Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934

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Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934
Universitäts- und Landesbibliothek Tirol

   Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945
                  1934

                14.9.1934
Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934
Mit der reichbebilderten                                                                          Monatsschrift
                                                                                                                                                         «Bergland"
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   Nummer                211                                                     Freitag , den 14. September                                        1934                                                        81 . Jahrgang
   Wochenkalender: Montag , 10. Nik. v. T . Dienstag , 1l . Pr . u. H. Mittwoch, 12. M .-N.-Fest. Donnerstag , 13. Maternus . Freitag , 11. f -Erhöhung . Samstag , 15. Nikomedes.                               Sonntag , 16. Ludmilla.

                                                                                                                                                                                                  In England.
Ein Schutzkorpskommandant an der Grenze erschossen                                                                             ausgesunden.London , 14. Sept . Die                                englische Presse würdiA die Rede
                                                                                                                                                                    in längeren      Ausführungen       und hebt     im   besonderen
                                          Salzburg , 14. September.              der österreichischen Flüchtlinge und Mitglieder der Legicn                         den starken     Friedenswillen          hervor , der aus ihr bcr-
  Der    Kommandant          der    an    der    sakzburgisch-baiierischen       wurde eine Tarnkappe            gezogen . Zahllose Gerüchte tau¬                   vorklingt . Oesterreich sei in Genf gut vertreten und könne auf
                                                                                 chen immer wieder auf , um wieder halb und halb dementiert                         die ungeteilten Sympathien der englischen Oeffentlichkeit, so¬
Grenze auf dem Ecker-Sattel tNeffelangeralpe , Gemeinde
                                                                                 zu werden . Dies deutet darauf hin , daß gewisse Stellen an                        wie auf eine Unterstützung seiner berechtigten Forderungen
Kuchl) ausgestellten Grenzschutzwachc Sebastian Wieser hat                       der Unsicherheit         interessiert     sind . So hieß es ba d                   rechnen.
sich am 7. d. M . auf einen Patrouillcngangbegeben , von dem                     nach dem 25. Juli , die österreichische Legion sei a u f g e l ö st
er nicht mehr zurückgekehrt ist. Am Mittwoch ist feine Leiche                    und in alle Winde zerstreut . Dann wurde wieder mitgetei -t,
                                                                                 daß wenigstens ein Teil der Legion beim Nürnberger
                                                                                                                                                                            Ein ausrichtiges Friedensbekenntnis.
anfgesunden worden . An der Leiche des Ermordeten wurden
                                                                                 Parteitag mit aufmarschiert ist. Weiter werden Gerüchte ver¬                                                               Innsbruck . 14. September.
sieben     Sckiutzvcrlctzungen        sestgestellt . In unmittel¬                breitet , wonach der geflüchtete Wiener Rechtsanwalt Dokwr
barer Nähe des Planes , wo die Leiche lag . wurde eine deutsche                                                                                                         Die führenden Staatsmänner        ron Oesterreich haben vor
                                                                                 Wächter,     der    als wirklicher Führer der österreichischen                      der großen Versammlung des Völkerbundes schon oft ge¬
Maschinenpistole gefunden . Wieser , ein außerordentlich eifriger                Nationalsozialisten    gilt , im Anhaltelager           Dachau                      sprochen. Die schwierige Lege des Staates , die wirtschaftlichen
Schutzkorpsmann , war verheiratet und Vater von zwei Kindern.                    schmachte oder gar schon hingerichtet worden sei. Authentisches
                                                                                                                                                                     Röte und Bedürfnisse zwangen in früheren Jahren die ver¬
                                                                                 über den ganzen Fragenkomplex ist nicht zu erfahren ."                              antwortlichen Männer wiederholt , sich an den Völkerbund zu
   Zu dieser amtlichen Meldung schreibt die „Wiener Zeitung " :
„Seit den tragischen Iuliereignissen ist diese noch unge¬                                                                                                            wenden und seine Hilfe und Unterstützung zu erbitten . S :ets
klärte      Untat     an der österreichisch-bayrischen Grenze der                                                                                                    hat der Völkerbund auch Verständnis für Oesterreich und seine
e r st e F a l l, der auf ein Wiederaufflackern der Grenzzwischen-
                                                                                 Rückkehr         Papen -i nach Wien              Ende September.                    Schwierigkeiten gezeigt und seine Hilfsbereitschaft praktisch
fälle schließen lassen könnte . Leider hat die Wacht der öster-                    Das „Deutsche Nachrichtenbüro " meldet : Gegenüber Mel¬                           betätigt . In der großen Weltöftentiichkeit wird man über den
reichi 'chen Exekutive an den Marken unseres Landes wieder                       dungen Wiener Blätter wird von zuständiger deutscher Stelle                         Wert und den Zweck des Völkerbundes vielleicht verschiedener
ein neues Opfer gefordert . Die Haltung der nationalsoziali¬                                                                                                         Meinung se n ; fest steht auch, daß der Völkerbund in wich¬
                                                                                 in Wien mitgeteilt , daß von einer Aenderung des bisherigen
stischen Partei gegenüber Oesterreich ist in der letzten Zeit                    Planes , wonach Vizekanzler von Papen gegen Ende Septem¬                            tigen Fragen und Streitfällen oft versagt hat und er auch
vollkommen undurchsichtig            geworden . Ucber die Führer                 ber nach Wien zurückkbhren werde , nichts   bekannt sei.                            nicht jenes unparteiische Forum ist, das er nach den ursprüng¬
                                                                                                                                                                     lichen Absichten seiner Gründer sem sollte . Wir Oestcrreicher
                                                                                                                                                                     haben aber begründete Ursache, dem Völkerbund für das
                                                                                                                                                                     Oesterreich cntgegengebrachte      Vertrauen  und Verständnis
                                                                                                                                                                     dankbar zu fein und die vom Völkerbund für Oesterreich ge¬
                              Der Widerhall der Äanzlerrede in                                                     Genf.                                             leistete Hilfe hat uns bereits einige Male aus kritischen Lagen
                                                                                                                                                                     gerettet.
                                                                                                                                                                        Diese enge Verbundenheit Oesterreichs mit dem Völkerbund
                                In Wien.                                         könne nicht rein nach seinem Flächeninhalt und seiner Bevölke¬
                                                                                                                                                                     war es auch, die dem Bundeskanzler Dr . Schuschnigg über¬
  Wien , 14. Sept . Sämtliche Wiener Blätter nehmen von der                      rungszahl gewertet werden . Dies gilt nicht allein angesichis                       zeugende         Worte     über    die Aufgabe Oesterreichs im
Kanzlerrede mit Genugtuung Kenntnis und widmen ihr einen                         der hohen kulturellen Mission , die Oesterreich als Mittler zwi¬
                                                                                                                                                                     europäischen Konzern in den Mund legte . Seine Rede war
breiten Raum . Die „Reichspost " würdigt sic u . a . wie folgt:                  schen dem Westen und dem Osten, dem Norden und dem
                                                                                                                                                                     in ihrem Aufbau und in ihrer Gestaltungskraft eine staats¬
                                                                                 Süden fast seit einem Jahrtausend erfüllt , dies gilt nicht allein
       „Logik ist nicht sör alle Leute . Wer aber fähig ist, sich über bie                                                                                           politische        Meisterleistung        und    in ihrer Wirkung
                                                                                 angesichts der wirtschaftlichen Mittlerstelle , die zum guten Teil
    Parteileidenschast za erheben und sachlich zu prüfen , der wird der                                                                                              muß sie als eine europäische            Tat gewertet werden . In
   Logik nicht widerstehen können , die der von Bundeskanzler Dok¬               die handelspolitische Bedeutung Wiens ausmacht , dies gilt ror
                                                                                                                                                                     logischer Folgerung hat der Kanzler den Werdegang und die
    tor Schuschnigg      geschilderten Tatsachenreihe inncwohnt : Hier           allem auch von der Bedeutung Oesterreichs und der Erhaltung                         Schicksale der jungen Republik Oesterreich erörtert und aus
   müht sich ein kleines , durch Friedcnsoertrag      und Weltwirtschafts¬       seiner S e l b st ä n d i g k e i t im Hinblick auf den Frieden , d e
   krise schwer mitgenommenes Land um seinen Wiederaufbau . Zen¬                                                                                                     der Vergangenheit auf Gegenwart und Zukunft geschlos en.
                                                                                 Ruhe     und Ordnung               auf dem ganzen         europä¬
   trifugale , staatsverneinende      Kräfte stellten sich seinem Lebens¬                                                                                            Am Eingang seiner Rede stand das großzügige Bekennt¬
                                                                                 ischen Kontinen          t ."
   willen entgegen ; schwere parlamentarische         Mißstände , Mängel                                                                                             nis     zu dem       österreichischen         Lebenswillen,
   der Verfassung , das Fehlen einer starken Staatsautorität         begün¬         Die „W . N . N ." schließen ihre zustimmenden Bemerkungen                        wurzelnd in dem festen Bewußtsein , daß Oesterreich auch
   stigten die innere Wehrlosigkeit des Staates , der nicht die Lieb¬
   haberei irgendeiner schmalen Schichte , sondern zu tiefst verankert           zu der Rede mit den Sätzen : „Bundeskanzler Dr . Schuschnigg                        in Hinkunft aus eigener Kraft Ruhe               und Ordnung
   in den Lebensnotwendigkeiten        und in der Anhänglichkeit seines          ist ein guter , ja ein glänzender und eindrucksvoller Rednm.                        im Staate        zu verbürgen       vermag .   Es waren        stolze
   Volkes und überdies einer jener Angelpunkte ist, stn denen dos                Das bezeugt jeder , der Gelegenheit hatte , ihn einmal sprechen                     Worte , die die Versammlung au 'horchen ließen , denn in
   labile , gefährlich labile Gleichgewicht und der Frieden Europas              zu hören . Es ist gewiß , daß sein Auftreten in Genf seinen Ein¬
   ruhen . Er muß sich wehren um seiner selbst willen und wegen der
                                                                                                                                                                     früheren Jahren hörte dieser Kreis von Staatsmännern            mei¬
   Verantwortung,             die er um das Schicksal des eigenen Vol¬           druck auf die Mächtigen der Erde nicht verfehlt hat . Man kann                      stens nur die These von der angeblichen Lebensunfähigkeit des
   kes und den allgemeinen Frieden trägt . Oesterreich will nicht den             auf das Echo seiner Rede , das sicherlich nicht ausbleiben wirb,                   österreichischen Staates . Am Mittwoch hat der österreichi 'che
   Absolutismus rehabilitieren . F e ft i g k e i t, tiefe Uebcrzeu        -     gespannt sein."                                                                     Bundeskanzler klipp und klar berausgesagl , daß der österrei¬
   gung       und österreichische         Herzenswärme           sprachen
    aus den Ausführungen des Bundeskanzlers . Wer Oesterreich w .ll,                                       In Frankreich.                                            chische Staat heute mehr als je unbedingt          gewillt ist, oen
   wer den zähen staatlichen Lebenswillen des Oestcrrcichers versteht                Paris , 14. Sept . Die Rede des Bundeskanzlers           in der                 österreichischen           Raum       zu erhalten       u n b zu
    und seinen Dienst am Frieden , der wird in den Applaus ein-
                                                                                  Völkerbundversammlung       wird von der französischen                             schützen und diese Aufgabe unter allen Umständen erfüllen
   stimmen , der im Sral der Völkerbundversammlung             Dr . Schusch¬                                                                                         wolle . Er forderte lediglich, daß diese Aufgabe nicht von außen
   nigg umbraust hat ."                                                           Presse     in langen Auszügen wiedergegeben und durchais
                                                                                  günstig      und freundlich    kommentiert . Die meisten Blä :-                     gestört werde . Dr . Schuschnigg mußte darauf Hinweisen, daß
   Das „N . W . T ." schreibt u . a .: „Mit ungewöhnlichem Nach¬                  ter bezeichnen die Rede Dr . Schuschniggs als das Ereignis                         solche Störuugsversuche in diesem Jahre bereits zweimal zu
druck und mit einer fast begeisterten Emphase bekannte sich                       des Tages       und vielfach als das H a u p t e r e i g n i s der                 blutigen Ereignissen geführt Haber , die hätten vermieden
der österreichische Regierungschef vor dem Völkerbunde zu den                     Völkerbundversammlung                überhaupt . Die Bläticr                        werden können , wenn man Oesterreichs Selbständigkeit und
Gedanken der Toleranz            und Humanität,        des gleichen               betonen den außerordentlich starken und nachhaltigen Eindruck,                     Unabhängigkeit von allen Seiten geachtet hätte . Der Kanzler
Rechtes aller vor dem Gesetze. Der mächtige Beifall , der den                     den die sympathische Erscheinung des neuen Kanzlers und sein                        vermied es in vornehmer Zurückhaltung , unmittelbare Be¬
Worten des Bundeskanzlers folgte , galt wohl nicht zum wenig¬                     ruhiges und zugleich so energisches Auftreten in Genf hervor¬                       schuldigungen zu erheben ; aus dem Vorbringen der beka rn-
sten dieser Erklärung . In unserem Lande aber tut es wchl                         gerufen haben.                                                                     ten traurigea Tatsachen bewies er aber die Notwendigkeit
und wirkt es geradezu befreiend , daß der politische Führer des                                                                                                      des staatlichen Aufbaues auf g a n z n e u e n G r u n d l a g e n,
Landes mit solchem Nachdruck die Einheit unserer Staats-                                                      In der Schweiz.
                                                                                                                                                                      die fest in die österreichische Volksart und im österreichischen
führung mit dem Weltgcwissen und mit dem Kultuc-                                     Zürich , 14. Sept . Die „N . Z . Z ." schreibt: „Die Rede Dol-                   Wesen verankert werden sollen.
bewußtsein          aller gesitteten Völker betonte ."                            tor Schuschniggs , die einen starken Eindruck hinterließ , wurde                      Die Rede des Bundeskanzlers         war in ihren : Grundion
    Die Wiener „Volks -Zeitung " bemerk : u . a .: „Das führende                  von der gesamten Versammlung mit nachhaltigem Beifall ain-                         versöhnlich      und friedlich.     Dr . Schuschnigg betonte die
französische Blatt , der „Temps ", schrieb vor wenigen Tagen,                     genommen . Der Nachfolger Dollfuß ' hat mit seinen als Aus¬                        Bereitwilligkeit Oesterreichs , mit allen Staaten im friedlichen
wer auch immer diesmal in Genf zum Präsidenten der Völker¬                        druck einer ehrlichen , tiefen Ueberzeugung wirkenden Aus¬                         Austausch der Güter zusammenzuarbeiten ; er wies in diesem
bundversammlung         gewählt werden würde , der wahre Vcr-                     führungen die Position Oesterreichs im Völkerbund gestärlt                         Zusammenhang auf die ungeheure politische Bedeutung les
sitzende dieser Tagung werde ein Schatten , die Erinnerung an                     und das internationale           Vertrauenskapital            der                  Donauraumes , dessen Kern Oesterreich ist, hin und überzeugte
einen großen Toten , der österreichische Märtyrer Dr . Engelbert                  neuen österreichischen Regierung g e m e h r t."                                   die Versammlung von der europäischen                Sendung,
Dollfuß       sein . Sem Nachfolger Dr . Schuschnigg hat in der                                                                                                      die Oesterreich als einer der ältesten Kulturfaktoren dieses
                                                                                                                 In Italien.
 ersten Vollsitzung des Völkerbundes eine Rede gehalten , in                                                                                                         Erdteils zu erfüllen hat . Die Rede , aus der tiefe Liebe zur
 der er seine Wirksamkeit als das Erbe und die Fortsetzung                           Rom , 14. Sept . Die Blätter bringen die Rede größtente ls                      Heimat und Pflichtbewußtsein im Dienste des Vaterlandes,
 der Dollfußschen Politik dargestellt und den großen Gedanken                     im Wortlaut und knüpfen daran wohlwollende Kommentare,                             aber auch gesamteuropäisches Empfinden hervorstachen , mußte
 der österreichischen Sendung in Europa herausgearbeitet hat.                     die zum Ausdruck bringen , daß Italien die von Dr . Schusch¬                       Eindruck machen und warme Anteilnahme für diesen kleinen
 Dr . Schuschnigg sprach nur eine Meinung aus , die heute förm¬                   nigg präzisierte Aufgabe Oesterreichs im Donauraum vollauf                         Staat Oesterreich wecken, der so tap -'er um sein Dasein kämpft.
 lich zum kleinen           Einmaleins       der   internationalen                würdigt und in freundschaftlicher Haltung Oesterreich stets zur                    Dr . Schuschnigg hat seine große Rednergabe für Oesterreich
 Europapolitik gehör :, wenn er sagte , das kleine Oesterreich                    Seite stehen wird.                                                                 nutzbar gemacht ; er wurde zum beredten Anwalt seines Vater-

 t
Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934
Seite 2.   Nr . 211.
                                                                                        „Innsbrucker         Nachrichten*                                                      Freitag , den 14. September        1934.

landes und es kann kein Zweifel obliegen , daß feine Worte
auch außerhalb des Völkerbundes Zustimmung und Beifall
finden und für Oesterreich neuerdings       werben    werden.
Der Widerhall in der großen Weltpresse beweist , daß Oester¬
                                                                            Entwaffnung verbotener Parteien nnd ihrer Brachialformationen.
reich allenthalben Freunde bat.
                                                                                                                   Wien . 14. September.            Alle unter dieses Verbot fallenden Waffen oder Munitions¬
   Dr . Schuschnigg hat für den Friede      n nach außen und
innen plädiert ; er hätte keinen günstigeren Zeitpunkt für den                 Amtlich   wird verlautbart : Rach dem soeben verlautbarten         gegenstände sind binnen      fünf Tagen       nach dem Inkraft¬
Appell wählen können . Frieden braucht Europa und in ganz                   Bundesverfassungsgesetz vom 31. August 1934 dürfen Per¬               treten dieses Gesetzes, das ist bis längstens Dienstag    , den
besonderem Maße braucht Oesterreich eine ungestörte , friedliche            sonen , die sich an einem der U m st u r z v e r s u che im           18. September       1934 , 24 Uhr Mitternacht , der Bezirksver¬
Weiterentwicklung . Daß dieser Frieden unserer schönen Heimat               Februar oder Juli 1934 beteiligt        haben , sowie Angehö¬         waltungsbehörde (Bundespolizeibehörde ) oder deren Organen
bald werde , ist heute der glühendste Wunsch eines jeden                    rige von Parteien , denen jede Betätigung in Oesterreich ver¬
Oesterreichers.                                                                                                                                   anzuzeigcn und nach deren Weisung abzuliefern.
                                                                            boten ist, und ihrer Brachialformationen              Waffen
                                                                                                                                                    Wer dieser Verpflichtung nachkommt , unterliegt nicht den
                                                                            und Munitionsgegenstände     weder besitzen noch tragen , auch
  Drei Leitgedanken in der Rede des Bundes«                                 wenn sie nach den Bestimmungen des Waffenpatents           oder       Strafbestimmungen ' dieses Gesetzes. Nach Ablauf dieser Frist
                                                                            sonstiger Verwaltungsvorschristen     hiezu berechtigt wären.         wird jeder    unbefugte     Besitz von Waffen und Muni¬
                             kanzlers.
                                                                            Dieses Verbot gilt sinngemäß auch für diese Parteien selbst           tion unnachsichtlich mit Geld bis zu 20.000 8 , bzw . Arrest bis'
  Von besonderer      Seite    wird          uns zu der Rede des            und deren Brachialformationen . Die den Betroffenen etwa
                                                                                                                                                  zu einem Jahr b e ft r a f t. Auch hat die Behörde auf den Ver¬
Kanzlers in Genf noch geschrieben:                                          zugestandenen Befugnisse zum Besitz und Tragen von Waffen
                                                                                                                                                  fall der Gegenstände zugunsten des Bundes zu erkennen.
    Einige Gedanken dieser Rede müssen hervorgehoben wer¬                   und Munitionsgegenständen     jeder Art verlieren mit dem In¬
den : Oesterreich hat sich seine Grenzen nicht selbst bestimmt,             krafttreten dieses Bundesgesetzcs , das ist mit 13. September         Ausländer haben die Abschaffung,           Inländer         die Abgabe
es sieht aber seine erste Aufgabe darin , den ihm zugewiesenen              1934, ihre Gültigkeit.                                                in ein A n h a l t e l a g e r zu gewärtigen.
Lebensraum             unangetastet         und unberührt          zu er¬
halten . Dies verdient deswegen besonders betont zu werden,
weil es die Grundlage und die erste Aufgabe einer wahrhaft                  fällt , GreuelnachrichtenüberOesterreichzu               über¬        gewisser Zeitschriften für den Zeitraum von drei Monaten
nationalen Politik bildet . Oesterreich kann es sich nicht er¬              nehmen und geflissentlich zu verbreiten . Sie hatte den trau¬         (Endtag 13. Dezember 1934) verlängert . Die gegen bestimmte
lauben , politische         Extratouren          zu tanzen , die den        rigen Mut , bis in die letzten Wochen eine Fahrt nach Oester¬         Zeitungen für eine längere Zeitdauer verfügten Verbote wer¬
Bestand des Staates gefährden . Seine ganze Politik muh aus                 reich geradezu als ein lebensgefährliches Unternehmen hinzu¬          den hierdurch nicht berührt.
das beste Einvernehmen mit allen Nachbarn und allen übrigen                 stellen, als ob der Fremde in Oesterreich auf Schritt und Tritt          Wien , 14. Sept . Das Bundeskanzleramt hat die Verbrei¬
                                                                            vom Tod umlauert wäre.
Staaten aufgebaut sein, um Oesterreich den Frieden zu er¬                                                                                         tung der Zeitung „Prager Montagblatt ", Erscheinungsort
halten und den Frieden Europas nicht zu gefährden . Dies ist                   Ich will darum zuerst vor aller Welt feststellen : Wir sind bei    Prag , im Inland für die Dauer eines Jahres verboten.
von der Politik des extremen Nationalismus            der letzten Ver¬      einer Fahrt vor wenigen Wochen mehr als tausend Kilometer
gangenheit vollkommen übersehen worden und man kann nicht                   durch Oesterreich gefahren . Wir wurden überall mit herzlicher              Tiroler      Schützen bei Kardinal              Znnitzer.
oft genug darauf Hinweisen, daß die Voraussetzung für jeden                 Gastfreundschaft ausgenommen . Die Greuelnachrichten haben
nationalen und wirtschaftlichen Wiederaufbau die Erhal¬                     sich als das erwiesen , was wir von Anfang an annahmen , als         Wien , 14. Sept . Es wird uns berichtet : Montag , um 12 Uhr,
tung      des Bestehenden           ist . Es müssen alle Wege ge¬           Lüge und Verleumdung.             Wir sind Zeugen für die Ver¬    marschierte die S p e ckb a ch c r S chü tz c n k o m p a g n i e
gangen werden , die zur Sicherung der österreichischen Un¬                  lautbarungen der Regierung : In Oe st erreich          herrscht   aus A b s a m mit ihrer Musikkapelle in den Innern Hof des
abhängigkeit , die eine Notwendigkeit der europäischen Kultur               Ruhe.
                                                                                                                                              erzbischöflichen Palais um dem Kardinal Fürsterzbischof Dok¬
ist, zu gehen unvermeidlich sind.                                              Wir Auslanddeutsche glauben und hoffen aus die Zukunft |
                                                                            Oesterreichs , wir vertrauen vor allem auf seine deutsche         tor   I n n i tz e r eine Huldigung darzubringen . Hauptmann
    Ein zweiter Gedanke verdient besonders ins Licht gesetzt zu
werden : Die geschichtliche            Sendung       eines       Staa-      Sendung.        Das Land mit seiner ruhmvollen Vergangenheit      C  o r a z z a erstattete dem Kardinal die Meldung . Die Kapelle
tes kann sich nicht an der zeitlichen               Bedingtheit             und Gegenwart hat dem deutschen Volk mindestens so viel zu        der Schützenkompagnie brachte dann einige Musikstücke zum
einer      Bewegung,         einer Front oder Partei erschöpfen.            geben , wie jeder andre deutsche Stamm ; wir können cs ver¬       Vortrag . In Vertretung des Tiroler Landes -Krieger - und
Leider wird nur zu wenig beachtet , daß politische Gruppierun¬              stehen, wenn essichgegenjedeGlcichschaltungzur
                                                                                                                                              Schützenbundes waren erschienen der Präsident des Tiroler
gen Ausdrucksformen einer besonderen Generation sind, die                   Wehr      setzt. Deutsch sein ist nicht nur in bestimmten staat¬
                                                                            lichen Grenzen , nicht nur im Rahmen einer totalitären            Landes   -Krieger - und Schützenbundes Josef Müßiggang,
durch nationale , wirtschaftliche und soziale Verhältnisse be¬
 stimmt sind. Es ist ein vollkommen falscher Gedanke , einer                Partei     möglich , sonst wären wir A u s l a n d d e u t s ch e Monsignore       W e i ß k o p f und Kommerzialrat    Fröhlich.
 Partei Selbstzweck zuzumessen oder ihr gar den Anspruch auf                dauernd         ausgeschlossen      aus    der Gemeinschaft des   Namens des Tiroler Landes -Krieger - und Schützenbundes
tausendjährige      Geltung zuzubilligen . Politische Ausdrucks-            deutschen Volkes , zu der wir uns mit allen Fasern unsres         hielt Präsident Müßiggang           eine kernige Ansprache , in der
formen sind Tageserscheinungen . Das Bleibende ist der durch                Herzens bekennen.
                                                                                                                                              er dem Kardinal den Dank der Tiroler zum Ausdruck brachte
eine gewisse geopolitische Lage vorgeschriebene Lebens-                                                                                       und ihn der unwandelbaren Treue der Tiroler Bevölkerung
r a u m und der nationale                Charakter      der Bevölke¬
rung . Durch diese beiden wichtigsten Elemente wird der                     Für die Freiheit und Selbständigkeit Oesterreichs.versicherte.
 Staatszweck bestimmt , und um ihn zu erfüllen , sucht sich jede              London , 14. Sept . Nach einer Reutermeldung aus Genf
 Zeit die ihr angemessenen Formen . Sie werden eben be¬                                                                                           Ein deutsches Blatt             über die Heldengedenkfeier
 herrscht vom Z e i t g e i st. Ein Denken , das sich nur in Pro¬           erwägen die Großmächte auf Beranlasiung         Italiens  einen                                     in Wien.
 grammen und Vorschriften einer Partei erschöpft, ist dazu ver¬             Vorschlag , nach dem die Großmächte die N a chb a r st a a t e n
                                                                                                                                                     Berlin , 14. Sept . Das „Berliner         Tagblatt " faßt die Ein¬
 urteilt , den Anschluß an den Ablauf der Ereignisse zu ver¬                O e st e r r c i chs zur Unterzeichnung eines Paktes einladen.
 säumen . Keine Partei , keine Front , keine Bewegung ist im¬                                                                                     drücke anläßlich des ö st e r r e i chi s ch e n F r o n t s o ! d a t e n-
                                                                            in dem sic sich zur Nichteinmischung          in österreichische
 stande und berechtigt , sich Ewigkeitswerte beizumessen . Diese                                                                                  treffens     Heldengedenkfeier
                                                                                                                                                                (                  ) zusammen und schreibt, daß
                                                                            Angelegenheiten   verpflichten . Das Deutsche Reich würde
 liegen vollkommen jenseits des Rationalismus           politischer und                                                                           alle die, die miteinander für Oesterreich kämpften , nun wieder
                                                                            natürlich zur Beteiligung an dem Pakt eingeladen werden.
 wirtschaftlicher Erwägungen . Es ist vielleicht gerade ein                                                                                       als eine      Front      den    Neuaufbau        vollziehen
 Hauptfehler nationalsozialistischen Denkeirs , daß es glaubt,
                                                                                                                                                  mögen , ist das unausgesprochene Motto jener Reden , die in
 einen zeitlichen Abschluß politischer Entwicklung für immer                            Rege Fühlungnahme in Gens.
 bilden zu können . Die Griechen haben gesagt : „Alles fließt " .                                                                                 diesen Tagen gehalten wurden , und man darf sagen , die Her¬
 Und nichts ist so veränderlich als Politik und ihre Auffas¬                  Gens , 14. Sept . Bundeskanzler Dr . Schuschnigg       und          zen der meisten scheinen tatsächlich zueinander gefunden zu
 sungen.                                                                    Bundesminister     Berger    - Walde    n egg wohnten    Don¬
                                                                                                                                                  haben . Die Erinnerung an die große Vergangenheit erweckt
                                                                            nerstag vormittags der Sitzung der Völkerbundversammlung
     Der dritte und vielleicht w i cht i g st e Gedanke              der                                                                          den Wunsch, diese wieder zu ehren . Das Wort O e ft e r -
                                                                            bei. Der restliche Teil des Vormittags war mit Besprechungen
 Kanzlerrede war der , daß Oesterreich durch den Mund des                   des Bundeskanzlers sowohl innerhalb der Delegation als auch           reich wurde von all den Menschen , die da zusammenkamen,
 Kanzlers betonen ließ , daß eskeinePolitikderExklu-                        mit einer Reihe von Delegierten fremder Staaten ausgefüllt.           mit sehr viel Liebe und auch schon wieder mit einem Gedan¬
 fivität     betreiben wolle und mit jedem Staate zu verhan¬                U. a. suchte der erste ungarische Delegierte , Minister a. D.
 deln bereit sei. Das will wohl sagen , daß die römischen                                                                                         ken inneren        Stolzes     ausgesprochen.
                                                                            General T a n c z o s, den Bundeskanzler auf und hatte mit
 Verträge,        die Oesterreich unterschrieben hat , die Verhand¬         ihm eine längere Unterredung . Unmittelbar vor der Sitzung
 lung mit jedem anderen Staate offenlassen . Der Sinn des                   der Völkerbundversammlung       stattete Bundeskanzler Doktor
 Dreieroertrages zwischen Italien , Oesterreich und Ungarn war              Schuschnigg dem Schweizer Bundesrat M o t t a einen Besuch                Die erste Tagung des Bersassungssenates
 nicht der , vor den anderen Staaten die Türe zu schließen, son¬
 dern sie für jeden Staat , der dazu gewillt ist, gastlich offen
                                                                            ab und dankte ihm bei dieser Gelegenheit auch persönlich für                            beim Bundesgerichtshof.
                                                                            die warmen Worte des Gedenkens , die der erste Delegierte der
 zu halten . Es war schon ein Grundsatz des Kanzlers Doktor                 Schweiz in der vorgestrigen Vollversammlung        des Völker¬           Aus Wien wird berichtet : Am 10. Oktober beginnt die auf
 Seipel,      Oesterreich nicht nach irgend einer bestimmten Seite          bundes dem verewigten Bundeskanzler Dr . Dollfuß gewidmet             vier Tage anberaumte erste Tagung des Verfassungssenates
 dauernd zu binden , sondern gewissermaßen eine Außen¬                      hatte.                                                                beim Bundesgerichtshof , der bekanntlich der Nachfolger des
 politik       der freien     Hand zu betreiben . Auch der Chef                                                                                   ehemaligen Verfassungsgerichtshofes ist. Wie beim ehemaligen
                                                                               Am Nachmittag fand eine längere Aussprache zwischen Bun¬
 der italienischen Regierung , Mussolini,          hat mehrmals in                                                                                Verfassungsgerichtshof wird auch beim Berfafsungssenat des
                                                                            deskanzler Dr . Schuschnigg und dem tschechoslowakischen
 ganz offizieller Weise betont , daß die römischen Verträge den                                                                                   Bundesgerichtshofes viermal          im Jahre (März , Juni , Ok¬
                                                                            Außenminister Dr . B e n e s ch statt , die sich auf verschiedene,
 Beitritt anderer Staaten nicht ausschließen . Es ist nur folge¬                                                                                  tober und Dezember ) je eine Tagung stattfinden , während
                                                                            die beiden Länder interessierende Fragen bezogen hat . Bun¬
 richtig , wenn der Bundeskanzler          eine Wirtschaftspolitik der                                                                            beim Bundesgerichtshof selbst wie bei seinem Vorgänger , dem
                                                                            desminister für die auswärtigen        Angelegenheiten , Berger-
 Autarkie abgelehnt hat , weil sie zwangsläufig zu einer Politik                                                                                  Verwaltungsgerichtshof , täglich         Verhandlungen     find. In
                                                                            Waldenegg , setzte seine Besuche bei den fremden Delegations¬
  der Exklusivität führen müßte . Es ist wirtschaftlich durchaus                                                                                  der vom 10. bis einschließlich 14. Oktober d. I . stattfindenden
                                                                            chefs fort und hatte hiebei u. a . Besprechungen mit dem schwer
  richtig gesehen , wenn der Kanzler darlegte , daß die Wirt¬                                                                                     ersten Tagung gelangen zumeist Streitsachen aus Dispensehen
                                                                            bischen Außenminister und Vorsitzenden der Völkerbundver¬
  schaftspolitik der Autarkie gleichbedeutend sei mit der Drohung                                                                                 zur Verhandlung . Es find dies die bekannten Streitfälle zwi¬
                                                                            sammlung , Sandler,        dem norwegischen Ministerpräsiden¬
  der Verarmung            und der Arbeitslosigkeit.                Eine                                                                          schen Gerichts - und Verwaltungsbehörde        wegen Erteilung der
                                                                            ten M o w i n k e l und dem dänischen Außenminister M u n ch.
  Politik des geschlossenen          H a n d e l s st a a t e s , wie sie                                                                         Dispens vom Ehehindernisse des bestehenden Ehebandes . Nach
  Fichte noch empfohlen hat , paßt nicht mehr in das technische                Nachmittags empfingen Bundeskanzler Dr . Schuschnigg und
                                                                                                                                                  der ständigen Judikatur des ehemaligen Verfassungsgerichts¬
                                                                            Bundesminister      Berger -Waldenegg die ö st e r r e i chi s ch e
  Zeitalter des zwanzigsten Jahrhunderts , das am Wege ist,                                                                                       hofes wurden bekanntlich diese Beschwerden abgewiesen . Den¬
                                                                            K o l o n i e in Genf . Zu dem Empfang waren alle in Genf an¬
  Zeit und Raum in ungeahnten Ausmaßen dauernd zu über¬                                                                                           noch liefen immer neue derartige Beschwerden beim Ver¬
  winden . Die Autarkie gehört mehr in das Gebiet wirtschaft¬               wesenden österreichischen Funktionäre des Sekretariates         des
                                                                                                                                                  fassungsgerichtshof ein , wo sie länger als ein Jahr unerledigt
  licher Kriegsvorbereitung als in das der wirtschaftlichen Wie¬            Völkerbundes und des Internationalen         Arbeitsamtes , sowie     liegen bleiben mußten , weil der Verfassungsgerichtshof durch
  deraufrichtung . Oesterreich will aber keinen Krieg vorbereiten,          zahlreiche in Genf anwesende Oesterreicher und Oester¬                den Rücktritt der Mehrzahl seiner Mitglieder beschlußunfähig
   sondern es will , wie der Kanzler eindrucksvoll betonte , ein            reicherinnen erschienen. Dem Empfang wohnten zur Bekun¬               geworden war.
   „monnmentum        puois " im Herzen von Europa bilden.                  dung ihrer freundschaftlichen Beziehungen zu Oesterreich auch
                                                                            mehrere derzeit in Genf anwesende fremde Staatsangehörige                Jetzt wird der Verfassungssenat des Bundesgerichtshofes
                                                                            bei, u . a . der Vertreter des Völkerbundes in Wien Dr . Rost         diese, nicht nur durch die bisherige Judikatur , sondern auch
                                                                            van T o n n i n g e n , der Berater der Ocfterreichischen Natio¬      durch das Konkordat          gegenstandslos gewordenen Rechts¬
        Ein Sudetendeutscher über Sesterreich.                              nalbank Frere , Dr . de Bordes          und der Vorsitzende der       fälle aufzuarbeiten haben . Die Verhandlungen vor dem Der-
                                                                            Paneuropäischen Union Graf Coudenhove                - Kalergi.       fasfungssenat , in denen der neue Präsident des Bundes¬
    Generaldirektor    Reichenberger          vom    Volksbund deut¬                                                                              gerichtshofes und der bisherige Präsident des Vcrfasfungs-
 scher Katholiken in der Tschechoslowakei hielt im Wiener Rund¬                                                                                   gerichtshofes Dr . D u r i g den Vorsitz führen wird , finden noch
 funk einen Vortrag , in dem er unter anderem ausführte : Mit                 Verbot reichsdeutscher Zeitungen in Oesterreich verlängert.         im Verhandlungssaale        des bisherigen Verfassungsgerichts¬
 Trauer und Schmerz muß ich leider gestehen , daß der unselige                                                                                    hofes im Parlamentsgebäude        statt , die nächste Tagung wird
 Bruderzwist , der die zwei größten deutschen Staaten entzweit,                Wien , 14. Sept . Amtlich wird mitgeteilt : Das Bundes¬            schon im neuen Heim des Bundesgerichtshofes am Iudenplatz
 auch eine tiefe    Kluft    in unfern     Reihen    aufgerissen            kanzleramt hat das seinerzeit verfügte Verbot der Verbreitung         (bisheriges Amtsgebäude        des Ackerbauministeriums ) statt¬
 hat , daß ein Teil unsrer sudetendeutschen Presse sich darin ge-           aller im Deutschen Reich erscheinenden Tageszeitungen und             finden.
Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934
Freitag , den 14. September 1934.                                                   Innsbrucker         Nachrichten'                                                                      Nr . 211. Seite Z.

                                                                        wasserdichten Kleidern versehen , da sie häufig von Wasser¬            Aktinlumzerfallsreihe aufklären , die man bisher noch nicht zu
   Die Gedächtnisausstellung der Arlbergbahn                            einbrüchen überrascht wurden usw.                                      durchschauen vermochte.
            in Innsbruck eröffnet.                                         Die sehenswerte Ausstellung . die wir schon gestern aus¬
                                                                                                                                                  lieber die biologischen          Wirkungen     des Aktiniums
   Die Ausstellung , die anläßlich des fünfzigjährigen Bestan¬          führlich beschrieben haben , ist bis Donnerstag , den 20. d. M .,
                                                                                                                                               ist wenig bekannt . Es handelt sich zwar um ein Bestrah-
des der Arlbergbahn im Museum Ferdinandeum veranstaltet                 geöffnet.
                                                                                                                                               l UN g S INi t t e l, das medizinisch verwendet werden kann , und
wurde , um vornehmlich die Entwicklungsgeschichte dieser so                                                                                    cs sind auch schon etliche Arbeiten darüber publiziert worden,
überaus      wichtigen West —Ostlinie anschaulich darzustellen,                                                                                aber Resultate von prinzipieller Bedeutung wurden noch nir¬
wurde gestern vormittags vor einem kleinen Kreis geladener                          Neues aus der Strahlenkunde.                               gends erreicht . Was die Lebensdauer des Aktiniums betrifft,
Gäste feierlich eröffnet . Der ehemalige Direktor der Bundes-                                                                                  so liegt der obigen Meldung zweifellos ein Irrtum zugrunde.
Lahndirektion Innsbruck , Hofrat Ing . Karg l, Präsident des               Professor Brasse     von der Universität in Chikago hat , wie       Aktinium verliert die Hälfte seiner Substanz keineswegs erst
Vereines der Ingenieure in Tirol und Vorarlberg , begrüßte              schon kurz berichtet , ein Zehntelgramm Aktinium         gezeigt,      in 32.000 Jahren . In dieser Hinsicht mag vielleicht eine Ver¬
vor allem Landeshauptmannstellvertreter           Dr . Peer, Regie¬     das aus einer Tonne Uraniumerz (Pechblende ) gewonnen wor¬             wechslung mit der Muttersubstanz des Aktiniums , dem Pro-
rungskommissär Fischer           und    die anderen Festgäste und       den ist und 5000 Dollar kostet. Die wissenschaftlichen und medi¬       a kt i n i u m, unterlaufen sein. Das Proaktinium , aus dem sich
gab dann einen kurzen , aber ungemein fesselnden Bericht                                                                                       das Aktinium durch radioaktiven Zerfall bildet , hat eine außer¬
                                                                        zinischen Möglichkeiten der Verwendung von Aktinium sollen
über die Entstehung der Arlbergbahn . Man kann sich ja heute                                                                                   ordentlich lange Lebensdauer . Hingegen ist die Lebensdauer
kaum mehr zurückdenken in jene Zeit , da man in Post - oder             außerordentlich weitreichend sein. Aktinium strahlt die Hälfte         des Aktiniums verhältnismäßig kurz, cs zerfällt schon in un¬
Stellwagen über den Arlberg fuhr , der besonders im Winter              seiner metallischen Substanz erst in 32.000 Jahren           aus,      gefähr zwanzig         Jahren.
ein Schrecken für die Fuhrwerksleute          war . Die Errichtung      Radium dagegen schon in 1600 Jahren.
einer Bahnlinie über diesen völkertrennenden Berg bedeutete                Zu dieser Meldung erklärt ein hervorragender            Wiener
den Anschluß an den Weltverkehr                  und es ist bezeich¬                                                                                     Generalstreiks bedrohen die Welt.
                                                                        Strahlensorscher : Der Bericht über die Arbeiten des ameri¬
nend , daß es ein englischer            Offizier      war , der schon
                                                                        kanischen Gelehrten könnte nur bedeuten , daß es nun endlich              Fast zur gleichen Stunde , als die s p a n i s ch e n E x t r e m i-
im Jahre 1827 die erste Anregung hiefür gab . Freilich war                                                                                     st e n ihren Generalstreik wieder abblasen mußten , gab der
sein Vorschlag viel zu umständlich , denn er wollte den bedeu¬          gelungen ist, das Metall Aktinium         che in i sch rein her-
                                                                                                                                               Kongreß des sozialistischen Bergarbeitcrverbandcs           in Bel¬
tenden Höhenunterschied          durch Anlage eines sogenannten         zustellen . Die Substanz selbst ist schon seit längerer Zeit be¬       gien die Generalstreikparolc aus . In der II8 X . - T e x ::il -
S p i tz k e h r e n s y st e m s überwinden . Der Zug sollte von       kannt und auch das Wiener Radiuminstitut der Akademie der              i n d u st r i c streiken immer noch gegen 500 .000 Arbeiter . Und
der Lokomotive zuerst eine Steilstrecke hinaufgeschoben wer¬                                                                                   in der vergangenen Woche hat der englische Gewerkschafts¬
                                                                        Wissenschaften besitzt kleine Mengen davon , mit denen na¬
den , dann eine ebene Strecke gezogen , dann wieder ein Stück                                                                                  kongreß in Weymouth den Unternehmern einen Generalstreik
hinanfgeschoben und so fort . Später verfiel man auf die Idee           türlich wiederholt experimentiert worden ist. Bisher konnte
                                                                                                                                               angedroht , wenn sie nicht . . . Generalstreiksparolen         we 'den
einer dreischienigen Anlage oder einer Zahnradbahn . Alle               man jedoch das Aktinium nie ganz rein darstcllen . Es war
                                                                                                                                               durch die Länder getragen . Nach den verheerenden Wirkungen
diese Pläne mußten aber daran scheitern, daß eine auf diese             stets mit vielen Unreinheiten behaftet . Wären diese Schwie¬           eines längeren Ausstandcs für die nationale Wirtschaft scheint
Art hergestellte Bahn niemals die unbedingt erforderliche               rigkeiten nun überwunden        und die Darstellung        chemisch    niemand zn fragen.
Leistungsfähigkeit erreicht hätte.                                                                                                                Von den Streiks , die augenblicklich in vielen Ländern durch¬
                                                                        reinen Aktiniums möglich, dann wäre dies eine wissenschaft¬
   Schließlich entschied man sich doch für die Errichtung einer                                                                                 geführt werden , interessiert die Deutschen vor allem der bel¬
                                                                        lich zweifellos interessante Angelegenheit . Man könnte dann
normalen Eisenbahnlinie , aber es dauerte lange , bis alle                                                                                     gische Köhlenstreik . Nach dem Willen des belgischen Berg¬
Meinungsverschiedenheiten      über die Trassenführung und die          nämlich endlich auch auf direktem Weg das Atomgewicht dieses           arbeiterverbandes soll der Kohlenstreik erst am 17. September
Anlage des Tunnels beseitigt und jene großen Schwierigkeiten            Metalles erhalten und dadurch gewisse Unklarheiten in der              beginnen . Wenn sich die brlgischen Bergarbeiter ausnahmslos
überwunden       waren , auf die wir noch ausführlicher zurück¬                                                                                an dem Streik beteiligen , würden etwa 135.000 Mann erfaßt
kommen werden . Mehr als ein halbes Jahrhundert         war seit                                                                               werden . Erst vor zwei Jahren suchte ein allgemeiner Kohlen¬
der ersten Anregung jenes weitblickenden Engländers ver¬                                                                                       streik die belgische Wirtschaft heim . Es ging damals um ähn¬
strichen , bis endlich am 15. Mai 1880 die Wiener Baudirektion                                                                                 liche Dinge wie heute . Die belgischen Bergarbeiter wehren sich
mit der Leitung des Baues beauftragt wurde . Bekanntlich                                                                                       gegen die fünsprozentige Lohnkürzung , die ihnen vom Zechen¬
wurde das gigantische Werk in überraschend kurzer Zeit bo-                                                                                     verband angekündigt worden ist. Offenbar halten die belgischen
wältigt und die Arlbergbahn am 20. September 1884 dem                                                                                          Unternehmer die so lange aufgeschobene Auseinandersetzung
allgemeinen Verkehr übergeben.                                                                                                                 mit den sozialdemokratischen Gewerkschaften jetzt für unabwend¬
   Seither ist ein weiteres halbes Jahrhundert vergangen und                                                                                   bar . Durch die schroffe Haliung der Unternehmer und der Ge¬
wir können nun erst ganz die ungeheure Bedeutung dieser                                                                                        werkschaften wird die autoritäre belgische Regierung in eine
Dahn ermessen . Die erste Auswirkung der Arlbergbahn , deren                                                                                   schwierige Lage hineinmanöveriert.
Errichtung 41 Millionen Gulden kostete, wovon 19 Millionen                                                                                        Bei jedem Generalstreik taucht die Frage aus : W e r f i n a n¬
auf den Tunnelbau allein entfielen , war eine so bedeutende                                                                                    zier t d en S t r e ik? Man weiß , daß die belgischen Gewerk¬
Steigerung    des Verkehrs , daß der Bregenzer Hafen ausge¬                                                                                    schaften seit langem gar nicht mehr zahlungsfähig sind. Vor
baut werden mußte . Immer mehr wuchs dieser Verkehr an                                                                                         wenigen Wochen erst brach der langdauernde Textilarbeiter¬
und märe seine Entwicklung nicht durch den Krieg unter¬                                                                                        streik in Verviers zusammen . 16.000 vordem gewerkschaftlich
                                                                                                                                               organisierte Arbeiter mußten bedingungslos ihre Arbeit wieder
brochen worden , so hätte er schon längst die Anlage eines
                                                                                                                                               aufnehmen , wenn sie nicht entlassen werden wollten . Die Ge-
zweiten Geleises notwendig gemacht . Im übrigen wurde
                                                                                                                                               werkschastszcntrale in Brüssel hatte einfach keine Streikgeldcr
durch die mittlerweile erfolgte Elektrifizierung der Bahn ihre
                                                                                                                                               mehr zur Verfügung . Wie die belgischen Gewerkschaften den
Leistungsfähigkeit ganz bedeutend erhöht . Hofrat Kargl schloß
                                                                                                                                               jetzt proklamierten Kohlenstreik durchhalten wollen , bleibt ihr
seine Ausführungen mit dem Wunsche , daß die Arlbergbahn
                                                                                                                                               Geheimnis . Sicher ist das eine , daß die belgischen Arbe ter
ihre Aufgaben auch künftig ebenso restlos erfüllen möge wie
                                                                                                                                               immer mehr der gewerkschaftlichen Organisation überdrüssig
bisher.
                                                                                                                                               geworden sind. Die Krise , die bereits die Gewerkschaften ersaßt
   Nachdem Landeshauptmannstellvertreter       Dr . Peer eben¬
                                                                                                                                               hat , dehnt sich allmählich auck auf die sozialdemokratische Par¬
falls die Bedeutung der Bahn gewürdigt und die Ausstellung
                                                                                                                                               tei Belgiens aus . Gerade dies scheinen die belgischen Unter¬
für eröffnet erklärt hatte , übernahm Hofrat Kargl die Füh¬                                                                                    nehmer zu beabsichtigen.
rung und teilte hiebei interessante Einzelheiten mit , wie z. B .,
                                                                                                                                                  Sicherlich wird auch die belgische Regierung wie die U8A .»
daß beim Tunnelbau fast dreieinhalb Jahre hindurch Tag                                                                                         Regierung in Amerika eine Intervention          versuchen . Die Ge¬
und Nacht in drei Schichten gearbeitet wurde . Auch an Sonn-                                                                                   werkschaftskassen sind hüben und drüben leer . Und die Bl cke
und Feiertagen     ruhte die Arbeit nicht, nur an den hohen                                                                                    der streikenden Arbeiter richten sich nach den staatlichen Behör¬
Festtagen des Jahres , zu Weihnachten , Ostern und Pfingsten                                                                                   den , die vielleicht am ehesten einen Ausweg aus einer ver¬
und am Barbara -Tage — St . Barbara ist bekanntlich die                                                                                        fahrenen Situation wissen. Ob bei einer Ausdehnung des bel¬
Schutzpatronin der Bergleute — wurde sie unterbrochen . Die                                                                                    gischen Kohlenstreiks Deutschland ins belgische Geschäft kom¬
Arbeiter im Tunnel — es waren ihrer 4000 — waren mit                                                                                           men könnte , ist von sehr verschiedenen Faktoren abhängig.

  (Nachdruck verboten.!                                          14        Trotzdem blieb eine Verstimmung in Helbing zurück. Immer            mehr , nie mehr für sich würde zurückgewinnen können . Weil

        Eva am Strand.                                                  wieder entdeckte er sich dabei , wie seine Gedanken sich mit Eva
                                                                        Willer beschäftigten . Er ärgerte sich darüber , schalt sich schwach
                                                                        und einfältig ; aber seine Gedanken gingen immer wieder den
                                                                                                                                               seine Liebe sich einer anderen zugewandt hatte . . .
                                                                                                                                                  „Du wunderst dich, weil :ch davon spreche, Stephan, " sagte
                                                                                                                                               sie langsam , schwer, und sie konnte nicht hindern , daß ein Ton
                  Roman von Hermann Wcick.                              gleichen Weg.                                                          leidenschaftlichen Schmerzes durch ihre Stimme schwang.
                                                                           „Was ist mit dir las , Stephan ?" fragte Hanna Moest , als           „Warum sollte ich schweigen, wenn ich dir vielleicht durch
    Eva Miller hatte ihren Kriegsplan geändert . Sie schien eiu-
                                                                        er eines Tages bei ihr im Zimmer saß. „Seit einer Viertel¬             Worte helfen kann . . . Ich weiß , daß du Eva Willer liebst . . .
gesehen zu haben , daß sie auf dem bisherigen Wege bei Helbing
                                                                        stunde sprichst du kein Wort !"                                        ich möchte dich glücklich wissen, Stephan . . ."
nicht weiter kam ; dieser Mann , den sic in manchen Stunden
                                                                           Er fuhr aus seinem Grübeln aus.                                        Er wollte ihr erregt entgegnen , aber sie gebvt ihm mit
haßte , erlag nicht so schnell, wie sie gewähnt hatte , ihren Vec-
                                                                           „Ich bin etwas müde . . ."                                          einer Handbewegung Schweigen.
führungskünsten.
                                                                           „Du machst seit einer Woche einen sehr nervösen Eindruck,              „Du mußt mich zu Ende hören , Stephan ! Ich bin dir nicht
   Nun zeigte sie ihm gegenüber ein kühles , gleichgültiges Be¬
                                                                        Stephan ! Du scheinst nicht recht zufrieden zu sein; immer bist        gram , weil es nun so gekommen ist. Wir haben es uns beide
nehmen . Spaziergänge , zu denen er sie einlud , lehnte sie unter
                                                                        du jetzt finster und einsilbig !"                                      anders gedacht, mit bestem Willen bist du wieder zn mir ge¬
fadenscheinigen Gründen ab . Trotzdem richtete sie es so ein,
                                                                           „Warum sollte ich nicht zufrieden sein ?" erwiderte er un¬          kommen , ich weiß das , Stephan ! Aber wer kann Menschen¬
daß sic immer wieder mit Helbing zusammentraf , am Strand,
                                                                        gehalten.                                                              herzen befehlen ? . . . Dir har das Schicksal Eva Willer in den
im Hotel , oder bei Tanzcreien . Dann behandelte sie ihn wie
                                                                                                                                               Weg geführt . . . ich kann und will nicht mit einem sterbenden
einen Fremden.                                                             Forschend betrachtete Hanna ihn ; etwas Mütterliches war in
                                                                        ihren Blicken. Nach einer , kurzen Pause fragte sie leise tastend:     Gefühl vorlieb nehmen , das doch nur ein mitleidiges Almosen
   Durch Widerspruch in Unterhaltungen , die sich hin und wieder                                                                               wäre . . ."
ergaben , versuchte sie, ihn zu reizen ; mit spöttischen, hämischen        „Macht Fräulein Willer dir Kummer ?"
                                                                                                                                                  „Hanna !" rief Helbing crschültcrt und griff nach ihrer
Bemerkungen ihn zu ärgern . Immer wieder legre sie es daraus               Wie aufgeschreckt richtete Helbing sich aus seiner zusammen¬
                                                                                                                                               zuckenden Hand.
an , ihn eifersüchtig zu machen . Sie hatte wieder eine große           geschreckten Haltung auf . Er fand nicht gleich eine Antwort.
                                                                                                                                                  „Wir wollen es uns nicht unnötig schwor machen , Stephani
Schar von Verehrern um sich versammelt.                                    „Fräulein Willer ?" sagte er dann mit schwachem Versuch,
                                                                                                                                               Du weißt jetzt, daß der Weg zu der anderen für dich frei ist!
    Mit anfänglicher Verwunderung , dann mit Aerger , in den            seinen Worten einen scherzenden Beiklang zu geben.                     Das wollte ich dir sagen ."
sich das Gefühl einer schmerzlichen Enttäuschung mischte, ge¬              „Ich glaube , du leidest ihretwegen , Stephan !"
                                                                                                                                                  „Und du, Hanna ?" fragte Helbing . Heißes Mitleid mit der
wahrte Helbing das veränderte Verhalten Eva Millers , das                  Helbing machte eine schroffe Handbewegung.
                                                                                                                                               blonden Frau , die klaglos entsagte , rauschte in ihm empor.
er sich nicht erklären konnte.                                             „Du irrst , Hanna !"
                                                                                                                                                  Sie stand auf und trat unter die Tür des Balkons . Draußm
    Warum legte sie auf einmal dieses schnippische Wesen ihm               Sie schüttelte den Kopf.
                                                                                                                                               lag das Meer im Sonnenschein ; wie in einer stummen Frage
gegenüber an den Tag ? Er hatte doch deir Eindruck gehabt,                 „Du belügst dich, Stephan !"
                                                                                                                                               blickte Hanna Moest in die Weite.
daß sie in ihm mehr als den flüchtigen Badebekannten sehe;                 Er senkte den Kopf . Nach einer Weile erhob er sich und
                                                                                                                                                  „Ich kann dich nicht ganz verliere », Stephan, " sagte sie leise,
aus vielen kleinen Anzeichen hatte er geschlossen, daß sie ihm          ging auf Hanna zu.
                                                                                                                                               ohne sich umzüwenden , „deine Gedanken sollen immer gerne
ein wärmeres Empfinden entgegenbringe.                                     „Warum sprichst du . . . gerade du , Hanna , von i h r ?"
                                                                                                                                               bei mir sein . . . deshalb will ich dir nicht im Wege steher,
   Und nun diese Wandlung?                                                 Langsam , wie besinnend , strich sich Hanna Moest mit der           wenn es dein Glück gilt . . ."
    Obwohl es ihm anfangs schwer wurde , unterließ er doch              schlanken .Hand über die Augen . Es war eine Geste, die etwas
                                                                        Entsagungsvolles an sich hatte.                                                                       XVI.
 vcitere Versuche, ein Alleinsein mit Eoa Miller herbeizuführen,
 tluch sonst vermied er es, mit ihr zusammenzutreffen . Es war            Ja , sie hatte entsagt . In schweren, bitter schweren Kämpfen          Ein genießerisches Lächeln im rotbackigen Antlitz, den dün
 licht seine Art , einer jungen Dame , die ihm so offen ihre Ab¬        hatte sie sich durchgerungen zu dem Verzicht auf den Mann,             nen Spazierstock unternehmungslustig     schwingend , verließ
neigung zeigte , nachzulansen.                                          den sie immer mehr sich entgleiten sah und den sie doch nicht          Fritz Jason das Hotel.
Universitäts- und Landesbibliothek Tirol - Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1934
Seite    4.   Nr . 211.                                                                 Innsbrucker           Nachrichten                                                            Freitag , den 14. September        1934.

                                                                           im Tag pflücken, die aus den etwa 120.000 Pflanzen gediehen . Platz -        ! Leiterin einer Tabaktrafik . Wie aus den Erhebungen hervor¬

       Ms                    alleiffleff                                   lich zeigte sich jedoch ein unerwarteter Rückschlag,      die Ernteergeb -
                                                                           nissc ließen stark nach und sanken bis auf einige Kilogramm . Die
                                                                           Firma ließ nun das Wasser , mit dem die Pflanzen begossen wurden ,
                                                                                                                                                        s geht , befand sich die Frau in schlechten finanziellen Verhält¬
                                                                                                                                                        j nissen, so daß sie beschloß, ihr Geschäft in Brand zu stecken, um
                                                                                                                                                        !
                                                                           untersuche » und es wurde dabei seftgestellt, daß der Brunnen Spuren           so die Versicherungsprämie           einzukassieren . In der
                                                                           von Benzol und Benzin enthielt . Die Firma klagte nun die Oester-              Nacht ging sie in ihr Geschäft und legte das Feuer . Dir
Wiederaufnahme des Gasteiner                   Goldbergbaues.              reichischc Luswerkehrs A.-G ., da . sie die Verunreinigung der Brunnen
                                                                           mit der Nähe des Flugfeldes erklärte . Die Blätter der Erdbeeren
                                                                                                                                                          Flamme aber nahm sofort große Dimensionen an und die
                                                                           wiesen braune Brandslächcn auf , die nach Ansicht der Kläger älhältige         Frau blieb von den F l a m m e n g e f a n g c n . Herbcigeeilte
   Der seit dem Jahre 1923 eingestellte Goldbergbau in der                                                                                                Personen retteten sie nur mit Mühe aus dem brennenden
                                                                           Rückstände auswiescn . Das Zivillandesgericht muß nun die schwierige
Gasteiner Gegend soll in naher Frist , womöglich schon im be¬              Frage lösen , inwieweit der Flugverkehr mit seinen Begleiterscheinun¬          Raum , doch war es zu sp ät , denn die Frau hatte lebens¬
vorstehenden Winter , wieder ausgenommen werden . Da der                   gen imstande ist, aus das Wachstum von Erdbeeren einzuwirken . Die             gefährliche Brandwunden davongetragen.
Gasteincr Goldbergbau , der schon von den Römern genützt                   beklagte Parte ! wandte ein , daß die Tankanlaqcn in tadellosem Zu¬
und seit dem Jahre 717 wieder betrieben , um die Mitte des                 stande gehalten werden und das abrinnende Wasser in einen Sickcr-                 * Das Geheimnis der „Totengrotte ". Aus Rom wird berichtet:
                                                                           schacht geleitet und unschädlich geinacht würde . Beim Tanken der              Drei Höhleuforschcr aus Florenz         machten    eine aufsehen¬
16. Jahrhunderts      jährlich 2360 Mark Gold und 19.000 Mark                                                                                             erregende       Entdeckung     in E a st c l n u o v o, als sie in die
                                                                           Flugzeuge auf freiem Feld rinne allerdings Brennftojs in den Erd¬
 Silber ergab , zuletzt nur 70 bis 80 Kilogramm Gold im Jahre              boden . Die klagende Firma besitze einen viel zu starken Brunnen,              sogenannte „Totengrotte " einzudringen versuchten . Um sich den Zu¬
erreichte , wurde er als unrentabel gänzlich aufgegeben . In               der das Wasser aus weitester Entfernung aufsauge und die ungünstige            gang zu der Grotte zu verschaffen , mußten sic die Mauer eines
Wirklichkeit hat sich der Verwaltungs -, Herstellungs - und                Einwirkung selbst verschuldet haben müsse, da näher gelegene Brun¬             kleinen Landhauses niederreißen . Als die Mauer einstiirzte , bot sich
                                                                           nen völlig klares Wasser liefern . Die „OeLAG " erklärte überdies,             den Höhlenforschern ein schauriger Anblick. In dem Hause lagen am
Kontrollapparat bei der staatlichen Bewirtschaftung , die zuletzt          daß die Erdbeerkulturen durch eine B e e r e n k r a n k h e i t, einer        Boden zerstreut 60 menschlich     c, teils   noch gut erhaltene
 auf einen Bergarbeiter mehrere Beamte zählen ließ , als zu                Pilz , zugrunde gegangen seien . Um diese Einwendungen zu über¬                Skelette.     Man zog Erkundigungen ein und konnte das Geheim¬
kostspielig und unerträglich passiv erwiesen.                              prüfen , wurde die Verhandlung zur Einvernahme einiger Sachver¬                nis der ausgestapelten Toten lüften . Es handelt sich dabei um Bcr-
                                                                           ständiger vertagt.                                                             storbene , die um das Jahr 1866 hier beigesetzt worden waren und
   Die Privatwirtschaft,             die nunmehr ihr Augenmerk                                                                                            nachher in Vergessenheit        gerieten,
 auf den Rathausberg         bei Böckstein mit seinen ' Gold - und           * Ein lebensmüder Greis . Aus Linz wird berichtet : In Aiger
                                                                           im Mühlkreis hat kürzlich der 80jährige Holzschuhschnitzer Hain au'               * Methode zur Langlebigkeit . Die französische Akademie          ösfneie
Silberminen und auf die Gastein so nahe Ortschaft mit dem                  grauenhafte Art Selbstmord begangen . Der blinde und schwerhörige              kürzlich einen versiegelten Brief,   der ihr iin Dezember des Jahres
noch bestehenden Pech -, Wasch- und Amalgamicrwerk richtet,                Greis öffnete sich mit einem Taschenmesser die Schlagadern und ver¬            1896 von dem Abgeordneten und Journalisten Franz L a u r mit dem
rechnet mit Zuversicht darauf , gewinureich abzuschließen . So             blutete . Hain war seit dem Tode seiner Gattin leoensüberdrüssig ge¬           Ersuchen überreicht worden war , ihn erst nach 39 Jahren , also im
umständlich der Gewinnungsprozeß           der Erze , in denen das         worden . Der Greis war trotz feiner Altcrsleiden als der beste Holz-           September des Jahres 1934, zu öffnen . Laur teilt in dem Briefe
                                                                           schuhmacher des Mühlkrcises über seine Heimat hinaus berühmt.                  mit , daß er eine Methode        zur Erreichung       eines      langen
Gold mit dem Silber nur zu geringem Anteil enthalten ist,                                                                                                 Lebens      entdeckt habe und diese erst nach Sammlung von Erfah¬
und der Goldscheidungsprozeß sein mag , sie hätten auch das                  * Wunder der Natur . Die Firma Marie Herb e , Textil-                        rungen im Jahre 1934 bekanntgebcn will . Er erklärt in dem Briefe,
Gute , so und so viele Personen , sei es der Freiwilligen Ar¬              und Modewarenhaus in H o h e u e l b e, hat dieser Tage eine                   bis zum September des Jahres 1934 am Leben bleiben zu wollen,
beitsdienstes , sei es der noch in Böckstein und Umgebung woh¬             Herrenpilzfamilie              ausgestellt , die aus fünf Köpfen               zu welcher Zeit er das 90. Lebensjahr erreichte . Die Akademie stellte
nenden äußerst notleidenden früheren Bergleute zu beschäfti¬               bestand . Der Vater wog 1.75 Kilogramm , Kappenumfang                          fest, daß Franz Laur heuer im Mai           gestorben      ist , also vier
                                                                                                                                                          Monate vor dem Termin , den er sich selbst bestimmt hat . Während
gen . So bequem , wie etwa in Australien , wo man auch den                 102 Zentimeter , Kappendurchmesser zirka 40 Zentimeter . Die
                                                                                                                                                          seines ganzen Lebens habe er sich guter         Gesundheit         erfreut.
87 Kilogramm schweren Goldklumpen „Sarah Sands " ge¬                       Mutter wog 75 Dekagramm , die drei Kinder 30, 32 und 33                        In seinem Familientestament hinterli 'eß er seine Methode . Es scheint,
sunden hat , ist es mit dem Gasteiner , bzw. Böcksteiner Gold              Dekagramm . Alle waren durchwegs kerngesund und wurden                         daß cs sich hier um ein System geregelter Lebensführung und festen
                                                                           in F r i e d r i chs t h a l bei Spindlcrmühle gefunden.                       Willens handelt.
freilich nicht. Aber wenn es wahr ist, daß selbst im Straßen¬
schotter       Gold     bis     ein G r a m m p r o 1000 K i l o-             * Ei » exotischer Bräutigam . In Prag traf der Richter der Repu¬               * Der Luxuszug des Schahs . In R i g a ist dieser Tage der
g r a m m Steinmaterial        nachzuweisen ist, begreift man , daß        blik Syrien , S a l e h B e g I b n e l A r n b, aus Alexandrctte ein,         Salonzug cingetroffcn , der für den Schah       o o u P e r si e n
der Versuch, den Goldbergbau neu zu beleben , der die Land¬                der in den nächsten Tageit in Prag die Ehe mit Fräulein Hanna                  in Schweden hergeftellt wurde . Er darf als der g l ä n-
                                                                           Kaspar     aus Ruzyn bei Prag einmchen wird . Der exotische Bräut -
schaft vor ihren Heilbädern berühmt und wohlhabend gemacht                 gain ist nach Prag gekommen , ohne         seine    Bräut    vorher
                                                                                                                                                          zendste     Luxus     zu g gelten , der je für einen Fürsten ge¬
hat , auch in ernsten Fachkreisen nicht für aussichtslos angesehen         gesehen     zu haben . Die beiden lernten einander durch einen                 baut wurde . Jeder Wagen hat eine Länge von 20 Metern
wird . Der Traum des Tauerngoldes will wieder Wirklichkeit                 Briefwechsel        kennen , den der bekannte Orientalist Professor            und stellt eine technische Höchstleistung des modernen Waggon¬
werden . Die S ch m a l s p u r b a h n, die in erster Linie der           Zelcnka vermittelt hatte . Solch Bcg wird sich ungefähr eine Woche             baues dar . Nach außen sichert den Zug eine Panzerung von
                                                                           in Prag aushalten und dann mit seiner F ' au in seine Heimat zurück¬
Förderung der Erze dienen würde , wäre mit ihrer Führung                                                                                                  dicken Eisenplatten gegen eventuelle Ueberfälle , überdies kön¬
                                                                           kehren .'
durch das Anlauftal bis zum Naßfeld auch dem Touristen - und                                                                                              nen Fenster und Türen in 15 Sekunden durch eine sinnreiche
Fremdenverkehr höchst willkommen.                                             * Liebestragödie      in der Pußia . Nach einer Meldung aus                 Stahlkonstruktiou hermetisch abgeschlossen werden , wobei eine
                                                                           D e b r e c z i n spielte sich in der Pußta eine grausame Licbes-              besondere Einrichtung die Zufuhr frischer Lust gestattet . Alle
                                                                           tragödie ab . Die 29jährige Landwirtstochter Lydia E l e k hatte               Metallteile sind vergoldet oder versilbert , während die Tür¬
           Parlamentarischer    Ausflug           noch dem                 die Beziehungen zu dem 33jährigen Schafhirten Josef Nagy
                         Miktelmeer.                                                                                                                      griffe aus massivem Silber hergestellt sind. Die Grundfarbe
                                                                           abgebrochen . Dieser lauerte ihr auf , schnitt ihr mit einem                   der Wagen ist grau mit braunen Längsstreifen . Im Innern
   Die englische       n Parlamentsmitglieder      pflegen in ihren        Rasiermesser den Kopf           ab und zertrümmerte den Schädil                ist der Hoszug unter Verwendung der kostbarsten Holzarten
Ferien entsprechend den weltweiten Aufgaben des Hauses auch                mit einem Hammer in gräßlicher Weise , dann erhängte                           ausgestattet und möbliert , die Wände sind mit Damast und
die halbe Welt zu bereifen . Eine Parlamentskommission          be¬        e r s i ch. Dieser Tatbestand wurde von der Gendarmerie nach                   Seide bespannt , mit silbernem und goldenem Zierat in mas¬
sucht zurzeit O st a f r i k a, andere fahren nach Südamerika              Auffindung der beiden Leichen rekonstruiert.                                   siver Arbeit geschmückt. Etwas einfacher , aber noch immer
oder sogar nach Indien und Japan . Die konservative                           * Messerstecherei wogen einer Lichtrechnung . Aus R o m wird be¬            recht elegant ist die Ausstattung der für die Hofbediensteten
Partei hält dagegen auch an konservativen Sitten fest. Ungefähr            richtet : Dieser ungewöhnliche Fall trug sich im heißblütigen Rom              bestimmten Räume . Jeder Wagen hat besondere Anlagen für
300 prominente Mitglieder der konservativen Partei , darunter              zu . Fausto Manzctti        scheint ein ungewöhnlich strebsamer Burscys        Heizung , Kühlverfahren und Beleuchtung . Der Zug , der auf
                                                                           zu sein. Er verwendete die Stunden des Schlafes für die Erlernung
sehr viele Parlamentsinitglieder , haben einen Dampfer ge¬                 der englischen Sprache , um vermutlich als Fremdenführer             um so     der Fahrt das Vorrecht der Exterritorialität       genießt , wird
chartert , um damit eine Luftfahrt nach dem M i t t c l m e e r zu         bessere Geschäfte machen zu können . Als sein Vater jedoch nach ein            seinen Bestimmungsort über Rußland und Georgien erreichen.
unternehmen . Die „Adriatic " ist soeben mit dieser gewichtigen            paar Monaten die Ursache seiner ungewöhnlich hohen                Strom-
                                                                           r e ch n u n g e n entdeckte, geschah cs , daß er de» Eifer seines Sohnes         * Hochzeit nach Gewicht . Aus Belgrad        wird berichtet:
Besatzung an Bord in dem englischen Flottenstützpunkt                      verkannte und ihm eine Tracht         Prügel     verabreichte . Die Brüder     Es handelt sich hier nicht um einen Bigamisten oder Heirats¬
Gibraltar angelangt . Die Besucher konnten voller Befriedigung             Faustos scheinen aber mit dieser Degradierung des Studieneifers                schwindler von großem Format , sondern um einen Menschen,
die riesigen Batterien in dieser Sperrfestung betrachten . Für             Faustos nicht einverstanden gewesen zu sein. Es entwickelte sich eine
                                                                           nächtliche       Messerschlacht        zwischen den Brüdern und dem
                                                                                                                                                          der tatsächlich nach seiner dreizehnten Frau die vierzehnte
400 Gäste gab der Gouverneur von Gibraltar einen großen
                                                                           Vater . Das Ende von : Liede war ein Prozeß und die Bcrurtcilurg               genommen hat . Kam da vor einigen Tagen ein Zigeuner zur
Tanztee mit einem andalusischen Fest . Hundert nervenstarke
                                                                           Faustos zu drei Monaten Gefängnis.                                             Polizei in G r o ß - B e c k e r e k und verlangte für sich und
Konservative dagegen versäumten nicht, nach dem Städtchen
                                                                             + Musikerkongreß      in Venedig . Der erste Kongreß des stän¬               sein Weib , das er vor der Stadt zurückgelassen hatte , die Auf-
Tarifa hinüberzufahren , wo gerade ein Stierkainpf stattfand.
                                                                           digen Rates für internationale       Mustlrerzusammenarbeit     ist In         enthaltsbcwilligung . Um seine Familienverhältnisse      befragt,
                                                                           Venedig     unter    Vorsitz von R i ch a r d Strauß      und    unter         gab der Zigeuner an , er habe nur eine Frau , die eben seine
                                                                           Teilnahme van Vertretern      aus Oesterreich , Deutschland , Italien,
   * Ein Crdbcerpstanzer klagt die Oesterceichische Luftverkehrs 2t.-ß).   Südslawicn    und Dänemark      zusammengetreten . Der italienische            vierzehnte Ehehälfte sei. Das aber sei so gekommen : Drei
Aus Wien wird berichtet : Der Inhaber der Blumenhandlung            W.     Delegierte L u a l d i schlug die Errichtung eines internatio¬                 Weiber seien ihm gestorben , zehn entlaufen , die vierzehnte
R . Marx , Alois Rauer,    hat aus seinem Grundstück , das knapp           nalen     Archivs    für zeitgenössische Musiker vor , in dem die              habe er um schweres Geld erstanden . Rach Gewicht , und zwar
neben dem Asperner Flughafen liegt , vor einigen Jahren mit großen!        Biographien    aller modernen Musiker ausbcwahrt werden solle n.               120 Dinar        per Kilogramm.         Die Maid mußte eine
Kostenausmand eine E r Üb c e r k u l t u r angelegt , die die feinste       * Gräßliches Ende einer Brandstifterin . Das Opfer einer                     leichte Hülle umnehmen , die Schuhe ausziehen und wurde ge¬
Erdbccrsorte „Pauüy Perle " hcrvorbringt . Im Jahre 1933 begann
die Ernte und man konnte vorerst bis zu ISO Kilogramm Erdbeere»            Brandlegung wurde in V a l c g g i o die 46jährige T o s o r. i,               wogen . Sie hatte 54 Kilogramm , dafür mußte er ihrem Vater

   Gewohnheitsmäßig      warf er einen raschen , scheuen Blick                In der Nähe der Fremdenpension , in der sie wohnte » ging                      „Warum sehen Sie mich fortwährend an ?" sagte Sonja
zum ersten Stock hinauf ; sogleich aber spottete er über seine             Sonja Bendiener hin und her . Sie trug ein kupferrotes Sei¬                    eindringlich.
ängstliche Vorsicht. Von Elsbeth hatte er heute nichts zu be¬              denkleid , das zu dem blaß geschminkten Gesicht und den schwar¬                   Jason gab sich einen Ruck. Zum Teufel mit allen Bedenken
fürchten ! Seit zwei Tagen war sie außer Gefecht gesetzt. Mit              zen Haaren stark kontrastierte.                                                und Hemmungen ! Der Augenblick war günstig ; ihn mußte er
heftigen Zahnschmerzen und einem dick angeschwollenen Ge¬                     Mit aufmunterndem Lächeln sah sic Fritz Jason entgegm,                      nützen!
sicht lag sie zu Bett.                                                      der etwas keuchend ankam.                                                        Er griff nach Sonjas Hand und bedeckte sie mit feurigen
                                                                                                                                                          Küssen.
   Trotz seiner sonstigen Gutmütigkeit war Fritz Jason gefühl¬                „Warten Sie schon lauge , gnädiges Fräulein ?" fragte er
                                                                           nach den ersten Worten der Begrüßung.                                             „Sie sind die schönste Frau , die mir je begegnet ist, Sonja !"
los genug , insgeheim zu wünschen , daß Elsbeths Zahn¬
                                                                                                                                                          sagte er leidenschaftlich.
geschwulst' nicht so rasch verschwinde . Ein paar freie Tage , in             „Wenige Minuten . Im Zimmer war es mir zu schwül ge¬
denen er, den kontrollierenden Blicken seiner Gattin entrückt,                                                                                               „Wirklich ?"
                                                                            worden , da habe ich mich lieber hier draußen aufgehalten/                       „Mein Ehrenwort darauf ! Ich finde Sie so entzückend, daß
ungestört seinem Vergnügen nachgehen könnte , kämen ihm                       Sie gingen hinweg.                                                          ich Ihnen am liebsten einen Kuß geben würde !"
gerade jetzt sehr gelegen.
                                                                              Jason war sichtlich bestrebt , möglichst rasch aus dem Ort hin¬                Er wollten Sonja Bendiener umarmen ; blitzschnell rückte
   Die Sache mit der kleinen Bendiener war nämlich im                                                                                                     sie aber zur Seite.
                                                                           auszukommen ; aus zweierlei Gründen : einmal lief mau hier
besten Gange . . .                                                         in den belebten Straßen jederzeit Gefahr , Bekannten vom                          „Nicht so hitzig, lieber Freund !" sprach sie mit spöttischem
   Fritz Jasons heimliche Badebekauntschaft hatte ihm gründ¬               Hotel zu begegnen , auf Umwegen könnte Elsbeth etwas rou                       Lächeln.
lich den Kopf verdreht . Ein verteufeltes Frauenzimmerchen!                seinen Spaziergängen     erfahren . . ., zum anderen war das                      „Sie sind grausam , Sonja !"
nannte er sic in seinen Selbstgesprächen . Mit ihren feurigen              Alleinsein mit Sonja draußen in den Dünen allzu ver¬                              „Und Sie vorschnell, Herr Jason ! So rasch geht das bei mir
Augen mochte sie schon mancherlei Unheil angerichtet haben;                lockend . . .                                                                  nicht !"
ihm wurde jedesmal siedendhciß . wenn sie ihn ansah . Und                                                                                                    „Soll das eine Hoffnung für mich sein ?" fragte er hastig.
                                                                              Sie stapften dann durch den heißen Sand . Jason hielt bald
ein Temperament schien dies zierliche Persönchen zu besitzen,                                                                                                „Es kommt ganz auf Sie anl"
Donnerwetter!                                                              Umschau nach einem geeigneten Lagerplatz . Eine Mulde , in
                                                                           der sie den Blicken Vorübergehender einigermaßen verborgen                        Er machte eine theatralische Geste, die zu seinem rundlichen
   Ganz klug wurde Jason allerdings nicht aus ihr . Sie hatte              waren , erschien ihm sehr geeignet.                                            Aeußeren und dem rotbackigen Gesicht nicht recht passen wollte.
eine merkwürdige Art , Fragen , die ihre Vergangenheit betra¬                 „Wollen wir hier ein Weilchen bleiben ?" fragte er.                            „Verlangen Sie von mir , was Sie wollen , Sonja !"
fen, anszuweichen . Wahrscheinlich stimmte da irgend etwas                    Sonja Bendiener war es recht.                                                  Eine Härte kam jäh in Sonja Bendieners Blicke, mit denen
nicht . . .                                                                   Sie legten sich nieder . Jason war anfangs sehr gesprächig,                 sie Jason maß ; sic sagte aber ganz freundlich , verheißend:
   Um so mehr interessierte sic sich für seine, Jasons , Verhält¬          nach und nach verstummte er . Seine kleinen, runden Auren,                        „Warten wir ab ! Wir sind ja beide noch eine Zeitlang in
nisse, und auch nach den Fremden , die mit ihm im gleichen                 die unablässig an dem rassigen Gesicht, dem schlanken Körper                   Norderney ."
Hotel wohnten , hatte sie sich schon mehrmals eingehend erkun¬             Sonja Bendieners hingen , redeten dafür eine um so deut¬                          Wie zufällig lehnte sie sich nachher mit der Schulter an ihn.
digt . Dieses vornehme Hotel mußte überhaupt eine besondere                lichere Sprache.                                                               Jason , vor dem es zu flimmern begann , legte zaghaft den
Anziehungskraft auf sie ausüben , denn immer wieder kam                       Immer wieder fuhr er mit dem Taschentuch über die ge¬                       Arm um Sonja . Sie wehrte diesmal nicht.
sie im Gespräch auf seine augenblicklichen Bewohner zurück.                rötete Stirn . Er hätte nicht sagen können , was ihn he' ßer                      Ein kurzes Schweigen entstand ; dann sagte Sonja Ben¬
   Fritz Jason beschleunigte seine Schritte ; in der Ferne hatte           machte, die herrschende Mittagshitze oder die Nähe Sonjas.                     diener leichthin:
er Sonja Bendiener entdeckt. Jungenhafte Freude schwellte                     „Nun ?" fragte plötzlich Sonja Bendiener , die ihn hinter                      „Haben Sie sich inzwischen nach der eleganten jungen Dame,
seine Brust . Solch ein Abenteuer war wirklich nicht zu ver¬               halbgeschlosscncn Lidern betrachtet hatte.                                     die wir neulich im Kurhaus trafen , erkundigt ? Ist sie wirkich
achten ; man spürte ordentlich , daß man doch noch nicht zum                  Jason kam sich ertappt vor und wußte nicht gleich, wa - er                  so immens reich, wie Sie behauptet haben ?"
alten Eisen gehörte!                                                       reden sollte.                                                                     „Sie meinen Fräulein Miller ?"           (Fortsetzung folgt .)
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