            gungen, erfreuen die Filmenthusiasten          gung zu stellen.
jektions-, Ton- und Bühnentechnik in            bereits in einem Klassik-Programm. „Ich
dem Kino war die Firma Cine Project             hoffe auf rund 100.000 filmbegeisterte
                                                                                                STIMMUNGSVOLLE ERÖFFNUNG
GmbH (Zentrale in Landshut/Bayern)              Besucher im Jahr“, sagte Flebbe.
zuständig: Ein Christie (Solaria-Serie)             In naher Zukunft ist eine Zwei-Spra-       Etwa 250 Gäste liefen am 19. Juni 2013
2D- und 3D-Digitalprojektor mit 3-Chip          chen-Version über Kopfhörer per Infrarot-      abends über den roten Teppich und freu-
DLP Cinema Technologie mit 2K-HD                übertragung geplant. Erste Tests liefen        ten sich, das neue Theater einweihen zu
(2048 × 1080 Pixel) Auflösung sorgt für         in der Frankfurter Astor-Film-Lounge er-       können. In der ersten Stunde, ab 19 Uhr,

                                                                                                                                                                                                                                       Foto: Savoy
ein gestochen scharfes brillantes Bild. Er      folgreich, wo man sich den deutschspra-        wurde das Publikum bereits mit Lie-
wiegt 111 kg und ist auf 4K (4096 × 2160        chigen Film Der große Gatsby auch in der       dern der Sängerin Leonore Bartsch mit
Pixel) aufrüstbar. 3D-Filme werden mit          englischsprachigen Originalversion über        Gitarrenbegleitung eingestimmt. Gegen
dem 3D Masterimage System vorgeführt.                                                          20 Uhr hielt Flebbe dann eine kurze
                                                                                                                                                                Blick in den komplett renovierten und neu bestuhlten Zuschauerraum,
Für den gewaltigen einhüllenden Ton                                                            Rede, anschließend wurde eine etwa                               wie er sich seit Juni 2013 den Besuchern präsentiert
sorgt ein 7.1 Sound-System mit CROWN                                                           15-minütige Filmkompilation aufgeführt,
DSi 2000 Verstärkern (Power Amplifier)                                                         die die wechselvolle Geschichte des Kinos
mit 30 000 Watt Verstärkerleistung. Ein                                                        beschrieb. Amüsant waren auch lustige
Wermutstropfen: Analoge Filme können                                                           Filmclips diverser Persönlichkeiten aus
                                                                                                                                                                Die vollständige Fassung dieses Berichts ist auf
hier nicht mehr vorgeführt werden, da                                                          Film, Sport und Politik oder auch ani-                           der Internet-Seite von Thomas Hauerslev für
alle traditionellen Vorführmaschinen be-                                                       mierte Cartoons, die, mit veränderten                            Freunde des Breitfilms www.in70mm.com zu
reits vor längerer Zeit ausgebaut wurden.                                                      Texten synchronisiert, mit Witz und
                                                                                 Foto: Savoy

                                                                                                                                                                finden: http://www.in70mm.com/news/2013/
    Im Foyer des Kinos stehen zwei Kassen                                                      Charme das wiedereröffnete Savoy vor-                            savoy/de/index.htm. Dort ist auch eine Bilder-
zur Verfügung, die für einen schnellen                                                         stellten.                                                        galerie verlinkt.
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                                                                                                                                                Videoarchiv (1980)

                                                                                                                                                                         die Arbeit von Lehrern und Lehrerinnen      filme, Projekte und Themenschwerpunkte
                                                                                                                                                                         im medienpädagogischen Bereich zu           diskutiert und koordiniert werden. Die
                                                                                                                                                                         unterstützen. Projekte in außerschuli-      Organisierung des Archivs und Verleihs,
                                                                                                                                                                         schen Bereichen führten jedoch schnell      Korrespondenz etc. wird vom „mpz-Tages-
                                                                                                                                                                         zur Erweiterung der Konzeption und der      dienst“ erledigt. Zu den Öffnungszeiten
                                                                                                                                                                         Arbeitsfelder des mpz. 1974 wurde ein ge-   können Interessierte mit Fragen und Aus-
40 Jahre Medienpädagogik Zentrum Hamburg                                                                                                                                 meinsamer Werkstattraum im Grindel-         leihwünschen kommen, Filme sichten
                                                                                                                                                                         hof 59c, in unmittelbarer Nähe zur Uni-     und recherchieren. Die praktische Medien-
Ein Streifzug durch die Geschichte                                                                                                                                       versität Hamburg, angemietet, der durch     arbeit erfolgt im Rahmen von Arbeits-
                                                                                                                                                                         Mitgliedsbeiträge bezahlt wurde. Die ers-   gruppen oder Einzelprojekten und wird

                                                                                                                                   Fotos: mpz
Ein Beitrag des mpz                                                                                                                                                      ten eigenen Videogeräte für Aufnahme,       von den Beteiligten selbst organisiert.
                                                                                                                                                                         Schnitt und Verleih wurden angeschafft      		Um Abhängigkeiten zu vermeiden,
                                                                                                                                                                         (die sog. cv- und av-Bänder-Generation)     wird versucht, die Arbeit vorwiegend
                                                                                                                                                                         und aus eigenen Mitteln, durch Kredite      über Spenden, Mitgliedsbeiträge und Ein-
                                                                                                                                                                         und Spenden finanziert. Gleichzeitig ent-   nahmen aus dem Videoverleih/Verkauf
8. Juni 2013: Aus einem Hamburger Hinterhof dringen ungewohnte Töne und Stimmen auf die Susannenstraße und
                                                                                                                                                                         standen die ersten praktischen Videopro-    zu finanzieren, was zunehmend schwerer
lassen Passanten und Bewohner im beliebten und belebten Hamburger Schanzenviertel aufhorchen. Die ungewöhn-                                                              jekte: Schülerwochenschauen („Schüler       wird. Vereinzelt kommen für bestimmte
lichen und schrägen Bläsertöne, die Sambarhythmen, Afro- und Reggaeklänge zeichnen – für Musikkenner sofort                                                              informieren Schüler“), Videowochen-         Geräteanschaffungen und Projekte auch
erkennbar – die Musik von Tuten und Blasen und Toto Lightman & Band aus, die anlässlich des 40-jährigen Jubiläums                                                        schauen zum Hochschulrahmengesetz,          Fördermittel über das Bezirksamt und
des mpz (Medienpädagogik Zentrum Hamburg e.V.) und der Werkstattgemeinschaft „Die Tischler“ aufspielen. Rund                                                             zu den Berufsverboten, mit Lehrlingen       die Kulturbehörde. Die Umstellung der
                                                                                                                                                                         zum Tarifkampf im Öffentlichen Dienst,      Produktionsmittel auf die digitale Video-
150 Gäste sind der Einladung zu einem gemeinsamen Fest gefolgt, tauschen sich über vergangene Zeiten aus,
                                                                                                                                                                         mit Jugendlichen in Jugendzentren, mit      technik gelang mit der finanziellen Un-
informieren sich über gegenwärtige Aktivitäten, in Form von Werkstattführungen, Filmvorführungen, Lesungen und
                                                                                                                                                                         Mieterinitiativen zum Problem Wohn-         terstützung durch die Medienstiftung
persönlichen Gesprächen.                                                                                                                                                 raumzerstörung und Mietwucher, mit          Hamburg. Die weitgehend unabhängige
                                                                                                                                                                         Frauengruppen zum § 218 und mit Anti-       Existenz von staatlichen Geldern und In-
                                                                                                                                                                         AKW-Initiativen gegen den Bau von           stitutionen ist wesentlich den Förderern
                                                                                                                                                                         Atomkraftwerken in Brokdorf und an-         zu verdanken, die das mpz seit vielen
                                           unschätzbares Gedächtnis der sozialen       Gruppen, wurde damals versucht, diese                                             derswo. Über diese praktischen Projekte     Jahren ideell und finanziell unterstützen.
               K urzgefasst
                                           und politischen Bewegungen der letzten      Situation durch selbstorganisierte, hoch-                                         wurden auch Interessierte aus anderen
Das mpz ist ein selbstorganisiertes, un-   40 Jahre.                                   schulübergreifende Projektseminare zu                                             Arbeits- und Berufsfeldern für die Mitar-
                                                                                                                                                                                                                        M edienpolitis c he U topie
abhängiges Medienzentrum, das 1973                                                     ändern, zunächst im Rahmen des Studi-                                             beit im mpz gewonnen.
gegründet wurde und bis heute aktiv                                                    ums, später durch die Schaffung eines ge-                                                                                     Das medientheoretische Selbstverständ-
                                                        RÜCKBLICK
ist. Wir produzieren und verleihen Vi-                                                 meinsamen Arbeitszusammenhangs für                                                                                            nis des mpz knüpft an die Konzeption
                                                                                                                                                                               organisationsform
deofilme, sammeln und veröffentlichen      Die Entstehung des mpz wurde wesent-        praktische Medienarbeit außerhalb der                                                                                         einer eingreifenden und selbsttätigen
Literatur zur Geschichte alternativer      lich beeinflusst durch das Studium an der   Institution Hochschule/Schule.                                                    Das mpz ein eingetragener, gemeinnüt-       Kulturarbeit und Gegenöffentlichkeit
Medienarbeit, organisieren Veranstal-      Hochschule für bildende Künste/HfbK                                                                                           ziger Verein, der sich die Förderung der    an, wie sie von Sergej Tretjakov, Bertolt
tungen, sind Treffpunkt für Gruppen.       und der Universität Hamburg, durch die                                                                                        beruflichen, schulischen und außerschu-     Brecht und Walter Benjamin im Kontext
                                                                                                     AUFBRUCH
Wir versuchen, mit Medien in politische    gemeinsame fachliche und hochschul-                                                                                           lischen Bildung zum Ziel gesetzt hat.       der Arbeiterkulturbewegung der 1920/
und alltägliche Auseinandersetzungen       politische Arbeit. Unzufrieden mit der      1973 wird ein erstes Konzept- und                                                 Die Mitarbeit erfolgt auf ehrenamtlicher    30er Jahre und von Hans Magnus Enzens-
einzugreifen und Öffentlichkeit/Gegen-     traditionellen Kunst- und Pädagogik-        Selbstverständnispapier zur Gründung                                              Basis, als nebenberufliches Engagement,     berger, Oskar Negt und Alexander Kluge
öffentlichkeit herzustellen. Wir unter-    ausbildung, ständig konfrontiert mit der    erarbeitet, das im Laufe der Jahre wei-                                           was den zeitlichen Rahmen der Aktivitä-     in den 1970er Jahren formuliert worden
stützen Initiativen, selbst mit Medien     materiellen und personellen Misere an       terentwickelt wurde. Die anfängliche                                              ten einschränkt.                            war. Kultur sollte nach diesem Verständ-
aktiv zu werden und ihre eigene Kultur-    der Hochschule, unzufrieden mit der         Konzeption bezog sich schwerpunkt-                       Linke Seite: Auf einer
                                                                                                                                                                         		Der regelmäßige Informations- und         nis nicht länger von der Wirklichkeit ab-
und Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln.   Trennung von fachlicher und politischer     mäßig auf die Bereiche Schule und                        Containerbrücke im       Erfahrungsaustausch findet im „Plenum“      gehoben und aus dem Arbeits- und
Wir haben ein großes Videoarchiv – ein     Arbeit in vielen hochschulpolitischen       Hochschule. Sie setzte sich zum Ziel,                    Hamburger Hafen (1988)   statt, wo alle laufenden Arbeiten, Video-   Lebenszusammenhang herausgelöst sein,
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