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VCS mAGAZIN 2/ April 2021 F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U N F T Ja zum CO2-Gesetz am 13. Juni Ein Schritt in die richtige Richtung – für die Schweiz und für das Klima Seite 20
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4 Kurz & bündig EDITORIAL 6 Firmenmobilität: der VCS-Umweltcheck Liebe Leserin, lieber Leser 7 Das Veloregelquiz: Testen Sie Ihr Wissen Seit Monaten thematisie- © zVg 8 Biel: Platz für neue Ideen nach dem Westast-Aus ren wir in diesem Heft 11 Rue de l’Avenir: das CO2-Gesetz, und viel- 40 Jahre Einsatz für den öffentlichen Raum leicht haben Sie genug 12 Nachhaltig einkaufen: davon, immer wieder Welches Verkehrsmittel passt für Sie? etwas darüber zu lesen. 14 Fussverkehr: Doch die Abstimmung vom 13. Juni ist sehr wichtig. Liestal hat die «Flâneur d’Or»-Jury überzeugt In unserem Dossier zeigen wir auf, wie sehr es ein 17 «Walk to school»: Weiter als nur zur Schule Ja an den Urnen braucht, um die Umwelt zu schüt- 18 Shared Mobility: Übersicht auf einen Klick zen. Dieses Gesetz kommt aber auch jeder und je- dem Einzelnen zugute, heute und morgen. 19 Leben ohne Auto: Familie Urfer setzt auf zwei Räder Diese Ausgabe ist voller Erfolgsgeschichten. Lesen Sie unsere Beiträge über die erfolgreiche Mobilisie- © VCS rung gegen den Bieler Westast (Seite 8), die Arbeit des Vereins Rue de l’Avenir für lebenswerte Stras- 48 Velofahren: sen (Seite 11) oder tolle Infrastrukturen für den Äpfel, Luftboote und Höhen- Fussverkehr in Schweizer Städten (Seite 14). Und meter am Bodensee was uns besonders freut: Ab dieser Ausgabe erhal- 52 Wandern: entlang der Aare ten Sie das Magazin in einem Papierwickel anstatt in einer Plastikfolie. Wir zählen auf Sie, damit auch das CO2-Gesetz zum Erfolg wird. Diesen Sommer, wenn das Gesetz an- genommen ist und die gesundheitliche Lage sich beruhigt hat, freue ich mich darauf, neue Gegenden 30 Mitgliederangebote zu erkunden – und Ihnen in einer der nächsten Aus- 36 Berichte aus den Regionen gaben davon zu berichten! Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre. 56 Wettbewerb Camille Marion, Redaktorin 57 Bitte mitdenken! mit Stéphanie Penher 58 Cartoon © Aargauer Zeitung, Sandra Ardizzone Titelbild: © Fabian Lütolf/setrunners.ch DOSSIER Ja zum CO2-Gesetz Lesen Sie in unserem Dossier welche Argumente – nicht nur im Verkehrsbereich – für ein Ja am 13. Juni 2021 sprechen und warum Bundesrätin Simonetta Sommaruga dieses Gesetz für den Klimaschutz absolut notwendig fi det. 20
KURZ & BÜNDIG Petition für eine bessere © Philipp Oscity Kombination Velo–Zug Die SBB haben entschieden, dass der Veloselbstverlad in den Intercity-Zügen am Wochenende reservationspflichtig ist. Damit wird die Velomitnahme teurer und komplizierter. Gemeinsam mit Pro Velo und elf weiteren Organisationen erhebt der VCS Ein- spruch gegen diesen Beschluss und wendet sich mit einer Online- Petition an SBB und Bundesrat, in der eine bessere Kombination Velo–Zug gefordert wird. Die SBB sollen auf den beliebten Strecken an den Wochenenden mit geeignetem Rollmaterial und Entlastungszügen mehr Platz für die Velomitnahme schaffen. Der vergangene Sommer hat gezeigt: Immer mehr Menschen unternehmen Ausflüge in der Schweiz mit dem Velo oder dem Mountainbike. Die Kombination der beiden nachhaltigen Transportmittel Velo und Zug ist umwelt- und klima- politisch erwünscht und vom Parlament gefordert. Unterzeichnen Sie die Petition unter © VCS act.campax.org/p/velopetition Mobility Pricing zur Reduktion des Verkehrs Der Bundesrat will die Idee des Mobility Pricing vorantreiben und lädt zu einer Vernehmlassung mit begleitenden Pilotver- suchen. Der VCS begrüsst dies. Mobility Pricing ist eine grosse Chance, um den Verkehr nachhaltiger zu gestalten. Durch eine entsprechende Preisgestaltung kann die Verkehrsnachfrage ge- senkt und die Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsmittel begünstigt werden. Ob Mobility Pricing wirksam sein wird, hängt ganz von der Gestaltung ab. Für den VCS ist klar: Mobility Pricing muss dazu beitragen, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten, indem es die Nachfrage nach Verkehr reduziert. Zudem muss das Ziel sein, den Verkehr auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel zu ver- lagern: den öffentlichen Verkehr und den Fuss- und Veloverkehr. Mobility Pricing, das nur zum Ziel hat, neue Mittel für den Stras- senbau zu generieren, lehnt der VCS entschieden ab. Vielmehr müssen die Klimaziele im Vordergrund stehen. Noch kein Kursbuch 2021? S-Bahnen im Tessin im Halbstundentakt oder direkte hin an über 57 Schaltern der SBB sowie bei zahlrei- Verbindungen von Zürich/Basel bis Locarno: Es gibt chen Verkaufsstellen von Regionalbahnen zum Preis viele gute Gründe, im Frühling eine Reise mit dem Zug von Fr. 19.80 beziehen. zu unternehmen – gemütlich und angenehm geplant mit dem Kursbuch. Sie haben noch kein Kursbuch Bei Fragen zu Bezugsorten in Ihrer Nähe helfen wir 2021? Bestellungen über den VCS sind leider nicht Ihnen gerne weiter: 031 328 58 58 oder © VCS mehr möglich. Sie können das Kursbuch aber weiter- dok@verkehrsclub.ch. 4 VCS MAGAZIN 2/21
KURZ & BÜNDIG © Klimastreik Klimastreik am 21. Mai 2021 Die Pandemie und ihre Auswirkungen zeigen, dass Krisen ernst ge- ges Handeln. Deshalb wird die Bevölkerung dazu aufgerufen, am Frei- nommen werden müssen. Das gilt auch fürs Klima. Waldbrände, anhal- tag, 21. Mai 2021, für den «Strike for Future» auf die Strasse zu gehen. tende Dürren, verheerende Überschwemmungen, massive Zerstörung der Artenvielfalt – die Klimakrise ist real und sie erfordert ein soforti- Weitere Informationen unter www.strikeforfuture.ch Korrigendum: Überholen auf der Autobahn In der letzten Ausgabe haben wir die neuen Verkehrsregeln themati- ausscheren und dann wieder nach links einscheren). Wenn sich siert, die seit Anfang Jahr in Kraft sind. Eine aufmerksame Leserin – hingegen auf der linken Spur eine Autokolonne bildet, dürfen die der wir an dieser Stelle herzlich danken möchten – hat uns auf eine Autofahrenden auf der rechten Spur vorbeifahren. Damit kann der Ungenauigkeit in unserer Formulierung hingewiesen: Es ist immer Verkehr länger auf beiden Spuren fliessen. noch verboten, auf der Autobahn rechts zu überholen (nach rechts Ab in die Natur – mit Schneetourenbus, Bus alpin und Fahrtziel Natur Attraktive Ausflugsziele einfach per ÖV erreichen? Bus alpin und Schneetourenbus machen es möglich. Umweltfreundlich in die Schweizer Naturpärke? Fahrtziel Natur hat das passende Angebot. Bus alpin Der Bus alpin erschliesst touristisch wichtige Ausgangsorte für Bergtouren, Wanderungen und Ausflüge. Zurzeit im Winterhalbjahr mit sechs Linien, im Sommerhalbjahr mit 18 Linien, verteilt über die ganze Schweiz. www.busalpin.ch Schneetourenbus Fahrtziel Natur Illustrationen: muellerluetolf.ch/Samira Oschounig Mit zwölf Linien erreichen Schneeschuhwande- Die Kooperation Fahrtziel Natur fördert einen rer und Skitourengängerinnen attraktive Ziele sanften und nachhaltigen Tourismus in den in vielen Regionen der Schweiz. Der Schnee Schweizer Naturpärken – auch dank attrakti- tourenbus fährt von Dezember bis April (je ver ÖV-Angebote. nach Region und Schneeverhältnissen). www.fahrtziel-natur.ch www.schneetourenbus.ch VCS MAGAZIN 2/21 5
© iStock/olaser Alle fünf befragten Firmen nehmen umweltverträgliche Mobilität ernst und fördern auch das Velo. Firmen im ersten VCS-Umweltcheck Firmenmobilität Unternehmen haben einen grossen Einfluss auf die Mobilität ihrer Mitarbeitenden und den daraus resultierenden CO2-Ausstoss. Der VCS wollte es genau wissen und hat Grossunter Von Andreas Käsermann nehmen zu ihren Umweltschutzanstrengungen befragt. W elche Massnahmen trifft ein Unterneh- men für die Reduktion des CO2-Aus- stosses, sowohl hinsichtlich der firmenin- Swiss Re hat Nase vorn Das erste VCS-Firmenranking zeigt, dass alle fünf befragten Grossunternehmen um- Firma für einen privaten Autokauf nicht an Mitarbeitende weitergibt. SBB und Migros fördern Carsharing, Swiss Re setzt auf Fahr- ternen Mobilität, wie auch mit Blick auf die weltverträgliche Mobilität ernst nehmen gemeinschaft n. Pendelfahrten der Mitarbeitenden? Der VCS und bereits zahlreiche Massnahmen um- Insgesamt veranschaulichen die fünf wollte es genau wissen und hat erstmals ein setzen. Gesamthaft schneidet Swiss Re am Grossunternehmen, wie umweltverträgliche Firmenranking durchgeführt. Die befragten besten ab, besonders hinsichtlich der An- Mobilität gefördert werden kann. Alle beken- Grossunternehmen Swisscom, SBB, Migros- strengungen für eine klimaschonende Pend- nen sich zum Ziel, die Firmenfl tte auf alter- Genossenschafts-Bund, Zurich und Swiss Re lermobilität. Jedoch gibt es bei allen befrag- native Antriebe umzurüsten: Die SBB setzen schneiden gut ab. Es gibt jedoch auch noch ten Unternehmen Verbesserungspotenzial dabei auf erneuerbare Energiequellen − die Nachholbedarf – ganz besonders hinsicht- hinsichtlich fossilfreier Mobilität. Die Erhe- Swisscom fährt zu 100 Prozent elektrisch. lich fossilfreier Mobilität. bung lässt allerdings keine Rückschlüsse auf Bei allen teilnehmenden Unternehmen gilt Die Erhebung des VCS erfasste Fragen die detaillierte Ausgestaltung der einzelnen der Grundsatz, öffe tliche Verkehrsmittel bei zu nationalen und internationalen Reisen Massnahmen und Anstrengungen zu. nationalen Reisen dem motorisierten Indivi- und zur Grösse und Art der Firmenfl tte. Zur Förderung des Veloverkehrs machen dualverkehr vorzuziehen. Für internationale Ferner interessierten die getroffe en Mass- die befragten Firmen und ihre Mitarbeitenden Reisen gilt bei Swisscom, SBB, Zurich und nahmen zur Mobilitätsminderung: etwa bei Kampagnen wie etwa «Bike to Work» mit. Swiss Re der Grundsatz «Zug vor Flug». mittels Videokonferenzen und Homeoffice. Die Unternehmen bieten gedeckte oder gesi- Der VCS bewertet die Erkenntnisse aus Weitere Fragen betrafen die Pendlermobi- cherte Veloabstellplätze an, ebenso Duschen dem Firmenranking als interessant. Beson- lität der Mitarbeitenden und die Anreize oder Umkleideräume und setzen so Anreize, ders wenn sich die gewonnenen Resultate zur Nutzung des Velos und des öffentlichen mit dem Velo zur Arbeit zu fahren. Parkplätze dereinst mit weiteren Ergebnissen verglei- Verkehrs. Darin steckt eine nicht zu unter- fürs Auto sind hingegen bei allen an der Um- chen lassen. Darum soll das Firmenranking schätzende Möglichkeit, den CO2-Ausstoss frage teilnehmenden Firmen kostenpflichtig. zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt und insgesamt zu senken: Denn wer für den ausgebaut werden. Arbeitsweg auf ein Auto angewiesen ist, ÖV gegenüber Auto bevorzugt nutzt dieses erfahrungsgemäss auch in der Positiv aufgefallen: Swiss Re ist das einzi- Andreas Käsermann ist Mediensprecher beim Freizeit. ge Unternehmen, das den Flottenrabatt der VCS Schweiz. 6 VCS MAGAZIN 2/21
Das Veloregelquiz Velofahren Erlaubt, verboten oder einfach nur unvernünftig? Für Velofahrerinnen und E-Bike-Fahrer gelten Regeln – selbstverständlich. Doch wer kennt sie alle? Testen Sie Ihr Wissen in unserem Quiz. Von Christine Steinmann 1. Ich überquere mit meinem Velo den 5. Muss ich Handzeichen geben, wenn es Fussgängerstreifen. Habe ich Vortritt? steil abwärts geht und ich abbiegen a) Ja, wenn ich das Velo schiebe will? b) Ja, aber nur, wenn ich im Schritttempo fahre a) Ja, Handzeichen sind in jedem Fall nötig 8. Womit muss ein schnelles E-Bike c) Nein, Vortritt haben nur Fussgängerinnen b) Ich kann selbst entscheiden, ob ich ein Hand- ausgerüstet sein? und Fussgänger zeichen gebe oder nicht c) Nein, wenn ich mich durch das Geben eines a) Glocke, Rückspiegel, Tachometer Handzeichens gefährde, kann ich davon ab- b) Rückspiegel, gelbes Kontrollschild, Motor- sehen fahrradbeleuchtung 2. Ich fahre mit dem Velo in einen c) Fest angebrachte Fahrradbeleuchtung, Kreisel. Wo fahre ich am sichersten? gelbes Kontrollschild, Ständer a) Ganz rechts b) Ganz links c) In der Mitte 9. Darf ich ein langsames E-Bike auf dem Trottoir abstellen? a) Ja, wenn für Fussgängerinnen und Fuss- 3. Darf eine Freundin auf kurzen gänger ein mindestens 1,50 m breiter Raum Strecken auf dem Gepäckträger frei bleibt mitfahren? b) Nein, nur wenn entsprechende Parkfelder a) Ja, auf kurzen Strecken ist das ausnahms- vorhanden sind weise erlaubt c) Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, ist b) Ja, aber nur, wenn die Mitfahrerin einen das erlaubt Velohelm trägt c) Nein, das ist nie erlaubt 10. Welche Typen von Velorücklichtern sind erlaubt? 4. Muss ich an meinem E-Bike eine a) Ein blinkendes rotes Licht Glocke montieren? b) Ein ruhendes rotes Licht – ein zusätzliches, a) Nein, das ist nicht mehr nötig – aber blinkendes rotes Licht ist erlaubt wärmstens empfohlen c) Ein ruhendes Licht in einer beliebigen Farbe b) Ja, bei E-Bikes ist eine Glocke generell vorge- schrieben 6. Darf ich bei einer roten Ampel rechts c) Ja, aber nur bei einem schnellen E-Bike, abbiegen? welches schwerer als 25 kg ist a) Nein, das ist verboten b) Ja, das ist bei einer Ampel mit entsprechen- der Zusatztafel erlaubt c) Ja, aber nur, wenn es keinen Fussgänger- streifen hat Illustrationen: muellerluetolf.ch/Samira Oschounig 7. Darf ich auf einer Strasse mit Höchst- tempo 80 km/h mit dem Velo abwärts mit 60 km/h fahren? a) Nein, Velos sind nicht für solche Geschwindigkeiten gemacht b) Ja, aber es ist nicht empfehlenswert c) Ja, aber nur, wenn ich auf einem Rennrad sitze Die Lösungen finden Sie auf Seite 33 VCS MAGAZIN 2/21 7
© Hans van de Wetering, Atelier für Städtebau So darf es dereinst aus- sehen: Biel wird zu einer Stadt am See mit einem zusammenhängenden Kerngebiet zwischen Biel und Nidau. Platz für neue Ideen Strassenbau Es ist der grösste Erfolg gegen ein Autobahnprojekt in der Schweiz: Das ASTRA hat den Bieler Westast nach heftigen Protes- ten und einem breit abgestützten Dialog abgeschrieben. Was das für Von Nelly Jaggi die Zukunft der Stadt Biel bedeutet, zeigt eine Stadtwanderung. U nmittelbar hinter der Talstation der Magglingenbahn führt der Weg hoch zum Pavillon Felseck. Linkerhand ist die Der Überblick Stadtführer ist Urs Scheuss. Er ist in der VCS-Regionalgruppe Biel aktiv und amtet mit einer Baustelle aufgewachsen, ganz zu schweigen vom Lärm und den Verkehrspro- blemen während der Bauphase. Bieler Altstadt zu sehen, rechterhand der als Bieler Stadtrat der Grünen. Das Th ma See mit dem Städtchen Nidau. Dazwischen Westast stand lange vor dem Erwachen der Die historische Trennung drängen sich die Bahngleise, die von Biel Bürgerbewegung auf seiner Agenda, eigent- «Die Abtrennung vom See, ein städtebau- nach Neuenburg führen und das natürliche lich seit er vor bald 18 Jahren nach Biel zog. liches Problem von Biel, hätte sich mit dem Zusammenwachsen der beiden Städte stö- Besonders intensiv waren die letzten Jahre Westast verstärkt», sagt Urs Scheuss. Biel, ren. Eine historisch bedingte Trennung, wel- mit zahllosen Aktionen, und im Dialogpro- ursprünglich keine Stadt am See, ist in den che die geplante «N05 Westumfahrung Biel», zess gehörte er zur Kerngruppe. letzten Jahren immer mehr in Richtung See kurz Westast, zusätzlich verstärkt hätte. Scheuss zeigt nach unten. Beim Krei- ge- und mit Nidau verwachsen. «Die Auto- Ende 2020 hat das Bundesamt für Stras- sel, der die Seevorstadt mit der Strasse in bahn hätte dieses natürliche Zusammen- sen ASTRA das in den 60er-Jahren geplante Richtung Neuenburg verbindet, wäre der wachsen empfindlich gestört», sagt Scheuss. Autobahnprojekt definitiv abgeschrieben. Halbanschluss Biel-West gebaut worden. Diesem Umstand trägt auch der Schluss- Damit fand die wohl stärkste Bürgerbewe- Dahinter hätte die grosse Wiese vor dem bericht zum Dialogprozess Rechnung: «Aus gung gegen ein Strassenprojekt ein (vorerst) Gymnasium als Bauplatz gedient. Zahlreiche Sicht der Gesamtregion ist das Entwicklungs- gutes Ende. Gleichwohl: Das Vorhaben hat Häuser zwischen Bahnhof und Ländtestras- gebiet zwischen Bahn und See als urbanes Biel städtebaulich und verkehrspolitisch um se wären abgerissen worden. Und hinter dem Quartier mit Dienstleistungen, Wohnungen, Jahrzehnte zurückgeworfen. Das zeigt eine Robert-Walser-Platz hätte dereinst der off - Bildungs- und Freizeitangeboten sowie attrak- Stadtwanderung entlang der wichtigsten ne Anschluss Bienne-Centre gebaut werden tiven öffe tlichen Räumen weiter zu stärken. Schauplätze mehr als deutlich. sollen. Bis dann wäre eine ganze Generation Biel wird zur Stadt am See. Aktuelle Entwick- 8 VCS MAGAZIN 2/21
lungsvorhaben weisen in diese Richtung.» Die verbleibenden Verkehrsprobleme gequert werden. Wollen Velofahrerinnen Eine Feststellung, welche die Absurdität unter- Auch die verkehrspolitische Entwicklung und Fussgänger auf die andere Strassenseite, streicht, ein Vorhaben aus den 1960er-Jahren Biels hat das Millionenvorhaben Westast müssen sie sich in den wenigen dunklen Un- 80 Jahre später finalisieren zu wollen. jahrzehntelang gehemmt. «Stets wurden wir terführungen eine enge Spur teilen. Mit dem vertröstet: Ist das Autobahnteilstück erst Bau des Westastes hat man den Bewohne- Der Wunsch und das Risiko einmal realisiert, mache die Stadt etwas für rinnen und Bewohnern ein praktisch auto Wieder unten in der Stadt, geht es an einem den Fuss- und Veloverkehr», erzählt Scheuss. freies Quartier versprochen – zum Preis von eingezäunten Stück Land vorbei. Vor Jahren Biel wäre womöglich gar nicht die Autostadt, Autobahnanschlüssen mitten in der Stadt. hat hier jemand angefangen zu bauen. Nach als die sie oft bezeichnet wird, hätte man frü- Aus Sicht von Urs Scheuss typisch für die dem Keller war Schluss. Vermutlich, weil her etwas für den Fuss- und den Veloverkehr Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts: klar wurde, dass das geplante Gebäude in ei- getan oder den ÖV gezielt gefördert. Probleme verlagern statt lösen. Dass sich hier nigen Jahren der Autobahn zum Opfer fallen Der Verkehr im Westen der Stadt ist gröss- etwas ändern muss, ist klar. wird. Heute leben hier Ratten. Das ist keine tenteils hausgemacht. Stadtrat Scheuss ver- gute Visitenkarte für das Quartier. weist auf die Erfahrungen mit dem Ostast: (K)ein Rezept 74 Häuser hätten abgerissen werden sol- «Bei der Eröffnung wurde erwartet, dass der Der erfolgreiche Protest gegen den Westast len. Ein Fakt, der, so Scheuss, die Bewegung Ostast Mehrverkehr in Richtung Neuenburg hat Geschichte geschrieben. An den zahl- gegen den Westast gestärkt hat: «Das haben generiert. Das ist nicht passiert. Um Biel ist reichen Stadtwanderungen haben über 1000 die Behörden unterschätzt, sowas konnte vor allem die Nord-Süd-Verbindung wich- Menschen teilgenommen, die erste Demons- man vielleicht vor 20 oder 30 Jahren noch tig.» Ein gewichtiges Argument gegen den tration konnte 4000 Menschen mobilisieren. machen.» Folgen hat es aber auch so: Das Westast: Es gibt gar keinen nennenswerten Wie schafft man das? Urs Scheuss meint: betroffene Gebiet erlebte in den letzten 20 Verkehr zwischen Solothurn und Neuenburg. «Man muss die eigene ‹Bubble› verlassen. Jahren einen städtebaulichen Stillstand, Zeit also, diese hausgemachten Verkehrs- Sonst bleibt man nur unter sich. Das Haupt- niemand wollte investieren. Viele der Häu- probleme anzugehen: Mit einer guten Infra- rezept ist daher die Vielfalt der Beteiligten, ser sind in schlechtem, einige gar in desola- struktur für den Velo- und den Fussverkehr, aber auch Vielfalt der Formen. Die Men- tem Zustand. Was geschieht nun mit diesen aber auch mit besseren ÖV-Verbindungen in schen können sich dort eingeben, wo sie ihre Stadtteilen? «Das ist die grosse Frage. Zurzeit Richtung Nidau. Doch das ist nun kein nati- Kompetenzen haben. Widerstand ist etwas hat niemand einen Plan», sagt Scheuss. onales Th ma mehr. Es ist an Biel und Nidau, sehr Kreatives.» Geholfen habe aber auch die Biel hat sich zum Ziel gesetzt, 20 Pro- Lösungen – auch finanzieller Art – zu finden. persönliche Betroffe heit vieler. Das haben zent gemeinnützigen Wohnraum zu schaf- Der Umstand, dass das Geld für den Westast die Befürworter schlicht unterschätzt. fen. Auch dafür haben sich jetzt die Türen nicht für andere Vorhaben in der Stadt einge- Für den Dialogprozess war klar, dass nur geöffnet. Denn die Stadt hat in den letzten setzt werden kann, hat es den Gegnern nicht ein gemeinsames Ziel zum Erfolg führen Jahrzehnten viel strategischen Landkauf leicht gemacht, wie Scheuss bestätigt: «Es hat kann. Für das Beharren auf einer Extrem- getätigt, um beim Westastbau Konflikte mit immer geheissen, wenn der Westast nicht ge- position war kein Platz, ebenso durfte sich Grundbesitzenden zu verhindern. So weit baut wird, geht das Geld anderswo hin. Das ist niemand auf Nebenschauplätzen verlieren. der Wunsch von Urs Scheuss. Es besteht eine typische regionalpolitische Erpressung.» aber auch das Risiko, dass jetzt gewinnori- Ein gewichtiges Argument für die Befür- Eine unklare Zukunft entierte Investorinnen und Investoren eine worter war die Situation im Nidauer Quar- Dennoch ist der Blick in die Zukunft nach Chance wittern und die Preise in die Höhe tier Weidteile. Die Autostrasse, ein Zubrin- dem Rückzug des Westasts ungewiss. Noch schnellen. ger zur A5, kann heute nicht überirdisch ist nicht entschieden, was jetzt passiert. Der alternative Vorschlag des Komitees «Westast so nicht!» steht nach wie vor im Raum: Ein © VCS/Nelly Jaggi Tunnel unter der Stadt durch, der auf An- schlüsse direkt in die Stadt verzichtet. Die- se Alternative hat dazu beigetragen, dass der Widerstand sich schliesslich gegen die Be- hörden durchsetzen konnte. Für Scheuss und den VCS ist das natürlich kein Wunschsze- nario. Noch besteht Hoffnung, dass sich die Ansicht durchsetzen wird, dass es gar kei- ne durchgehende Autobahnverbindung zwi- schen Ost und West in Biel braucht. Urs Scheuss bedauert, dass sich die Dis- kussionen um die Zukunft immer noch sehr stark auf den Verkehr konzentrieren. Er sähe es lieber, wenn zuerst die städtebauliche Ent- wicklung in Angriff genommen würde. Visio- näre Ideen gäbe es: So hat der Bieler Architekt Benedikt Loderer vorgeschlagen, den Eisen- bahndamm zu einem Viadukt zu machen, um Urs Scheuss vor dem Westast-Pavillon, in dem auch der Dialogprozess stattgefunden hat. auch dessen Trennwirkung aufzuheben. VCS MAGAZIN 2/21 9
E-Bike selber abschleppen? © VCS – Julia Heiri Besser fährt, wer beim VCS eine E-Bike- Pannenhilfe abgeschlossen hat! Gehen Sie auf Nummer sicher und schliessen Sie jetzt für nur Fr. 25.– pro Jahr eine E-Bike-Pannenhilfe beim VCS ab. Das lohnt sich. Egal ob Sie Ihr E-Bike für die täglichen Fahrt zur Arbeit oder für längere Veloreisen einsetzen. In jedem Fall können Sie sich darauf verlassen, dass Ihnen bei einer Reifenpanne oder einem unverhofften Defekt am E-Bike schnell und unkompliziert geholfen wird. – Per Internet www.verkehrsclub.ch/ebike-pannenhilfe – Per Telefon 031 328 58 11 oder – Per E-Mail assistance@verkehrsclub.ch und Sie sind sorgenlos unterwegs.
Pionier für lebendige Strasse Lebensqualität Der öffentliche Raum ist nicht nur für den Verkehr da. Seit 40 Jahren setzt sich der Verein Rue de l’Avenir zugunsten eines öffentlichen Raums für alle ein, für ein menschenfreundliches Umfeld, Von Camille Marion in dem alle Mobilitätsformen Platz haben. schaffen, eine frankophone Expertengruppe © Adeline Seydoux RdA für Mobilität, die Partner aus Europa und dem kanadischen Québec umfasst. Die Or- ganisation diente auch als Modell für den 1988 entstandenen, gleichnamigen Verein in Frankreich. Informieren und inspirieren 40 Jahre nach der Gründung von Rue de l’Avenir haben sich die Mobilitätsgewohn- heiten grundlegend geändert. Verkehrsent- lastungen oder Geschwindigkeitsbeschrän- kungen sind Massnahmen, deren Wirkung heute breit anerkannt ist. Das heisst aber noch lange nicht, dass es die Arbeit des Ver- eins nicht mehr braucht. Die Refl xion geht weiter, die aktuellen Th men sind zahlreich: Initiativen für Verkehrsberuhigung, Begeg- nungszonen, Strassen für alle, wirksame Ein geleiteter Rundgang anlässlich der jährlichen Fachtagung inspiriert die Teilnehmenden dank und kostengünstige Einrichtungen, Betei- konkreter Beispiele. ligung der Bürgerinnen und Bürger an der Erarbeitung von verkehrsberuhigten Quar- tieren. Rue de l’Avenir ist heute eine Referenz- A ls er 1981 gegründet wurde, war der heuti- ge Verein Rue de l’Avenir erst eine kleine, von VCS, Pro Juventute und Mobilitätsfach- mit konkreten Projekten und politischer Arbeit Dinge in Bewegung, Rue de l’Avenir ist ein Ort für Refl xionen, Vorschläge adresse für Gemeinden, kantonale Ämter, Studienbüros, Fachverbände und Anwoh- nervereinigungen. «Vor 40 Jahren hatte Rue personen ins Leben gerufene Arbeitsgrup- und das Einbringen guter Beispiele. «Die- de l’Avenir eine Vorreiterrolle mit der Ent- pe. Ihr Ziel war, die ersten Erfahrungen mit se Kombination ist unerlässlich, um unsere wicklung von Projekten, die als utopisch Wohnstrassen und Verkehrsberuhigung in Sache voranzubringen», ist Lanci-Montant galten. 2021 ist es dringend nötig und abso- der Schweiz bekannt zu machen. überzeugt. lut legitim, den Menschen ins Zentrum der «In der angelsächsischen Welt würde man Doch Rue de l’Avenir träumt nicht nur, Strasse und der Einrichtungen zu stellen», Rue de l’Avenir als ‹Thinktank› bezeichnen», sondern hat auch eine Informations- und betont Lanci-Montant. erläutert Françoise Lanci-Montant, Vor- Sensibilisierungsfunktion. Dank der Exper- standsmitglied des Vereins und Leiterin des tise der zwölf ehrenamtlichen Vorstandsmit- Bureau romand des VCS. «Er ist ein Ideen- glieder – alle in der Branche tätig – entwickelt und Refl xionslabor, ein Ort des Austauschs der Verein Ideen, die in der Realität veran- und der Förderung innovativer Praktiken. kert sind. Zu seinen Engagements gehört die Wir wollen eine lebenswerte Stadt und öf- jährliche Organisation einer Fachtagung, fentliche Räume fördern, die sich an den an der Expertinnen und Experten zu Wort Rue de l’Avenir Bedürfnissen aller Menschen orientieren, kommen und sich Personen aus der Raum- Über die Tätigkeit von Rue de l’Avenir wird begleitet von einer ausgewogeneren, sicheren planung von konkreten Beispielen inspirie- in einem dreimal jährlich erscheinenden und angenehmen Mobilität.» ren lassen. Bulletin und einem Newsletter (beide in Rue de l’Avenir ist vor allem in der Ro- Französisch) berichtet. Unterstützen Sie Stetige Herausforderungen mandie tätig, unterhält aber auch grenz- Rue de l’Avenir und dessen Forschungs-, Re- Heute ergänzen sich die Tätigkeiten von überschreitende Kontakte. So wurde unter flexions- und Informationsarbeit mit einem Rue de l’Avenir und VCS: Der VCS setzt dem Impuls des Vereins das Réseau Rue ge- Abonnement unter www.rue-avenir.ch. VCS MAGAZIN 2/21 11
Sind Sie Nein … hungrig? Ja! Gehen Sie ein paar Schritte, Bestellen Sie eine das regt den Appetit an Öffnen Sie den Kühlschrank Pizza per Velokurier* Voll? Leer? Guten Appetit! Keine Lust… Gewusst? Drei Viertel Gehen Sie einkaufen. aller Einkaufswege sind Wo ist das nächste Geschäft? kürzer als 5 Kilometer. Weniger als 5 Kilo- meter entfernt Haben Sie ein Velo? Ja! Es regnet … Gute Fahrt! Bravo! Ja, aber es hat einen Platten … Klar doch! Aber es regnet doch … Können Sie zu Fuss gehen? Gewusst? 60 Prozent aller Einkäufe passen in eine Tasche. Ich kann unmöglich alles tragen … Nein Können Sie sich ein Ja! Cargovelo ausleihen? Gute Fahrt! *Uber Eats ist explizit nicht mitgemeint. 12 VCS MAGAZIN 2/21
Die besten Wege zum Gemüse Einkaufsverkehr Sie sind hungrig und müssen einkaufen? Finden Sie mit dem VCS den nachhaltigsten Weg – hier im Heft und am 8. Mai in Von Anina Schweighauser der ganzen Schweiz am ersten «carfree shopping day»! Gibt es ÖV? Mehr als 5 Kilo- meter entfernt Äh nein, ich kaufe mit Ja! dem Auto ein Gute Fahrt! Gewusst? Werden Bioeinkäufe mit dem Auto transportiert, hebt sich der positive Effekt auf die Umwelt auf. Weil es regnet, weil Sie zu Ich werde nicht viel einkaufen oder weil gerne nass … der Weg zu weit ist? Ich mache kein Krafttraining … Ernsthaft, es ist Dann kann der Hunger nicht wirklich weit … gross sein. Kaufen Sie ge- staffelt ein: per Velo, zu Fuss oder mit dem ÖV Gute Fahrt! Aber fragen Sie Ihre Nachbarn, ob sie auch Gewusst? Unter www.vcs-carfree.ch finden Sie viele etwas brauchen – das spart hilfreiche Tipps für eine nachhaltige Einkaufsmobilität. eine Autofahrt VCS Mitmachen und aktiv! gewinnen Haben Sie eine besonders kreative und nachhaltige Art, um Ihre Einkäufe nach Hause zu transportieren? Schicken Sie ein Foto an campaigning@verkehrsclub.ch! Zu gewinnen gibt es tolle Preise von Mahler & Co. Weitere Informationen finden Sie unter www.vcs-carfree.ch VCS MAGAZIN 2/21 13
Gold fl niert nach Liestal Fussverkehr Trottoir und Höhenabsatz adieu: Der «Flâneur d’Or» geht nach Baselland. Die Neugestaltung des Stadtzentrums von Liestal überzeugte die Jury mit der neuen frei begehbaren Fläche und dem Von Nadja Mühlemann gelungenen Bezug zur Architektur der Altstadt. Liestal: Ästhetische Funktionalität erhöhen die Aufenthaltsqualität © Stauffenegger + Partner Liestal (BL) hat eine idyllische Stadtoase in- im lebendigen Stadtraum. Mo- mitten der Altstadt geschaffen. Der Weg da- torisierter Individualverkehr ist hin war nicht ganz einfach: Bereits in den in der umgestalteten Zone ver- 80er-Jahren war die Neugestaltung Th ma, boten, Zubringerdienste sind jedoch wurde der notwendige Kredit dazu jeweils an Vormittagen gestattet. 1996 und 1998 an der Urne abgelehnt. Ein Die hochwertigen Bauma- im Jahr 2014 vorgestelltes Bauprojekt ver- terialien und der Einsatz von mochte dann alle Beteiligten zu befriedi- neuwertigen, dynamischen Sitz gen. 2016 hat das Stimmvolk die Kreditvor- bänken zeigen, wie zentral der lage angenommen. Wohlfühlfaktor für das Projekt Die Aufhebung der Trottoirs und der Hö- war. Dank der Neugestaltung henabsätze im Strassenraum sorgt für eine des Stadtzentrums entsteht ein homogene, schlichte Oberfläche, welche sich Mehrwert für alle Beteiligten: angenehm ruhig auf die Umgebung auswirkt. Die Rathausgasse lädt zum Fla- Die Mittelrinne kann als Führung für Men- nieren und Einkaufen ein. Das schen mit Sehbehinderung genutzt werden. überzeugte auch die Jury, denn Die breiten Natursteinbänder aus Granit die Funktionalität bei vergleich- deuten geschickt und elegant die Grenzen baren Umgestaltungen ist nicht Neuwertige, dynamische Sitzbänke erhöhen zwischen den Parzellen an, der eher dunkle selbstverständlich. Dieses transformierte den Wohlfühlfaktor in der Liestaler Altstadt. Farbton des Asphalts hebt die Vielfalt der hel- Stadtzentrum beweist sich als echter Allroun- leren Altstadthäuser hervor und die Sitzbänke der für alle, die zu Fuss unterwegs sind. ANZEIGE Genussmomente am Thunersee HOTEL WELLNESS RESTAURANT MEETING EVENT Eden Tipp fentlichen ee ist ideal mit öf Spiez am Thuners rne ho len wir Sie eichbar. Ge Information & Reservation Verkehrsmitteln err hn ho f Sp iez ab. bus am Ba mit unserem Hotel Eden Spiez Seestrasse 58 | 3700 Spiez am Thunersee | 033 655 99 00 | welcome@eden-spiez.ch | eden-spiez.ch 14 VCS MAGAZIN 2/21
© Stauffenegger + Partner © Stauffenegger + Partner Eine homogene und schlichte Oberfläche dank Aufhebung der Trottoirs und Höhenabsätze im Stadtzentrum von Liestal. Biel: Auspuff eicht den Sommerinseln Basel: Grüne Welle für den Fussverkehr Trotzdem konnte das Projekt die Jury beim Eine Auszeichnung erhielten auch die «Som- Jede Fussgängerin kennt diesen Moment: Praxistest begeistern und wurde mit einer merinseln» in Biel (BE). Das Projekt zauberte Eine gefühlte Ewigkeit vor dem Fussgänger- Erwähnung belohnt. von Juli bis Oktober 2019 eine Vielfalt an Or- streifen stehen und darauf warten, endlich die ten zum Verweilen. An ungenutzten Stellen, Strasse überqueren zu können. Dies kommt Nadja Mühlemann ist Praktikantin beim VCS Schweiz welche die Bevölkerung nicht als attraktiv nicht von ungefähr, denn Verkehrsampeln und spaziert am liebsten durch das Berner Elfenau- quartier, mit Blick auf die wunderschönen Berner befand, hat die Stadt diverse Möbel platziert. sind meistens auf den motorisierten Indivi- Alpen. Vergessene und unterschätzte Flächen wur- dualverkehr ausgerichtet, manchmal auf den den wiederbelebt und Menschen begegne- öffe tlichen Verkehr oder den Veloverkehr. ten sich an Orten, wo sie es nicht erwarteten. Die Stadt Basel hat im Rahmen eines Pi- Der öffe tliche Raum sollte der spazierfreu- lotversuchs eine intelligente Fussgängersteu- digen Bevölkerung mehr Platz einräumen, erung mit Lichtsignalanlagen getestet. Die «Flâneur d’Or» indem man das Verkehrsregime vorüberge- Fussgängerampel erkennt, ob jemand die Der «Flâneur d’Or» ehrt alle drei Jahre Infra- hend änderte. Strasse überqueren möchten und wechselt strukturen im öffentlichen Raum, welche das Der Einbezug der Bevölkerung überzeug- bei der nächsten Gelegenheit auf Grün. Zu- Zufussgehen fördern und attraktiv und sicher te die Jury bei diesem Projekt: Während dem erkennt die Anlage auch die Anzahl und der ganzen Projektphase befragte man die Geschwindigkeit der Fussgängerinnen und gestalten. Die Preisübergabe des «Flâneur d’Or Menschen zu dem Projekt auf verschiedenen Fussgänger und kann die Grünphasen anpas- 2020» wurde auf den 26. März 2021 verschoben Wegen. Durch die tägliche Beobachtung und sen: Je mehr Menschen den Fussgängerstrei- und fand erstmals online statt. Nebst dem mit Befragung vor Ort kam eine bemerkenswer- fen überqueren, desto länger bleibt die Ampel 10 000 Franken dotierten Hauptpreis für die te Evaluation zustande. Das Projekt bietet grün. Wer etwas mehr Zeit für die Querung Neugestaltung der Rathausstrasse in Liestal (BL) eine ideale Vorlage für eine dauerhafte Um- benötigt, erhält diese. hat die Jury, in der auch der VCS vertreten ist, setzung, die die vergessenen Teile einer Stadt Zwar wird die intelligente Fussgänger- sieben Auszeichnungen und zwei Erwähnungen in neuem Glanz erscheinen lässt und die Le- steuerung die Benachteiligung des Fuss- vergeben. bensqualität in Stadtzentren steigert. verkehrs nicht grundlegend verändern. www.flaneurdor.ch Bieler Sommerinseln: Menschen begegnen sich an einst unterschätzten Orten. Nadja Mühlemann ist Praktikantin beim VCS Schweiz und … © Stauffenegger + Partner © Stadtplanung Biel VCS MAGAZIN 2/21 15
IN UND UM INTERLAKEN GIBT ES BERGTRAUM IN INTERLAKEN 2 Übernachtungen inkl. Frühstück NUR SCHÖNES FÜR DIE AUGEN! Nachtessen als 3-Gang-Menü am Anreisetag Kostenfreie Nutzung Wellnessbereich Die gigantische Schynige Platte mit ihrem botanischen Preis pro Person & Angebot: Alpengarten mit über 600 wunderschönen Alpenblumen, EZ ab CHF 389.00 | DZ ab CHF 309.00 die kleine Scheidegg mit traumhaftem Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau oder auch der direkte Hausberg PFINGSTLICHE ERHOLUNG «Harder Kulm», der fussläufig 2 Min. vom Hotel entfernt 2, 3 oder 4 Übernachtungen inkl. Halbpension ist, laden zum Erklimmen und Bewundern ein. Eine Flasche Prosecco auf dem Zimmer Buchen Sie jetzt und kommen Sie in den Genuss einer Kostenfreie Nutzung Wellnessbereich naturreichen Auszeit! Preis pro Person & Angebot: Weitere Informationen finden Sie unter lindnerhotels.ch EZ ab CHF 549.00 | DZ ab CHF 369.50 terra habitare schweiz schweiz Unser Land für zahlbares Wohnen Bild: Tomas Wüthrich Die Terra Schweiz AG will Wollen Sie Ihre Liegen- zusammen mit der Habitare schaft zu einem fairen Schweiz AG Liegenschaften der Spekulation entziehen Preis verkaufen? und nachhaltig bezahlbares Wir suchen Mehrfamilienhäuser Wohnen fördern. ab acht Wohnungen in der gesamten Deutschschweiz. IHRE VELOSPENDE BEWEGT MENSCHEN Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme: Alle Sammelstellen: velafrica.ch T 052 202 80 80, info@terra-wohnen.ch, www.terra-wohnen.ch inserat_95x63_def.indd 1 15.01.18 09:49 T U R Z- K AS S E N S PRODUKTENTWICKLER MICHI VOSER : ER T E S T S IE G «Für Kinder ist es das Wichtigste, Freude am 202 0 Velofahren zu haben. Und genau das haben wir mit FLiZZi, dem mitwachsenden Kindervelo, erreicht. Dass ich mich bei der Entwicklung des FLiZZi auf das Urteil meiner drei Kinder abstützen konnte, hat massgeblich dazu beigetragen, dass das FLiZZi so viel Spass bereitet. Von Kindern für Kinder.» Hier geht's zum Flizzi-Film. W W W. F L I Z Z I . C H | W W W.V E L O P L U S . C H
Weiter als nur zur Schule Schulweg Eine eigene Stadt zeichnen, Flugblätter verteilen oder über Tannzapfen laufen: Die Begleitaktionen, die Lehrpersonen während der «Walk to school»-Aktionswochen mit ihren Schülerinnen und Von Anina Schweighauser Schülern durchführen, sind mannigfaltig. kann die Klasse mit Begleitaktionen noch © VCS weitere Punkte sammeln. Unter allen teilnehmenden Klassen wer- den tolle Preise verlost, gesponsert vom Verkehrshaus Luzern, dem Papiliorama in Kerzers, der Rucksackschule und dem Baumwipfelpfad. Zudem kann jedes Kind beim Malwettbewerb mitmachen und tolle Geschenksets von Faber Castell gewinnen – das diesjährige Motto lautet «Mein tierischer Schulweg». Als Besonderheit im Jubiläums- jahr erweist die Kinderbuchfigur Globi den Kindern die Ehre, denn er kennt sich mit Diente einer Berner Schulklasse als Inspiration für einen Verkehrsparcours: der VCS-Comic dem Schulweg bestens aus. «Der geheimnisvolle Schulweg». Anina Schweighauser ist beim VCS Schweiz verant- P ro zurückgelegten Schulweg gibt es ei- Anfang an hoch motiviert und freuten sich wortlich für die Aktionswochen «Walk to school» und freut sich bereits jetzt, im Herbst wieder viele nen Punkt: Seit zehn Jahren finden die über dieses kreative Gemeinschaftswerk. tolle Begleitaktionen zu sehen. bewährten VCS-Aktionswochen «Walk to school» zwischen den Sommer- und den Die Sinne aktivieren Herbstferien statt. Doch die Aktionswochen Die vierte und fünfte Klasse von Tamara We- Infos und Anmeldung: gehen weiter als nur zur Schule: Begleitakti- ber aus Lenggenwil (SG) widmete sich der Ver- www.walktoschool.ch onen fördern unterschiedliche Fähigkeiten kehrssicherheit auf dem Schulweg: Die Schü- und aktivieren verschiedene Sinne. Sie kön- lerinnen und Schüler machten sich auf, die © zVg nen einfach in den Unterricht integriert wer- Autofahrenden auf dem Schulweg darauf hin- den und sich den Th men Verkehrssicher- zuweisen, am Fussgängerstreifen stets ganz heit, Umwelt, Gesundheit oder Bewegung anzuhalten. Hierfür bastelten sie Flugblätter, widmen. Der vier Fantasie Welche sind keine Grenzen Verkehrsschilder dekoriert mit einem Bonbon, die sie an die Au- gesetzt – wer möchte, kann sich durch das sind hier falsch ? tofahrerinnen und Autofahrer verteilten. vom VCS zur Verfügung gestellte Unter- Besondere Fragen mussten die Zweit- richtsmaterial inspirieren lassen. klässlerinnen und Zweitklässler der Schule Ihre eigene Stadt auf dem Pausenplatz Hochfeld in Bern beantworten. Ihre 15 Leh- zeichnete die Klasse von Viviane Saner rerinnen und Lehrer haben einen Parcours des Berner Schulhauses Muesmatt, inspi- mit unterschiedlichen Materialien zusam- riert vom VCS-Comic «Der geheimnisvolle mengestellt: Die Kinder liefen barfuss mit Schulweg». Die Stadt wurde ausgiebig mit verbundenen Augen über Sand, Steine oder dem Trottinett, dem Pedalo und zu Fuss Tannzapfen und rätselten im Anschluss, erkundet. Ebenfalls aufgegriffen wurde das über welche Materialien sie gerade gelaufen Th ma Verkehrsschilder – sie wurden spie- waren und wie sich diese angefühlt hatten. lerisch zusammen mit den Verkehrsregeln eingeübt. «Die Kinder konnten damit viele Ein bunter Jubiläumsgast Fähigkeiten gleichzeitig trainieren – Sozial- Dieses Jahr feiern die «Walk to school»-Ak- kompetenz, Bewegung und – indem sie die tionswochen das Zehn-Jahr-Jubiläum! Teil- Stadt von oben zeichneten – sogar Geomet- nehmen können Klassen ab dem Kinder- rie. Das absolute Highlight: das Befahren der garten bis zur sechsten Klasse. Für jeden eigenen Stadt mit diversen Fahrzeugen», er- Schulweg, den die Kinder zu Fuss zurück- Wie fühlt sich ein Weg an: Schülerinnen und Schüler zählt Lehrerin Saner. Die Kinder waren von legen, erhalten sie einen Punkt. Nebenbei erkunden unbekannte Wege mit ihren Füssen. VCS MAGAZIN 2/21 17
Shared Mobility auf einen Klick Alltagsmobilität Wo finde ich ein E-Bike zum Ausleihen? Und wo kann ich ins Mobility-Auto einsteigen? Die interaktive Plattform sharedmobility.ch bündelt erstmals die verschiedenen Angebote Von Brigitte Mader in der Schweiz auf einer Karte. Das ist nicht unproblematisch: Herumlie- © sharedmobility.ch gende E-Scooter können das Strassenbild negativ beeinträchtigen. Jasmin Rimmele von Voi, einem der Leih- Scooter-Anbieter in der Schweiz, findet es deshalb sinnvoll, dass der Bund sich mit ei- ner Plattform für Shared Mobility einsetzt: «Wir haben auf europäischer Ebene sehr we- nige Datengrundlagen für geeignete Regu- lierungsmassnahmen.» Solche Open-Data- Lösungen sind ein wichtiger Schritt, um das Angebot für Nutzerinnen und Nutzer, aber auch für Städte- und Forschungspartner transparenter zu gestalten.» Potenzieller Mehrwert Standort und Verfügbarkeit – das sind die Informationen, die sharedmobility.ch der- zeit bietet. Für Hug von PubliBike könnte Aktuell und auf einen Blick: Shared-Mobility-Angebote in der ganzen Schweiz. es auch interessant sein, historische Daten darzustellen. «So wäre transparent ersicht- lich, wo und wann die Fahrzeuge norma- D as Prinzip von Shared Mobility ist ein- fach: Das gleiche Fahrzeug teilen sich mehrere Personen. Das kann ein Auto sein, dem Sharing-Anbieter eine eigene Daten- schnittstelle vereinbaren zu müssen. Ein gutes Dutzend Anbieter stellt zur Zeit lerweise verfügbar sind und wie sie genutzt werden. Weiter würde es die Übersicht ver- bessern, wenn man die Karte nach Fahrzeug ein Velo, ein E-Bike, ein Cargovelo oder ein seine Daten auf sharedmobility.ch zur Ver- und Anbieter filtern kann.» Trottinett. Die Ausleihe erfolgt über eine fügung. Darunter auch der Veloverleiher Auch Rimmele sieht noch Entwicklungs- App oder die Buchungsplattform des jewei- PubliBike, einer von zehn Bikesharing-An- potenzial: «Unsere Idealvorstellung wäre eine ligen Sharing-Mobility-Anbieters. bietern in der Schweiz. 5000 Fahrräder von digitale Verkehrsplanungsplattform aus öf- So weit, so einfach: Doch welches Ange- PubliBike stehen in acht Städten an rund 500 fentlicher Hand, über die sich jeder Weg von bot gibt es wo? Die interaktive Karte shared- Standorten zur Verfügung. A nach B multimodal abwickeln lässt.» mobility.ch schafft hier erstmals einen Über- blick über die verschiedenen Anbieter in Sinnvolle Bündelung Brigitte Mader ist Kommunikationsberaterin beim der Schweiz. Und das in Echtzeit. Auf einen «Die Sharing-Angebote sind regional oft un- Bundesamt für Energie. Klick sehe ich also, wo ein Velo, ein E-Scoo- terschiedlich. Da macht es Sinn, dass man ter oder ein Auto verfügbar ist. diese auf einer Plattform bündelt», sagt Th mas Hug. Er ist Leiter Geschäftsent- Sharedmobility.ch Zugänglich für alle wicklung bei PubliBike. Ausserdem: «Die Aktuell zeigt sharedmobility.ch die Verfüg- Das Bundesamt für Energie und das Pro- sharedmobility.ch-Plattform gibt uns die barkeit und Standorte folgender Anbieter: gramm EnergieSchweiz betreiben diese Möglichkeit, Leute anzusprechen, die diese AirBie, Bird, BOND, Carvelo2go, DonkeyRe- Plattform zusammen mit den Shared-Mobi- Sharing-Angebote noch nicht kennen. Um public, edrive carsharing, Mobility, Next- lity-Anbietern. Das Ziel ist, die Verbreitung diese Form der Mobilität zu stärken, braucht bike, Pick-e-Bike, PubliBike, Rent a Bike, dieser Form der Mobilität zu fördern. es anbieterübergreifende Plattformen.» Voi und Zisch. Die Daten sind für alle frei zugänglich In immer mehr Schweizer Städten gibt Weitere interessierte Anbieter können sich und jederzeit abrufbar. Mobilitätsdienstleis- es auch E-Scooter zum Leihen. Fixe Stand- laufend anschliessen. Ziel ist es, die um- ter können sie auch kostenlos in ihre eigenen plätze haben sie keine, die Nutzerinnen und fassendste Dateninfrastruktur der in der Systeme und Apps einbinden, ohne mit je- Nutzer können sie abstellen, wo sie wollen. Schweiz verfügbaren Angebote aufzubauen. 18 VCS MAGAZIN 2/21
Alles eine Frage der Planung Leben ohne Auto Raphaëlle und Jean-Marie Urfer leben mit ihren 11- und 13-jährigen Kindern in Mont-sur-Lausanne. Die Familie hat nie ein Auto Text und Bild: Nelia Franchina besessen und auch nie eines benötigt. E in Auto zu haben, war für Urfers nie ein Th ma, sowohl aus ökologischer Über- zeugung als auch aus praktischen Gründen. täglichen Wege das Velo. Diesen Winter ha- ben auch Schnee und Kälte sie nicht daran gehindert, jeden Tag zur Arbeit zu pedalen – mit dem Auto. Eine wertvolle, von Raphaël- le und Jean-Marie Urfer geschätzte Zeit. Im Zug oder im Bus kann man ein Buch oder Als sie in ihrer Studienzeit noch im Zentrum mit Anpassung ihrer Fahrweise an die Wet- eine Zeitung lesen. Das Velofahren bietet ei- von Lausanne wohnten, war das autofreie terverhältnisse. Man muss sich einfach ent- nen Moment der Entspannung. «Sowohl am Leben für Raphaëlle und Jean-Marie Urfer sprechend ausrüsten. «In Dänemark fährt Morgen als auch am Abend tut mir die Velo sowieso eine Selbstverständlichkeit. Mit der man das ganze Jahr Velo, obwohl es häufig fahrt richtig gut», unterstreicht Raphaëlle Geburt der Kinder und dem Umzug nach regnet», vergleicht Jean-Marie Urfer. Urfer die Vorteile. Mont-sur-Lausanne (VD) wurde ihre Lust, Mit dem Einzug des Elektrovelos sind die Allen, die wie sie ohne Auto leben möch- ohne Auto zu leben, nur noch stärker, trotz Alltagsfahrten noch einfacher geworden, ten, raten die beiden, als Erstes Ferien in des Parkplatzes, der im Kauf ihrer Wohnung namentlich für die Einkäufe. «Lausanne ist der Schweiz mit dem öffe tlichen Verkehr inbegriffe war. flach geworden», scherzt das Paar. Leute, die zu machen. Zudem empfehlen sie, mit dem Und die ganze Familie ist von der Idee sich für autofreies Leben interessieren, haben Kauf eines neuen Autos einen oder zwei Mo- überzeugt, der ältere Sohn will später auch häufig Befürchtungen wegen der Einkäufe. nate zu warten, wenn das Alte den Geist auf- kein Auto. Seine Klassenkameraden fragen Für Familie Urfer geht es auch hier um Or- gibt: Man muss es ausprobieren, um zu mer- ihn manchmal, wie man so in die Ferien ganisation. Statt auf den Samstag zu warten, ken, dass es letztlich gar nicht kompliziert fährt. Seine Antwort ist einfach: «Ent- um in einem überfüllten Einkaufszentrum ist. Die Familie fasst es in drei Ratschlägen weder mit dem Velo, oder wir fahren nicht den Wocheneinkauf zu machen, geht die Fa- zusammen: «Vorausdenken, sich organisie- zu weit weg.» milie mehrmals pro Woche in Geschäften in ren und die nötige Zeit einplanen.» der Nähe einkaufen. Mit leichtem Gepäck reisen, … Seitdem die Kinder selbständig Velo fahren, … und ausprobieren Nelia Franchina ist Praktikantin beim VCS Schweiz. gehören Radtouren zu den festen Gewohn- Ob mit dem Velo oder dem öffe tlichen Ver- Als begeisterte Velofahrerin und ÖV-Benutzerin heiten der Familie. Dennoch bleibt der Zug kehr, die Fahrt dauert oftmals länger als geniesst sie das Leben möglichst ohne Auto. das beliebteste Verkehrsmittel für die Ferien. «Mit kleinen Kindern ist das ideal», betont Familie Urfer aus Mont-sur-Lausanne setzt auf zwei Räder – im Alltag genauso wie in den Ferien. Jean-Marie Urfer. «Man kann spielen, mit ihnen umherlaufen. Das ist ein grosser Vor- teil gegenüber dem Auto.» Mit der Familie im Zug in die Skiferien fahren, mit allem Gepäck und den Skiern, kann kompliziert sein. Wer mit dem öffent- lichen Verkehr unterwegs ist, lernt gezwun- genermassen, mit leichtem Gepäck zu reisen und alles Überflüssige zu Hause zu lassen. Das wird von der Familie Urfer überhaupt nicht als Zwang empfunden. Seit man zudem das Gepäck mit den SBB schicken kann, ist alles noch einfacher geworden. «Alles ist eine Frage der Organisation», bilanziert Raphaëlle Urfer. «Es ist eine an- dere Art, sich vorzubereiten und unterwegs zu sein, man weiss auch, dass man mehr Zeit dafür braucht. Aber das gehört zum Aben- teuer und ist keine verlorene Zeit.» ... sich im Alltag organisieren, … Raphaëlle und Jean-Marie Urfer unterrich- © zVg ten beide in Lausanne und benutzen für ihre VCS MAGAZIN 2/21 19
DOSSIER Ein Gesetz, von dem alle © Fabian Lütolf/setrunners.ch 20 VCS MAGAZIN 2/21
DOSSIER profitieren Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaschutz: das neue CO2-Gesetz. Aus diesem Grund engagiert sich eine breite Allianz für ein Ja. Mit dem Neuwagenziel, der Flugticketabgabe, der ÖV-Elektrifizierung und der Förderung der Nachtzüge profitiert auch der öffentliche Verkehr. VCS MAGAZIN 2/21 21
DOSSIER Ein Schritt in Richtung nachhaltige Mobilität Von Yves Chatton Nach dreijähriger Beratung raufte sich das Parlament auf der Grundlage eines Kompromisses zu einem neuen CO2-Gesetz zusammen. Die Strassen- und die Erdöllobby hat jedoch das Referendum ergriffen. Das letzte Wort hat am 13. Juni 2021 deshalb das Stimmvolk. D as neue CO2-Gesetz legt die Schwei- zer Klimapolitik bis 2030 fest. Es ge- nügt nicht, um die Klimaerwärmung ropäischen Union (EU) geltenden Nor- men für den CO2-Ausstoss von Neu- wagen zur Anwendung. Dies bedeutet, Vorgesehen sind überdies Bestim- mungen, um die Autobauer vom Schum- meln abzuhalten: Halten die von den aufzuhalten, aber es legt wichtige und dass bis 2030 der Schadstoff usstoss neu Herstellern kommunizierten CO2-Emis- notwendige Grundlagen. Deshalb wird immatrikulierter Autos halbiert wer- sionen der Realität nicht stand, kann der es vom VCS und den anderen Umweltor- den muss. Das hat zur Folge, dass Auto Bundesrat die Vorgaben entsprechend ganisationen unterstützt. fahrerinnen und Autofahrer künftig über verschärfen. Und neu gelten auch für die Das Gesetz sieht vier wichtige Mass- eine viel breitere Palette an schadstoffär- Schweiz bei den Lastwagen Schadstoff- nahmen vor, um den Verkehr – in der meren und elektrischen Fahrzeugen ver- Reduktionsziele. Schweiz der Sektor mit der höchsten Um- fügen werden als bisher. (Mehr zu diesem weltbelastung – mit dem Pariser Klima Th ma lesen Sie auf den Seiten 26 bis 27.) 2. Lenkungsabgabe auf Flugtickets abkommen in Einklang zu bringen. Nützen wird dies auch dem Porte- Erstmals führt die Schweiz für den monnaie: Mit dem Einsatz von Model- Flugverkehr eine echte Klimamassnah- 1. Sauberere Autos len, die weniger Energie verschlingen, me ein. Auf jedes Flugticket wird je nach Mit dem neuen CO2-Gesetz gelangen wird man durchschnittlich 800 Franken Distanz und Klasse eine Lenkungsab- auch in der Schweiz die aktuell in der Eu- pro Jahr einsparen können. gabe von 30 bis 120 Franken erhoben. Vorgesehen ist auch eine Abgabe in der Höhe von 500 bis 3000 Franken für Privatflugzeuge, die beim Start mehr als 5700 Kilogramm schwer sind. Mehr als die Hälfte dieser Einnahmen fliesst asi s Solide B über Rabatte auf den Krankenkassen- Dank dem bestehenden CO2-Gesetz werden heu- rechnungen respektive die AHV-Aus- te viele Gebäude effizienter geheizt, Wohnungen sind gleichskassen an die Bevölkerung und besser isoliert und die klimafreundliche Mobilität wird attraktiver. die Unternehmen zurück. Mit dem Rest Dieser Weg wird mit dem revidierten Gesetz weitergeführt. Gebäude, wird ein Klimafonds zur Finanzierung Industrie, Mobilität, Finanzplatz: Neu machen alle Sektoren mit. neuer Nachtzüge und ökologischer In- 22 VCS MAGAZIN 2/21
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