Risikoparitätische Ansätze im umfeld steigender zinsen - Harold Heuschmidt Dr. Torsten von Bartenwerffer Aquila Capital Quant-Team

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Risikoparitätische Ansätze im umfeld steigender zinsen - Harold Heuschmidt Dr. Torsten von Bartenwerffer Aquila Capital Quant-Team
Risikoparitätische Ansätze
im Umfeld steigender Zinsen

Harold Heuschmidt
Dr. Torsten von Bartenwerffer
Aquila Capital Quant-Team

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Risikoparitätische Ansätze im Umfeld
steigender Zinsen

Von Harold Heuschmidt und Dr. Torsten von Bartenwerffer, Aquila Capital Quant-Team

Veröffentlicht im September 2012

Über Aquila Capital
Aquila Capital ist eine bankenunabhängige Investmentgesellschaft für alternative Kapitalanlagen. Das
Hamburger Unternehmen strukturiert und verwaltet Investmentlösungen, die sich durch eine geringe Kor-
relation zu traditionellen Anlageklassen auszeichnen und von globalen Makrotrends getragen werden.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf Absolute-Return- und Sachwertinvestitionen.

Eine dynamische Unternehmenskultur und ein solides operationelles Rückgrat befähigen das Unterneh-
men, maßgebliche Trends frühzeitig aufzugreifen und als First Mover in zukunftsträchtige Anlagestrate-
gien zu übersetzen.

2001 in Hamburg gegründet, unterhält Aquila Capital mittlerweile sechs Niederlassungen in Europa und
Asien. Mit über 80 Mitarbeitern verwaltet das Unternehmen aktuell ein Vermögen von 4,1 Mrd. Euro.

Harold Heuschmidt ist Head of Quant Fund Management im Aquila Capital Quant-Team. Herr Heuschmidt
verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung an den Kapitalmärkten und ist für die Entwicklung und Umset-
zung der Risk-Parity-Strategie seit 2004 verantwortlich. Vor seinem Eintritt bei Aquila Capital war er in
leitenden Positionen im Geschäftsfeld Equity und Equity Derivatives bei Morgan Stanley und Credit
Suisse First Boston in New York und London tätig. Er studierte Ingenieurwissenschaften und erwarb an
der Universität Twente in den Niederlanden den Master of Science (M. Sc.). An der INSEAD in Fontaine-
bleau, Frankreich, schloss er seinen MBA-Titel cum laude ab.

Dr. Torsten von Bartenwerffer ist Director Portfolio Management im Aquila Capital Quant-Team. Zuvor
war Herr von Bartenwerffer als Portfolio Manager und Quantitative Analyst bei IS Partners Investment
Solutions in Zürich unter anderem für die Entwicklung und Umsetzung von Multi-Asset-Strategien ver-
antwortlich. Zu seinen weiteren Stationen zählten Clariden Leu sowie UBS in Zürich. Herr von Bartenwerf-
fer verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung an den Kapitalmärkten und trägt einen Doktortitel der
Wirtschaftswissenschaften (summa cum laude) der Universität St. Gallen, Schweiz.

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Haben steigende Zinsen negative Auswirkungen
auf risikoparitätische Ansätze?

In den vergangenen Jahren haben risikoparitätische Multi-Asset-Ansätze vermehrt die Gunst der Inves-
toren gefunden. Und dieser Trend ist ungebrochen. Die Verteilung des Vermögens auf verschiedene, nicht
miteinander korrelierende Anlageklassen unter Risikogesichtspunkten hat zu ermutigenden Ergebnissen
geführt. Die alte Weisheit „Lege nicht alle Eier in einen Korb“ hat neue Bedeutung erfahren. Obwohl die
meisten Investoren mit dem Sprichwort vertraut sind, wird diese Weisheit oft fälschlicherweise interpre-
tiert als „Verteile dein Kapital auf unterschiedliche Anlageklassen“. Der Fehler ist, dass „Korb“ kein Syn-
onym für „Anlageklasse“ ist. Stattdessen steht der „Korb“ für „Risiken“, die der Investor eingeht. Das
Sprichwort „Lege nicht alle Eier in einen Korb“ sollte daher besser als „Verteile dein Risiko“ verstanden
werden und nicht bloß als „Verteile dein Geld“. Hätten alle Anlageklassen dasselbe Risikoprofil, wäre die-
se Unterscheidung unnötig. Allerdings ist dies nicht der Fall. Renten sind risikoreicher als kurz- oder mit-
telfristige Zinsen. Aktien sind risikoreicher als Renten und Rohstoffe haben ein höheres Risiko als Aktien.
Die einfache Streuung von Kapital ist eben nicht dasselbe wie die Streuung von Risiko. Genau diese Be-
trachtungsweise haben wir bei der Konzeption unserer AC - Risk Parity Fundsǂ zugrunde gelegt. Diese
sind nachweislich unkorreliert mit Aktien, Renten und Hedgefonds. Seit Auflegung als UCITS-Fonds im
Jahr 2008 haben die AC - Risk Parity Funds von Aquila Capital jedes Kalenderjahr mit positivem Ertrag ab-
geschlossen.

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Veränderte Rahmenbedingungen

Nun verändern sich aber die Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten fortwährend und Investoren
stellen berechtigterweise die Frage, ob risikoparitätische Ansätze auch in einem Umfeld steigender Zin-
sen weiterhin gute Ergebnisse liefern können. Unsere Fonds mit Risikoparitäts-Konzept investieren in vier
Märkte: Anleihen, kurzlaufende Zinsen, Aktien und Rohstoffe. Da Anleihen und kurzlaufende Zinsen ge-
messen an den beiden anderen Assetklassen relativ volatilitätsarm sind, ist ihr Anteil am Gesamtportfo-
lio im Umkehrschluss dementsprechend groß.

Investments in Anleihenmärkte spielen für Risikoparitäts-Strategien also eine große Rolle. Ganz offensicht-
lich sind Investoren derzeit sehr besorgt über Länderrisiken und die möglichen negativen Auswirkungen
von Zinszyklen. Aus diesem Grund besteht ein gewisses Unbehagen bei Investoren gegenüber den bis-
lang so erfolgreichen risikoparitätischen Konzepten. Dieses Gefühl wurde hier und da in Veröffentlichun-
gen schon zum Ausdruck gebracht. Wir haben hier einige der jüngst diskutierten Thesen zusammenge-
fasst:

1. Wer jetzt risikoparitätische Konzepte kauft, kauft zu spät, da die Rallye an den Anleihenmärkten be-
  reits vorbei ist.
2. S taatsanleihen sind extrem überbewertet. Sie werden an Wert verlieren.
3. Staatsanleihen tragen vermutlich für eine unangenehm lange Zeit negative Risikoprämien.
4. R
    isikoparitätische Konzepte beinhalten eine zu hohe Allokation in Anleihen als wenig volatiler Anlage-
  klasse.
5. Bei rasch steigendem Zinsumfeld kann es zu einer deutlichen Underperformance risikoparitätischer
  Konzepte kommen.
6. H
    istorische Rückrechnungen fallen oft in ein Umfeld sinkender Zinsen, also steigender Anleihenkurse.

In diesem Dokument wollen wir diesen Thesen nachgehen und die Implikationen von Zinsänderungen auf
die Wertentwicklung von Anleihen und Risikoparitäts-Strategien näher betrachten und bewerten. In einem
ersten Schritt werden wir sehr intensiv auf die Anleihenmärkte und die Historie dieser Märkte blicken und
versuchen zu beantworten, wie gut sie beispielsweise prognostizierbar sind und wie sich Investoren bei
steigenden bzw. fallenden Zinsen oder stabilem Zinsumfeld verhalten sollten. In einem zweiten Schritt un-
tersuchen wir, wie sich diese Anleihen-Allokationen in einem Risikoparitäts-Konzept auswirken.

Um es vorab anzudeuten: Wir haben herausgefunden, dass die Auswirkung von steigenden Zinsen we-
sentlich begrenzter ist, als viele erwarten.

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Anleihen haben einen langen Weg hinter sich

Wer die Aktivitäten von Regierungen analysiert, kommt zu dem Ergebnis, dass die Periode vor 1985 cha-
rakterisiert war durch eine klassische keynesianische Fiskalpolitik. Die Ära danach bis zum heutigen Tage
ist beeinflusst von Monetarismus, Inflationssteuerung („inflation targeting“) und dem Mikromanagement
von Zinssätzen durch die Zentralbanken.

Wie wir alle wissen, produzierten Regierungen und Zentralbanken in der Frühphase jeder früheren Wirt-
schaftskrise erhebliche Mengen an Liquidität, indem sie rapide die Zinssätze lockerten und Schulden an-
häuften. Die Verringerung des Zinsniveaus in den vergangenen 30 Jahren war ganz klar der Treiber für
die Gewinne aus Anleihen und Anleiheinvestoren erwirtschafteten sehr gute Erträge.

Aber diese Entwicklung hat auch eine weniger schöne Seite. Die Lockerung der Zinssätze hat ganz offen-
sichtlich Regierungen dazu verleitet, ihre fiskalische Besonnenheit aufzugeben. Eine Analyse von BCA Re-
search i zeigt uns, dass es einen Tsunami an Verschuldung in den vergangenen Jahren gegeben hat und
dass die gesamte Verschuldung der OECD-Staaten seit 2007 um atemberaubende 15 Billionen US-Dollar
angestiegen ist (Grafik 1).

  Grafik 1: Ein Tsunami an neuer Verschuldung
                  40

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                                                                   ung
                                                                uld
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  Billionen USD

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                                                  D-Sta
                  30                          OEC

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                  20
                           2007            2008                2009         2010             2011

                                                                                     Quelle: BCA Research

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Anleihen haben einen langen Weg hinter sich

Dieses ständige Begeben neuer Schulden stößt aber zunehmend auf den wachsenden Widerstand der
Märkte, weil immer klarer wird, dass all das geliehene Geld irgendwann zurückbezahlt werden muss oder
ein Zahlungsausfall droht. Die jüngsten Erfahrungen mit den Südländern der Eurozone haben auch die-
ses Szenario in den Bereich des Möglichen gerückt. Aber es betrifft nicht nur Südeuropa: Die meisten
Staatsbilanzen sind an ihr Limit gekommen. Und schwache Regierungen sind die Beute von Finanzmärk-
ten. Es mag unglaubwürdig klingen, aber weil immer weniger Staaten „sicher“ bleiben werden, gibt es
zukünftig, gemessen an der Nachfrage, voraussichtlich einen Mangel an guten Schuldnern.

Heutzutage, wo die Renditen auf Rekordtiefs sind, scheint es nicht mehr viel Spielraum für weitere Sen-
kungen zu geben. Die meisten Investoren denken deswegen, dass die Zinssätze nur noch eine Richtung
kennen werden – die nach oben. Obwohl dies eine simple und vorgefasste Schlussfolgerung zu sein
scheint, ist dies eben nicht der Fall, wie wir zu zeigen versuchen werden. Die Zinssätze können sowohl
unverändert bleiben als auch weiter sinken.

Wie Niels Bohr (der berühmte dänische Physiker) einst sagte: „Es ist schwer, Vorhersagen zu machen, ins-
besondere, wenn sie die Zukunft betreffen.“

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Späte Einsicht ist einfach, Prognosen sind es nicht

                                                    In Bezug auf kommende Zinssatzänderungen den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist ein wesentlich schwie-
                                                    rigeres Unterfangen, als die meisten denken. Wie gut sind die sogenannten „Experten“ hierin? In den
                                                    vergangenen Jahren wurden eine Menge Stimmen laut, die glaubten, das Tief bei den Renditen gesehen
                                                    zu haben. Ein Beispiel für einen berühmten Anleihe-Pessimisten ist James Grant, der Herausgeber des
                                                    Grant’s Interest Rate Observer 1. Die Märkte haben aber auf seine Prognosen nicht gehört. Sie gingen ei-
                                                    nen anderen Weg. Die Renditen gingen weiter nach unten.

                                                    Und nicht nur er lag falsch. Im Juni 2011 fragte The Wall Street Journal 50 bekannte Ökonomen zu ihren
                                                    Prognosen zur Rendite der zehnjährigen Anleihe in einem Jahr 2. Im Durchschnitt wurden über 4,0 Pro-
                                                    zent prognostiziert. Ein Jahr später lag die Rendite bei 1,7 Prozent. Es scheint erstaunlich, dass eine so
                                                    große Gruppe angesehener Ökonomen so falsch liegen kann. Grafik 2 zeigt die Spannbreite der Zinspro-
                                                    gnosen der Gruppe, die von 2,5 Prozent bis zu 5,6 Prozent reichte. Erstaunlicherweise kam nicht ein ein-
                                                    ziger Ökonom den 1,7 Prozent auch nur nahe.

                                                       Grafik 2: Renditeprognosen der Ökonomen
                                                                             16

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                                                       Anzahl der Ökonomen

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                                                                                  2,66 %   2,97 %   3,28 %   3,59 %   3,90 %   4,21 %   4,52 %    4,83 %     5,14 %     5,45 %

                                                                                                                      Renditeprognose
                                                                                                                                        Quelle: The Wall Street Journal, Juni 2011

1
    http://www.grantspub.com/
2
    http://online.wsj.com/public/resources/documents/wsjecon0611.xls

                                                                                     Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                    7
Späte Einsicht ist einfach, Prognosen sind es nicht

Sogar Bill Gross, Gründer von Pimco und einer der weltweit angesehensten und erfolgreichsten Anlei-
heinvestoren, hat Schwierigkeiten, verlässliche Vorhersagen zu machen. Im Herbst 2011 schrieb The Wall
Street Journal:

„In den letzten Wochen kann Pimco-Gründer Bill Gross nach eigenen Worten wegen zum
falschen Zeitpunkt eingegangener Positionen in US-Staatsanleihen nicht mehr gut schlafen.“

Offensichtlich haben die Praktiker Schwierigkeiten, die Richtung der zukünftigen Bewegungen der Rendi-
ten zu bestimmen. Wie steht es um die harte Wissenschaft? Da gibt es doch sicherlich ausgetüftelte quan-
titative Modelle, die in der Lage sind, die zukünftigen Bewegungen der Renditen zu prognostizieren?

Letztendlich kann man sagen, dass die Ergebnisse durchwachsen sind. Weder das Niveau der Zinssätze
noch die Differenz zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen (d. h. der „Carry“) enthalten nützliche
Informationen, um verlässliche Prognosen zu erstellen. Dies ist gut zusammengefasst in einem Arbeits-
papier von Cochrane und Piazzesi ii, in welchem sie explizit äußern:

„… die Hypothese, dass die Struktur der Zinskurve, oder irgendeine Kombination aus Niveau,
Schiefe und Wölbung, genügen, um Überschussrenditen zu prognostizieren, wird entschie-
den zurückgewiesen.“

Dies ist eine ernüchternde Schlussfolgerung. Aber sie kommt nicht überraschend. Quantitative Modelle,
die versuchen, den Aktienmarkt zu prognostizieren, scheitern ebenfalls. Warum sollte es bei Anleihen ein-
facher sein? Könnte es sein, dass beide Assetklassen in Bezug auf Unvorhersagbarkeit ähnlicher sind, als
der durchschnittliche Investor denkt?

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Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

Nachdem nun offenbar keine nützlichen Zinsprognosemodelle existieren und Experten mit ihren Vorher-
sagen oft scheitern, bleibt die Frage, welche anderen Möglichkeiten wir zur Verfügung haben. Ein Ansatz
ist, einfach die drei Hauptszenarien für die Entwicklung von Zinsen (steigend, fallend und unverändert)
zu untersuchen und abzuschätzen, welche Auswirkungen diese Szenarien auf Anleiheportfolios haben
könnten. Egal was passiert, letztendlich wissen wir dann, wo wir stehen.

Szenario 1: Die Zinsen bleiben unverändert
Dies ist das einfachste Szenario, nichts verändert sich. Und es könnte möglicherweise eintreten: Die Zins-
sätze bleiben vielleicht länger unverändert, als viele Investoren denken.

Das Land mit der größten Erfahrung mit niedrigen Renditen ist Japan. Vielleicht können wir etwas lernen,
wenn wir auf den japanischen Markt schauen. Schon vor zehn Jahren war das Zinsniveau in Japan so nied-
rig wie aktuell in den USA, Großbritannien, der Schweiz und Deutschland. Natürlich, es können eine Men-
ge Gründe vorgebracht werden, die erklären, warum Japan ein Spezialfall ist. So zum Beispiel, dass ein
großer Anteil der Staatsanleihen von einer loyalen einheimischen Bevölkerung gehalten wird, dass eine
schnell alternde Bevölkerung mehr spart und so weiter. Aber es bleibt die Tatsache, dass die Zinsen in Ja-
pan seit einer sehr langen Zeit außergewöhnlich niedrig sind. Was haben Investoren in japanischen An-
leihen in dieser Periode durchlebt?

  Grafik 3: Japanische vs. US-Anleihen-Renditen (zeitversetzt)
                  8
                                          Renditen zehnjähriger US-Anleihen (2000 bis März 2012)

                                          Renditen zehnjähriger japanischer Anleihen (1990 bis März 2012)
                  6
   Rendite in %

                  4

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                      0        2      4     6      8     10          12   14     16      18      20       22

                                                              Jahr

                                                                               Quelle: NEPC Investment Consultants

Intuitiv würde man erwarten, dass die Erträge aus japanischen Staatsanleihen über die vergangenen zehn
Jahre niedrig gewesen sind. Aber Intuitionen können falsch sein. Die Realität sieht anders aus. Faszinie-
renderweise ist die Sharpe Ratio (der Ertrag über dem risikofreien Zins dividiert durch die

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Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

                                                    Standardabweichung dieses Ertrages) des japanischen Anleihenmarktes in den vergangenen zehn Jahren
                                                    beispielsweise der des US-amerikanischen Anleihenmarktes über die gleiche Zeitperiode sehr ähnlich. Nie-
                                                    mand hätte dies erwartet! Es ist wahr, dass Investoren in japanische Anleihen weniger Ertrag erzielten,
                                                    aber sie bekamen diesen Ertrag mit weniger Volatilität verglichen mit der von Anleihen der USA. Daher
                                                    ähneln sich die Sharpe Ratios sehr. Vielleicht liegt die Antwort auf dieses Paradoxon darin, dass die Märk-
                                                    te doch effizienter sind, als die meisten glauben.

                                                    Wie uns Grafik 4 3 zeigt, scheint das Ganze auch für die anderen G10-Staaten (oder sogar G20-Staaten)
                                                    zu gelten. Das Niedrigrenditeland Schweiz hat derzeit die höchste Sharpe Ratio von allen, während das
                                                    Hochrenditeland Australien das Schlusslicht bildet. Und dieses Ergebnis ist ohne Einbezug des Währungs-
                                                    risikos gerechnet. Es geht nur um das Verhalten der Renditekurve. Der Einfluss der Währungen wurde he-
                                                    rausgenommen. Das bedeutet, dass die hohe Sharpe Ratio der Schweiz nicht künstlich von dem starken
                                                    Schweizer Franken getrieben wurde. Und dennoch haben sich die niedrig rentierenden Schweizer Anlei-
                                                    hen am besten geschlagen. Anders ausgedrückt: Ausschließlich auf die Renditeniveaus abzuheben bringt
                                                    nicht viel. Das Niveau der Renditen trägt keine Information über die zukünftige Wertentwicklung. Das
                                                    mag nur schwer zu akzeptieren sein, aber die Datenlage ist ziemlich eindeutig.

                                                    Da risikoparitätische Strategien so konstruiert sind, dass sie risikoadjustierte Erträge betrachten, anstatt
                                                    nur auf die absoluten Erträge abzuheben, macht es keinen großen Unterschied, ob ein Investor vor zehn
                                                    Jahren sein Geld in den USA oder in Japan investiert hätte. Auf einer risikoadjustierten Basis waren alle
                                                    Märkte sehr ähnlich.

                                                           Grafik 4: Vergleich von monatlichen Überschuss-Renditen – Sharpe Ratios
                                                           (Juli 2000 bis Juni 2012)
                                                                     0,60
                                                                                             0,52                               Sharpe Ratio           Durchschnitt
                                                                     0,50
                                                                                                      0,45
                                                                                     0,42                                                                         0,43
                                                                                                                                                        0,40
                                                                     0,40                                      0,38      0,38
                                                      Sharpe Ratio

                                                                                                                                   0,32
                                                                     0,30                                                                     0,28

                                                                             0,22
                                                                     0,20

                                                                     0,10

                                                                       0
                                                                            Austra- Kanada Schweiz   Euro-  Groß-    Japan       Norwe- Neu-    Schwe-            USA
                                                                             lien                    zone britannien              gen   seeland   den

                                                                                                                                           Quelle: Aquila Capital Research

3
    Zur Kalkulation der Sharpe Ratios nutzten wir monatliche 5Y G10 Excess Return Swaps. Dieselben Instrumente nutzen wir in unseren Produkten.

                                                                              Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                   10
Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

Szenario 2: Sinkende Zinsen
Wie die aus The Wall Street Journal zitierte Übersicht zeigt, können Zinssätze noch tiefer sinken, als es
selbst von „Experten“ unter den Investoren erwartet wird. Aber fragen wir zunächst, warum sie über-
haupt so niedrig sind. Das hat offenbar mit dem ökonomischen Umfeld zu tun, in dem wir uns befinden.
Richard Koo vom Nomura Research Institute bemerkt dazu iii:

„Der Hauptunterschied zwischen einer einfachen Rezession und einer, die eine verlorene De-
kade (“lost decade“) mit sich bringt, ist jener, dass in letzterer nach dem Platzen einer natio-
nalen Preisblase von Vermögenswerten ein großer Anteil des privaten Sektors versucht, die
Verschuldung zu minimieren, anstatt die Gewinne zu maximieren. Wenn eine schuldenfinan-
zierte Blase platzt, kollabieren die Preise der Vermögenswerte, während die Verbindlichkei-
ten bleiben. So werden Millionen Bilanzen privater Haushalte unter Wasser gedrückt. Um
wieder finanzielle Stärke und positive Kredit-Ratings zu erreichen, sind die Haushalte und die
Unternehmen gezwungen, ihre Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen. Dies können sie tun,
indem sie entweder verstärkt sparen oder ihre Schulden abbezahlen. Dieser Vorgang des so-
genannten Deleveraging verringert die aggregierte Nachfrage und treibt die Wirtschaft in ei-
nen sehr speziellen Typus von Rezession.“

In den vergangenen Jahren haben Regierungen und Zentralbanken fieberhaft versucht, Wachstum zu sti-
mulieren, indem sie Geld so billig wie möglich gemacht haben. Aber die Auswirkungen sind eventuell
sehr begrenzt, da die Kreditkosten nicht das Hauptproblem darstellen. Im Gegenteil, Individuen und Un-
ternehmen haben einfach keinen Bedarf an Krediten, unabhängig davon, wie niedrig die Zinsen sind. Das
liegt daran, dass alle dabei sind, ihre Bilanzen solider aufzustellen bzw. ihre Finanzsituationen wieder in
Ordnung zu bringen (zu „deleveragen“). Es ist wie mit dem alten Sprichwort: „Du kannst ein Pferd zur
Tränke führen, aber saufen muss es schon selbst.“

Wenn wir aber tatsächlich in einem langfristigen deflationären Prozess sind, der von einem solchen „De-
leveraging“ geprägt ist, können die Zinsen noch weiter sinken. Viele bezweifeln, dass es gegenwärtig ein
deflationäres Umfeld gibt, da die Zentralbanken Berge von Geld drucken. Aber die Daten zeichnen ein an-
deres Bild, zum Beispiel in den USA. Wenn wir nicht nur Bankverbindlichkeiten berücksichtigen, sondern
auch das sogenannte Schattenbankensystem (in den USA besteht es aus Geldmarktfonds, Verbindlichkei-
ten von staatlichen Unternehmen und Agenturen, durch Vermögenswerte besicherte Verbindlichkeiten,
sogenannten Funding Corporations, Offenmarktpapieren und Repos), wäre das Allzeithoch im März 2008
gewesen: Es erreichte damals 21 Billionen Dollar – und seitdem ist diese Größe im Sinken begriffen.

Wenn wir definieren, dass Inflation ein Nettoanstieg von Geldmenge und Verbindlichkeiten (essenziell:
das Angebot an Geld) ist, dann sind die deflationären Tendenzen derzeit voll wirksam.

                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen            11
Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

     Grafik 5: Die USA sind in einer deflationären, nicht in einer inflationären Phase
                 25
                             Verbindlichkeiten des Schattenbankensystems

                             Nettoverbindlichkeiten des Schattenbankensystems
                 20
                             Verbindlichkeiten der Geschäftsbanken
 Billionen USD

                 15

                 10

                  5

                  0
                      1990
                             1991
                                    1992
                                           1993
                                                  1994
                                                         1995
                                                                1996
                                                                       1997
                                                                              1998
                                                                                     1999
                                                                                            2000
                                                                                                   2001
                                                                                                          2002
                                                                                                                 2003
                                                                                                                        2004
                                                                                                                               2005
                                                                                                                                      2006
                                                                                                                                             2007
                                                                                                                                                    2008
                                                                                                                                                           2009
                                                                                                                                                                  2010
                                                                                                                                                                         2011
                                                                                                                  Quelle: Federal Reserve Bank of New York iv

Zusätzlich zu dem Argument, dass die betrachteten Geld- und Kreditaggregate schrumpfen, gibt es wei-
tere Argumente für noch niedrigere Renditen. Auf der Angebotsseite sind die Emissionen von AAA-Schuld-
verschreibungen stark rückläufig (denken Sie nur an all die Herabstufungen vieler Staaten seitens der Ra-
tingagenturen), während auf der Nachfrageseite das Bedürfnis nach Investitionen in sichere Häfen auch
aufgrund veränderter regulatorischer Anforderungen signifikant ansteigen könnte. BCA konstatiert in sei-
nem Juni-Report 2012:

„… die globale Eigennachfrage der Banken nach sicheren Anlagen hat das Potenzial, sich in
den kommenden fünf Jahren zu verdoppeln, allein um die regulatorischen Anforderungen
von Aufsichtsbehörden zu erfüllen, insbesondere die des Basel-Akkords.“ v

Mit anderen Worten, es ist durchaus möglich, dass die Nachfrage nach Staatsschulden, die als „sicher“
wahrgenommen werden, das zukünftige Angebot solcher Schulden bei weitem übertrifft. Sollten darü-
ber hinaus asiatische Länder weiterhin Handelsbilanzüberschüsse erzielen, müssen sie Wege finden, ihr
Geld in jenen Währungen zu reinvestieren, die sie halten. Das Hauptziel solcher Anlagen sind Staatsan-
leihen. China kann sich nicht einfach entscheiden, den Kauf von US-Staatsanleihen zu stoppen. China
muss so lange US-Staatsanleihen kaufen, solange es einen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA
erzielt. China und die USA sind wie siamesische Zwillinge. Es würde für beide schmerzhaft sein, getrenn-
te Wege zu gehen.

                             Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                                                                       12
Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

Zu guter Letzt gibt es auch noch den Faktor „Demografie“. Alternde Bevölkerungen investieren vermutlich
verstärkt in Anleihen. Je älter sie werden, desto mehr präferieren sie (und ihre Pensionsfonds) die Sicher-
heit, die Anleihen gegenüber Aktien bieten. Regulatorische Anforderungen und Änderungen bestärken
diese Präferenz sogar noch (z. B. durch den Basel-Akkord, s. o.).

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass nicht nur ein andauerndes niedriges Zinsumfeld in „sicheren“
Zinsanlagen eine reale Möglichkeit ist, sondern dass es sogar passieren kann, dass die Zinsen noch weiter
fallen. Und wenn dies geschieht, werden Anleiheinvestoren weiterhin gut dastehen.

Szenario 3: Steigende Zinsen
Es wird irgendwann wieder eine Zeit kommen, in der die Zinssätze weltweit steigen werden. Historisch be-
trachtet, haben die Zinsen in entwickelten Volkswirtschaften durchschnittlich bei 4 bis 5 Prozent gelegen.
Und vielleicht werden die Zinssätze auf dieses Niveau zurückkehren oder es sogar übertreffen. So ein Anstieg
wird aber nicht über Nacht kommen, sondern eine gewisse Zeit benötigen. Niemand kann sagen, wann die
Zinsen zu steigen beginnen werden. Daher ist es sinnvoller, danach zu fragen, wie dieser Prozess wahrschein-
lich vonstattengehen wird und was die Schlussfolgerungen für Anleiheinvestoren sein würden.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass Anleiheinvestments sich anders verhalten als Aktieninvestments. Die
Vorstellung, dass Investoren eines Morgens aufwachen und feststellen, dass ihre Anleihen um 80 Prozent
gefallen sind (wie einige Aktien während der Phase der Internet-Euphorie vor einigen Jahren), ist nicht
sehr realistisch. Vanguard stellt dazu fest vi:

„… das schlimmste Kalenderjahr für den breiten Anleihenmarkt war 1994, als aufgrund ei-
nes unerwarteten Aufwärtsschubs bei den Zinsen der Anleihenmarkt 2,9 Prozent verlor (1995
machte der Anleihenmarkt dann ein Plus von 18,5 Prozent). Stellen Sie das den Erfahrungen
eines Aktieninvestors im Jahr 2008 gegenüber, als der S&P 500 Index an 27 einzelnen Han-
delstagen jeweils mehr als 2,9 Prozent verloren hatte.“

Um diese Auffassung noch einmal zu bestärken, möchten wir betonen, dass Zinssätze (wie sie von den Zen-
tralbanken auf Mikrobasis gesteuert werden) nicht dazu neigen, an einem einzelnen Tag um Hunderte von
Basispunkten zu springen. Im Gegenteil, sie bewegen sich im Zeitverlauf sehr langsam. Typischerweise ge-
ben Zentralbanken Hinweise auf Zinssteigerungen, so dass sie die Märkte mittlerweile nicht mehr überra-
schen (zum letzten Mal wurden die Marktteilnehmer im Jahr 1994 von Zinsanhebungen überrascht). Daher
bliebe genug Zeit, um Verluste zu begrenzen.

Es gibt sogar ein Maß dafür, bis zu welchem Ausmaß der Markt Zinssteigerungen erwartet, die auch schon
eingepreist sind. Dieses Maß wird „Forward Curve“ genannt.

                 Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen            13
Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

Die Forward Curves in Grafik 6 zeigen, dass der Markt bereits substanzielle Anstiege bei Zinssätzen von deut-
schen Anleihen in nächster Zeit erwartet. Eine Forward Curve repräsentiert die Zinsen, die der Markt für die
Zukunft erwartet. Sie basiert nicht auf Schätzungen, sondern auf dem aktuellen Niveau der Zinsen und dem
aktuellen Verlauf der Zinskurve. Tatsächlich ist die Kurve sogar das Gegenteil von einer Schätzung. Sie kann
mathematisch von der aktuellen Kurve abgeleitet werden. Es gibt nichts Subjektives in dieser Kurve. Sie ist
wie eine große Zeitmaschine. Die aktuelle Zinskurve zeigt, was der Markt an einem gewissen Punkt in der
Zukunft erwartet. Zum Beispiel zeigt der Einjahres-Forward für Zehnjahreszinsen, was die gegenwärtige Zins-
kurve voraussagt, wo die Zehnjahreszinsen in einem Jahr stehen werden.

Dieses Bild finden wir ähnlich auch in anderen G10-Märkten. Sicher, diese Erwartungen sind oftmals falsch,
wie wir bereits vorher gezeigt haben. Aber es geht nicht darum, ob sie richtig oder falsch sind. Der Punkt ist
es, fähig zu sein, den „Puffer“ zu quantifizieren, unterhalb dessen Kurvenverschiebungen ein Investment in
Anleihen negativ beeinflussen. Die Forward Curves erlauben uns das.

       Grafik 6: Forward Curves deutscher Staatsanleihen

                         3,00

                         2,50
 Forward Curves (in %)

                         2,00
                                                                                         Spot

                         1,50                                                            1 Jahr
                                                                                         2 Jahre

                         1,00                                                            3 Jahre
                                                                                         4 Jahre
                                                                                         5 Jahre
                         0,50
                                                                                         10 Jahre

                         0,00
                                 2    4    6    8    10          15           20          25              30
                                                               Laufzeiten (in Jahren)
                                                                                                    Quelle: Bloomberg

                                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen            14
Drei Szenarien für die Anleihenmärkte

Die Erkenntnis aus Forward Curves ist, dass man am langen Ende der Kurve investiert bleiben kann, so-
gar in Perioden steigender Zinssätze, solange, wie der aktuelle Anstieg der Renditen unter jenen Rendi-
ten bleibt, die von den Forward Curves prognostiziert werden. In ihrem Research kommen Antwerpen et
al. (2004) zu folgender Schlussfolgerung:

„Eine offensichtliche Strategie im gegenwärtigen historischen Niedrigzinsumfeld ist es, nur in
kurzlaufenden Anleihen investiert zu sein. Wir haben dagegen gezeigt, dass dies weit davon
entfernt ist, optimal zu sein, weil es die Differenz zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen nicht
berücksichtigt. Diese ist typischerweise positiv und derzeit sogar recht groß … In einem Risi-
ko-Ertrags-Kontext haben wir gezeigt, dass Investitionen in langlaufende Anleihen nicht nur
zum erwarteten Ertrag beitragen, sondern gleichzeitig auch das Risiko reduzieren.“ vii

Wenn also die Differenz zwischen dem langen und dem kurzen Ende der Kurve so wichtig ist, um einen
Schutzpuffer für Anleiheinvestoren zu bieten, stellt sich die Frage: Wie groß ist diese Differenz gegenwär-
tig? Oder anders ausgedrückt: Sind die gegenwärtigen Renditekurven steil oder nicht? Vielleicht ist das Er-
gebnis für manche etwas überraschend: Die gegenwärtigen Renditekurven sind ziemlich steil. Beachten Sie
die Differenz zwischen der zehnjährigen Bundesanleihe und der zweijährigen Bundesanleihe im Chart un-
ten. Diese Zinsdifferenz ist derzeit höher als der Durchschnitt der letzten zwölf Jahre, wie in Grafik 7 gezeigt
wird.

Letztendlich kann gesagt werden, dass sich in Bezug auf die Zinsdifferenz derzeit alles im langfristig nor-
malen Rahmen bewegt.

       Grafik 7: Rendite zehnjähriger Bundesanleihen minus Rendite zweijähriger
       Bundesanleihen

                                                Mittellinie . . . . . . . . . . . . . . 141.492
                          250
                                                Höchststand am 11.05.2010 235.880
                                                Durchschnitt  . . . . . . . . . . . . 113.020
                          200
                                                Tiefstand am 06.06.2008 . . . – 21.443
 Spread in Basispunkten

                          150
                                                                                                         141.492

                          100

                           50

                            0

                                2002   2003   2004    2005      2006       2007      2008         2009     2010    2011     2012
                                                                                                                   Quelle: Bloomberg

                                  Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                         15
Die historische Entwicklung von Anleihen in Zeiten
steigender Zinssätze

Aus der Vergangenheit lassen sich wichtige Lehren ziehen. Genauso verhält es sich auch mit den Anleihen-
märkten. Grafik 8 zeigt Aktien- und Anleiheerträge in Phasen, in denen entweder die kurzfristigen oder
die langfristigen Zinsen signifikant (mehr als 200 Basispunkte in zwölf Monaten) gestiegen sind. Der Chart
beinhaltet Daten aus Australien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Norwegen, Spanien, Schweden
und Großbritannien. Die Auswahl ist umfassend, zumal sie das deflationäre japanische Umfeld enthält, die
Fiskalkrisen von Norwegen und Schweden in den neunziger Jahren und auch die jeweiligen fiskalischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Eurozone viii.

In der Grafik sind zwei Perioden dargestellt: Eine zeigt die Erträge in der gleichen Zwölfmonatsperiode,
in der der Zinsanstieg stattgefunden hat, die zweite die Zwölfmonatsperiode danach. Wenn die kurzfris-
tigen Zinsen stiegen, erhielten die Investoren immer noch positive Erträge am kurzen Ende. Am wichtigs-
ten ist, dass in der darauf folgenden Zwölfmonatsperiode alle Anleiheerträge im Durchschnitt sehr posi-
tiv waren. Vanguard (2010) schreibt hierzu:

„Eine vernünftige Investmentstrategie sollte angesichts eines Bärenmarktes für Anleihen nicht
aufgegeben werden. Egal, ob dieser Markt von Inflation oder von anderen Marktkräften ge-
trieben wird.

1) Eine Mehrheit von langfristig und diversifiziert anlegenden Investoren sollte einen Bären-
  markt für Anleihen nicht im gleichen Maße fürchten wie einen Bärenmarkt für Aktien.
  Selbst die historisch negativste Kursentwicklung von Anleihen in der Geschichte war vom
  Ausmaß her weniger als ein Sechstel so stark wie die von Aktien.

2) Sollte sich ein Bärenmarkt für Anleihen entwickeln, können Investoren die Preisabschläge zu
  einem Teil mit höheren nominellen Renditen und späteren potenziell höheren nominalen Er-
  trägen kompensieren.

3) Die historische Erfahrung der globalen Märkte unterstützt eine Politik der vernünftigen
   Asset Allocation, eingebettet in einen soliden Investitionsplan. Tatsächlich hat ein gut di-
   versifizierter Investor unter den meisten globalen Szenarios nicht nur die Zwölfmonats-
   periode mit rapide steigenden Zinsen überstanden, sondern in den darauf folgenden Mo-
   naten signifikante positive Erträge erzielt.“

                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen           16
Die historische Entwicklung von Anleihen in Zeiten
steigender Zinssätze

Vanguard bestätigt, was auch wir denken: Versuche, den richtigen Zeitpunkt für Investments in oder den
Verkauf von Anleihen zu treffen, lohnen sich nicht. Es ist besser, an einem klug diversifizierten Portfolio
festzuhalten, sogar in Perioden steigender Zinsen, wie aus der rechten Seite der folgenden Grafik hervor-
geht.

          Grafik 8: Positive Erträge sogar im Umfeld steigender Zinssätze
                                  30
                                        Kurzlaufende Zinsen         Langlaufende Zinsen
                                  25
                                                    12-Monats-Erträge                             Darauf folgende
                                                   im gleichen Zeitraum                          12-Monats-Erträge
 12-Monats-Total Returns (in %)

                                  20

                                  15

                                  10

                                   5

                                   0

                                  –5
                                       Anleihen-         Aktien-    60 % Anleihen/   Anleihen-       Aktien-     60 % Anleihen/
                                        märkte           märkte      40 % Aktien      märkte         märkte       40 % Aktien

                                                                                                           Quelle: Vanguard, 2010

                                       Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                 17
Diversifikation hilft

Diversifikation über die Anleihenmärkte
Wie können wir uns anders vor den Risiken schützen, wenn Timing auf den Anleihenmärkten nicht mög-
lich ist und nichts bringt? Die Antwort ist glücklicherweise sehr einfach: so viel Diversifikation wie mög-
lich, zum Beispiel über alle Anleihenmärkte. Aber das ist leichter gesagt als getan.

Ein Ansatz ist, einen der weltweiten Standard-Anleihenindizes zu kaufen, wie zum Beispiel den bekann-
ten Citigroup World Government Bond Index (WGBI). Unglücklicherweise leiden nahezu alle der weltwei-
ten Standard-Anleihenindizes am gleichen Problem: Sie sind nicht wirklich diversifiziert.

Der WGBI Index besteht beispielsweise überwiegend aus den vier größten Anleihenmärkten (USA, Eurozo-
ne, Japan und Großbritannien). Das Portfolio ist aus diesem Grund eher konzentriert. Kein professioneller
Anleger würde argumentieren, dass ein Portfolio aus vier Aktien diversifiziert sei.

Zudem ist das Auswahlkriterium von weltweiten Anleihenindizes wie dem WGBI die relative Größe des lo-
kalen Anleihenmarktes (siehe Grafik 9). Je mehr Schulden ein Land hat, umso größer ist sein Anteil am In-
dex. Aus Investorensicht erscheint ein solcher Ansatz nicht besonders klug.

  Grafik 9: Citigroup World Government Bond Index – Ländergewichtung
  und Risikobeiträge
        45
                                                     Gewichtung im Index              Risikobeiträge
        40

        35

        30

        25
 In %

        20

        15

        10

         5

         0
             Japan      USA     Euro-  Groß- Kanada Austra-          Polen    Schwe- Schweiz Nor-
                                zone britannien      lien                       den          wegen

                                                                     Quelle: Aquila Capital Research, Citigroup

Unser Ansatz ist ein etwas anderer. Um ein weiteres Sicherheitsnetz für unsere Investoren bereitzustel-
len, sind wir stärker geografisch diversifiziert als die regulären weltweiten Standard-Anleihenindizes.

                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                      18
Diversifikation hilft

Wir diversifizieren über eine breite Palette von Anleihenmärkten auf gleichgewichteter Basis. Wie wir zu-
vor gesehen haben, sind die globalen Sharpe Ratios sehr ähnlich, so dass nichts in Bezug auf die risiko-
adjustierten Renditen verpasst wird, wenn man diesem Ansatz folgt. Aber Diversifizierung kann Wunder
vollbringen, wenn es darum geht, unliebsame Überraschungen (sogenannte „tail risks“) zu verringern. Es
hilft sehr, Risiken wie zum Beispiel Kreditprobleme von Staaten zu reduzieren, wenn man zehn oder mehr
Märkte gleichgewichtet hat.

In einem nächsten Schritt gehen wir jetzt von der Diversifikation über Märkte hin zur Diversifikation über
die Kurve.

Es ist sinnvoll, die Zinsstrukturkurve zu untergliedern, da verschiedene Teile der Kurve unterschiedlich auf Zins-
erhöhungen reagieren. Der Risk-Parity-Ansatz von Aquila Capital besteht darin, in den unmittelbaren Anfangs-
bereich (das kurze Ende) der Kurve zu investieren sowie in den Bereich zwischen fünf und zehn Jahren.

Das kurze Ende der Zinskurve
Werfen wir zunächst einen Blick auf den Anfangsbereich der Kurve. Wie Grafik 10 zeigt, hat der Anfangs-
bereich der US-Zins-Kurve sehr günstige Risiko-Ertrags-Charakteristika sowohl in einem steigenden (1952 – 1980)
als auch in einem fallenden (von 1981 an) Zinsumfeld. Die Sharpe Ratio, die auf der Auswahl der Kurve mit
einer Fälligkeit von bis zu drei Monaten beruht, beträgt durchschnittlich über 1,5 (und zwar für die ganze
mehr als sechzig Jahre umfassende Periode seit 1952). Dies ist sehr beeindruckend. Der Grund für die hohe
Sharpe Ratio liegt darin, dass Investoren in diesem Teil der Kurve hauptsächlich auf Sicherheit, Liquiditäts-
oder regulatorische Bedürfnisse fokussiert sind und nicht auf Gewinnmaximierung. Es scheint sehr schwer,
diese Anomalie auszuarbitrieren.

            Grafik 10: Das kurze Ende der Kurve ist sehr robust in Bezug auf die risiko-
            adjustierten Erträge
                                        14
                                                  Periode 1981 bis 2009                 Periode 1952 bis 1980
 Durchschnittliche jährliche Renditen

                                        12
                                                                                                                            > 10 Jahre
                                                                                                       7 – 10 Jahre          Treasury
                                        10                                                 5 – 7 Jahre
                                                                                3 – 5 Jahre Treasury Treasury
                                                                                 Treasury
                                         8                     1 – 3 Jahre
                                                                Treasury

                                         6

                                              Treasury Bills
                                         4

                                         2
                                              0                2                4              6               8             10             12
                                                                             Durchschnittliche jährliche Volatilität
                                                                                                                Quelle: Ilmanen, A.: Expected Returns

                                             Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                               19
Diversifikation hilft

                                      Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das kurze Ende attraktiv zu sein scheint, sowohl in Bezug auf
                                      absolute als auch auf risikoadjustierte Erträge. Dieses sind, kurz gesagt, die Gründe, warum wir in kurzlau-
                                      fenden Zinsfutures investiert sind.

                                      Das Zwischensegment der Zinskurve
                                      Wie sieht es weiter hinten mit dem Verhalten der Kurve aus, zum Beispiel bei den Anleihen mit einer Lauf-
                                      zeit von fünf Jahren? Sicherlich, sie werden negative Erträge bringen, wenn die Zinsen steigen, oder? Und
                                      wieder zeigt sich, dass das Geschäft mit Prognosen nicht einfach ist.

                                      Wie wir in Grafik 11 sehen, scheinen die rollierenden Einjahresrenditen unabhängig davon zu sein, ob die
                                      Zinsen steigen (wie in der Zeitspanne vor 1980) oder fallen (nach 1980). Darüber hinaus sind auch die
                                      Amplituden der Erträge seit 1962 ziemlich konstant. Wie in der Grafik anschaulich dargestellt, scheint es
                                      relativ egal zu sein, auf was für einem Niveau sich die Renditen befinden. Alles ist eingepreist.

Grafik 11: Rollierende Einjahresrenditen weisen sowohl in steigenden als auch in fallenden Zinsumgebungen ähnliche
Dynamiken auf (Fed Fund Deposits Laufzeit 4,5 Jahre vs. 5-Jahres Treasury Note Constant Maturity TR Index)
  18                                                                                                                                                           40

                                                                                                                                         Performance (in %)
       Zinsen (in %)

  15
                                                                                                                                                               30
  12

   9                                                                                                                                                           20

   6
                                                                                                                                                               10
   3

   0                                                                                                                                                            0

  –3
                                                                                                                                                              –10
  –6                                 Zinsniveau der Fed Fund Deposits           Rollierende Einjahresrenditen

  –9                                                                                                                                                          – 20

   1962                1967   1972      1977         1982          1987          1992          1997          2002          2007                  2012

                                                                                                                       Quelle: Aquila Capital Research

                                      Wir könnten hier fortfahren, über theoretische und historische Einflüsse von steigenden Zinsen auf ein di-
                                      versifiziertes Anleiheportfolio zu sprechen, aber das hieße, vor lauter Bäumen den Wald aus den Augen zu
                                      verlieren. Risikoparitäts-Ansätze investieren nicht nur in Anleihenmärkte, sondern in ein breit diversifiziertes
                                      Portfolio miteinander unkorrelierter Assetklassen.

                                                       Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                                  20
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
                                                                    risikoparitätische Portfolios

                                                                    Anleihen sind ein integraler Teil einer ausgewogenen Asset-Allokation, weil sie die Risiken der anderen As-
                                                                    setklassen diversifizieren. Anleihen, Zinsen, Aktien und Rohstoffe decken nahezu das gesamte Investment-
                                                                    universum ab. Irgendein Teil davon wird gewöhnlich in der Gunst der Anleger stehen und einen positiven
                                                                    Beitrag liefern. Das müssen nicht immer Anleihen sein. Und selbst wenn die Anleihen schlecht laufen, kann
                                                                    das Risikoparitäts-Konzept dennoch gute Erträge liefern, wie wir weiter unten zeigen werden.

                                                                    Wir erinnern daran, dass der Risikoparitäts-Ansatz die Assetklassen gleich behandelt. Weil Anleihen sehr
                                                                    viel weniger volatil sind als Aktien und weil jede Assetklasse in gleichem Maße zum gesamten Portfoliorisi-
                                                                    ko beitragen muss, enthalten Risikoparitäts-Portfolios signifikant mehr Anleihen als Aktien. Das liegt in der
                                                                    Natur der Sache. Aber ist das dann nicht riskant?

                                                                    Verlustrisiken von Anleihen im Vergleich zu Aktien
                                                                    Es ist nützlich, einen Blick auf das Risiko unserer Positionen durch die Brille der Verlustperioden („draw-
                                                                    downs“) zu werfen. Grafik 12 zeigt die Drawdowns des deutschen Anleihenmarktes (gemessen am REXP)
                                                                    gegenüber den Drawdowns des EUROSTOXX 50 Index (deleveraged, so dass die Volatilität mit jener des
                                                                    REXP vergleichbar ist) seit 1990. Die gezeigten Volatilitäten und Investments sind jenen ähnlich, die wir im
                                                                    AC - Risk Parity 7 Fund haben. So haben wir einen korrekten Vergleich von Anleihen und Aktien über einen
                                                                    sehr langen Zeitraum und eine faire Annäherung an das, was wir im AC - Risk Parity 7 Fund tun.

     Grafik 12: Historische Zinsen fünfjähriger Anleihen (oberer Chart, rechte Achse) und volatilitätsadjustierte Drawdowns
     des REXP und des EUROSTOXX 50 (unterer Chart, linke Achse), beide gezeigt als Überschussrenditen
                   10                                                                                                                                                                   15
                                        Überschussrendite EUROSTOXX 50 gleichgewichtet, brutto                 Überschussrendite REXP        Rendite 5-jährige Bundesobligation
                    8
                                                                                                                                                                                        10
                    6

                    4
                                                                                                                                                                                         5
Drawdowns (in %)

                    2
                                                                                                                                                                                             Zinsen (in %)

                    0                                                                                                                                                                    0

                   –2
                                                                                                                                                                                        –5
                   –4

                   –6
                                                                                                                                                                                       –10
                   –8

            –10                                                                                                                                                                       –15
                                                                                                                                                                         11
                                                                                     99

                                                                                            00

                                                                                                   01

                                                                                                          02

                                                                                                                 03

                                                                                                                        04

                                                                                                                               05

                                                                                                                                      06

                                                                                                                                             07

                                                                                                                                                    08

                                                                                                                                                           09

                                                                                                                                                                  10

                                                                                                                                                                                12
                    0

                            91

                                   92

                                          93

                                                 94

                                                        95

                                                               96

                                                                       97

                                                                              98
                      9

                                                                                                                                                                       20
                                                                                                                                                                20

                                                                                                                                                                              20
                                                                                          20

                                                                                                 20

                                                                                                        20

                                                                                                               20

                                                                                                                      20

                                                                                                                             20

                                                                                                                                    20

                                                                                                                                           20

                                                                                                                                                  20

                                                                                                                                                         20
                                                                                   19
                          19

                                 19

                                        19

                                               19

                                                      19

                                                             19

                                                                     19

                                                                            19
                   19

                                                                                                                                                                Quelle: Aquila Capital Research

                                                                                      Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                                      21
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
risikoparitätische Portfolios

Wenn man Grafik 12 näher betrachtet, kann man einige Beobachtungen zu historischen Anleiherisiken
machen:
1. Aktien und Anleihen haben sich in einem Risikoparitäts-Kontext ideal ergänzt. Ihre Verlustperioden wa-
  ren häufig gegenläufig: Verluste in einer Anlageklasse wurden regelmäßig durch Gewinne in der an-
  deren kompensiert.
2. In Bezug auf maximale Verluste ist die Aktienkomponente unserer Portfolios „risikoreicher“ als die An-
  leihenkomponente. Und das, nachdem die Volatilität angepasst wurde. Diese interessante Erkenntnis
  steht im Gegensatz dazu, was viele Marktteilnehmer von risikoparitätischen Ansätzen erwarten.
3. Interessanterweise zeigen die verschiedenen Drawdowns der Anleihenmärkte in den letzten 22 Jahren
  alle den gleichen Ausschlag. Der so oft zitierte Bärenmarkt bei Anleihen des Jahres 1994 war tatsäch-
  lich von dem gleichen Ausschlag wie der jüngste Abschwung der Jahre 2007/2008 und auch vergleich-
  bar mit dem Drawdown des Jahres 2010 und des Jahresbeginns 2011.
4. Und am wichtigsten: Da der AC - Risk Parity 7 Fund als UCITS-Fonds im Februar 2008 gestartet wurde,
  können wir mit Live-Daten zeigen, dass sogar in Phasen, in denen Anleihen verlieren, unsere Perfor-
  mance nicht notwendigerweise darunter leidet. Faktisch war sogar das Gegenteil der Fall. Der AC - Risk
  Parity 7 Fund lieferte sogar in Phasen schwacher Anleihenmärkte robuste Ergebnisse.

Langfristige Wertentwicklung von Risikoparitäts-Portfolios
Gehen wir wieder etwas mehr ins Generelle zurück. Die nächste Frage ist: Wie hätte sich ein Risikopari-
täts-Portfolio entwickelt, wenn wir einen längeren Zeitraum betrachten und uns drei extreme Umfelder
der letzten 100 Jahre anschauen?

1. die Große Depression in den dreißiger Jahren
2. die Inflation in den siebziger Jahren
3. die Achterbahnfahrten nach dem Jahr 2000

Um so weit in der Zeit zurückgehen zu können, waren wir gezwungen, unser Standard-Risikoparitäts-
Portfolio von vier Assetklassen auf ein Modell mit nur zwei Assetklassen, Anleihen und Aktien, zu redu-
zieren. Es gibt keine verlässlichen langfristigen Datenreihen für die beiden anderen von uns benutzten
Assetklassen. Für eine Annäherung an Anleihen haben wir die US-Staatsanleihen mittlerer Laufzeit ge-
wählt, für Aktien den S&P 500 Index.

                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen           22
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
        risikoparitätische Portfolios

Grafik 13: Risikoparitätische Portfolios in Krisenzeiten

            Risikoparitätisches Portfolio während der Großen Depression
      350
                                                                     Risikoparitätisches Portfolio (Anleihen
                Aktien von Großunternehmen (Total Return)
                                                                     und Aktien), ungehebelt auf Cash-Basis
      300

      250
NAV

      200

      150

      100

       50
               1926        1928          1930       1932          1934         1936           1938          1940
                                                                  Quelle: Aquila Capital Research, Datenquelle: Ibbotson

            Risikoparitätisches Portfolio während der Ölkrise
      250
                                                                     Risikoparitätisches Portfolio (Anleihen
                Aktien von Großunternehmen (Total Return)
                                                                     und Aktien), ungehebelt auf Cash-Basis

      200
NAV

      150

      100

       50
                1968         1970           1972           1974           1976             1978            1980
                                                                  Quelle: Aquila Capital Research, Datenquelle: Ibbotson

            Risikoparitätisches Portfolio in der letzten Dekade
      200
                                                                     Risikoparitätisches Portfolio (Anleihen
                Aktien von Großunternehmen (Total Return)
                                                                     und Aktien), ungehebelt auf Cash-Basis

      150
NAV

      100

       50
                 1999             2001             2003            2005                2007               2009
                                                                  Quelle: Aquila Capital Research, Datenquelle: Ibbotson

                        Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                       23
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
                                                  risikoparitätische Portfolios

                                                  Grafik 13 zeigt für alle drei Zeitfenster: In der Großen Depression, in der Ölkrise der siebziger Jahre und im
                                                  vergangenen Jahrzehnt hätte sich unser annäherndes Risikoparitäts-Portfolio gut entwickelt. Es ist vielleicht
                                                  nicht überraschend, dass die Wertentwicklung in Zeiten der Großen Depression in den dreißiger Jahren so
                                                  gut war (eine Verdopplung des Wertes zwischen 1926 und 1940). Unser einfaches Risikoparitäts-Portfolio
                                                  besteht immerhin zu fast 80 Prozent aus Staatsanleihen. Und Staatsanleihen laufen gut in Depressionspha-
                                                  sen.

                                                  Und wie verhält es sich dann mit inflationären Phasen? Nun, das Bild für eine Inflationsperiode wie in den sieb-
                                                  ziger Jahren ist ähnlich. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat sich das Risikoparitäts-Konzept gut entwickelt.

                                                  In der letzten der drei Grafiken ist die interessante Periode zwischen 2005 und 2008 zu sehen. Diese Jah-
                                                  re beinhalteten deutliche Kursverluste für Anleihen. Viele Investoren haben zum größten Teil schon wieder
                                                  vergessen, dass die Renditen fünfjähriger Anleihen in diesem Zeitraum um fast drei Prozentpunkte gestie-
                                                  gen sind. Sehr wenige Marktteilnehmer erwarten aktuell eine solche Bewegung. Trotz der Verluste bei An-
                                                  leihen in diesen Jahren war die Wertentwicklung eines wie oben beschriebenen Risk-Parity-Portfolios mit
                                                  rund 80 Prozent Anleihen immer noch positiv.

                                                  Der Grund liegt in dem gegenläufigen Effekt der Allokation von 20 Prozent in Aktien. Obwohl die Aktien
                                                  nur den kleineren Anteil ausmachen, sind sie unter Risikogesichtspunkten genauso groß wie die Anleihen-
                                                  Allokation. Es ist wie bei einer Wippe: Wenn die eine Seite runtergeht, geht die andere Seite nach oben.
                                                  Wenn man auf beiden Seiten ist, ist es egal, welche Seite gewinnt und welche verliert.

                                                  Stress-Tests des Risikoparitäts-Portfolios mit Zinsschocks
                                                  Um noch ein bisschen tiefer zu graben, möchten wir nun auf echte Performancedaten des AC - Risk Parity 7
                                                  Funds in jenen Tagen blicken, in denen die Hauptverluste an den Anleihenmärkten zu verzeichnen waren.

                                                  Grafik 14 stellt die Hauptinstrumente für Anleihen dar, die wir im AC - Risk Parity 7 Fund nutzen. Die Ta-
                                                  belle zeigt sowohl die größten täglichen und monatlichen Verluste, die jedes dieser Instrumente seit dem
                                                  1. Januar 1993 zu verzeichnen hatte, als auch die jeweilige Wertentwicklung des AC - Risk Parity 7 Funds
                                                  (ISIN LU0374107992) über die gleiche Zeitperiode (verwendet werden sowohl tägliche 4 als auch monat-
                                                  liche Daten).

                                                  Die Wertentwicklung jeder Assetklasse ist ohne Einsatz von gehebelten Ansätzen dargestellt. Die Wert-
                                                  entwicklung des AC - Risk Parity 7 Funds basiert auf den tatsächlich erreichten Zahlen. Da wir die Zeitpe-
                                                  riode für die Szenarien so weit wie möglich in die Vergangenheit ausdehnen wollten, haben wir Annähe-
                                                  rungen (Anleihen: 10Y Canada, 5Y US, 5Y D; Zinsen: 3M EUR, 3M Sterling, 3M Eurodollar; Aktien: MSCI
                                                  World; Rohstoffe: S&P GSCI TR) in jenen Fällen genommen, in denen die schlechteste Tages- oder Mo-
                                                  natsentwicklung vor der Auflegung des Fonds stattgefunden hat.

	Täglich bedeutet vor dem 1. August 2011 T + 1, da der NAV bis zu diesem Datum auf dem Schlusskurs von Tag T basiert. Seit dem 1. August 2011 basiert T auf dem Schlusskurs
4

  des jeweiligen Handelstages.

                                                                     Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                        24
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
                risikoparitätische Portfolios

Grafik 14: Die schlechtesten Tage/Monate der Fixed Income-Instrumente in unserem Portfolio
und die Reaktion des Fonds

               Durchschnittliche Ergebnisse des AC - Risk Parity 7 Funds an den schlechtesten Tagen für
               jedes Fixed Income-Instrument
        1,5
                 Schlechteste Tagesergebnisse seit 1983          Ergebnis des AC RP 7 an diesem Tag (hellgrau = Backtest)
        1,0
                      0,68

        0,5                                0,35

          0
In %

       – 0,5      – 0,31           – 0,32           – 0,40
                                                             – 0,62
       – 1,0
                                                                                                 – 0,94
                                                                               – 1,13                                  – 1,13
       – 1,5                                                                                                  – 1,22

       – 2,0
                                                                          – 1,90
                                                                                            – 2,00
       – 2,5
                  3M Euribor     3M Eurodollar      3M Sterling        5Y US Treasuries   10Y Canadian     5Y German Bobl
                 (05.06.2008)     (24.09.2008)      (29.07.1994)         (19.09.2008)      (30.09.2008)      (19.09.2008)

                                                                                                Quelle: Aquila Capital Research

               Durchschnittliche Ergebnisse des AC - Risk Parity 7 Funds an den schlechtesten Monaten
               für jedes Fixed Income-Instrument
        3,0
                 Schlechteste Monatsergebnisse seit 1983         Ergebnis des AC RP 7 in diesem Monat (hellgrau = Backtest)
        2,0                                                                                                            1,36
                      1,36

        1,0

          0

                                                    – 0,41
In %

       – 1,0      – 0,47          – 0,49
                                           – 0,78
       – 2,0
                                                                               – 2,08                          – 1,98
       – 3,0                                                                                     – 2,66
                                                                          – 3,04
       – 4,0
                                                             – 3,79                         – 3,81
       – 5,0
                 3M Euribor      3M Eurodollar      3M Sterling        5Y US Treasuries   10Y Canadian     5Y German Bobl
                  (Apr. 01)        (Apr. 08)         (Nov. 97)            (Apr. 04)         (Feb. 94)         (Apr. 01)

                                                                                                Quelle: Aquila Capital Research

                                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                      25
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
risikoparitätische Portfolios

Obwohl alle unsere Positionen – einzeln betrachtet – signifikante Verluste an ihren jeweilig schwächsten Ta-
gen oder Monaten hatten, war die Gesamtauswirkung auf das Portfolio des AC - Risk Parity 7 Funds sehr
begrenzt und hat in jedem einzelnen Fall innerhalb unseres monatlichen vierprozentigen Stop-Loss-Limits
gelegen. Bemerkenswert ist, dass es sogar Beispiele dafür gibt, dass der Fonds sich positiv entwickelte, ob-
wohl auf der Anleihenseite sehr negative Tage oder Monate zu beobachten waren.

Der letzte Schritt der Stress-Test-Analyse ist die Untersuchung der Handelstage und -monate des AC - Risk Pa-
rity 7 Funds, in denen Anleihen eine negative Performance hatten. Seit der Auflegung des Fonds war dies in
504 von 1105 Tagen und in 20 von 53 Monaten der Fall. Die Grafiken 15 und 16 zeigen beide Zeitskalen.

Der durchschnittliche tägliche Verlust des Fonds an Tagen, an denen Anleihen fielen, lag bei minus 0,22 Pro-
zent. Auf einer Monatsbasis gerechnet, betrug der durchschnittliche Verlust minus 0,75 Prozent. Aber da
wir nicht nur Anleihen im Portfolio halten, sondern unser risikoparitätisches Portfolio aus vier Assetklassen
besteht, müssen wir die Entwicklung des gesamten Portfolios im Auge behalten und nicht nur die des An-
leiheteils.

  Grafik 15: Durchschnittliches Ergebnis des AC - Risk Parity 7 Funds an Tagen mit
  negativer Anleihenperformance (46 % aller Handelstage)
        0,7

        0,6                                             0,56

        0,5                                                                0,46

        0,4

        0,3
 In %

        0,2

        0,1
                                     0,00
         0

   – 0,1                                                                                        – 0,02

   – 0,2

   – 0.3         – 0,22
                Anleihen           Zinsen             Aktien             Rohstoffe             AC - Risk
              (10Y Canada,        (3M EUR,          (MSCI World)       (S&P GSCI TR)       Parity 7 Fund
                 5Y US,          3M Sterling,                                            (seit Auflegung als
              5Y Germany)       3M Eurodollar)                                            UCITS-Fonds am
                                                                                             05.02.2008)

                                                                               Quelle: Aquila Capital Research

                 Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                    26
Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf
risikoparitätische Portfolios

  Grafik 16: Durchschnittliches Ergebnis des AC - Risk Parity 7 Funds in Monaten mit
  negativer Anleihenperformance (38 % aller Monate)
         4

                                                                         2,97
         3

         2
                                                      1,43
 in %

         1
                                                                                              0,21
         0
                                   – 0,01

        –1      – 0,75

        –2
               Anleihen           Zinsen            Aktien             Rohstoffe            AC - Risk
             (10Y Canada,        (3M EUR,         (MSCI World)       (S&P GSCI TR)      Parity 7 Fund
                5Y US,          3M Sterling,                                          (seit Auflegung als
             5Y Germany)       3M Eurodollar)                                          UCITS-Fonds am
                                                                                          05.02.2008)

                                                                            Quelle: Aquila Capital Research

In den Tagen, in denen Anleihen fielen, hat der AC - Risk Parity 7 Fund durchschnittlich einen Verlust von
nur zwei Basispunkten erlitten. Dieselbe Rechnung auf monatlicher Basis zeigt, dass der AC - Risk Parity 7
Fund sogar durchschnittlich 21 Basispunkte gewonnen hat, wenn Anleihen schwach waren. Es ist offen-
sichtlich: Bei einem Risikoparitäts-Ansatz ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile.

                Aquila Capital 2012 | Risikoparitätische Ansätze im Umfeld steigender Zinsen                  27
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