RUNDSCHAU - member@AEROPERS

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RUNDSCHAU
Publikation der Pilotenverbände AEROPERS/SwissALPA • Nr. 4/ 2006

Verlängerung der Nachtflugsperre am Flughafen Zürich gefährdet
Arbeitsplätze ■ Pilotenschulung bei der SWISS startet durch ■ Grosses
Interview mit dem ehemaligen AEROPERS-Präsidenten Christoph Flügel
RUNDSCHAU - member@AEROPERS
A
Inhalt
Liebe Mitglieder                                 2–4

Editorial                                           3    Liebe Mitglieder
Höchste Gefahr für die SWISS                     5–8     Mit dem GAV 2006 haben wir eine solide Basis für Wachstum und
Kommentar                                           6    Perspektiven gelegt. Nicht alleine uns, sondern vor allem der
«Ein interkontinentaler Flughafen schafft
                                                         SWISS eröffnet dies Chancen für die Zukunft, aber auch für eine
hochqualifizierte Arbeitsstellen»                8–9     Wende zu einer positiven Unternehmenskultur. Dafür erwarten
Verabschiedung Christoph Flügel                10 – 11   wir, dass unsere Bedürfnisse auf Lebensqualität und ein verträgli-
Interview mit Christoph Flügel –                         ches Sozialleben – speziell bei höherer Arbeitsbelastung – ernst
«Es eröffneten sich unerwartete Horizonte» 11 – 15       genommen werden. Die nächsten Monate werden somit über die
Gute Aussichten für junge Piloten              16 – 18   Tonalität in der Sozialpartnerschaft entscheiden.
Ausbildungsphilosophie wie bei der SLS         19 – 20
                                                         Christian Frauenfelder, Präsident            wie Nein-Stimmenden – starke Vorbe-
Civilized thinking                                 21
                                                                                                      halte bezüglich der Lebensqualität bei
Kite-Surfen und Airbus-Fliegen auf Sri Lanka 22 – 23                              Es freut mich       den Arbeitsbedingungen vorhanden
                                                                                ausserordentlich,     sind. In vielen Bereichen rennt ihr damit
«Un pilote regarde d’abord le ciel!»           24 – 26
                                                                                euch auch an die-     bei mir offene Türen ein. Wir kommen
Eindrücke vom ASAP-Meeting in Orlando          26 – 28                          ser Stelle als neu-   allerdings nicht darum herum, mehr zu
                                                                                er Präsident der      arbeiten. Wir haben der SWISS eine Pro-
Stiftung Kinderhilfe des Swissair-Personals        29
                                                                                AEROPERS be-          duktivitätssteigerung von zirka elf Pro-
Vielen Dank für Dein Engagement!                   30                           grüssen zu kön-       zent zugesagt. Dies haben wir verspro-
Sieben Jahre Spezialisten-Einsatz
                                                                                nen. Mit der An-      chen, und dies werden wir auch halten.
für die AEROPERS                                   30                           nahme des GAV         Im Gegenzug erwarte ich von der SWISS
                                                         2006 am 20. Oktober konnte der Wech-         aber, dass sie alles Mögliche unternimmt,
Geld und Anlagen                               31 – 32
                                                         sel im Präsidium und im Vorstand – wie       um diese Mehrarbeit sozialverträglich
Gelesen – Zeitreise – On the air               33 – 36   an der Generalversammlung im Mai be-         und fair zu verteilen. Ob dies kurzfristig
                                                         schlossen – vollzogen werden. Ich            über Ausführungsbestimmungen (Ein-
Seitenblicke                                       37
                                                         möchte mich nochmals für euer Ver-           schränkungen bei der Planung) oder
Termine & Mitteilungen – Diverses                  38    trauen bedanken, das ihr mir persönlich      neue Modelle (belastungsabhängig) bes-
                                                         und dem Vorstand entgegenbringt. Mit         ser umzusetzen ist, werden wir in den
Insertionstarife                                   39
                                                         Christoph Flügel (Präsident) und Richard     nächsten Monaten evaluieren. Im Ferien-
Impressum                                                Huber (Vorstandsmitglied) verlassen zwei     bereich soll äquivalent eine verbesserte
Herausgeber                                              erfahrene Leute unser Verbandsschiff. Es     Zuteilung und Eingabemöglichkeit durch
AEROPERS / SwissALPA                                     wird nicht einfach sein, die beiden zu er-   ein neues Ferienmodell erreicht werden.
Ewiges Wegli 10, 8302 Kloten                             setzen. Ohne sie stünde die AEROPERS         Mittelfristig kommen wir aber nicht um
Telefon 044 816 90 70, Fax 044 816 90 75
E-Mail aeropers@aeropers.ch                              nicht da, wo sie heute ist. Ich bin über-    ein neues Planungssystem herum, wie
                                                         zeugt, dass wir zusammen mit den bei-        es andere Gesellschaften – zum Beispiel
Redaktion
E-Mail rundschau@aeropers.ch                             den «Rookies» Mario Achermann und            die Lufthansa – schon haben. Wir brau-
André Ruth, Redaktionsleiter
Jürg Ledermann, Redaktor
Roland Zaugg, Redaktor
Christoph Ulrich, Geschäftsführer AEROPERS
                                                             «Der Umstand, dass ihr langfristige
Lukas Viglietti, Illustrationen
Ständige Mitarbeiter:                                        Perspektiven über kurzfristig persönliche
Peter Küng («Civilized thinking»)
Zbigniew Bankowski («On the air»)
Viktor Sturzenegger («Gelesen»)
                                                             Nachteile gestellt habt, verdient
Christoph Jordan («Zeitreise»)
Dieter Eppler (Ausland)                                      Anerkennung.»
Layout
Kathrin Kreutzer, Akeret Druck AG                        Peter Schmid wieder ein schlagkräftiges      chen ein modernes Planungssystem,
Druck                                                    Vorstandsteam zusammen haben. Ge-            das die Arbeit gleichmässiger verteilt,
Akeret Druck AG, 8600 Dübendorf                          meinsam mit euch werden wir die kom-         Mehrarbeit entlöhnt, aber auch ein stabi-
Auflage                                                  menden Herausforderungen meistern.           leres Sozialleben zulässt. Das Erfüllen
3000 Exemplare
                                                                                                      von Grundbedürfnissen – wie Freitage –
Erscheinungsweise                                        GAV und was jetzt?                           darf nicht mehr vom Zufall oder der «Ein-
Viermal pro Jahr
Cover vierfarbig, Innenseiten schwarz / blau
                                                            Mit der Annahme des GAV habt ihr es       gabevirtuosität» abhängen, sondern
                                                         dem Vorstand ermöglicht, seine langfris-     muss transparent und verlässlich mög-
Inseratenannahme
Akeret Druck AG, Druckerei am Lindenplatz                tige Strategie von Arbeitsplatzsicherung     lich sein. Was nützen «Hunderte von
Wallisellenstrasse 2, 8600 Dübendorf                     und Wachstum umzusetzen. Der Um-             Wunschmöglichkeiten», wenn ich nicht
Telefon 044 801 80 10                                    stand, dass ihr langfristige Perspektiven    weiss, ob ich den wichtigsten Wunsch
Fax      044 801 80 11
akeret.ag@bluewin.ch                                     über kurzfristig persönliche Nachteile ge-   auch bekomme. Qualität vor Quantität ist
www.akeret-ag.ch                                         stellt habt, verdient Anerkennung. Mir ist   gefragt. Wir werden in den nächsten Wo-
Frontseite                                               bewusst, dass bei vielen von euch – Ja-      chen eine Umfrage starten, um eure An-
© André Ruth
Redaktionsschluss «Rundschau» 1/2007: 26. Februar
AEROP ERS

liegen abzuklären. Nachdem mit dem           sig damit umzugehen. Die SWISS hat es         über der Firma. Mit Erstaunen müssen wir
GAV das über allem stehende Grundbe-         also in der Hand, bei der Umsetzung des       feststellen, dass der Vorstand der SWISS
dürfnis der Arbeitsplatzsicherheit gelegt    GAV 2006 und der nachgelagerten Pro-          Pilots nichts aus der unvernünftigen Poli-
ist, gilt es nun, das Augenmerk auf die      jekte einen Schritt in Richtung einer posi-   tik der Vergangenheit gelernt hat. Eine Po-
Verbesserung der Lebensqualität zu rich-     tiven Unternehmenskultur zu gehen. Wir        litik notabene, die zu einer Reduzierung
ten. Wir werden die SWISS in den näch-       werden in der gleichen Tonalität antwor-      des ehemaligen Crossair-Korps auf bei-
sten Monaten an ihrem Willen, hier kon-      ten, wie die SWISS «in den Wald hinein-       nahe einen Fünftel der Piloten im Regio-
struktiv mitzuarbeiten, messen. Viel wird    ruft».                                        nalsegment geführt hat. Anstatt sich an
bei der zukünftigen Sozialpartnerschaft                                                    vergleichbaren Bedingungen bei anderen
davon abhängen, ob die SWISS uns mit         Entwicklung im Regionalsegment                europäischen Regionalpiloten (Flugzeug-
«Erbsenzählerei», Bequemlichkeit oder          Der Ausgang der Verhandlungen im Re-        grösse bis 100 Plätze) zu orientieren, be-
faulen Ausreden das Leben sauer macht.       gionalsegment ist zum jetzigen Zeitpunkt      harren die SWISS Pilots zum Beispiel auf
Wir haben Ja gesagt zur Produktivitäts-      (20. November) noch offen. Leider lassen      gleichen Salären, wie wir sie bei der Air-
steigerung, aber nicht zu einer Ver-         sich für uns kaum Berührungspunkte für        busflotte haben. Eine Durchsetzung sol-
schlechterung des Soziallebens. Es kann      ein vernünftiges Verhältnis zum Verband       cher Forderungen würde das Regional-
nicht im Interesse einer Firma sein, Zu-     der SWISS Pilots finden. Eine zuneh-          segment derart verteuern, dass eine
stände wie im Regionalsegment zu ha-         mende Radikalisierung verschärft das          weitere Auslagerung oder Reduzierung
ben. Faire Arbeitsverteilung und ein sta-    Problem zusehends und verunmöglicht           der Regionalflotte die Folge wäre. Der we-
biles Sozialleben sind ein Pfeiler unserer   ein – eigentlich vernünftiges – gemeinsa-     nig durchdachte Streik im Oktober, die in-
Motivation. Es wäre kurzsichtig, fahrläs-    mes Auftreten aller SWISS-Piloten gegen-      ternationale Isolierung, aber auch das Un-

 EDITORIAL
                       Nachdem die Medien lange Zeit nur kri-       2006 angenommen. Christoph Flügel hat diese emotionale
                    tisch über die SWISS berichtet und sogar de-    Zeit als Abschluss seiner langjährigen Karriere bei der AERO-
                    ren Ende vorhergesagt hatten, konnte der        PERS erlebt. Er meint im Interview, das die «Rundschau» mit
                    verhängnisvolle Trend unter deutscher Füh-      ihm führte, dass er in den ersten Jahren seiner Verbandstätig-
                    rung wieder nach oben korrigiert werden. Im     keit nur mit Flottenabbau und Streichung von Arbeitsplätzen
                    Jahr 2005 hat die SWISS kräftig Anlauf ge-      zu tun. Um so glücklicher sei er nun, als Präsident einen Ver-
                    holt und nun, zusätzlich beflügelt von der      trag unterzeichnet zu haben, der dem Korps eine Zukunft mit
                    starken Konjunktur, zu einem steten Steigflug   Wachstum ermögliche. Je nachdem, wie gross und schnell
 angesetzt. Endlich kann sie den längst benötigten Ausbau der       der Ausbau erfolgen wird, muss auch die Schulung von neuen
 Airbus-Flotte in Angriff nehmen. Bei der Verleihung der World      Piloten kräftig gesteigert werden. Tom Bolli, der Leiter Swiss
 Travel Awards im Herbst dieses Jahres hat sie in verschiedenen     Aviation Training, ist überzeugt, dass seine Schule für diese
 Kategorien den 1. Platz erzielt. Auch der Flughafen Zürich holte   Aufgabe gerüstet ist und der SWISS Piloten mit ausgezeich-
 die Auszeichnung als «Europe’s Leading Airport». In verschie-      neter Ausbildung wird übergeben können. Und sollte es bei
 denen Studien, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, wird      der SWISS aus qualifikatorischen Gründen nicht klappen, so
 dem Wirtschaftsstandort Schweiz eine ausgezeichnete Form           seien die Chancen auf einen Pilotensitz weltweit seit Jahren
 attestiert. Die ökonomische Bedeutung und die Wichtigkeit der      nicht mehr so gut gewesen wie jetzt. Lesen Sie dazu mehr im
 Luftfahrt für dessen Attraktivität werden mit deutlichen Zahlen    Bericht «Gute Aussichten für junge Piloten».
 untermauert. Alles paletti also?                                      Wenn da nun neue Karrieren beginnen und junge Menschen
    Am 6. November unterstützte der Zürcher Kantonsrat vor-         vom ersten Flug in einem SWISS-Cockpit träumen, so sind
 läufig eine Behördeninitiative, welche die Zahl der An- und Ab-    aber auch schon viele glänzende Laufbahnen unverhofft und
 flüge auf dem Flughafen Zürich auf jährlich 320 000 begrenzen      abrupt zu Ende gegangen. Wir schildern in dieser Ausgabe
 und die Nachtruhe von acht Stunden gesetzlich verankern will.      zwei ganz unterschiedliche Lebensverläufe. Da ist einmal Mar-
 Welche dramatischen Konsequenzen eine derartige Ein-               cel Bobay, der nach dem Grounding der Swissair gezwungen
 schränkung für die SWISS haben könnte, scheint den wenigs-         war, sich einen anderen Arbeitgeber zu suchen. Auf Umwegen
 ten Ratsmitgliedern bewusst zu sein. Anstatt sich der berech-      ist er nach Sri Lanka gelangt, wo er sich in einer malerischen
 tigten Fluglärm-Sorgen der Bevölkerung anzunehmen, hat der         Kulisse seinen zwei grössten Hobbys hingeben kann: dem
 Kantonsrat vor, ebendiese Bevölkerung mit ganz ernsten wirt-       Kite-Surfen und dem Airbus-Fliegen. Die zweite Geschichte
 schaftlichen und existenziellen Sorgen zu konfrontieren. Ro-       handelt von Jef Duplain. Ein Hirnschlag beendete seine Kar-
 land Zaugg zeigt in seinem Bericht «Höchste Gefahr für die         riere als Linienpilot von einem Moment auf den anderen. Lu-
 SWISS», dass die Verkürzung der Betriebszeiten am Flugha-          kas Viglietti hat sich dieser sagenumwobenen Gestalt in einem
 fen Zürich ausgerechnet die nationale Fluggesellschaft am Le-      persönlichen Interview genähert. In «Un pilote regarde d’abord
 bensnerv träfe. Laut Harry Hohmeister, Geschäftsleitungsmit-       le ciel!» meint Duplain, angesprochen auf seinen Ruf, denn
 glied der SWISS, könnte die SWISS ihr interkontinentales           auch: «On a raconté plein de trucs sur moi dont certaines bê-
 Streckennetz unter diesen Voraussetzungen nicht mehr wirt-         tises. Par exemple, je n’ai jamais volé avec des chaussettes
 schaftlich betreiben. Ein radikaler Flottenabbau mit allen weit-   rouges. Je les portais uniquement en sortie.»
 reichenden Folgen wäre unausweichlich. Der Motor des Flug-
 hafens käme zum Stocken. Es würde unheimlich ruhig um                Ich wünsche gute Unterhaltung!
 Zürich herum.
    Im positiven Sinn ist es ruhig um die Airbus-Piloten gewor-       Jürg Ledermann
 den. Nach einem hitzigen Abstimmungskampf wurde der GAV

                                                                                                              Rundschau 4 I 2006     3
INTERN / V E R BA ND

vermögen des Vorstands, aus eigener
Kraft Verhandlungen zu führen, lassen für
die Regionalpiloten nichts Gutes ahnen.
Das unprofessionelle Verhalten der SWISS
Pilots führt einzig dazu, dass das Berufs-
bild aller Piloten in der Schweiz unnötig
Schaden leidet und weitere Regionalpilo-
ten ihre Arbeitsstelle verlieren könnten.

Politik
    Nachdem unsere Kapazitäten in den
letzten Monaten weitgehend für unseren
GAV gebunden waren, müssen wir uns
wieder intensiv externen Faktoren zu-
wenden, welche unsere Existenz nach-
haltig beeinflussen: Flughafenpolitik und
internationale Zusammenarbeit. Die Luft-
fahrtpolitik um den Flughafen Zürich
bleibt ein trauriges Kapitel. Institutionen
wie BAZL und skyguide schieben einan-
der lieber gegenseitig den Schwarzen
Peter zu und verstecken sich hinter Para-
grafen, anstatt endlich pragmatische Lö-        Christian Frauenfelder blickt als AEROPERS-Präsident entschlossen in die Zukunft.
sungen für ein effizientes Anflugregime zu                                                                                 Foto: André Ruth
finden (beispielsweise 10 NM Abstand
bei Start Piste 16 und Landung Piste 14).       zur Konzernstruktur bilden. Sonst sind        Brandung der schweizerischen Zivilluft-
Solche Zustände, die ohne vernünftigen          wir als Juniorpartner schnell ausgespielt,    fahrt etabliert. So soll es auch in Zukunft
Sicherheitsgewinn oder Lärmentlastung           und unsere Machtstellung im Hause             bleiben. Wir sind der einzige Pilotenver-
zur Verhinderung von effizientem Flug-          SWISS nützt nicht viel. Wir sind – speziell   band in der Schweiz mit einem GAV. Ein
verkehr führen, gehören in eine Bana-           mit der Vereinigung Cockpit – auf gutem       bisschen Ruhe dürfen wir uns nach den
nenrepublik und nicht in die hoch ent-          Weg, denn es sitzen da zwei Partner am        letzten turbulenten Jahren gönnen, aus-
wi-ckelte Schweiz. Am heissen Eisen             Tisch, die sich gegenseitig respektieren      ruhen dürfen wir uns aber nicht. Wir sind
«Luftfahrtpolitik» will sich kaum ein Politi-   und denen es bewusst ist, dass ein Ge-        und bleiben im schwierigen «Airline-Ge-
ker die Finger verbrennen. Viel lieber pro-     geneinander langfristig nur dem Arbeit-       schäft». Wir haben dies am eigenen Leib
filieren sie sich als indifferente Gegner       geber nützt. Es gilt jetzt, die guten Kon-    erfahren, und das Beispiel Austrian Air-
des Flughafens, ohne dabei merken zu            takte zu intensivieren und auszubauen.        lines führt es uns auch wieder vor Augen.
wollen, dass der Flughafen Zürich eine                                                        Ans Auf und Ab müssen wir uns gewöh-
nationale Bedeutung als Wirtschaftsmo-          Zukunft                                       nen. Umso wichtiger ist ein starker, stabi-
tor hat. Bei der Flughafendiskussion               Fast alle Indikatoren stehen bei der       lisierender Faktor wie die AEROPERS.
scheinen die Parteigrenzen durch geo-           SWISS im grünen Bereich. Nach Jahren          Ein starker, mächtiger Verband im Hause
graphische Interessen aufgelöst zu sein.        des Darbens und der Ungewissheit ha-          SWISS ist zusammen mit einer guten
Wir müssen alles daran setzen, dass die         ben wir fünf Jahre nach dem Grounding         Vernetzung unsere einzige Garantie,
Luftfahrtpolitik nicht nur auf Fluglärm re-     wieder die Chance auf Perspektiven und        dass wir auch in zukünftigen Auseinan-
duziert wird. Bei der Plafonierungsinitia-      eine Zukunft im Airline-Business. Wir sind    dersetzungen und Schwierigkeiten nicht
tive geht die Hauptgefahr klar von der          im Steigflug, und darüber dürfen wir uns      unter die Räder kommen. «Hart, aber fle-
Ausdehnung der Nachtruhe und weniger            auch einmal freuen. Wir müssen wieder         xibel» muss unser Motto sein. Geschlos-
von der Begrenzung der Flugbewegun-             lernen, von der Negativmentalität der         senheit und Entschlossenheit sind unser
gen aus. Eine Annahme dieser Initiative         letzten fünf Jahre wegzukommen und es         einziges, dafür aber wirkungsvolles Mit-
würde den Flughafen Zürich zu einem             wagen, positiv zu denken. Kritisch dürfen     tel. Nur zusammen sind wir stark. Für un-
bedeutungslosen Provinzplatz degradie-          wir bleiben, aber nicht als Dogma, son-       sere Anliegen und Interessen brauchen
ren (siehe den Artikel «Höchste Gefahr für      dern dort, wo es angebracht ist. Positive     wir alle, Befürworter und Gegner des
die SWISS» von Roland Zaugg). Der               Gedanken müssen wieder Platz haben.           GAV. Unter dem Schirm der AEROPERS
Schaden wäre kaum mehr reversibel.              Lasst uns die wirklich positiven Dinge        haben alle ihren Platz. Schliesslich haben
    Immer wichtiger für unsere Zukunft          auch positiv sehen! Wir haben viel erlebt,    wir alle das gleiche Ziel: einen sicheren
wird die internationale Zusammenarbeit,         aber auch viel erreicht. Das nötige Glück     Arbeitsplatz zu bestmöglichen Bedin-
speziell mit der Vereinigung Cockpit. Mit       des Tüchtigen stand uns meist zur Seite.      gungen. Ich freue mich, diesen Verband
der Übernahme durch die Lufthansa er-           Wir können und dürfen wieder vorwärts         über die nächsten Jahre führen zu kön-
öffnen sich grosse Chancen, aber auch           schauen. Freuen wir uns doch wieder           nen, und danke euch für eure Unterstüt-
Gefahren. Nach der Eingliederung in den         mehr über unseren – immer noch unver-         zung.
Konzern und durch den globalen Wett-            gleichlichen – Beruf.
bewerb sind wir in einem Haifischteich.            Die SWISS befindet sich im Steigflug,
Wir müssen uns weiterhin gut vernetzen          hat aber noch nicht die sichere Reiseflug-
und mit befreundeten Verbänden wie der          höhe erreicht. Das gleiche gilt für uns als
Vereinigung Cockpit ein Gegengewicht            Verband. Wir haben uns als Fels in der

4   Rundschau 4 I 2006
AEROP ERS

                                                                                            tären einen profitablen Flug machen. Dar-
Höchste Gefahr                                                                              aus folgt: Die SWISS – wie übrigens auch
                                                                                            die Lufthansa! – kann ihr interkontinenta-

für die SWISS                                                                               les Streckennetz nur mit Hilfe von Umstei-
                                                                                            gepassagieren wirtschaftlich betreiben.
                                                                                               Früh am Morgen setzt sich die erste
Mehrere Initiativen fordern eine Ausdehnung des Nachtflugver-                               Abflugwelle in Zürich aus Flügen in die
bots in Zürich. Das würde die Existenz der SWISS als Netz-                                  verschiedenen europäischen Geschäfts-
Carrier und des Flughafens Zürich als Drehscheibe in höchstem                               zentren zusammen, zum Beispiel nach
                                                                                            Hamburg, Berlin, Paris oder London
Mass gefährden, wie Harry Hohmeister, der Netzwerk- und Ver-
                                                                                            (siehe Grafik 2). Diese Flüge müssen, so
triebs-Chef der SWISS, in einem Gespräch darlegt.                                           Hohmeister, spätestens etwa um 9 Uhr
                                                                                            am Zielort ankommen. Sonst hätten die
Text: Roland Zaugg                           rich die Passagierverteilung, mengen-          Schweizer Geschäftsleute, für die diese
                                             mässig geordnet nach Herkunftsort, un-         erste Europa-outbound-Welle von zen-
   Die SWISS ist besorgt über die Ent-       gefähr wie in Grafik 1 aussehen könnte.        traler Bedeutung ist, danach nicht genü-
wicklung am Flughafen Zürich. In der         Ein grosser Teil – zwischen 40 und 50 Pro-     gend Zeit für ihre Tagesgeschäfte im
«Handelszeitung» vom 27. September           zent – sind Lokalpassagiere, die in Zürich     Ausland. Das bedeutet aber: Die erste
liess sich ihr Sprecher Jürg Dinner fol-     einsteigen. Der Rest sind Umsteigepas-         Abflugwelle am Morgen muss zwingend
gendermassen zitieren: «Würden die           sagiere aus vielen europäischen oder so-       um etwa 7 Uhr beginnen.
Rahmenbedingungen weiter verschärft,
insbesondere wenn die Nachtruhe länger
dauert als sieben Stunden oder eine Pla-        «In München besteht eine Lärmkontingent-
fonierung eingeführt würde, wäre es für
die SWISS nicht mehr möglich, das be-           Regelung, die Flüge in der Nacht nicht
stehende Netzwerk von Zürich aus zu
betreiben.» – Der wirtschaftliche Einsatz       grundsätzlich verbietet, sondern eine Kombi-
der SWISS-Flotte wäre gefährdet.
   Diese Behauptungen wiegen schwer,            nation aus Lärm und Zahl von Bewegungen
wurden aber im Beitrag der «Handelszei-
tung» nicht weiter ausgeführt. Wir haben        limitiert: Sind die Flugzeuge leiser, dann sind
uns deshalb Anfang Oktober an Harry
Hohmeister gewandt und ihn gefragt, ob          mehr Bewegungen erlaubt.»
er sie beweisen könne. Dabei konzen-
trierten wir uns auf die Ausdehnung der      gar interkontinentalen Ursprungsorten,            In Zürich beginnt der Flugbetrieb aktuell
Nachtflugsperre, einer Sperre, die mittels   wobei oft Genf nach Zürich an zweiter          um 6 Uhr. Um diese Zeit treffen die ersten
einer Behördeninitiative auf acht und in     Stelle kommt. Zählt man auf Grafik 1 die       Langstreckenflüge der SWISS ein. Wenn
der Volksinitiative «für eine realistische   Passagierzahlen von links nach rechts zu-      nun die Nachtflugsperre am Morgen um
Flughafenpolitik» («Plafonierungsinitia-     sammen, kommt man irgendwann (hof-             eine Stunde verlängert würde, die erste
tive») sogar auf neun Stunden ausge-         fentlich) über die Linie hinaus, ab welcher    «Interkont-inbound-Welle» neu also erst
dehnt werden soll.                           der Flug rentabel wird. Diese Linie ist in     nach sieben Uhr in Zürich landen könnte,
                                             den letzten Jahren im Zusammenhang mit         dann würden deren Umsteigepassagiere
Ohne Umsteigepassagiere                      der Luftfahrt-Liberalisierung nach rechts      den Anschlussflug in der ersten Europa-
rentiert es nicht                            gewandert. Oft sind es sogar erst die «al-     outbound-Welle verpassen – sofern die
  Laut Hohmeister ist es so, dass auf        lerletzten» paar Umsteigepassagiere ganz       Kurse der Langstreckenwelle überhaupt
einem typischen Langstreckenflug ab Zü-      rechts auf der Grafik, die aus einem defizi-   um eine Stunde verschoben werden
                                                                                            könnten und nicht gestrichen werden
                                                                                            müssten. Die Startzeit kann nämlich einen
                                                                                            grossen Einfluss auf die Attraktivität eines
                                                                                            Kurses haben. Ganz sicher würde aber
                                                                                            die Auslastung der frühmorgendlichen
                                                                                            Abflugwelle massiv einbrechen, sind doch
                                                                                            heute ungefähr 40 Prozent davon Umstei-
                                                                                            gepassagiere, die mit der ersten An-
                                                                                            kunftswelle in Zürich eintreffen. Die Euro-
                                                                                            pa-Flugzeuge der SWISS wären dann viel
                                                                                            zu gross, und ausserdem müssten die
                                                                                            nach 7 Uhr in Zürich eintreffenden Um-
                                                                                            steigepassagiere auf eine neue Zwischen-
                                                                                            abflugwelle umgelagert werden, die um
                                                                                            etwa 8 Uhr beginnen müsste. Man bucht
                                                                                            ja nicht den Flug über Zürich, wenn man
Grafik 1: Typische Passagierverteilung auf einem Langstreckenflug nach Ursprungsort der     dort stundenlang auf den Anschluss war-
Passagiere (schematisch).                                                                   ten muss.

                                                                                                                Rundschau 4 I 2006    5
AE

                                                                                                                   den aktuell rund 80 SWISS-Kurse pro
    Flughafen                                    Uneingeschränkte                   Generelle
                                                                                                                   Woche am Morgen zwischen 6 und 7
                                                 Betriebszeiten                     Nachtflugsperre
                                                                                                                   Uhr. Etwa zwei Drittel davon sind Inter-
    Amsterdam                                    06.00 – 23.00                      Nein *                         kontinentalkurse, zum Beispiel aus Jo-
    Brüssel                                      24 Stunden                         Nein *                         hannesburg, Bangkok/Singapur oder
    Frankfurt                                    05.00 – 23.00                      Nein *, Lärmquoten             Mumbai. Dazu kommen weitere Kurse
                                                                                                                   von anderen Fluggesellschaften.
    Kopenhagen                                   06.00 – 23.00                      Nein *
    London Heathrow                              07.00 – 23.00                      Nein *, Lärmquoten             Lärmquoten in München
    Madrid                                       07.00 – 23.00                      Nein *                         oder Frankfurt
    Mailand                                      06.30 – 23.30                      Nein *                            Schon heute weist der Flughafen Zü-
                                                                                                                   rich laut Hohmeister eine restriktive, sie-
    München                                      06.00 – 22.00                      Nein *, Lärmquoten
                                                                                                                   benstündige Planungssperre auf: Zwi-
    Paris Charles de Gaulle                      06.00 – 23.15                      Nein *                         schen 23 und 6 Uhr dürfen in Zürich
    Wien                                         05.00 – 21.30                      Nein *                         keine Linienflüge geplant, das heisst in
    Zürich mit Initiative                        07.00 – 22.00                      22.00 – 07.00                  den offiziellen Flugplan aufgenommen
                                                                                                                   werden. Sollte nun das allgemeine
    *mögliche Restriktionen für bestimmte Lärmklassen und Anzahl der Bewegungen
                                                                                                                   Nachtflugverbot in Zürich auf acht oder
Zürich stünde mit einer generellen Nachtflugsperre auf verlorenem Posten.                                          sogar neun Stunden ausgedehnt wer-
                                                                                                                   den, wie das mit der Behörden- bezie-
   Eine bisher mit grösseren, wettbe-                               ebenfalls im Widerspruch zu den Absich-        hungsweise mit der Plafonierungsinitia-
werbsfähigen Europa-Fliegern einfach                                ten der Initiativen stünde. Die Zusatzwelle    tive angestrebt wird, würde Zürich im
geführte Welle müsste also neu doppelt                              am Morgen würde natürlich hinfällig,           internationalen Vergleich definitiv ausser
und mit kleineren, pro Sitzplatz wesent-                            wenn die Interkon-inbound-Welle gar            Rang und Traktanden fallen, wie die Ta-
lich teureren Flugzeugen geführt werden.                            keine Umsteigepassagiere hätte. Dann           belle zeigt (Quelle: Unique/ADV).
Eine solche Frequenzverdoppelung bei                                wären jedoch, wie oben dargelegt                  Auf anderen europäischen Flughafen-
gleicher Nachfrage wäre für die SWISS                               wurde, die meisten Flüge dieser Welle          Drehscheiben würde die Bevölkerung in
wirtschaftlich nicht tragbar und im Hin-                            unrentabel. Man kann es also drehen            der Nacht ebenfalls geschont, jedoch
blick auf die ebenfalls drohenden Bewe-                             und wenden, wie man will: Auf dem Flug-        nicht mit einem allgemeinen Nachtflugver-
gungsbeschränkungen in Zürich ein                                   hafen Zürich muss man spätestens um 6          bot, fährt Hohmeister fort. So besteht
kompletter Unsinn – die positive Entwick-                           Uhr morgens landen können, sonst erle-         zum Beispiel in München seit 2001 eine
lung hin zu mehr Passagieren pro Flug-                              digt sich das Thema SWISS als Netz-            Lärmkontingent-Regelung, die Flüge in
bewegung, die in Zürich seit einiger Zeit                           Carrier beziehungsweise Zürich als Dreh-       der Nacht nicht grundsätzlich verbietet,
feststellbar ist, würde so torpediert. Zu-                          scheibe sozusagen schon in den frühen          sondern eine Kombination aus Lärm und
dem gäbe es wesentlich mehr Lärm, was                               Morgenstunden. Laut Hohmeister lan-            Zahl von Bewegungen limitiert: Sind die

    K O M M E N TA R
    Sein oder Nichtsein
      Harry Hohmeisters Ausführungen bewei-                                                  GmbH, die 2005 im Auftrag des Bundesamts für Zivilluftfahrt
    sen, dass es bei der Plafonierungs- und der                                              erstellt worden ist, wird die Nachfrage nach Luftverkehr in der
    Behördeninitiative nicht «nur» um eine bescheidene Ein- oder                             Schweiz weiter wachsen. Intraplan rechnet damit, dass die
    Beschränkung der Bewegungszahl auf dem Flughafen Zürich                                  Zahl der Flugreisen, die auf einem Schweizer Flughafen ent-
    geht. Es geht vielmehr um die grundlegende Frage, ob man der                             weder anfangen oder enden, von 2004 bis 2020 jährlich um
    SWISS die Luftzufuhr wieder abdrehen will, nachdem sie erst                              3,1 Prozent zunehmen wird. Das entspricht einer Zunahme
    jüngst dank grosser und zum Teil mehrfacher Opfer von Mitar-                             bis 2020 von über 60 Prozent. Noch interessanter ist jedoch
    beitern und Zulieferern endlich die schwarzen Zahlen erreicht                            die Tatsache, dass die Zahl der Geschäftsreisen laut Intra-
    hat. Und es geht ebenso darum, ob man dem Flughafen Zürich,                              plan in diesem Zeitraum «nur» um 2,1 Prozent jährlich anstei-
    der eine interkontinentale Drehscheibe sein soll, ein Korsett an-                        gen wird. Überdurchschnittlich wachsen wird dagegen die
    legen will, das einen solchen Betrieb unmöglich macht.                                   Zahl der «sonstigen Privatreisen» (Kurzreisen, Verwandten-
      Die Folgen einer Umsetzung der Initiativen wären auf jeden                             und Bekanntenbesuche, Verkehr zwischen Wohnsitzen und
    Fall dramatisch, auch wenn man das genaue Ausmass der wirt-                              so weiter), nämlich um 4,7 Prozent pro Jahr. Bis 2020 ent-
    schaftlichen Auswirkungen kaum mit mathematischer Präzision                              spricht das mehr als einer Verdoppelung gegenüber den
    voraussagen kann. Vielleicht lohnt es sich deshalb, kurz innezu-                         Zahlen von 2004. Harry Hohmeister bestätigt diesen Trend:
    halten und einfach einmal nachzuschauen, wie viele Passagiere                            «Wir wachsen im Freizeitverkehr stärker als im Geschäftsrei-
    den Flughafen Zürich nicht zum Umsteigen, sondern entweder                               severkehr.»
    als Ausgangs- oder Endpunkt ihrer Flugreise benützen: Von Ja-                              Es sind also nicht nur «die anderen», die den Flughafen im-
    nuar bis Ende September 2006 waren es laut Statistik von Uni-                            mer mehr beanspruchen, wie das in den Diskussionen allzu
    que knapp zehn Millionen Lokalpassagiere. Und geht der Trend                             oft behauptet wird. Wir alle sind es! Das sollten wir ebenfalls
    so weiter, wird diese Zahl bis Ende Jahr ungefähr auf 13 Millio-                         bedenken, wenn es zu einer Abstimmung über eine der Flug-
    nen anwachsen. Eine stolze Zahl!                                                         hafeninitiativen kommen sollte.
      Laut «Nachfrageprognose über die Entwicklung des Luft-
    verkehrs in der Schweiz bis 2030» von Intraplan Consult                                                                                  Roland Zaugg

6      Rundschau 4 I 2006
AEROP ERS

                                                                                             dam würden sechs solcher Wellen ge-
                                                                                             flogen, und in Paris sei man gar auf dem
                                                                                             Weg zu einem Acht-Wellen-System, so
                                                                                             Hohmeister.
                                                                                                Da die Schweiz eine gute Lage in Zen-
                                                                                             traleuropa hat, fördert die Wellenstruktur
                                                                                             auch den effizienten Einsatz der SWISS-
                                                                                             Flugzeuge. Diese schwärmen am Mor-
                                                                                             gen mit der ersten Europa-Abflugwelle in
                                                                                             alle Himmelsrichtungen aus, kehren
                                                                                             mehrheitlich im Laufe des späten Vormit-
                                                                                             tags in der nächsten Ankunftswelle wie-
                                                                                             der zurück, schwärmen dann erneut aus
                                                                                             – und so weiter bis am späten Abend.
                                                                                             Laut Hohmeister bringen es die im
Grafik 2: Schematische, vereinfachte Darstellung der Wellenstruktur des SWISS-Flugplans in   Europa-Verkehr eingesetzten Flugzeuge
Zürich.                                                                                      der SWISS in diesem Vier-Wellen-Sy-
                                                                                             stem auf durchschnittlich etwa zehn
Flugzeuge leiser, dann sind mehr Bewe-          wäre. Einige müssten vermutlich ersatzlos    Flugstunden pro Tag. Müsste nun der
gungen erlaubt. In einer sogenannten            gestrichen werden. Konkret geht es um        Flugbetrieb bereits um 22 Uhr oder sogar
Kernzeit sind nur Postflüge, Landungen          rund 60 SWISS-Flüge pro Woche, wovon         schon um 21 Uhr eingestellt werden,
aus Sicherheitsgründen und speziell             etwa die Hälfte tatsächlich Interkontinen-   würde in Zürich am Abend ein sogenann-
bewilligte Flüge möglich. Gegen die             talkurse sind, zum Beispiel nach Hong-       ter Knoten wegfallen. Es ist nämlich auch
Münchner Lärmquotenregelung sind Kla-           kong, São Paulo oder Tel Aviv.               nicht möglich, die vier Wellen zeitlich um
gen erhoben worden. Sie wurden aber                                                          eine oder sogar zwei Stunden zu stau-
abgelehnt mit der Begründung, der Be-           Vier Wellen sind zwingend nötig              chen; Europa kann ja nicht einfach ver-
darf an Nachtflügen sei «in nicht zu bean-        Noch gravierender wäre im Falle eines      kleinert werden. Mit dem Wegfall des
standender Weise ermittelt» worden. Laut        solch frühen Betriebsschlusses in Zürich     letzten Knotens würde aber die Zahl der
br-online.de waren im Jahr 2005 in Mün-         aber die Tatsache, dass dadurch die fili-    Umsteigewellen von vier auf drei redu-
chen rund 30 Prozent der Nachtflüge auf         grane Wellenstruktur des SWISS-Flug-         ziert und als Folge davon auch die durch-
Verspätungen zurückzuführen – ein deut-
licher Hinweis auf die Problematik einer
starren, generellen Nachtflugsperre.
                                                   «Auf dem Flughafen Zürich muss man
   Da der Flugbetrieb in Zürich spätestens
um 6 Uhr früh beginnen muss, müsste er
                                                   spätestens um sechs Uhr morgens landen
im Fall der Annahme einer der beiden
Initiativen abends um 22 Uhr (Behörden-
                                                   können.»
initiative) oder sogar schon um 21 Uhr          plans zerstört würde. Diese Wellenstruk      schnittliche tägliche Betriebszeit der
(Plafonierungsinitiative) wieder eingestellt    tur ist eine Folge der Tatsache, dass die    SWISS-Europa-Flieger um etwa 25 Pro-
werden. Das hätte laut Hohmeister gra-          SWISS nur dann für Umsteigepassa-            zent vermindert, so Hohmeister: Statt
vierende Konsequenzen. Erstens müss-            giere attraktiv ist, wenn die Umsteigezei-   zehn Stunden am Tag könnten die
ten dann abends die Interkont-outbound-         ten in Zürich nicht allzu lang sind. Die     Europa-Flieger der SWISS nur noch etwa
Welle und bei Annahme der Plafonie-             Flugzeuge müssen deshalb alle mehr           siebeneinhalb Stunden täglich eingesetzt
rungsinitiative sogar ankommende Euro-          oder weniger zur gleichen Zeit ankom-        werden. Das würde die Produktion derart
pakurse gestrichen werden (siehe Grafik         men und etwas später wieder innerhalb        verteuern, dass der wirtschaftliche Ein-
2) – Kurse notabene, auf die die Schwei-        einer beschränkten Zeitspanne starten        satz der Europa-Flieger nicht mehr mög-
zer Geschäftsleute für ihre Heimreise           (siehe Grafik 2). Die SWISS betreibt in      lich wäre.
nach den Auslandmeetings am dringend-           Zürich vier Hauptwellen. In Frankfurt           Die generelle Nachtflugsperre in Zürich
sten angewiesen sind. Können die Flüge          (siehe Grafik 3), München oder Amster-       beschränkt laut Hohmeister auch das
der letzten Europa-inbound-Welle zwar
noch durchgeführt werden, danach aber
keine Abflüge mehr, weil der Flughafen
um 22 Uhr schliesst, ergibt sich zweitens
ein ähnliches Problem wie schon am Mor-
gen: Es fehlen dann auf der abendlichen
Ankunftswelle in Zürich die Umsteigepas-
sagiere für die entfallende letzte Interkont-
outbound-Welle (siehe Grafik 2). Die Eu-
ropa-inbound-Wellet davor wäre deshalb
nur noch schlecht ausgelastet. Auch am
Abend könnten nicht alle Kurse, die aktu-
ell zwischen 22 und 23 Uhr in Zürich star-
ten, beliebig vorgezogen werden, ohne
dass ihre Wirtschaftlichkeit gefährdet          Grafik 3: Knoten und Wellen in der Lufthansa-Drehscheibe Frankfurt.

                                                                                                                 Rundschau 4 I 2006   7
AE

Frachtgeschäft, das weltweit hauptsäch-
lich nachts stattfindet. Es entfällt deshalb
bereits heute ein mögliches Standbein
                                               «Ein interkontinentaler
für den Flughafen, das die Infrastruktur-
kosten mittragen und so die Flugpreise         Flughafen schafft
für die Passagiere verbilligen könnte.
Hohmeister ist überzeugt, dass eine Ver-
schärfung des Nachtflugregimes das
                                               hochqualifizierte
Frachtgeschäft weiter einschränken und
die Passagierflüge ab Zürich verteuern
würde. Er vergleicht das mit einer Zei-
                                               Arbeitsstellen»
tung, die die Abonnementspreise für die
Leser erhöhen muss, wenn das Inserate-         Fragen: Roland Zaugg                          es doch, unbedingt die möglichen Aus-
volumen zurückgeht.                                                                          wirkungen auf die nächste oder sogar
   Fazit: Würde die generelle Nachtflug-          «Rundschau»: Haben Sie kein Ver-           übernächste Generation zu berücksichti-
sperre in Zürich nach einer Annahme der        ständnis für die Fluglärmsorgen der Be-       gen. In Deutschland scheint aber das Be-
Behörden- oder der Plafonierungsinitia-        völkerung?                                    wusstsein weiterentwickelt zu sein, dass
tive weiter ausgedehnt, dann könnten              Harry Hohmeister: Doch, selbstver-         ein interkontinentaler Flughafen eine
sowohl die SWISS als auch der Flugha-          ständlich hab ich Verständnis dafür. Was      Vielzahl hochqualifizierter Arbeitsstellen
fen Zürich in der heutigen Form nicht          ich allerdings nicht ganz begreife, ist die   schafft. Das mag damit zu tun haben,
mehr betrieben werden. Die SWISS wäre          Tatsache, dass Eisenbahn- oder Auto-          dass Arbeitsstellen in Deutschland ange-
kein Netz-Carrier, der Flughafen Zürich        lärm weniger schlimm sein sollen als          sichts der hohen Arbeitslosenrate generell
keine Drehscheibe mehr. Welche gravie-         Fluglärm, auch wenn sie objektiv lauter       wichtiger sind als hierzulande. Aber wie
renden Konsequenzen dies für die Re-           sind. Es geht doch in allen drei Fällen um    dem auch sei: Den Deutschen ist auf je-
gion Zürich hätte, zeigen mehrere Stu-         Mobilität, etwas Zentrales für eine mo-       den Fall klar, dass eine interkontinentale
dien über die wirtschaftliche Bedeutung        derne Gesellschaft.                           Flugdrehscheibe nachts nicht mit einer
des Hubs Zürich. Kein Wunder, dass sich                                                      generellen Sperre belegt werden kann,
auch der deutsche Verkehrsminister               «RS»: Sie sind Deutscher. Würde die         sondern dass es eine andere Form des
Wolfgang Tiefensee vehement für den            Zürcher Fluglärmdebatte in Ihrer Heimat       Lärmschutzes für die Bevölkerung
Ausbau der Flugverkehrsdrehscheibe             anders aussehen?                              braucht, zum Beispiel Schallschutzmass-
einsetzt – sofern es sich dabei nicht um         H.H.: Schwierig zu sagen, denn erst         nahmen und Lärmquoten wie in Mün-
Zürich, sondern um Frankfurt handelt.          einmal wehren sich ja auch die Deutschen      chen. Überhaupt München: Wenn ich mir
Dort sind nämlich laut Tiefensee eine          gegen den Fluglärm. Diese Verlangsa-          in Erinnerung rufe, womit dort 1992 be-
weitere Landebahn und ein zusätzlicher         mung des ganzen Genehmigungsprozes-           gonnen wurde, was dort 1990 noch
Terminal «ein Gebot der Stunde».               ses hat übrigens auch eine gute Seite, gilt   stand, dann ist das nichts anderes als

8    Rundschau 4 I 2006
AEROP ERS

staunenswert. Man scheint erkannt zu ha-      laufend, insbesondere die sogenannten            H.H.: Im Moment wachsen wir im Um-
ben, dass ein Luftverkehrsdrehkreuz eine      MIDT-Zahlen, die uns darüber Auskunft          steigerverkehr doppelt so schnell wie im
wichtige Sache ist.                           geben, wie viele Passagiere jeden Tag          Lokalverkehr und sind so erfolgreich wie
                                              aus Zürich nach Peking fliegen – sei das       nie. Die Umsteigerquote allein ist aller-
  «RS»: Machen es die Deutschen also          nun über Frankfurt, Paris, München oder        dings kein Erfolgsparameter, genauso
besser?                                       irgendeinen beliebigen anderen Umstei-         wenig, wie der Sitzladefaktor oder der
  H.H.: Ich würde mich hüten, so etwas        geort. Denn direkt geht das ja nicht. Im       Yield für sich allein eine Bedeutung hat.
zu behaupten. Der Blick über die Grenze,      Moment kommt man auf total etwa 30 bis         Alle Parameter zusammen müssen stim-
nach Deutschland, verheisst ja keines-        35 Passagiere pro Tag. So gross kann           men und auf die Markt- und Kosten-
wegs nur Gutes.                               also auch die volkswirtschaftliche Bedeu-      struktur ausgerichtet werden. Den idea-
                                              tung der Strecke Zürich–Peking gar nicht       len Umsteigeverkehrsanteil an sich gibt
    «RS»: Im «Bericht über die Luftfahrtpo-   sein. Natürlich gibt es daneben die umge-      es also nicht.
litik der Schweiz 2004» des Bundesrates
gibt es eine interessante Stelle, die ich
kurz zitieren möchte: «Die SWISS fliegt          «Grundsätzlich ist es so, dass wir dorthin
(…) diverse Interkontinentaldestinationen
an, die sowohl nach volks- als auch nach         fliegen, wo wir Geld verdienen können, und
betriebswirtschaftlichen Kriterien sinnvoll
sind und somit einen wesentlichen Bei-           das können wir in erster Linie dort, wo es
trag zur interkontinentalen Anbindung
der Schweiz leisten. Allerdings hat sie          ausreichend Lokalverkehr hat.»
aus betriebswirtschaftlichen Gründen
volkswirtschaftlich sinnvolle Destinatio-     kehrte Richtung, das sogenannte Inco-
nen streichen müssen (z.B. Peking, New        ming-Geschäft. Aus eigener Tour-Opera-           «RS»: Kürzlich ist die Clickair, ein spa-
Delhi, Rio de Janeiro, San Francisco), be-    tor-Erfahrung weiss ich allerdings, dass       nischer Billigflieger, zum ersten Mal nach
treibt aber gleichzeitig verschiedene ren-    der Tourismus aus China ein Billigstge-        Zürich geflogen. Macht Ihnen das keine
table Strecken nach Afrika, obwohl diese      schäft ist, wenn die Verkehrsströme aus-       Angst?
volkswirtschaftlich von untergeordneter       reichend gross sein sollen. Von dem sollte       H.H.: Angst sicher nicht, ich würde un-
Bedeutung sind.» Was sagen Sie dazu,          man hier vorläufig noch nicht allzu viel er-   sere Reaktion eher als «professionelle
können volks- und betriebswirtschaftli-       warten. Wichtiger als Peking ist nach wie      Beunruhigung» bezeichnen. Wir reagie-
che Kriterien derart klar voneinander ge-     vor Afrika, und wichtiger wäre im Moment       ren mit gezielten Massnahmen und müs-
trennt werden?                                auch San Francisco, während Rio de             sen jetzt erst einmal abwarten, wie sich
    H.H.: Grundsätzlich ist es so, dass wir   Janeiro wie Peking ebenfalls überschätzt       das weiterentwickelt.
dorthin fliegen, wo wir Geld verdienen        wird.
können, und das können wir in erster Li-                                                        «RS»: Und was sagen Sie zur Air Berlin?
nie dort, wo es ausreichend Lokalverkehr        «RS»: Man hört immer wieder, der                H.H.: Davor habe ich grossen Respekt.
hat. Es braucht auch Umsteigeverkehr,         Swissair sei auch der hohe Umsteigeran-        Air Berlin ist ein harter Gegner, gegen den
aber die Grundlage ist der Lokalverkehr.      teil von gut 50 Prozent nicht gut bekom-       wir aber mittlerweile erste Erfolge ver-
Nach diesem Prinzip hat die SWISS ihr         men. In Frankfurt hat die Lufthansa einen      zeichnen konnten. Die zweite Airline, vor
Netz aufgebaut, und deshalb können            Umsteigeranteil von 63 Prozent, ohne           der ich grossen Respekt habe, ist Emi-
volks- und betriebswirtschaftliche Krite-     dass dies als Nachteil erachtet wird. Wie      rates. Die können sich eine grosse Flotte,
rien bei uns gar nicht allzu weit auseinan-   hoch ist der «ideale» Umsteigeranteil tat-     Infrastruktur und ein gutes Management
derliegen. Zu Peking möchte ich Folgen-       sächlich? Kann man darüber überhaupt           einfach kaufen. Ich bin allerdings über-
des sagen: Wir verfolgen die Entwicklung      eine allgemeingültige Aussage machen?          zeugt, dass wir heute in Zürich ebenfalls
                                                                                             eine gute Anbieterposition haben, die
                                              Harry Hohmeister (42) stammt aus               von den anderen ernst genommen wird.
                                              Delmenhorst bei Bremen. Nach dem Abi-          Zürich ist unser Hub, der Hub der
                                              tur und einer mehrjährigen Ausbildung bei      SWISS, und wir werden unsere Wett-
                                              der deutschen Armee war er zwischen            bewerbsfähigkeit mit dem geplanten
                                              1988 und 2000 bei der Lufthansa tätig,         Wachstum weiterentwickeln. Trotzdem
                                              wo er unter anderem in der Flugplanent-        müssen wir fit bleiben und unsere Stück-
                                              wicklung arbeitete und zuletzt den Rang        kosten im Griff haben. Die sind das A und
                                              eines Vice President im Bereich Netz-          das O für eine Airline unserer Grösse.
                                              werkplanung bekleidete. 2000 wechselte
                                              Hohmeister zum Touristikkonzern Tho-
                                              mas Cook AG mit seiner Ferienfluggesell-
                                              schaft Condor. Dort war er als Executive
                                              Vice President in verschiedenen Berei-
 chen tätig, unter anderem im Management des Fluggeschäfts. Thomas Cook wird zu
 je 50 Prozent von der Deutschen Lufthansa AG und der KarstadtQuelle AG gehalten.
 Anfang 2005 wurde Hohmeister als neuer Netzwerk-Chef in die Geschäftsleitung der
 SWISS berufen, und seit Januar 2006 leitet er zusätzlich auch deren Vertrieb. Harry
 Hohmeister ist verheiratet und Vater eines 14-jährigen Sohnes.

                                                                                                                Rundschau 4 I 2006    9
AE

                                                                                            beitsvertrag kam. 2003 übernahm er
Verabschiedung                                                                              dann die Führung unseres Verbandes als
                                                                                            Präsident und lotste die AEROPERS er-
Christoph «Stöff» Flügel wurde nach einer erfolgreichen, wenn                               folgreich durch mehrere Restrukturierun-
auch sehr anspruchsvollen Zeit als Vizepräsident (2001 bis 2003)                            gen, die Ablösung des Crossair-Manage-
                                                                                            ments und die Übernahme der SWISS
und der darauf folgenden Präsidentschaft (2003 bis 2006) würde-
                                                                                            durch die Lufthansa.
voll verabschiedet.                                                                           Stöff Flügel hat es geschafft, den Ver-
                                                                                            band in den schwierigsten Zeiten seiner
Text: Christian Frauenfelder                 Konfliktmanagement» in den Vorstand            Geschichte als pragmatischer Leader zu
                                             ein. Sein Tatendrang wurde jedoch mas-         präsidieren. Welcher Präsident kann von
  Es würde den Rahmen dieser «Rund-          siv gebremst, als mit dem sogenannten          sich sagen, einen Verband durch meh-
schau» sprengen, wenn ich alle Verdiens-     «Stabilizer-Vertrag» der GAV 1999 nur          rere existenzbedrohende Krisen und eine
te von Stöff Flügel hier aufzählen wollte.   drei Monate später um fünf Jahre verlän-       Übernahme durch eine andere Firma ge-
Es gibt wahrscheinlich in der Geschichte     gert wurde. Stöff sah bereits eine gäh-        führt sowie nebenbei noch tatkräftig mit-
der AEROPERS keinen Präsidenten, der         nende Leere ohne Verhandlungen auf             geholfen zu haben, ein unfähiges Ma-
an mehr GAV- und sonstigen Vertrags-         sich zukommen, in der er seine erworbe-        nagement loszuwerden? Dabei hat der
verhandlungen beteiligt war. Stöff hatte
einfach das «Glück», in der turbulentes-
ten und intensivsten Zeit der Verbands-
geschichte in oder an dessen Spitze zu          «Stöff Flügel war der richtige Präsident zur
stehen. Er «durfte» ein Grounding, den
Aufbau der SWISS inklusive der unver-           richtigen Zeit für die AEROPERS.»
züglich einsetzenden Restrukturierungen
sowie die Übernahme durch die Luft-
hansa über sich ergehen lassen. Wenn         nen Verhandlungskenntnisse verküm-             Verband keinen Schaden erlitten, son-
einer in unserem Verband eine Würdi-         mern sah. Ein «leichter Trugschluss», wie      dern sogar an Ansehen und Macht dazu-
gung verdient hat, auch wenn dies nur        sich ziemlich bald herausstellen sollte,       gewonnen und seine volle Funktionsfä-
über ein paar persönliche Schlaglichter      denn an einem sollte Stöff Flügel in den       higkeit erhalten. Um diese Leistung im
geschieht, dann er, Stöff Flügel, unser      nächsten Jahren nicht Mangel leiden: an        richtigen Licht erscheinen zu lassen,
Steuermann der letzten Jahre.                Vertragsverhandlungen, Abbauszena-             muss man sich nur an folgende Aspekte
  Begonnen hat die AEROPERS-Lauf-            rien, Restrukturierungen und unfähigen         erinnern: Swissair und Crossair sind Ge-
bahn von Stöff ganz harmlos. Er trat im      Managern. Diese «grobe» Fehleinschät-          schichte, SWISS Pilots steht kurz vor der
August 2000 als Spezialist in den Ver-       zung der Arbeitsbelastung sollte aber          Auflösung, die SWISS ist ein Teil der Luft-
band ein. Seine Hauptaufgabe bestand         glücklicherweise die letzte in seiner Ver-     hansa, aber die AEROPERS steht immer
darin, den damaligen Vorstand in Ver-        bandslaufbahn gewesen sein. Von 2001           noch wie ein Fels in der Brandung. Dies
handlungsführung und -taktik zu schulen      bis 2003 gelang es Stöff als Verhand-          ist auch ein Verdienst von Stöff. Er hat es
und nebenbei ein Streik-Manual zu er-        lungsleiter, dass die AEROPERS nach            immer wieder geschafft, als überzeugen-
stellen. Ein Jahr später, im Mai 2001,       dem Grounding der Swissair und der tur-        der Leader den Verband durch die
wollte er die vermittelte Theorie selber     bulenten Gründung der SWISS wieder             Stürme zu manövrieren, den Leuchtturm
praxisnah austesten und trat als Vizeprä-    als Vertragspartner anerkannt wurde und        nie aus den Augen zu verlieren und
sident im Ressort «Verhandlungen und         zu einem eigenständigen Gesamtar-              schliesslich – auch mit dem Glück des
                                                                                            Tüchtigen – das Schiff AEROPERS an ei-
                                                                                            nen Ort zu bringen, wo es wieder Wachs-
                                                                                            tum, Perspektiven und Hoffnung auf eine
                                                                                            solide Zukunft gibt.
                                                                                               Was sind denn die Eigenschaften von
                                                                                            Stöff, die zu dieser erfolgreichen Präsi-
                                                                                            dentschaft geführt haben? Stöff ist eine
                                                                                            Führerpersönlichkeit. Nicht umsonst
                                                                                            nannte ihn das alte SWISS-Management
                                                                                            «General». Was er anpackt, macht er en-
                                                                                            gagiert und mit Herzblut. Er ist ein selte-
                                                                                            nes Exemplar von einem Berner mit Tem-
                                                                                            perament. Er ist eine Kämpfernatur mit
                                                                                            dem Sinn für die Grenzen. Mit seiner aus-
                                                                                            gesprochenen Kommunikationsfähigkeit
                                                                                            weiss er zu begeistern, aber in schwieri-
                                                                                            gen Momenten auch zu moderieren.
                                                                                            Seine Flexibilität steht seiner Virtuosität
                                                                                            im Klavierspiel – sorry, Flügelspiel! – in
                                                                                            nichts nach. Und wer weiss, wahrschein-
                                                                                            lich hat ihm auch der Umstand geholfen,
Zum Abschied Blumen für Stöff Flügel.                                    Foto: André Ruth   dass er drei Töchter um sich hat. Wer bei

10   Rundschau 4 I 2006
AEROP ERS

so viel Frauenpower nicht untergeht, der      tigsten Präsidenten in der Geschichte        uns sahen. Der Schutz der Arbeitsplätze
muss für das Amt eines Präsidenten prä-       der AEROPERS von Bord, denn er hat           ist im Konzern heute enorm wichtig,
destiniert sein.                              erreicht, dass es uns überhaupt noch         denn es gibt sehr viele und einfache
  Für mich war Stöff Flügel der richtige      gibt. Er hat den seidenen Faden, an dem      Möglichkeiten, wie wir ausgespielt wer-
Präsident zur richtigen Zeit für die AERO-    die AEROPERS hing, wieder durch ein          den könnten – trotz des guten Umfelds.
PERS. Bei ihm konnte man sich in Sa-          massives Stahlseil ersetzen können.          Die Art und Weise, wie wir das Korps in-
chen Verbandsführung immer wieder             Dank seines Engagements und durch            formierten und führten, war für das er-
«ein Stück abschneiden». Es war immer         harten Kampf haben wir fünf Jahre nach       folgreiche Powerplay während der Ver-
ein Vergnügen, an seiner Seite für unsere     dem Grounding wieder Perspektiven und        handlungen notwendig. Es hatte aber
Interessen zu kämpfen. Sein Führungsstil      die Chance auf eine Zukunft im interna-      auch den Nachteil, dass dem Einzelnen
war geprägt von einer tollen Teamarbeit,      tionalen Airline-Geschäft. Dies ist einen    während der Kommentarfrist fast die Zeit
die immer nur auf die Sache der AERO-         grossen Applaus wert.                        fehlte, um den Vorstand «gedanklich ein-
PERS ausgerichtet war und ohne per-                                                        holen zu können». Deswegen war auch
sönliche Profilierungsneurosen auskam.         Stöff, vielen Dank für alles. Geniesse      die Abstimmungsphase extrem kontro-
Mit Stöff Flügel geht wohl einer der wich-    Deine wohlverdiente Freizeit.                vers und hat hohe Wellen geworfen.

                                                                                             «RS»: Habt ihr unterschätzt, wie schwer
                                                                                           es ist, den von Zahlen gesteuerten Pilo-
«Es eröffneten sich                                                                        ten den Gewinn von nichtmateriellen
                                                                                           Werten gegenüber dem Verlust von Ma-

unerwartete Horizonte»                                                                     teriellem zu erklären?
                                                                                             C.F.: Es ist sicher ein Problem, dass
                                                                                           man den Gewinn von Sicherheit beim Ar-
Nach sechseinhalb Jahren der Mitarbeit in der AEROPERS, davon                              beitsplatzschutz nicht quantifizieren kann.
dreieinhalb als deren Präsident, trat Christoph Flügel am Tag der                          Wie gross der Wert dieses Schutzes ist,
Annahme des GAV 2006 wie verabredet zurück. Er äussert sich in                             habe ich aber eindrücklich gemerkt, als
                                                                                           ich mit ansehen musste, wie im Konzern
diesem Interview rückblickend zu verschiedenen Themen –
                                                                                           von Entscheidungsträgern und Investo-
natürlich auch zum neuen GAV.                                                              ren, die weit weg sind und die wir nie zu
                                                                                           Gesicht bekommen – anders als zu
Fragen: Jürg Ledermann und Roland Zaugg       meint: «Es gibt nichts Schlimmeres als       Swissair-Zeiten –, über Organisationsein-
Fotos: André Ruth                             das Gefühl, alles laufe normal, während      heiten und ganze Firmen innert kurzer Zeit
                                              hinter dem Rücken der Aufstand tobt.»        strategisch entschieden wurde. Wir sind
   «RUNDSCHAU»: Wir wollen gleich mit         Hat dich dieses Gefühl wieder beschli-       da wirklich nur ein Spielball. Mit dem jetzi-
dem Thema beginnen, das die Mitglieder        chen?                                        gen Vertrag kann mit uns aber nicht mehr
in letzter Zeit am meisten beschäftigt hat:     C.F.: Absolut nicht. Beim Präsentieren     so einfach jongliert werden.
mit der Abstimmung zum GAV 2006. Bei          der Verhandlungsresultate merkten wir
früheren GAV-Abstimmungen lag der An-         natürlich schon, dass sie vor allem in den     «RS»: Habt ihr durch eure harte Hal-
teil der Ja-Stimmenden meistens deut-         Bereichen, wo wir etwas abgeben muss-        tung beim Unterwanderungsschutz nicht
lich über 80 Prozent. Nun waren es noch       ten, nicht den Erwartungen des Korps         an anderen Orten umso mehr nachge-
gut 60 Prozent, was in einer eidgenössi-      entsprachen. Das hat aber nichts damit       ben müssen?
schen Abstimmung als deutliches Resul-        zu tun, dass wir am Korps vorbeiverhan-        C.F.: Das stimmt. Ein ökonomisch den-
tat gewertet würde. Wie wertest du das        delt hätten. Wir hatten das Korps aus        kender Investor akzeptiert eine solche
Abstimmungsresultat?                          taktischen Gründen für die Ziele der         Klausel logischerweise nur dann, wenn
   Christoph Flügel: Der GAV 1999 wurde       AEROPERS eingesetzt. Wir mussten es          er mit dem entsprechenden Firmenteil
mit dem praktisch gleichen Ja-Stimmen-
Anteil angenommen. Es bestand nur ein
kleiner Unterscheid von 0,2 Prozent,             «Den Bereich FDR wird der jetzige
woran sich viele nicht mehr erinnern. Der
GAV 2002 wurde in der Tat deutlicher an-         Vorstand mit speziell scharfer Aufmerk-
genommen. Man hat vielleicht das Ge-
fühl, es seien früher mehr Ja-Stimmen            samkeit verfolgen.»
gewesen, aber das stimmt nicht. Es zeigt
aber, dass harte Grenzen erreicht wur-        scharfmachen, um die Änderungskündi-         auch weiterhin konkurrenzfähig bleibt.
den. Wir sind nun an der Bottom-line,         gungen abwehren zu können und um die         Darum waren wir bereit, an anderen Or-
speziell bei den Flight-duty-regulations      Umgehungsversuche durch Auslagerun-          ten auch etwas zu bringen. Am Anfang
(FDR). Diesen Bereich wird der jetzige        gen zu verhindern. Das war der eine          war hier übrigens nur Widerstand zu spü-
Vorstand denn auch mit speziell scharfer      Aspekt. Der andere war, dass wir das         ren. Wir waren also bereit, einen Teil der
Aufmerksamkeit verfolgen.                     Korps nicht genügend über die schlech-       Wiederherstellung unserer Konkurrenz-
                                              ten Karten im Bereich Altersstruktur auf-    fähigkeit mitzutragen.
  «RS»: Im Forum wurde euch mehrmals          klären konnten. Wir haben kommuniziert,        Unser GAV steht darum auch unter
vorgeworfen, ihr hättet an den Wün-           dass uns der Unterwanderungsschutz           dem grossen Titel «Konkurrenzfähigkeit»
schen der Basis vorbeiverhandelt. Dazu        wichtig sei, wollten die SWISS aber nicht    und damit für Wachstum und Karriere. Es
hast du in einem früheren Interview ge-       merken lassen, in welcher Position wir       geht aber auch darum, im Konzern auf

                                                                                                              Rundschau 4 I 2006     11
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einen der vordersten Ränge vorstossen       kunft eine Solidarität aufbauen zu kön-         gen abgehalten und jeweils total bis zu
zu können.                                  nen, wie wir sie im Frühling erlebt haben.      450 Kollegen, also zirka 65 Prozent, di-
   Die Chancen stehen für uns im Ver-                                                       rekt erreicht, und es sind sehr viele Leute
gleich zu Frankfurt und München je nach        «RS»: Sind Nachbesserungen in den            persönlich an mich gelangt. Eines meiner
Entwicklung des Flughafens Zürich           viel kritisierten Bereichen des GAV mög-        Hauptziele als Präsident war die Förde-
ebenso gut. Nur so können wir von den       lich?                                           rung der Nähe zwischen Vorstand und
Entscheidungsträgern in Frankfurt bei In-      C.F.: Ich bin der Meinung, dass der          Korps. Damit man einander versteht und
vestitionen eine Unterstützung erwarten     Vorstand absolut die Chance hat, in die-        nicht aneinander vorbei redet, darf es
und im Markt zu besseren Chancen            sen Bereichen, wo wir an die Grenzen            keine Distanz geben. Aus meiner Sicht ist
kommen. Nach all den Diskussionen mit       gestossen sind, Verbesserungen zu er-           das heute so, denn es sind immer wieder
den Mitgliedern bin ich aber umso mehr      reichen. Das haben wir bei früheren Ge-         Leute auf mich zugekommen, die früher
davon überzeugt, dass wir den richtigen     legenheiten schon bewiesen.                     vielleicht Hemmungen gehabt hätten.
Weg gegangen sind.
   Übrigens steht der gesamte Vorstand        «RS»: Die Verhandlungen waren hart               «RS»: Wie beurteilst du den Begriff
hinter der Logik, dass man zuerst einen     und lange. Dabei habt ihr einen intensi-        Sozialpartnerschaft heute nach die-
Arbeitsplatz auf sicher haben muss, be-     ven Kontakt mit dem Management                  ser knapp zweijährigen Verhandlungs-
vor man darangehen kann, an den Ar-         gehabt und seid euch sicher nahe ge-            schlacht?
beitsbedingungen etwas verbessern zu        kommen. Das Korps hingegen ist                     C.F.: Ich bin nach dieser langen, frus-
wollen. Dies steht bekannterweise auch      unterwegs, eher anonym und nur in der           trierenden Verhandlungszeit enttäuscht
im Leitbild der AEROPERS und ist für uns    Distanz wahrnehmbar. Steht ihr da nicht         über die Kompetenz des Managements
alle die übergeordnete Strategie.           natürlicherweise dem Management nä-             im Umgang mit dem Personal. Die Mitar-
                                            her?                                            beiter wurden schon ganz vom Anfang
   «RS»: Wie beurteilst du nun den Zu-        C.F.: Damit sprecht ihr das Stockholm-        an völlig ausser Acht gelassen. Anstatt
stand des Korps. Ist es gespalten? Wie      Syndrom an. Es ist klar, dass wir diesem        gemeinsam – eben in einer sozialen Part-
meint der Vorstand die Nein-Stimmen-        Effekt ausgesetzt waren.                        nerschaft – die Zukunft in Angriff zu neh-
den wieder ins Boot holen zu können?          Aber auch die Gegenpartei hat das ja          men, die Probleme am Runden Tisch zu
   C.F.: Ich glaube nicht, dass das Korps   zu spüren bekommen. Wir haben uns               diskutieren und gemeinsam nach Lösun-
jetzt echt gespalten ist oder Mitglieder    davor geschützt, indem nur ein kleiner          gen zu suchen, wurden wir im Januar
aus dem Boot gefallen sind.                 Teil des Vorstands an den Verhandlungen         2005 mit diesem unsäglichen Eckwert-
   Wir genossen aufgrund unserer Er-        direkt teilgenommen hat. Der Rest war           papier konfrontiert. Solches Verhalten
folge in den letzten vier Jahren ein un-    im Backup-Team organisiert. So konnten          löst logischerweise immer eine ableh-
glaubliches Vertrauen beim Korps. Ich       wir die «Geschädigten», wenn man den            nende Haltung des Partners aus. Mana-
war denn auch sehr erstaunt über das        Begriff so salopp gebrauchen will, jedes        ger, die sich dann wundern, wieso ihre
teilweise grosse Misstrauen, das nach       Mal wieder auf die wichtigen Ziele aus-         tollen Projekte in der Praxis scheitern,
                                                                                            haben einen wichtigen Teil ihrer Aufgabe
                                                                                            nicht begriffen: das Führen des Perso-
     «Weil dem Einzelnen während der                                                        nals, den Einbezug von Menschen schon
                                                                                            in der Planungsphase und später bei der
     Kommentarfrist fast die Zeit fehlte, den                                               Umsetzung von Projekten. Gerade in ei-
                                                                                            nem Dienstleistungsbetrieb sind doch
     Vorstand ‹gedanklich einzuholen›, war                                                  die Frau und der Mann an der Front das
                                                                                            grösste Betriebskapital. Ich bin über-
     die Abstimmungsphase extrem kontrovers                                                 zeugt, dass wir in weniger als einem Drit-
                                                                                            tel der Zeit zu einem ähnlichen Abschluss
     und hat hohe Wellen geworfen.»                                                         gekommen wären, hätte sich das Ma-
                                                                                            nagement nicht derart daneben benom-
der Präsentation des GAV plötzlich auf-     richten. Das war ein nötiger und interes-       men. Dadurch hätten die positiven Ef-
gekommen ist, und es ist mir nahe ge-       santerweise auch gut sichtbarer Pro-            fekte des Vertrags schon viel früher
gangen. Wir hatten ja bewiesen, dass wir    zess. Ich persönlich war während des            genutzt werden können. Rechnet man
nicht Manager der Firma sind, sondern       ersten Jahres gar nie direkt in die Ver-        aus, welcher Ertrag dadurch nicht reali-
immer mit gewerkschaftlichen Mitteln für    handlungen involviert, später zeitweise         siert werden konnte, kommt man locker
die AEROPERS gekämpft haben. Es ist         nur als stiller Beobachter. Erst in den letz-   auf einen hohen zweistelligen Millionen-
mir aber auch klar, dass die grosse Kon-    ten drei Tagen vor dem Abschluss, als ich       betrag. Aus der Sicht des Aktionärs
troverse zu einem grossen Teil mit der      wusste, dass der Entscheid unmittelbar          muss die Kompetenz des Managements
vorhin erwähnten Scharfmacherei des         bevorstand, habe ich mich mit aller Ener-       in diesem Bereich als sehr schwach be-
Korps zu tun hat. Damit haben wir uns       gie beteiligt. Zudem hatte das Verhand-         urteilt werden. Nach fast sechs Jahren im
arg strapaziert. Mit den Nein-Sagern        lungsteam selbst keine Entscheidungs-           Vorstand der AEROPERS bin ich über-
muss man nun sprechen, die nötige Ver-      befugnis. Es wurde mit einem Mandat             zeugt, dass eine «sogenannte» Sozial-
gangenheitsbewältigung machen und           losgeschickt und kam mit Optionen zu-           partnerschaft nur dann funktioniert,
die Stimmungslage thematisieren. Wenn       rück, über die dann zusammen in der             wenn die Machtbalance gegeben ist. Der
nun also der Dialog aufgenommen, das        Backup-Organisation entschieden wur-            Verband muss also stets in der Lage
Gespräch mit den härtesten Kritikern ge-    de. Andererseits ist der Kontakt zum            sein, mit starkem Powerplay für ausgegli-
sucht wird und nicht eine ignorierende      Korps meiner Meinung nach nicht abge-           chene Hebelkräfte zu sorgen. Allein auf
Distanz bleibt, glaube ich, auch in Zu-     brochen. Wir haben viele Versammlun-            die gute Gesinnung oder nette Aussagen

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