NATUR & UMWELT - Land Burgenland

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NATUR & UMWELT - Land Burgenland
3 0 .   J a h r g a n g   •   A u s g a b e   3   /   2 0 2 0   •   H e r b s t

NATUR & UMWELT
i m        P a n n o n i s c h e n                               R a u m

                                                       VORBILD VORARLBERG
                                                       Naturbegegnung
BUNTES BURGENLAND                                               vor der
Naturjuwele,                                                  Haustüre
die es zu
schützen gilt

                                                            SÜDBURGENLAND
                                                          Immer mehr
                                                   Gemeinden schaffen
                                                        Schutzgebiete
PLUSENERGIEQUARTIER
Informationsaustausch
für eine effiziente
Energienutzung

Biodiversität in der Krise
 Wie jeder Einzelne in seinen unmittelbaren
       Lebensbereichen helfen kann
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
In dieser Ausgabe:
                                             Editorial                              Hianzenverein
                                        03   Mag. Hermann Frühstück            27   As kluani Viecher-ABC
                                             Buchtipp Gärtnern ohne                 Diözese Eisenstadt
                                        04                                     28   Lebendige Zukunft
                                             invasive Pflanzen
 10   Biodiversität im Siedlungsraum:
      Lebensraum für Tiere & Pflanzen   05   Buntes Burgenland                 29
                                                                                    Burgenländischer Forstverein
                                                                                    Schalenwild im Burgenland
                                             Naturjuwele schützen!
                                                                                    Burgenländischer Müllverband
                                        06   Biodiversität in der Krise?       30   Illegal entsorgte Elektroaltgeräte
                                             Prof. Dr. Thomas Wrbka 33
                                             Natur im Garten Burgenland             WLV Nördliches Burgenland
                                        07                                     31   Neues Wasserwerk in Kittsee
                                             Förderung der Artenvielfalt
                                             Biodiversität & Siedlungsraum          Innovationslabor act4.energy
                                        08                                     32   Ziel: Plusenergiequartier
                                             Lebensraum für Tiere & Pflanzen
                                             Natur vor der Haustüre                 Forschung Burgenland
                                        10                                     34   Klimaschutz & Mülltrennung
                                             am Beispiel Vorarlberg
                                                                                    Aktionstag Schöpfung 2020
                                                                               36   Patient „KLIMA“
                                             Glyphosatfreie Gemeinden
                                        12   Gütesiegel für Alternativen

 15   NB-Projekt: Gemeinde-Schutz-
      gebiete im Südburgenland
                                        13   Wunderbar naturnah
                                             mit dem Verein UNSER DORF
                                             Naturschutzorgane Bgld.
                                        14   Workshop & Familientreffen
                                             Naturschutzbund-Projekt
                                        15   Schutzgebiete im Südbgld.
                                                                                                n TITELFOTO:
                                                                             Ing. Peter WEBER aus Güssing
                                                                              hat uns das diesmalige Titelfoto
                                             BIO AUSTRIA Burgenland
                                        16   Bioland Burgenland
                                                                               zur Verfügung gestellt. Es zeigt
                                                                                   Weißstörche, die vor einem
                                             Esterhazy                           beeindruckenden Halbmond
                                        17   Biolandwirtschaft zum Angreifen       im Hintergrund in Richtung
                                             Verein BERTA                            Afrika aufbrechen, wo sie
                                        18   Versuche: Mähgutübertragung              für die nächsten Monate
                                                                                           ihre Winterquartiere
 18   Verein BERTA: Versuche für
      Mähgutübertragung
                                        19
                                             Naturschutzbund Burgenland
                                             Jahreshauptversammlung 2020
                                                                                             beziehen werden.

                                             Naturpark Geschriebenstein
                                        20   Auf und unter der Erd‘
                                             Naturpark Landseer Berge
                                        21   Naturparkpflege & Ferienspiel
                                             Welterbe-Naturpark
                                        22   Artenvielfalt & Rasen“mäher“
                                             Naturpark Rosalia-Kogelberg
                                        23   Innovative Naturparkideen
                                             Dreiländer-Naturpark Raab
                                        24   Sommer f. Kinder & Obstraupe
                                             Naturpark in der Weinidylle
                                        25   Steuobst, Maulbeeren & Co.
                                             NP Neusiedler See – Seewinkel
 26   Nationalpark Neusiedler See –     26   Nationalpark-Ausstellung neu!
      Seewinkel: Neue Ausstellung

N+U 2
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
editorial

„TRINKT, O AUGEN,
WAS DIE WIMPER HÄLT...“                                          Mag. Hermann Frühstück

Um Biodiversität und Artenvielfalt zu erhalten, be-          Eidechsen sonnen sich auf Natursteinmauern, aller-
ziehungsweise auch zu fördern, kann jeder Einzelne           lei Vögel nisten in den Bäumen und Sträuchern und
etwas beitragen.                                             singen jeden Morgen ihre Lieder. Die Libellen ziehen
Jeder, der einen Garten hat, einen Grünstreifen vor          ihre kunstvollen Flugkreise über dem Wasser, zwi-
dem Haus – und wenn diese noch so klein sind – kann          schen den Seerosen im Schwimmteich sonnen sich
diese so gestalten und pflegen, dass eine Vielfalt von       die Frösche und stimmen ihr Konzert zur Abend-
Arten leben und existieren kann. Der Grünstreifen vor        dämmerung an, wobei die Fledermäuse nach Flug-
dem Haus kann als artenreiche Wiese angelegt und             insekten haschen und die kleine Ringelnatter ihr
muss nicht als kurz geschorener Rasen gepflegt wer-          Nachtversteck aufsucht. Und als Höhepunkt des
den. Nicht nur, dass dabei ein Beitrag zur Artenvielfalt     Naturtheaters im Garten stürzt sich der Eisvogel vom
geleistet wird, erspart man sich Kosten, wenn dieser         Ast des Baums ins Wasser des Teichs und holt sich
Wiesenstreifen nur ma-                                                                      einen Wasserkäfer zur
ximal zweimal im Jahr                                                                       Mahlzeit.
gemäht werden muss.                                                                         Was kann schöner, er-
Ebenso kann man es                                                                          holsamer und befriedi-
halten, wenn man seinen                                                                     gender sein, als dieses
Garten im und um das                                                                        Schauspiel Tag für Tag
Haus als Obstgarten mit                                                                     zu erleben, wenn man
hochstämmigen        Bäu-                                                                   müde und abgekämpft
men und einer Blumen-                                                                       von der Arbeit in sein
wiese darunter anlegt                                                                       Haus und seinen Garten
und als solche behan-                                                                       zurückkehrt?! Und das
delt. Noch mehr Natur                                                                       alles ist völlig gratis zu
im Garten ist mit einer                                                                     bekommen, wenn man
artenreichen Hecke als                                                                      es zulässt, dass eine
Begrenzung, mit Wild-                                                                       Vielfalt von Arten Mitbe-
und Beerensträuchern,          n Schauplatz manch‘ einzigartigen Naturtheaters              wohner in seinem eige-
einem      Gemüsegarten        kann ein schön angelegter Schwimmteich im Garten             nen Garten sein darf.
und vielfältigen Blumen-       sein – oder ...                                              Doch ist es oft nicht
beeten leicht machbar.                                                                      ganz anders? Es liegt
Ein       naturbelassener                                                                   an uns selbst, indem
Schwimmteich anstatt                                                                        wir dies zulassen und
eines Swimmingpools                                                                         fördern. Ein Spruch von
gibt dem Ganzen eine                                                                        Lew N. Tolstoi kann das
besondere Note.                                                                             Szenario verdeutlichen:
Insgesamt        erfordert                                                                  „Wir zerstören Millionen
das weniger Arbeit und                                                                      Blüten, um Schlösser
Pflege, man fördert die                                                                     zu errichten, dabei ist
Artenvielfalt und als                                                                       eine einzige Distelblüte
Belohnung       bekommt                                                                     wertvoller als tausend
man dazu noch erleb-                                                                        Schlösser.“ Dem soll
nisreiche       Momente                                                                     nichts hinzugefügt wer-
geliefert. Die Bienen,                                                                      den, meint Ihr
Hummeln, Fliegen, Kä-
fer und Schmetterlin-                                                                                       Hermann
ge, die zahlreich die                                                                                  FRÜHSTÜCK
Blumen und blühen-             n ... aber auch eine vielfältige Wiese in einem Obst-                     Landesleiter
den Kräuter besuchen,          garten, die unzähligen Arten als Habitat und / oder                Naturschutzorgane
erfreuen das Auge.             Nahrungsquelle dient.                    Fotos: H. Frühstück                Burgenland

                                                                                                                   3 N+U
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
Impressum + Offenlegung                                                                 ReUse-Shops:
                                                                                   Retro, Vintage & Oldie but Goldie
   Verleger, Inhaber, Herausgeber:       • Die Zeitschrift transportiert
   • Verein der Burgenländischen         im wesentlichen die Inhalte des                                       Neulich war ich wieder in einem
   Naturschutzorgane – VBNO              Natur- und Umweltschutzes im                                          dieser ReUse-Shops – gibt’s eh im
   Europaplatz 1, 7000 Eisenstadt        Pannonischen Raum und dient als                                       ganzen Burgenland. Ich sage euch,
   T 057 600 2812 (Karin Wild)           Sprachrohr sowie Koordinations-                                       das ist eine wahre Fundgrube für
   • Co-Herausgeber:                     und Informations-Drehscheibe                                           Second-Hand-Freaks. Coole Sachen
   - Amt der Burgenländischen            aller mit Natur- und Umweltschutz                                      zum unschlagbaren Preis – von
   Landesregierung, Abteilung 4,         befassten burgenländischen Insti-
                                                                                                                Kleidung über Technik bis zu Origi-
   Hauptref. Natur- und Klimaschutz      tutionen.Das gemeinsame Ziel ist
                                                                                                                            nal LPs. Wo gibt’s denn
   - Landesumweltanwaltschaft            die Gewährleistung einer verstärk-
   Burgenland
                                                                                                                               das sonst noch?
                                         ten Zusammenarbeit und mehr
                                         Effizienz in der Arbeit für den
   Redaktionsbeirat:                                                                                                                Und alle Sachen
                                         Natur- und Umweltschutz.                                                     HITS
   Lois Berger,                                                                                                                     sind tip-top und
   Johann Binder,                                                                                                     80‘s          in einem super
                                         • „Natur & Umwelt im Pannoni-
   Thomas Böhm,                                                                                                                    Zustand. Ich finde
                                         schen Raum” erscheint vier Mal
   Ernst Breitegger,                                                                                                            die ReUse-Shops
                                         pro Jahr und wird in enger Zusam-
   Hermann Fercsak,                                                                                                         echt stark und die Idee
                                         menarbeit mit den folgenden
   Hermann Frühstück,                                                                                                     very nachhaltig.
                                         Vereinen und Institutionen erstellt:
   Christian Horvath,
   Thomas Knoll,                                                                                                          Weitere Infos findest du unter
                                         • Naturschutzbund Burgenland,                                                    www.reuse-burgenland.at
   Anton Koo,
                                         • Bgld. Naturschutzorgane,
   Alois Lang,
                                         • Verein B.E.R.T.A.
   Andreas Leitgeb,
                                         • Bio Austria Burgenland,
   Ernst Leitner,
                                         • Welterbe-Naturpark,
   Markus Malits,
                                         • NuP Rosalia-Kogelberg,                                                                          www.bmv.at
   Verena Münzenrieder                                                                              European Regional Development Fund

                                         • NuP Landseer Berge,
   Michael Niederkofler
                                         • NuP Geschriebenstein-Irottkö,
   Gottfried Reisner,
                                         • NuP In der Weinidylle,
   Nikolaus Sauer,
   Ramona Schmidt,
                                         • NuP Raab-Örsèg-Gori˘cko,
                                         • Bgld. Müllverband,
                                                                                Buchtipp: Gärtnern ohne
   Thomas Schneemann,
   Andrea Sedlatschek,
   Doris Seel,
                                         • NP Neusiedler See – Seewinkel,
                                         • WLV Nördliches Burgenland
                                                                                invasive Pflanzen
   Ernst Trettler,
                                         • Verein „Initiative Welterbe”             Anspruchslos und wunderbar gelb blühend bis in
                                         • „Hianzenverein”                      den Oktober hinein – darum fanden nordamerikanische
   Thomas Zechmeister,
                                         • Burgenland Tourismus
   Markus Zechner                                                               Goldruten den Weg in unsere Gärten. Robust und mit
   Christine Zopf-Renner                 • Biolog. Station Neusiedler See
                                         • Diözese Eisenstadt                   hübschen, farbigen Fruchtständen und großen, Schat-
                                         • Bgld. Forstverein                    ten spendenden Blättern – der Götterbaum aus China
   Redaktion, Produktion:
   DIE SCHREIBMEISTER OG                 • Esterházy Betriebe                   schien eine ideale Baumart für Park und Garten zu sein.
   Manfred Murczek                       • Innovationslabor act4.energy         Aber Goldrute und Götterbaum blieben nicht in den Gär-
   2491 Neufeld/L., Lisztgasse 2         • Forschung Burgenland                 ten, sondern fanden den Weg in unsere Natur, wo sie
   T +43 676 6106297                     • Mobilitätszentrale Burgenland
                                                                                keine Fressfeinde haben und darum heute beträchtliche
   murczek@speed.at
                                         • „Natur & Umwelt im Pannoni-
                                                                                Schäden verursachen.
   www.schreibmeister.info
                                         schen Raum” ist ein grenzüber-             Norbert Griebl, Gärtnermeister und Kräuterpäda-
   Auflage: 7.500 Stück                  schreitendes – A, HU, SK, SLO,         goge, stellt 70 Gartenpflanzen vor, die aus den Gärten
                                         HR ... – Informationsmedium und        entwischt sind und die
   • Es wird ausdrücklich darauf         auch das offizielle Mitglieder-        das Zeug haben, zu ei-
   hingewiesen, dass die Inhalte         magazin des Naturschutzbunds
                                                                                nem Problem für unsere
   der Artikel nicht in allen Fällen     Burgenland. Mitgliedsgemeinden
                                         des Naturschutzbunds Burgen-
                                                                                Natur zu werden. Und er
   die Meinung des Verlegers bzw.
   des Herausgebers wiedergeben.         land: Leithaprodersdorf, Stotzing,     zeigt auch die passen-
   Für die Inhalte sind die jeweiligen   Müllendorf, Baumgarten, Gols,          den heimischen Alter-
   Autoren direkt verantwortlich.        Pöttelsdorf, Zemendorf-Stöttera,       nativen. Ein Aufruf und
                                         Mattersburg, Forchtenstein,            Ratgeber an alle Gärtne-
   • Bezahlte, redaktionell gestaltete   Eberau, Rohr i. Bgld., Ollersdorf,
                                                                                rinnen und Gärtner, de-
   Anzeigen oder Beiträge, für die       Burgauberg-Neudauberg, Markt
   ein Druckkostenbeitrag geleistet      Allhau, Wolfau, Grafenscha-
                                                                                nen unsere biologische
   wurde, sind entsprechend              chen, Oberschützen, Bernstein,         Vielfalt am Herzen liegt!
   gekennzeichnet.                       Rechnitz, Mogersdorf, Neusiedl         Naturschutz beginnt im
                                         am See, Tadten, Unterrabnitz-          eigenen Garten. ISBN:
                                         Schwendgraben, Draßmarkt.              978-3-258-08069-7

N+U 4
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
Foto: Zoological Society of London

                                                          n links: In Weingraben freut sich Bürgermeister Peter Kohlmann über das Auffinden der Großen
                                                          Quelljungfer. In Zillingtal werden hingegen Blumenwiesen angelegt. Im Bild oben präsentieren
                                                          Bürgermeister Johann Fellinger und LH-Stv.in Astrid Eisenkopf (rechts) stolz erste Erfolge.

                                                         Naturjuwele schützen!
                                         „Wir haben die Große Quell-        in der Gemeinde zur Förderung          gebiet mit wunderbaren Streu-
                                     jungfer gefunden!“ Bürgermeis-         von Bestäubern, wie Wildbienen         obstwiesen. In Forchtenstein ler-
                                     ter Peter Kohlmann ist fasziniert      und Schmetterlinge. Bereits im         nen die Volksschüler im Rahmen
                                     von Libellen und entsprechend          März wurde eine Blumenwiese am         mehrerer Insektenwerkstätten ihre
                                     begeistert: In seinem Gemeinde-        Siedlungsrand angelegt. Ein „Sor-      artenreiche Umgebung kennen.
                                     gebiet, in Weingraben im Natur-        genkind“ hingegen war bisher der       „Das ist eine schöne Koopera-
                                     park Landseer Berge, lebt die          massive Bewuchs mit Goldrute im        tion“ freuen sich Bürgermeiste-
                                     größte europäische Libelle (Cor-       mehrere Hektar großen Rückhal-         rin Riki Reismüller und Direktorin
                                     dulegaster heros)! Bislang unent-      tebecken. Hier wird nun ein Pfle-      Silke Teuschl.
                                     deckt, konnte unser Team diese         ge-Regime zur Eindämmung der               Bis zu 14 Gemeinden können
                                     gefährdete Art unverbauter Wald-       Neophyten und Förderung der            am Projekt teilnehmen. LH-Stv.in
                                     bäche, die auch im Anhang II und       Feuchtwiesenarten gemeinsam            Astrid Eisenkopf zeigt sich erfreut
                                     IV der Flora-Fauna-Habitat-Richt-      mit der Gemeinde entwickelt und        über das große Interesse: „Das
                                     linie gelistet ist, im heurigen Som-   umgesetzt. Erste Erfolge, wie die      Bewusstsein für Naturschutz und
                                     mer nach einiger Suche gleich          Wieder-Etablierung einer kleinen       naturnahe Grünraumpflege ist
                                     an zwei Gewässern nachweisen:          Graudistelwiese zeigen sich be-        in den Gemeinden in den letzten
                                     Sowohl an der Rabnitz samt Zu-         reits nach wenigen Monaten!            Jahren enorm gestiegen. Darauf
                                     bringern als auch am Dorfaubach            Zahlreiche weitere Aktivitäten     wollen wir aufbauen und die Ge-
                                     leben die adulten Libellen eben-       werden ab Herbst umgesetzt: In         meinden, die ihren Beitrag zum
                                     so wie ihre Larven. Nun bemüht         Oslip lädt die Gemeinde die Bevöl-     Naturschutz leisten wollen, ent-
                                     sich die Gemeinde, dass dieser         kerung zum Mitmachen beim ers-         sprechend unterstützen.“
                                     naturnahe Zustand auch erhalten        ten Pflegeeinsatz am Silberberg                           Text und Fotos
                                     bleibt.                                ein, um die weitere Verbuschung               Dr. Julia KELEMEN-FINAN
                                         Peter Kohlmann ist einer von       der Halbtrockenrasen hintanzu-                       DI Thomas HOLZER
                                     mehreren Bürgermeistern, die mit       halten. In Stoob erforschen die
                                     ihrer „Mustergemeinde“ bereits         Schüler der Mittelschule gemein-                           Projektträger:
                                     am neuesten Projekt von natur-         sam mit den engagierten Biologie-               naturschutzakademie.at
                                     schutzakademie.at „buntes bur-         Lehrerinnen und dem Projektteam           Horner Str. 51, 2000 Stockerau
                                     genland: Naturjuwele schützen.“        die Artenvielfalt am Noplerberg/                www.buntesburgenland.at
                                     mitmachen. Projektinhalte und          Biri, einem Landschaftsschutz-             office@naturschutzakadmie.at
                                     Zielgruppen sind in den Gemein-
                                     den unterschiedlich. Zillingtal,
                                     deren Bürgermeister Johann Fel-
                                     linger sich als erster zur Teilnah-
                                     me am Projekt meldete, wünscht
                                     sich möglichst viel Blütenpracht

                                                                                                                                                    5 N+U
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
Artensterben, Landschaftswandel
   – Biodiversität in der Krise? Teil 3                                                                           3

   Biodiversität wird oft mit Artenreichtum – also der Zahl unterschiedlicher Organismen-
   arten – eines Gebiets gleichgesetzt. Doch schon in der 1992 in Rio de Janeiro verabschie-
   deten Biodiversitätskonvention wurde festgelegt, dass dieses wichtige Konzept auch die
   Vielfalt von Lebensräumen und Ökosystemen beinhalten soll.

   w Auswege aus der                      „State of the Nature“ zusammen-        – in deutlich geringerem Umfang
   Biodiversitätskrise                    gefasst.                               erbracht werden. Am Beispiel des
       In Folge der bisherigen Aus-           Auch in Österreich hat sich        Insektensterbens lässt sich zei-
   führungen stellen sich die Fragen:     ein Biodiversitätsrat konstituiert,    gen, wie das lange Zeit unbemerkt
   Muss von einer Biodiversitätskrise     der im Herbst mit „5 Kernforde-        gebliebene Wegbrechen ganzer
   oder gar dem Artensterben ge-          rungen“ zum Stopp des Biodi-           Organismengruppen die Bestäu-
   sprochen werden? Und wie könn-         versitätsverlustes bis 2030 an die     bung von Nutz- und Wildpflanzen
   te diesem noch begegnet werden?        Öffentlichkeit getreten ist. Erfreu-   gefährdet. Der Verlust der biolo-
   Faktenbasierte Antworten auf die-      licherweise hat die neue Bundes-       gischen Vielfalt hat – nicht nur in
   se Fragen sind nur möglich, wenn       regierung diese Forderungen zu         diesem Fall – die Minderung einer
   es weltweit zu systematischer Ver-     einem Großteil in ihr Regierungs-      ökonomisch hochrelevanten Öko-
   knüpfung biodiversitätsrelevanter      programm übernommen.                   systemleistung und damit Kom-
   Informationen durch den Einsatz            Das Ergebnis der genannten         pensationskosten in schwer ab-
   von „big data“-Technologie und         und vieler weiterer – zum Groß-        schätzbarer Höhe zur Folge.
   deren Bewertung durch möglichst        teil prominent publizierter – Be-          Die – auch in Österreich mess-
   viele renommierte, unabhängig          standsaufnahmen ist, wie bereits       bare – Biodiversitätskrise wird nur
   agierende        Fachwissenschaft-     angedeutet, alarmierend und kann       dann bewältigt werden können,
   lerInnen kommt. Es kann in die-        seriöser Weise eigentlich nur mit      wenn adäquate Naturschutzstra-
   ser Hinsicht als Erfolg bezeichnet     dem Begriff „Aussterbekrise“ cha-      tegien (weiter) entwickelt werden,
   werden, dass es im Juni 2010 zur       rakterisiert werden. Oder, wie es      denen ein ernsthaftes Nachhal-
   Gründung des Weltbiodiversitäts-       in einer amerikanischen Publika-       tigkeitskonzept zugrunde liegt.
   rats (IPBES – Intergovernmental        tion jüngst formuliert wurde: Wir      Die Ausweisung weiterer (Groß)
   Platform for Biodiversity and Eco-     befinden uns auf einem „march          Schutzgebiete ist unbestritten
   system Services) gekommen ist,         towards mass extinction“. Gegen-       notwendig, muss aber durch
   einer unter der Schirmherrschaft       wärtig gelten 1 Million Arten als      konsequente, großräumige Le-
   der Vereinten Nationen stehenden       gefährdet, durch unser Zutun ver-      bensraumvernetzung und natur-
   Institution, die analog zum Weltkli-   schwinden Organismenarten ein-         verträgliche Landnutzungsformen
   marat (IPCC) agiert und die Welt-      tausendmal (!) schneller aus un-       ergänzt werden, wie sie beispiels-
   öffentlichkeit regelmäßig über den     seren Ökosystemen als dies über        weise naturnahe Waldwirtschaft
   Zustand unserer Lebensgrund-           viele Millionen Jahre Erdgeschich-     und Biolandbau darstellen.
   lagen informiert sowie Entschei-       te der Fall war. Wurde die Evoluti-        Analog zur technischen ist
   dungsträgerInnen zu adäquaten          on irdischer Lebensformen bisher       also eine „grüne“ Infrastruktur
   Beschlüssen ermuntert und in der       von fünf markanten, planetaren         als strategisch geplantes Netz-
   Implementierung entsprechender         Ereignissen – wie beispielsweise       werk naturnaher, aber auch agra-
   Politik unterstützen will. Bezeich-    Meteoriteneinschläge – zurück-         risch oder forstlich genutzter Le-
   nenderweise kam der Anstoß zu          geworfen, sind beim derzeitigen        bensräume zu entwickeln, die
   solchen globalen „assessments“         sechsten Massensterben eindeu-         idealerweise nicht nur die Le-
   von weltweit agierenden Natur-         tig wir Menschen die zumindest         bensraumfunktion für bedrohte
   schutz-NGOs,          beispielsweise   mittelbare Ursache, ein Phäno-         Arten erfüllen, sondern im Sinne
   dem WWF, dessen – alle zwei            men, das euphemistisch auch als        der Multifunktionalität auch Leis-
   Jahre publizierter – „Living Planet    Anthropozän bezeichnet wird.           tungen wie Klimaregulation, Hu-
   Report“ in vielerlei Hinsicht Vor-         Wenn Arten verschwinden,           musaufbau, Wasserrückhalt uvm.
   bildcharakter besitzt. Auch von        werden die Netze des Lebens            erbringen. Den erfolgreichen und
   der Europäischen Umweltagentur         weitmaschiger, Ökosysteme we-          international anerkannten öster-
   (EEA – European Environmental          niger stabil. Dies hat zur Folge,      reichischen Nationalparks wird
   Agency) werden regelmäßig soge-        dass auch die Leistungen der           dabei eine Schlüsselfunktion zu-
   nannte Umweltindikatoren erfasst       Natur, die wir in Anspruch neh-        kommen können. In vermehrtem
   und für den Bereich Biodiversität      men – oftmals ohne uns dessen          Ausmaß sollten aber auch die von
   jüngst zu einem Bericht über den       in vollem Umfang bewusst zu sein       der UNESCO als Modellregionen

N+U 6
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
für nachhaltige Entwicklung kon-
zipierten Biosphärenparks einge-              Sichtbare Förderung von
richtet und die so empfindlichen
Feuchtlebensräume unter den
Schutz der Ramsarkonvention
                                          Artenvielfalt: NATUR IM GARTEN
gestellt und mit Hilfe sogenann-           Was 1999 in Niederösterreich      und -materialien bei Gartentagen
ter „wise use“-Konzepte weiter-        als zartes Pflänzchen begann, ist     und in Gartencentern, werden auf
entwickelt, ggf. auch restauriert      heute eine florierende Bewegung.      Anfrage laufend neue Gärten aus-
werden.                                Nicht nur in Österreich sondern       gezeichnet und deren Besitzer-
    Lösungsansätze dieser Art          in sieben europäischen Ländern        Innen hinkünftig auch miteinander
sind nicht neu, sollten aber auf-      ziert die Plakette mit dem Igel die   vernetzt.
grund der ernsten Bedrohungs-          Gartenzäune von Naturgarten-             Voller Vorfreude wird auf das
lage rasch in Angriff genommen         liebhaberinnen und -liebhabern.       Jahr 2021 geblickt, in dem erst-
werden. Analog zu gängigen Ma-             Seit mittlerweile 21 Jahren       malig rund 50 mit der Plakette
nagementmethoden in der Wirt-          setzt sich „Natur im Garten“ nun      ausgezeichnete Naturgärten ihre
schaft müssen auch im Bereich          schon für die Ökologisierung von      Türen für BesucherInnen öffnen.
Naturschutz und naturverträgliche      Gärten und Grünräumen sowie           Auf diese Weise werden Inter-
Landnutzung Controlling und be-        die Förderung der Biodiversität       essierten prachtvolle Einblicke,
gleitendes Monitoring als Kon-         ein. Ziel ist es, europaweit ein      wertvolle Ideen, Umsetzungs-
trollinstrumente für Zielerreichung    Bewusstsein für die Bedeutung         möglichkeiten und Bepflanzungs-
und Optimierung verstärkt einge-       von naturnahen Lebensräumen           beispiele angeboten.
setzt werden. Schon jetzt zeigt        für die heimische Fauna und Flora        Ob Plakette, Informations-
sich nämlich, dass völkerrechtlich     zu schaffen.                          materialien, Newsletter oder Vor-
verbindliche Zielsetzungen – etwa          Im Burgenland ist die beim        träge – bei Interesse genügt ein
die „Aichi“-Biodiversitätsziele –      Burgenländischen Volksbildungs-       Anruf oder ein e-mail bei „Natur
verfehlt werden, weil bestehende       werk angesiedelte Initiative seit     im Garten“ Burgenland. Denn
Verpflichtungen nicht genügend         2017 aktiv und erfreut sich ste-      gemeinsam können wir für Tiere,
ernstgenommen und zu wenig             tigen Wachstums. Hier, wo die         Pflanzen und Menschen gesun-
Ressourcen bereitgestellt wer-         Bewegung im Vergleich noch re-        de und nachhaltige Lebensräume
den. Österreich muss sich eine         lativ jung ist, wurden bereits 300    schaffen und erhalten!
„Biodiversitäts-Milliarde“ leisten,    „Natur im Garten“-Plaketten ver-
um an seine einstige Vorreiterrolle    geben. Sie sind ein sichtbares           Natur im Garten Burgenland
in Natur- und Umweltschutz anzu-       Zeichen für Engagement im Be-                         T 02682-62282
schließen. Aufgrund der erwart-        reich des Naturschutzes und der          burgenland@naturimgarten.at
baren regional- und umweltöko-         Förderung von Artenvielfalt im                  www.naturimgarten.at
nomischen Effekte kann aber da-        Privatgarten.
von ausgegangen werden, dass               Gepaart mit Informations-
sich diese Investitionen auch in       veranstaltungen, wie Vorträgen
wirtschaftlicher Hinsicht bezahlt      und Workshops zu Themen wie
machen.                                „Naturnahe         Gartengestaltung
                   Text und Fotos      und -pflege“ sollen Gartenbesit-
   Ass.Prof. Dr. Thomas WRBKA          zerInnen dazu motiviert werden,
                   Universität Wien    Lebensräume für Tiere und Pflan-
       Dept. Botanik & Biodiversität   zen im Privatbereich zu schaffen.
                                       Unterstützt wird die Aktion durch
                                       eine aktive Bewerbung über Soci-
                                       al Media, die sich größter Beliebt-
                                       heit erfreut und zum gegenseiti-
Über den Autor                         gen Wissensaustausch anregt.
Ass.Prof.                              Gespickt mit Garten-, Ausflugs-
Dr.     Thomas                         und Veranstaltungstipps können
WRBKA       lehrt                      sich Interessierte hier ein um-
und forscht als                        fassendes Bild der notwendigen
Vegetations- und                       und möglichen Schritte nachhal-
Landschafts-                           tiger Gartengestaltung machen.
ökologe       an                       Ergänzt wird das Angebot durch
der Universität                        einen regelmäßig versandten
Wien am Institut für Botanik und       Newsletter. Durch bereits aktive
Biodiversität und ist Vorsitzender     PlakettenbesitzerInnen motiviert,
des Wissenschaftlichen Beirats         aber auch durch die Präsenz der
im Nationalpark Neusiedlersee –        Initiative mit Informationsständen
Seewinkel

                                                                                                           7 N+U
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
Biodiversität im Siedlungsraum
   Dicht verbaute Stadt- und Ortszentren, versiegelte Gewer-
   begebiete und geordnete Park- und Gartenlandschaften –
   das bekannte Stadt- und Ortsbild täuscht. Denn auch die
   Natur ist in unseren Siedlungen präsent und bietet Lebens-
   räume für Tier- und Pflanzenarten.

       Österreich ist europäischer       als Lebensraum oder zur Futter-
   Spitzenreiter in Bezug auf Flä-       suche nutzen. Eines der höchsten
   chenverbrauch und Bodenver-           Entwicklungspotenziale     haben
   siegelung. Dies betrifft aber nicht   Ruderalflächen, die natürlichen
   nur Großstädte, denn vor allem im     oder hemeroben Ursprungs sein
   länd-lichen, meist zudem auch in-     können. Schottergruben oder alte
   tensiv agrarisch genutzten Raum       Steinbrüche werden schon seit
   gehen reichhaltige Natur- und Kul-    langem als wertvolle Biotope er-
   turlandschaftsflächen durch groß-     kannt und sind zum Teil auch na-
   zügig dimensionierte Bauprojekte      turschutzrechtlich geschützt.
   verloren. Damit einher geht der
   quantitative, aber auch qualitati-    w Grundlagen und Initiativen
   ve Verlust an Tier- und Pflanzen-        Bereits im Jahr 1992 hat sich
   populationen sowie an vielfältigen    Österreich zum „Übereinkom-
   Lebensräumen.                         men über die biologische Vielfalt“
       Lange Zeit war die gängige        (CBD) bekannt, dem ein umfas-          n Steinplatten im Bereich eines
   Meinung, dass Stadt bzw. Sied-        sendes Verständnis von biologi-        Spielplatzes
   lungsraum und Natur unverein-         scher Vielfalt zugrunde liegt und
   bare Gegensatze seien. Doch           das die Nutzung der biologischen
   Natur in unseren Städten und          Vielfalt durch den Menschen mit        Strukturen im Siedlungsraum, die
   Dörfern ist allgegenwärtig: Gär-      einbezieht. Aber auch das Bur-         zur Verbesserung der Lebens-
   ten, Park- und Friedhofanlagen,       genländische Naturschutzgesetz         bedingungen für die Tier- und
   Bachufer, extensive oder unge-        bietet eine rechtliche Grundlage       Pflanzenwelt, aber auch für den
   nutzte Flächen, Mauerritzen und       für den Arten- und Lebensraum-         Menschen beitragen.
   Pflasterfugen, Schutt- und Ab-        schutz. Die Biodiversitäts-Strate-        Mögliche kleine Maßnahmen
   lagerungsstätten sowie Gewer-         gie Österreich 2030 thematisiert       zur Rückeroberung unser Städ-
   be- und Industrieareale bieten        die Bedeutung und die Funktionen       te und Dörfer durch die Natur
   vielfältige Lebensräume für oft       intakter Ökosysteme, die etwa es-      sind etwa das Zulassen des Be-
   überraschende und zum Teil auch       sentiell für die geistige Gesundheit   wuchses in Pflasterritzen, die ex-
   seltene Tier- und Pflanzenarten.      und den Klimaschutz sind und           tensive Begrünung der Dächer,
   Siedlungsräume bieten ein Mo-         Bedeutung als Erholungsraum,           Fassadenbegrünungen oder das
   saik unterschiedlichster Standort-    aber auch für die wirtschaftliche      Zulassen von kleinen Pfützen.
   und Lebensbedingungen, meist          Entwicklung haben.                     Schon dadurch werden etwa
   auf kleinem Raum, teilweise flä-                                             Habitate für Insekten (z. B. für
   chig, selten vernetzt.                w Siedlungsraum gestalten              Laufkäfer oder Spinnen) oder
       Untersuchungen, etwa in der          Was ist also zu tun? Um nach-       Amphibien sowie Futterstellen
   Schweiz, haben gezeigt, dass          haltig und dauerhaft Biodiversität     für Vögel geschaffen. Durch den
   städtische Strukturen zum Teil        in unseren Städten und Dörfern         Bodenaufbau, das Oberflächen-
   doppelt so viele Pflanzenarten be-    erreichen zu können, muss der          material, die Bepflanzung oder
   herbergen als überwiegend land-       Siedlungsraum „natürlicher“ ge-        den Wasserhaushalt können auf
   und forstwirtschaftlich genutzte      staltet werden. Die Bedeutung          kleinstem Raum unterschiedliche
   Räume. Dabei sind in unseren          der Städte und Dörfer ist nicht        Lebensräume entstehen.
   Siedlungen nicht nur „Allerwelts-     nur in stadträumlich-funktionaler,        Bei Spielplätzen werden durch
   arten“ zu finden, sondern auch        klimatischer und sozialer Hinsicht     den Verzicht auf teure Marken-
   seltene, teilweise geschützte und     gegeben, sondern muss um die           spielgeräte und den Einsatz
   bedrohte Tier- und Pflanzenar-        Dimension „naturnah“ erweitert         natürlicher Landschafts- bzw.
   ten. Jeder kennt beispielsweise       werden. Im Bewusstsein der Men-        Gestaltungselemente         (Brach-
   das Einwandern von Füchsen,           schen findet Natur in der freien       und Wiesenflächen, bekletterba-
   Greifvögeln, Rehen, Wanderfal-        Landschaft statt, im Ort selbst        re Findlinge, liegendes Totholz,
   ken, Fledermäusen oder Igel, die      muss es „sauber“ und gepflegt          Bodenmodellierungen, Wasser-
   unser unmittelbares Wohnumfeld        sein. Dabei sind es auch „wilde“       läufe etc.) die Phantasie angeregt,

N+U 8
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
die Aktivität der Spielplatznutzer
gesteigert und die Kommunika-
tion zwischen den Generationen
gefördert.
    Durch die Extensivierung der
Pflege in den öffentlichen Be-
reichen kann eine Umwandlung
von intensiv gepflegten Rasen-
flächen in artenreiche (Blumen-)
Wiesenflächen erreicht werden,
etwa in Parkanlagen und/oder am
Friedhof. Auch die Pflanzung von
autochthonen Stauden, beispiels-
weise auf Verkehrsinseln oder in
Baumscheiben, trägt zu einer Ex-
tensivierung der Pflegemaßnah-
men und zur Verbesserung der
Artenvielfalt bei. Diese Extensivie-
rungsmaßnahmen machen sich             n Extensive Staudenpflanzung (oben) und offene Pflasterfugen (unten)
zudem in den Gemeindebudgets
bemerkbar, zumal weniger Pfle-
geaufwand erforderlich wird und        wird. Daher sind Maßnahmen zur
damit Kosten gespart werden            Aufwertung von Lebensräumen
können.                                im Ort in einem regen Austausch
    Durch die Erhaltung von            mit den Bewohnerinnen und
Ruderalflächen (z. B. nicht mehr       Bewohnern zu kommunizieren;
genutzte Betriebsstandorte) und        Infotafeln am Rand einer extensiv
Sekundärbiotopen (z. B. alte Stein-    gepflegten oder naturnah gestal-
brüche) können hochwertige             teten Anlage reichen häufig nicht
Lebensräume entstehen, die der         aus. Ziel muss es sein, durch Auf-
heimischen Fauna und Flora als         klärungsarbeit ein Bewusstsein in
Rückzugsort dienen, aber auch          der Bevölkerung zu schaffen, da-
als Erkundungs- und Erlebnis-          mit „Natur im Ort“ als selbstver-
raum für die Bevölkerung – ein         ständlich und als Lebensqualität
„Robinsonspielplatz“ ohne hohe         wahrgenommen wird.
Finanzierungskosten.                      Um langfristig mit mehr Bio-
    Kleine, naturnahe Flächen im       diversität in unseren Städten und
Ort erfüllen als Trittsteinbiotope     Dörfern Erfolg zu haben, wird die-
wichtige ökologische Funktionen.       ses Verständnis und vor allem die
Da sie isoliert liegen und oft nur     Akzeptanz in der Bevölkerung ent-
temporär vorhanden sind, kommt         scheidend sein. Auch wenn sich
der Vernetzung unterschiedlicher       das Artenspektrum in Anbetracht
Biotoptypen, der Verbindung von        des Klimawandels bereits ver-
Mikro- und Makrohabitaten sowie        schiebt, so gibt es durchaus noch
der Verbindung mit größeren Le-        Luft nach oben für ökologisch         Die Autorin:
bensräumen (innerhalb der Sied-        vielfältige, von unterschiedlichen    DI Karin GRAF
lungsgebiete und bis in die Kul-       Pflanzen- und Tierarten bevölker-     Studium der
turlandschaft hinaus) in Bezug auf     te Biotope im Ort. Die Situierung     Landschafts-
ihre Nachhaltigkeit und Lebensfä-      und Vernetzung entlang fußläu-        ökologie und
higkeit besondere Bedeutung zu.        figer Wege erlauben nicht nur neue    Landschafts-ge-
    Doch das Nebeneinander sied-       Beobachtungen im Alltag, son-         staltung an der
lungsbezogener Anforderungen           dern schaffen auch Begegnungen        BOKU und der
und der „Natur im Ort“ ist nicht       zwischen Bewohnerinnen und            Architektur an der TU Wien.
immer konfliktfrei. Es bedarf meist    Bewohnern untereinander sowie         Seit 2014 Universitätslektorin
eines umfassenden Aufklärungs-         mit (seltenen) Tier- und Pflanzen-    an der TU Wien, Institut für
prozesses bei allen Generationen.      arten und lassen jahreszeitliche      Städtebau, Landschaftsarchitek-
Erfahrungen aus der Gemeinde-          Prozesse hautnah erleben. Da-         tur und Entwerfen, Studio
arbeit zeigen, dass mehr „Natur        durch kann die natürliche Vielfalt    Städtebau.
im Ort“ oft mit Ungepflegtheit         im Ort wieder stärker bewusst und     Lebt und arbeitet als Land-
verwechselt, Wiesen- statt Ra-         geschätzt werden und Naturerle-       schaftsplanerin in Niederöster-
senflächen als ungenügende Ge-         ben und -wahrnehmung gefördert        reich, Wien und im Burgenland
meindearbeit        wahrgenommen       werden.                          u    office@digraf.at • www.digraf.at

                                                                                                              9 N+U
NATUR & UMWELT - Land Burgenland
Naturbegegnung vor der Haustüre
     Natur im Siedlungsraum sorgt für Lebensqualität und                          Gewinnung oder Mahdgutüber-
     ermöglicht Naturbegegnung vor der Haustüre. Es werden                        tragung ausprobiert, geduldig
                                                                                  gewartet, ob nun in dieser Stein-
     Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen, Vernet-                       wüste vielleicht doch noch was
     zungen ermöglicht und die Auswirkungen des Klimawan-                         wächst, Nahrungs- und Nisthabi-
     dels abgepuffert.                                                            tate für Wildbienen angelegt und
                                                                                  reger Austausch unter den Kurs-
         Vorarlberg bemüht sich schon      zung und Austauschtreffen, ein         teilnehmerInnen gepflegt. In vie-
     lange, die Gemeinden in ihrer         vielfältiges Seminar- und Exkur-       len Gemeinden können sich die
     Naturschutzkompetenz zu stär-         sionsprogramm gemeinsam mit            Ergebnisse sehen lassen und das
     ken. Von 2008 bis 2018 konnten        interessierten Gemeinden zu er-        Wildbienenmonitoring in Rankweil
     wir die Gemeinden über das Pro-       reichen versuchten.                    hat gezeigt, dass die Flächen von
     gramm „Naturvielfalt in der Ge-           Ein großer Erfolg wurden die       den Insekten dankend angenom-
     meinde“ unterstützen. Ziel war es,    Kurse „bunt und artenreich“ für        men werden. Auf neu angelegten
     dass Naturschutz fest im Gemein-      Bauhofmitarbeitende in den Ge-         Flächen konnten 139 Wildbienen-
     dealltag verankert wird, Natur und    meinden. In den Kursen wurden          arten, teilweise auch in großer
     Landschaft bei der Siedlungs-         die TeilnehmerInnen von 2013           Abundanz, gefunden werden.
     entwicklung mitgedacht werden,        – 2015 und von 2016 – 2018
     Klimawandelanpassungsmaßnah-          jeweils über drei Jahre bei der An-    w Rahmenbedingungen schaffen
     men mit biodiversitätsfördern-        lage und Pflege von naturnahem,           Daneben haben wir auch im-
     den Maßnahmen verbunden wer-          öffentlichem Grün begleitet – siehe    mer versucht auf die Rahmenbe-
     den, Naturerlebnis direkt vor der     www.buntundartenreich.at.              dingungen einzuwirken. Sei es,
     Haustüre möglich ist, eine hohe           Gemeinsam wurde aus den            dass die Ökologie in die Bewer-
     Lebensqualität durch vielfältige      Erfolgen und Misserfolgen ge-          tung des kommunalen Gebäude-
     Lebensräume für Menschen, Tie-        lernt, Lösungen und Verbesse-          ausweises aufgenommen wurde
     re und Pflanzen gegeben ist und       rungsmöglichkeiten        gesucht,     und so ein Anreiz besteht, natur-
     so auch die Klimaresilienz erhöht     unterschiedliches Saatgut mit          nahe Elemente in die Außenraum-
     wird. Hehre Ziele, die wir durch      und ohne Initialpflanzen erprobt,      begrünung aufzunehmen oder
     praxisnahe Beratungen, Vernet-        regionales Saatgut über eBeetle-       Dach- und Fassadenbegrünungen
                                                                                  bei öffentlichen Gebäuden umzu-
                                                                                  setzen, oder durch aktive Mitwir-
                                                                                  kung im Prozess der Entwicklung
                                                                                  eines Raumbildes in Vorarlberg.
                                                                                     Ein weiterer Schlüsselfaktor ist
                                                                                  der Planungssektor. Im Rahmen
                                                                                  eines Interreg-Projekts wurde mit
                                                                                  zahlreichen Partnern ein Dialog-
                                                                                  Prozess mit Planung, Bauwirt-
                                                                                  schaft und Politik lanciert, der im
                                                                                  internationalen Symposium „natur
                                                                                  vielfalt bauen“ mündete – siehe
                                                                                  www.naturvielfaltbauen.org.

     n Gelungen: ein naturnahes Biotop im Siedlungsraum (oben); und erstes KGA-Dach im Dorf Lauterach (kleines Bild)

N + U 10
Die Ergebnisse des Symposi-
ums fließen in ein internationales
EU-Life-Projekt ein. Das Projekt
BooGI-BOP („Boosting Urban
Green Infrastructure through Bio-
diversity Oriented Design of Busi-
ness Premises“) hat seinen Fokus
auf Betriebsareale und -gebiete
gelegt – siehe www.biodiversity-
premises.eu/de/. Dieser Sektor
birgt ein riesiges Verbesserungs-
potential hinsichtlich Biodiversität
und      Klimawandelanpassungs-
maßnahmen. Vorarlberg hat im
Rahmen des Projekts ein Dis-
kussionspapier als Gesprächs-
grundlage mit Stakeholdern aus
Politik, Verwaltung, Planung,
Standesvertretungen,       Wissen-
schaft und Unternehmen erstellt.
Weiters werden 20 Betriebe und
zwei Betriebsgebiete beraten,
wie sie durch Berücksichtigung
von Boden, Pflanzen und Tieren
im Betriebsareal und am Gebäu-         n Abenteuerlich: Blumen- und Spielwiese mit Mehrwert
de lebenswerte Standorte ent-
wickeln. Parallel dazu bieten wir
im Rahmen eines Interreg-Pro-          Biodiversitätsdächer angelegt.       den KLAR-Regionen und durch
jekts einen praxisnahen Kurs zu                                             viele örtliche Initiativen umge-
Biodiversitätsdächern an – siehe       w KLAR Regionen und                  setzt. Ein Projekt zur Stärkung von
www.buntundartenreich.at – und         örtliche Initiativen                 regionalem Saatgut (Heublumen-
in drei Gemeinden werden mit             Zahlreiche Aktivitäten zu mehr     Wiese aus dem Sack) ist im Auf-
fachlicher Unterstützung Pilot-        Natur im Siedlungsraum werden in     bau. Mit der Abt. Straßenbau sind
                                                                            wir im Gespräch. Der Verband für
                                                                            Obst- und Gartenkultur Vorarl-
                                                                            berg (OGV) zertifiziert naturnahe
                                                                            Gärten, der Imkerverband setzt
                                                                            sich für mehr Blühflächen ein. Ein
                                                                            Ratgeber zum Thema Gründach
                                                                            und Photovoltaik geht gerade in
                                                                            Druck. Es regt sich was an ver-
                                                                            schiedenen Ecken und Enden.
                                                                                So lassen wir uns seit vielen
                                                                            Jahren auch durch Rückschläge
                                                                            nicht entmutigen und arbeiten
                                                                            frei nach dem Motto des afrika-
                                                                            nischen Sprichworts „Wenn viele
                                                                            kleine Menschen an vielen klei-
                                                                            nen Orten viele kleine Dinge tun,
                                                                            können sie das Gesicht der Welt
                                                                            verändern“.                       u

                                                                            Die Autorin:
                                                                            Christiane
                                                                            MACHOLD
                                                                            Biologin,
                                                                            Naturschutz-
                                                                            Sachverstän-
                                                                            dige im Amt
                                                                            der Vorarlber-
                                                                            ger Landesregierung,
n Praktikabel: Blumenwiese grenzt an Parkplatz                              Programm- und Projektleiterin

                                                                                                          11 N + U
n LRin Astrid Eisenkopf, LR Heinrich Dorner                   n Neufeld / Leitha kommt seit 2017 ohne Glyphosat aus

     Gemeinden verzichten auf Glyphosat
         Glyphosat ist seit vielen Jahren      duzieren. „Mein Ziel ist, dass das        öffentlichen Bereich verzichten und
     in einer Reihe von weltweit zugelas-      ganze Burgenland glyphosatfrei            auf das händische Entfernen des
     senen Unkrautbekämpfungsmitteln,          wird. Ich möchte, dass unsere Kin-        Unkrauts umstellen. Bei der Umstel-
     wie zum Beispiel im Mittel „Round         der in einer gesunden Umgebung            lung, die zwar mehr Personalauf-
     up“, als Wirkstoff enthalten. Der Stoff   aufwachsen. Dazu müssen wir auf           wand mit sich bringt, mussten auch
     wirkt als Totalherbizid, das heißt, er    allen Ebenen ansetzen – die Flächen       wir sehr innovativ sein. Verschiede-
     vernichtet alle grünen Pflanzen. Wo       des Landes und aller landesnahen          ne Alternativen wurden ausprobiert,
     Glyphosat gespritzt wird, wächst          Betriebe werden glyphosatfrei ge-         diverse Arbeitsgeräte getestet. Es
     keine Pflanze mehr – außer sie ist        pflegt. Wir gehen mit gutem Beispiel      gibt zwar nicht das eine optimale
     resistent. Der Einsatz von glypho-        voran, um auch die Gemeinden, die         Arbeitsgerät, aber mit den Investi-
     satbasierten Herbiziden ist in den        Landwirtschaft und Privatpersonen         tionen in ein spezielles Kehrgerät,
     letzten Jahren massiv angestiegen.        davon zu überzeugen, dass es auch         in Kehrbesen sowie in ein auf Infra-
     400 Tonnen Glyphosat werden jähr-         ohne Glyphosat funktioniert. Mit der      rottechnik basierendes Arbeitsgerät
     lich österreichweit aufgebracht, die      Bio-Wende sind wir im Agrarbereich        konnten wir die manuelle Entfernung
     Spritzmittel sind in jedem Garten-        auf einem guten Weg“, so die für          des Unkrauts durch unsere Gemein-
     oder Baumarkt frei erhältlich.            Umweltschutz zuständige LH-Stv.in         dearbeiter erleichtern.“
         Das meist eingesetzte Pflan-          Mag.a Astrid Eisenkopf.                       Generell gilt: Naturnahe Grün-
     zengift der Welt tötet jede Pflanze,          Das Gütesiegel „Ökologische Ge-       flächen, wie Wildblumenwiesen oder
     die nicht gentechnisch so verän-          meinde“ zeichnet jene Gemeinden           Trockenbeete, sind nicht nur einfa-
     dert wurde, dass sie den Herbizid-        aus, die freiwillig auf das umstrittene   cher in der Pflege, sondern bieten
     einsatz überlebt. Viele Studien brin-     Pestizid verzichten. Mittlerweile ha-     Insekten und anderen Tierarten
     gen die Verwendung von Glyphosat          ben 60 Gemeinden im Burgenland            einen wertvollen Lebensraum.      u
     mit negativen gesundheitlichen Fol-       das Glyphosat aus der öffentlichen
     gen in Verbindung. Bei vielen der ne-     Grünraumpflege verbannt. Der Ver-
     gativen gesundheitlichen Auswirkun-       zicht auf die bequeme und billige          Die Abteilung 5 – Bau-
     gen handelt es sich um chronische         Unkrautbekämpfung mittels Herbi-           direktion – des Amts der
     oder langfristige Erkrankungen. Die       zid stellt die Gemeinden vor neue          Bgld. Landesregierung
     Weltgesundheitsorganisation WHO           Herausforderungen. Unkrautjäten in
     hat Glyphosat als „wahrscheinlich         Handarbeit ist oftmals zu teuer und        ... verzichtet im Bereich der
     krebserregend“ eingestuft.                zeitaufwändig.                             Grünraumbewirtschaftung
         Während auf nationaler Ebene              Wie die Umstellung dennoch             entlang der Straßen seit 2013
     noch diskutiert wird, ob das im Na-       gelingt, zeigt die Stadtgemeinde           auf den Einsatz von Glypho-
     tionalrat im Jahr 2019 beschlossene       Neufeld an der Leitha, die seit 2017       sat. Seit 2018 sind auch alle
     Totalverbot von Glyphosat mit dem         glyphosatfrei ist. Bürgermeister           landesnahen Unternehmen
     Unionsrecht vereinbar ist, setzt das      Michael Lampel berichtet: „Natür-          glyphosatfrei.
     Land Burgenland verschiedenste            lich war es für uns auch selbstver-        Das Gütesiegel „ökologische
     Maßnahmen, um den Einsatz von             ständlich, dass wir der Umwelt und         Gemeinde“ wurde 2016 ins
     Glyphosat Schritt für Schritt zu re-      Gesundheit zuliebe auf Glyphosat im        Leben gerufen.

N + U 12
Wunderbar naturnah
                                                                                 leisten“, erklärt Marlene Hrabanek-
                                                                                 Bunyai, GFin des Vereins UNSER
                                                                                 DORF. Sie rät zu mehr Mut zur
                                                                                 Unordnung. Adrett aussehende,
Verein UNSER DORF motiviert Gemeinden, das Burgenland                            perfekt gepflegte Gärten und Grün-
                                                                                 flächen sind für Lebewesen „toter,
BeeFit zu machen                                                                 wertloser Lebensraum, aus biologi-
   „Natur- und Klimaschutz spielt in    Bedeutung der Nützlinge und da-          scher Sicht leider leere Wüsten“.
den Gemeinden eine immer wichti-        mit die Wichtigkeit ihres Schutzes
gere Rolle. Aktiver Naturschutz und     deutlich. Auch Verkehrsflächen in        w Zentrale Wissensplattform
der Erhalt der Biodiversität im Bur-    Gemeinden dürfen aufgrund der zu-            Eisenkopf sieht als Projektziel
genland betrifft jede Gemeinde und      nehmenden Versiegelung der Land-         „eine zentrale Wissensplattform,
muss sich über unsere Schutzge-         schaft als wichtige Lebensräume          die vermittelnd und landesweit als
biete hinaus erstrecken. Es braucht     von Insekten und Mikro-Ökosyste-         Netzwerk zwischen Gemeinden,
einen ganzheitlichen Ansatz, der        men nicht mehr außer Acht gelas-         Vereinen, Bevölkerung, Naturschutz
über den Status ‚glyphosatfrei‘         sen werden. „Das Projekt ‚Burgen-        und bestehenden Initiativen agiert“.
hinausgeht. Mit dem Naturschutz-        land beefit‘ soll landesweit einen           Kern des Projekts sei es, dass
projekt ‚Burgenland BeeFit‘ wollen      positiven Einfluss auf den Erhalt der    sich Gemeinden, wenn sie be-
wir in den burgenländischen Ge-         Artenvielfalt haben und durch aktive     stimmte Kriterien erfüllen, als „bee-
meinden ein Zeichen für den Erhalt      Informationsarbeit sowie bewuss-         fit“ auszeichnen lassen können.
der Artenvielfalt setzen“, erklärte     te Öffentlichkeitsarbeit Gemeinden       Darunter fallen Kriterien, wie z. B.
Naturschutzreferentin LH-Stv. Mag.a     und die Bevölkerung für die Themen       der Verzicht auf Pestizide und auf
Astrid Eisenkopf bei der Vorstellung    Artenvielfalt, Wildbienen, Insekten      chemisch synthetische Dünger so-
des Projekts. Der Verein „Unser         und Lebensräume sensibilisieren          wie die Verwendung von torffreier
Dorf“ als neue Biodiversitätsplatt-     und auch aktivieren“, so Eisenkopf.      Blumenerde, die Anlage von Blüh-
form des Landes unterstützt und                                                  flächen und Kleinlebensräumen,
berät die Gemeinden dabei. Erfüllt                                               wie Totholzhecken, Kleinbiotopen,
eine Gemeinde bestimmte Kriteri-        w Mehr Mut zur Unordnung                 wilder Ecken im Gemeindegarten,
en, kann sie sich als „wunderbar            „Verkehrsflächen sind zwar           Vogelnistkästen oder Streuobst-
naturnah“-Gemeinde auszeichnen          meist nur schmale Streifen entlang       und Wildkräuterwiesen.
lassen.                                 der Straßen, Wege und Gehstei-               „Mehr Artenvielfalt bedeutet
                                        ge, eignen sich aber aufgrund ihrer      letztlich auch mehr Lebensqualität.
w Lebensraum Verkehrsfläche             durch das ganze Land laufenden           Ein Dorf ist mehr als nur die Häu-
   Die Tatsache, dass 80 % aller        linearen Strukturen hervorragend,        ser und Straßen. Wir alle sind Dorf.
Pflanzen und fast 70 % aller Nah-       um die Lebensräume der Nützlin-          Und da heißt es: MITGESTALTEN!“,
rungspflanzen von Insekten be-          ge miteinander zu verbinden und          appelliert Eisenkopf.
stäubt werden, macht die große          so deren Verbreitung zu gewähr-                   Quelle Text und Foto: LMSB

n v. l.: Brigitte Gerger, GFin Verein Wieseninitiative, LH Stv.in Astrid Eisenkopf, Obfrau des Vereins UNSER DORF,
Helmut Hareter, Bgm. Breitenbrunn, Marlene Hrabanek-Bunyai, GFin des Vereins UNSER DORF

                                                                                                                 13 N + U
VBNO: Workshop & Familientreffen
                                            kleinen Vortrags einen Einblick in die
                                            vielen Aktivitäten und Projekte der
                                            Freistadt, die sich mit Klimaschutz,
                                            Lebensraumgestaltung, Biodiversi-
                                            tätserhaltung, ökologisch orientierter
         Beim schon traditionellen Vor-     Raumplanung etc. beschäftigen. Die
     stands-Familientreffen des Vereins     „kleinste Großstadt“ mit rund 15.000
     der burgenländischen Naturschutz-      Einwohnern hat auf diesem Gebiet
     organe (VBNO), einer lehrreichen       einiges zu bieten, von Blumenwie-
     und informativen Zusammenkunft         sen über Baumpflanz-Aktionen und
     des VBNO-Vorstands, gab es dieses      stadteigener Honig-Produktion bis
     Jahr eine kleine Änderung, was des-    zu Gratis-Parkplätzen für Elektro-
     sen Ablauf betraf.                     autos etc.
         Schon am Vormittag war näm-            Verein der burgenländischen
     lich ein vierstündiger Workshop             Naturschutzorgane – VBNO
     zum Thema „Sicheres Auftreten bei       A-7000 Eisenstadt, Europaplatz1         n oben: Security-Experte Herbert
     Amtshandlungen“ angesagt. Mag.            Landesltg.: Hermann Frühstück         Wagner (rechts) zeigt, wie man
     Herbert Wagner, zertifizierter Risi-                  Tel. 0664 / 140 96 00     als Naturschutzorgan im Rahmen
     komanager und Geschäftsführer            hermann.fruehstueck@schule.at          eines Einsatzes richtig reagiert.
     einer großen Sicherheitsfirma, zu-
     dem auch geprüftes ehrenamtliches
     Naturschutzorgan, brachte den Teil-
     nehmern per Vortrag und anhand
     praktischer Rollenspiele anschaulich
     nahe, was einem ehrenamtlichen
     Naturschutzorgan bei den jewei-
     ligen Dienstverrichtungen passieren
     könnte und wie man dabei agieren
     bzw. reagieren sollte. Die Rückmel-
     dungen und Vorschläge werden in
     ein Schulungspaket eingearbeitet,
     das im kommenden Jahr allen Be-
     zirksgruppen als „verpflichtender
     Fortbildungskurs“ angeboten wer-
     den soll.
         Nach dem Mittagessen, zu dem
     nun auch einige Eheleute bzw. Part-
     nerinnen und Partner sowie Kinder
                                            n oben: Bei einem vormittägigen Workshop konnten die VBNO-Vorstands-
     hinzugekommen waren, gab es eine
                                            mitglieder die Cselley-Mühle in Oslip kennenlernen.
     Führung durch die Cselley Mühle in
                                            n unten: Am Nachmittag des Familientreffens stand u.a. ein Besuch bei
     Oslip. Dieser altehrwürdige Gebäu-     Eisenstadts Bürgermeister, Thomas Steiner (rechts) auf dem Programm.
     dekomplex wurde von den Künstlern
     Sepp Laubner und Robert Schneider
     1976 als „Aktionszentrum“ in Betrieb
     genommen und fungiert seither als
     Veranstaltungsort für Kunstaktionen,
     Konzerte, Ausstellungen, Kararett-
     Vorführungen etc.
         Anschließend begab man sich
     nach Eisenstadt, wo Stadtführe-
     rin Gisela Spatzierer der Gruppe im
     Zuge einer Führung einen sehr inte-
     ressanten und kurzweiligen Einblick
     in die Geschichte der Landeshaupt-
     stadt gab. Ein Empfang bei Bürger-
     meister Mag. Thomas Steiner bilde-
     te den Abschluss des Familientreffs.
     Der Stadtchef gab anhand eines

N + U 14
Foto: Helmut Höttinger
Foto: Klaus Michalek

                       n Erlenbruchwald, Sumpfdottblumen in Neuberg               n Grünfrosch in Gemeindeschutzgebiet

                       Schutzgebiete im Südburgenland
                       Im Rahmen des Leader-Projekts „Gemeindeschutzgebiete                           Südburgenlands produziert. Vor
                       im Südburgenland“ werden neue Gemeindeschutzgebiete                            Ort wurden bereits Naturbankerl
                       im Südburgenland ausgewiesen und auch der Öffentlichkeit                       aus Lärchenholz aufgestellt, die
                                                                                                      der Bevölkerung zur Ruhe und Er-
                       vorgestellt.                                                                   holung dienen sollen.
                                                                   In den neu ausgewiesenen Ge-          In der Projektlaufzeit von drei
                                                               meindeschutzgebieten wird gera-        Jahren werden zwei Veranstal-
                                                               de eine Naturerhebung (Kartierung      tungen (z. B. Exkursion mit Schü-
                                                               der Amphibien, Libellen, Schmet-       lern oder Naturspaziergang mit
                                                               terlinge, Vögel und des Pflanzen-      der Bevölkerung) durchgeführt
                           Viele Gemeinden im Burgen-          bestands) durchgeführt sowie ein       und Artikel in „Natur & Umwelt
                       land haben bereits ein Gemein-          Pflegeplan für die Schutzgebiets-      im Pannonischen Raum“, in der
                       deschutzgebiet eingerichtet. Im         flächen ausgearbeitet. Begleitend      lokalen Presse, in den Gemeinde-
                       Südburgenland sind dies Bern-           dazu wurden erste Pflegemaß-           zeitungen und auf den Gemeinde-
                       stein, Grafenschachen, Ollers-          nahmen umgesetzt.                      Homepages veröffentlicht, in de-
                       dorf, Rechnitz und St. Martin an            Für den Erhalt seltener Ar-        nen die Gemeindeschutzgebiete
                       der Raab. Damit werden – auf            ten und Lebensräume bedarf es          vorgestellt werden. Das neue Lea-
                       Beschluss des Gemeinderats und          auch einer intensiven Öffentlich-      der-Projekt     „Gemeindeschutz-
                       ohne Verordnung der Landes-             keitsarbeit. Deshalb werden in         gebiete im Südburgenland“ star-
                       regierung – naturnahe Flächen           den sechs Gemeinden – Bildein,         tete im Jänner 2020 und endet im
                       als etwas Besonderes, für die           Neuberg, Olbendorf, Rauchwart,         Dezember 2022.
                       jeweilige Gemeinde Wertvolles           Unterwart und Wolfau – mit neu-                                     Autor
                       hervorgehoben.                          en       Gemeindeschutzgebieten                      Dr. Klaus MICHALEK
                           Dazu zählen Naturflächen,           Info-Tafeln installiert, ein indivi-      Naturschutzbund Burgenland
                       wie z. B. Feuchtbiotope, Streu-         dueller Gemeinde-Folder erstellt,               Joseph-Haydn-Gasse 11
                       obst- und naturnahe Mähwiesen,          eine gemeinsame Broschüre und                             7000 Eisenstadt
                       Trockenrasen, Kopfweiden- und           ein Leporello (Faltbuch) für alle                 www.naturschutzbund-
                       Edelkastanienbestände. Für das          elf Gemeindeschutzgebiete des                               burgenland.at
                       Überleben vieler Tierarten, wie
                       z. B. Vögel, Amphibien, Schmet-
                       terlinge, in der Kulturlandschaft ist
                       ein Netzwerk von Biotopen (Bio-
                       topverbundsystem und Trittstein-
                       biotope) unumgänglich.
                           Ziel des Projekts ist es, sol-
                       che Biotope als Ergänzung der
                       Landes-Naturschutzgebiete, die                                                                    n Naturbankerl
                       einen strengen Schutzstatus auf-                                                                  im Gemeinde-
                       weisen, mit der offiziellen Wid-                                                                  schutzgebiet
                       mung als „Gemeindeschutz-ge-                                                                      Rauchwart – mit
                       biet“ unter nachhaltigen Schutz                                                                   Bgm.in Michaela
                       zu stellen und somit Naturraum zu                                                                 Raber (sitzend,
                       erhalten, aber auch Flächen zur                                                                   rechts)
                       Naherholung und für den Touris-
                       mus zu schaffen. So wird konkre-
                       ter Naturschutz in den Gemeinden
                       vor Ort gefördert.

                                                                                                                                   15 N + U
Bioland Burgenland                                                                                               w Fachberatung und Produktent-
                                                                                                                      wicklung;
                                                                                                                      w Öffentlichkeitsarbeit und Konsu-
                                              die Preise zusätzlich unter Druck                                       mentInnen-Information.
                                              bringen und den ökonomischen                                            w Ökologisierungsstrategie für
                                              Erfolg der Betriebe gefährden.                                          die    gesamte       Landwirtschaft
                                                  Um die derzeit gegebene be-                                         umsetzen:
                                              triebswirtschaftliche Attraktivität                                     w Maßnahmen und Projekte im Be-
                                              im Bio-Ackerbau zukünftig auf-                                          reich Biodiversität, Bodenschutz,
                                              recht zu halten, bedarf es flan-                                        Klimaschutz und Klimawandel-
                                              kierender Maßnahmen zur Ent-                                            anpassung;
                                              wicklung des Bio-Markts sowie                                           w verbindende Klammer zwischen
                                              im Bereich Beratung und Bildung.                                        biologischer und konventioneller
        Der Burgenländische Landtag           Ein vermehrter Einsatz von Bio-                                         Landwirtschaft schaffen, Aus-
     hat im Jahr 2018 die Einleitung          produkten in der Außer-Haus-                                            tausch ermöglichen.
     einer umfassenden „Bio-Wende“            Verpflegung kann zusätzliche                                            w Kooperationen entlang der Wert-
     im Burgenland beschlossen. Diese         Absatzmöglichkeiten eröffnen.                                           schöpfungskette stärken:
     umfasst neben der Ausweitung der             Soll der Selbstversorgungs-                                         w Kooperation zwischen landwirt-
     biologischen Landwirtschaft auch         grad mit regional produzierten,                                         schaftlichen Betrieben stärken;
     Ziele, die über die Landwirtschaft       tierischen Bio-Lebensmitteln im                                         w Bio-Verarbeitung ausbauen, Ko-
     hinausgehen und das institutionel-       Burgenland zukünftig gesteigert                                         operation zwischen Biobetrieben
     le Umfeld sowie die Lebensmittel-        werden, braucht es zusätzliche                                          und Verarbeitung stärken;
     Wertschöpfungskette      betreffen.      Unterstützungsmaßnahmen in der                                          w Bio-Absatzwege ausbauen, v. a.
     Auf politischer Ebene wur-                                                                                          auch in Tourismus und in der
     den für diesen Prozess hin zu                                                                                       Außer-Haus-Verpflegung;
     einem „Bioland Burgenland“                                                                                          w biologische und regionale
                                            www.bio-austria.at
     eine Reihe von Maßnahmen                                                                                            Produktion verknüpfen, regio-
     von der Burgenländischen                                                                                            nale Wertschöpfung erhöhen,
     Landesregierung       formuliert                                                                                    Kooperationen in der Region
     und teilweise bereits in Um-                                                     Die Biobäuerinnen                  stärken.
                                                                                            & Biobauern
     setzung gebracht. Auf wis-                                                                                          w Durch das Bioland Burgen-
     senschaftlicher Ebene wurde                                                                                         land Identität stiften und eine
     das Forschungsinstitut für                                                                                          Bio-Vorreiterrolle einnehmen:
     biologischen Landbau (FiBL)                                                                                         w Einbindung aller maßgeb-
     beauftragt, die Entwicklung                                                                                         licher Akteurinnen und Akteure
     hin zum „Bioland Burgenland“                                                                                        von der landwirtschaftlichen
     durch eine Machbarkeitsstu-                                                                                         Produktion über die Verarbei-
     die und wissenschaftliche                                                                                           tung und Vermarktung bis zum
     Umsetzungsbegleitung         zu                                                                                     Konsum sowie Interessensver-
     unterstützen.                                                                                                       tretung und Politik;
                                                                                                                         w Positive Bilder transportieren,
     w Ergebnisse, Empfehlungen
                                            Bio, regional und sicher.                                                    motivieren.
                                                                                                          © BIO AUSTRIA/David Faber

         Die Erreichbarkeit des Ziels                                                                                        Die     Machbarkeitsstudie
     eines 50 % Bio-Flächenanteils          Unbelastete, hochwertige Lebensmittel                                        „Bioland Burgenland“ (175 Sei-
                                            sichern das Wohlergehen unserer Kinder.
     im Burgenland bis 2027 ist                                                                                          ten) kann unter folgendem Link
     wahrscheinlich, wenn sich die                                                                                       heruntergeladen werden:
     Wachstumsraten der letzten                                                                                                      www.burgenland.at/
     Jahre ähnlich fortsetzen. Das liegt      landwirtschaftlichen Produktion,                                                              themen/agrar/
     nicht zuletzt an der relativ guten       um die betriebswirtschaftliche                                                        bioland-burgenland/
     Einkommenssituation für Biobe-           Attraktivität im Bereich der Bio-                                                     machbarkeitsstudie-
     triebe – in Österreich und im Bur-       Tierhaltung zu steigern.                                                              bioland-burgenland/
     genland. Vergleichsweise hohe                Um ein Bioland Burgenland
     Premiumpreise für Ackerkulturen          gelungen umzusetzen, sollten Ak-                                                               DI Ernst TRETTLER
     bildeten in den letzten Jahren ver-      tivitäten und Maßnahmen in ver-                                                         GF BIO AUSTRIA Burgenland
     mutlich ein starkes Bio-Umstel-          schiedenen Entwicklungsfeldern
     lungsmotiv für Ackerbaubetriebe;         gesetzt werden. Besonders her-                                                     BIO AUSTRIA Burgenland
     allerdings fluktuieren nicht nur die     vorzuheben sind folgende vorge-                                               A-7350 Oberpullendorf, Hauptstr. 7
     konventionellen, sondern auch die        schlagene Maßnahmen:                                                                T +43 2612 43 642-0; F-40
     Bio-Erzeugerpreise. Eine flächen-        w Auf die bestehende Vielfalt in der                                                 burgenland@bio-austria.at
     mäßige Ausdehnung des Bioland-           landwirtschaftlichen Produktion                                                             www.bio-austria.at
     baus und dadurch ein zunehmen-           aufbauen und diese weiter aus-
     des Angebot an Bio-Ware können           bauen mit Hilfe von

N + U 16
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