Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - Jänner2019 Jahrgang71 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
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TJV-SHOP HERRENWESTE WILDES TIROL HERRENJACKE WILDES TIROL Größe: S-3XL | Farbe: Grün Größe: XS-3XL | Farbe: Grün | Material: Loden Material: Loden ➠ 3 Reißverschlusstaschen ➠ Elastik-Loden (1x Brust, 2x Hüften) ➠ schmutz- und wasserabweisend ➠ hoher Kragen gegen Wind ➠ 3 Reißverschlusstaschen ➠ schmutz-, wind- und (1x Brust, 2x Hüften) wasserabweisend ➠ Schulterverstärkung ➠ Pulswärmer ➠ hoher Kragen gegen Wind ➠ Kordelzug im Bund ➠ Front-Zipper mit Zippergarage ➠ Schulter- und ➠ Nierenschutz aus Steppfutter Ellenbogenverstärkung ➠ TJV-Logo rechte Brustseite, ➠ Belüftungssystem Wildes Tirol-Logo auf oberer unter den Armen Rückenhälfte ➠ TJV- und Wildes Tirol-Logo an den Ärmeln € 124,- inkl. USt. € 179,- inkl. USt. DAMENJACKE WILDES TIROL DAMENWESTE WILDES TIROL Größe: XS-2XL | Farbe: Grün Größe: XS-L | Farbe: Grün | Material: Loden Material: Loden ➠ Elastik-Loden ➠ 3 Reißverschlusstaschen ➠ schmutz- und wasserabweisend (1x Brust, 2x Hüften) ➠ 3 Reißverschlusstaschen ➠ hoher Kragen (1x Brust, 2x Hüften) gegen Wind ➠ Schulterverstärkung ➠ schmutz-, wind- und ➠ hoher Kragen gegen Wind wasserabweisend ➠ Front-Zipper mit ➠ taillierte Schnittführung Zippergarage ➠ Kordelzug im Bund ➠ Nierenschutz aus Steppfutter ➠ Schulterverstärkung ➠ TJV-Logo rechte Brustseite, ➠ Mit TJV- und Wildes Wildes Tirol-Logo auf oberer Tirol-Logo an den Ärmeln Rückenhälfte € 159,- inkl. USt. € 115,- inkl. USt. DAMEN UND HERREN FUNKTIONSPOLO Größe: Damen: S-XL | Herren: S-3XL Farbe: Grün Auswählbar zwischen 2 Logos: TJV oder Wildes Tirol ➠ hochwertiges Funktions-Poloshirt mit super angenehmem Tragekomfort ➠ 100 % Polyester € 21,90 ➠ feuchtigkeitstransportierende Eigenschaften ➠ 3er-Knopfleiste mit Kragen, Doppelnaht am Bund ➠ kein Bügeln nötig inkl. USt. ➠ trocknet schnell Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel. 0512-571093, E-Mail: info@tjv.at
ZUM GELEIT Miteinander anstatt jeder für sich! D as neue Jahr ist für uns auch eine Zeit, um auf das abgelaufene Jahr zurückzubli- cken. Dabei kann für uns hier in Tirol festgestellt werden, dass der Tiroler Jäger- verband und die Jagd in Tirol in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Wir gehören zum Land und werden auch von den maßgeblichen Entscheidungsträgern ernstgenommen und unsere Anregungen, Wünsche oder Expertise sind gefragt. Das war nicht immer so, aber die konsistente und sachliche Arbeit aller Beteiligten hat letztlich zu einer Situation geführt, die grundsätzlich sehr in Ordnung ist. Man hört uns im Landhaus – zumindest in den für uns relevanten Abteilungen. Man hört uns aber auch bei den Bezirksverwaltungsbehörden – zumindest meistens! Einzelne Aus- reißer dürfen nicht das Gesamtbild zerstören! Leider werden wir Jägerinnen und Jäger aber immer noch zu wenig von „unseren“ Bundesforsten gehört, auch wenn das Gesprächsklima ein gutes ist. Die gängige Pra- xis von Fütterungsauflösungen, Einzelabschüssen, Abschussverträgen, Schusszeitver- längerungen und klassenlosen Abschüssen sind für ein gedeihliches Klima nicht sehr förderlich. Unsere Forderung bleibt daher: etwas weniger Zahlen und Theorie und dafür etwas mehr Verständnis für unser Wild! Leider auch noch immer nicht umge- setzt wurde eine vernünftige Regelung, wenn es um Aufforstungen geht. Es ist schlicht unlogisch, zwar die Aufforstung zu fördern, den Wildschutz aber der Jagd aufs virtu- elle Auge zu drücken. Wir – die Tiroler JägerInnenschaft – haben viel erreicht, aber auch viele Herausforde- rungen ins Haus stehen. So hoffen wir, dass die Perle des Weidwerkes, die Landesjagd im Pitztal, weiter in Landeshand bleibt und damit der Leuchtturm im Alpenraum, wenn es um nachhaltiges Weidwerken geht, eine Zukunft hat. Unser Dank gilt auch all jenen, die zur Verabschiedung eines modernen Waffengesetzes im Wiener Natio- nalrat beigetragen haben – im Besonderen dem Landesjägermeister von Niederöster- reich, Herrn DI Josef Pröll, und unserem NR Franz Hörl. Ein maßgebliches Ziel ist auch die Umsetzung einer modernen Einrichtung, die der Jagd und der Naturnutzung als Schulungs- und Erfahrungsraum dienen soll. Unser Vorbild ist dabei die von der Jägerschaft im Burgenland seit Jahren erfolgreich be- triebene „Werkstatt Natur“. Dabei hoffen wir auf die Unterstützung der öffentlichen Hand und im Besonderen auf die Landesregierung und sind überzeugt, ein besonders attraktives Angebot für alle Interessengruppen und Altersgruppen realisieren zu kön- nen. Es gibt viel zu tun – und wir werden es anpacken! Weidmannsheil! Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Kirchmair (1) JAGD JAGD IN TIROL IN TIROL 07-08 01 | 2019 2018 3
22 Überwinterung: In der Ruhe liegt die Kraft! 30 Eibe: Von Amsel bis Wacholderdrossel – Eiben als Nahrungsquelle Rebhühner: Das Rebhuhn im Winter 12 ■ WILD & ÖKOLOGIE 40 Jägerwissen auf dem Prüfstand: Testen Sie Ihr Wissen 12 Rebhühner: Das Rebhuhn im Winter 20 Wildtierkrankheiten: Staupe bei 3 ZUM GELEIT wildlebenden Fleischfressern 22 Überwinterung: In der Ruhe liegt die Kraft! ■ JAGD & RECHT 6 FOTO DES MONATS Winterliche Anpassungsstrategien 42 Fuchsluder: Ankirrung am Luderplatz – 8 FOTO DES JAHRES 2018 Was ist erlaubt? ■ WALD & LEBENSRAUM 27 Pflanzenserie: Weißbeerige Mistel ■ JAGD & GESCHICHTE ■ FORSCHUNG & PRAXIS (Viscum album L.) 44 Kunst: Maximilian I. 30 Eibe: Von Amsel bis Wacholderdrossel – 10 Tirol setzt seit zehn Jahren auf Eiben als Nahrungsquelle Wildwarngeräte ■ INFO & SERVICE 10 Alarmierender Rückgang im Tierreich 11 Virus tötet Massen von Bachforellen ■ JÄGER & REVIER 46 Mitteilungen der Geschäftsstelle 11 Reviere: Hirsch von landwirtschaftlichem 49 Jubilare im Jänner 2019 Zaun befreit 34 Leseprobe: Die Pirsch im Schneehemd 50 Mitteilungen des Dachverbandes 4 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: serkan mutan/shutterstock (1), Kirchmair (1), Poly Liss/shutterstock (1)
INHALT WILD| IMPRESSUM & ÖKOLOGIE 60 Jagdhunde: Vereine 34 Leseprobe: Die Pirsch im Schneehemd 42 Fuchsluder: Ankirrung am Luderplatz – Was ist erlaubt? IMPRESSUM Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) 51 Aus- und Weiterbildung Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 52 TJV-Akademie Hersteller und Anzeigenverwaltung: 55 Aus den Bezirken Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6 57 Veranstaltungen Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111 57 Jägerinnen Jänner 2019 • Jahrgang 71 www.tjv.at Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com 58 Jäger in der Schule Redaktion: 59 Kulinarium: Hirschnuss mit Quitten, TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, Polenta, Holundersauce und Kohlsprossen Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), Bezirksblätter Tirol Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder ■ JAGDHUNDE „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- 60 Vereine bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet ■ HUMORVOLLES des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist 62 Klavinius der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 63 JAGDMARKT-ANZEIGEN von Mag. Christian Messner dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Chase Dekker/shutterstock (1), Zauser (1), Klub Tirolerbracke (1) JAGD JAGD IN TIROL IN TIROL 07-08 01 | 2019 2018 5
Durch das Leben gezeichnet Das Gamswild ist in besonderem Maße an das Überleben in der rauen Bergwelt angepasst. Durch ihre speziellen Schalen haben sie einen extrem sicheren Tritt am Fels. Aber auch hier passiert ab und zu ein Fehltritt auf rutschigem Untergrund und es kommt zum Sturz. Zum Glück endet nicht jeder Sturz am Berg tödlich, sondern macht die einzelne Gams durch die zurückblei- benden „Narben“ für uns unverkennbar. Das Foto des Monats wurde von Klaus Huemer aus Schwaz aufgenommen. 6 JAGD IN TIROL 01 | 2019
JÄNNER 2019 FOTO WILDDES & ÖKOLOGIE MONATS Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „JAGD IN TIROL“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) zu senden. Die Aufnahme sollte ein inte- ressantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revierbetreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wären wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffent- lichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JAGD IN TIROL, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Victorinox HUNTER Taschenmesser mit TJV-Logo. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte un- eingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbesondere bei der Dar- stellung von Personen versichern die Teil- nehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu ver- öffentlichen. 10 JAGD IN TIROL 01 | 2019 7
WILD & ÖKOLOGIE HASELWILD sucht das Foto des Jahres IHRE CHANCE AUF TOLLE PREISE! „Das Foto des Monats“ ist aus unserem Mitgliedermagazin nicht mehr wegzudenken. An dieser Stelle bedanken wir uns bei allen, die uns ihre Fotos zur Verfügung stellen, und geben einen Rückblick auf das „Best-of“ des Jahres 2018. WÄHLEN SIE IHR LIEBLINGSBILD! Unter allen, die an der Wahl zum besten Foto des Jahres 2018 teilnehmen, werden hochwertige Preise verlost. Auf www.tjv.at finden Sie die Foto-Galerie und können dort Ihrem Favoriten Ihre Stimme geben. Teilnahmeschluss: 15. Jänner 2019 GEWINNSPIELBEDINGUNGEN: Mit der Teilnahme am Gewinnspiel akzeptieren Sie auch die Gewinnspielbedingungen – es können lediglich Mitglieder des Tiroler Jägerverbandes teilnehmen. Eine Teilnahme am Gewinnspiel ist nur auf www.tjv.at möglich. Die Sieger werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgelost. Die Preise können nicht in bar abgelöst werden. JÄNNER: STEFAN FIEGL MÄRZ: TOBIAS GRÖFLER FEBRUAR: SANDRO DEUTSCHMANN APRIL: OTTO WECHNER 8 JAGD IN TIROL 01 07-08 | 2019 | 2018 Foto: XXXX
HASELWILD 2015 FOTO WILD DES & ÖKOLOGIE JAHRES MAI: KATHARINA HETZENAUER OKTOBER: KURT SCHÖNAUER JUNI: HERBERT HAMMERL NOVEMBER: HOLGER MARGREITER JULI/AUGUST: EICK RÖSCH DEZEMBER: MICHAEL KNITTL SEPTEMBER: OTTO WECHNER DAS KÖNNTE IHR PREIS SEIN : R SERKRUG 1,2 LITE HAUPTPREIS: „GRÜNER HIRSCH“ WAS (GMUNDNER KERAMIK) 2. PREIS: Fotoband „Bären – Heimliche Sohlengänger“ 3. PREIS: Zirm Drops 1Liter Foto: XXXX JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 9
FORSCHUNG & PRAXIS AKTUELLES Tirol setzt seit zehn Jahren auf Wildwarngeräte S eit dem Jahr 2008 setzt das Land Tirol in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Jägerverband zur Vermeidung von Wildun- fällen auf optische und akustische Wild- warngeräte. Im Frühjahr und im Spätherbst passieren auf Tirols Straßen die meisten Wildunfälle. „Wir haben in den vergange- nen zehn Jahren zum Schutz von Mensch und Tier in Summe über 20.000 Wildwarn- geräte auf den Landesstraßen B und L mon- tiert und rund eine dreiviertel Million Euro investiert. Die Zahl der Wildunfälle kann durch den Einsatz von Reflektoren und akustischen Geräten um bis zu 60 Prozent reduziert werden“, berichtet LH-Stv. Josef Geisler. 17.350 optische Wildwarnreflektoren und über 3.650 akustische Wildwarngeräte sor- gen in Tirol für mehr Sicherheit. Erhöhte Achtsamkeit ist in Gebieten mit Wildwech- Straßenmeister Werner Wildauer (BBA Innsbruck), Bernd Stigger (Leiter SG Straßenerhaltung), LH-Stv. Josef Geisler sel aber auch dann angebracht, wenn Wild- und LJM Anton Larcher mit dem akustischen (linker Pflock) und optischen (rechter Pflock) Wildwarngerät. (v.l.) warngeräte installiert sind. Diese wirken nicht bei Tageslicht oder wenn das Wild in Tier. Pro Jahr passieren in Tirol etwa 1.600 1.300 Wildwarnreflektoren und 340 aku- Panik ist. Ein Problem stellen auch zu ho- Wildunfälle. Im vergangenen Jahr wurden stische Wildwarngeräte installiert. Für die he Geschwindigkeiten dar. Der Reflektor dabei 19 Personen verletzt. Das Land Tirol Aufstellung und – besonders wichtig – die reagiert auf das Scheinwerferlicht erst bei und der Tiroler Jägerverband investieren laufende Kontrolle und regelmäßige War- einem relativ geringen Abstand. Je höher jährlich 75.000 Euro in die Ausstattung von tung zeichnet der Landesstraßendienst ver- die Fahrgeschwindigkeit, desto geringer ist Gefahrenstellen mit Wildwarngeräten. 2018 antwortlich. ❙ demnach die Reaktionszeit für Mensch und wurden von der Landesstraßenverwaltung TJV Alarmierender Rückgang im Tierreich Ö sterreich hat in den vergangenen 30 Jahren rund 70 % seiner Wirbeltier- bestände eingebüßt. Über dieses Ergebnis auch das Anpassungsvermögen des Waldes überfordert. Borkenkäferepidemien und das Eschentriebsterben seien zum Beispiel einer noch unveröffentlichten Studie be- Folgen davon. richtete der Biologe Nikolaus Szucsich. Mit Vor allem Vögel, Fische, Amphibien und In- „DNA-Strichcodes“ will man die Artenver- sekten sind vom Artenschwund betroffen. breitung nun erfassen, um diesem katastro- Dieser Rückgang ist umso alarmierender, phalen Trend entgegenzuwirken. da er schleichend erfolgt und kleine Tier- Wenn der Mensch seinen Einfluss auf die arten schlechter erfasst sind als große. Aber Biosphäre nicht reduziert, müsse er mit auch fragile und von sehr spezialisierten einem katastrophalen Zusammenbruch Tieren und Pflanzen bewohnte Lebensräu- rechnen, so der Wissenschaftler. Langfristig me sind besonders bedroht – wie jener der könne solch ein unausgewogenes System Alpen. Um dieser Entwicklung entgegenzu- mit derartigen Verlusten nicht existieren. wirken, ist es wichtig, die Lebensraumzer- Bei den Insekten hängt die Bestäubungs- störung, übermäßige Verbauung und den intensität zum Beispiel mit der Populati- Einsatz giftiger Pestizide zu stoppen. ❙ onsgröße zusammen. Wenn drei Viertel APA / TJV dieser Tiere verschwinden, werden umso weniger Blüten befruchtet. Durch die Ver- Der Artenschwund hat weitreichende Folgen. schleppung von Schädlingen und Krank- Der Rückgang von Bestäubern wirkt sich beispiels- heiten sowie den Klimawandel wird etwa weise direkt auf die Anzahl befruchteter Blüten aus. 10 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: Land Tirol (1), Lettl (1)
AKTUELLES | REVIERE FORSCHUNG & PRAXIS Virus tötet Massen von Bachforellen J edes Jahr im Sommer werden immer in den gleichen Fluss- und Bachab- schnitten massenhaft tote Bachforellen (Salmo trutta fario) gefunden. Alle Forel- len zeigten die gleichen Symptome. Die Haut der befallenen Tiere verfärbt sich zuerst dunkel und kurz darauf sterben sie. Betroffen sind jeweils beinahe 100 % des Besatzes. Warum es in diesen Gewässern der Voralpengebiete Österreichs, Süd- deutschlands und der Schweiz zu diesem Massensterben kommt, war bis jetzt ein großes Rätsel. Ein Team um den Zoologen Ralph Kühn der Technischen Universität München (TUM) hat nun in zehnjähriger „Detek- tivarbeit“ das große Rätsel gelöst. Ein unbekanntes Virus konnte als Verursa- cher identifiziert werden. Wobei am An- Bachforellen leben in kühlen, sauerstoffreichen Bächen mit einem sandigen, kiesigen und steinigen Untergrund. fang spekuliert wurde, ob es sich um ein In manchen Gebieten werden sie durch die aus Amerika eingeführte Regenbogenforelle vertrieben. Bakterium, einen Parasiten, Virus oder doch ein Umweltgift handelt. Um dies die diversen Untersuchungen entnommen. er durch den globalen Handel verbreitet herauszufinden, wurden im Allgäu an der Damit war es möglich, den verantwort- wurde. Denn auch in Südamerika, Kanada Iller, ein Nebenfluss der Donau, zwei Ver- lichen Virus zu finden und sein Genom und Norwegen wurden fast zeitgleich ähn- suchsstationen aufgebaut. Die Aquarien zu entschlüsseln. Die Krankheit wurde liche Viren bei anderen Salmonidenarten der Station wurden mit Flusswasser ge- nach dem auffälligsten Symptom benannt festgestellt. Über den weltweiten Transport speist, um dadurch naturnahe Verhältnisse und erhielt die Bezeichnung „Proliferative der als Speisefisch beliebten Lachse und zu schaffen. Die Fische in diesen Aquarien Darkening Syndrom“, kurz PDS. Woher dessen Auswirkung sollte man sich in Zu- wurden von Mai bis September beobach- der Krankheitserreger kommt, ist bisher kunft mehr Gedanken machen. ❙ tet und täglich wurden Gewebeproben für noch unklar. Vermutet wird jedoch, dass TJV Hirsch von landwirtschaftlichem Zaun befreit I mmer wieder verfangen sich Wildtiere in landwirtschaftlichen Zäu- nen. Meist dann, wenn die Nutztiere nicht mehr auf den Weideflä- chen sind und durch die Zäune kein Strom mehr fließt. Die Wildtiere verhängen sich mit ihren Gliedmaßen oder Geweihen und nehmen sogar den ganzen oder einen Teil des Zaunes mit. Dies wurde einem Hirsch in Reutte im Herbst beinahe zum tödlichen Verhängnis. Er wi- ckelte sich bei seinen Streifzügen einen Teil eines Elektrozaunes um Haupt und Geweih bzw. zog er ein langes Stück davon sogar hinter sich her. Um dem Hirsch unnötiges Leid zu ersparen, wurde er von einem Tierarzt narkotisiert, um ihn aus seiner misslichen Lage befrei- en zu können. Der Zaun hatte sich sieben Mal um den Träger gewi- ckelt und schnürte dem Hirsch die Atemwege immer mehr ab. Nach seiner Befreiung konnte er sich in der Zwischenzeit jedoch bestens erholen. Der Jägerschaft sowie dem Tiroler Jägerverband ist es ein großes An- liegen, dass nicht mehr benötigte Zäune abgebaut werden, um solche Zwischenfälle zu vermeiden und die Wildtiere vor einem qualvollen Tod zu bewahren. ❙ TJV Fotos: scubaluna/shutterstock (1), Privat (1) JAGD IN TIROL 01 | 2019 11
WILD & ÖKOLOGIE REBHÜHNER Das Rebhuhn im Winter Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es zu katastrophalen Populationseinbrüchen beim Rebhuhn durch ungünstige Witterung kommen kann. Ein ungefähres Abbild der Populationsdynamik beim Rebhuhn bot in der Vergangenheit die Streckenstatistik. Jedoch muss bei der Interpretation berücksichtigt werden, dass verschiedene Faktoren, die unter Umständen völlig von der Populationsdynamik des Rebhuhns unabhängig sind, die jährliche Jagdstrecke beeinflussen – beispielsweise jagdgesetzliche Veränderungen, jagdpolitische/wildökologische Empfehlungen, Witterung in der Jagdzeit und der damit einhergehende Jagderfolg, Jagdbräuche und damit die Bejagungsintensität. Autor: Dr. Jörg E. Tillmann 12 JAGD IN TIROL 01 | 2019
REBHÜHNER WILD & ÖKOLOGIE S o können Streckeneinbrüche zum einen das Resultat verringerter Po- pulationsdichten, zum anderen aber auch das Resultat verringerter Bejagungs- intensität sein. Dabei ist zu bedenken, dass die Bejagungsintensität im Idealfall ein Ab- bild der Bejagbarkeit der Population ist und somit auch den Populationsstatus ausrei- chend indiziert. Sind diese Punkte bekannt und werden sie berücksichtigt, so können die Jagdstrecken der Vergangenheit brauch- bare Hinweise zum Populationsgeschehen des Rebhuhns liefern. Witterungsbedingte Populationseinbrüche Am Beispiel Deutschlands soll im Fol- genden ein Einblick in das Populationsge- schehen des Rebhuhns in der Vergangen- heit gegeben werden. Die Entwicklung in reichen Winters 1962 ausgesprochen, ckung, eine hohe Schneetiefe und sehr Deutschland ist im Großen und Ganzen der im selben Jahr schon zur Halbierung lange Frostphasen gekennzeichnet. Di- repräsentativ für das Populationsgesche- der Strecke im Vergleich zu 1961 führte. es führte zu einer starken Dezimierung hen auch in Österreich – ja in ganz Mit- Im Jahr 1964 lag die Strecke wieder bei der Rebhuhnpopulation. Hinzu kommt, teleuropa. 308.719 erlegten Rebhühnern. Dies zeigt dass von 1978 bis 1981 in der Brut- und Wie der Grafik zu entnehmen ist, ist die das enorme Reproduktionspotential des Kükenaufzuchtszeit eine ungünstige Wit- Rebhuhnstrecke in Deutschland im Laufe Rebhuhns bei entsprechender Lebens- terung herrschte, die den Reprodukti- der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts raumqualität. Dabei sind neben der bes- onserfolg stark einschränkte. Die Strecke bis heute extrem zurückgegangen – näm- seren Lebensraumqualität auch der zu brach danach stark ein und pendelte über lich von 590.136 erlegten Rebhühnern im jener Zeit herrschende wesentlich gerin- viele Jahre um ein Niveau von nur noch Jahr 1959 auf 2.229 im Jagdjahr 2016/2017. gere Prädationsdruck, die geringere Stö- ca. 30.000 erlegten Rebhühnern pro Jahr. Dies entspricht einem Rückgang von in- rungsbelastung und der geringere Zer- Im Gegensatz zu dem Streckeneinbruch zwischen nahezu 100 % bei fast flächende- schneidungsgrad der Landschaft durch im Jahr 1963 fiel dieser, primär durch ckend nicht mehr gegebener Bejagbarkeit. lineare Verkehrsinfrastruktur als positiv ungünstige Witterung über mehrere Jah- Auffallend sind dabei zwei Einbrüche der für die Lebensraumqualität zu nennen. re bedingte, katastrophale Einbruch mit Strecke, die primär witterungsbedingt sind: überproportionalen Veränderungen in 2. Wesentlich gravierender ist jedoch der der Landwirtschaft und Landeskultur 1. Im Jahr 1963 wurden nur noch 109.358 Einbruch der Strecke im Jahr 1979 auf- und steigenden Prädatorendichten zu- Rebhühner erlegt. Die Erklärung dafür grund der Tatsache, dass die Rebhuhn- sammen. Kurzfristige Bestandseinbrüche ist ein freiwilliger Jagdverzicht, der bun- strecken danach nie wieder das ho- bedingt durch z. B. schneereiche desweiten Empfehlung des Deutschen he Niveau der Vorjahre erreich- Winter oder ungünstige Witte- Jagdschutzverbandes nachkommend. ten. Der Winter 1978/79 war rung während der Reproduk- Die Intervention der Jagdpolitik hatte äußerst streng und durch tionsphase konnten die Reb- also direkt Wirkung gezeigt und konn- eine lange Schneebede- hühner in der Vergangen- te in dem Fall somit als effizientes Re- heit bei entsprechender gelinstrument im jagdlichen Umgang Umweltkapazität mit mit dem Rebhuhn bezeichnet werden. ihrer potenziell hohen Diese Empfehlung wurde im Nach- Reproduktionsrate gang des strengen und schnee- schnell wieder aus- gleichen. Foto: David Dohnal/shutterstock (1); Grafik: Tillmann (1) JAGD IN TIROL 01 | 2019 13
WILD & ÖKOLOGIE REBHÜHNER eine ausgeprägte Standorttreue aus. Die Mo- bilität des Rebhuhns als ausgesprochener Bodenvogel ist vergleichsweise gering. Im Durchschnitt fliegt es weniger als 60 Sekun- den pro Tag. Jeder Flug ist eine energetische Investition, die das Rebhuhn einzusparen versucht. Dazu kommt die ausgeprägte Tra- dition beim Rebhuhn. Hält man sich aber vor Augen, dass das Rebhuhnpaar mit sei- nen Nachkommen von Anfang Juni nicht selten bis Anfang März, d. h. knapp 10 Mo- nate lang, als Kette im engen sozialen Ver- band lebt, so ist es leicht vorstellbar, dass die Erfahrungen der Altvögel an die Jungvögel weitergegeben werden. Die Führung der Kette, d. h. die Auswahl des Äsungs-, De- ckungs- und Schlafplatzes, wird ausschließ- Generell sind die Hühnervögel jedoch an lich von den Altvögeln übernommen und ein Überleben in der Kälte angepasst und prägt den Nachwuchs auf ihr winterliches haben Strategien entwickelt, um auch in Streifgebiet von 10 bis 20 ha. Ihr räumlich der kalten Jahreszeit zu überdauern. optimiertes Verhalten wird von Generation zu Generation weitergegeben und ergänzt. So können nach fatalen Wintern Bestands- Damit entsteht eine Verbundenheit mit der Hohe Reproduktionsraten als einbrüche durch wenige verbliebene Tiere Heimat – dem Raum, in dem das Rebhuhn Anpassung an harsche Winter wieder ausgeglichen und Individuen für aufwuchs, sich auskennt und zu überleben Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre reichte die Wiederbesiedlung temporär verwaister lernte. Insbesondere Nahrungsknappheit das hohe Reproduktionspotential des Reb- Landstriche „nachgeschoben“ werden, was und häufige Störung kann es dann aber huhns allerdings nicht mehr aus, um die dann letztlich das langfristige Überleben doch veranlassen, den angestammten Raum intensiv genutzte Agrarlandschaft in den der Population garantiert. zu verlassen. ehemals hohen Dichten wieder zu besie- deln, da diese schlichtweg keine Kapazität als Grundlage für hohe Dichten mehr hatte. Ein Huhn mit ausgeprägter Rebhuhnhege – früher oft In historischer Literatur ist für verschie- Standorttreue in düsteren, stillen Kammern dene Länder Europas mehr oder minder Jedoch kann die Wiederbesiedlung nach Po- Der daraus resultierende langsame Wie- regelmäßiges und flächenhaftes Ausster- pulationszusammenbrüchen durch extreme derbesiedlungsprozess war schon in ben von Rebhühnern in harten Wintern Winter lange dauern und findet schon gar Zeiten, in denen kalte, schneereiche Win- beschrieben worden. Letztlich ist auch die nicht von einem Jahr auf das andere statt. natürliche Verbreitung des Rebhuhns durch Das Rebhuhn zeichnet sich nämlich durch die Härte der Winter bedingt. Die evolutive Rebhühner sind äußerst standort- Prägung, d. h. die Ausprägung seiner öko- treu, ihre Ortskenntnis sichert ihnen im Winter das Überleben. logischen Ansprüche, hat das Rebhuhn in Dieses Wissen wird von Generation offenen Steppenlandschaften erfahren. Die zu Generation weitergegeben. Landschaften Mitteleuropas hat das Reb- huhn dann quasi als Ersatzlebensraum er- schlossen, nachdem der Mensch seit dem Neolithikum den Wald zusehends öffnete und großflächige – steppenartige – Agrar- landschaften entstanden, wobei es hier in der Vergangenheit teilweise höhere Dichten als in seinen ursprünglichen, steppenar- tigen Lebensräumen erreichen konnte. In dem kontinentalen Klima der Steppen waren die Winter meistens sehr kalt und lang, was dazu führte, dass das Rebhuhn grundsätzlich an die kalten Temperaturen gut angepasst ist. Nicht zuletzt die hohe Re- produktionsrate – mit im Durchschnitt 15 Eiern pro Gelege eine der höchsten unter den Vögeln – ist eine Anpassung an diese winterlich unwirtliche, harsche Umwelt: 14 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: serkan mutan/shutterstock (1), Romuald Cisakowski/shutterstock (1), N-sky/shutterstock (1)
REBHÜHNER WILD & ÖKOLOGIE Die Führung der Kette ist ausschließlich den Altvö- geln vorbehalten. Sie entscheiden über die Aus- wahl des Äsungs-, Deckungs- oder Schlafplatzes. wieder eine bejagbare Population liefer- te. „Rebhuhnfreie“ Phasen, die sich sonst zwangsläufig bis zur allmählichen Wieder- besiedlung ergeben hätten, wurden so ver- mieden. Nicht nur auf diese Weise wurde die Rebhuhnpopulation aktiv bewirtschaf- tet – vornehmlich wenn keine Rebhühner gefangen und überwintert wurden, ver- suchte man sie in der Feldmark durch an- gemessene Fütterung im Revier zu halten und ihr Überleben zu sichern. Auf Tauchgang im Pulverschnee Was die Nahrung angeht, ist auch eine ter eher die Regel denn die Ausnahme die diesjährigen Rebhühner in die Küche Schneedecke kein Problem für das Reb- waren, bekannt. Naumann beschreibt geliefert und die Altvögel aufgrund ihrer huhn, solange sie nicht verharscht oder 1833, dass das Rebhuhn in den meisten Erfahrung, ihres Aufzuchterfolges und der zu tief ist. Dann kommt es nämlich nicht deutschen Ländern der Hauptgegenstand schlechteren Verwertbarkeit in der Küche mehr an die Grünnahrung und Samen- der Niederwildjagden war und der Ertrag entweder wieder in die Freiheit entlassen, körner heran, die es im Winter benötigt. der Rebhühner den Wert des Feldreviers um einen Grundstock zu erhalten, oder Stehen Getreidekörner zur Verfügung, maßgeblich bestimmte. In jener Zeit und aber in Gefangenschaft überwintert, um nehmen sie pro Wintertag nach Wester- insbesondere noch früher war es gän- nach dem Aussterben im extremen Win- kov (1965) beispielsweise 50 bis 75 g die- gige Praxis, Rebhühner auf die verschie- ter wieder Rebhühner für den Besatz des ser zu sich. Bei pulveriger Konsistenz des densten Weisen zu fangen – nicht zuletzt, Reviers im Frühjahr vorzuhalten. In der Schnees tauchen die Rebhühner buchstäb- da das Flintenschießen erst aufkam und einschlägigen Literatur jener Zeit wird de- lich wie Delphine in den Schnee ein und der Fang auch die günstigere und effizi- tailliert geschildert, wie die Rebhühner in arbeiten sich dann scharrend weiter durch entere „Erntemethode“ war. Mit dem Fang „düsterer, stiller Kammer“ erfolgreich zu den Schnee, wobei Gänge entstehen, in in verschiedenen, meist reusenartigen überwintern sind. Es wurde im Frühjahr denen sie sich stets vorwärtsbewegen und Netzsystemen wurde oft die komplette nach einem langen, kalten Winter quasi niemals rückwärts. Auf diese Weise gelan- Rebhuhnkette „eingesackt“. Nun wurden ein neuer Besatz gesät, der im Herbst dann gen sie z. B. an den im Winter bevorzugten mit Zfr. Zeiss V4 N E U 3 –12 x 56, LA Sattelmontage Ring (montiert + eingeschossen) mit Zfr. Zeiss Victory HT 4.100,– € 3 –12 x 56, Abs. 60 oder 2,5 –10 x 50, Abs. 60 Blaser R8 Aktionspreis* (montiert + eingeschossen) *alle Varianten ab Lager erhältlich solange Vorrat reicht 5.100,– € Professional Success Aktionspreis* Verkauf nur an Erwerbsberechtigte NEU Repetierbüchse Standardkaliber g Bekleidun 2 auf 450 m Büchsenmachermeisterwerkstatt mit hauseigenem 100 m-Schießstand im EG JAKELE Jagd + Natur GmbH & Co. KG · Am Werkhaus 8 · D-87480 Weitnau-Hofen · www.jakele.de · Tel. +49 (0) 83 75 / 20 60 200
WILD & ÖKOLOGIE REBHÜHNER 1 2 3 Die Fotoserie dokumentiert das delphinartige Eintauchen der Rebhühner in den Schnee bis zum völligen „Verschwinden“. 4 5 Raps. Weitere Vorteile des „Abtauchens“ in schein, dass sie durch eine Sturzlandung mit noch das, was aus der Schneedecke heraus- den Schnee bei entsprechender Konsistenz entsprechender kinetischer Energie mög- ragt. Häufig sind Hasen dann die Vorhut, und Tiefe sind das Einsparen von Energie lichst tief in den Schnee eindringen wollen, die noch scharrend in der Lage sind, sich in den vergleichsweise warmen, windge- um der Nahrung näher zu kommen oder um zu der Grünäsung durchzuarbeiten. Als schützten Vertiefungen oder Gängen und sich dem Blick der Fressfeinde zu entziehen. Nachnutzer finden sich dann Rebhühner die Deckung vor den Fressfeinden, denen an solchen freigelegten Stellen ein, um die sie sich wie auf dem Teller präsentieren, lau- „Reste“ aufzunehmen. Auch bilden einzel- fen sie auf der geschlossenen Schneedecke. Auf Kuschelkurs in ne aus dem Schnee ragende Ackerschollen Wechseln sie den Standort, so hat es den An- der kalten Jahreszeit dann eine der letzten Anlaufstationen, die Ist der Schnee zu tief, verharscht oder ver- potentiell Nahrung liefern. Um Energie zu eist, bleibt an Grün- und Körneräsung nur sparen, nutzen sie jede Ruhepause, um eng Jede Ruhephase wird genutzt, um durch den Kuscheleffekt Energie zu sparen, indem die exponierte Körperoberfläche reduziert wird. 16 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: serkan mutan/shutterstock (1), Tillmann (5)
REBHÜHNER WILD & ÖKOLOGIE Randstrukturen sind im Winter be- sonders wichtig, da die Rebhühner hier Nahrung und Deckung zugleich vorfinden. Auch spielt der Wind- schutz für den Wärmehaushalt keine unbedeutende Rolle. zueinander zu finden und die individuell exponierte Körperoberfläche zu reduzie- Randlinien sind ren. Auch nachts schmiegen sie sich in beliebte Anlaufstellen hat es Rebhühner in kalten Wintern häufig kalten Nächten eng aneinander, um sich Bei geschlossener Schneedecke spielen in Dorfnähe oder sogar in die Bauerngär- gegenseitig zu wärmen. Das Leben in der jetzt Randstrukturen wie Altgrasstreifen ten oder Obsthöfe gezogen. Hier finden sie kleinen Gruppe hat zusätzlich den Vorteil, oder Hecken eine ungleich höhere Rol- immer noch etwas zu fressen, sei es Grün- dass für die rechtzeitige Feinderkennung le als sonst. Hier finden sie sich tagsüber kohl in den Gemüsegärten oder rund um viele Augen zur Verfügung stehen. Bei an- ein, da noch Hagebutten zur Verfügung die landwirtschaftlichen Betriebe Getreide deren in Gruppen lebenden Tieren konn- stehen oder Grashalme aus dem Schnee oder Mais. Weiterhin ist hier das Mikro- te gezeigt werden, wie jedes Individuum ragen. Darüber hinaus finden sie hier klima milder als auf dem offenen Feld. Der mehr Zeit der Nahrungssuche oder dem Windschutz und insbesondere Deckung im Winter ausgebrachte Stallmist auf den Komfortverhalten widmen konnte, da sie vor Greifvögeln, die die in dieser Situation Feldern bietet den Rebhühnern immer sich auf eine effiziente, kollektive Feinder- geschwächten Rebhühner leicht erbeuten noch ein paar unverdaute Körner und ist kennung verlassen können. könnten. Besonders in der Vergangenheit folglich beliebte Anlaufstation. Fressplätze auf Raps als teilweise einzige Typisches Bild der „Fressgänge“ von Typische Fraßspuren an Hagebutten unter einer und bevorzugte Nahrungsquelle im Winter. Rebhühnern auf Wintergetreide. lichten Hecke. Fotos: Tillmann (3), serkan mutan/shutterstock (1) JAGD IN TIROL 01 | 2019 17
WILD & ÖKOLOGIE REBHÜHNER Bei Randstrukturen ist es wich- tig, dass die Rebhühner einen Überblick haben und nicht zu viele Überhälter als Ansitzwarte für die Greifvögel dienen. bevorzugt. Auch die nun europaweit durch Ökologischer Falleneffekt den Wegfall der obligatorischen Flächen- Graswege, Grabenböschungen und Re- stilllegung selten gewordenen, gezielt an- misen mit Altgras und Ruderalvegetation Nahrung und gesäten oder auch selbstbegrünten Brach- sind unter Umständen für das Rebhuhn Deckung zugleich äcker bieten dem Rebhuhn wertvollen wertvoller als eine allzu dichte Hecke, Liegt der Schnee allzu lange, hat dies dra- Winterlebensraum, den sie besonders womöglich noch mit hohen Überhältern, matische Folgen für die Rebhuhnpopula- tagsüber zur Nahrungs- und Schutzsuche die Greifvögeln Ansitzwarten bieten und tion – wie eingangs bereits beschrieben. gerne frequentieren. Der Erhalt und die damit die Rebhühner im Bereich solcher Auch heute kann den Rebhühnern in sol- Wiederaufwertung der Agrarlandschaft Hecken unter einen besonders konzen- cher Situation über verschiedene Maßnah- durch Randstrukturen unterstützen das trierten Prädationsdruck stellen. men geholfen werden. Was den Lebens- Rebhuhn nicht nur im Frühjahr im Hin- Insbesondere bei geringer Dichte von raum angeht, so werden im Winterhalb- blick auf geeignete Niststandorte, sondern Randstrukturen in der Landschaft stellen jahr vom Rebhuhn Stoppeläcker, durch- auch im Winter bei Schneelage, da sie dort diese nicht nur die bevorzugten Attrakti- gebrochene Stoppeläcker und Rapsschläge Schutz vor Wind und Greifvögeln und am onen für das Rebhuhn dar, sondern auch vor Wintergetreide und Schwarzäckern ehesten noch Nahrung finden. für dessen Prädatoren – in dieser Situation kann von einem ökologischen Falleneffekt gesprochen werden. In dichten Hecken sit- zen die Rebhühner als Augentiere im Re- gelfall an deren Saum mit Blick über das offene Feld, um ihr Sicherheitsbedürfnis befriedigen zu können. Dieses Bedürfnis nach freiem Blickfeld sollte auch beim Thema Winterfütterung berücksichtigt werden. In durchschnittlichen Wintern sollte die Landschaft genügend Äsung für das Rebhuhn vorhalten – dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die heutige landwirtschaftliche Erntetechnik kaum mehr Druschabfälle oder Bruchkorn auf den Feldern zurücklässt und Wildkräuter aufgrund des heutigen effizienten Pflan- zenschutzes selten sind – damit stellen die Bei den Hühnern ist das durch Schnee verklebte Bauchgefieder zu erkennen, was den Flug erschwert und sich negativ auf den Wärmehaushalt auswirkt. 18 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: xpixel/shutterstock (1), Tillmann (2)
REBHÜHNER WILD & ÖKOLOGIE der Futterplätze finden. Wird in schneer- Auf dem Präsentierteller für eichen Wintern nicht gefüttert, leiden die Greifvögel – bis zur nächsten Rebhühner bald unter Hunger und sind Deckung ist es ein gutes Stück. im geschwächten Zustand leichte Beute für Prädatoren, sogar für solche, die sonst keine hervorzuhebende Rolle spielen, wie wird, bis diese Fütterungen überhaupt der Mäusebussard. Dieser, wie auch ande- angenommen werden. Mobile Futterauto- re Prädatoren, lernt dann nicht zuletzt in maten mit nachrutschendem Futter sind Ermangelung der Verfügbarkeit der bevor- auch geeignet, bedürfen aber längerer Ge- zugten Kleinsäuger die geschwächten Reb- wöhnung als ein offener, flacher Futterka- hühner als Ausweichnahrung zu schätzen. sten. Grundsätzlich lassen sich Rebhühner In schneearmen Wintern kann man sagen, wesentlich schwerer an Fütterungen ge- dass im Vergleich zur hohen Prädations- wöhnen. Am einfachsten streut man Ge- mortalität im Frühjahr, zur Brut- und Kü- treide (Weizen), Druschabfälle, gemischt kenaufzuchtszeit, die Mortalität der Reb- mit Sonnenblumen und Rapssaat, in den hühner durch Prädatoren gering ist, da das Randbereich lichter, niedriger Hecken Rebhuhn in seinem Raum-Zeit-Verhalten oder in schüttere Ruderalvegetation. Auch optimale Strategien zur Feindvermeidung sollte Grünäsung wie beispielsweise Grün- entwickelt hat. Ein wichtiger Aspekt, der kohl oder Raps angeboten werden bzw. im dem Rebhuhn im Winter das Leben er- Winter zugänglich bleiben. Grünäsung lie- leichtert, ist Ruhe. Jede Störung mit fol- fert nicht nur Energie und Nährstoffe, son- gender Flucht bedeutet Energieverzehr zu Wintersaaten Raps und Getreide meist die dern auch Wasser, das ansonsten über das einer Zeit, in der Energie knapp ist. Zudem Hauptnahrung der Rebhühner dar – so- Fressen von Schnee aufgenommen werden macht das Rebhuhn durch einen Fluchtflug lange sie erreichbar sind. muss. Die Deckung des Flüssigkeitsbe- Fressfeinde auf sich aufmerksam und muss darfs über Schnee verbrennt ungünstiger- sich unter Umständen am neuen Standort weise zusätzliche Energie. aufwendig durch den Schnee wieder zur Überwinterungshilfe bei Nahrung vorarbeiten. ❙ harschen Bedingungen Bei langer und verharschter Schneelage In der Ruhe liegt die Kraft kann dem Rebhuhn durch gezielte Füt- Es sollten mehrere Futterplätze angelegt terung geholfen werden. Wie oben ange- werden, damit es nicht zu Konzentrati- deutet, sind überdachte Fütterungen eher onseffekten kommt, was die Rebhühner ungeeignet, da sich das Rebhuhn darunter berechenbar für ihre Prädatoren macht. nicht sicher/wohl fühlt und eine entspre- Auch ist dann die Wahrscheinlichkeit chend lange Gewöhnungsphase gebraucht höher, dass die Rebhühner schnell einen Rebhühner sichern aus der Schneedeckung heraus. Foto: Tillmann (1) JAGD IN TIROL 01 | 2019 19
WILD & ÖKOLOGIE WILDTIERKRANKHEITEN Serie Wildtierkrankheiten: Staupe bei wildlebenden Fleischfressern In Tirol traten während der letzten Jahre vereinzelt Infektionen von Füchsen, Dachsen und Mardern mit dem Staupevirus auf. Der letzte große Seuchenzug fand im ersten Halbjahr 2008 statt. Zu dieser Zeit kam es zu einer deutlichen Zunahme dieser Viruserkrankung, wobei etliche Tiere durch ihr abnormales, der Tollwut ähnliches Verhalten bei der Bevölkerung und auch bei der Jägerschaft für Aufmerksamkeit sorgten. Autor: Mag. Christian Messner, Sprengeltierarzt Schwaz Erreger Staupevirus Die Staupe ist eine seit langem bekannte Viruserkrankung der Fleischfresser. Sie befällt Füchse, Dachse, Marder, Iltisse, Waschbären, Fischotter, Wölfe und vor allem auch Hunde. Zahlreiche Todesfälle bei Seehunden in der Nordsee sind eben- falls auf eine Infektion mit dem Staupevi- rus zurückzuführen. Der Erreger gehört zum Genus der Morbilliviren (Fam. Para- myxoviridae) und ist somit eng mit dem menschlichen Masernvirus sowie mit der Rinderpest und der Pest der kleinen Wie- derkäuer verwandt. Übertragung und Krankheitsbilder Die Infektion erfolgt meist durch direkten Kontakt mit Speichel, Augen- und Nasen- sekreten sowie durch Harn oder Kot er- krankter Tiere. Auch mit diesen Se- und Exkreten verschmutzte Gegenstände kön- nen infektiös sein. Nach einer kurzen In- kubationszeit von 3 bis 7 Tagen, während der sich das Virus in den Tonsillen und retropharyngealen Lymphknoten festge- setzt und anschließend über den gesamten Organismus ausgebreitet hat, kommt es zur Manifestation der Krankheit. Je nachdem, welche Organsysteme in erster Linie betrof- fen sind, unterscheidet man verschiedene Krankheitsbilder. 20 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Foto: Deutz (1)
WILDTIERKRANKHEITEN WILD & ÖKOLOGIE Steinmarder mit der Kopf- Augenform der Staupe Ballen und des Nasenspiegels kommt. Die Staupe verläuft hoch fieberhaft, wird durch zahlreiche bakterielle Sekundärerreger ver- kompliziert und endet in vielen Fällen töd- lich. Tiere, die eine Infektion überstanden haben, bilden eine gute Immunität aus. Auf Grund der Vielfalt der Symptomatik ist die Staupe nicht immer eindeutig von anderen Krankheiten abzugrenzen. Einen sicheren Nachweis liefern Untersuchungen mittels PCR-Methode oder Immunfluoreszenz. Impfung für Hunde! Da Hunde für eine Ansteckung sehr emp- fänglich sind und eine einmal ausgebrochene Viruserkrankung nur mit hohem Aufwand und einem erheblichen Todesrisiko thera- piert werden kann, ist eine Schutzimpfung des Jagdhundes gegen Staupe, die in jedem routinemäßig durchgeführten Impfpro- Die Kopf-Augenform, einhergehend mit türlichen Scheu), Zittern, Lähmungen und gramm enthalten ist, dringend anzuraten. verklebten Lidern, Bindehautentzündung Koordinationsstörungen immer Anlass zur und Mandelentzündung, tritt häufig ge- Verwechslung mit der Tollwut bietet. Bei meinsam mit der Lungenform auf, die sich einem chronischen Verlauf kann sich am Untersuchung bei der AGES durch eine Lungenentzündung mit Atem- Unterbauch und an den Innenschenkeln das Kadaver sollten wegen der Ansteckungsge- not, Husten und eitrigem Nasenausfluss sogenannte Staupeexanthem entwickeln, fahr aus dem Revier gebracht und zum Aus- äußert. Die Darmform ist gekennzeichnet das durch masernartige Bläschen und Pus- schluss von Tollwut an der AGES Innsbruck durch eine Magen-Darm-Entzündung mit teln gekennzeichnet ist. Eine Spätfolge der untersucht oder zumindest fachgerecht bei Erbrechen und Durchfall. Gefürchtet ist Staupe kann auch die „hard pad disease“ der Tierkörperverwertung entsorgt werden.❙ die nervale Form, bei der die Symptomatik oder Hartballenkrankheit sein, bei der es mit Verhaltensänderungen (Verlust der na- zu hyperkeratotischen Veränderungen der Im Endstadium der Krankheit suchen befallene Tiere häufig menschliche Siedlungen auf. Fotos: Messner (3 ) JAGD IN TIROL 01 | 2019 21
In der Ruhe liegt die Kraft! Winterliche Anpassungsstrategien Die Tage werden kürzer, die Nächte länger und kälter, die Berge bekommen langsam, aber sicher einen weißen Zuckerhut und die grüne Vegetation geht auf Sparflamme. Hat sich im Herbst alles bunt verfärbt und für einen prächtigen Farbenwirbel gesorgt, so wird es nun still auf den Bergen und in den Wäldern. Die karge Jahreszeit beginnt und unsere Wildarten haben jede auf ihre eigene Art und Weise gelernt, mit Schnee, Kälte und Nahrungsknappheit umzugehen. Autorin: Miriam Traube 22 JAGD IN TIROL 01 | 2019
ÜBERWINTERUNG WILD & ÖKOLOGIE B evor wir jedoch in die Wintersaison starten, bedarf es für diese artspezi- fischen Anpassungen einiges an Vor- bereitungen. Von Tarnen über Iglueffekt und Nahrungsdepot bis hin zu Hungerkur und Kuschelkurs ist bei den Wildtieren in un- seren geografischen Breiten alles vertreten. Fellwechsel bedeutet verbesserte Isolationsleistung Eingeleitet werden diese winterlichen An- passungsstrategien bereits im Herbst mit dem Wechsel des Sommerhaares zum Winterhaar. Durch die damit verbundene Änderung der Haarstruktur und des Fell- aufbaus wird eine Verbesserung der Isola- tionsleistung erzielt. Zum einen wird eine Das Alpenschneehuhn überwintert im weißen Tarngefieder oberhalb der Wald- sogenannte Unterwolle gebildet. Diese dün- grenze in Bereichen, die früh ausapern nen, gekräuselten Sekundärhaare umgeben oder an denen der Wind die Nahrung in Gruppen die eigentlichen Fellhaare, die freilegt. Auch sie nutzen Schneehöhlen, Primärhaare, welche den Hauptteil des Fells um für die Erhaltung der Körpertempe- ratur Energie einzusparen. sowie die Fellfarbe bestimmen. Zum ande- Wärmeisolierung wird somit nochmals ren ändert sich bei manchen Arten auch verbessert. Genau den gleichen Effekt hat die Haarstruktur, was bedeutet, dass es im der Aufbau des weißen Winterfells. Anstatt Winterhaar zu Lufteinschlüssen kommt der Einlagerung von Farbmolekülen in die effekt, den sich auch die Eskimos zu Nutze und das einzelne Haar dadurch einen hoh- Haarstruktur kommt es hier zur Einlage- machen, reduziert den Energieverbrauch len Querschnitt aufweist. Luft ist bekannt- rung von Luftmolekülen, die ebenfalls die für die Erhaltung der Körpertemperatur, da lich ein schlechter Wärmeleiter und die Wärmeisolierung verbessern. Zudem sor- die Temperatur in den kleinen Schneehöh- gen die kleinen Luftpolster zwischen den len immer um einige Grad höher liegt als Haaren für einen hervorragenden Mantel- auf der Schneeoberfläche. Ebenso spielt der Schneehasen sind in ihrem weißen effekt. Windschutz an vielen Tagen eine entschei- Winterfell perfekt getarnt und können Wildtiere, die sich im Winter in einer wei- dende Rolle, um die Energiereserven, die so den Prädationsdruck durch Beute- greifer im Winterhalbjahr senken. ßen Fellpracht zeigen, genießen jedoch ei- vor der kalten Jahreszeit angelegt wurden, nen weiteren Vorteil, den ihnen das Win- nicht im Übermaß zu strapazieren. terhaarkleid in diesem Format bietet. Die Tiere werden durch ihre farbliche Anpas- sung an die verschneite Winterlandschaft Winterspeck ist gewissermaßen unsichtbar. Diese simple überlebenswichtig Anpassung kann zum einen das Prädati- Das Anlegen von Fettreserven über die onsrisiko effektiv senken oder auch im Um- Sommer- und Herbstmonate ist eigentlich kehrschluss Beutegreifern einen Vorteil bei eine der wichtigsten Strategien der Wild- der Jagd verschaffen. tiere, um den Winter am Berg mit zum Teil zweistelligen Minusgraden zu überdauern. Wir unterscheiden dabei zwischen zwei Iglueffekt Hauptformen des Fettgewebes, dem weißen Der Alpenschneehase nutzt beispielswei- und dem braunen Fettgewebe. Das weiße se gleich ein ganzes Repertoire an winter- Fettgewebe kommt sehr viel häufiger vor lichen Überlebensstrategien, um die lange, und fungiert als Speicher- und Depotfett schneereiche Zeit in seinem extremen Le- sowie als Isolierfett. Es schützt somit vor bensraum zu überdauern. Mit dem Wechsel allem als Unterhautfett vor zu schnellem der Fellfarbe hat auch der Winter und so- Wärmeverlust, da Fett ein schlechterer mit der Schnee und die Kälte die Bergwelt Wärmeleiter als alle anderen Gewebearten fest im Griff. Um nicht unnötig Energie zu ist. Zur Kompensierung der qualitativen verbrauchen, lassen sich Schneehasen teil- wie quantitativen Nahrungsveränderung weise einschneien, wodurch sie einerseits in im Winter greift der tierische Organismus ihrem Lebensraum verschwinden und für auf diese Reserven zurück und baut sie Räuber schwerer zu lokalisieren sind und langsam aber sicher über die Wintermonate anderseits die Wärmeisolierung des Schnees hinweg ab. Fettgewebe kann fast überall zusätzlich ausnutzen. Der sogenannte Iglu- im Körper, eingelagert in lockeres Binde- Fotos: Hain (1), Mächler (1), Kirchmair (1) JAGD IN TIROL 01 | 2019 23
WILD & ÖKOLOGIE ÜBERWINTERUNG gewebe, vorkommen. Das Nierenfettdepot ist dabei ein wichtiger Indikator für den Ernährungszustand eines Wildtieres, da dieses erst sehr spät abgebaut wird, wenn andere Fettreserven bereits verbraucht sind. Das braune Fettgewebe hingegen ist sehr viel seltener und findet sich fast ausschließ- lich bei Säugetieren im Jungtieralter, Nage- tieren und bei Arten, die Winterschlaf hal- ten. Es dient der sogenannten Thermogene- se, d. h. der direkten Erzeugung von Wärme durch Oxidation von Fettsäuren. Winterschlaf Dieses spezielle braune Fettgewebe ist auch den Winterschläfern bei der Wärmeproduk- tion behilflich und im besonderen Maße während der Aufwachphasen zur Erwär- mung der Tiere essentiell. Ferner sind die während der Sommermonate angefres- senen Fettdepots für die Tiere während des Winterschlafs von Bedeutung, da sie Die Dauer des Winterschlafes ist hingegen teil des Gruppenkuschelns, um den Winter währenddessen keine Nahrung aufnehmen artabhängig und wird von verschiedenen in ihrem Bau zu überstehen. Vor allem die und Energie für die Stoffwechselvorgänge Faktoren beeinflusst. Siebenschläfer ver- kleinen Affen sind auf das Vorhandensein benötigen, auch wenn diese in den Winter- bringen beispielsweise sechs bis sieben Mo- der Gruppe angewiesen, um gut durch den monaten herabgesenkt werden. Die Körper- nate im Winterschlaf, woher auch ihr Name Winter zu kommen. Einzeln überwinternde temperatur wird ebenfalls auf ein Minimum rührt. Allerdings handelt es sich bei diesem Murmeltiere haben selten eine Chance, im reduziert und sinkt dabei meist auf Werte körperlichen Ruhezustand um keinen Dau- nächsten Frühjahr wieder aufzuwachen, um zwischen 9 und 1 °C ab. Zusätzlich ver- erschlaf, vielmehr wechseln sich intensive ihr Territorium abzustecken. langsamt sich die Atem- und Pulsfrequenz. Ruhephasen mit immer wiederkehrenden Echte Winterschläfer fallen in einen ener- Wachphasen ab. Frei nach dem Grundsatz getischen Sparzustand, in dem kaum Reak- „aufwachen, um zu schlafen“, denn rein phy- Winterruhe tionen auf Außenreize stattfinden, wodurch siologisch betrachtet hat der Winterschlaf Die Winterruhe ist die sanftere Form des längere Zeiten des Wasser- wie auch Nah- nichts mit dem normalen Schaf zu tun. Mur- Verschlafens der Winterzeit. Während der rungsmangels überstanden werden können. meltiere nutzen zusätzlich noch den Vor- Winterruhe werden die Stoffwechselvor- gänge bei weitem nicht so stark reduziert. Die Körpertemperatur wird nur um ein paar Grad heruntergefahren und auch die Atem- und Pulsfrequenz werden nicht so extrem abgesenkt wie während des Winterschlafes. Der Braunbär sucht sich beispielsweise, wie auch die Winterschläfer, für die kalte Jahreszeit ein geeignetes Winterquartier, welches er bei dementsprechender Eignung auch immer wieder für das Überdauern der Winterzeit aufsucht, um dort einzeln oder im Familienverband die kalte Jahreszeit zu verschlafen. Die Höhle wird teilweise aus- gepolstert und während seiner Ruhephasen senkt er die Körpertemperatur um ca. 5 °C ab. Die Herzschläge werden auf 8 bis 12 Schläge pro Minute und die Atmung auf 1 Der Braunbär verschläft einen Großteil des Winterhalbjahres. Hin und wieder ist er jedoch auch im Schnee unterwegs und gönnt sich, z. B. in Form eines Stückes Fallwild, einen kleinen Snack zwischendurch. Die Geburt der kleinen Bären fällt ebenfalls in die Zeit der Winterruhe. 24 JAGD IN TIROL 01 | 2019 Fotos: Fotolia (1), ArCaLu/shutterstock (1)
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