Meine Gedanken zur aktuellen Lage Inflation: Die Geister der Vergangenheit

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Meine Gedanken zur aktuellen Lage Inflation: Die Geister der Vergangenheit
EINSCHÄTZUNGEN DES CIO

Meine Gedanken zur aktuellen Lage
Inflation: Die Geister der
Vergangenheit
1. MÄRZ 2021               Inflationssorgen sind neuerdings in aller Munde. Schade eigentlich, denn ich fand es schön,
                           nicht die Konsensmeinung zu vertreten. Es besteht mittlerweile eine zunehmende Einigkeit
                           darüber, dass die Inflation mit der Wiedereröffnung der Wirtschaft auf gesündere Niveaus
                           zurückkehrt. Interessanter ist, dass das Risiko eines stärkeren Inflationsanstiegs öffentlich
                           derzeit heiß diskutiert wird.

                           Ironischerweise geschieht dies teilweise deshalb, weil die Inflationssorgen seit so langer Zeit
                           so umfassend eingepreist worden sind. Viele Ökonomen und Marktteilnehmer argumentieren
                           seit langem, dass die Inflation aus strukturellen Gründen tot und die Deflation der einzige
Dr. Sonal Desai            plausible Grund zur Sorge sei. Nach ihrem Mantra wird die Inflation ungeachtet der
Chief Investment Officer
                           Maßnahmen der Notenbanken nie wieder auf unbehaglich hohe Niveaus steigen.
Franklin Templeton
Fixed Income
                           Ob das stimmt, werden wir nun herausfinden, denn diese Überzeugung ebnete den Weg für
                           ein geplantes US-Konjunkturpaket, das so groß ist, dass es sogar einige langjährige Befür-
                           worter starker fiskalischer Anreize verstummen ließ.

                           Können fiskalische Anreize zu hoch sein?
                           Der frühere US-Finanzminister und ehemalige Präsident der Harvard University Larry Sum-
                           mers löste die Debatte in einem Gastbeitrag in der Washington Post aus, in dem er warnte,
                           dass die von der Biden-Administration geplanten Anreize in Höhe von 1,9 Billionen US-
                           Dollar möglicherweise „Inflationsdruck verursachen werden, wie es ihn seit einer Generation
                           nicht mehr gab, mit Folgen für den Wert des Dollar und die Finanzstabilität“. Nobelpreis-
                           träger Paul Krugman ist ganz anderer Meinung und gerät mit Summers in der aktuellen
                           Debatte aneinander. Der frühere Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF) Oliv-
                           ier Blanchard, der beim IWF für eine viel positivere Haltung zu fiskalischen Anreizen gesorgt
                           hat, teilt die Bedenken von Summers.

                           Diese Debatte wird nicht von konservativen Haushältern und keynesianischen Geldver-
                           schwendern geführt, zwischen denen Welten liegen. All diese Ökonomen sind ausgespro-
                           chene Befürworter umfangreicher Staatsausgaben, und doch stellen auch einige von ihnen
                           die Frage, ob dies nicht zu weit geht.

                           Einerseits dreht sich die Debatte darum, ob die fiskalischen Anreize im Vergleich zur „Pro-
                           duktionslücke“, die beschreibt, wie weit die Wirtschaftsaktivität von ihrem vollen Potenzial
                           entfernt ist, zu hoch sind. Andererseits geht es darum, wie viel zusätzliches Bruttoinland-
                           sprodukt (BIP) durch einen zusätzlichen Dollar an fiskalischen Anreizen geschaffen wird.
                           Dies ist der sogenannte „Multiplikator“. Ökonomen können bis in alle Ewigkeit über Produk-
                           tionslücken und Multiplikatoren streiten. Wir sollten uns jedoch nicht in Details verlieren:
                           Das Konjunkturpaket über 1,9 Billionen US-Dollar ist mindestens zwei bis drei Mal höher
                           als jede plausible Schätzung der Produktionslücke für jeden plausiblen Multiplikator-Wert.
                           Die geplanten Arbeitslosenleistungen und Steuererleichterungen sind laut Summers fünfmal
                           höher als der Ausfall an Löhnen und Gehältern.
Diese Summen sind atemberaubend, und es lohnt sich, sie einen Moment lang sacken zu
                                         lassen. Im vergangenen Jahr schnürte die Regierung ein Paket über 2 Billionen US-Dollar
                                         als unmittelbare Reaktion auf die pandemiebedingten Schließungen (CARES Act), gefolgt
                                         von weiteren 900 Milliarden US-Dollar im Dezember. Nun ist ein Paket über 1,9 Billionen
                                         US-Dollar angedacht, dem – nicht zu vergessen – rund 1 Billion US-Dollar an Infrastruk-
                                         turausgaben folgen werden. Dies ergibt einen Gesamtbetrag von kolossalen 6 Billionen
                                         US-Dollar binnen zwei Jahren – rund 30 % des US-BIP (bezogen auf das BIP 2020). 2020
                                         betrug das US-Haushaltsdefizit rund 15 % des BIP. 2021 würde es 24 % des BIP erreichen,
                                         wenn wir die Anreize über 1,9 Billionen US-Dollar und die 1 Billion US-Dollar für die Infras-
                                         truktur den aktuellen Schätzungen des Haushaltsamtes des US-Kongresses hinzurechnen.
                                         Dies ist genauso viel wie die Defizite während des 2. Weltkrieges. Das größte Defizit seitdem
                                         gab es 2009, und in diesem Jahr betrug es weniger als 10 % des BIP.
                                         Sogar Krugman gibt zu, dass die Anreize überwältigend hoch sind. Er behauptet jedoch,
                                         dass die Sorgen um Überhitzung und Inflation grundlos sind.
                                         Wirklich?

                                         Die Erholung beschleunigt sich bereits
                                         Zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen der fiskalischen Anreize müssen wir das
                                         Momentum der Wirtschaft in Betracht ziehen – nicht nur, wie weit wir vom vollen Potenzial
                                         entfernt sind, sondern auch in welche Richtung wir uns wie schnell bewegen. Die meisten
                                         Indikatoren deuten nach wie vor auf ein robustes Erholungstempo der Wirtschaft hin, viel
                                         schneller als nach der globalen Finanzkrise.
                                         Die US-Beschäftigung zeigt seit der schockierenden Arbeitsplatzvernichtung im letzten
                                         Frühjahr bereits eine kräftige Erholung, und die Löhne und Gehälter haben eine echte
                                         V-förmige Erholung hinter sich.
                                         Die US-Verbraucher sind dank der Staatshilfen nach wie vor in einer guten finanziellen Ver-
                                         fassung. Das Nettovermögen der Haushalte liegt nahe an Rekordhochs, und das Verhältnis
                                         zwischen Schulden und verfügbarem Einkommen liegt wieder in etwa auf dem Niveau von
                                         2000.
                                         All dies taugt als Erklärung, warum die Einzelhandelsumsätze die Vor-COVID-19-Niveaus
                                         bereits um mehr als 10 % übertreffen (zunächst mit einer markanten Verschiebung von
                                         Dienstleistungen auf Waren).

V-FÖRMIGE ERHOLUNG VON LÖHNEN UND GEHÄLTERN                                                FINANZIELLE VERFASSUNG DER US-HAUSHALTE
Erhaltene monatliche Vergütung von Arbeitnehmern (USA)                                     WEITGEHEND INTAKT
Aktuelle (Oktober 2019 bis heute) vs. globale Finanzkrise                                  Nettovermögen US-Haushalte und Verhältnis Schulden/
(Juni 2008 – Februar 2011)                                                                 verfügbares Einkommen
                                                                                           Erstes Quartal 1970 – drittes Quartal 2020
Bio. USD                                                                        Bio. USD   Prozent                                                                           Prozent
$ 9,8                                                                                6,7   750 %                                                                             140 %
                                                                                                                                                                     701 %
                                        9,67 Bio. USD                                                                                                                        130 %
$ 9,6                                                                              $ 6,6   700 %
                                                                6,59 Bio. USD
                                                                                                                                                                             120 %
                                                                                           650 %
$ 9,4                                                                              $ 6,5                                                                                     110 %
                                                                                           600 %                                                                             100 %
$ 9,2                                                                              $ 6,4
                                                                                           550 %                                                                             90 %
                                                                                   $ 6,3
                                                                                                                                                                    92,6 %
$ 9,0                                                                                                                                                                        80 %
                                                                                           500 %
                                                                                                                                                                             70 %
$ 8,8                                                                              $ 6,2
                                                                                           450 %
                                                                                                                                                                             60 %

         1 3     5   7   9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33                                   1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
        Monate
                                                                                              Nettovermögen der US-Haushalte (in % des verfügbaren persönlichen Einkommens) (links)
    COVID-19-Krise (Okt. 2019 bis heute) (links)                                              Verschuldung der US-Haushalte zum verfügbaren Einkommen (rechts)
    Globale Finanzkrise (Juni 2008 – Febr. 2011) (rechts)
                                                                                           Quellen: Franklin Templeton Fixed Income Research, US Bureau of Economic Analysis.
Quellen: Franklin Templeton Fixed Income Research, US Bureau of Economic Analysis.         Stand: drittes Quartal 2020.
Stand: Dezember 2020.

2 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                                                               Inflation: Die Geister der Vergangenheit
Kurzum, es gibt in den Haushalten einen starken aufgestauten Wunsch, Geld auszugeben,
                             und das Einkommen und die Ersparnisse, um diesen Wunsch bei Wiedereröffnung der
                             Wirtschaft zu erfüllen. Die Gesundheitszahlen deuten darauf hin, dass sich die Wiedereröff-
                             nung bald beschleunigen könnte: Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle ist drastisch
                             gesunken, und die Hospitalisierungen haben sich seit Jahresanfang mehr als halbiert. In den
                             USA wurden bereits 60 Millionen Menschen geimpft (mehr als 13 % der Bevölkerung) und
                             das Tempo der Impfungen beschleunigt sich. Mittlerweile liegt es bei rund 1,5 Millionen pro
                             Tag (gleitender 7-Tage-Durchschnitt).

                             COVID-19-LAGE IN DEN USA
                             Positive Fälle, Hospitalisierungen, Todesfälle, verabreichte Impfdosen/Tag und Positivrate
                             (Gleitender Durchschnitt 7 Tage)
                             1. März 2020 – 23. Februar 2021
                             Positive Fälle und Hospitalisierungen (Anzahl Menschen)                                                        Todesfälle
                              250                                                                                                                5
                              Tsd.      Positive Fälle         Hospitalisierungen                              Todesfälle                        Tsd.
                                                                                                                                                 4
                              200                                                                                                          2.052 Tsd.
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                              150                                                                                                                Tsd.
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                              100                                                                                                  65.861        Tsd.
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                               50                                                                                                         55.058 Tsd.
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                                   März       Apr         Mai        Jun       Jul     Aug   Sep   Okt   Nov       Dez      Jan       Feb
                                   2020                                                                                     2021

                              Verabreichte Impfdosen/Tag (Millionen)
                               2,0
                                                                                                                                     1,61 Millionen

                               1,5

                               1,0

                               0,5

                                     März    Apr        Mai        Jun         Jul     Aug   Sep   Okt   Nov       Dez      Jan       Feb
                                     2020                                                                                   2021

                             Tägliche Positivrate (%)
                             30 %
                             25 %
                             20 %
                             15 %
                             10 %                                                                                                           4,9 %
                              5%

                                     März    Apr        Mai        Jun         Jul     Aug   Sep   Okt   Nov       Dez      Jan       Feb
                                     2020                                                                                   2021
                             Quelle: The COVID Tracking Project (CC BY 4.0).

                             Ja, aber werden die Löhne steigen?
                             Just in einer Zeit, in der wir kurz davor stehen, die Beschränkungen der wirtschaftlichen und
                             gesellschaftlichen Aktivität aufzuheben, und die Haushalte in Bargeld schwimmen, setzt die
                             US-Regierung also die bisher umfangreichsten fiskalischen Anreize in Friedenszeiten. Das
                             klingt, als könnte hieraus eine Inflation entstehen. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt,
                             dass die pandemiebedingten Belastungen auf Angebotsseite und die weltweite Erholung die
                             Rohstoffpreise von Öl über Kupfer bis Stahl und eine Reihe weiterer Inputpreise von Halb-
                             leitern über elektrische und elektronische Komponenten bis hin zu Kartonage bereits nach
                             oben treiben. Sowohl der Produzentenpreisindex als auch die Komponente der bezahlten
                             Preise des Institute for Supply Management (ISM) Index sind seit Mitte vergangenen Jahres
                             stark gestiegen.

3 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                                      Inflation: Die Geister der Vergangenheit
Die Inflationsskeptiker entgegnen, dass nichts davon eine nachhaltige Inflation erzeugen
                             wird, es sei denn, die Löhne beschleunigen sich. Der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed)
                             Jerome Powell unterstrich, dass der Lohndruck, auch als die Arbeitslosenquote vor der
                             Pandemie auf ein Rekordtief von 3,5 % sank, gedämpft blieb. Daher gibt es auch dieses
                             Mal keinen Grund, stärkeren Lohndruck zu erwarten, oder?

                             Nicht so schnell, bitte.

                             Die Lage bei den Löhnen ist recht interessant. Lassen Sie mich einige wichtige Punkte
                             herausarbeiten:

                             • Ja, am Arbeitsmarkt herrscht nach wie vor eine erhebliche Flaute. Mit 6,3 % ist die
                               „klassische“ Arbeitslosenquote immer noch hoch und gibt das wahre Ausmaß der Flaute
                               nicht richtig wieder, denn viele Menschen sind vorübergehend aus der Erwerbsbevölker-
                               ung ausgeschieden (die Erwerbsquote liegt zwei Prozentpunkte niedriger als vor der
                               Pandemie).
                             • Die Arbeitslosenquote ist jedoch bereits ziemlich schnell gesunken, und die Zahl der off-
                               enen Stellen ist so hoch wie 2017-2018.
                             • Die verbesserten Arbeitslosenhilfen könnten die Arbeitgeber zwingen, die Löhne zu
                               erhöhen, um Personal zu finden. In seinem Beitrag in der Washington Post rechnete
                               Summers vor, dass eine vierköpfige Familie mit einem Bruttoeinkommen von
                               1.000 US-Dollar pro Woche in den kommenden sechs Monaten fast 40 % mehr verdi-
                               enen wird, wenn der Ernährer der Familie arbeitslos ist.
                             • Die geplante deutliche Erhöhung des Mindestlohns ist ein weiteres Zeichen dafür, dass
                               der politische und soziale Trend allmählich in Richtung höherer Löhne geht, wie auch die
                               breiten Lohnerhöhungen bei Walmart und anderen großen Arbeitgebern bezeugen.
                             • Nicht zuletzt hängt Lohndruck auch davon ab, wie vehement die Arbeitnehmer höhere
                               Löhne fordern. Der geringere gewerkschaftliche Organisationsgrad im Privatsektor spielt
                               bei der Begrenzung von Lohnforderungen eine Rolle. Gleiches gilt jedoch auch für das
                               Vertrauen in die Preisstabilität, das durch eine lange Phase mit sehr niedriger Inflation
                               erzeugt wurde. Was wäre, wenn sich dies nun ändert?

                             Die schwache Preismacht hoher Erwartungen
                             Die Fed machte überdeutlich, dass sie zuerst abwartend agieren wird, wenn sich die Infla-
                             tion beschleunigt. Sie bekannte sich dazu, die Inflation eine Zeit lang über 2 % zu belassen,
                             um vorherige Unterschreitungen des Zielwerts auszugleichen.

                             Mit dem zunehmenden Wirtschaftswachstum, massiven fiskalischen Anreizen und dem
                             bisher schnellsten Wachstum der weiten Geldmenge – M2 legte seit Februar 2020 um 26 %
                             zu, was die größte geldpolitische Expansion seit 1943 darstellt1– könnte die Inflation mit
                             dem Wohlwollen der Fed ohne weiteres über den Zielwert steigen. Die Annahme, dass die
                             Inflationserwartungen dennoch fest verankert bleiben, könnte über Gebühr optimistisch sein.
                             Übrigens sind die Inflationserwartungen der Verbraucher auf Sicht eines Jahres in der Mitte
                             Februar veröffentlichten Erhebung der University of Michigan zur Verbraucherstimmung teil-
                             weise aufgrund höherer Kraftstoffpreise bereits auf 3,3 % geklettert.

                             Dieses Mal ist es anders
                             Als die Fed ihre quantitativen Lockerungsprogramme in Reaktion auf die globale Finanzkrise
                             auflegte, warnten manche Ökonomen ebenfalls, dass eine lockere Geldpolitik zu Inflation
                             führen würde. Dies geschah bekanntlich nicht. Warum sollte es also dieses Mal anders sein?

                             Es gibt zwei wesentliche Unterschiede: Erstens spielt die Geldpolitik dieses Mal hinter der
                             massiven fiskalischen Expansion nur die zweite Geige. Zweitens ist die Wirtschaft bereits auf
                             einen Aufschwung vorbereitet, denn die Impfungen machen eine Wiedereröffnung auf breiter
                             Front im weiteren Jahresverlauf wahrscheinlich.

4 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                       Inflation: Die Geister der Vergangenheit
Nach der globalen Finanzkrise investierten und rekrutierten die Unternehmen nur zögerlich,
                             die Erholung am Arbeitsmarkt war schmerzhaft zäh, und die Haushalte waren überschuldet
                             und nicht in Konsumlaune. Das von der Fed geschöpfte Geld lag bloß in den Bankreserven
                             herum und glich die verzweifelte Entschuldung des Finanzsystems aus.

                             Dieses Mal zieht der Arbeitsmarkt bereits wieder an, und die Haushalte sind in einer
                             robusten Finanzlage und können es kaum abwarten, wieder wie gewohnt zu konsumieren.
                             Hinzu kommt, dass eine beispiellose fiskalische Expansion für eine wirksame Verwendung
                             des Geldes sorgen und den Anstieg der Ausgaben unmittelbar anheizen wird.

                             Nach der globalen Finanzkrise fehlte es an den Verbraucherausgaben, und die geldpolitische
                             Expansion der Fed schlug sich in einer Inflation der Asset-Preise nieder. Da die Gesamt-
                             nachfrage dieses Mal durch die Fiskalpolitik angekurbelt wird, ist die gute alte Ver-
                             braucherpreisinflation viel wahrscheinlicher.

                             Die Geister der Vergangenheit
                             Die Notenbanken beharren darauf, keine Angst vor Inflation zu haben. Das sind die Geister
                             der Vergangenheit. Sie besiegten sie schon einmal und sind zuversichtlich, sie mit mini-
                             malen wirtschaftlichen Kosten unter Kontrolle bringen zu können, wenn der Zeitpunkt aus
                             ihrer Sicht gekommen sein wird.

                             Vielleicht.

                             Das letzte Mal, dass die Fed den Drachen der Inflation erlegte, geschah dies durch die
                             Anhebung der Fed Funds Rate auf 20 %. Darauf folgte 1982 die schwerste Rezession bis
                             2009. Dies war ein ziemlich hoher Preis. Im heutigen Umfeld wäre es für die Fed deutlich
                             schwieriger, die Entschlossenheit aufzubringen, die Wirtschaft erneut in eine Rezession zu
                             stürzen. Überdies würden höhere Zinssätze einer Regierung, die unter viel höheren Staatss-
                             chulden und einem nach wie vor enormen Haushaltsdefizit ächzt, sehr hohe Kosten auf-
                             bürden. Selbst eine unabhängige Zentralbank könnte dies kaum ignorieren.

                             In seiner Debatte mit Krugman betonte Summers, dass wir mit den fiskalischen Anreizen
                             über 1,9 Billionen US-Dollar Neuland betreten (und hinzu kommen noch die für Infrastruk-
                             tur geplanten 1 Billion US-Dollar). Noch niemals wurden derart massive fiskalische Anreize
                             in einer sich bereits erholenden Wirtschaft gesetzt, zumal die Fed sich dazu bekannte, eine
                             außerordentlich stützende Geldpolitik beizubehalten. Vielleicht wird das gut funktionieren,
                             aber es gibt keine Garantie. Ebenso sollte eine Zentralbank, der es dauerhaft nicht gelang,
                             ihr Inflationsziel von unten zu erreichen, nicht zu sehr auf ihre Fähigkeit vertrauen, das Ziel
                             von oben zu erreichen.

                             Interessanter wird es dadurch, dass es neben einer strukturellen auch eine zyklische Unsich-
                             erheit gibt: In einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Buch (The Great Demographic
                             Reversal) argumentieren Goodhart und Pradhan, dass die Alterung der Bevölkerung in China
                             und anderen Teilen der Welt eine strukturelle deflationäre Kraft durch eine inflationäre erset-
                             zen wird. Das bedeutet, dass China und andere Schwellenländer, die in den vergangenen
                             20 Jahren für einen massiven Anstieg der globalen Erwerbsbevölkerung sorgten, der das
                             Angebot steigerte und den Preisdruck einzudämmen half, nun eher die Reihen der Rentner
                             verstärken und somit eher die Nachfrage als das Angebot steigern. Dies erzeugt Inflations-
                             druck. Wenn sie nur zur Hälfte recht haben, würde ein zyklischer Anstieg der Inflation durch
                             einen langfristigen Impuls weiter verstärkt.

5 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                         Inflation: Die Geister der Vergangenheit
Auswirkungen auf Anleiheninvestments: Duration verringern, Rendite sorg-
                             sam auswählen
                             Ende letzten Jahres bewegten sich die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen bei rund
                             0,91 %, und die aus den Marktkursen abgeleitete Erwartung ging von lediglich 1,12 % bis
                             Jahresende aus. Die Renditen schossen rasch über dieses Ziel hinaus und liegen bereits bei
                             1,55 %, wobei der stärkste Zuwachs im vergangenen Monat erfolgte. Die Märkte waren
                             gezwungen, ihre Kurse für das Jahresende zu korrigieren und erwarten nun 10-jährige Ren-
                             diten von 1,75 %.

                             Wir sollten darauf gefasst sein, dass die Renditen am Jahresende sogar diese korrigierten
                             Prognosen übersteigen, falls die Impfstoffe ihr Versprechen halten und die Regierung die
                             oben erörterten fiskalischen Anreize umsetzt. Daher fällt es mir trotz des jüngsten Anstiegs
                             der langfristigen Renditen und der anschließenden Versteilerung der Zinsstrukturkurve
                             schwer, beim Durationsausblick positiv zu sein.

                             Gleichzeitig werden die Bewertungen der Spread-Sektoren insgesamt zusehends angespannt.
                             Dies macht mich selbst in Anbetracht des stützenden, besseren Wachstumsausblicks vorsich-
                             tig. Wir bevorzugen weiterhin vereinzelte Wertpapiere, Branchen und Marktsegmente in den
                             Bereichen hochverzinsliche und variabel verzinsliche Kredite und Schwellenländeranleihen.
                             Das entscheidende Wort ist „vereinzelt“: Sowohl Hochzins- als auch Schwellenländeranleihen
                             dürften stärker unter Druck geraten, besonders, wenn sich der Anstieg der US-Anleihenrendi-
                             ten umfassender auf das kurze Ende der Kurve ausdehnen sollte.

                             Ein erstes klares Signal von Stress sind die bereits schwächeren Wechselkurse der anfällig-
                             eren Schwellenländer. Sowohl die Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) haben
                             wiederholt bekräftigt, ihre geldpolitische Unterstützung fortzusetzen, doch die Märkte kön-
                             nten die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken auf die Probe stellen. Wegen der zugrunde lieg-
                             enden Stärke der Konjunktur wird eine Spread-Ausweitung aus meiner Sicht in den kom-
                             menden Wochen bei kurzlaufenden festverzinslichen Anlagen Chancen bieten. Darüber
                             hinaus erwarte ich, dass der US-Dollar bei einem Eintreten dieses Szenarios häufiger unter
                             Druck geraten wird.

6 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                        Inflation: Die Geister der Vergangenheit
Fußnoten
1. Quelle: US Federal Reserve, Daten bis Januar 2021. M2 ist eine Kennzahl für die Geldmenge, einschließlich von Bargeld, Sichteinlagen und leicht umwandelbarem „Quasigeld“,
   d. h. Spareinlagen, Geldmarktinstrumenten, Investmentfonds und anderen Termineinlagen.

WO LIEGEN DIE RISIKEN?
Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich. Die Anleihenkurse entwickeln sich
im Allgemeinen in die den Zinsen entgegengesetzte Richtung. Wenn sich also die Anleihenkurse in einem Investment-
portfolio an steigende Zinsen anpassen, kann der Wert des Portfolios sinken. Anlegern wird üblicherweise eine höhere
Rendite ausbezahlt, damit sie ein höheres Kreditrisiko eingehen. Hochzinsanleihen beinhalten ein größeres Ausfall-
risiko und eine höhere Kursvolatilität als andere hochwertige Anleihen und US-Staatsanleihen. Hochzinsanleihen
können plötzlichen und starken Kursschwankungen unterliegen, die sich auf den Wert Ihrer Anlage auswirken. Variabel
verzinsliche Anleihen und Schuldtitel weisen in der Regel ein Rating unterhalb von Investment Grade auf. Die Anlage
in höher und variabel verzinslichen Anleihen und Schuldtiteln mit niedrigerem Rating birgt ein größeres Ausfallrisiko.
Dies könnte zum Verlust des angelegten Kapitals führen – ein Risiko, das bei nachlassender Konjunktur steigen kann.
Der Zinsertrag aus variabel verzinslichen Anleihen schwankt mit den Änderungen der geltenden Zinssätze. Daher bieten
variabel verzinsliche Anleihen bei steigenden Zinssätzen höhere Zinserträge, während sie bei fallenden Zinssätzen
geringere Zinserträge erzielen. Ändert sich die Finanzkraft eines Anleihenemittenten oder das Kreditrating einer
Anleihe, kann dies den Wert der Anleihe beeinflussen. Anlagen im Ausland sind mit besonderen Risiken verbunden,
z. B. mit Währungsschwankungen, wirtschaftlicher Instabilität und politischen Entwicklungen. Anlagen in Schwellen-
ländern sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Zusätzliche Risiken ergeben sich aus
dem kleineren Marktumfang, der geringeren Liquidität sowie dem Mangel an rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen
und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der Wertpapiermärkte. Bei aktiv verwalteten Strategien können Verluste
entstehen, wenn sich das Urteil des Anlageverwalters in Bezug auf Märkte, Zinssätze oder die Attraktivität, die relativen
Werte, die Liquidität oder die potenzielle Wertsteigerung bestimmter für ein Portfolio getätigter Anlagen als unzutref-
fend herausstellt. Die Erreichung der gewünschten Ergebnisse mit den Anlagetechniken oder Entscheidungen eines
Anlageverwalters kann nicht garantiert werden.

7 Meine Gedanken zur aktuellen Lage                                                                                                  Inflation: Die Geister der Vergangenheit
WICHTIGE RECHTLICHE HINWEISE
Das vorliegende Material dient ausschließlich der allgemeinen Information. Es ist weder als individuelle Anlagebera-
tung noch als Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers oder zur Übernahme
einer bestimmten Anlagestrategie zu verstehen. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar.
Die in diesem Dokument enthaltenen Ansichten sind die des Investmentmanagers, und die Meinungen, Aussagen und
Analysen geben die Einschätzung zum 1. März 2021 wieder und können sich jederzeit ohne Vorankündigung ändern.
Die vorliegenden Informationen stellen keine vollständige Analyse aller wesentlichen Tatsachen in Bezug auf ein Land,
eine Region oder einen Markt dar. Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich.
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