Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne

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Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Spielzeit  17/18           Januar – Juli

Damir
Iris   Avdicfotografiert
     Becher  fotografiertvon
                          vonPaolo
                              PaoloPellegrin
                                    Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Damir Avdicfotografiert
Jule Böwe    fotografiertvon
                          vonPaolo
                              PaoloPellegrin
                                    Pellegrin   Jörg Hartmann fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Christoph Gawenda fotografiert von Paolo Pellegrin   Bernardo Arias Porras fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Lukas Turtur fotografiert von Paolo Pellegrin   Nina Hoss fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Marie Burchard fotografiert von Paolo Pellegrin   Damir Avdic
                                                  Sebastian   fotografiert
                                                            Schwarz        von Paolo
                                                                     fotografiert vonPellegrin
                                                                                      Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Hans-Jochen Wagner fotografiert von Paolo Pellegrin   Lars Eidinger fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Damir
UrsinaAvdic
      Lardi fotografiert
            fotografiert von
                         von Paolo
                             Paolo Pellegrin
                                   Pellegrin   Kay Bartholomäus Schulze fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Damir Avdic fotografiert
Carol Schuler            von
              fotografiert   Paolo
                           von     Pellegrin
                               Paolo Pellegrin   Damir Avdic
                                                 Konrad      fotografiert
                                                        Singer            von
                                                                fotografiert   Paolo
                                                                             von     Pellegrin
                                                                                 Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Ruth Rosenfeld fotografiert von Paolo Pellegrin   Bastian Reiber fotografiert von Paolo Pellegrin
Spielzeit 17/18 Januar - Juli - Iris Becher fotografiert von Paolo Pellegrin - Schaubühne
Damir
RobertAvdic
       Beyerfotografiert
              fotografiertvon
                           vonPaolo
                               PaoloPellegrin
                                     Pellegrin
Spielzeit  17/18                                  Januar – Juli
»fontane.200: Einblicke in die Vorbereitungen des Jubiläums des zweihundertsten Geburtstags Theodor Fontanes
im Jahr 2019« Ein Abend von und mit Rainald Grebe, Regie: Rainald Grebe
»Italienische Nacht« von Ödön von Horváth, Regie: Thomas Ostermeier
»NULL« von Herbert Fritsch, Regie: Herbert Fritsch
»Shakespeare’s Last Play« von Dead Centre, nach »Der Sturm« von William Shakespeare, Regie: Bush Moukarzel, Ben Kidd
»Im Herzen der Gewalt« von Édouard Louis, Regie: Thomas Ostermeier, Mitarbeit Regie: David Stöhr
»Jeff Koons« von Rainald Goetz, Regie: Lilja Rupprecht
»der die mann« nach Texten von Konrad Bayer, Regie und Bühne: Herbert Fritsch (Übernahme)
»The Encounter« von Complicité/Simon McBurney, nach dem Roman »Amazon Beaming« von Petru Popescu,
Regie: Simon McBurney (Deutschland-Premiere)
»Wir dürfen die Kapitalismuskritik nicht                                                                                                       FB: Soll man sich also auf antidemokra­
                                                                                                                                               tische Überlegungen stützen, um die
                                                                                                                                                                                                  CM: Es gibt zwei pluralistische Auffas­
                                                                                                                                                                                                  sungen: Auf der einen Seite die liberale
                                                                                                                                                                                                                                              das sind »die da oben«. Doch um nun
                                                                                                                                                                                                                                              endlich auf Ihre erste Frage zu antworten:

den Rechten überlassen«                                                                                                                        Demokratie gegen die postdemokrati­
                                                                                                                                               schen Verhältnisse zu verteidigen, sie aus
                                                                                                                                                                                                  Konzeption, die sagt, wenn es jemanden
                                                                                                                                                                                                  gäbe, der sich außerhalb der Gesell­-
                                                                                                                                                                                                                                              Das Jahr 2005 war die Zeit des Dritten
                                                                                                                                                                                                                                              Weges, mit Tony Blair, Ulrich Beck und
                                                                                                                                               einer linken Sichtweise heraus sogar               schaft befände und aus der Perspektive      der Vorstellung, einen Konsens in der
                                                                                                                                               ­radikalisieren? Ist das kein Widerspruch?      des Sirius die Vielzahl von Standpunkten       Mitte zu schaffen. Man sah dies als einen
                                                                                                                                                                                               sähe, würde er im Grunde feststellen,          großen Fortschritt an, als Beweis, dass
Chantal Mouffe im Gespräch mit Florian Borchmeyer                                                                                              CM: Meine Fragestellung – mit Schmitt           dass sie, alle zusammengenommen, ein           die Demokratie reifer geworden sei. Ich
Chantal Mouffe (*1943 in Charleroi, Belgien) lehrt Politische Theorie an der University of Westminster, leitet dort das                        und gegen Schmitt – ist: Wie kann man           harmonisches Ganzes bilden. Ich                habe stattdessen gesagt: Nein, dies ist
»Centre for the Study of Democracy« und gehört zu den wirkungsmächtigsten Denker_innen einer unorthodoxen zeitge-                              Institutionen schaffen, die es erlauben,        hingegen trete für eine Konzeption des         eine Gefahr für die Demokratie – daraus
nössischen Linken. Gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Ernesto Laclau verfasste sie das 1985 erschienene Buch                             die Möglichkeit einer pluralistischen         Pluralismus ein, die von Max Weber und           entwickelt sich ein Rechtspopulismus.
»Hegemony and socialist strategy. Towards a radical democratic politics« (dt.: »Hegemonie und radikale Demokratie: Zur                         Demokratie zu verteidigen, und die dabei      Nietzsche angeregt wird: den »Krieg              Deshalb habe ich mich für das Phänomen
Dekonstruktion des Marxismus«, 1991), das zu einem Grundlagentext des Postmarxismus wurde. Das darin vorgestellte                              zugleich das Vorhandensein des Anta­          der Götter«. Wenn man von Pluralismus            Jörg Haider in Österreich interessiert.
Modell einer »agonistischen« Politik arbeitete Mouffe 2005 in »On the Political: Thinking in action« (dt.: »Über das Poli-                     gonismus anerkennen. Schmitt zufolge ist      spricht, muss man zwangsläufig aner­             Dort fand ich bereits ein Beispiel für die
tische. Wider die kosmopolitische Illusion«, 2007) zu einer Theorie des radikalen Pluralismus gegen die Bestrebungen                           die pluralistische Demokratie eine nicht      kennen, dass es stets Antagonismus               Folgen des Postpolitischen. Damals sagte
nach einem rationalen Konsens in der Politik aus. In »Agonistics: Thinking the world politicially« (dt.: »Agonistik: Die Welt                  überlebensfähige Staatsordnung; wenn          geben wird. Dies ist der tiefe Unterschied       ich, wir müssten die Grenze zwischen
politisch denken«, 2014) übertrug sie diese Theorie auf die konkreten Möglichkeiten des politischen Handelns, aber auch                        man nämlich anerkennt, dass es antago­        ­z wischen der liberalen Sichtweise und          rechts und links wiederherstellen. Ich
des künstlerischen Schaffens. Im Umfeld von Milo Raus »General Assembly« an der Schaubühne traf Dramaturg Florian                              nistische Konflikte gibt, kann man diese       ­meiner Position. Zusammen mit Ernesto          hegte noch die Illusion, dass die sozialde­
Borchmeyer Chantal Mouffe zu diesem Gespräch.                                                                                                  Konflikte nicht rechtfertigen, weil dies        Laclau habe ich in »Hegemonie und              mokratischen Parteien sich umgestalten
                                                                                                                                               zum Bürgerkrieg führt. Habermas dagegen         ­radikale Demokratie« die diskursive Konst­    und zu wirklichen Linksparteien werden
                                                                                                                                               beruft sich auf die pluralistische Demo­         ruktion der Gesellschaft und der Identitä­    könnten. »Agonistik« kam 2014 heraus,
Florian Borchmeyer: Vor etwas mehr               nenne. Althusser hat in einem letzten          ein. Daneben gibt es die dissoziative          kratie und verneint somit den Antagonis­         ten entwickelt: die Kritik des Essentialis­   da war es inzwischen zur Krise von 2008
als zehn Jahren hatten Sie in Ihrem              Text über Machiavelli etwas sehr Zutref­       Denkweise: Das Politische sei der Raum         mus. Meine Herausforderung besteht               mus. Demnach werden Identitäten durch         ­gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich
Buch »Über das Politische« gefordert, wir        fendes gesagt: dass Machiavelli in der         des gemeinsamen Handelns, aber ein             darin, den Antagonismus anzuerkennen             ­Diskurs konstruiert. Und das hat gerade      verstanden: Es gab keine Hoffnung, dass
müssten zur Erneuerung der Demokratie            Konjunktur und nicht über die Konjunktur       vom Konflikt geprägter Raum, und diese         und sich zugleich die Bedingungen einer           mit der Konstruktion der politischen         sich die sozialdemokratischen Parteien
in einer Zeit der Postdemokratie, in der         denke. Er positioniert sich nicht außerhalb,   Antagonismen können keine rationalen           pluralistischen Demokratie vorzustellen,          ­Identitäten zu tun. Dies ist absolut maß­   dem Neo­liberalismus entgegenstellen
sich die politischen Parteien nicht mehr         sondern versucht, »la verità effettuale        Lösungen haben. Das gilt für Schmitt,          wobei man feststellen muss, dass sich              geblich, um meine Vorstellung des Links­    könnten. Mit der Krise von 2008 gab es
von­einander unterschieden und das Ziel          della cosa« (»die wirkliche Wahrheit der       auch für Machiavelli und in gewisser Hin­      der Konflikt tatsächlich in der von Schmitt        populismus zu verstehen. Das Volk kann      ein »Gelegenheitsfenster«. Sie hätten
jeder Politik in einem Konsens der Mitte         Tatsachen«) zu verstehen, wie die Dinge        sicht außerdem für den Marxismus – nur,        formulierten Form der Freund-Feind-                auf ganz unterschiedliche Weise konstru­    diese Konjunktur nutzen ­können, um
zu bestehen scheine, die »agonistische«          wirklich sind – um zu erkennen, wie man        dass der Marxismus den Antagonismus            Beziehung entwickeln kann, doch er kann            iert werden, und ein Unterschied zwischen   zusammen mit dem Staat die ­bürgerlichen
Vorstellung eines Kampfes zwischen der           sie umgestalten kann. Wenn ich von             anerkennt, aber davon ausgeht, dass es         sich auch in agonistischer Form vollzie­           Rechtspopulismus und Linkspopulismus        Rechte zu fördern, wie es Roosevelt mit
Rechten und der Linken zurückgewinnen.           Populismus spreche, bringe ich mich            nur einen Klassenantagonismus gebe             hen, bei der die Beteiligten als Kontrahen­        ist die Art und Weise, wie man das          dem New Deal gemacht hatte. Sie haben
Nur wenige Jahre später, nach dem                in die Konjunktur ein. Und schließlich         und er sich überwinden lasse, um zu einer      ten auftreten – Opponenten, die wissen,            Volk konstruiert.                           es nicht getan. Im Gegenteil, sie haben
Erscheinen Ihres Buches »Agonistik«,              war die Konjunktur vor zehn Jahren,           Lösung zu kommen: Danach, im Kommu­            dass sie sich nicht einigen können, die                                                        schließlich die Position der Rechten
haben Sie diesen Standpunkt weitgehend            als »Über das Politische« veröffentlicht      nismus, gebe es keinen Antagonismus            jedoch das Recht der anderen respektie­       Der Populismus ist keine Ideologie               akzeptiert, sie haben den Staat benutzt,
revidiert: Sie hätten eingesehen, dass           wurde, anders. In meinen Überlegungen          mehr. Schmitt hingegen sagt: »Es gibt          ren, für ihren Standpunkt einzutreten.        und hat keinen besonderen Inhalt;                um die Banken zu retten. Nun verstand
die Wiederbelebung der Vorstellungen             zum Linkspopulismus stelle ich keine           zahlreiche Antagonismen, der Antagonis­        Nach meiner Ansicht besteht die Heraus­       er ist eine diskursive Form, die                 ich: Die Hoffnung, dass sich die sozialde­
von rechts und links in unserer Zeit nicht       allgemeinen Rezepte bereit. Ich sage nicht:    mus kann ausgehend von allen möglichen         forderung der Demokratie darin, solche        ­politische Grenze zu konstruieren.              mokratischen Parteien radikalisieren
mehr funktioniere. Um die Demokratie             »Das muss immer und überall die Linke          sozialen Beziehungen, nicht allein auf­        Institutionen einzuführen, die es ermögli­                                                     könnten, war eine Illusion. Allerdings muss
zu reformieren und radikalisieren, müssten       oder die politische Denkweise sein.«           grund von Klassenbeziehungen auftreten.«       chen, den Konflikt in einer Form zu insze­    FB: Was verstehen Sie unter Populis­             ich sagen: Was jetzt in Großbritannien mit
wir vielmehr auf Rezepte des Populismus          ­Sondern: »Heute, in Europa, in der gegen­     Ich trete für die dissoziative Position ein.   nieren, die nicht zum Bürgerkrieg führt.      mus? Der Begriff wird meist in abwerten­         Jeremy Corbyn vor sich geht, zeigt, dass es
zurückgreifen. Seitdem setzen Sie sich            wärtigen Konjunktur …«                        Die Gesellschaft ist zwangsläufig geteilt,     Die pluralistische Demokratie bedeutet,       dem Sinne gebraucht, als Synonym für             bestimmte Fälle gibt, in denen sich die
für ein Projekt des Linkspopulismus ein.          Der zweite wichtige Punkt ist, dass man       und es gibt keine Möglichkeit, dass man        den Antagonismus in Agonismus umzuge­         Demagogie, Wählerfang, Opportunismus.            Sozialdemokratie schließlich wandeln kann.
Was hat Sie dazu geführt, Ihre Wahrneh­           alle Überlegungen, die ich zum Linkspopu­     diese Teilung überwinden kann. Demo­           stalten. Um den Pluralismus gedanklich        Und so ist es ja auch bei den rechten            Denn die ­Strategie der Labour Party unter
mung der gegenwärtigen Politik so tief­           lismus näher ausführe, nur verstehen kann,    kratie bedeutet also: Wie kann man             zu erfassen, muss man die Tatsache            ­Parteien. Warum soll man ihm also einen         Corbyn ist eine linkspopulistische Strategie.
greifend zu verändern?                            wenn man sie in den Kontext einer spezifi­    zusammenleben, wenn man anerkennt,             ­anerkennen, dass das Auftreten des Anta­      positiven Sinn zuschreiben?
                                                  schen theoretischen Perspektive setzt.        dass es Konflikte gibt, die keine rationale     gonismus stets möglich sein wird. Eine                                                        FB: Das Auftreten der Populismen
Chantal Mouffe: Zwei Vorbemerkungen                                                             Lösung haben, anstatt sie zu leugnen?           vollkommen versöhnte Gesellschaft wird       CM: Im Widerspruch zu derartigen,                bedeutet jedoch nicht zwangsläufig
 über meine Arbeitsweise: Erstens wende          FB: Das betrifft gewiss Ihre Auffassung        Sicher ist, dass diejenigen, die sich zu        nicht mehr pluralistisch sein.               ­simplistischen Definitionen folge ich der       das Ende des Schemas »Linke gegen
ich mich ganz entschieden gegen die              des »Politischen«. Wie würden Sie dieses       einer dissoziativen Sichtweise bekennen                                                       Position, die Ernesto Laclau in seinem          Rechte«. In mehreren Ländern – unter
­normative politische Philosophie. Die Ver­      definieren?                                    – dies gilt für Schmitt, auch für Hobbes,      Die pluralistische Demokratie                  Buch »On Populist Reason« (2005; »Über          anderem in Deutschland – gibt es linke
 treter einer derartigen Philosophie erklären:                                                  hingegen nicht für Machiavelli –, im           ­bedeutet, den Antagonismus                    populistische Vernunft«) vertritt: Der          Parteien, die insbesondere auf die Ideen
 »So müsste die Welt sein.« Und wenn             CM: Es gibt zwei grundsätzliche Möglich­       ­Allgemeinen sagen: »Man muss eine Ord­         in ­A gonismus umzugestalten.                 Populismus ist keine Ideologie und hat          der klassischen reformistischen Linken
 ich die Frage stelle: »Wie sollen wir das       keiten, das Politische zu definieren. Auf       nung herstellen, und diese Ordnung kann                                                      keinen besonderen Inhalt; er ist eine           zurückgreifen, ohne sich dabei als eine
 erreichen?«, heißt es: »Das ist nicht           der einen Seite den assoziativen Ansatz.        nur eine autoritäre Ordnung sein.« Die        FB: Trotzdem ähnelt dies weitgehend            ­diskursive Form, die politische Grenze         radikale oder populistische Linke zu
 mein Problem. Ich beschäftige mich mit          Die meisten politischen Theoretiker,            meisten politischen Theoretiker, die          dem Modell des liberalen Pluralismus:           zu konstruieren. Politik hat immer mit         verstehen. Ihr Ziel scheint nicht zuletzt
 Philosophie, und das ist Angelegenheit          selbst Hannah Arendt, sagen: Das Politi­        sich zu einer dissoziativen Sichtweise        die Annahme einer Vielzahl von politischen      der Konstruktion einer Grenze zwischen         darin zu bestehen, zur Essenz der linken
 der Politiker.« Ich hingegen versuche zu        sche ist der Raum der Freiheit, des             bekennen, sind keine Verteidiger der          Tendenzen, die koexistieren können, indem       dem »Wir« und dem »Sie« zu tun. Und            Gesellschafsanalyse zurückfinden und
 verstehen, wie die Welt ist, damit man sie      gemeinsamen Handelns. Arendt betont             pluralistischen Demokratie.                   sie sich gegenseitig respektieren, obwohl       die diskursive Konstruktion des populisti­     ebenjene Politik zu praktizieren, der
 umgestalten kann. Ich bekenne mich zu           die Pluralität nachdrücklich, doch sie                                                        sie entgegengesetzte politische Ziele           schen Typus ist: »Wir«, das sind »die da       sich die Sozialdemokraten inzwischen
 einer Sichtweise, die ich »machiavellisch«      räumt dem Antagonismus keinen Platz                                                           ­verfolgen.                                     unten«, die Unterdrückten – und »Sie«,         ­verweigern.

Interview                                                                                                                                 2    Interview                                                                                                                                  3
CM: Aber für mich ist gerade das der              ­Problem der Linken. Die Nutzung               FB: Nun steht aber die Linke einer weite­      ­ apital im 21. Jahrhundert«, 2014) zeigt
                                                                                                                                                K                                              FB: Das ist sicher richtig, was die kon­           und denen, die sie abschaffen und ihre
Linkspopulismus. Dies ist eine Form der          der ­Leidenschaften durch die Rechte            ren Herausforderung gegenüber: Nach            es zum Beispiel sehr anschaulich: Wir               krete Wirtschaftspolitik dieser Parteien      Institutionen beseitigen wollen? Konfron­
radikalen Sozialdemokratie, die die              erschreckt sie dermaßen, dass sie               der Zeit Blairs, Schröders und Zapateros,      leben unter Bedingungen, wo die Kluft               angeht. Aber nicht, was ihren Diskurs         tiert mit einer ­extremen Rechten, die
­Forderungen der sozialen Bewegungen             meinen, die Linke müsse sich ausschließ­        als die »neue« Linke selber glaubte, dass      zwischen einer immer kleineren Gruppe               anbelangt. Der wird immer antikapitalisti­    dem Modell der faschistischen Parteien
 aufnimmt und den ökologischen Fragen            lich rationaler Argumente bedienen.             es für sie »keine Alternativen« dazu gebe,     von sehr Reichen und einer immer größeren      scher, je mehr sich diese Parteien der             der dreißiger Jahre nachgebildet ist?
 einen zentralen Platz einräumt.                 In ­Holland habe ich an einer Diskussion        sich an den schmutzigen Job der Sozial­        Gruppe von Ärmeren breiter wird. Wir           ­extremen Rechten annähern. In Deutsch­
                                                 über die ­Einwanderung teilgenommen.            kürzungen zu machen, an den sich               erleben eine Verarmung der Mittelklasse.        land fällt der Aufstieg des Rechtspopu­           Eine meiner Hauptthesen ist, dass
FB: Warum soll man es dann Populismus            Alle brachten Fakten vor. »Das Problem          ­zuweilen nicht einmal die Rechte gewagt       Doch diese Situation bietet auch eine           lismus mit einer starken Präsenz                  die Hauptverantwortlichen für den
nennen?                                          ist, dass die Leute die Statistiken nicht        hatte, muss sie sich jetzt auf der einen      Möglichkeit. Der Kreis von Wählern, die         ­extremistischer Gruppen und Diskurse             Erfolg des Rechtspopulismus die
                                                 kennen. Es gibt gar nicht so viele Einwan­       Seite als Alternative zum neoliberalen Dis­   sich in einem Umgestaltungsprojekt               in der öffentlichen Wahrnehmung zusam­           sozialdemokratischen Parteien sind.
CM: Weil dieser kollektive Wille die             derer, wie man uns weismacht.« Sie               kurs der Eliten des Zentrums neu definie­     ­wiedererkennen können, ist tatsächlich          men, wie etwa der identitären Gruppen,
­Artikulation einer ganzen Reihe von demo­       glaubten, wenn du den Leuten Fakten             ren. Doch vor allem muss sie sich mit           viel größer als früher. Wir leben in einer      die vor drei oder vier Jahren zumindest          CM: Diese Sicht auf die Geschichte hat
 kratischen Forderungen sein muss:               ­lieferst, würden sie sich ändern. Doch die      den Tendenzen des Rechtspopulismus             Situation, in der wir einen vielseitigen        unsichtbar und unbekannt, wenn nicht             einen Hang zur Verschwörungstheorie –
 Dazu gehören selbstverständlich Forde­           Frage der Einwanderung ist eine Frage           aus­einandersetzen, der behauptet, er          Widerstand gegen die Postdemokratie             gar inexistent waren. Sehen Sie sich die         und hinter ihr steckt eigentlich geistige
 rungen der Arbeiterklasse, aber auch die         der Umgestaltung der Mentalitäten, eine         habe einen wirklich alternativen Diskurs       feststellen, der außerdem von ganz unter­       Mobilisierungsvideos der »Identitären            Trägheit. Für die sozialistischen Parteien
 Forderungen des Feminismus, der LGBT,            Frage, wie man Formen der Empathie              gegen den »alternativlosen« Konsens der        schiedlichen Gesellschaftsschichten             Bewegung« an. In einem heißt es: »Wir            ist es bequemer zu sagen: »Das ist
 des Antirassismus. Genau das nenne ich           schafft. Der Populismus erkennt die             Eliten, wobei er gleichzeitig unsere Ver­      ­ausgeht. Dies ist auch mit dem Übergang        treten den Verursachern der heutigen             Rechtsextremismus. Die Rückkehr der
 ein Volk: eine Äquivalenzkette zwischen          Bedeutung der Affekte in der Politik und        fassungsinstitutionen delegitimiert und         vom Fordismus zum Postfordismus ver­           Krise, den One-World-Globalisten                 braunen Pest.« Eine meiner Haupt­thesen,
 einer Vielzahl von demokratischen Forde­         die Notwendigkeit an, sie in der Praxis         die Grundlagen unserer Gesellschaften           bunden. Heute sind wir alle, nicht nur die     ­entgegen. Ausgerechnet ihr, die ihr jahr­       und darin bin ich einer Meinung mit Didier
 rungen. Man kann sich heute kein soziales        einzusetzen, um sie zu artikulieren.           infrage stellt. Wie es zum selben Zeitpunkt      Arbeiter, der kapitalistischen Herrschaft       zehntelang Menschen weltweit für euren          Eribon, ist, dass die Hauptverantwortli­
 Umgestaltungsprojekt vorstellen, das             »­Podemos« und auch »La France insou­          auch den mächtigen Aufschwung des                unterworfen, selbst die Künstler. Daher         Profit ausgebeutet habt, wollt nun die          chen für den Erfolg des Rechts­populismus
 allein auf den Forderungen der Arbeiter­        mise« (»Unbeugsames Frankreich«) von            politischen Islamismus gibt, der immer           gibt es die Möglichkeit, einen Volkswillen      Heilsbringer sein? Wir glauben euren            die sozialdemokratischen Parteien sind,
 klasse beruht.                                  Jean-Luc Mélenchon begreifen das.               stärker als populistische Kraft gegen den        zu schaffen, der von all diesen Leuten aus      Lügen nicht mehr!« Dieser globalisie­           die die Arbeiterklasse im Stich gelassen
                                                  Wir müssen den Erfolg rechtspopulisti­         westlichen Mainstream auftritt. Selbst           unterschiedlichen Bereichen ausgeht,            rungsfeindliche Antikapitalismus bietet         haben. Sie haben die Arbeiterklasse den
Der Populismus erkennt die Bedeu­-                scher Parteien verstehen und erkennen,         wenn man nicht alle Tendenzen vollkom­         und sie für ein Radikalisierungsprojekt der       immer mehr Parallelen zum rechten               Rechten überlassen. Es ist sehr praktisch,
tung der Affekte in der Politik und             was wir als Vertreter der Linken davon           men vergleichen kann, so entstehen sie         Demokratie zu gewinnen.                           ­Antikapitalismus der dreißiger Jahre.          wenn man sagt: »Das ist die Rückkehr der
die Notwendigkeit an, sie in der ­              ­lernen ­können.                                 doch aus derselben, von der postdemo­                                                             ­Thomas Ostermeier und ich haben bei           archaischen ­Leidenschaften. Die sind ja
Praxis einzusetzen, um sie zu artiku­-                                                           kratischen Gesellschaft aufgezwungenen         FB: Gegenwärtig vollzieht sich die                  der Bearbeitung des Stücks »Italienische      im tiefsten Innern Nazis, homophob …«
lieren.                                          FB: Also sich von ihren Methoden und            Situation einer fehlenden Alternative.         ­Radikalisierung hingegen auf beiden                Nacht« von Ödön von Horváth – dieses          Nein! Wir müssen uns unbedingt fragen,
                                                 Rezepten anregen lassen, um sich                                                                Seiten: auf der rechten und der linken.            Stück wurde knapp zwei Jahre vor der          warum es dazu gekommen ist und wie
FB: Ein Hauptelement der Populismen,            der Situation des postdemokratischen             Wir erleben eine Verarmung der                  Was die heutige Situation von der einer,           Machtergreifung der Nazis fertiggestellt      man diese Leute zurückgewinnen kann.
vor allem von rechts, war stets der Appell      ­Konsenses der Mitte zu widersetzen.             ­Mittelklasse.                                  sagen wir, klassischen agonistischen               und schildert den Konflikt zwischen           Viele von ihnen stimmen für den Front
an irrationale Emotionen, Ressentiments          Aber das muss nicht heißen, dass man                                                            Situation der Rechten und der Linken               paramilitärischen Gruppen der Rechten         National, weil Marine Le Pen als Einzige
und Vorurteile, denen jede logisch oder          auf die Forderung nach einem Gegensatz          CM: Die einzige Möglichkeit, gegen den          unterscheidet, ist, dass wir vor dem               und der Linken – in den Äußerungen der        gesagt hat: »Ja, ich verstehe eure Nöte,
 ­analytisch beweisbare Grundlage fehlt.         zwischen rechts und links verzichtet,           Rechtspopulismus zu kämpfen, besteht            Hintergrund eines Kapitalismus, der die            Faschisten im Stück den fast gleichen         aber ihr wisst ja, das Problem sind die
  Ziel der Populisten ist es, die Leiden­        oder dass dieser somit gar überholt ist.        darin, einen Linkspopulismus zu entwi­          ganze Gesellschaft und vor allem die               Inhalt, die fast gleiche Sprache, die heute   Einwanderer.« In dem Maße, wie es keinen
schaften anzuheizen, die von den etablier­                                                       ckeln. Nicht die Sozialistische Partei,         unteren Klassen bedroht, einen Kampf               in den Videos der »Identitären Bewe­          alternativen Diskurs gab, haben die Leute
ten Parteien vernachlässigt wurden, und         CM: Wenn ich für einen Linkspopulis-             ­sondern Jean-Luc Mélenchon kann es in          sowohl der Rechten als auch der Linken             gung« verwendet werden.                       dann selbstverständlich daran geglaubt.
sie systematisch anstelle von vernünftig        mus eintrete, glaube ich nicht, dass der          Frankreich mit Marine Le Pen aufnehmen.        gegen eine Ideologie der Mitte erleben.                                                          Mit Jean-Luc Mélenchon gibt es jetzt zum
begründeten Argumenten zu nutzen,                 Gegensatz zwischen rechts und links             Zugleich gibt es die Möglichkeit einer                                                       CM: Das eine ist es, antikapitalistisch            Glück einen alternativen Diskurs. Es war
um bei Wahlen das »Volk« zu gewinnen.           überholt wäre. Man kann ihn jedoch                neuen, weitaus autoritäreren Hegemonie        CM: Agonismus bedeutet immer: die              zu sein, das andere, Anti-Establishment            sehr interessant zu sehen, was bei den
Warum ist dieses irrationale Element            nicht mehr in jenen Begriffen gedanklich          als der, die wir jetzt haben. Darum ist       Rechte gegen die Linke, wenn es eine           zu sein. Und dass es einen antikapitalis­          letzten Wahlen in Frankreich geschehen
des Populismus für Sie positiv, ja sogar        ­erfassen, in denen man ihn sich ursprüng­        es für die Linke wichtig, die Konjunktur      Konfrontation zwischen einem Projekt           tischen Rechtspopulismus gibt, soll nicht          ist. Ich bin eng mit François Ruffin
­notwendig? Ist es nicht äußerst gefährlich      lich vorstellte. Es gibt zwei unterschied­       ­richtig zu verstehen, damit man die Leute    der Rechten und einem Projekt der              heißen, dass man deshalb den Kapitalis­            befreundet. Er kandidierte für »La France
 für die Demokratie?                             liche Arten, die Linke zu verstehen. Auf          für eine Radikalisierung der Demokratie      Linken gibt.                                   mus gegen den Rechtspopulismus                     insoumise« in ­A miens, das eine Bastion
                                                 einer Seite gibt es die Definition mit            mobilisieren kann.                                                                          verteidigen muss. Umso dringlicher ist es,         des FN war. Und er hat bei der Parla­
CM: Ein Grund für den Erfolg des                 soziologischen Begriffen: Die Linke ist           In dieser Situation der Postdemokratie,      FB: In der gegenwärtigen Konjunktur            dass der Linkspopulismus diese Kapitalis­          mentswahl gegen einen FN-Kandidaten
Rechtspopulismus ist ja gerade, dass er          die Kraft, die für die Interessen der             von der Sie gesprochen haben, gibt es        scheint es stattdessen eine dreiteilige        muskritik auf eine Weise formulieren kann,         gewonnen. Er hat mir erzählt, welche Dis­
die Rolle der Affekte in der Politik verstan­    Arbeiterklasse eintritt. Doch es gibt auch        zwei Aspekte. Der erste ist das, was ich     Struktur zu geben: Es gibt ein Projekt der     die eine Radikalisierung der Demokratie            kussionen es vor der Wahl gab. Er disku­
den hat. Ein politisches Subjekt wird            noch eine zweite Bedeutung der Linken:            die Postpolitik nenne: dass es angeblich     Rechten und eines der Linken, die sich         ermöglicht. Wir dürfen die Kapitalismus­           tierte mit Wählern von Marine Le Pen
geschaffen, wenn sich die »gemeinsamen           eine axiologische Bedeutung, auf                  keine Alternative gibt und dass die          gegenseitig bekämpfen, doch gleichzeitig       kritik nicht den Rechten überlassen.               und versuchte, ihnen begreiflich zu
Affekte« herauskristallisieren, um einen         der ­Wertebene. Die Linke bedeutet die            Idee der Volkssouveränität obsolet ist.      wenden sich alle beide gegen den Kon­                                                             machen: »Wisst ihr, eure Probleme kom­
Begriff Spinozas zu übernehmen.                  ­Verteidigung der sozialen Gerechtigkeit,         Das habe ich in »Über das Politische«        sens der Mitte, der als Urheber des Neo­       FB: Mit diesem Punkt bin ich uneinge­              men nicht von den Ein­wanderern. Eure
Affekte sind formbar, sie lassen sich für         der Gleichberechtigung. Die Linke, das           untersucht. Seitdem kommt noch ein           liberalismus angesehen wird. In gewisser       schränkt einverstanden. Aber die                   Probleme kommen vom ­Liberalismus.«
das ­Ressentiment mobilisieren, doch              sind all jene, die für soziale Gerechtigkeit     zweiter Aspekt hinzu: das, was ich die       Hinsicht haben diese zwei Populismen           ­entscheidende Frage ist: Wie soll man             Und er hat gewonnen. Das ist außeror­
sie ­können auch für die Leidenschaft der         und Demokratie kämpfen. Dieses Projekt           Oligarchisierung unserer Gesellschaften      eine strukturelle Ähnlichkeit: Gemeinsam        diese neue Rechte behandeln? Sieht man            dentlich.
Gerechtigkeit und die Leidenschaft der            wird von einem Volk getragen, das in             nenne und was zur Preisgabe des ande­        ist ihnen das antikapitalistische Element.      sie in einem agonistischen Modell als
Gleichberechtigung mobilisiert werden.            politischer Hinsicht einen Querschnitt dar­      ren demokratischen Wertes, nämlich                                                           einen Kontrahenten an, mit dem man                FB: Sollen wir also mit Anhängern dieser
Wenn von Leidenschaften die Rede ist,             stellt und das man nicht ausgehend von           der Gleichberechtigung, geführt hat.         CM: Der Rechtspopulismus ist nicht              einen Dialog führen muss? Oder sind wir           Rechten reden, sie in unsere Räume
denkt Habermas an den Nationalsozia­              soziologischen Kategorien erfassen kann.         Das Buch von Thomas Piketty (»Le Capi­       zwangsläufig antikapitalistisch.                bereits in einem antagonistischen Kampf           und Institutionen einladen, um ihnen so
lismus. Aber darin besteht das große                                                               tal au XXle siècle«, 2013; dt.: »Das                                                         zwischen Verteidigern der Demokratie              zu einem öffentlichen Podium zu verhelfen

Interview                                                                                                                                  4    Interview                                                                                                                                     5
und ihre Ideen zu verbreiten? Sollen           Hauptstadt pflanzen würde? Wenn sie            für jene Volksschichten interessieren, die       CM: Das ist ein kompliziertes Problem,         man anerkennt, dass es in der Geschichte       Machtverhältnisse kam. Der Linkspopulis­
wir sie als »normale« Parteien des demo­       wieder von »völkisch« sprechen, also           die Verlierer der Globalisierung sind.           das nur im nationalen Rahmen gestellt          mehrere Momente gegeben hat, in denen          mus ist eine neue Möglichkeit, eine linke
kratischen Spektrums betrachten?               einen Begriff benutzen, den zuerst eine        Wir müssen die soziale Frage wieder zum         werden kann. Ich glaube zuversichtlich an       uneigennützige Solidarität stärker als         Strategie zu konzipieren, die sich nicht mit
                                               extreme Rechte erfunden hatte und den          Mittelpunkt der Agenda machen, denn             einen linken Patriotismus. Im Gegensatz         nationale Affekte war. Das war zu sehen,       der Vorstellung abfindet, das Einzige, was
CM: Selbstverständlich wird man die            vor allem die Nazibewegung benutzte?           man hatte sie aufgegeben. Aber Vorsicht!        zu vielen Linken glaube ich, dass der           als im Jahre 2015 mehrere hunderttau­          man tun könne, bestehe in kleinen Refor­
Führer dieser Bewegungen nicht überzeu­        Wenn sie von Dresden als »Hauptstadt           Dabei darf man nicht auf die anderen            ­Patriotismus ein wichtiger Wert ist, denn      send Kriegsflüchtlinge nach Deutschland        men – die jedoch ebenso wenig annimmt,
gen. Worauf es ankommt: dass man sich          des Widerstandes« sprechen, so wie man         Forderungen der Linken, wie etwa des             er mobilisiert die Affekte. Für die Menschen   kamen. Die erste Reaktion der Bevölke­         man müsse alles auf den Kopf stellen,
an die Leute wendet, die für sie stimmen.      zur Nazizeit von München als »Hauptstadt       Feminismus, verzichten. Katja Kipping            ist die nationale Identität etwas Wichti­      rungsmehrheit war solidarisch – selbst         um einen Wandel herbeizuführen. Jaurès
Und dann kann man nicht im Voraus eine         der Bewegung« sprach? Ich frage mich,          sagte, hier habe der Erfolg des Buches           ges. Darum bin ich nicht mit Habermas          wenn es später zu einem Bruch mit dieser       sprach von »revolutionärem Reformismus«.
Antwort geben. Das hängt von der jeweili­      ob wir wirklich eine gemeinsame demo­          von Didier Eribon unter anderem dazu             und seiner postnationalen Identität einver­    Haltung kam. Die Frage müsste sein: Wie        Ich trete für Gramscis Strategie des
gen Situation ab. Man muss zwischen            kratische Grundlage haben, um mit ihnen        geführt, dass einige Mitglieder der Partei       standen. In Frankreich gibt es die glück­      kann man über eine kurzzeitige Empathie        Engagements in den Institutionen ein: für
extremen Rechten und dem Rechtspopu­           zu reden.                                      »Die Linke« sagten: »Das Problem ist,            liche Lage, dass die Republik wegen der        hinausgehen und sie zu einer nachhalti­        den Stellungskrieg. Man muss wieder die
lismus differenzieren. Die extreme Rechte                                                     dass die Arbeiterklasse abgehängt wurde.         Französischen Revolution etwas ist, das        gen Politik umwandeln? Und nicht: Wie          Möglichkeit finden, wesentliche Änderun­
ist zwangsläufig antirepublikanisch und        CM: Man muss versuchen zu verstehen,           Jetzt müssen wir uns damit beschäftigen.         sich von der Linken leicht mobilisieren        kann man sie mit den nationalen Affekten,      gen durchführen zu können, ohne das
antiliberal. Sie wendet sich gegen die         warum es Wähler gibt, die für diese Leute      Der Feminismus und alle anderen                  lässt. In Deutschland und Österreich ist       die auf jeden Fall stärker sind, in Überein­   System zu zerstören, um etwas vollstän­
Institutionen der pluralistischen Demokra­     stimmen. Welche Gründe haben sie?              ­demokratischen Kämpfe sind in diesem            das viel komplizierter. Trotzdem gibt es in    stimmung bringen?                              dig Neues zu begründen. Der Linkspopu­
tie. Man sollte diesen Parteien nicht          Und wir von der Linken müssen uns die           Moment nicht so wichtig.« Damit bin             der österreichischen wie in der deutschen                                                     lismus ist diese Strategie des radikalen
gestatten, an den Wahlen teilzunehmen.         Frage stellen: Wo haben wir versagt?            ich überhaupt nicht einverstanden. Wir          Geschichte eine ganze Tradition der            Warum kann man nicht einen                     Reformismus.
Das sollte zum Beispiel für die »Goldene       Das ist für mich das Hauptproblem. Ich          müssen die Bedeutung der Arbeiterklasse         ­Linken, an die sie sich anschließen kön­      linken Patriotismus entwickeln,
Morgenröte« in Griechenland gelten. Aber       glaube nicht, dass alle, die diese Parteien     wieder anerkennen, ohne jedoch auf die           nen. Wenn man die Affekte mobilisieren        der ­weltoffen ist?                            Aus dem Französischen von
das gilt nicht für die FPÖ in Österreich,      ­wählen, im tiefsten Innern homophob und        anderen Kämpfe zu verzichten. Das nenne          will, ist die Frage des Patriotismus                                                         Ulrich ­Kunzmann
für die Partei von Geert Wilders und auch       rassistisch sind. Ich habe in Frankreich       ich »ein Volk«: einen kollektiven Willen,        ­ausschlaggebend.                             CM: Warum kann man nicht einen linken
nicht für die Partei Marine Le Pens. Es         gesehen, wie Mélenchons Strategie funk­        der alle demokratischen Forderungen                                                            Patriotismus entwickeln, der weltoffen ist?
können nicht alle zum agonistischen Sys­        tioniert hat. Und bei den letzten Wahlen       ­artikuliert. Ich glaube, dass man einen       FB: Aus der Sicht einer linken Tradition        Patriotismus heißt nicht Nationalismus.
tem gehören. Es muss einen »konflikthaf­        in Großbritannien konnte Jeremy Corbyns         Teil der Wähler des Rechtspopulismus          bedeutet ein solcher Patriotismus eher          Der Patriotismus ist eine Identifikation
ten Konsens« geben, einen symbolischen,         »Labour Party« 30% von denen zurück­            zurückgewinnen kann. Denn ihre Forde­         einen Bruch. Er stellt einen deutlichen         mit den Werten ihrer eigenen politischen
den Kontrahenten gemeinsamen Raum.              gewinnen, die zuvor für die UKIP                rungen sind demokratische Forderungen,        Widerspruch zur internationalistischen          Gemeinschaft. Diese Werte können
Und dieser gemeinsame symbolische               gestimmt hatten.                                diese Leute wollen eine Stimme haben.         Identität der historischen Linken dar, und      ja gerade darin bestehen, den anderen
Raum muss auf der Zustimmung zu den                                                                                                           er verleugnet in gewisser Weise die             gegenüber offen zu sein. Die Französische
ethischen und politischen Prinzipien der       Wir müssen die Bedeutung der Arbei-            FB: Gleichzeitig besteht für die linken         Bemühungen aller linken Aktivisten, die         Revolution hat den Juden das Bürgerrecht
pluralistischen Demokratie beruhen:            terklasse wieder anerkennen, ohne              Bewegungen die große Schwierigkeit              während des Ersten Weltkriegs als               gegeben – das ist eine weltoffene Haltung.
Freiheit und Gleichberechtigung für alle.      jedoch auf die anderen Kämpfe zu               darin, dass es viel leichter scheint, Affekte   Einzige die Rechtmäßigkeit ­dieses Kriegs
Aber das ist nicht für alles eine Lösung,      verzichten.                                    gegen die Einwanderer als gegen die             infrage gestellt haben – von Lenin und          FB: Also ein Patriotismus, der eher mit
weil »Freiheit und Gleichberechtigung für                                                     transnationalen Unternehmen zu mobili­          Trotzki bis zur USPD in Deutschland.            Ideen und Werten als mit der Nation im
alle« ganz unterschiedlichen Interpretatio­    FB: Aber wie kann man die Wähler der           sieren. Das Aufkommen des Rechtspopu­           Kann die Linke des 21. Jahrhunderts             ethnischen Sinn verbunden ist, was
nen unterliegt. So akzeptieren Marine Le       populistischen Rechten überzeugen, ein         lismus in Deutschland ist mit dem               keinen anderen mobilisierenden Bezugs­          letztlich aber gar nicht so weit weg von
Pen und die FPÖ diese Werte ja, interpre­      Projekt der Linken anzunehmen? Darin           ­Phänomen der sogenannten »Flüchtlings­         punkt als ein so überaltertes ­Konzept          Habermas und seinem »Verfassungs­
tieren sie jedoch sehr restriktiv, insbeson­   besteht hier in Deutschland die große           krise« eng verbunden. Mit ihr hat die          wie das der nationalen Identität finden?        patriotismus« ist. Und welche politische
dere, was das »für alle« betrifft. Tatsäch­    Schwierigkeit der Partei »Die Linke«.           Rechte ein wirklich als Triebkraft dienen­                                                     Strategie entwickelt dieser linke patrioti­
lich steht Marine Le Pen bei manchen           Einer Partei, die ganz ausdrücklich für die     des Thema gefunden: den deutschen                CM: Man muss ihm eine neue Bedeutung          sche Populismus, um Änderungen
Fragen weiter links als François Hollande.     Interessen der Arbeiter und besitzlosen         Nationalismus und den Schutz gegen den           geben! In Entscheidungssituationen            ­durchzusetzen?
Derartige Parteien treten für den Wohl­        Klassen eintritt, die die Sozialdemokraten      Anderen, gegen den Fremden. Und das            konnte man stets feststellen, wie stark die
fahrtsstaat ein, jedoch nur für die eigenen    nach ihrem Mitte-Rechts-Ruck nicht mehr         ist wirklich eine Rückkehr zur »archaischen    nationalen Affekte wirken. Es ist gefähr­       CM: Ich nenne es »radikalen Reformis­
Staatsbürger. Aber ich glaube, man muss        auf der Agenda haben. Trotzdem ist das          Finsternis«. Sogar ein Teil der Linken         lich, sie zu unterschätzen – wie in der Zeit    mus«. Heute gibt es einerseits eine sozial­
sie trotz alledem im agonistischen Raum        für sie nicht genug, um die Wähler gerade      nähert sich allmählich diesen fremden­          des Ersten Weltkriegs. Während Jean             demokratische reformistische Linke und
akzeptieren. Man muss selbstverständlich       jener Gesellschaftsschichten zu mobili­        feindlichen Vorstellungen an, um nicht die      Jaurès glaubte, dass sich das deutsche          andererseits eine revolutionäre Linke.
gegen ihre Interpretation kämpfen und sie      sieren, die von den Parteien der Mitte ver­    Stammwähler aus der Arbeiterklasse              und das französische Proletariat zusam­         Im revolutionären Modell sind die Oppo­
dennoch akzeptieren, weil sie sich zwar        gessen wurden. Die Linken haben viele          zu verlieren, denn man befürchtet offen­        menschließen würden, hat man in der             nenten zwangsläufig Feinde. Dies lässt
an der Grenze des Konsenses, aber noch         Wähler an den Rechtspopulismus verloren.       bar, man könnte sie mit einem echten,           ­Entscheidungssituation tatsächlich gese­       sich nicht mit der Aufrechterhaltung einer
in seinem Rahmen befinden.                                                                    für die Linke spezifischen Diskurs nicht         hen, dass die nationalen Affekte weitaus       ­pluralistischen Demokratie vereinbaren.
                                               CM: Vor zwei Tagen habe ich Katja               ­mobilisieren. Die Frage ist also: Wie kann     ­wichtiger waren. Wir müssen realistisch        Andererseits ist eines der Probleme, die
FB: Selbst wenn sie sagen – wie hier           ­Kipping getroffen und ihr mein Bedauern         man leidenschaftliche Anteilnahme für           sein, wir können die nationalen Affekte        wir in der Linken erlebt haben, dass nach
etwa Vertreter der AfD, die meistens als        über die Wahlergebnisse geschildert. Sie        den Kampf gegen die Macht des globali­          nicht verleugnen.                              der Krise des kommunistischen Modells
eine »lediglich« populistische und nicht        antwortete: »Nein, die Ergebnisse sind          sierten Kapitalismus und der multinatio­                                                       die Idee einer radikalen Umgestaltung
extreme Partei angesehen wird –, man            für uns gar nicht so schlecht. Wir sind von     nalen Unternehmen, doch auch für die          FB: Wenn »realistisch zu sein«, bedeutet,        vollständig diskreditiert wurde. Die Ver­
müsse auf Flüchtlinge schießen, falls           der Nr. 3 zur Nr. 5 geworden, doch wir          demokratischen Werte der Weltoffenheit        dass man den Nationalismus und den               treter der Linken gingen schließlich dazu
sie einen illegalen Grenzübertritt nach         haben 500.000 Stimmen dazu gewonnen.            und des Pluralismus wecken? Eine              von mehreren Bewegungen der populisti­           über, das liberale Modell zu akzeptieren.
Deutschland versuchen? Wenn sie                 Wir haben viele junge Leute gewonnen.«          ­Leidenschaft, die die gleiche Mobilisie­     schen Linken, wie Mélenchon, öffentlich          Opponenten wurden als Mitbewerber
behaupten, das Holocaust-Mahnmal sei            Wenn Sie so wollen, ist die Lage für             rungskraft wie Nationalismus und Frem­       vertretenen Anti-Europäismus unterstützt,        angesehen, die staatliche Führungspo­
ein »Denkmal der Schande«, das kein             »Die Linke« also nicht ganz und gar ver­         denfeindlichkeit haben soll?                 so sehe ich das recht kritisch. Doch es          sitionen besetzen würden, jedoch ohne,
anderes Land der Welt in das Herz seiner        zweifelt. Doch zuallererst muss wir uns                                                       ist auch eine realistische Position, wenn        dass es je zu einer Umgestaltung der

Interview                                                                                                                                6    Interview                                                                                                                                7
Hinterm
                                                                                                    »fontane.200: Einblicke in die
                                                                                                    Vorbereitungen des Jubiläums des
                                                                                                    zweihundertsten Geburtstags
                                                                                                    Theodor Fontanes im Jahr 2019«

Berg woh-
                                                                                                    Ein Abend von und mit Rainald Grebe
                                                                                                    Regie: Rainald Grebe
                                                                                                    Uraufführung

nen auch
                                                                                                    Mit: Florian Anderer, Damir Avdic, Iris Becher, Rainald Grebe, Tilla Kratochwil, Jens-Karsten Stoll, Axel Wandtke
                                                                                                    Musik: Jens-Karsten Stoll, Bühne: Jürgen Lier, Kostüme: Kristina Böcher, Video: Christin Wilke,
                                                                                                    Matias ­Brunacci, Dramaturgie: Maja Zade, Licht: Erich Schneider
                                                                                                    Premiere am 14. Januar 2018

Leute.*
                                                                                                    de  In Neuruppin ist die Vorfreude groß: Theodor Fontanes zwei­      en  In Neuruppin anticipation is running high: the bicentenary
                                                                                                    hundertster Geburtstag im Jubiläumsjahr 2019 rückt näher und         of Theodor Fontane’s birthday in the year 2019 is fast ap­proach­
                                                                                                    näher. Ausschüsse werden gegründet und Pläne geschmiedet.            ing. Committees are being founded and plans forged.
                                                                                                    Die Planungskommission von »fontane.200« schreibt in ihrem           The »­fontane.200« planning commission writes in their concept
                                                                                                    Konzeptpapier: »Die Fokussierung des Blickes auf Fontane wird        paper: »­Focusing on Fontane will bring a focus on the State of
                                                                                                    eine Fokussierung des Blickes auf das Land Brandenburg erzeu­        Brandenburg.« But how exactly should this be achieved? Through
                                                                                                    gen.« Doch wie genau soll das gelingen? Durch Ausstellungen,         exhibitions, youth projects, festivals, academic conferences?
                                                                                                    Jugendprojekte, Festspiele, wissenschaftliche Kongresse? Durch       Via campsites, cookery courses, theatre performances, seminars
                                                                                                    Zeltlager, Kochkurse, Theateraufführungen, Apothekerseminare?        for pharmacists? Which projects should be developed, which
                                                                                                    Welche Projekte soll man entwickeln, welche Events organisieren,     events organised so that the rest of Germany and the world can
                                                                                                    damit der Rest Deutschlands, damit die Welt wirklich begreift,       truly grasp that Fontane is still relevant today, and that the city and
                                                                                                    dass Fontane noch heute relevant und die Region besuchenswert        region is worth visiting? Rainald Grebe, who once rather critically
                                                                                                    ist? Rainald Grebe, der einst in seinem Lied »Brandenburg« eher      wrote in his song »Brandenburg«: »There are places where it’s at.
                                                                                                    kritisch schrieb: »Es gibt Länder, wo was los ist. Es gibt Länder,   There are places where it’s really at. And then there is Branden­
                                                                                                    wo richtig was los ist und es gibt Brandenburg«, versucht, sich an   burg«, seeks to participate in the creative planning for the Fontane
                                                                                                    der Kreativplanung zum Fontane-Jahr zu beteiligen und gibt Ein­      year and provides insights into the feverish brainstorming sessions
                                                                                                    blicke in die fieberhaften Brainstormings und minutiösen Vorberei­   and meticulous preparations for this German cultural highlight in
                                                                                                    tungen auf dieses kulturelle Highlight Deutschlands im Jahr 2019.    2019. He takes us on a peregrination through the sandy flatlands,
                                                                                                    Er nimmt uns mit auf eine Wanderung durch die Sandflächen,           marshes, small towns and villages of the Province of Brandenburg
                                                                                                    Sumpflandschaften, Kleinstädte und Dörfer der Mark Brandenburg       and offers us insights and glimpses into the life and work
                                                                                                    und gibt dabei Einblicke in das Leben und Werk Fontanes.             of Fontane.

*aus: »fontane.200: Einblicke in die Vorbereitungen des Jubiläums des zweihundertsten Geburtstags
Theodor Fontanes im Jahr 2019«                                                                      Premiere                                                                                                                                       9
Das ist
                             »Italienische Nacht«
                             von Ödön von Horváth
                             Regie: Thomas Ostermeier

doch
                             In einer Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer
                             Mit: Veronika Bachfischer, Annedore Bauer, Marie Burchard, Johannes Flaschberger, Christoph Gawenda, Traute Hoess,
                             Laurenz Laufenberg, Juri Padel, Andrej Reimann, David Ruland, Benjamin Schröder, Konrad Singer, Alina Stiegler,
                             Lukas Turtur, Hans-Jochen Wagner, Inga Wolff
                             Musiker: Nils Ostendorf, Martin Klingeberg, Thomas Witte
                             Bühne: Nina Wetzel, Kostüme: Ann Poppel, Musik: Nils Ostendorf, Dramaturgie: Florian Borchmeyer, Licht: Urs Schönebaum
                             Premiere am 1. März 2018

nichts                       de  Es ist Sonntag in der Kleinstadt. In ihrem Stammlokal bereitet
                             sich die sozialdemokratische Ortsgruppe beim Kartenspiel
                             auf ihre »Italienische Nacht« vor – ein »zwangloses gesellschaft­
                             liches Beisammensein« mit Musikeinlagen und Tanz, das »uns
                                                                                                     en Sunday in a small town. Over a game of cards in their ­local
                                                                                                    pub, the Social Democrats’ regional branch is planning its

Neues.
                             Genossen menschlich näherbringen« soll. So zumindest träumt            »Italian Night« − a »casual social gathering« with musical accom­
                             es sich der lokale Vorsitzende, Stadtrat Ammetsberger. Dass sich       paniment and dancing designed to »bring us comrades closer
                             zeitgleich rechtsextreme Verbände aus dem ganzen Land im Ort           together on a human level«. That, at least, is the intention of local
                             zusammenrotten, um einen »Deutschen Tag« mit paramilitärischen         party chairman, councillor Ammetsberger. The fact that right-
                             Aufmärschen und bewaffneten Geländeübungen zu inszenieren,             wing extremist groups from across the country are flocking to
                             beunruhigt den Stadtrat und seine Getreuen wenig. Auch dass            the town on the same date to stage a »German Day« complete
                             der Aktivist Martin aus dem linken Parteiflügel vor einer völkischen   with paramilitary parades and armed field exercises does not
                             Machtübernahme warnt und zum Widerstand aufruft, wird von              ­appear to overly trouble the councillor and his party faithful.
                             den Genossen abgewiegelt. Man möchte sich von den Faschisten            And warnings by the activist Martin from the party’s left wing

Oder?*
                             nicht beim Feiern stören lassen, und erst recht nicht von jungen        about a nationalist coup and his calls to resist it are also down­
                             Radikalen aus den eigenen Reihen.                                       played by the comrades. They’re damned if they’re going to
                             Auf eigene Faust versucht Martin nun, die Pläne der Gegner aus­         allow the fascists to ruin their party, never mind a young radical
                             zuspionieren. Dafür sendet er seine Freundin Anna los, um sich          from their own ranks. So Martin takes it upon himself to sniff
                             von Faschisten auf der Straße ansprechen zu lassen und ihnen            out the enemies’ plans. To this end, he sends his girlfriend Anna
                             so Informationen zu entlocken. Er »schickt sie auf den politischen      onto the streets to lure the fascists into conversations so that
                             Strich«, wie sein Mitgenosse Karl ihm vorwirft – der einstweilen        she can charm information out of them. In doing so he is ac­
                             die Feier lieber nutzt, um die politisch desinteressierte Leni          cused of »forcing her to politically prostitute herself« by party
                             »zu unseren Idealen zu bekehren«, wie er es nennt. Doch Martins         comrade Karl − who meanwhile prefers to spend his time using
                             Plan entgleitet, und bald wird klar: die Faschisten machen sich         the festivities to »convert« the politically indifferent Leni »to our
                             daran, die »Italienische Nacht« der Sozialdemokraten bewaffnet          ideals«, as he puts it. But Martin’s plan slides out of his control
                             zu sprengen.                                                            and it soon becomes clear that the fascists are about to gate­
                             Zum dritten Mal in Folge – nach »Professor Bernhardi« und               crash the Social Democrats’ »Italian Night« by force of arms.
                             »Rückkehr nach Reims« beschäftigt sich Thomas Ostermeier in             With »Italian Night« Thomas Ostermeier focuses for the third
                             »Italienische Nacht« mit dem Aufkommen einer rechtsextremen             time in a row − following »Professor Bernhardi« and »Returning
                             Massenbewegung. Ödön von Horváth vollendete sein »Volksstück            to Reims« − on the emergence of an extreme right-wing populist
                             in sieben Bildern« 1931 und beobachtete darin mit eindrucks­voller      movement. Ödön von Horváth finished his »Folk Play in Seven
                             Schärfe nicht zuletzt auch, welchen Anteil am Zusammen­bruch            Scenes« in 1931 and, in it, observed with startling acuity not
                             der Demokratie eine Linke hat, die die Realität der ­Gesellschaft       least the part played in the breakdown of democracy by ­leftists
                             ignoriert und sich in Parteikämpfen im eigenen Lager zerfleischt.       who ignore social realities and instead maul themselves in
                             Kaum zwei Jahre später musste Horváth Deutschland verlassen,            ­political infighting. No more than two years later, Horváth was
                             nachdem im Anschluss an Hitlers Wahlsieg eine SA-Truppe sein             forced to flee Germany when Hitler’s election victory was
                             Elternhaus stürmte.                                                      ­followed by storm troopers invading his family home.

*aus: »Italienische Nacht«   Premiere                                                                                                                                   11
Null ist
               »NULL«
               von Herbert Fritsch
               Regie und Bühne: Herbert Fritsch

Null.*
               Uraufführung
               Mit: Florian Anderer, Bernardo Arias Porras, Jule Böwe, Werner Eng, Ingo Günther, Bastian Reiber, Ruth Rosenfeld,
               ­ arol Schuler, Axel Wandtke
               C
               Kostüme: Bettina Helmi, Musik: Ingo Günther, Dramaturgie: Bettina Ehrlich, Licht: Erich Schneider
               Premiere am 24. März 2018

               de    »Du hast deinen Witz von beiden Seiten abgestutzt und         en    »Thou hast pared thy wit o’ both sides and left nothing
                     nichts in der Mitte gelassen. […] Nun bist du eine Null             i’ th’ middle. […] Now thou art an O without a figure.«
                     ohne Ziffern.« (William Shakespeare, »König Lear«)                  (William Shakespeare, »King Lear«)

               In seiner zweiten Arbeit an der Schaubühne begibt sich Herbert      In his second work for the Schaubühne, Herbert Fritsch delves
               Fritsch mitten in die Geschichte der Selbstentdeckung der           into the middle of the story of the world’s self-discovery and
               Welt und schlägt das rätselhafte Kapitel der Null auf: »Die Null    opens the mysterious chapter of the zero: »The zero irritates
               irritiert, weil sie dort ein Nichts markiert, wo auch ein Etwas     because it marks a nothing where a something could also be.
               stehen könnte. Und sie fasziniert, weil sie dieses Etwas bezeich­   And it fascinates because it signifies this something without
               net, ohne zu bestimmen, worin es besteht. An der Null lässt         being able to define what this something entails. The zero allows
               sich studieren, dass die Welt nicht determiniert ist, sondern       us to observe that the world is not determinated and instead
               offen für Operationen des Einsetzens und des Ersetzens.«            is open to procedures of insertion and replacement.«
               (Dirk Baecker)                                                      (Dirk ­Baecker)
               Zu lange haben wir mit der Rezeption der Null als Nichts dem        For too long we have revered the absence with our reception
               Mangel gehuldigt und uns selbst um die sich immer wieder neu        of the zero as nothing and thus cheated ourselves out of the
               erfindende, erprobende Kraft und ästhetische Freiheit der Null      constantly self-renewing and exploratory power and the aesthetic
               gebracht. Herbert Fritsch und sein Ensemble entdecken sie           freedom of the zero. Herbert Fritsch and his ensemble discover
               neu, studieren am Nichts der Null die Möglichkeit von Allem und     the zero anew, study in its nothingness the possibility of every­
               versuchen sich selbst der Abwesenheit von Sinn entgegenzu­          thing and seek to set themselves against the absence of mean­
               setzen, ohne selbst Sinn zu sein – jenseits der Sprache und         ing, without becoming meaning themselves – beyond speech
               ohne angelegten Rettungsring: »Ich will keine Sehgewohnheiten       and without wearing a life belt: »I don’t want to break any viewing
               aufbrechen und nicht dem Bürger die Maske vom Gesicht reißen.       habits nor tear the mask off the face of the bourgeois. I want to
               Ich will mit dem Nichts spielen, das sich als Etwas ausgibt.«       play with the nothingness which passes itself off as something.«
               (Herbert Fritsch)                                                   (Herbert Fritsch)

*aus: »NULL«   Premiere                                                                                                                            13
Festival Internationale Neue Dramatik                                                                                                           Festival International New Drama
FIND 2018                            6.–22. April 2018                                                                                          FIND 2018                            6–22 April 2018

de    Vom 6. bis 22. April 2018 zeigt das Festival Internationale        heuchlerische Kultur des Vergessens, die sich unter den einst
 Neue Dramatik (FIND) an der Schaubühne herausragende neue               Verantwortlichen für Folter und Tod mehrerer zehntausend
 Texte und Inszenierungen aus den unterschiedlichsten Teilen der         »Verschwundener« unter der Pinochet-Diktatur selbstzufrieden
 Welt. Alle sind zum ersten Mal in Berlin zu sehen. Neben bekann­        breitmacht. In »Evel Knievel contra Macbeth na terra do finado
 ten Theatermacher_innen, die schon in der Vergangenheit an der          Humberto« (Montpellier/Madrid) haucht Rodrigo García
 Schaubühne zu sehen waren, gibt es zahlreiche Neuentdeckungen.            dem shakespeareschen Usurpator und seiner Tragödie der               en  Between 6 and 22 April 2018 the Festival International New
 Viele der eingeladenen Inszenierungen setzen sich mit dem                 Unmöglichkeit, die eigenen Verbrechen und die Prophezeiungen         Drama (FIND) at the Schaubühne will be showcasing out­-                  taking hold amongst those responsible for the torture and death
 Vergessen auseinander, sie versuchen, eine »Kunst des                     des Schicksals zu vergessen, ein neues Leben im Nordosten            standing new texts and productions from all over the world.              of tens of thousands of the »disappeared« during the Pinochet
 ­Vergessens« zu entwickeln oder kritisch in Frage zu stellen. Den         Brasiliens ein. Hier tritt er in Gestalt von Orson Welles auf, der   All of the productions are coming to Berlin for the first time. There    dictatorship. In »Evel Knievel contra Macbeth na terra do finado
  ­Ausgangspunkt bildet der utopische Wunsch, persönliche und              über seine Macbeth-Filmrolle seine reale Existenz vergessen hat      are established theatre-makers whose previous work was shown             Humberto« (Montpellier/Madrid) Rodrigo García breathes new
   gesellschaftliche Traumata durch eine gezielte Verwischung des        und nun gemeinsam mit den griechischen Rhetoren Demosthenes            at the Schaubühne, as well as numerous new discoveries.                  life into the Shakespearean usurper and his tragedy about the
   eigenen oder des kollektiven ­Gedächtnisses zu überwinden.              und Lysias sowie dem japanischen Manga-Drachen Neronga               Many of the invited productions are concerned with forgetting,           impossibility of forgetting one’s own crimes and the prophesies
Doch der alte Menschheitstraum der Heilung durch Vergessen,                in Bahia die Spuren der eigenen Herkunft zu verwischen sucht.        and attempt to develop or question an »Art of Forgetting«.               of fate, and relocates it to northeastern Brazil. He returns in the
des Trinkens aus dem Fluss Lethe, entartet schnell zum                     Der libanesisch-kanadische Autor, Regisseur und Performer            The starting point is the utopian desire to overcome personal or         guise of Orson Welles, whose role as Macbeth has made him
­Schreckensszenario. Das Verdrängen der Vergangen­heit führt               Wajdi Mouawad reist auf den Spuren des O        ­ dysseus in         societal traumas by intentionally blurring the individual or collecti­   forget his real self, and who is now attempting to hide any trace
 zum ungewollten Wiederaufbrechen von Wunden, zum Verlust                  »Inflammation du verbe vivre« (Paris) über die Vergessens-Fluten     ve memory. But humanity’s old dream of healing through for­              of his real identity with the help of the Greek orators Demosthenes
 der persönlichen und kulturellen Identität. Das institutio­nalisierte     des Letheflusses in den Hades, um dort Philoktetes, den durch        getting, through drinking from the waters of the Lethe, quickly          and Lysias as well as the Japanese Manga dragon Neronga.
 Vergessen, das eigentlich Vergeben und Wiederherstellung                  Odysseus’ Betreiben absichtlich vergessenen Helden des               degenerates into a nightmare scenario. The suppression of                In »Inflammation du verbe vivre« (Paris), the Lebanese-Canadian
 des Friedens ermöglichen soll – die Amnestie –, wird rasch                trojanischen Krieges, wiederzufinden – landet dabei aber im          the past leads to the inadvertent reopening of old wounds and            writer, director and performer Wajdi M   ­ ouawad travels in the
 zum Freibrief für Straf- und Rechtlosigkeit, für Verdrängung, ja,         Griechenland der heutigen Wirtschaftskrise und stößt dort auf        the loss of personal and cultural identity. The institutionalised        footsteps of Odysseus across the waters of forgetting − the River
 Leugnung von Verbrechen – zur gesellschaftlichen Amnesie. Auf           die begrabenen Erinnerungen seines Lebens und einer vom                forgetting intended to assist forgiving and the restoration              Lethe − to Hades to rediscover Philoctetes who, upon Odysseus’
 gesellschaftspolitischer Ebene bewirkt eine zynisch praktizierte        Vergessen getriebenen Gesellschaft. Ofira Henig verfolgt               of peace − the amnesty −, swiftly becomes a carte blanche for            instigation, is the deliberately forgotten hero of the Trojan War.
 »Kunst des Vergessens« zugleich die Löschung ganzer Bevölke­            in »KIND OF« (Haifa/Berlin) mit israelischen, palästinensischen        impunity and injustice, for the repression and even denial of            He ends up, however, in the economic crisis of contemporary
 rungsteile aus dem Diskurs im Zeitalter des Neoliberalismus:            und deutschen Darsteller_innen die Deformationen, die ein auf          crimes, leading to a collective amnesia. On the sociopolitical           Greece where he encounters the buried memories of his own life
  eines Heeres von »Vergessenen«, das sich allein auf dem Weg            Exklusion und Ausblendung von gesellschaftlicher Wirklichkeit          level in the era of neoliberalism, a cynically practised »Art of         and of a society driven by forgetting. In »KIND OF« (Haifa/Berlin),
  des Triumphs von Rechtspopulisten wieder in Erinnerung zu              konzentriertes Erziehungssystem bereits im Kindesalter hinter­         Forgetting« also leads to the elimination of entire demographic          Ofira Henig and her Israeli, Palestinian and German actors
  rufen weiß.                                                            lassen und dabei eine ganze Generation und Bevölkerungs­               groups from the public discourse: an army of »the forgotten«             trace the deformations bequeathed already in childhood by an
                                                                         gruppe zu »Vergessenen« gemacht hat. Angélica Liddell lotet in         who believe their only chance to regain attention lies in following      education system that concentrates on the exclusion and
Viele Inszenierungen des FIND-Programms setzen der ebenso                »Qué haré yo con esta espada« (Madrid/Tokio) – auf Basis von           right-wing populists on their paths to triumph.                          suppression of social realities and, in doing so, has rendered
verführerischen wie trügerischen »Kunst des Vergessens« das              Issei Sagawas kannibalischen Mordes an seiner Mitstudentin                                                                                      an entire generation and demographic group »forgotten«.
Theater als Schauplatz der Erinnerung entgegen. Als Ort, an dem          Renée Hartevelt 1981 in Paris und den Pariser Attentaten von           Many of the FIND programme productions counter this »Art of              In »Qué haré yo con esta espada« (Madrid/Tokio) Angélica
die verdrängten Konflikte zum Ausbruch kommen – um vielleicht            2015 – den Umgang mit der Erinnerung an traumatische Gewalt            ­Forgetting« − which is as seductive as it is illusory − by making the   Liddell draws on real events and experiences – the cannibalistic
gerade dadurch einen Weg zu ihrer Überwindung zu weisen:                 aus: ihre Umsetzung in Formen der Kunst, in metaphorische               theatre an arena of remembering: a place where suppressed               1981 Paris murder of Renée Hartevelt by fellow student Issei
Anhand einer an die Figuren und Situationen Ibsens angelehnten           Formen kannibalischer Verdauung.                                        conflicts erupt − and, by doing so, can perhaps indicate a way to       Sagawa and the Paris attacks of November 2015 – in order to
Familie und ihres Ferienhauses, die zugleich zum Sinnbild                Zudem sind zwei Inszenierungen des Schaubühnen-Repertoires              overcome them. In »Ibsen Huis« (Amsterdam), Simon Stone                 explore the effects of traumatic violence: how they can be
einer gesamten auf Verdrängung und Vertuschung aufbauenden               als Teil des Programms zu sehen: »LENIN«, Milo Raus Porträt             takes the universe of a single family, based on Ibsen’s characters      transformed into art, a metaphoric form of cannibalistic digestion.
Gesellschaft wird, porträtiert Simon Stone in »Ibsen Huis«               des durch Schlaganfälle von Gedächtnisverlust gebeutelten               and situations, and their holiday home − which at the same time         Two productions from the Schaubühne repertoire are also
(Amsterdam) einen Kosmos des zugleich individuellen und kollekti­        ­Revolutionsführers; und »Rückkehr nach Reims«, Thomas                  becomes an allegory of an entire society constructed on repressi­       included in the programme: »LENIN«, Milo Rau’s portrait of the
ven Ausblendens von Wahrheit und Wirklichkeit. Eine Kunst                 ­Ostermeiers Adaption des Buchs von Didier Eribon über die             on and cover-up − and portrays a cosmos based on the deliberate         revolutionary leader stricken with memory loss by a series of
des Vergessens in Gestalt von ibsenschen Lebens­lügen, die                 im gesellschaftlichen Diskurs vergessene Arbeiterklasse und           ignorance of truth and reality, both on an individual and collective    strokes; and »Returning to Reims «, Thomas Ostermeier’s
jedoch das Gegenteil bewirkt – das schmerzhafte Aufbrechen                 sein eigenes bisheriges Verdrängen seiner Zugehörigkeit zu ihr.       level. An art of forgetting in the guise of sham existences à la        adaption of the book by Didier Eribon about the working class,
der nur oberflächlich unsichtbar gemachten Wunden. In »Saïgon«                                                                                   Ibsen which merely manages to achieve the opposite: the painful         sidelined from social discourse, and his previously suppressed
(Valence/Ho-Chi-Minh-Stadt) geht Caroline Guiela Nguyen                  Zu den internationalen Besuchern gehören insbesondere die               reopening of only superficially invisible wounds. In »Saïgon«           own membership of it.
dem Versuch der Traumabewältigung unter den vietnamesischen              etwa 80 Studierenden des Workshop-Programms FIND plus                   (Valence/Ho-Chi-Minh-City), Caroline Guiela Nguyen pursues
Exilanten Frankreichs nach – und dem zugleich dadurch ver­               aus Deutschland, Frankreich, Portugal und den USA, denen eine           the attempt by Vietnamese exiles in France to cope with their           The international visitors notably include around 80 FIND plus
ursachten kulturellen Vergessen und persönlichen Identitätsver­          Teilnahme an FIND ermöglicht wird. In Masterclasses, Work­-             trauma − and the ensuing cultural forgetting and personal loss of       workshop programme students from Germany, France,
lust. In »La Despedida« (Bogotá) führt die Gruppe Mapa Teatro            shops und Diskussionsveranstaltungen mit den teilnehmenden              identity. In »La Despedida« (Bogotá), the Mapo Teatro group             Portugal and the USA who have the opportunity to participate
vor, in welchem Maße der Friedensprozess mit der FARC-Guerilla,          Künstlerinnen und Künstlern des Festivals sowie Vorstellungs­           demonstrates the extent to which the peace process with the             in FIND. Masterclasses, workshops and panel discussions
der mit einer beidseitigen Amnestie verbunden ist, in Wahrheit           besuchen e­ ntsteht ein Dialog zwischen Theaterschaffenden von          FARC guerrillas, and its associated bilateral amnesty, is actually      with the festival’s artists and audiences create a dialogue bet­
als Vehikel einer gesellschaftlichen Amnesie dient, die sämtliche        heute und morgen.                                                       serving as a vehicle for a communal amnesia intended to wipe out        ween the theatre makers of today and tomorrow.
Reminiszenzen einer einstmals utopisch-revolutionären Idee                                                                                       the entire memory of a once revolutionarily utopian idea. In their
verwischen soll. Angesiedelt in einer Alzheimer-­P flegeklinik für       Gefördert durch                                                         first appearance in Germany, the Teatro La María group’s farce          Supported by
ehemalige Angehörige der Militärjunta, karikiert die Farce                                                                                       »El Hotel« (Santiago de Chile) is set in an Alzheimer’s care clinic
»El Hotel« (Santiago de Chile) der erstmals in Deutschland                                                                                       for former members of the military junta and caricatures the
auftretenden Gruppe Teatro La María die ebenso zynische wie                                                                                      equally cynical and hypocritical culture of forgetting that is smugly

FIND                                                                                                                                      14    FIND                                                                                                                                        15
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