SPITEX MAGAZIN - Die Spitex hat viele Leistungen aus einer Hand zu bieten
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SPITEX MAGAZIN Fachzeitschrift von Spitex Schweiz | 2 / 2021 | April/Mai FOKUS «Alles aus einer Hand» Seite 14 Die Spitex hat viele Leistungen aus einer Hand zu bieten DIENSTLEISTUNG Die Spitex hilft beim Impfen gegen Covid-19 und wird geimpft. Seite 6 GESELLSCHAFT In Nidwalden arbeiten Spitex-Mitarbeitende auch im Gefängnis. Seite 10 NETZWERK Die Publicare AG, Premiumpartnerin von Spitex Schweiz, im Porträt. Seite 36
SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI EDITORIAL 3 www.mietbetten.ch Alles aus einer Hand Die Covid-19-Pandemie beeinflusst die Arbeit der Spitex weiterhin in vielerlei Hinsicht. Seit einiger Zeit sind nun Covid-19-Impfstoffe rationiert ver- fügbar – und viele Spitex-Mitarbeitende helfen bei der Eindämmung der Pandemie auch noch dadurch mit, dass sie vor allem Risikopersonen impfen. Mancherorts hat sich das Spitex-Personal bereits impfen können. Wir motivieren Sie, von diesen Gelegenheiten Gebrauch zu machen (vgl. S. 6). 5 AUFTAKT Der Fokusteil dieser Ausgabe befasst sich mit einem zuneh- menden Anspruch an die Spitex: Sie soll «alles aus einer Hand» Vertrauen Sie uns und wir finden den Weg zu Ihnen. Embru-Werke AG T +41 55 251 12 55 DIENSTLEISTUNG Bettenfachgeschäft Rapperswilerstrasse 33 F +41 55 251 19 49 bfg@embru.ch 6 Die Spitex impft und wird geimpft anbieten, damit ihre Klientinnen und Klienten rundum versorgt Pflegebett-Mietservice einfach gemacht. CH-8630 Rüti ZH www.embru.ch sind, ohne sich an verschiedene Leistungserbringer wenden GESELLSCHAFT 10 Spitex Nidwalden arbeitet im Gefängnis zu müssen. Darüber, wie die Spitex diesem Anspruch gerecht werden kann, spricht einleitend Gabriele Balestra, Vizepräsident 14 FOKUS «Alles aus einer Hand» 15 Einführung ins Thema «Alles aus einer Hand» von Spitex Schweiz. Auch wird am Beispiel der Hauswirtschaft 19 Umfassende Bedarfsabklärung aus einer Hand aufgezeigt, wie die Spitex entscheiden kann, welche Leistungen 22 Hauswirtschaftliche Leistungen im Fokus sie selbst ausführen soll. Und es wird beleuchtet, wie Fusionen «Dank MediData werden 26 Die Fusion in St. Gallen: Steinig, aber lohnenswert 32 Kooperationen helfen, Palliative Care anzubieten und Kooperationen dazu beitragen, dass die Spitex «alles aus unsere Rechnungen viel schneller einer Hand» anbieten kann. Für das Frontbild und die Fotos im bezahlt und wir sparen jeden NETZWERK Fokusteil, die unterschiedliche mögliche Spitex-Leistungen 36 Ein Blick hinter die Kulissen der Publicare AG Monat Hunderte von Franken 40 Studie fokussiert Aggressionen im Spitex-Alltag darstellen, haben sich Mitarbeitende der Spitex Zürich zur Ver- beim Rechnungsversand.» fügung gestellt, wofür wir ihnen herzlich danken. DIALOG 46 «5 Fragen» an Michèle Meier, Köchin des Jahres Im Weiteren wird die Publicare AG, die neue Premiumpart- Möchten Sie Ihre Leistungsabrechnungen 47 DIE LETZTE nerin von Spitex Schweiz, vorgestellt. Es wird über die Arbeit auch weiterhin elektronisch übermitteln? der Spitex Nidwalden im Gefängnis berichtet, über Aggres Dann wechseln Sie jetzt von MediPort aufs sionen im Spitex-Alltag – und «Köchin des Jahres» Michèle neue MediData-Netz und profitieren von Titelseite: Mitarbeitende der Spitex Zürich repräsentieren Leis- vielen Vorteilen! tungen, welche die Spitex (teilweise) aus einer Hand anbietet: Meier stellt sich den «5 Fragen» des Spitex Magazins. Nachtdienst, Wundberatung, Hauswirtschaft, Pflege, Demenz- Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre, gute Gesundheit Die Übermittlung der Bedarfsmeldung gemäss beratung, Fahrdienst, Mahlzeitendienst, Koordination, Ein- Forum Datenaustausch ist möglich. Jetzt kaufsdienst, Aktivierung, psychosoziale Spitex, Palliative Care. und weiterhin viel Energie gegen das Virus. aufs neue Bilder: Leo Wyden; Collage: POMCANYS Marketing AG MediData-Netz Die Fotos sind unter Einhaltung der Corona-Sicherheitsmassnahmen entstanden. Thomas Heiniger, Präsident Spitex Schweiz wechseln! www.medidata.ch Smart, nützlich, gratis. Die Spitex Magazin-App mit neuen Informiert sein und mitreden: Funktionen für Ihr Smartphone oder Tablet. facebook.com/SpitexSchweiz
4 PUBLIREPORTAGE SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI AUFTAKT 5 Spitex Kanton Zug: Gesunde IT-Infrastruktur Indirekter Gegenvorschlag zur für eine innovative Pflegeorganisation Pflegeinitiative angenommen Die Spitex Kanton Zug lagert ihre IT-Infrastruktur an die Infoniqa SQL AG aus. Dank Managed Services aus dem Schweizer Rechenzentrum der Infoniqa profitiert die Pflegeorganisation von höchster Verfüg- Die Verbände der Leistungserbringer begrüssen den vom Parlament verabschie- barkeit und Skalierung ihrer IT-Umgebung bei gleichzeitiger Sicherheit. deten indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative: Ein Kompromiss in letzter Minute hat einer substanziellen Vorlage zum Durchbruch verholfen. Sicherheit ist für die Spitex Kanton Zug SQL AG. Carina Brüngger resümiert: Red. Der indirekte Gegenvorschlag zur Volks- den. Hintergrund des Kompromisses war eine te Gegenvorschlag nimmt berechtigte An- zentral, arbeitet sie doch mit «Die Offerte war stimmig, das initiative «Für eine starke Pflege» (Pflegeini Annäherung der beiden Kammern: Mit der liegen der Pflegeinitiative auf, hat aber den hochsensiblen, personenbezogenen Preisleistungsverhältnis hat uns tiative) ist vom Parlament angenommen Verpflichtung aller Kantone zu Weiterbil- Vorteil, dass seine Umsetzung rascher er- Daten aus dem Gesundheitswesen. überzeugt und nicht zuletzt waren die worden. Lange hatte es allerdings nach einer dungsbeiträgen («Muss»-Formulierung) und folgen kann und die wichtigen Pfeiler ein- Meinrad Häusler, Leiter IT Spitex Kanton Referenzen sehr gut.» Pattsituation zwischen den beiden Parla- der Kompetenzerweiterung des Pflegefachper- geschlagen worden sind. Ein grosser Dank Zug, führt aus: «Wir sind ein kleines IT- mentskammern ausgesehen, aber dann sonals ohne Vereinbarung mit den Versiche- gilt Ständerat Erich Ettlin und weiteren Team und ein Ausfall - personell oder der Sie fügt weitere positive Aspekte hinzu: einigten sie sich in der Frühlingssession auf rern wurde den Forderungen der grossen Kam- konsensorientierten Mitgliedern des Parla- Infrastruktur - hätte massive Folgen.» «Die Infoniqa ist ein Schweizer Antrag der Einigungskonferenz doch auf ei- mer Rechnung getragen. Um die von der ments, die den Weg dazu geebnet haben. Unternehmen, das von den Inhabern nen soliden Kompromiss. Dieser war wesent- kleinen Kammer befürchtete ungerechtfertig- Geebnet wurde aus Sicht der Arbeitge- Rund 260 Mitarbeitende der geführt wird. Die Infoniqa hat unsere lich auch von Erich Ettlin, Vorstandsmitglied te Mengenausweitung zu vermeiden, sollen in berverbände damit auch der Weg zum Pflegeorganisation nutzen 220 mobile Bedürfnisse verstanden.» von Spitex Schweiz, im Ständerat einge- den Administrativverträgen zwischen den Ver- Rückzug der Pflegeinitiative. Das Initiativ- Geräte sowie 150 Notebooks und PCs. bracht worden – und wurde am 19. März 2021 bänden der Leistungserbringer und den Ver- komitee muss dies aber nicht sofort ent- Carina Brüngger, Geschäftsführerin der Im Rahmen des Fünf-Jahres Outsourcing- von Ständerat (43:0 Stimmen) und National- bänden der Krankenversicherer entsprechen- scheiden, denn der Ständerat wird in der Spitex Kanton Zug, ergänzt: «Unsere Vertrages zeichnet die Infoniqa rat (195:1 Stimmen) klar angenommen. de Kontrollmechanismen verankert werden. Sommersession noch formell über die Ini- Infrastruktur wurde von einem kleinen verantwortlich für den Betrieb der IT- Kern der Vorlage bilden eine Ausbildungs- tiative abstimmen. Der Schweizer Berufs- Team intern betreut. Ein Abgang liess uns Infrastruktur und garantiert dabei der offensive und die Kompetenzerweiterung des Unklar, ob Initiative zurückgezogen wird verband der Pflegefachfrauen und Pflege- unsere Strategie überdenken. Wir wollten Spitex Kanton Zug mit ihrem Pflegepersonals. Damit sollen der sich in den Die Arbeitgeberverbände der Pflege be- fachmänner (SBK) schreibt in einer wie erwähnt die Sicherheit erhöhen.» «Infrastructure as a Service» die Meinrad Häusler, Leiter IT Spitex Kanton nächsten Jahren akzentuierende Fachkräfte- grüssen dieses Zeichen zur raschen Stär- Medienmitteilung, dass das Initiativkomi- Verfügbarkeit und Skalierbarkeit ihrer IT- Zug, freut sich: «Wir haben nun eine mangel behoben, die Rahmenbedingungen der kung der Pflege und sind überzeugt, dass tee im Juni entscheide, ob es an der Initia- Hohe Datenschutzanforderungen Umgebung. Infoniqa verantwortet zudem 24-Stunden-Abdeckung. Ein Ausfall wird Pflege verbessert und dem Beruf die gebüh- mit dem Vorschlag der bestmögliche Kom- tive festhält und sie zur Volksabstimmung Die Spitex Kanton Zug entschied sich für den Netzwerk-Betrieb an den insgesamt sofort aufgefangen und das Wissen ist rende Anerkennung entgegengebracht wer- promiss gefunden worden ist. Der indirek- bringt – oder sie zurückzieht. ein Outsourcing der IT-Infrastruktur. Im fünf Standorten der Spitex. Der Managed auf mehrere Personen verteilt.» Pflichtenheft für die Auslagerung standen Service wird im Schweizer die hohen Datenschutzanforderungen Rechenzentrum der Infoniqa betrieben Die Vorteile liegen auf der Hand: des Gesundheitswesens, welche und ermöglicht der Spitex Kanton Zug Vielfältiger Tag der Kranken enten am Tag der komplett erfüllt werden mussten, ganz eine zukunftsgerichtete und sichere • Sicherheit Kranken ein klei- oben. Weitere Vorgaben waren die IT Plattform. • Erfüllung aller Datenschutzvorgaben Red. «Verletzlich, aber stark» lautete das nes Geschenk – 24/7-Verfügbarkeit sowie eine nahtlose • Verfügbarkeit Motto vom «Tag der Kranken» am 7. März dieses Jahr war es Skalierung der Umgebung. Dabei wird auch der Datenschutz • Skalierbarkeit 2021. Zwar waren die sonst so beliebten Ver- eine Spitex-Trinkfla- gewährleistet, welcher eine grosse • Zukunftsgerichtete Plattform anstaltungen und Konzerte wegen der Pande- sche, wie die Organi- Nach der Prüfung verschiedener Offerten Vertrauensbasis gegenüber den • Managed Service im Schweizer mie nicht möglich, aber es gab trotzdem sation schreibt: «Ein entschied man sich bei der Spitex Kanton Kundinnen und Kunden der Spitex Rechenzentrum schweizweit über 80 Aktionen. So führten Geschenk, das ihnen Zug für Managed Services der Infoniqa Kanton Zug darstellt. Als ISO 27001 Spitex-Organisationen Geschenkaktionen hoffentlich eine kleine zertifiziertes Unternehmen hat die durch, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Freude in den Alltag Informationssicherheit für die Infoniqa Bleiben auch Sie mit Ihren Schweizerischen Roten Kreuz. Einige Aktionen bringt.» höchste Priorität. IT Infrastruktur-Ressourcen flexibel riefen der Verein «Tag der Kranken», dessen Infoniqa SQL AG und On-Demand. Dank den Managed Mitglieder und zugewandte Organisationen Claude Alain Di Gianvittorio IT-Kompetenz seit 1988 Services der Infoniqa SQL AG. auch selbst ins Leben: eine Postkartenaktion (Foto links, links) und Hansruedi Fritscher Baarermattstrasse 10, 6340 Baar ZG zum Beispiel oder ein klassisches Online-Kon- erhalten von der Spitex Biel-Bienne Tel: 041 768 40 40 | www.infoniqa.ch zert. Seit über 15 Jahren überreicht die Spitex Regio eine Spitex-Trinkflasche. Biel-Bienne Regio ihren Klientinnen und Kli- Bilder: Spitex Biel-Bienne Regio
6 DIENSTLEISTUNG SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI DIENSTLEISTUNG 7 ist wichtig für das gesamte Gesundheitssystem der Schweiz, Spitex-Organisation ein grosses Interesse, dass eine mög- weil man damit nun eine Möglichkeit hat, Covid-19- lichst grosse Anzahl Mitarbeitende geimpft und dadurch ge- Erkrankungen, lange anhaltende Gesundheitseinschränkun- schützt sind. Ende Dezember haben wir ein umfassendes gen nach einer Covid-19-Erkrankung (’long covid’) und auch Dossier zum Thema zusammengestellt und auf dem Intra- Todesfälle zu verhindern», betont sie. «Sobald viele Perso- net veröffentlicht. Unsere Mitarbeitenden haben eine Zeit- nen geimpft sind, können die strengen Sicherheitsmassnah- gutschrift erhalten, um diese Unterlagen sorgfältig zu stu- men gelockert werden, da weniger Personen an Covid-19 dieren und als Entscheidungsgrundlage zu nutzen.» Er hofft, erkranken und die wenigen dass sich die Zahl der Patientinnen und Patienten in Spitälern oder zu Hause «Wichtig sind ein einfaches Geimpften bei der Spitex Nidwalden noch erhöht. behandelt werden können. Anmeldeprozedere und dass «Unser Ziel wären 60 Pro- Damit wird das Gesund- zent der Mitarbeitenden. heitswesen entlastet.» Die Impfungen während der Wir gehen in einem Szenario Lockerung der Massnahmen davon aus, dass uns im Som- sei wichtig, da schon jetzt Arbeitszeit möglich sind.» mer eine weitere Welle er- neben gravierenden Ursula Zybach, u.a. Vorstandsmitglied Spitex Schweiz reichen könnte und dass uns Larissa Häfliger, Spitex Nidwalden, finanziellen Auswirkungen dann eine grosse Zahl nicht impft ihre Arbeitskollegin Jasmin für Unternehmer und deren Angestellte sowie den Staat geimpfter Mitarbeiter wegbrechen könnte. Diese wenig er- Steinegger Bild: Spitex Nidwalden auch soziale und gesundheitliche Probleme sichtbar würden freulichen Annahmen sind wegen der grösseren Ansteckung – wie psychische Erkrankungen, häusliche Gewalt, Suchtver- bei den mutierten Virusvarianten leider nicht undenkbar – halten, fehlende Bewegung, aber auch lückenhafte Ausbil- und um den Betrieb dann aufrechterhalten zu können, Spitex-Mitarbeitende dungen und fehlende berufliche Perspektiven. bräuchten wir die 60-Prozent-Quote.» Sanktionen gegen Mitarbeitende, die sich nicht impfen lassen, gebe es keine. werden geimpft und impfen Spitex-Personal wird geimpft – freiwillig! «Wenn es aber möglich wird, führen wir Lockerungen der Walter Wyrsch, Geschäftsführer der Spitex Nidwalden, be- Massnahmen für geimpfte Mitarbeitende ein.» tont die Verantwortung einer Spitex-Organisation für ihre Mitarbeitenden: «Wir pflegen seit März 2020 konstant zwei Impfen – ein solidarischer Akt? bis drei Covid-19-Patienten, und gleichzeitig leisten unsere Auch Ursula Zybach erachtet es als wichtig, dass Spitex- Die Organisation der Covid-19-Impfung obliegt den Kantonen. Entsprechend unter- Mitarbeitenden laufend Einsätze bei Personen, die auf ein Organisationen ihre Verantwortung den Mitarbeitenden ge- Testergebnis warten oder in Quarantäne sind. Dadurch sind genüber wahrnehmen und gute Rahmenbedingungen für die schiedlich ist der Stand der Umsetzung. Im Folgenden wird am Beispiel Nidwalden unsere Mitarbeitenden exponiert und ich sehe es als unse- Impfungen schaffen. «Das bedeutet ein einfaches Anmeldepro- aufgezeigt, wie das Spitex-Personal geimpft wird. Eine Public-Health-Spezialistin re Aufgabe an, alles zu ihrem Schutz zu unternehmen.» Dann zedere und dass Impfungen während der Arbeitszeit ermöglicht blickt Walter Wyrsch auf die Impfaktionen für seine Mitar- werden.» Sie ist überzeugt, dass diese Faktoren dazu beitragen umreisst die Bedeutung der Impfung für das gesamte Gesundheitswesen. Und es wird beitenden zurück, bei welchen der Impfstoff von Moderna können, die Impfbereitschaft beim Personal zu erhöhen. Und berichtet, wie die Spitex in den Kantonen Genf und Waadt beim Impfen zu Hause hilft. zum Einsatz kam: «Ende Dezember haben wir die Anmelde- sie geht davon aus, dass «Spitex-Mitarbeitende die grossen möglichkeit eröffnet. Diese wurde relativ rasch genutzt und Risiken einer Covid-19-Erkrankung und deren mögliche Folgen 40 Prozent der Mitarbeitenden meldeten sich für die Imp- kennen und einschätzen können, wie sicher eine Impfung ist, Der Bund verteilt die Covid-19-Impfdosen gemäss einem auf und Klienten – häufig Risikopersonen – ebenfalls prioritär fung an.» Die ersten Mitarbeitenden erhielten am 22. Janu- die von Swissmedic zugelassen wurde.» Gemäss jetzigem Wis- Bevölkerungszahl und -struktur beruhenden Verteilschlüssel geimpft wird. Die EKIF antwortete, dass es erfolgversprechend ar im Rahmen einer Impfaktion in einer Alterssiedlung über- an die Kantone. Voraussetzung für die Umsetzung der Impf- sein könnte, wenn die Spitex-Kantonalverbände direkt bei ih- zählige Impfdosen. Am 3. Februar wurden 30 weitere strategie durch die Kantone ist, dass genügend Impfdosen ren kantonalen Krisenorganisationen für eine höhere Impf- Mitarbeitende erstmals geimpft, wobei man wegen Impf- Ein Online-Modul zur Covid-19-Impfung zur Verfügung stehen, Impfkonzepte erstellt sind und die priorität des Spitex-Personals einstünden. In einigen Kanto- stoff-Mangels priorisieren musste: «Wir gingen nach dem Covid-19-Impfstoffe erfordern eine sehr spezifische Schulung hinsicht- Impflogistik aufgegleist ist. Das Bundesamt für Gesundheit nen zeigten diese Vorstösse Wirkung – inzwischen gibt die Pensum vor», erläutert Walter Wyrsch. Am 3. März erhielt lich der Lagerung, des Transports oder auch der Übertragung der Flüs- (BAG) und die Eidgenössische Kommission für Impffragen schweizweite Impfpraxis ein heterogenes Bild ab: In einigen diese Gruppe die zweite Impfung; gleichentags wurden 30 sigkeit in die Spritze. Darum haben die Genfer Spitex-Organisation imad (EKIF) hatten gemäss ihrem Dokument «Covid-19-Impfung kleineren Kantonen konnte sich das impfwillige Spitex-Per- weitere Personen zum ersten Mal und am 31. März zum zwei- und das Genfer Universitätsspital gemeinsam ein Online-Modul zu den von Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt und Betreu- sonal bereits beide Impfdosen verabreichen lassen. In Zürich ten Mal geimpft. Walter Wyrsch bezeichnet diese Impfakti- Impfstoffen von Pfizer/BioNtech und Moderna entwickelt. Es richtet ungspersonal von besonders gefährdeten Personen» dem hingegen, dem bevölkerungsreichsten Kanton, bietet sich onen als «logistische Herausforderung», für die sehr grosse sich an Gesundheitsfachpersonal und ist in Französisch kostenlos auf der Spitex-Personal eine tiefere Impfpriorität zugewiesen als dem impfbereiten Spitex-Personal frühestens ab Mitte April Räumlichkeiten und genügend Parkplätze benötigt wurden. E-Learning-Plattform für Covid-19 verfügbar. Das interaktive Modul dem Personal von Spitälern und Heimen. Spitex Schweiz un- die Gelegenheit zur Impfung [Stand Artikel: 30.03.2021]. Die Impfungen fanden schliesslich in einem unentgeltlich widmet sich den drei Schritten Entgegennehmen und Vorbereitung des terstützt die Impfkampagne des BAG und begrüsst es, dass Ursula Zybach, Präsidentin von Public Health Schweiz, zur Verfügung gestellten Pfarreizentrum statt. Kits, Vorbereitung der Dosen sowie Verabreichung. Es wird durch ein das Spitex-Personal sich impfen lässt. Deshalb intervenierte Berner Grossrätin, Präsidentin des Spitex-Kantonalverban- Dabei gilt stets: Eine Impfung ist und bleibt freiwillig. «Die Quiz abgeschlossen. Den Link zum Modul gibt es unter www.imad-ge.ch/ der Dachverband und forderte, dass das Spitex-Personal auf- des Bern und Vorstandsmitglied von Spitex Schweiz, be- Impfung ist ein Entscheid, den jede und jeder für sich fällen vaccination-covid-19-imad-lance-une-nouvelle-formation-en-ligne grund der Nähe und des täglichen Kontakts zu Klientinnen leuchtet das Impfen aus Public-Health-Sicht. «Die Impfung muss», bestätigt Walter Wyrsch. «Dennoch haben wir als
SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI DIENSTLEISTUNG 9 sensstand ist erwiesen, dass man mit der Impfung primär sich mit der Impfung von immobilen Personen im Alter von 65 bis CAS Teamleiterin/Teamleiter selbst schützt. Erste Daten deuten zudem darauf hin, dass 74 Jahren sowie von immobilen P ersonen unter 65 Jahren, de- im Gesundheitswesen Geimpfte auch andere schützen, was aber noch nicht umfas- ren Vulnerabilität von einem Attest bescheinigt wird. Start: 23. September 2021 send belegt ist. Ursula Zybach ist überzeugt, dass die Impfung Im Kanton Waadt wurde die Spitex-Organisation Avasad WEITER Mehr unter: www.stadt-zuerich.ch/sgz in jedem Fall auch ein solidarischer Akt ist: «Es gibt weniger (Association vaudoise d’aide et de soins à domicile) mit ihren Ausfälle wegen Erkrankungen an Covid-19 und damit eine 49 sozialmedizinischen Zentren (SMZ) in das kantonale Impf- KOMMEN Wir bilden. Karrieren. SGZ Campus tiefere Gesamtbelastung des Teams. Zudem wird es früher programm integriert. Die SMZ kontaktierten 24 000 Personen, möglich sein, die strengen Massnahmen zu lockern. Und «Unsere Mitarbeitenden die Pflege und Unterstützung zu Hause erhalten, um zu er- allenfalls werden die Studien mitteln, wer für eine Impfung 2020113-SGZ Anzeige Spitex Mag_184 x 61.indd 1 16.03.2021 14:01:23 eben doch zeigen, dass man sind stolz darauf, an dieser zu Hause infrage kommt. auch andere vor der Erkran- AVASAD bildete daraufhin Nationale «Demenzprävention: Möglichkeiten und Grenzen» kung schützt, wenn man sich Impfaktion teilzunehmen.» 23 mobile Impfteams: Vor Demenzkonferenz Erweitern Sie mit uns Ihr Wissen. impfen lässt.» Olivier Perrier-Gros-Claude, imad Ort arbeiteten die Mitarbei- 29. April 2021 Online Spitex Schweiz erinnert tenden der SMZ in Zweier- Können wir Demenz verhindern? Wie lässt sich das Risiko mindern, an Alzheimer oder an einer anderen Demenz- daran, dass immobile Personen in der Impfstrategie nicht gruppen mit dem Personal des Zivilschutzes zusammen, um form zu erkranken? Was hat sich in der Behandlung von Demenzerkrankungen vergessen gehen dürfen. Sie sollen sich zu Hause impfen las- ein hohes Mass an Sicherheit zu gewährleisten. «Der Wunsch bewährt? Wo besteht Handlungsbedarf? Diesen und vielen Fragen mehr gehen sen können. In einigen Kantonen verabreichen mobile Impf- des Kantons, den Impfstoff bis ins Zuhause der Menschen zu ausgewiesene Expert*innen an der ersten Nationalen Demenzkonferenz nach. teams den impfbereiten Bewohnerinnen und Bewohnern bringen, hat alle Fachpersonen im System motiviert und sie von Alters- und Pflegeheimen sowie immobilen Personen zu waren mit Begeisterung an dieser besonderen Aktion betei- Referierende, Programm und Anmeldung unter: demenz-konferenz.ch Hause die Impfung. «Für all diejenigen, die sich noch ein we- ligt», sagt Susana Garcia, Geschäftsführerin von AVASAD. Bis nig bewegen können, gibt es zudem einfache u nterstützende zum 25. März hatten fast 2050 Klientinnen und Klienten mit Massnahmen wie etwa den Fahrdienst des Roten Kreuzes», Mobilitätseinschränkungen die erste Dosis des Impfstoffs er- © Hop’Toys ergänzt Ursula Zybach. halten und fast 700 die zweite Dosis. Laut Blandine Strub, Spi- tex-Beraterin und Koordinatorin der Impfkampagne zu Hause, Die Spitex impft auch zu Hause bringen die geimpften Personen viel Dankbarkeit für diese kan- Auch die Spitex selbst hilft beim Impfen mit: In den Kanto- tonale Dienstleistung zum Ausdruck. «Sie empfangen die Impf- nen Genf und Waadt werden seit Mitte Februar die beson- teams geradezu ’königlich’», sagt sie. ders vulnerablen Klientinnen und Klienten der Spitex mit star- ken Mobilitätseinschränkungen, die über 75 Jahre sind, zu Francesca Heiniger, Flora Guéry Hause geimpft. Am 16. Februar 2021 hat das mobile Team der Genfer Spitex-Organisation imad (institution genevoise Drei Spitex-Mitarbeiterinnen der Spitex am Puls, Villmergen, de maintien à domicile) im Rahmen eines Pilotprojekts in Zu- und der Spitex Muri (beide AG) erzählen im «peer-to-peer»- sammenarbeit mit dem Genfer Universitätsspital (HUG) den Video des BAG, weshalb sie sich impfen lassen. Das Video ersten 86-jährigen Klienten zu Hause geimpft. Das Projekt, ist ab 16.4.2021 auf der Website des BAG und der Website Wir bringen Leben in Ihre Vorsorge bei dem schlussendlich 30 gefährdete Klienten von imad von S pitex Schweiz aufgeschaltet. geimpft wurden, war erfolgreich. «Die Klientinnen und Klien- ten sind dankbar, dass imad die Schwierigkeiten berücksich- Anzeige Als Spezialist für die Vorsorgebedürfnisse des schweizerischen tigt, die mit ihrer individuellen Situation verbunden sind und Gesundheitswesens bietet die SHP für jedes in diesem Bereich tätige die es ihnen nicht erlauben, die Impfung in einem dafür ein- Unternehmen, von Einzelfirmen bis zu Institutionen mit einigen hundert SAVE THE DATE! gerichteten Zentrum zu erhalten», erklärt Olivier Per- Versicherten, intelligente und preisgünstige Vorsorgekonzepte. rier-Gros-Claude, Einsatzleiter bei imad. Das Feedback aus dem Feld sei «sehr positiv»: «Unsere Mitarbeitenden sind Sie möchten Ihre berufliche Vorsorge optimieren? Fachsymposium Palliative Care stolz darauf, an dieser Aktion teilzunehmen. Derzeit sind 14 Dann kontaktieren Sie unsere Experten für ein kostenloses von ihnen bezüglich der Besonderheiten des Impfstoffs ge- «Schmerz lass nach …» und unverbindliches Beratungsgespräch. schult worden und führen die Impfung zu Hause durch.» Schmerzen in der Palliative Care – Letztendlich soll das Team um zehn weitere Pflegefachperso- Interdisziplinär und interprofessionell betrachtet nen ergänzt werden. «Bis zum 19. März haben unsere Teams 1035 Menschen geimpft», berichtet er. «Zuvor mussten wir 19. August 2021, 09.00 – 17.00 Auditorium M. E. Müller, Inselspital, Bern uns in sehr kurzer Zeit an die mit dem Impfstoff verbundenen Vorgaben anpassen und standen vor enormen logistischen, Weitere Informationen finden Sie unter: Pensionskasse SHP, Kronenplatz 1, 8953 Dietikon, Telefon 044 268 90 60, www.pkshp.ch menschlichen und organisatorischen Herausforderungen.» www.palliativzentrum.insel.ch, www.palliativebern.ch Ein neues Team namens «Vaccimad» beginnt am 12. April
10 GESELLSCHAFT SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI GESELLSCHAFT 11 punkt steht ein Mensch, der im Moment eingeschränkt in seiner Freiheit und seiner Entscheidungs- und Handlungs- kompetenz ist und ein medizinisches Anliegen hat. «Seit- dem ich hier bin, schlafe ich schlecht», sagt Martin B., blickt zu Boden und presst die Lippen aufeinander. Beim Zuhören registriert Monika Lüthi seine Nervosität, seine innere Un- ruhe. Die erfahrene Psychiatriefachfrau hört genau hin, als er seine psychische Situation schildert. Dabei wirkt sie freundlich und fürsorglich. Schliesslich sagt sie: «Ich schla- ge vor, dass Sie heute Nachmittag mit dem Gefängnisarzt reden. Wenn es für Sie so recht ist, hole ich Sie um 13.30 Uhr in der Zelle ab und bringe sie zum Arztzimmer. Ist das für Sie so in Ordnung?» Martin B. nickt. So kam es zur Zusammenarbeit Spitex-Mitarbeiterin Monika Lüthi und Stephan Rohr, Leiter des Untersuchungs- Seit 2012 arbeitet der diplomierte Justizvollzugsexperte Stephan Rohr im Untersuchungs- und Strafgefängnis Nid- «Wenn man direkt und klar «Überall für alle»: kommuniziert, herrscht und Strafgefängnisses Nidwalden, walden. Als er 2017 die Leitung übernahm, machte er sich im Gespräch. Bilder: Beatrix Bächtold Gedanken, wie man die Gesundheitsversorgung der Insassen trotz den speziellen Spitex Nidwalden arbeitet optimieren könnte. Grosse Gefängnisse verfügen immer über einen eigenen Gesundheitsdienst. Im relativ kleinen Unter- suchungs- und Strafgefängnis Stans mit seinen maximal Bedingungen Respekt und auch im Gefängnis 24 Plätzen richteten zum damaligen Zeitpunkt die Mitarbei- tenden die Medikamente, führten die Triage durch und assis- Anstand.» tierten dem Gefängnisarzt bei der Behandlung. «Aber irgend- Stephan Rohr, Gefängnisleiter wie passte das mit der Aufgabenzuteilung eines Betreuers nicht zusammen. Schliesslich hat ja auch der Insasse ein Und so können in der Regel auch die Spitex-Mitarbeiterinnen Seit Oktober 2019 ist die Spitex Nidwalden, gestützt auf eine Leistungs Recht auf das Arztgeheimnis», sagt der 40-Jährige. Schon mit dem Insassen allein im Raum sein. «Wenn wir allerdings seit Jahren bestand eine Zusammenarbeit mit der Spitex in von uns aus merken, dass eine Person labil ist und eine ge- vereinbarung mit dem Kanton, fester und geschätzter Bestandteil der Pflege, denn vor allem die Insassen aus der Drogenszene wisse Gefährdung möglich ist, begleiten wir die Spitex-Mit- des medizinischen Alltags im Untersuchungs- und Strafgefängnis Stans. haben offene Wunden und benötigen fast täglich eine Wund- arbeiterin», erklärt Stephan Rohr. Doch an diesem Diens- behandlung. «Wir haben immer gute Erfahrungen mit der tagvormittag scheint dies nicht der Fall zu sein. Spitex gemacht. Und so kam uns sofort die Spitex Nidwal- Die kühle, klare Luft macht an diesem Dienstagmorgen Hoff- beitete danach wieder in der Akutpsychiatrie. Seit 2014 ist den in den Sinn. Sie erschien uns als diejenige Organisation, Abgrenzung schafft Klarheit nung auf einen neuen guten Tag. Als die Sonne hinter den Ber- sie im Team der Spitex Nidwalden für die ambulante Psych- die uns am besten unterstützen kann und die besten Dienst- Bernhard U. sagt «Grüezi», als er das Arztzimmer betritt. So- gen hervorblitzt, fährt Spitex-Mitarbeiterin Monika Lüthi vor iatrie zuständig. «Mich interessieren die Hintergründe. Was leitungen erbringt», berichtet er und erklärt dann den neu fort beginnt er von den Schmerzen im Unterschenkel zu er- dem eher unscheinbaren zweistöckigen Gebäude am Ortsrand macht den Menschen aus, und was machte ihn so, wie er ist. aufgegleisten Ablauf: Einmal pro Woche kommt der Gefäng- zählen. Diese kämen periodisch einfach so, ohne besonderen von Stans vor. Sie lässt Smartphone und Tasche im Auto und Neugier ist nicht das richtige Wort – Interesse an Lebens nisarzt zur Arztvisite, zu der sich die Insassen mittels eines Anlass. «Im Moment ist es nicht nötig, dass sich der Arzt das geht zielstrebig in Richtung Portal. Drinnen begrüssen sie die geschichten trifft es besser», erklärt die 63-Jährige ihre Mo- Meldezettels anmelden können. Vormittags kommt die Spi- anschaut. Ich verordne Ihnen eine Salbe aus dem Medika- Gefängnismitarbeitenden. Schnell noch die Spitex-Schürze, tivation. Doch zurück ins Arztzimmer, wo Martin B. gegen- tex-Mitarbeiterin und prüft, ob unbedingt ein Arzt erforder- mentenschrank des Gefängnisses. Wenden Sie die Salbe das Namensschild, einen Schlüsselbund und ein Handy für den über von Monika Lüthi Platz nimmt. Der junge Mann wirkt lich ist, oder ob sie das genauso gut erledigen könnte. Dem zweimal täglich an. Falls es innerhalb von einer Woche nicht internen Gebrauch gefasst – und schon gehts weiter ins Arzt- verstört. Seit zwei Tagen ist er in Untersuchungshaft. So Arzt übermittelt sie dann eine Liste der Patienten und deren besser wird, melden Sie sich einfach wieder», schlägt Moni- zimmer. Gleich wird ihr ein Gefängnismitarbeiter den ersten heisst die Zwangsmassnahme, welche die Staatsanwalt- Anliegen, damit er sich schon einmal darauf einstellen kann. ka Lüthi vor. Bernhard U. nickt, bedankt sich. Als Nächster Klienten bringen. Nennen wir ihn Martin B. schaft während einer Ermittlung beantragen kann. Obwohl «Das entlastet den Gefängnisarzt enorm», zieht er Bilanz. erscheint Kevin F. Der junge Mann ist blass. Mit zitternder bis zur Urteilsverkündung die Unschuldsvermutung gilt, ist Im Untersuchungs- und Strafgefängnis Stans leben im Stimme bittet er Monika Lüthi, seine aktuelle Dosis Metha- Ein Klient wie jeder andere Martin B. nun hinter Gittern. Entweder weil man befürch- Moment 20 Insassen im Alter von 19 bis 54 Jahren. Die De- don auf 100 Milligramm zu erhöhen. Monika Lüthi schreibt Die Spitex-Mitarbeiterin hat vorwiegend in Psychiatrien, tet, er könnte beispielsweise untertauchen oder Zeugen be- likte reichen von der nicht bezahlten Busse bis hin zum das Anliegen auf und leitet es an den Gefängnisarzt weiter. aber auch im Akutspital eine Ausbildung in der klassischen einflussen; oder auch weil die dringende Gefahr besteht, schweren Gewaltverbrechen. Am häufigsten vertreten sind Drei Klienten. Drei Schicksale. Doch der Kontakt bleibt im- psychiatrischen Krankenpflege durchlaufen. Später half sie dass eine angedrohte Straftat umgesetzt werden könnte. Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. mer sachlich, professionell. Privates ist nie ein Thema. «Im drei Jahre lang mit, im Rahmen der Schweizer Entwicklungs- Warum auch immer; die Hintergründe sind der Spitex- Stephan Rohr kennt die meisten Insassen beim Namen. «Der Gefängnis fühle ich mich sicher. Als Psychiatriefachfrau habe hilfe auf den Philippinen eine Psychiatrie aufzubauen. Nach Mitarbeiterin nicht bekannt. Für ihre Arbeit tun sie auch angemessene Umgang ist eine tägliche Herausforderung. ich gelernt, keine Berührungsängste zu haben», sagt sie. Für ihrer Rückkehr in die Schweiz übernahm sie die Pflegedienst- nichts zur Sache. Weil Martin B. für Monika Lüthi ein Klient Aber wenn man direkt und klar kommuniziert, herrscht trotz den Extremfall hat Monika Lüthi einen Notrufknopf griffbe- leitung im Alters- und Pflegeheim Ennetbürgen NW und ar- wie jeder andere ist, ist sein Delikt kein Thema. Im Mittel- den speziellen Bedingungen Respekt und Anstand», sagt er. reit. «Den musste ich aber noch nie betätigen.»
SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI GESELLSCHAFT 13 Ihr Leben. Unser Arbeits- Nur sehr selten verleihe ein Insasse seinem Unmut Aus- druck. So ein Gefühlsausbruch kann je nach Temperament modell. leise und auch etwas lautstark sein. Hinter Gittern, mit Schmerzen, Ungewissheit, Reue oder auch Zorn über die ei- genen falschen Erwartungen – das sei schon eine spezielle Situation. «Aber das geschieht immer aus der Situation heraus und richtet sich nie gegen meine Person», erklärt sie. NEU Relativ selten kommt es vor, dass ein Klient mit einem an- eer CAS Caprm deren Anliegen an Monika Lüthi gelangt – weil er zum Bei- t Develo en Pflegefachfrau/-mann HF/FH spiel ein Problem mit dem Essen oder der «Wohnsituation» Temporär. Fest. Springer. hat. Dann verweist Monika Lüthi immer konsequent auf die ion mit Pool: Wir finden für Sie In Koop erat Mitarbeitenden des Gefängnisses. «Wir sind für die Gesund- jenes Arbeitsmodell, das zu Ihrem Lebensplan passt. heit zuständig, nicht aber für den Alltag im Gefängnis. Es Neben beruflichen Heraus- muss eine Balance geben zwischen Empathie und Abgren- Coach werden forderungen bieten wir Ihnen zung. Aber das ist ja in unserem Beruf sowieso immer der attraktive Sozialleistungen, Fall», sagt sie. «Der Klient weiss das und begreift das auch, Vergünstigungen und ge- zielte Weiterbildungen. Wann sind Sie zur Stelle? sobald er spürt, dass er ernst genommen wird.» Es ist Dienstagnachmittag. Monika Lüthi öffnet die Türe «Im Gefängnis fühle ich 10-tägiger Lehrgang mit verschie- denen Konzepten, Basistheorien und zur Zelle von Martin B. «Grüezi Herr B. Wir haben ja gesagt, dass ich Sie zur Arztvisite abhole. Das ist jetzt so weit. Sie mich sicher. Als Psychiatrie- Tools für erfolgreiches Coaching. dürfen mitkommen», sagt sie. Die beiden gehen zum Arzt- fachfrau habe ich gelernt, www.careanesth.com zimmer, der Klient betritt es, Monika Lüthi wartet vor der www.coach-werden.ch T +41 44 879 79 79 Tür. Was drinnen abläuft, unterliegt dem Arztgeheimnis. keine Berührungsängste zu Monika Lüthi arbeitet bei der Spitex im 80-Prozent- Pensum. Den gelegentlichen Einsatz im Gefängnis teilt sie haben.» sich mit ihrer Spitex-Kollegin, die ebenfalls aus der Psychia Monika Lüthi, Spitex Nidwalden Partner von: trie kommt. «Psychiatrie-Pflegefachleute haben Erfahrung im Umgang mit speziellen Menschen in ausserordentlichen der Spitex ins Gefängnis. Diese haben keinen Kontakt zu den Situationen», sagt sie. Die Leistungsvereinbarung mit dem Insassen. Sie stellen lediglich die Medikamente gemäss der Kanton beinhaltet auch das Management der vom Arzt ver- Verordnung des Arztes nach dem Vieraugenprinzip für je- ordneten Medikamente. Zu diesem Zweck kommen immer den einzelnen Klienten zusammen. Diese werden dann von am Mittwochnachmittag zwei Mitarbeitende aus dem Team den Gefängnismitarbeitenden an die Insassen ausgeteilt. Vergitterte Insel im Alltag Vor ungefähr vier Jahren fragte das Gefängnis die Spitex an, ob die Bereitschaft zu einer solchen Zusammenarbeit bestün- de. «Die Geschäftsleitung arbeitete daraufhin eine Art Plan Spitex-Mitglieder aus. Unsere beiden Psychiatriefachfrauen banden wir früh in diesen Prozess mit ein. Das war eine gute Idee», erklärt Esther Unsere Produkte profitieren Christen, Bereichsleitung Pflege und Mitglied der Geschäfts- • Gratis Lieferung leitung Spitex Nidwalden. Auf Erfahrungen anderer Spitex- für Ihren Schutz • Kein Mindestbestellwert Organisationen konnte man nicht zurückgreifen, weil der iba – Ihr Partner Bei iba erhalten Sie eine grosse • Sonderkonditionen auf dem Nidwaldner Weg Pioniercharakter hatte. Die Spitex-Mitarbei- Auswahl an Hygieneprodukten gesamten iba Sortiment tenden wurden polizeilich überprüft, denn obwohl die Men- rund ums Büro zu Spitex-Vorzugskonditionen. schen in diesem Leistungsauftrag ganz normale Klienten sei- Ob Hygienemasken, Desinfektions- Bei iba nicht als en, sei das Gefängnis immer noch ein sensibler Bereich, erklärt mittel oder auch Schutzwände, Spitex-Mitglied registriert? Esther Christen. Nach fast eineinhalb Jahren zieht sie Bilanz: wir liefern Ihnen alles kostenfrei Registrieren Sie sich unter «Es läuft sehr gut. Vom Untersuchungs- und Strafgefängnis ins Büro oder in Ihr Homeoffice. www.iba.ch/spitex kommt positive Rückmeldung und auch die Mitarbeitenden fühlen sich wohl bei ihrem Auftrag. Natel abgeben und ein- fach ungestört in Ruhe arbeiten – so eine Situation gibt es bei iba | OWIBA AG | Gewerbestrasse 16 | 3065 Bolligen | Tel. 0800 32 00 32 | member@iba.ch | www.iba.ch der ‹normalen› Arbeit selten.» Eine Zelle im Untersuchungs- und Strafgefängnis. Bild: zvg Beatrix Bächtold
SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI DIENSTLEISTUNG FOKUS 15 Wer im Reisebüro eine All-inclusive-Reise bucht, geniesst die Dienstleistungen einer Fluggesellschaft und eines Taxifah- rers genauso wie diejenigen eines Hotels und eines Veran- stalters von Tagesausflügen – Kontakt hat er hierfür aller- dings nur mit dem Reisebüro, das alles organisiert. Eine solche «Reise» wird zunehmend auch von der Spitex erwartet: Kli- entinnen und Klienten wollen von ihr alle benötigten Leis- tungen der Pflege und Unterstützung «aus einer Hand» er- halten. Doch welche Leistungen sind das genau? Wie wird die Spitex zur Vollanbieterin? Und welche Vorteile bringt dies allen Involvierten? Diese Fragen erörtert das Spitex Magazin im Gespräch mit Gabriele Balestra, Direktor der Spitex von Locarno und Vizepräsident von Spitex Schweiz. «Zürcher Spitex-Mitarbeitende zeigen verschiedene Woher die Erwartungshaltung kommt mögliche Spitex-Leistungen. «Zuerst einmal ist es eine gesamtgesellschaftliche Entwick- Bilder: Leo Wyden lung, dass die Menschen zunehmend wollen, dass eine An- sprechperson alles Mögliche nach ihren Wünschen für sie or- «Wir sehen uns immer ganisiert», erklärt sich Gabriele Balestra diese Entwicklung. Der 51-jährige Volkswirtschaftler mit einem Master in Sozial- häufiger mit Anfragen und Gesundheitsmanagement ist seit gut 20 Jahren Direktor von Menschen konfrontiert, «Alles aus einer der Locarneser Spitex-Organisation ALVAD (Associazione Locarnese e Valmaggese di Assistenza e cura a Domicilio). die unsere Hilfe bei der Seit 2013 ist er zudem Vorstandsmitglied von Spitex Schweiz und amtet seit 2019 als Vizepräsident des Dachverbandes. Koordination brauchen.» «Auch die kommenden Generationen von betagten Men- Gabriele Balestra Hand» ist gefragt schen werden es gewohnt sein, aus unzähligen Angeboten ’à la carte’ auszuwählen. Und auf diese Freiheit werden sie auch Alles aus einer Hand: Spezialisierungen im Alter nicht verzichten wollen», fügt er an. Doch was genau wollen die Betroffenen von der Spitex neben Doch nicht nur die steigenden Ansprüche führen zur ver- der Grund- und Behandlungspflege aus einer Hand erhalten? mehrten Forderung, dass die Spitex alles aus einer Hand an- Erstens sind in den vergangenen Jahren spezialisierte Dienst- bieten soll. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) wird das leistungen der Spitex immer gefragter geworden – beispiels- Gesundheitssystem immer komplexer, weswegen insbeson- weise Palliative Care (siehe Seite 32), Wundberatung, psycho- dere vulnerable Personen zunehmend damit überfordert sind, soziale beziehungsweise psychiatrische Pflege oder auch Der Anspruch an die Spitex, «alles aus einer Hand» anzubieten, steigt stetig. verschiedene Leistungserbringer selbst zu organisieren und Demenzpflege. Gabriele Balestra ist überzeugt, dass diese zu koordinieren. Sie sind darum auf eine koordinierte Versor- Spezialisierungen für eine Spitex-Organisation längst ins Klientinnen und Klienten wünschen sich von ihr zunehmend nicht «nur» Grund- gung angewiesen, welche das BAG bereits 2015 zu einer Pri- Pflicht-Repertoire ihres eigenen Angebots gehören, genauso und Behandlungspflege, sondern auch Spezialdienstleistungen wie Palliative orität seiner Tätigkeit erklärt hat. Besonders auf Koordinati- wie Gesundheitsprävention oder auch das Beherrschen von on angewiesen sei die zunehmende Zahl an älteren Menschen modernen Technologien wie Sensoren, welche Kontrollen über Care, hauswirtschaftliche Leistungen, einen 24-Stunden-Service sowie betreuerische mit mehrfach chronischen Krankheiten – und besonders in Distanzen hinweg ermöglichen. «Jede Spitex-Organisation Leistungen wie Begleitdienste. Wie die Spitex mit diesem steigenden Anspruch der ambulanten Versorgung sei zunehmend die Pflege die zen- muss diese Spezialdienste früher oder später in ihr Angebot trale Ansprechpartnerin für solche Klientinnen und Klienten aufnehmen. Denn nur als Vollanbieterin dieser Leistungen umgehen und sich in Richtung Vollanbieterin entwickeln kann, wird im Einführungs und übernehme organisatorische Aufgaben für sie. «Auch bei wird sie dem Anspruch gerecht, dass die Spitex längst zum Spi- text diskutiert. Danach wird an Beispielen aufgezeigt, wie die Spitex Grenzen der ALVAD machen wir die Erfahrung, dass viele ältere Men- tal zu Hause geworden ist und dementsprechend die verschie- schen zunehmend Hilfe bei der Koordination brauchen», be- densten sowie äusserst komplexe Fälle versorgen kann.» ziehen kann bezüglich der Frage, welche Leistungen sie selbst anbieten soll. Und stätigt Gabriele Balestra. Dies sei auch damit erklärbar, dass wie Fusionen oder auch viele Kooperationen dabei helfen, dass die Spitex alles betagte Menschen hierbei immer seltener auf die Hilfe ihrer Alles aus einer Hand: Spitex rund um die Uhr Kinder zählen können – weil sie kinderlos sind, weil ihre Kin- Zweitens steigen die zeitlichen Ansprüche an die Dienstleis- aus einer Hand anzubieten vermag. Durch den ganzen Fokusteil ziehen sich die der weit weg wohnen oder weil das komplexe Gesundheits- tungen der Spitex: Ginge es nach vielen Klientinnen und Kli- Fotos von Mitarbeitende der Spitex Zürich, welche verschiedene mögliche Spitex- system auch jüngere Generationen überfordert. «Aus all die- enten, würde die Spitex auch einen Abenddienst, einen Nacht- sen Gründen sieht sich die ALVAD immer häufiger mit dienst sowie einen 24-Stunden-Pikettdienst anbieten. «Auch Leistungen darstellen. Anfragen von Menschen konfrontiert, die unsere Hilfe bei der bei dieser steigenden Nachfrage ist es wichtig, dass die Spitex Koordination für sich selbst oder ihre Angehörigen brauchen.» den Ansprüchen ihrer Klienten gerecht werden kann», sagt
16 DIENSTLEISTUNG FOKUS SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI SPITEX MAGAZIN 2 / 2021 | APRIL/MAI DIENSTLEISTUNG FOKUS 17 Gabriele Balestra. «Meiner Meinung nach kann sie hier aber tinnen und Klienten berücksichtigt. Denn dies wäre finanzi- Die Spitex als blosse Akteurin im Netzwerk Das Tessiner Modell: auch mit einer anderen Organisation zusammenarbeiten. Der ell nicht tragbar. Subventionierte Organisationen müssen Doch was, wenn die Spitex nicht die Dirigentin ist, sondern Die Nonprofit-Spitex als Koordinatorin Pikettdienst aller Tessiner Nonprofit-Spitex-Organisationen sorgfältig mit Steuergeldern umgehen», sagt er. Das bedeu- nur ein Teil des Orchesters? In manchen Kantonen prüft man wird nachts zum Beispiel von der Zentrale des Notdienstes te aber nicht, dass die Spitex es ignorieren müsse, wenn ein derzeit die Schaffung von zentralen und neutralen Dienst- Im Tessin wird aufgezeigt, wie die Nonprofit-Spitex die zentrale Rolle übernommen. Ruft ein Klient in der Nacht bei ALVAD an, wird Klient sich von ihr mehr aus einer Hand wünscht. «Sind es stellen, welche sich um die Triage aller Patienten aus einer dabei spielen kann, dass eine Klientin oder ein Klient «alles aus einer der Anruf weitergeleitet und die Mitarbeitenden der Notfall- keine absurden Forderungen, dann ist es ein grosser Mehr- Hand kümmern. «Der Aufbau von neuen solchen Strukturen Hand» erhält (vgl. auch Spitex Magazin 4/2019): Die sechs Tessiner zentrale antworten im Namen der ALVAD.» Die Mitarbeiten- wert für die Klienten, wenn die Spitex ihnen beim Finden e iner und neuen Prozessen kostet mehr Zeit und Geld, als wenn Nonprofit-Spitex-Organisationen gehören jeweils ihrer Gemeinde und den der Zentrale lösen das Problem daraufhin selbst oder Lösung für ihre Bedürfnisse hilft», sagt Gabriele Balestra. man auf bewährte setzt», kritisiert Gabriele Balestra. Zudem übernehmen in deren Leistungsauftrag die Aufgabe der Koordinatorin. alarmieren bei einem Notfall ein Ambulanzfahrzeug. Nur «Die ALVAD schneidet zum Beispiel keine Haare und unter- werde das System mit einem neuen Leistungserbringer noch Genauer erledigt die Spitex in Fällen, in denen Steuergelder für Pflege wenn das Problem zeitnah von Spitex-Mitarbeitenden gelöst sucht keine Zähne, aber sie führt eine Liste von Coiffeuren komplizierter. «Die Spitex hat bereits die Instrumente und und Unterstützung eingesetzt werden, nicht nur die Bedarfsabklä- werden muss, wecken sie einen zuvor bestimmten Spitex-Mit- und Zahnärzten, welche Hausbesuche anbieten. Diese Listen die Kompetenzen, um Koordinatorin und Planerin zu sein. rung – sie schnürt auch ein massgeschneidertes Paket aus eigenen Leis- arbeitenden. «Der Klient kann sich also rund um die Uhr an geben wir unseren Klienten oder helfen ihnen sogar dabei, Und sie hat die Erfahrung und die Nähe zu den Menschen, tungen und den Leistungen von anderen Organisationen oder Freiwilli- die ALVAD wenden. Und dennoch können unsere Mitarbei- den gewünschten Dienstleister zu organisieren.» welche für die koordinative Arbeit wichtig sind.» Im Tessin gen, um den Bedarf zu decken. Dabei achtet die Spitex darauf, wer eine tenden in den meisten Nächten ungestört schlafen», sagt Dies führe dazu, dass die Spitex trotz einem eingeschränk- übernehme eine hierfür ausgebildete Spitex-Mitarbeiterin Leistung am besten und am günstigsten übernehmen kann. Um die Zu- Gabriele Balestra. ten Leistungsangebot als Vollanbieterin betrachtet wird – weil beispielsweise die Fallführung für rund 50 Klientinnen und sammenarbeit mit privaten Organisationen zu regeln, schliesst sie mit sie den Klientinnen und Klienten zumindest aus einer Hand Klienten, deren Vertrauen sie geniesst und für die sie alles diesen Leistungsverträge ab. «Dabei entscheiden wir selbst, ob die Phi- Alles aus einer Hand: HWL und Betreuung alle möglichen Lösungen anbietet. Wichtig sei dabei aller- Nötige aus einer Hand koordiniert und organisiert. «Dieses losophie und Qualität einer Organisation unseren Ansprüchen gerecht Drittens sind auch betreuerische und damit oft nicht ver dings, dass die Spitex dem Klienten nicht alles abnehme. «Die System funktioniert sehr gut», versichert er. wird», erklärt Gabriele Balestra, Direktor der Locarneser Spitex-Organi- rechenbare Dienstleistungen zunehmend aus einer Hand be- Nonprofit-Spitex verfolgt mit all ihren Handlungen immer Manche Spitex-Organisationen scheinen sich nun aber sation ALVAD. Vor rund zehn Jahren wurde mit dem Modell gestartet. gehrt. Vor allem, weil immer mehr Menschen immer älter wer- auch ein präventives Ziel. Schlägt sie einem Klienten zum Bei- zu sagen: «Spitex, bleib bei deinen Leisten.» Sie bleiben da- Heute haben alle Nonprofit-Spitex-Organisationen einen Leistungsver- den und weniger Angehörige haben, was den Betreuungsbedarf spiel nur eine Lösung für ein Problem vor, die er selbst orga- rum bei ihrem traditionellen Angebot aus Grund- und Be- trag mit den Spitex-Organisationen Opera Prima oder Spada abge- in der Bevölkerung erhöht (vgl. Spitex Magazin 3/2020). Ent- nisieren muss, trägt sie zur Förderung oder zumindest zum handlungspflege und allenfalls Hauswirtschaft, statt immer schlossen, welche hauswirtschaftliche Leistungen für sie übernehmen. sprechend werden hauswirtschaftliche Leistungen (HWL; vgl. Erhalt seiner Selbstständigkeit bei.» mehr Leistungen anzubieten. Was bedeutet dies für ihre Die ALVAD hat bisher die meisten Verträge abgeschlossen – fünf sind Bericht S. 22) genauso immer wichtiger wie beispielsweise Zukunft? «Viele Organisationen der Pflege und Hilfe zu es. Gabriele Balestra ist sich indes sicher, dass alle Organisationen in Mahlzeitendienste, Einkaufshilfe und Fahrdienste – oder auch Die Spitex als «Dirigentin» des Netzwerks Hause haben erkannt, wie wichtig ein Angebot aus einer den kommenden Jahren weitere Kooperationen eingehen werden. sozialbetreuerische Leistungen wie Gespräche und Spielnach- Die Spitex bietet also auch durch verschiedene Kooperatio- Hand zunehmend ist. Und dass sich mit vielen bedürfnis- «Die Klienten schätzen am Modell, dass sie eine zentrale Ansprechpart- mittage, die der zunehmenden Einsamkeit in der Bevölke- nen «alles aus einer Hand» an. Sie organisiert demnach ein bezogenen Leistungen auch Geld machen lässt», sagt Gab- nerin haben, die alle Dienstleistungen aus einer Hand organisiert und rung entgegenwirken helfen (vgl. Spitex Magazin Netzwerk aus verschiedenen Leistungserbringern – und da- riele Balestra dazu. Ein Blick auf die Websites von privaten dabei auf die Qualität achtet. Zudem können wir wegen der vielen Aus- 4/2020). «Auch diese betreuerischen Dienstleistungen mit ein solches Netzwerk funktionieren kann, braucht es Spitex-Organisationen bestätigt dies: Viele von ihnen wer- wahlmöglichkeiten auch einmal auf Sonderwünsche wie bestimmte Ein- sind oft nötig, damit eine Person bei guter Lebensqua- laut BAG eine konstante zentrale Koordination. «Die Non- ben zentral damit, dass sie «wunsch- und bedürfnisbezo- satzzeiten eingehen», sagt Gabriele Balestra. Die Gemeinden könnten lität zu Hause wohnen kann», ist Gabriele Balestra über- profit-Spitex soll in diesem Netzwerk nicht nur Teil des gen alles aus einer Hand» anbieten. «Wenn eine Organisa- sich darauf verlassen, dass die Nonprofit-Spitex eine zuverlässige Koor- zeugt. Und auch diesbezüglich könne die Spitex mit Orchesters sein, sondern dessen Dirigentin», sagt Gabriele tion sich nicht dynamisch weiterentwickelt im zunehmend dinatorin ist und alle Bürger folglich gut versorgt sind – und dass sie gut anderen Organisationen oder Freiwilli- Balestra dazu. Wie es im Tessin bereits der Fall ist (vgl. Info- von Konkurrenz geprägten Spitex-Markt, dann läuft sie Ge- mit Steuergeldern haushaltet. Und die Nonprofit-Spitex könne dank des gen zusammenarbeiten, um aus einer kasten S. 17), soll sie also in der Pflege und Unterstützung fahr, dass sie immer weniger Arbeit hat.» Modells eine gewichtige Rolle im Gesundheitssystem spielen, womit Hand für die Befriedigung der Bedürf- zu Hause die Rolle der zentralen Koordinatorin übernehmen, ihre Daseinsberechtigung trotz der grossen Zahl an privaten Organisati- nisse ihrer Klienten zu sorgen. Im Tessin bei der alle Fäden zusammenlaufen. «Wichtig ist dabei, dass Vollanbieterin durch Fusion statt viele Kooperationen onen im Tessin gesichert sei. «Die Zusammenarbeit mit den von uns gebe es zum Beispiel seit einiger Zeit die sie stets im Interesse der Klientinnen und Klienten sowie kos- Gabriele Balestra ist zwar der Meinung, dass Kooperationen ausgewählten Organisationen ist sehr gut», versichert Gabriele Balestra. «Tutori di Comunità»: Diese Freiwilligen tenbewusst handelt. Sie darf also eine Leistung nur dann durchaus dabei helfen können, dass die Spitex ihren Klien- Manche Private haben den angebotenen Vertrag mit der ALVAD aber schauen einmal pro Woche bei älteren selbst ausführen, wenn günstigere Anbieter dies nicht ge- tinnen und Klienten alles aus einer Hand anzubieten vermag. auch abgelehnt. «Vielleicht brauchen sie einfach etwas Zeit, um darauf Menschen vorbei, um sie den Umgang mit nauso gut oder sogar besser können.» Das Modell «Vollanbieterin durch Kooperationen» habe zu vertrauen, dass das Modell funktioniert und dass sie ihre Selbststän- modernen Technologien zu lehren, womit die Seni- Bedingung dafür, dass die Spitex für ihre Klientinnen und aber seine Grenzen. «Eine Lösung mit vielen Kooperationen digkeit nicht verlieren.» Doch erhält die Nonprofit-Spitex durch ihre orinnen und Senioren ihre Sozialkontakte besser Klienten alles aus einer Hand organisiert, sei indes eine an- ist immer komplizierter als eine Fusion», sagt er. «Durch eine neue Rolle nicht so viele administrative Aufgaben, dass sie zur pflegen können. gemessene Entschädigung. «Unsere koordinativen Leistun- Fusion kann eine kleine Spitex-Organisation eine Grösse er- «Büro-Spitex» mutiert? «Am Anfang gab es einen grossen administrati- gen sind aber noch nicht immer und überall angemessen reichen, die es ihr erlaubt, zentrale Dienstleistungen selbst ven Aufwand. Zum Beispiel mussten wir herausfinden, wie wir die Kont- Alles aus einer Hand: Die Grenzen finanziert. Wir müssen den Krankenkassen und der öffent- anzubieten.» Sie habe zudem weitere Vorteile wie ein gros- rolle der Stunden und die Verrechnung am besten regeln», räumt Gabri- Gabriele Balestra ist weiter der Meinung, dass lichen Hand begreiflich machen, dass es sich lohnt, jetzt ses Sparpotenzial bei den administrativen Kosten (vgl. Inter- ele Balestra ein. «Im Laufe der Jahre hat sich aber vieles automatisiert, die Spitex nicht alle Leistungen selbst oder Geld für die Koordination durch die Spitex auszugeben. view S. 26). Wo die Hindernisse für eine Fusion zu hoch sind, auch dank der Digitalisierung. Jetzt ist der administrative Aufwand über- durch eine Kooperation anbieten muss. Schliess- Denn gute Koordination verhilft den Menschen nicht nur könne indes auch eine Zwischenlösung funktionieren. «Ich schaubar.» Der ALVAD-Direktor ist überzeugt, dass das Tessiner Modell lich setze sie professionelle Instrumente ein, wel- zu einer besseren Lebensqualität – langfristig spart die Ge- kann mir zum Beispiel vorstellen, dass kleine Organisatio- auch in anderen Regionen dafür sorgen könnte, dass zwischen der Non- che den Bedarf eines Klienten systematisch er- samtgesellschaft damit auch viel Geld, weil Koordination nen sich dann zumindest für äusserst wichtige Spezialleis- profit-Spitex und den privaten Spitex-Organisationen «Kooperation mitteln (vgl. Infokasten S. 19). «Es ist wichtig, zum Beispiel Doppelspurigkeiten ausmerzt und Einweisun- tungen wie Palliative Care und Psychosoziale Spitex zusam- statt Krieg» herrscht – und dass die Nonprofit-Spitex ihre Fähigkeiten dass die Spitex diesen Bedarf selbst abdeckt gen in stationäre Einrichtungen verhindert oder zumindest mentun und gemeinsame Abteilungen aufbauen. Eine solche als Koordinatorin für ihre Klienten und ihre Gemeinde einsetzen kann. und nicht einfach alle Wünsche der Klien- hinauszögert.» Teilfusion ist aber viel komplizierter als eine komplette Zu-
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