Treffpunkt campus - viel fäl tig Vom Sein und Werden - Hochschule Magdeburg-Stendal
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treffpunkt campus April 2022 Vielfalt macht (Hoch-)Schule Prof. Dr. Anne Lequy Rektorin Hochschule Magdeburg-Stendal Foto: Dawin Meckel, Agentur Ostkreuz machen! Denn auch von Ihnen, liebe Studierende, erwar- ten wir, dass Sie mitgestalten und mitbestimmen. Unser Ruf nach Partizipation und Selbstbestimmung ist im Wesentli- chen eine Forderung nach Vielfalt. Und so verstehe ich De- mokratie als Einladung, sich mit der Vielfalt an Meinungen, Standpunkten und Lebensweisen auseinanderzusetzen. Vielfalt ist ein Geschenk. Unsere Hochschule ist eine große Liebe Studierende, liebe Leserinnen und Leser, Bereicherung für eine ostdeutsche Gesellschaft, die immer noch mehr mono- als multikulturell ist. Als Projektleiterin „Vielfalt” ist nicht nur Titelthema dieses Heftes, sondern des transnationalen Bildungsprojektes German Jordanian auch ein roter Faden in meiner Arbeit als Rektorin. Zwölf University (GJU) setze ich mich dafür ein, dass die Chan- Jahre lang habe ich mich zunächst als Prorektorin und cen solcher Kooperationen stärker genutzt werden. Ich schließlich als Rektorin bemüht, zur Vielfarbigkeit unserer wünsche mir, dass unsere Hochschule und die GJU auch Hochschule beizutragen. in Zukunft Schulter an Schulter gehen, den gegenseitigen Austausch stärken und bald den ersten Joint Degree für die Vielfalt hat dabei viele Facetten. Sie ist Baustein unserer täg- Studierenden einführen. Dass Verschiedenheit eine Berei- lichen Zusammenarbeit sowie Teil unserer Überlegungen. cherung ist, zeigt auch das Projekt „Inklusive Bildung Sach- Ein wesentliches Anliegen meiner beiden Amtszeiten war sen-Anhalt“. Damit stoßen wir in vorbildlicher Weise soziale es, unsere Hochschule internationaler und interdisziplinä- Transformation an und werden unserem gesellschaftlichen rer auszurichten, um die Chancen von Vielfalt zu ergreifen. Auftrag gerecht. Besonders stolz bin ich auf zwei Studiengänge, die einen Paradigmenwechsel einläuten. Mit „Sustainable Resources, Die Hochschule Magdeburg-Stendal hat den Weg in Rich- Engineering and Management“ gibt es erstmalig einen eng- tung Vielfalt, Internationalisierung und Interdisziplinarität lischsprachigen Bachelor-Studiengang, der vermehrt inter- eingeschlagen. Sowohl für mich als auch die Hochschule nationale Studierende begrüßt und neben dem fachlichen ist nun der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel im Amt Austausch auch den kulturellen Dialog anregt. Für eine der Rektorin gekommen. Daher möchte ich mich an dieser neue Nuance in unserer Hochschulfarbpalette sorgt auch Stelle bei den vielen Menschen bedanken, die mich in den der Studiengang „Mensch-Technik-Interaktion“, Sinnbild letzten zwölf Jahren unterstützt, die vor allem aber unsere innovativer Lehre und profilgebend für unsere Hochschule. Hochschule in ihrem Veränderungsprozess begleitet haben. Die Vielfalt interdisziplinärer Zugänge zeigt sich weiterhin Das erfordert Mut zum Umdenken. Ich habe mich mit viel in der ersten gemeinsamen Professur unserer Hochschule Elan und großer Freude für Veränderung in unserer Orga- mit einer außeruniversitären Forschungseinrichtung, dem nisation eingesetzt. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem In Bewegung … Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg. ich mich selbst verändern werde – mit ebenso viel Elan und Freude. … hieß es für Studierende, die das Magdeburger Ensemble im Vielfalt fängt bei jedem einzelnen an, gelingt aber nur ge- Opernhaus auf der Bühne begleitet haben. Beim Zeichnen mit Mo- meinsam. Vielfalt zu gestalten kann anstrengend sein und Ich hoffe, dass Sie beim Lesen dieses Heftes Lust bekommen dell untersuchten sie den Kanon des Körpers, nahmen Maß, such- fordert heraus. Sie verlangt von uns, Gewohnheiten zu bre- auf mehr Vielfalt in Ihrem Leben, in und auch außerhalb ten und verglichen seine Punkte, Achsen und Strecken. Es galt, in chen und offen für Neues zu sein. Doch schließlich zeigt der Hochschule. einem lebendigen Zeichenprozess eine Vielzahl an zeichnerischen sich immer: Vielfalt lohnt sich. In ihr steckt eine enorme Wahrheiten des menschlichen Körpers abzubilden, Auge und Hand Gestaltungskraft. Der Klimaaktionsplan unserer Hochschu- Bonne lecture wünscht Ihnen von der bloßen Nachahmung der Naturformen zu emanzipieren le ist zum Beispiel ein Vorhaben, bei dem vereintes Handeln und zu vielfältigen Möglichkeiten der Interpretation zu gelangen. gefordert ist. Am Anfang dieses Vorhabens stand eine stu- Anne Lequy dentische Initiative. Möge dieses Beispiel (Hoch-)Schule Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal Gezeichnet von Jenny Resch 2 3
treffpunkt campus April 2022 Inhalt Editorial 24 42 Geste zum Amt Karrierewege DIE HOCHSCHULLEITUNG ZIEHT FASZINATION MOTOREN BILANZ 44 26 Ferndurst Eine Amtszeit geht zu Ende EINE MISCHUNG AUS GROSSSTADT EINMAL QUER ÜBER DEN CAMPUS PROF. DR. ANNE LEQUY IM GESPRÄCH UND NATUR Wir genießen das Licht – der Frühling hält Einzug 32 46 an der Hochschule und endlich sehen wir wieder Rückblick Ein belebter Campus viele Menschen über den Campus spazieren. Schon MEILENSTEINE DER AMTSZEIT MIT DEM FRÖSI im humboldtschen Sinn soll eine Hochschule ein DER REKTORIN Ort sein, der Licht hereinlässt – in Räume und 49 Herzen, um Wissen gedeihen und Visionen Wirk- lichkeit werden zu lassen. Mit dieser Ausgabe der 34 Wovon träumst du? treffpunkt campus laden wir unsere Leser:innen 5 Fragen an … NACHHALTIGKEIT MITGESTALTEN 6 DIE NEU GEWÄHLTEN DEKAN:INNEN ein, mit uns über die beiden Campus in Magdeburg Im Portrait 50 und Stendal zu spazieren und dabei zu entde- cken, wie viel Schönes, Helles und eben wie viel IN ERSTER LINIE BIN ICH MENSCH In Bewegung Vielfalt wir auf und rund um die beiden Campus METALZA – ÄHM, WIE BITTE? finden können. Wir bestaunen die kreativen Ideen 8 unserer Studierenden, die ihre Semesterarbeiten in Und neben dem Studium? 54 der Werkschau präsentierten, treffen die Bildungs- HALLO, WIR SIND DIE AG QUEER² Ideenschmiede fachkräfte Sven Gräbner und Fiene Herkula, die KREATIVES AUS DEM HÖRSAAL uns von ihrem Weg im Projekt Inklusive Bildung 10 Sachsen-Anhalt berichten und staunen über un- Kurz erklärt gewöhnliche Sportkurse.Vielleicht machen wir QUEERE WÖRTER es uns auch im wiedereröffneten Kulturkombinat Frösi mit den Mitgliedern der AG Queer2 und des Antidiskriminierungsnetzwerks Mosaik h2 gemüt- 12 lich oder aber fahren in die Altmark und genießen Netzwerk Mosaik h2 die vielfältige Kunstlandschaft, die Professor Mey DISKRIMINIERUNG – KLINGT DOOF, in seiner Ausstellung präsentiert. Auch halten IST ES AUCH wir inne, blicken zurück, um zu sehen, welchen Weg wir bereits zurückgelegt haben und schauen 14 37 gleichermaßen, was vor uns liegt. Wie bei einem Forschungsgeist Wechsel an der Spitze Spaziergang gibt es einiges zu entdecken – kleine NICHT OHNE UNS ÜBER UNS PROF. DR. MANUELA SCHWARTZ und große Geschichten, die es ermöglichen, die Schönheit und Vielseitigkeit der Hochschule Mag- IST NEUE REKTORIN deburg-Stendal zu erleben. 16 Formvielfalt 38 VIELFÄLTIGE KUNSTLANDSCHAFT Lehrende und ihre Studienanfänge 62 PROF. GILIAN GERKE Campusgeflüster Dr. Doreen Neubert 22 DANKE SAGEN Kommentar 40 VIELFALT, ANERKENNUNG Der Gegenstand 63 UND UNGLEICHHEITEN DAS NOTIZBUCH IMPRESSUM 4 5
treffpunkt campus April 2022 Im Portrait In erster Linie bin ich Mensch Sich hin und wieder unwohl im eigenen Körper zu fühlen, kennt so ziem- lich jeder Mensch. Doch wie lebt es sich in einem Körper, dessen von Geburt an zugewiesenes Geschlecht sich falsch anfühlt? „Brutal“ – sagt die Studentin Ronja und gibt einen intimen Einblick in ihr Leben. Geschrieben von Carolin Maier Fotos: Matthias Piekacz nicht zu Hause fühlen, man dagegen len“, Ronja outete sich als trans* Frau. rate ich jedem Menschen, mögliche Wi- aber etwas machen kann.“ Trotz dieses Zunächst ihrer Familie gegenüber, dann derstände in Kauf zu nehmen. Am Ende neuen Bewusstseins begann für Ronja auch innerhalb anderer wichtiger Be- lohnt es sich, das Risiko einzugehen, eine schwierige Zeit. „Das ist brutal. Du reiche ihres Lebens, des THW und der wenn du dafür ein lebenswertes Leben lebst quasi ein Leben, das nicht wirklich Freiwilligen Feuerwehr. Die Reaktionen bekommst.“ deins ist. Du bist ja schon der Mensch machen Ronja auch heute noch, ein mit deinen Vorlieben und Interessen, knappes Jahr später, ungläubig: „Es ist die du aber nicht ausleben kannst, weil paradox. Ich habe mir jahrelang den Das Leben ist schön du nicht als du selbst leben kannst. Das Kopf zerbrochen, wie die Menschen um ist im Prinzip ein blödes Schauspiel, das mich herum reagieren werden und wie Dass es in Ordnung ist, sich ins Leben zu „Was musstest du je dafür tun, eine Frau hilft beim Ausbau eines CO2-neutralen ohne eine genaue Vorstellung davon zu man für den Rest der Welt führt. Eigent- ich mit negativen Rückmeldungen um- stürzen, Interessen nachzugehen, femi- zu sein?“ Diese Frage stellt mir Ronja Mehrfamilienhauses. Zudem setzt sie haben, was genau. Mit Beginn der Pu- lich ist man Statist im eigenen Leben.“ gehen werde. Und dann kam alles ganz nin auszusehen und zu spüren, dass sich während unseres Gesprächs. Eine Ant- sich in der AG Queer² aktiv für queere bertät begann sie zu verstehen, was ihr anders. Ich erhielt von allen Menschen das Leben auch einfach mal gut anfüh- wort ist nicht nötig, denn wir beide ken- Themen an der Hochschule ein. in den nächsten Jahren bevorsteht. „Ich Zustimmung“. Danach fühlte sich Ronja len darf – das begreift Ronja erst allmäh- nen sie bereits. Ronja hingegen musste merkte, dass hier etwas gewaltig nicht „Hier ist Ronja, seid bereit, es „dem Rest der Welt“ zu sagen: lich. „Alles was jetzt passiert, körperlich einiges an Energie aufbringen, um an Statist im eigenen stimmt. Wenn ich vor dem Spiegel stand, bitte nett zu ihr“ „Ich stellte ein Foto mit dem Text ,Hallo und emotional, ist aufregend, vor allem dem Punkt zu stehen, an dem sie sich hat sich das nie richtig angefühlt. Meine Welt, das hier ist Ronja, seid bitte nett zu ist es aber schön aufregend.“ Ronja hat heute befindet. Ein langer Weg voller Leben Eltern freuten sich, als der Bart anfing zu Mit Beginn des Studiums schöpfte Ronja ihr´ in meinen WhatsApp-Status“. endlich das Gefühl, sie selbst zu sein und Ängste und Sorgen, aber auch Überra- wachsen oder sich die Stimme veränder- neue Kraft und hatte im „jugendlichen hört auf ihre innere Stimme. Das rät sie schungen und Erleichterungen liegt hin- Ronja hieß früher anders. Ihren Dead- te, aber ich wollte davon nichts wissen.“ Leichtsinn“ die Hoffnung, dass alles von Ihr Outing empfanden viele als mutig, auch jeder Person, die einen ähnlichen ter ihr. name, also ihren alten Vornamen, der Es war schließlich eine Reportage über allein gut werden würde. Doch der Lei- doch Ronja sah letztlich keinen ande- Leidensdruck empfindet, wie sie es einst Ronja studiert Sicherheit und Gefahren- ihr bei Geburt gegeben wurde, legte sie ein junges trans* Mädchen, die Ronja densdruck stieg und brachte psychische ren Ausweg für sich, wenn sie jemals ein tat. „Es ist nichts anderes als Selbstfür- abwehr und zog dafür von Berlin nach im Inneren schon vor vielen Jahren ab, die Augen öffnete und somit gewisser- Probleme mit sich, was sie schließlich zufriedenes Leben führen wollte. „Es ist sorge, die Person zu sein und zu leben, Magdeburg. Passend zu ihrem Studium öffentlich im vergangenen Jahr. Ein be- maßen den Point of no Return darstellte. zur offenen Sprechstunde der Psycho- keine Entscheidung, sich zu outen. Denn die man ist.“ ist die 25-Jährige eine richtige Anpa- deutender Schritt auf dem Weg ihres Sie verstand, dass sie nicht allein mit die- Sozialen Studierendenberatung führte. am Ende ist es keine Entscheidung, dass ckerin. Sie ist seit vielen Jahren Mitglied Coming-outs. Bereits in Ronjas Kindheit sem Gefühl ist, „denn vorher wusste ich Es folgte eine sehr anstrengende Zeit, in du bist, wie du bist. Was passiert, wenn „Ich habe noch meinen Weg vor mir, in der Freiwilligen Feuerwehr, engagiert gab es in ihr dieses unbehagliche diffu- überhaupt nicht, dass es Menschen gibt, der sich Ronja auch spezialisierte Hilfe man das nicht tut, kann ich aus eigener keine Frage, aber ich sehe jeden Tag im sich beim Technischen Hilfswerk und se Gefühl, dass „irgendwas komisch“ ist, die sich in ihrem geborenen Geschlecht suchte. Danach „kam der Rest ins Rol- leidvoller Erfahrung berichten. Deshalb Spiegel, dass es der richtige ist.“ 6 7
treffpunkt campus April 2022 Und neben dem Studium Hallo, wir sind die AG Queer² Studieren ist viel mehr als lernen und Prüfungen schreiben. Die Studienzeit ist auch dafür da, seinen Idealen nachzugehen, für sie einzustehen und zu kämpfen. Wer etwas bewegen will – innerhalb und außerhalb des Campus – tut dies oft über studen- tische Initiativen und soziales Engagement. So wie auch die AG Queer² der Hochschule Magdeburg-Stendal. Geschrieben von Carolin Maier Die beim StuRa angesiedelte AG frei von Diskriminierung und Stigma- Spiele spielen. Falls ihr euch beteiligen Fotos: Matthias Piekacz Queer² vertritt alle Menschen an der ta ist. Mit der Durchführung diverser möchtet, Fragen zu bestimmten quee- Hochschule, die im weitesten Sinne Projekte möchte die AG für die nötige ren Themen oder ein persönliches An- als queer bezeichnet werden. Dazu Sichtbarkeit der Thematik im öffentli- liegen habt, könnt ihr damit immer gehören beispielsweise Menschen, chen Raum sorgen und Aufklärungsar- auf uns zukommen. So können wir ge- deren sexuelle und/oder romanti- beit betreiben. Gegenwärtig setzt sich meinsam daran arbeiten, dass unsere sche Orientierung nicht zu den ge- die AG Queer² zum Beispiel dafür ein, Hochschule ein diskriminierungsfreier sellschaftlichen Normen passt. Ebenso dass auf beiden Campus geschlechts- und bunter Ort ist.“ sind damit Personen gemeint, deren neutrale Toiletten geschaffen werden. Geschlechtsidentität nicht mit der Das Vernetzen mit anderen queeren Es engagieren sich rund 20 Mitglie- übereinstimmt, die ihnen bei Geburt Interessensvertretungen ist ein wei- der verschiedenster Orientierungen zugeschrieben wurde oder auch Men- teres wichtiges Anliegen, das verfolgt und Identitäten sowie unterschiedli- schen, die sich keiner festen Kategorie wird. Zukünftig soll es auf dem Cam- cher Fachbereiche und Semesterstu- zugehörig fühlen. pus regelmäßig stattfindende Treffen fen innerhalb der AG. Aktuelle Infor- für queere Studierende geben: „Bei mationen und Projekte zur AG Queer² Ziel der AG Queer² ist es, an der Hoch- uns kann mensch immer vorbeikom- gibt es über ihren Instagram-Kanal: schule einen Raum zu schaffen, der men, sich vernetzen, austauschen oder queerhoch2. 8 9
treffpunkt campus April 2022 Kurz erklärt Queere BegriffeDie Begriffe wurden gemeinsam mit der AG Queer2 ausgewählt und erarbeitet. Queer darüber hinaus. Non-binary fällt unter den Überbegriff Cis eingeführt, um Normvorstellungen zu hinterfragen. Die Früher als Schimpfwort gebraucht, wird „queer“ heute trans*, wobei auch hier zu beachten ist, dass manche non- Cis als Gegenbegriff zu trans* bezeichnet Menschen, Wortherkunft der beiden Begriffe liegt im Altgriechischen. als Schirmbegriff von Menschen benutzt, die sich in ihrer binary Personen trans* als Selbstbezeichnungen verwen- die sich mit dem bei ihrer Geburt zugeschriebenen Ge- Endo ist eine Vorsilbe für innerhalb, also das Gegenteil zu sexuellen und/oder romantischen Orientierung oder ge- den, andere wiederum nicht. schlecht identifizieren. inter*; dyadisch bedeutet einem Zweiersystem zugehörig schlechtlichen Identität außerhalb der gesellschaftlichen (Quelle: https://www.trans-inter-beratungsstelle.de/de/ Normen sehen. begriffserklaerungen.html). Dysphorie Inter* Dysphorie beschreibt im weiteren Sinne ein Gefühl von Inter* (auch intergeschlechtlich, engl. Intersex) bezeich- Trans* Niedergeschlagenheit und Unwohlsein. Der Begriff wird net Menschen, deren Geschlechtsmerkmale sich nicht Coming-out Trans* ist ein Überbegriff für Menschen, die sich nicht oder innerhalb der queeren Szene oft im engeren Sinne, syn- nur als weiblich oder nur als männlich einordnen lassen. Ein Prozess, den Personen durchlaufen, deren sexuelle, ro- nur teilweise mit dem Geschlecht identifizieren, welches onym zu englisch gender dysphoria, gebraucht. Gender Diese Variationen der Geschlechtsmerkmale können auf mantische etc. Orientierung und/oder deren Geschlechts- ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde. Es gibt unter- dysphoria kann bei trans* oder nicht-binären Menschen anatomischer, chromosomaler oder hormoneller Ebene identität nicht zu den gesellschaftlich festgelegten Normen schiedliche Begriffe, die im Laufe der Zeit entstanden sind. auftreten, wenn deren äußerliche Erscheinung oder Ver- auftreten und sind gesunde Ausprägungen geschlecht- entsprechen. Der Prozess beginnt damit, sich der eigenen Es handeln sich dabei immer um Selbstbezeichnungen. halten nicht zu deren eigenen Geschlechtsidentitäten licher Vielfalt. Die Körper von inter* Menschen sind sehr Orientierung oder Identität bewusst zu werden (inneres Daher ist es wichtig, Menschen nach ihrer Selbstbezeich- passt. Dysphorie kann in sozialen Kontexten auftreten unterschiedlich. Inter* Variationen können nicht nur bei Coming-out oder auch Coming-in). Dem folgt oftmals ein nung zu fragen und diese zu respektieren. Begibt sich eine (soziale Dysphorie) oder sich auf den eigenen Körper der Geburt, sondern zu jedem Zeitpunkt im Leben sicht- äußeres Coming-out, in dem man es anderen Menschen trans* Person in den Prozess, die eigene Geschlechtsidenti- und deren Geschlechtsmerkmale beziehen (körperliche bar werden. Viele Inter* wissen nicht, dass sie selbst Inter* bekannt gibt. tät auszudrücken, spricht man von einer Transition. Dysphorie). sind (Quelle: https://www.trans-inter-beratungsstelle.de/ de/begriffserklaerungen.html). Deadname/deadnaming Non-binary Polyamorie Ein Deadname ist der alte abgelegte Geburtsname, typi- Als non-binary oder nicht-binär bezeichnen sich Men- Polyamore Menschen können sich in mehrere Personen Endo/dyadisch scherweise von trans* Menschen. Eine Person mit dem schen, die sich nicht innerhalb eines binären Geschlechter- verlieben und gehen sexuelle und/oder romantische Endo und dyadisch bezeichnet Menschen, die nicht inter* Deadname anzusprechen, kann sehr verletzend sein. Die modells identifizieren. Nicht-binäre Personen fühlen sich Beziehen mit mehreren Partner:innen ein. Diese Be- sind, deren körperliche Merkmale also den medizinischen daraus abgeleitete Aktivität wird auch deadnaming ge- weder als Mann oder Frau, stattdessen als beides gleich- ziehungen finden für alle beteiligten Personen einver- Normvorstellungen von Männern oder Frauen entspre- nannt. Deadnaming kann absichtlich oder unabsichtlich, zeitig, im Spektrum dazwischen oder identifizieren sich nehmlich statt. chen. Die Begriffe wurden im Kontext der inter* Bewegung bewusst oder unbewusst geschehen. 10 11
treffpunkt campus April 2022 Viele kleine Steine mit großer Wirkung. Ein Mosaik setzt sich aus Teilchen unterschiedlichster Formen, Farben und Größen zusammen. Gerade das Zusammenspiel vielfältiger Steine macht es interessant und einzigartig. Die Mosaikmetapher wird deshalb vom Antidiskriminierungsnetzwerk Mosaik h2 aufgegriffen, das für Vielfalt an der Hochschule Magdeburg-Stendal steht. Das Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, an der Hochschule zum The- ma Diskriminierung zu sensibilisieren sowie Maßnahmen zu entwickeln, um Diskriminierung zu verhindern und Betroffene zu schützen. Seit 2016 engagieren sich Freiwillige der Hochschule offi- Jedes Mitglied des Netzwerkes war mindestens schon Zeug:in ziell für Antidiskriminierung, damals noch unter dem Na- von Diskriminierung, so wie auch Tabea Groß: „Ich komme men AG Diskriminierungsschutz. Josefine Heusinger, Pro- aus der Nähe von Chemnitz und wurde daher schon recht fessorin im Fachbereich Soziale Arbeit, Gesundheit und früh mit Rechtsextremismus konfrontiert.“ Die Studentin Medien, ist eine von denjenigen, die von Anfang an dabei wollte sich diesen Problemen bewusst stellen, weshalb sie war: „Ich war immer wieder mit Fällen von Diskriminie- sich bereits als Schülerin mehrere Jahre innerhalb einer AG rung konfrontiert und konnte wenig helfen, weil schlicht- gegen Rassismus und Diskriminierung engagiert hat. „Umso weg die Strukturen für Diskriminierungsschutz fehlten. mehr freue ich mich, dass ich diese Arbeit an der Hochschu- Diese Erfahrungen haben mich wütend gemacht, deshalb le fortsetzen kann.“ Die Mitarbeit im Netzwerk prägt auch bin ich aktiv geworden.“ Wichtigstes Ziel neben der Sen- ihren Alltag, „da ich bewusster mit Diskriminierung um- sibilisierung ist es daher auch, „verbindliche Strukturen gehe und in vielen Situationen überlege, ob Minderheiten für Beratung und Prävention, Beschwerde und Sanktionen vergessen werden. Außerdem denke ich viel darüber nach, einzuführen sowie die dafür nötigen Ressourcen zu er- wie man für alle ein besseres Zusammenleben ermöglichen Netzwerk Mosaik h2 streiten“, erläutert Heusinger. kann. Das ist der Mehrwert, den ich mitnehme.“ Diskriminierung – Das Antidiskriminierungsnetzwerk Mosaik h2 besteht aus Zum Portfolio des Netzwerkes gehören auch Veranstaltun- einem festen Kern aus neun Personen, darunter Mitarbei- gen, die in Kooperation mit anderen Initiativen und Part- tende, Lehrende und Studierende der Hochschule. Eine nern organisiert werden, wie zum Beispiel Filmveranstal- von ihnen ist Tabea Groß. Die 22-Jährige studiert im sechs- tungen mit Diskurs, Buchvorstellungen, Aktionstage und ten Semester Gesundheitsförderung und -management, ist Argumentationstrainings gegen rassistische Einstellun- Klingt doof, ist es auch seit eineinhalb Jahren im Netzwerk aktiv und übernimmt gen. In den letzten Monaten hat sich das Netzwerk intensiv in ihrer Rolle als studentische Hilfskraft auch organisato- mit Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität und rische Aufgaben, wie die Vor- und Nachbereitung der mo- Orientierung beschäftigt und wird gemeinsam mit der AG natlich stattfindenden Sitzungen. „Aktuell arbeiten wir an Queer² Events organisieren. Zusammenarbeit und Koope- den Richtlinien zum Diskriminierungsschutz – ein Papier, rationen wie diese sollen zukünftig noch viel mehr statt- um den Schutz vor Diskriminierung an der Hochschule finden. Josefine Heusinger wünscht sich für die Zukunft, Geschrieben von Carolin Maier strukturell zu verankern, das zukünftig offiziell als Leit- „dass das Netzwerk Mosaik durch Knotenpunkte in allen Fotos: Matthias Piekacz linie gelten soll“, erklärt Tabea Groß. Diskriminierung hat Fachbereichen, Dezernaten und Abteilungen der Hoch- dabei viele Gesichter. Es gibt Diskriminierung aufgrund schule verbunden ist und durch kreative, bildende, solida- des Geschlechts, der ethnischen oder sozialen Herkunft, rische, lustige und ernste Aktivitäten die Themen rund um des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Identität oder Diskriminierung zu einem selbstverständlichen Teil der der Religion. In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, bei Hochschulkultur werden lässt, damit sich alle Menschen denen sich Betroffene direkt an einzelne Mitglieder des in der ganzen Vielfalt an der Hochschule willkommen und Netzwerkes gewandt haben: „Wir sind eine erste niedrig- sicher fühlen können.“ schwellige Anlaufstelle. Wir dürfen zwar nicht beraten, können aber an die richtigen Stellen weiterverweisen.“ Und trotz alledem wünscht sich die Studentin noch mehr Wer Lust hat, sich im Netzwerk Mosaik zu engagie- Austausch: „Ich fände es total schön, wenn die Stimmen ren, eigene Ideen gemeinsam mit dem Netzwerk um- der Betroffenen noch stärker werden würden. Das ist auch setzen möchte oder aber Rat sucht, findet alle Infor- unsere Motivation. Denn mit der Netzwerkarbeit möchten mationen nach Login unter wir ja gerade diejenigen empowern und ermutigen, laut zu www.h2.de/hochschule/ags-der-hochschule sein, die Diskriminierung erfahren.“ 12 13
treffpunkt campus April 2022 Forschungsgeist wurde ihm leider verwehrt. Danach ging er unterschiedli- Nicht ohne uns chen Arbeiten in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfMB) nach. „Es sah immer danach aus, als ob ich wegren- nen würde, dabei habe ich nur den richtigen Beruf für mich gesucht.“ Für das Motivationsschreiben zur Teilnahme am Projekt InBiST gab er sich entsprechend viel Mühe. Fünf Tage feilte er, um die richtigen Worte zu finden – was ihm offen- über uns sichtlich gelang. Die Chance, durch die Qualifizierung am regulären Arbeitsmarkt teilnehmen zu können, wollte auch Geschrieben von Carolin Maier Fiene Herkula ergreifen: „Ich war einfach unterfordert in der Fotos: Matthias Piekacz Werkstatt, ich brauche Abwechslung.“ Ganz ohne Skepsis trat die 31-Jährige das Projekt allerdings nicht an: „Ich wusste von Anfang an, dass das Pendeln von Magdeburg nach Stendal sehr anstrengend für mich sein wird.“ Insgesamt zwölf Stun- Bildungsfachkräfte oder auch Expert:innen in eigener Sache können sich nun den zählt Herkulas Tag, Fahrtweg mit öffentlichen Verkehrs- mitteln inbegriffen. Dass sie diese Strecke täglich alleine zu- fünf Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen nennen. Vor drei rücklegen würde, hätte sie vor drei Jahren wohl selbst nicht Jahren schlugen sie mit ihrer Teilnahme am Qualifizierungsprojekt „Inklusive gedacht. „Vor dem Projekt bin ich maximal eine Viertelstunde zu Fuß gelaufen. Ich bin auf jeden Fall erfahrener und selbst- Neben den Inhalten aus dem Modulhandbuch erlernten Bildung Sachsen-Anhalt“ an der Hochschule Magdeburg-Stendal einen neu- ständiger geworden.“ Auch die Aufregung beim Sprechen Fiene Herkula und Sven Gräbner auch Methoden und Tech- en Weg ein und schulen zukünftig zum Thema Inklusion. und Präsentieren ist weniger geworden, erzählt die Magde- niken, um als Bildungsfachkraft über die Lebenswelt und Be- burgerin. Diese Entwicklung beobachtet auch Sven Gräbner: darfe von Menschen mit Behinderung aufzuklären. „Ich bin viel offener geworden und habe mehr Selbstbewusst- sein. Früher habe ich mir alles sagen lassen und tat das, was von mir verlangt wurde. Jetzt lebe ich selbstbestimmt und Ziele und Träume verwirklichen darüber bin ich sehr glücklich.“ Sven Gräbner, Fiene Herkula und die drei weiteren Bildungs- fachkräfte haben mit ihrer dreijährigen Vollzeit-Qualifizie- Vom Umdenken und Weitermachen rung den Grundstein für ihre berufliche Zukunft gelegt. „Mein Traum ist es, die Arbeit an der Hochschule weiterzumachen Wie alles begann, daran erinnert sich Matthias Morfeld, Pro- und somit in viele freundliche Gesichter zu blicken. Ich möch- fessor für Rehabilitation am Fachbereich Angewandte Hu- te Menschen die Berührungsangst nehmen und aufklären“, manwissenschaften und Projektleiter, noch sehr gut. Eigent- erläutert Sven Gräbner. Mit der Zeugnisvergabe ist dieses Ziel lich stand er in den Startlöchern für ein Forschungssemester zum Greifen nah. Es herrscht eine ausgelassene und festliche in Finnland. „In Finnland bin ich nie gewesen“, gibt er selbst- Stimmung. Die am Projekt beteiligten Personen könnten un- ironisch in seiner Rede zur Zeugnisübergabe kund. Dafür terschiedlicher nicht sein, doch wird schnell deutlich, dass sie führte es ihn nach Kiel – dort, wo der Ursprung des Projektes, sich in den vergangenen drei Jahren kennen- und schätzen das „Mutterprojekt“, liegt. Rückblickend war es für alle Be- gelernt haben, und miteinander gewachsen sind. Wie steht es teiligten ein enormer Lernprozess. Dr. Wiebke Bretschneider, um die Nervosität der beiden? Sven Gräbner schaut auf sei- Koordinatorin des Projektes an der Hochschule Magdeburg- ne Pulsuhr: „Keine Aufregung, sagt die Uhr“, und dann ver- Stendal, erinnert sich noch gut an die Auftaktveranstaltung schwindet er auch schon lachend an seinen Sitzplatz. Auch 2019, für die ausschließlich Stehtische aufgebaut wurden, bei Fiene Herkula hält sich die Aufregung noch in Grenzen, die aber so gar nicht den Bedürfnissen im Rollstuhl sitzender die komme aber bestimmt gleich, versichert sie. Und dann ist Personen entsprachen. „Es hat auch bei mir ein ganz großes der große Moment gekommen: Alle Teilnehmer:innen wer- Umdenken stattgefunden, inklusiver zu denken.“ Bretsch- den nach vorn gebeten und die verdienten Zeugnisse werden „Wir können zusammen wachsen, uns gegenseitig halten, schlossen und können somit auf dem regulären, dem „allge- neider hofft, dass auch auf politischer Ebene Inklusion als übergeben. Man sieht viele lachende Gesichter, Freudenträ- unsere Zukunft jetzt liebevoll gestalten“, erklingt es aus den meinen Arbeitsmarkt“ Fuß fassen. Die heutige Zeugnisüber- wichtiges Thema identifiziert wird, denn die Gesellschaft nen und Erleichterung. Lautsprechern der Aula auf dem Campus Stendal. Eine Text- gabe stellt den Startschuss in ein verändertes Leben dar. Ein habe noch sehr viel Lernbedarf. Sie verweist auf die UN-Be- zeile des „Inklusionssongs für Deutschland“, der die feierliche Leben im Miteinander und in Unabhängigkeit. hindertenrechtskonvention für die gleichberechtigte Teilhabe „Ich kann das gar nicht beschreiben“, erzählt Fiene Herkula Zeugnisvergabe zum Projekt „Inklusive Bildung Sachsen-An- in der Gesellschaft für alle Menschen. „Alle sollen mitmachen ausgelassen. „Ich habe immer versucht, mir diesen Moment halt“ (InBiST) einläutet. Ein besonderer Tag für die fünf aus- können und das wollen wir auch hier in Sachsen-Anhalt le- vorzustellen, aber jetzt, wo er da ist, herrscht emotionales Cha- gebildeten Bildungsfachkräfte, die ab sofort als Expert:innen Mehr Abwechslung und Selbst- ben. Wir haben noch viel Arbeit vor uns und hoffen, dass wir os.“ Für die Magdeburgerin steht fest: Sie möchte, sobald der in eigener Sache Seminare geben und Vorträge halten. Dabei bewusstsein da auch weitermachen dürfen.“ Weitermachen heißt in dem Arbeitsvertrag unterschrieben ist, ihre erste eigene Wohnung klären sie zum Beispiel über die Lebens- und Arbeitssituation Fall: Die Gründung des „Kompetenzzentrums für Inklusive in Stendal beziehen. Auch Sven Gräbner ist die Freude anzuse- von Menschen mit Behinderungen, ihre spezifischen Bedar- Ankommen im Berufsleben und eine gerechte Bezahlung, so Bildung Sachsen-Anhalt“ an der Hochschule. Für die fünf Bil- hen: „Ich war schon immer ehrgeizig, Neues zu lernen. Als ich fe und die Chancen der Inklusion auf. Drei Frauen und zwei der Wunsch von Sven Gräbner. Der 35-Jährige zog eigens für dungsfachkräfte hieße das: eine Festanstellung auf dem all- an der Hochschule angenommen wurde, war ich so glücklich. Männer mit sogenannten geistigen Behinderungen haben die das Projekt von Genthin nach Stendal, da er „sein Glück an gemeinen Arbeitsmarkt, gerechte Bezahlung und eine selbst- Ich möchte kein Zurück mehr, ich möchte nur noch vorwärts. vorangegangene dreijährige Qualifizierung erfolgreich abge- der Hochschule fand“. Gräbners Traumjob, Raumausstatter, bestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Und anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.“ 14 15
treffpunkt campus April 2022 Formvielfalt Vielfältige Kunstlandschaft Künstler:innen zeigen uns mit ihren Werken Facetten des Lebens, machen uns auf übersehene Details aufmerksam. Sie zeigen andere Sichtweisen, eröffnen neue Perspektiven. Kunst ist nicht gleich Kunst. Sicher ist aber, dass Kunst so bunt ist wie die Personen, die von ihnen geschaffen wird. Wie vielfältig die Kunstlandschaft in der Altmark ist, zeigt die Ausstellung „Kunst in der Altmark . Anders Sehen“ von Projektleiter und Kurator Prof. Günter Mey. Geschrieben von Carolin Maier 16 17
treffpunkt campus April 2022 Eine lebendige Kunstszene „Statt die Rede über die strukturschwache Region im- mer zu wiederholen, wäre das Narrativ einer lebendigen Kulturlandschaft tragfähiger. Kunst hat ein ungeheures Innovationspotenzial.“ In den Gesprächen erzählten die Künstler:innen, wie sie zur Kunst kamen, welchen Pro- zess sie durchliefen, bis sie wussten, welche Kunst die ihre ist und was Kunst für sie bedeutet. Auch über die He- rausforderungen, mit Kunst den Lebensunterhalt zu ver- dienen, sprechen sie offen. Biografie, Leidenschaft und Kunstverständnis So verschieden die Werke und Biografien der ausgestellten Kunstschaffenden sind, die Verbundenheit zur Kunst ist ihnen allen gleich, wenn auch in ganz unterschiedlichen Variatio- nen. Helga Geissler kam vor über 25 Jahren aus Bayern in ihre Projektleiter und Kurator: alte Heimat – die Altmark – zurück, um sich dort ganz und gar Prof. Günter Mey ihrer Leidenschaft, dem Ton, zu widmen. Den formt sie immer im gleichen Schema nach der Urform der menschlichen Ge- Die Ausstellung erlaubt einen Einblick in die vielfältige stalt: Fuß, Bauch, Hals. Alles andere überlässt sie dem Moment Kunstwelt dieser Region, die auf eine zweijährige Inter- und dem eigenen Empfinden. Hejo Heussen verschlug es viewstudie des Fachbereichs Angewandte Humanwissen- durch Zufall in die Altmark, wo er schließlich in den vergan- schaften der Hochschule Magdeburg-Stendal basiert. In genen 20 Jahren den Kunsthof in Dahrenstedt aufbaute. Mit den Interviews wurden die Künstler:innen zu ihren We- seiner Kunst möchte er einen anderen, ungewohnten Blick Inspiration und Mittelpunkt des kreativen Schaffens der gen in die Kunst, zu ihren Werken und ihren Arbeitsstilen auf alltägliche Gegenstände zeigen und Objekte miteinander ausgestellten Künstler:innen sind ganz individuell: Von befragt. Dieser vielschichtige Blick – das „Anders Sehen“ verknüpfen, die scheinbar nicht zusammengehören. Mit der Stein über Ton bis hin zu kleinen Alltagsgegenständen – ist Günter Mey, Professor für Entwicklungspsychologie überraschenden Verbindung unterschiedlicher Gegenstände oder großen Landschaften. an der Hochschule Magdeburg-Stendal als Projektleiter möchte er Objekte in eine neue Wirklichkeit setzen, denn das und Kurator der Ausstellung, dabei besonders wichtig: sei es, was den künstlerischen Prozess ausmache. VR-Brille aufgesetzt und los geht es: Ein großer lichtdurch- fluteter Raum, hohe Wände, deckenhohe Bogenfenster, Holzparket. Es gibt viel zu entdecken. Zu viel auf den ersten Blick. Doch nur einen Moment später, nach einem kurzen Orientieren, versteht man die Ordnung dahinter. Alles hat seinen Platz. Vollgestellte Holzregale, ein alter Brennofen, et- liche Farbeimer. Ein großer Tisch in der Mitte des Raumes, daneben eine grüne Couch. Darauf reihen sich Tongefäße aneinander, deren Form sich schon erahnen lässt. Der virtuelle Rundgang durch das Atelier der Künstlerin Helga Geissler, die seit 25 Jahren ihrem künstlerischen Schaffen – der organischen Keramik – in der Altmark nachgeht, erlaubt einen Blick „hinter die Werke“. Geiss- ler ist eine von 17 Künstler:innen, die in der Ausstellung „Kunst in der Altmark . Anders Sehen“ ihre Werke ausstellt und von ihrem Kunstverständnis und Leben erzählt. Einen Mit der Ausstellung ist das Anliegen verbunden, neben dem fast schon intimen Blick in die Ateliers und somit in ih- Blick auf die Werke auch die Künstler:innen zu entdecken, die ren künstlerischen Schaffensprozess wird durch virtuelle in der Altmark leben und arbeiten. Rundgänge mittels VR-Brille ermöglicht. Es ist nur ein Ele- ment dieser besonderen Ausstellung, die sich jenseits der großen Metropolen der lebendigen Kunstszene mit unter- schiedlichen Stilrichtungen in der Altmark im nördlichen Sachsen-Anhalt widmet. 18 19
treffpunkt campus April 2022 Beteiligte Künstler:innen: „Anders Sehen“ Peter Adler, Michael Braune, Anne Buch, Angelika Flaig, Helga Geissler, Heinrich Der Untertitel „Anders Sehen“ wurde auch in die Ausstellung selbst überführt. In Herbrügger, Dr. Hejo Heussen, Paul Hoffmann, Corinna Köbele, Rüdiger Lalei- jedem der Räume sind die Werke der Künstler:innen unter einen thematischen ke, Marlen Liebau, Hans Molzberger, Bettina Müller, Rieke Schmieder, Monika Schwerpunkt arrangiert. Spannend dabei: Die aufbereiteten Ergebnisse der Studie Thoms, Carl Vetter, Benno Zöllner treten in Form textueller, auditiver und visueller Installationen mit den ausge- stellten Werken in Dialog. Besucher:innen tauchen so über Audioguides, Sound- collagen, Videomonagen, virtuelle Atelierbesuche und Informationstafeln tiefer in das Leben und das Schaffen der Künstler:innen ein. Interessierte können die Aus- stellung noch bis zum 15. Juli in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt in Berlin besuchen. Ein 256-seitiges Begleitbuch sowie eine digitale Version der vorange- gangenen Ausstellung im Kunsthaus Salzwedel informieren umfassend: https:// ausstellung-kunst-in-der-altmark-anders-sehen.h2.de/. 20 21
treffpunkt campus April 2022 Vielfalt, Anerkennung und Kommentar zur Vielfalt der Gesellschaft von Prof. Dr. Sevasti Trubeta Ungleichheiten „Ich bin Mutter Erde… Meine Natur streckt freundlich ihre Hand aus“, schreibt die minderjährige Parwana Amiri Diese Prozesse haben die Vorstellung gegenwärtiger Gesellschaften als homogene Entitäten herausgefordert in einem ihrer essayistischen „Briefe an die Welt aus und Konzepte von Differenz, Heterogenität und Vielfalt Moria“. Viele Jahre nachdem sich die europäischen Zivil- mit positiven Konnotationen versehen. Dieses Umden- gesellschaften im Sommer 2015 das Motto „Flüchtlinge ken hat jedoch lange noch nicht die Wahrnehmung Willkommen“ auf die Fahne schrieben, verfasst Parwana der Gesellschaft als homogene Gemeinschaft aufgelöst. ihre Briefe in den Flüchtlingslagern, in denen sie heran- Dadurch eröffnet sich aber ein Spannungsfeld, in dem wächst; da, wo das Leben stagniert, während man auf die unterschiedliche Akteur:innen (aus Politik, staatlichen Überprüfung des Asylantrags wartet. Institutionen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, u. a.) die tolerierbaren Grenzen der Heterogenität und Vielfalt Einer der tatsächlich vielen faszinierenden Aspekte in aushandeln und dabei unterschiedliche Antworten Parwanas kleinem Buch (das mittlerweile in mehrere auf Fragen wie die Folgenden geben: Wie heterogen Sprachen übersetzt wurde) ist, dass die Texte als Do- darf eine Gesellschaft sein/werden? Wann beginnt kumente erlebter Vielfalt gelesen werden können und die Vielfalt, den Zusammenhalt und die nationale zugleich Ungleichheiten offenlegen, die allzu häufig in Eigenart einer Gesellschaft zu gefährden? Erst vor der Diversitätseuphorie verborgen bleiben. Die Auto- dem Hintergrund dieses Spannungsfelds lassen sich rin übermittelt die Erlebnisse der Bewohner:innen der aktuelle Debatten über Leitkultur, Mehrsprachigkeit Flüchtlingsunterkünfte und schreibt als Mädchen, Mutter, in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, religiöse freiwillige Übersetzerin, Transgender, schutzsuchende Pluralität etc. erschließen. Dabei geht es zuallererst um Minderjährige, auch als Muttererde, die in zwei „Kugel- den Stellenwert, den Minderheitensprachen, -religio- hälften“ geteilt sei – den globalen Süden und den globa- nen, -kulturen in Mehrheitsgesellschaften einnehmen len Norden. Sie schreibt über das Elend marginalisierten respektive einnehmen dürfen. Lebens in den Flüchtlingsunterkünften und fragt die Menschen „der anderen Kugelhälfte“, die außerhalb dieses Die Anerkennung der Vielfalt ist eine Errungenschaft der Elends leben: „Würdest du nicht deine ganze Fassungs- Zivilgesellschaft, ein Dreh- und Angelpunkt politischer losigkeit in die Welt hinausschreien?“. Gemeint ist der Antidiskriminierungsarbeit und noch immer ein unvoll- Schrei nach Gerechtigkeit, der allen Anerkennungskämp- endetes Projekt, selbst wenn der vielfaltsbezogene Wort- fen zugrunde liegt, auch denjenigen, die viel früher die gebrauch mittlerweile in beinahe allen Lebensbereichen Vielfaltsdebatten ausgelöst haben. Einzug gehalten hat. Kritische Stimmen mahnen, dass Vielfalt zu einem sinnentleerten Buzzword werden kann, Denn es waren die Anerkennungskämpfe der von Dis- sobald seine inflationäre Verwendung soziale Ungleich- kriminierung betroffenen Menschen in den 1960er und heiten ausblendet oder gar vertuscht. Anerkennung der 1970er Jahren, die den Weg zu programmatischen Di- Vielfalt bedeutet schließlich nicht weniger als Ungleich- versitätskonzepten ebneten: die feministische Bewegung, heitsverhältnisse wahrnehmen und durch zielgerichtetes die antirassistische Bürgerrechtsbewegung der People of Handeln abbauen; sich der Tatsache bewusst werden, dass Color in den Vereinigten Staaten, die Bewegung der Men- der Wohlstand europäischer Gesellschaften auf Ungleich- schen mit Behinderung/Beeinträchtigung. Ihre Forderun- heiten (wie diese zwischen dem globalen Süden und dem gen nach Selbstbestimmung, Teilhabe, Chancengleichheit globalen Norden) beruht; dass gegenwärtige Ungleich- riefen Antidiskriminierungspolitiken hervor und fanden heitsideologien, wie antimuslimische und/oder postko- Eingang auch in den akademischen Bereich; da erwiesen loniale rassistische Ressentiments, tiefe Wurzeln in der sie sich ausschlaggebend für die Etablierung von Studien- europäischen Geschichte haben und durch Sozialisations- gängen und Forschungseinheiten, die unter dem Dachbe- prozesse bis in die Gegenwart reichen, wenn sie nicht griff Diversity Studies subsumiert worden sind. hinterfragt werden. 22 23
treffpunkt campus April 2022 Geste zum Amt Bilanz ziehen – aber auf eine andere Prorektor für Studium, Lehre und Internationales PROF. DR.-ING. YONGJIAN DING Art. Die Hochschulleitung blickt auf Amtszeit: 2018 bis 2022 ihre Amtszeit zurück. Wissensdurst und Fernweh trotz Pandemie „In den vergangenen vier Jahren meiner Amtszeit war der zentrale Fokus meiner Aufgaben stets: einladende Studienbedingungen auf dem Campus, hohe Lehrqualität sowie internationale Blick- winkel und Kompetenzen aller Hochschulangehörigen. Das ist uns im Großen und Ganzen trotz erschwerter Bedingungen durch die Pandemie gelungen. Deshalb sage ich zum Abschied Kanzlerin herzlichen Dank an alle, die mit mir gemeinsam an einem Strang DR. ANTJE HOFFMANN gezogen haben!“ Amtszeit: seit 2017 Digitalisierung als Grundlage für moderne und zukunftsfähige Servicebereiche „Gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen haben wir die Digitalisierung vorangetrieben: Es wurden Prozesse opti- miert, IT-Strukturen etabliert und erste Anwendungen wie das Bewerbermanagement und die Urlaubsbeantragung digital umgesetzt. Die WLAN-Infrastruktur wurde erneu- Prorektorin für Forschung, Entwicklung und Transfer ert sowie die Seminar- und Vorlesungsräume mit neuer PROF. DR. KERSTIN BAUMGARTEN Medientechnik ausgestattet.“ Amtszeit: 2018 bis 2022 Viel Schwung im Forschungs- und Transferbereich „In Zusammenarbeit mit engagierten Kolleg:innen und den Mit- arbeiter:innen im Bereich von Forschung und Transfer habe ich in meiner Amtszeit viel bewegt. Den Zieleinlauf haben wir mit der Etablierung des Projekt- und Antragsservice, der Entwick- lung eines Forschungsinformationssystems und dem Aufbau der Promotionszentren geschafft.“ Rektorin PROF. DR. ANNE LEQUY Amtszeit: 2014 bis 2022 Baustelle Hochschule - Betreten erwünscht! „In den letzten zwölf Jahren in der Hochschulleitung habe ich unsere h2 als eine Großbaustelle der angenehmen Art er- lebt: Studiengangsreform mit innovativen, interdisziplinären und internationalen Studienangeboten, Qualitätspakt Lehre, Einführung der Systemakkreditierung und Übertragung des Prorektor für Hochschulsteuerung und -marketing Berufungsrechts, Anerkennung unserer Forschungsstärke PROF. DR. VOLKER WIEDEMER mit dem eigenständigen Promotionsrecht, stetig steigende Amtszeit: 2018 bis 2022 Einwerbung von Drittmitteln dank Verbundanträge und der German Jordanian University. Es waren arbeitsreiche Jahre Die neuen Richtungen genau prüfen der Transformation, die Struktur und Kultur unserer h2 ha- „Manchmal bedarf es neuer Strukturen, Perspektiven und ben sich gewandelt. Die Zielvereinbarungen (bis 2024) und Durchhaltevermögen, um ausgewogene Entscheidungen erzie- der Zukunftsvertrag (bis 2027) sichern die Finanzierung der len zu können. Semesterticket Stendal, der neue Stellenplan und Baustelle Hochschule in den nächsten Jahren. Es war mir eine innovative Studiengangskampagnen waren und sind ein Balan- große Freude und Ehre, Baustellenleiterin zu sein. Merci an ceakt zwischen vielfältigen Interessen und letztlich knappen alle, die tatkräftig und kreativ mit angepackt haben!“ Ressourcen; aber es hat sich gelohnt.“ 24 25
treffpunkt campus April 2022 Eine Amtszeit geht zu Ende. Im Gespräch mit Prof. Dr. Anne Lequy Wie ein Mensch seine Freizeit gestaltet, sagt viel über seine Persönlichkeit und somit auch über die Art zu leiten aus. Prof. Dr. Anne Lequy findet ihre Ein erfolgreicher Sprung Harmonie im Kontrast von laut und leise, allein und unter vielen sowie zwischen Entspannung und Action. Als sie beim Campus Day 2019 am mitten hinein in den Campus Bungeeseil in die Tiefe sprang, war das nicht ihre erste Funsport-Erfahrung. Mit Paragliding, aber auch beim Creative Writing und Yoga tankt sie Kraft. Ihre Amtszeit war eine ereignisreiche Zeit, in der die gebürtige Französin mit viel Energie, aber auch Mut und dem Glauben daran, dass das Seil hält, stets den Weg nach vorn gewählt hat. Genauso wie beim Bungeesprung baute sie auch hierbei auf das Vertrauen in die Menschen, die die Infrastruktur aufrechterhalten. Prof. Lequy, ich freue mich sehr, mit Ihnen heute mir auch auf der hochschulpolitischen Bühne geholfen, einige Meilensteine zu beleuchten. Zunächst inte- zum Beispiel bei Verhandlungen oder Abstimmungen ressiert mich aber erst einmal, was das für ein Ge- mit Vertreter:innen in Politik, Ministerien oder Interes- fühl war, bevor Sie aus mehr als 60 Metern in die senvertretungen, wie der Hochschul- oder Landesrekto- Tiefe sprangen? renkonferenz, der Hochschulallianz für den Mittelstand oder den Hochschulrunden mit unserem Wissenschafts- Der Moment vor dem Sprung … Da ging viel in mir vor. ministerium. Neugier spielte eine ebenso große Rolle wie Angst, den- noch agiere ich in dieser Hinsicht grundsätzlich recht ra- tional und wäge vorher zum Beispiel die Verkehrsunfall- Als Rektorin waren Sie die Leiterin der Hochschu- statistik gegen die geringere Möglichkeit, beim Funsport le, lenkten die Geschicke während Ihrer Amtszeit zu verunfallen, ab. Mit Vertrauen in die Profis blieb tat- nach innen und außen. Worauf möchten Sie näher sächlich kaum noch ein Grund übrig, nicht zu springen. eingehen? Ein Meilenstein war die Sicherung der Hochschulfinan- Welche Ihrer Eigenschaften haben Ihnen geholfen, zierung für die nächsten Jahre, ein Ergebnis aus der tief- Ihr Amt auszuüben? greifenden Hochschulstrukturreform mit ihren diversen Interviewt von Mady Host Komponenten. Bei meinem Amtsantritt habe ich viele Fotos: Matthias Piekacz Mit viel Energie, einem stabilen Nervenkostüm, einer ge- unsichere Rahmenbedingungen in Struktur und Fi- sunden Portion Optimismus und dem inneren Antrieb, nanzen vorgefunden. Es macht mich stolz, dass ich die immer weiter vorwärtszugehen, war ich gut aufgestellt. Hochschule nun mit belastbaren Strukturen und einem Da ich mich schon früh für fremde Kulturen und Spra- stabilen Budget in die Zukunft schicken kann. Ich freue chen interessierte, wurde ich Dolmetscherin, was mir mich zudem über das alleinige Berufungsrecht, welches wiederum im Amt half, denn hier kam es darauf an, zwi- wir als eine der ersten Hochschulen Sachsen-Anhalts er- schen Menschen zu vermitteln. Diese Erfahrungen haben hielten. Das bedeutet, dass wir seit Juli 2021 berufen und 26 27
treffpunkt campus April 2022 ernennen dürfen, ohne die Zustimmung des Ministeri- Mit Fächerkombinationen, dank derer die Absol- dem Wunsch, den Beschäftigten für 30 erfolgreiche Jahre ums einholen zu müssen. Und auch mit der Einführung vent:innen im Beruf schnell Fuß fassen, wird und zu danken. Im Jubiläumsjahr präsentierten wir vielfälti- der Systemakkreditierung ist uns ein bedeutender Schritt bleibt ein Bildungsstandort attraktiv. ge Online- und Hybridformate. Ein interner Songwettbe- in Richtung Qualitätssicherung gelungen, denn bei der werb, die digitale Ausstellung „30 Jahre - 30 Blickwinkel" Akkreditierung von Studiengängen wird nun das gesamte Dafür sollte ein Studienangebot interdisziplinär, innova- und auch der hochschuleigene Podcast #gerneperdu sind Qualitätssicherungssystem der Hochschule begutachtet. tiv und international ausgerichtet sein. Das ist uns zum in diesem Zuge entstanden. Und last but not least wurde uns das eigenständige Pro- Beispiel mit „Mensch-Technik-Interaktion“, „Nachhaltige motionsrecht verliehen. Wir dürfen Nachwuchswissen- BWL“ und „Sustainable Resources, Engineering and Ma- schaftler:innen selbstständig zum Doktorgrad führen, nagement“ gelungen. Letzterer ist der erste englischspra- Als Sie vor Ihrem Bungeesprung auf der Plattform wofür bereits eigene Promotionszentren eingerichtet chige Bachelorstudiengang, der zudem von drei Fachbe- standen, konnten Sie den Campus bestens über- wurden. Das ist eine Sensation für eine Hochschule für reichen getragen wird, an beiden Standorten. Aber auch blicken … Angewandte Wissenschaften. Weil ich schon lange davon unsere stark nachgefragten Studiengänge, wie Soziale überzeugt bin, dass dauerhafter Erfolg auf der Basis von Arbeit und Rehabilitationspsychologie, haben wir in der … das stimmt. Und zu Recht erhielten wir 2019 vom Stu- umfassender Kommunikation und klaren Strukturen Bewältigung von wachsenden Anforderungen aktiv un- dienbewertungsportal „Studycheck.de“ den ersten Platz gelingen kann, haben mein Team und ich erstmals eine terstützt. für den schönsten Campus, was – neben viel Grün – un- Hochschulstrategie verschriftlicht, ein Organigramm er- ter anderem auch an den vielseitigen Sportanlagen, dem stellt und zahlreiche Formate für eine verbesserte interne Hörfunk- und Fernsehstudio, moderner Medientechnik, Kommunikation vorangetrieben. Neben den „klassischen Studiengängen“ hat die Coworking-Spaces, am Raum der Stille, einem eindrucks- Hochschule noch viel mehr geboten … vollen Sport- und Gesundheitszentrum sowie der Fahr- radreparaturstation in Magdeburg liegt. In Stendal sind Teamarbeit ist ein gutes Stichwort. So bedarf es Ja, mit der Initiative „Integration von politischen Flücht- während meiner Amtsperiode zum Beispiel ein Bewe- neben einer starken Belegschaft auch kritischer lingen mit akademischen Hintergründen bzw. Ambi- gungsparcours und erstmals auch Wohnheime entstan- Freunde im Arbeitskontext. Diese Rolle hat das Ku- tionen“ war die Hochschule Magdeburg-Stendal eine der den. Über die Einweihung eines nahegelegenen Stendaler ratorium übernommen … ersten, die ein nachhaltiges Konzept für geflüchtete Men- DB-Haltepunktes „Hochschule“ werde ich mich im Som- schen mit Hochschulzugangsberechtigung angeboten hat. mer aus der Ferne freuen. Richtig, das fünfköpfige Kuratorium berät und unter- Auch die Weiterbildung ist ein wichtiger Bestandteil der stützt die Hochschule in allen wichtigen Angelegenhei- Hochschulmission. Durch verbesserte Strukturen und ten und fördert ihre Profilbildung, Leistungs- und Wett- eine Professionalisierung haben wir hier einen Neuanfang Eines Ihrer Kernthemen war die Internationalität bewerbsfähigkeit. Diese „critical friends“ konnte ich in eingeläutet, auf den in Zukunft aufgebaut werden kann. der Hochschule. Warum lag Ihnen das so sehr am unterschiedlichen Situationen zu Rate ziehen und habe Herzen? vor allem den Austausch mit den Kuratoriumsvorsit- zenden Prof. Dr. Clemens Klockner, Elke Lüdecke, Prof. Genau wie beim elastischen Seil einer Bungee-An- Das zeigt sich gerade sehr deutlich an der Situation in der Dr. Ludwig Hilmer und Prof. Dr. Thomas Hodel sehr ge- lage ist auch an der Hochschule Flexibilität gefragt. Ukraine. Wenn die Hochschule in der Lage ist, Geflüchte- schätzt. Was haben Sie unternommen, um auf die Men- ten sofort ein englischsprachiges Studienangebot zu un- schen im gesamten System einzugehen, damit Le- terbreiten, dann ist sie attraktiv und leistet ihren Beitrag ben, Lernen, Forschen und Arbeiten fair Hand in zu fairen Chancen und somit zu sozialem Frieden. Unsere Im Mittelpunkt von Studium und Lehre steht der Hand gehen? Internationalisierungsstrategie wird hierbei ein wertvol- Studienerfolg. Welche Aktivitäten hat es hier ge- les Fundament bieten. geben? Mir war es immer wichtig, gemeinsam Schritte in Rich- tung einer gesundheitsförderlichen, respektvollen und Ich habe die Hochschule immer als einen offenen und inklusiven Hochschule zu gehen. Um dieses Ziel zu er- Als Projektleiterin verantworteten Sie das größte lebendigen Ort gesehen, der stetig weiterentwickelt wer- reichen, haben wir verschiedene Bereiche mit konkre- Drittmittelprojekt der Hochschule: Es geht um die den muss. Gute Qualität entsteht dadurch, dass Studium ten Aktivitäten geschaffen. Dazu gehören unter anderem German Jordanian University (GJU). DAAD und und Lehre, Forschung und Entwicklung sowie Wissens- das Gesundheitsmanagement, das „audit familien- Auswärtiges Amt verlassen sich auf das, was die transfer und gesellschaftliche Verantwortung von allen gerechte hochschule“ und Maßnahmen zu Inklusion, Hochschule bei diesem Millionenprojekt leistet. beteiligten Hochschulmitgliedern gleichermaßen in den Gleichstellung, Chancengleichheit sowie im Bereich des Worum geht es bei der GJU eigentlich? Blick genommen werden. Wir haben bspw. ein Klima- Bedrohungsmanagements, wozu die Konfliktlots:innen schutzmanagement an der Hochschule etabliert und er- gehören. Die German Jordanian University ist eine staatliche jor- hielten für unser betriebliches sowie studentisches Ge- danische Universität, die ihren Lehrbetrieb 2004 in Am- sundheitsmanagement eine renommierte Auszeichnung. man aufgenommen hat. Sie orientiert sich am deutschen Neben dem gesunden moralischen Kompass eines und Sie haben in Ihrer Amtszeit auch zwei bedeutsame Modell der Hochschulen für Angewandte Wissenschaf- einer jeden Einzelnen helfen Strukturen dabei. Das sind Jubiläen begleitet … ten. Unsere Hochschule koordiniert als Projektträgerin die „Leitlinien Lehren Lernen“, die seit März 2019 gelten den Austausch mit 120 Hochschulen bundesweit. Stra- und seitdem regelmäßig überprüft werden. Auch das … zum 25-jährigen Jubiläum hatten wir unter anderem tegisch soll mit dieser Kooperation auch die deutsche Projekt „Qualitätspakt Lehre“, dessen Leitung ich im Jahr eine eindrucksvolle Feierstunde mit vielen Gästen aus Dimension in der GJU befördert werden, um die Inter- 2011 übernommen hatte, war hierfür zielführend. In die- Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie nationalisierung voranzutreiben. Aktuell ist sogar ein sem Bund-Länder-Programm konnten wir vier Anträge ein großes studentisches Festival auf dem Campus. Das gemeinsamer Studiengang mit dem Fachbereich Wirt- erfolgreich erwirken. 30-jährige Jubiläum war mehr nach innen gerichtet, mit schaft in Planung. 28 29
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