Die UN-Frauenrechtskonvention - als Motor für gleichstellungspolitische Maßnahmen - Klagsverband
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ISSN 2072-781X Feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft Die UN-Frauenrechtskonvention als Motor für gleichstellungspolitische Maßnahmen Dokumentation der Fachtagung Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft e.V. 47. Jahrgang Nr. 4/2020, Preis 6,00
Liebe Leser*innen! Frauen*Rechte sind hart und in langer Auseinandersetzung erkämpft, aber dennoch sehr zerbrechliche Errungenschaften. Gegenwärtige Ereignisse wie in Polen oder den USA zeigen, wie wenig wir darauf zählen können, uns wirklich auf sie stützen zu können. Solidarität bei bedrohlichen Entwicklungen und ständige Wachsamkeit sind ein Gebot der Stunde. Weltweit institutio- nell verankert sind Menschen- und Frauenrechte in UN-Konventionen: Seit der ersten Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 wur- den immer wieder Papiere und Dokumente vorgeschlagen, diskutiert und beschlossen. Auch Österreich hat sich verpflichtet und ist damit angehalten, in bestimmten Abständen darzulegen, welche Schritte zur Absicherung von Frauen*Rechten unternommen wurden. Wenn wir ihrer eigenen Darstellung glauben, ist alles schön und gut und wir könnten uns getrost etwas zurücklehnen und Pause machen. ABER: Zum Glück gibt es das wachsame Auge von zahlreichen NGOs, die in ihren Schattenberichten paral- lel zur Regierungsperspektive die Auslassungen, die Leerstellen, die ‚Schwarzen Löcher‘ in den offiziellen Broschüren und Ver- lautbarungen aufdecken. Wie schon in der September-Ausgabe 2018 meldet sich der Klagsverband im Schwerpunkt dieser AEP Ausgabe kritisch zu Wort und gibt die Beiträge der Fachtagung „#rechtehatsie Die UN-Frauenrechtskonvention als Motor für gleichstellungspolitische Maßnah- men“ im März 2020 wieder. Die Tagung war der vorläufige Abschluss der Kampagne #rechtehatsie, die für den Klagsverband mit der Koordinierung des gemeinsamen NGO-Schattenberichts zur UN-Frauenrechtskonvention 2018 begonnen hat. Weiters möchten wir in diesem Heft drei Personen besonders hervorheben. Würdigungen von Kämpfer*innen für eine frauen*ge- rechtere Welt bringen wir immer sehr gerne. Neben Einzelpersonen geht es uns auch darum, Projekte, Initiativen und Einrichtungen sichtbar zu machen, die in diesem Sinne wirken. Und welchen politischen Rahmen für diese Kämpfe bietet die aktuelle österreichische Regierung – gibt es die von den Grünen versprochenen Fortschritte? Das AEP Redaktionsteam wünscht auch dieses Mal eine anregende Lektüre. Impressum Herausgeber und Verleger: Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft, Schöpfstraße 19, 6020 Innsbruck – (vertreten durch Dr. Monika Jarosch). Mail: informationen@aep.at Abonnentinnenverwaltung und Buchhaltung: Maria Reichholf. Mail: verwaltung@aep.at Für den Inhalt verantwortlich: die Redaktion. Grafik: büro54. Druck: dps Arnold. Die in den namentlich gekennzeichneten Artikeln vertretenen Meinungen müssen nicht mit jenen der Redaktion identisch sein. Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Redaktionsschluss für diese Ausgabe war der 31.10.2020. Die nächste Ausgabe der AEP-Informationen erscheint Anfang März 2021 – Redaktionsschluss hierfür ist der 31.1.2021. Koordination: Elisabeth Grabner-Niel. Redaktion: Elisabeth Grabner-Niel, Judith Klemenc, Monika Jarosch, Sylvia Aßlaber, Verena Huber, Diana Prugger. Redaktion des Schwerpunktes: Daniela Almer, Klagsverband. Titelbild: J.Enzelberger/J.Klemenc Fotos: © Einzelnachweis jeweils bei den Fotos. Fotos im Schwerpunkt: © Parlamentsdirektion Thomas Jantzen (Seiten 6,7,8,19,23,24,26,30,31), © Klagsverband (Seiten 9,14,18,20,25,27,29), © J.Enzelberger (Seiten 32,34/35,36). Offenlegung nach dem Mediengesetz Medieninhaber und Verleger: AEP (s. Impressum). Die AEP-Informationen sind eine feministische Zeitschrift, die zur Auseinandersetzung mit der patriarchalen Mitwelt und zum Widerspruch anregen wollen. Sie möchten dazu beitragen, die widerständigen Kämpfe von Frauen zu dokumentieren und die vielfältigen Existenzweisen von Frauen sowie die Freiräume, die sich Frauen immer schaffen und geschaffen haben, sichtbar zu machen. Unser Anspruch ist es, Hierarchien in den Geschlechterverhältnissen aufzudecken sowie der Marginalisie- rung und Diskriminierung von Frauen und den gewalttätigen Strukturen in Ökonomie, Politik und Gesellschaft entgegenzuwirken. Damit wenden sich die AEP-Informationen gegen alle Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse, die weibliche Lebensmöglichkeiten einschränken und streben eine umfassende Veränderung des von Herrschaft gekennzeichneten Geschlechterverhältnisses an. Die Zeitschrift AEP-Informationen besteht auf geschlechtersensibler Schreibweise. Jedoch ist es jeder Autorin überlassen, welche Form der geschlechtergerechten Sprache sie verwendet, ob Sternchen, ob Unterstrich oder Binnen-I. 2 AEP Informationen
Inhaltsverzeichnis Editorial ......................................................................................................................................................................................... 2 #rechtehatsie Die UN-Frauenrechtskonvention als Motor für gleichstellungspolitische Maßnahmen Zum Schwerpunkt Daniela Almer .............................................................................................................................................. 4 Gestalten in einer nicht-barrierefreien Welt. Theresa Hammer, Volker Frey, Daniela Almer ..................................... 6 Eröffnung durch die Zweite Präsidentin des Nationalrats Doris Bures ....................................................... 8 Die UN-Frauenrechtskonvention – Handlungsauftrag an die Politik und Perspektiven für die Zivilgesellschaft Silvia Ulrich ..................................................................................................................................... 9 Der Klagsverband bei der Staatenprüfung 2019 – Erfahrungen aus der Praxis Johanna Schlintl ........ 14 Empowerment und das Recht auf lebenslanges Lernen Elisabeth Udl .............................................................. 18 Frau-Sein als Programm? Quoten und politische Repräsentation Gabriele Michalitsch ............................. 20 Wieso die Bekämpfung der Diskriminierungen von Frauen gleichzeitig ein Kampf gegen Frauenhandel ist Isabella Chen ................................................................................................................................. 23 Intersektionen in der Hofburg Petra Leschanz ................................................................................................................. 25 Auf uns Jugendliche nicht vergessen! Hanna Biller ..................................................................................................... 27 Frauenrechte brauchen internationale Kooperation und Steuergerechtigkeit Claudia Thallmayer ...... 28 Die Vorzeigemigrantin Melisa Erkurt .................................................................................................................................... 31 Aktuell Entwicklung der Geschlechterpolitik in Österreich unter Türkis-Grün – eine Zwischenbilanz Max Preglau .......................................................................................................................................... 37 Barbara Hundegger erhält als erste Schriftstellerin den Tiroler Landespreis für Kunst 2020! Sylvia Aßlaber ................................................................................................................................................ 40 „Erinnerung verbindet uns. Erinnerung trennt uns“ Gedenken und Gedanken an Ruth Klüger Diana Prugger ..................................................................................................................................................................................... 41 US-Verfassungsrichterin – Kämpferin für Frauenrechte – Ruth Bader Ginsburg gestorben Verena Huber ...................................................................................................................................................................................... 42 Lesung und Diskussion von Marlene Streeruwitz Monika Jarosch ....................................................................... 43 Sexarbeit und Corona – Wandgemälde übermalt ................................................................................................... 44 Gender in Forschung und Lehre: ein Erfolgsprojekt an der Universität Innsbruck Kordula Schnegg, Maria Furtner ........................................................................................................................................................ 45 „Frausein in Tirol ist manchmal echt zach“ Barcamp Frauen Im Brennpunkt ........................................ 46 In eigener Sache – Neuer Vorstand des AEP .............................................................................................................. 48 Rezensionen ............................................................................................................................................................................... 50 Schätze aus der AEP Frauenbibliothek ......................................................................................................................... 64 Noli me tangere Judith Klemenc ............................................................................................................................................... 71 Kurzmeldungen ......................................................................................................................................................................... 66 Heft 4/20 3
#rechtehatsie ZUM SCHWERPUNKT Daniela Almer Die vorliegende Ausgabe der AEP-Infor- Rahmen unserer Veranstaltungsreihe bildungspolitische Debatte ausgelöst, mationen versammelt die Beiträge, die #rechtehatsie on Tour waren wir am 5. die bis heute nachwirkt und in der sie auf der Fachtagung „#rechtehatsie Die März 2020 in der Hofburg versammelt um wichtige Fragen zu Rassismus und Sexis- UN-Frauenrechtskonvention als Motor für die „Abschließenden Bemerkungen“ des mus stellt. Aus diesem Grund haben wir gleichstellungspolitische Maßnahmen“ am UN-Frauenrechtskomitees zu diskutieren. uns – mit freundlicher Genehmigung des 5. März 2020 in Wien gehalten wurden. Nicht alle Beiträge in diesem Heft ent- Verlags – entschieden, ein Kapitel ihres Veranstaltet wurde die Tagung vom sprechen eins zu eins dem, was auf der Buches in diesem Heft abzudrucken. Es Klagsverband – einem NGO-Dachver- Tagung vorgetragen und gesprochen wur- ist passenderweise das Kapitel „Vor band, der Opfer von Diskriminierung bei de. Die Workshops und den Abschluss- zeigemigrantin.“ der Rechtsdurchsetzung unterstützt– in Talk mit Expert_innen geben wir nicht Bevor es losgehen kann mit der Lektü- Kooperation mit der Zweiten National- im genauen Wortlaut wieder. Die Work- re möchten wir noch erwähnen, dass ratspräsidentin Doris Bures im Parlament shop-Leiter_innen haben uns aber Beiträ- wir in den Texten keine akademischen in der Hofburg. ge zur Verfügung gestellt, die das Work- Titel verwendet haben und dass jeder Mehr als hundert Personen diskutierten shop-Thema vertiefen oder reflektieren Autor_in freigestellt war, welche Form an diesem Tag – kurz vor dem österreich und auch den Abschluss-Talk geben wir der geschlechtergerechten und diskrimi- weiten Corona-Lockdown – über Frau- in Form von Statements wieder, die uns nierungsfreien Sprache sie verwendet. enrechte, die Frauenrechtskonvention die Teilnehmer_innen im Nachhinein zur Wir bedanken uns bei Doris Bures und (CEDAW), die damit verbundenen politi- Verfügung gestellt haben. Claudia Thall- ihrem Team sowie bei der Parlaments schen Handlungsfelder und die Gestal- mayer von WIDE hat das auch gleich direktion für die gute Zusammenarbeit tungsmöglichkeiten für die Zivilgesell- zum Anlass genommen, in ihrem Text auf bei dieser Tagung. Für die finanzielle schaft. Das Datum hatten wir aber die Auswirkungen der Corona-Krise auf Unterstützung bedanken wir uns weiters ausgewählt, weil wir die Verbindung zum geschlechterpolitische Errungenschaften beim Zukunftsfonds der Republik Öster- Internationalen Frauentag am 8. März im globalen Süden und im reichen Wes- reich, bei der Kulturabteilung der Stadt herstellen wollten. ten einzugehen. Wenn es sich nicht um Wien und beim Frauenservice der Stadt Die Tagung war gleichzeitig Abschluss den Original-Beitrag handelt, der auf der Wien der Kampagne #rechtehatsie, die der Tagung so vorgetragen wurde, erwähnen In Erinnerung an Marinela Vecerik. Klagsverband 2018 gestartet hat und die wir das im Text. ich gemeinsam mit Andrea Ludwig koor- Petra Leschanz, die den Workshop mit Zu den Bildern in diesem Heft dinieren durfte. Begonnen haben wir mit Gabriele Michalitsch leitete, beschreibt in Die Bilder stammen, wenn sie nicht von der Tagung sind, von der Fotografin Jana Enzel- dem Schattenbericht der Zivilgesellschaft ihrem Beitrag die „Irritation, Wut und Per- berger, die #rechtehatsie mit ihren Fotos ein 2018, den alle Expert_innen ehrenamtlich plexität“ – wie sie schreibt – der Work- Gesicht oder eigentlich viele Gesichter gege- verfasst haben. Dieser Bericht wurde in shop-Teilnehmer_innen, weil die Räume in ben hat. Jana Enzelberger zeigt Menschen und Städte in einem speziellen Augenblick. Ergänzung des offiziellen Staatenberichts der Hofburg nicht vollständig barrierefrei Es ist der Moment, der einem Gesicht die der Republik Österreich für die Staaten- waren. Dieser Umstand ist auch für den Präsenz der Lebendigkeit verleiht, dem Stra- prüfung erstellt. Allen, die sich näher Klagsverband mehr als problematisch und ßenzug die Poesie von Zeitlosigkeit. Sie sagt: über das Staatenprüfverfahren informie- wir stellen deshalb gleich an den Beginn „Diese Fotografien sind eine Hommage an den Moment, ganz in tiefer Verbundenheit zu ren wollen, sei das AEP-Heft 3/2018 ans dieses Heftes unseren Text „Gestalten in H enri Cartier-Bresson, den Augenblick in sei- Herz gelegt. einer nicht-barrierefreien Welt.“ ner Flüchtigkeit und Einmaligkeit zu erinnern.“ Mit dem NGO-Schattenbericht hat für Melisa Erkurt hat die Fachtagung mode- JANA ENZELBERGER lebt als freischaffende Fotografin in Wien. uns das „Abenteuer Frauenrechtskon- riert. Wir haben sie nicht als „Vorzeige- vention“ begonnen und nach einer inten- migrantin“ engagiert, sondern als Jour- Autorin siven inhaltlichen Auseinandersetzung nalistin und Bildungs-Expertin. Wenige DANIELA ALMER ist die Leiterin der Öffent- und zahlreichen inspirierenden Gesprä- Monate nach der Tagung hat sie mit lichkeitsarbeit beim Klagsverband und freie chen und Begegnungen nicht zuletzt im ihrem Buch „Generation Haram“ eine Journalistin. 4 AEP Informationen
#rechtehatsie FACHTAGUNG #rechtehatsie Die UN-Frauenrechtskonvention als Motor für gleichstellungspolitische Maßnahmen am Donnerstag, dem 5. März 2020, von 9:30 bis 17:00 Uhr im Parlament in der Hofburg PROGRAMM 09:30 Eröffnung DORIS BURES, Zweite Präsidentin des Nationalrates Key-Note: "Die UN-Frauenrechtskonvention - Handlungsauftrag an die Politik und Perspektiven für die Zivilgesellschaft" UNIV.-PROF.IN DR.IN SILVIA ULRICH, Institutsvorständin am Institut für Legal Gender Studies an der Johannes Kepler Universität Linz 10:30 Input 1: "Der Klagsverband bei der Staatenprüfung 2019 - Erfahrungen aus der Praxis" MAG.A (FH) JOHANNA SCH LINTL Vorstandsmitglied beim Klagsverband 11:00 - 11:30 Kaffeepause 11:30 Input 2: "Empowerment und das Recht auf lebenslanges Lernen - Inklusive Bildung für Frauen mit Lernschwierigkeiten als Grundbaustein von Gewaltprävention" MAG.A ELISABETH UDL Geschäftsführerin Verein Ninlil 12:00 Input 3: "Frau-Sein als Programm? Feminismus als politische Repräsentation" MMAG.A DR.IN GABRIELE MICHALITSCH, Lehrbeauftragte an den Universitäten Wien und Klagenfurt 12:30 - 13:30 Mittagspause 13:30 - 15:00 Workshops Workshop zu Input 1 ISABELLA CHEN, BA & MAG.A (FH) JOHANNA SCHLINTL Workshop zu Input 2 MAG.A CHRISTINE STEGER & MAG.A ELISABETH UDL Workshop zu Input 3 MAG.A PETRA LESCHANZ & MMAG.A DR.IN GABRIELE MICHALITSCH 15:00 - 15:30 Kaffeepause 15:30 Talk: "Wie kann die Zivilgesellschaft mit den Concluding Observations arbeiten?" MMAG.A HANNA BILLER, Bundesjugendvertretung; ISABELLA CHEN, BA, Lefö; MAG.A PETRA LESCHANZ, Frauenservice Graz; MAG.A CHRISTINE STEGER, Unabhängiger Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-BRK; MAG.A CLAUDIA THALLMAYER, WIDE - Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven Moderation MAG.A MELISA ERKURT, Freie Journalistin Heft 4/20 5
#rechtehatsie GESTALTEN IN EINER NICHT-BARRIEREFREIEN WELT Gedanken des Klagsverbands-Teams zur Barrierefreiheit bei der Tagung Theresa Hammer, Volker Frey, Daniela Almer Barrierefreiheit ist eines der wichtigs- aussuchen konnten oder bei den Work- kel 9 der UN-BRK ist Barrierefreiheit ein ten Themen bei allem, was der Klags- shop-Leiter_innen, die unter Bedingun- Menschenrecht in einem umfassenden verband macht: bei Anfragen, Beratun- gen arbeiten mussten, unter denen sie Sinn. Menschenrechte sind unteilbar und gen, Gerichtsverfahren, Schulungen, sonst Workshop-Anfragen ablehnen. universell. Deshalb muss Barrierefreiheit Publikationen und Interviews. Auch Diese Entschuldigung haben wir bereits immer selbstverständlich sein, nicht nur bei unseren Veranstaltungen legen wir gegenüber allen Betroffenen ausge- bei Veranstaltungen für Menschen mit großen Wert darauf, dass möglichst drückt. Behinderungen. alle Menschen teilnehmen können. Im In diesem Text soll es um zwei Fra- Die Welt, in der wir leben und arbeiten, Lauf der Jahre haben wir dabei vie- gen gehen: Wie können wir in Zukunft sieht aber anders aus: Barrieren sind le Erfahrungen in einer nicht-barriere- mit der Situation umgehen, dass wir überall. In Gebäuden, in der Kommunika- freien Welt gemacht und wir haben viel in einer Welt voller Barrieren agieren? tion, im Verkehr. Sie verhindern Selbstbe- gelernt. Welche Standards an Barrierefreiheit stimmung und Partizipation. Bei der Fachtagung „#rechtehatsie Die können wir unseren Mitgliedsvereinen, Wenn wir Veranstaltungen mit externen UN-Frauenrechtskonvention als Motor Klient_innen und Kooperationspartner_ Kooperationspartner_innen durchführen, für gleichstellungspolitische Maßnah- innen garantieren? kann es passieren, dass unser Anspruch men“ am 5. März 2020 ist es uns nicht an Barrierefreiheit auf die Probe gestellt gelungen, einen akzeptablen Standard Barrierefreiheit wird. Zu den grundlegenden Dingen, auf an B arrierefreiheit zu erreichen. als Menschenrecht die wir unter keinen Umständen verzich- In diesem Text geht es nicht um eine Als menschenrechtliche Grundlage bezie- ten, gehört, dass die gesamte Veranstal- Entschuldigung bei Teilnehmenden, die hen wir uns auf die UN-Behinderten- tung zugänglich ist und die Informationen nicht spontan einen anderen Workshop rechtskonvention (UN-BRK). Gemäß Arti- über die Veranstaltung barrierefrei sind. 6 AEP Informationen
#rechtehatsie Bei Bedarf stellen wir Dolmetschung rationspartner_innen. Adäquate Räume Wenn einmal eine Zusammenarbeit – in Österreichischer Gebärdenspra- zu finden, gehört fast immer zu den gro- und damit verbunden die Unterstützung che und Induktionsschleife zur Ver- ßen Herausforderungen, vor allem, weil in Form von Ressourcen wie Räum- fügung. Wenn wir im Vorfeld wissen, die Raummiete meistens sehr hoch ist. lichkeiten – beschlossen wurde, ist es dass Informationen in leichter Sprache Die Fachtagung #rechtehatsie wäre in schwierig eine Veranstaltung abzusa- gewünscht werden oder Unterlagen für dieser Größenordnung ohne externe gen oder zu einem späteren Zeitpunkt blinde Personen digital zur Verfügung Kooperation nicht möglich gewesen. neue Anforderungen zu verlangen. gestellt werden sollen, dann können wir das mitplanen. Klare Haltung bei Entscheidung von Fall zu Fall Kooperationen bei Einladungen Grenzen einer Und obwohl die Veranstaltung sehr Wenn der Klagsverband von externen nicht-barrierefreien Welt erfolgreich war, würden wir uns aus Veranstalter_innen angefragt wird, Manchmal ist es für den Klagsverband heutiger Sicht nicht mehr dazu ent- bei einer Tagung, Podiumsdiskussi- nicht möglich, allein mit unseren Res- scheiden, aus dieser Abhängigkeit her- on etc. mitzuwirken, kann es eben- sourcen große Veranstaltungen auf die aus Kompromisse einzugehen. Das falls passieren, dass Barrierefreiheit Beine zu stellen. Wir brauchen Koope- haben wir aus dieser Erfahrung gelernt. nicht in vollem Umfang garantiert ist. Natürlich sehen wir es als unseren Auf- trag, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Sollten wir den Eindruck haben, dass Themen wie Gleichstellung und Anti- diskriminierung vernachlässigt werden, finden wir es allerdings sinnvoll, auch bei einer nicht barrierefreien Veranstal- tung unseren Beitrag zu leisten. Alle Klagsverbands- Veranstaltungen barrierefrei Alle Veranstaltungen, die der Klags- verband alleine oder mit seinen Mit- gliedsvereinen organisiert, werden, wie gewohnt, auch in Zukunft barriere- frei sein. Das betrifft etwa unsere Mit- glieder-Klausur, unsere Diskussionsrei- he „Der Klagsverband diskutiert“ und „#rechtehatsie on Tour“. Autor_innen THERESA HAMMER ist die Leiterin der Rechtsdurchsetzung beim Klagsverband. VOLKER FREY ist Generalsekretär des Klags- verbands. DANIELA ALMER ist die Leiterin der Öffent- lichkeitsarbeit beim Klagsverband. Heft 4/20 7
#rechtehatsie ERÖFFNUNG DURCH DIE ZWEITE PRÄSIDENTIN DES NATIONALRATS Doris Bures Erinnern Sie sich an „Alice im Wunder- Und auch dieser Ort – das Österreichische land“? An das Kinderbuch von Lewis Parlament, das Herz unserer Demokra- Caroll, das Mitte des 19. Jahrhunderts tie – eignet sich ganz besonders dafür. Es veröffentlicht wurde? Da gibt es eine ist gut, wenn wir hier im Parlament dar- ganz besondere Szene. Alice ist bei der an erinnern, dass wir auch 40 Jahre nach grausamen Herzkönigin. Beide rennen Unterzeichnung der UN-Frauenrechtskon- und rennen, ohne dass sich die Dinge vention, noch lange nicht am Ziel unseres rund um sie bewegen. Sie bleiben am Weges angelangt sind. Es gibt nach wie selben Fleck stehen, obwohl sie rennen. vor dringenden Handlungsbedarf bei der Alice ist verwundert, da sagt die Herz- Gleichstellung und Gleichberechtigung königin zu ihr: „Hierzulande musst du so von Frauen in unserer Gesellschaft. schnell rennen wie du kannst, um auf Der Schattenbericht beleuchtet diesen derselben Stelle zu bleiben. Wenn du Handlungsbedarf und er gibt Aufschluss woanders hinwillst, musst du zweimal über die Situation von Frauen in den ver- Doris Bures so schnell rennen!“ schiedensten Lebensbereichen und Situ- Dass ausgerechnet das Kinderbuch von ationen. Ob in Fragen des Gewaltschut- Konvention, die europäische Standards Lewis Caroll und nicht etwa das nur zes, der Bildung, der Arbeitswelt, der zur Verhütung und Bekämpfung von kurz davor erschienene Meisterwerk politischen Partizipation, des Abbaus von Gewalt gegen F rauen setzte. Und natür- von Charles Darwin „Die Entstehung der Geschlechter-Stereotypen bis hin zum lich auch an das österreichische Gewalt- Arten“ von einer großen Zahl an Evo- Frauenhandel. Der Bericht mahnt uns auch, schutzgesetz 1997 und das Gleichbe- lutionsbiologen in den 1970er Jahren nicht in Stillstand zu verfallen – auf rechtli- handlungsgesetz. Man sieht daran, dass gelesen und zitiert wurde, liegt eben an cher und gleichermaßen faktischer Ebene. die UN-Frauenrechtskonvention zurecht dieser Episode. Denn: Die „Red-Queen- Wir alle, die Sie heute gekommen sind, als die „Magna-Charta der Frauenrech- Hypothese“ beschreibt das Wesen der nehmen diese Mahnung auch ernst! te“ bezeichnet wird. Und wir erken- Evolution: Eine Art muss sich ständig ver- Der Titel der Fachtagung lautet: nen, dass der NGO-Schattenbericht – in ändern und sich an die Umwelt anpassen, „Die UN-Frauenrechtskonvention als Ergänzung zum 9. Staatenbericht – von um den Status quo zu halten. Sie muss Motor für gleichstellungspolitische Maß- ganz besonderer Bedeutung ist. Denn so schnell laufen wie sie kann, um das nahmen“. Setzen wir an das Ende des erst er ermöglicht eben diesen so wich- evolutionäre Rennen nicht zu verlieren – Titels ein Fragezeichen, so ist die Antwort tigen kritischen Blick auf die Umsetzung und bleibt dabei doch am selben Fleck. darauf ein eindeutiges „Ja“! der Konvention. Als ich von der „Red-Queen-Hypothe- Ja! Die UN-Frauenrechtskonvention ist Ich bedanke mich beim Klagsverband und se“ gelesen habe, habe ich unweigerlich als wichtigstes und weitreichendstes bei all jenen, die das Zustandekommen an den Kampf um Frauenrechte gedacht. internationales Menschenrechtsinstru- dieses Berichtes ermöglicht haben. Und Wenn wir bei Frauenrechten über den ment für Frauen mit Sicherheit der Motor ich danke Ihnen, die Sie heute hierherge- Status quo, über die Aufrechterhaltung für gleichstellungspolitische Maßnah- kommen sind, und sich täglich aufs Neue von Erreichtem hinauswollen, dann müs- men. Denn auf ihr beruhen zahlreiche für Frauenrechte engagieren. Und die sen wir eben zweimal so schnell rennen! frauenpolitisch relevante Rechtsakte, jeden Tag „zweimal so schnell rennen.“ Ich denke, der bevorstehende Weltfrau- national wie international. An den Schluss meiner Begrüßung und an entag bietet die perfekte Gelegenheit, Ich erinnere an die Peking Deklaration den Beginn Ihrer Tagung möchte ich ein sich mit dem NGO-Schattenbericht ausei- 1995, in der Frauenrechte überhaupt erst Zitat von Johanna Dohnal stellen: nanderzusetzen und eine frauenpolitische explizit als Menschenrechte bezeich- „Die Frauen haben immer nur erreicht, Standortbestimmung vorzunehmen. net wurden. Oder an die Istanbul- was sie sich selbst erkämpft haben.“ 8 AEP Informationen
#rechtehatsie DIE UN-FRAUENRECHTSKONVENTION Handlungsauftrag an die Politik und Perspektiven für die Zivilgesellschaft Key-Note Silvia Ulrich Danke für die Einladung zur Fachtagung #rechtehatsie, die ich sehr gerne ange- nommen habe. Es ist dies eine ungemein wichtige Initiative, um die Ergebnisse des aktuellen Staatenprüfungsverfahrens in der Zivilgesellschaft breit zu verankern und die ambitionierte Umsetzung der Prüfergebnisse gegenüber den verant- wortlichen Institutionen einzumahnen. Um die Bedeutung der Frauenrechtskon- vention in ihren juristischen und politi- schen Implikationen einordnen zu kön- nen, braucht es zuerst einmal einen Blick auf die Schutzziele und die wichtigsten Garantien der Konvention. Worin liegt die besondere Bedeutung der Frauen rechtskonvention als Menschenrechtsvertrag? Silvia Ulrich Die Verabschiedung der Frauenrechts- konvention (CEDAW) im Jahr 1979 und den Schutz der sexuellen Selbst- die die gleichberechtigte Ausübung war ein Meilenstein in der Menschen- bestimmung auch im Privaten durch- der Menschenrechte auf vielfältige rechtsentwicklung, denn die Konven- setzen muss, völlig fremd. Weise verhindern. tion war eine Antwort auf die ekla- Dieses reduzierte Verständnis von der Die Frauenrechtskonvention hat die- tante Schieflage in der damaligen Schutzfunktion der Menschenrechte se eklatanten Schutzdefizite beseitigt. Menschenrechtskonzeption: Trotz der hatte zur Folge, dass die geschlechts- Sie gilt als „Magna Charta der Frauen- viel beschworenen Gleichheit in den spezifischen Macht- und Abhängig- rechte“, weil sie die Lebensrealitäten allgemeinen Menschenrechtsverträ- keitsverhältnisse im Privaten unange- und besonderen Unrechtserfahrungen gen war die tatsächliche Schutzwir- tastet blieben, weil sie der staatlichen von Frauen in den Mittelpunkt rückt. kung der Menschenrechte für Frauen Kontrolle weitgehend entzogen waren. Der diskriminierungsfreie weibliche in vielen Bereichen schlichtweg nicht Hinzu kam ein weiterer Faktor, der für Lebenszusammenhang ist damit expli- gegeben. Eine der entscheidenden den immensen Wirkungsverlust ver- zit und überprüfbar als Staatsaufgabe Ursachen für das Versagen des Men- antwortlich war: Die Auffassung von formuliert und in die Verantwortung der schenrechtsschutzes gegenüber Frau- formaler Rechtsgleichheit als einzig Vertragsstaaten gelegt. en war die liberale Grundrechtskon- zulässigem Gleichheitsprinzip. Dieses Die Konvention gilt für alle Frauen und zeption. Es war dies ein umfassendes Gleichheitsverständnis ließ die beste- Mädchen, die sich in einem Vertrags- Konzept der Freiheit auf Kosten der henden strukturellen Ungleichheiten staat aufhalten. Es wird nicht an die Gleichheit. Diesem Konzept war der außer Acht, die in der sozialen Wirk- Staatsbürgerschaft angeknüpft. Das ist Gedanke, dass der Staat die grund- lichkeit gerade im Geschlechterver- außerordentlich wichtig, denn dadurch rechtlichen Schutzgüter wie z. B. die hältnis so wirkmächtig sind. Denn es muss auch den besonderen Schutzbe- Gleichbehandlung der Geschlechter sind vor allem strukturelle Nachteile, dürfnissen und sozio-ökonomischen Heft 4/20 9
#rechtehatsie Lebensperspektiven von Asylwerberin- Frauenhandel, Teilhabe von Frauen an staates, insbesondere die Möglichkeit nen und migrantischen Frauen adäquat ländlicher Entwicklung u. a. von Vereinbarungen nach Art 15a B-VG Rechnung getragen werden. Das ist Für die Vertragsstaaten bestehen drei einzusetzen. gerade für Österreich eine hochproble- zentrale Umsetzungsverpflichtungen: Das Problem unterschiedlicher Schutz- matische Leerstelle. 1. Achtungspflicht: Das Recht ist diskri- standards ist besonders ausgeprägt im Die Konvention ist von einem substan- minierungsfrei zu gestalten (Steuer Antidiskriminierungsrecht und in Bezug ziellen Gleichheitsverständnis geprägt, recht, Zivilrecht usw.) und Gerichts- auf die unterschiedlichen Leistungsan- das den Staat dazu verpflichtet, einen barkeit und Verwaltung müssen die sprüche, die die Bundesländer im Falle umfassenden Schutz vor Diskriminie- Rechtsvorschriften auch diskriminie- von Behinderung einräumen. rung und die faktische Gleichstellung in rungsfrei anwenden. Wie die Aufgaben im Einzelnen erfüllt sämtlichen Lebensbereichen zu verwirk- 2. Schutzpflicht: Es ist auch ein Schutz werden, liegt grundsätzlich im rechts- lichen. Es geht nicht um die Verankerung vor Diskriminierung durch Private politischen Gestaltungsspielraum der von neuen Menschenrechten, sondern sicherzustellen, u. a. durch einen staatlichen Akteur_innen. Damit soll um die effektive Durchsetzung der Men- effektiven Diskriminierungsschutz in dem unterschiedlichen administrativen schenrechte auch für Frauen und Mäd- der Arbeitswelt und im Güter- Dienst- und institutionellen Kontext der Staa- chen. Durch die Konvention soll Frau- leistungsbereich und durch Etablie- ten Rechnung getragen werden. Es en und Mädchen weltweit der gleiche rung eines effektiven Gewaltschutzes müssen jedoch geeignete Maßnahmen Genuss der Menschenrechte de jure und im sozialen Nahraum. sein, die zur Zielverwirklichung effektiv de facto ermöglicht werden. 3. Gewährleistungspflicht: Es sind auch beitragen. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht Art Maßnahmen zu ergreifen, um die de Daher scheiden jedenfalls Maßnahmen 4 der Konvention ausdrücklich vor, facto Gleichstellung zu verwirklichen. aus, die zur Verfestigung von Rollenste- dass vorübergehende Sondermaßnah- Hier geht es im Kern um geschlech- reotypien beitragen. Eine essentialisti- men zur De-facto-Gleichstellung zuläs- tergerechte Sozialgestaltung durch sche „Zurück-an-den-Herd-Politik“ ist sig sind. Gemeint sind alle Formen von Frauenförderung. Solche positiven daher zweifellos konventionswidrig. An Ausgleichsmaßnahmen zur Beseitigung Maßnahmen sind zu ergreifen, wenn der Effektivität fehlt es z. B. auch, wenn struktureller Nachteile, inklusive Quo- dies zur Verwirklichung der Schutzzie- der Ausbau des Gewaltschutzes nur mit tenregelungen. Solche Maßnahmen le notwendig ist. repressiven Mitteln des Strafrechts müssen auch gesetzt werden, wenn dies Als Bundesstaat muss Österreich die- unter Vernachlässigung der Gewalt- zur Verwirklichung der Gleichstellungs- sen Verpflichtungen auf allen Ebe- prävention vorangetrieben wird, wie ziele der Konvention notwendig ist. nen nachkommen: Bund, Länder und das bei der jüngsten Gewaltschutzno- Gemeinden haben im Rahmen ihrer velle der Fall war. Oder wenn bewähr- Handlungsauftrag Zuständigkeit die erforderlichen Umset- te Strukturen wie Frauenhäuser markt- für die Politik zungsschritte zu setzen. Dies betrifft wirtschaftlichen Logiken unterworfen Die Vertragsstaaten müssen mit allen alle Staatsfunktionen: also Nationalrat werden sollen. Aus dem Effektivitäts- geeigneten Mitteln unverzüglich eine und Landtage, Bundes- und Landesre- gebot ist auch der Grundsatz abzulei- Politik der Beseitigung jeglicher Diskri- gierungen, der gesamte Verwaltungs- ten, dass erreichte Schutzniveaus nicht minierung der Frau verfolgen. Dies ist apparat und die Gerichtsbarkeit. Es darf wieder rückgebaut werden dürfen. eine Querschnittsaufgabe, die sämtli- in einer bundes s taatlichen Struktur Die Konvention wird auch als „Living che weibliche Lebenszusammenhänge auch zu keinen Schutzlücken oder ekla- instrument “ verstanden, d. h., die erfasst: Erwerbsleben, Gesundheit, Bil- tanten Unterschieden in den Schutz- Garantien sind auch offen für künftige dung, politische Repräsentation, zivil- niveaus kommen. Dafür sind auch die Gefährdungslagen und daraus resultie- rechtlicher Status, Bekämpfung von Koordinationsinstrumente des Bundes- rende neue Handlungspflichten. Dazu 10 AEP Informationen
#rechtehatsie zählen z. B. der dramatische Anstieg gen zum österreichischen Staatenbe- auch faire Bedingungen zur Selbster- von misogynem Hass im Netz und die richt wird z. B. auf die Problematik von mächtigung in allen Lebensbereichen ein neuen geschlechtsspezifischen Gefähr- geschlechtsnormierenden Operationen (menschenrechtliches Empowerment). dungslagen durch die Digitalisierung in eingegangen. Um evidenzbasierte Entscheidungen der Arbeitswelt und in der Arbeitsver- Als Geltungsbereich im weitesten Sinn treffen zu können, sollen Indikatoren mittlung. kann davon ausgegangen werden, dass und Benchmarks definiert, zeitliche Zie- Auch der Geltungsbereich der Konventi- alle geschlechtsspezifischen Diskrimi- le gesetzt und Verantwortlichkeiten mit on wird heute sehr weit ausgelegt: nierungen erfasst sind, die an stereo- adäquater Finanzierung gekoppelt sein. type Vorstellungen von Weiblichkeit Aktionspläne der Regierung entsprechen Die Konvention schützt dem anknüpfen. diesen Vorgaben nur dann, wenn es für die Wortlaut nach nur Frauen und Für die Auslegung der Frauenrechts- genannten Zeiträume auch ein nachprüf- Mädchen und stellt damit konvention ist das „Komitee für die bares Commitment zur effektiven Umset- auf ein Konzept der Zwei Beseitigung der Diskriminierung der zung gibt. Ansonsten handelt es sich geschlechtlichkeit ab Frau“ zuständig. Das Komitee hat sei- schlicht um Symbolpolitik. Daher mahnt Vom Frauenrechtskomitee wird seit nen Sitz in Genf und besteht aus 23 das UN-Frauenrechtskomitee auch stets vielen Jahren eingemahnt, dass die unabhängigen Persönlichkeiten mit Evaluierungsstudien und geschlechtsspe- Vertragsstaaten Konstellationen von großer einschlägiger Expertise. zifische statistische Erfassung ein. Nur so Mehrfachdiskriminierung bei der Das Komitee hat bisher 37 General können zielgenaue und effektive Maß- Umsetzung der Garantien der Konven- Recommendations (Allgemeine Emp- nahmen gesetzt werden, die keinen uner- tion in besonderer Weise zu beachten fehlungen) verabschiedet. Sie konkre- wünschten Bias aufweisen. haben – also das Zusammenwirken tisieren die Konventionsgarantien und Österreich hat die Konvention 1982 rati- von Geschlecht mit anderen persönli- geben den Vertragsstaaten damit eine fiziert und die ersten vier Artikel sogar in chen Merkmalen wie sexueller Orien- Orientierung in Bezug auf die staatli- den Verfassungsrang gehoben. Im Ver- tierung, Behinderung, Alter, Ethnizität chen Umsetzungsverpflichtungen. Sie gleich zu den anderen Unterzeichnerstaa- usw. Grundlegende Aussagen dazu fin- sind damit ein wichtiger Handlungs- ten war das ein spektakulärer Schritt. In den sich bereits in der General Recom- maßstab für die Vertragsstaaten. der Sache war das aber mehr Schein als mendation Nr. 18 aus dem Jahr 2012 Sein, denn im Nationalrat wurde zugleich betreffend disabled women. Und auch Aus diesen Recommendations eine höchst wirkungsvolle Umsetzungs- die Abschließenden Bemerkungen des ergeben sich wichtige Umset- bremse beschlossen: Durch den soge- Komitees zum österreichischen Staa- zungsprinzipien: nannten Erfüllungsvorbehalt ist die Kon- tenbericht adressieren an mehreren Eine Politik zur Beseitigung von Diskrimi- vention in Österreich nicht unmittelbar Stellen die besonderen staatlichen nierung und zur Verwirklichung der De- anwendbar. Um die einzelnen Garan- Gewährleistungspflichten für Mädchen facto-Gleichstellung ist wirkungs- und tien der Konvention in wirksame Rechts- mit Behinderungen. ergebnisorientiert zu gestalten. Dabei ansprüche zu verwandeln, müssen erst Verstärkt wird auch auf die spezi- geht es nicht um eine verengte Opferper- innerstaatliche Ausführungsgesetze fischen Diskriminierungsrisiken von spektive, sondern um ein machtkritisches erlassen werden. Trans*frauen und intergeschlechtli- Verständnis von Diskriminierung, um die Der Erfüllungsvorbehalt beseitigt jedoch chen Personen hingewiesen. Zuletzt sozialen Asymmetrien und Stereotypien, nicht die Verpflichtung von Richter_innen etwa in der General Recommendati- die zentrale Faktoren für den Fortbestand und Verwaltungsorganen zur völker- on Nr. 36 zum Recht von Mädchen und von Diskriminierung sind. Finales Ziel ist rechtskonformen Auslegung des inner- Frauen auf Bildung aus dem Jahr 2017. die Sicherung von weiblicher Autonomie staatlichen Rechts. Überall dort, wo es In den Abschließenden Bemerkun- und Selbstbestimmung. Und dies schließt Auslegungsspielräume gibt, haben die Heft 4/20 11
#rechtehatsie Vollzugsorgane eine geschlechtssensible die Proponentinnen des ersten Frauen- beendet. Die sogenannten Concluding Rechtsanwendung sicherzustellen – und volksbegehrens 1997, die die Stafette in Observations (Abschließende Bemer- zwar in Orientierung an den Schutzzie- die Hand genommen haben und die Ver- kungen) sind eine Art offizieller Prüf- len der Frauenrechtskonvention. Darauf ankerung substanzieller Gleichheit in den bericht. Darin beurteilt das Komitee weist das Komitee im letzten Staatenprü- Forderungskatalog des Frauenvolksbe- die erzielten Fortschritte, benennt die fungsverfahren auch ausdrücklich hin. gehrens aufgenommen haben. Das star- festgestellten Umsetzungsdefizite und Hinzu kommt das Gebot der verfassungs- ke frauenpolitische Signal konnte von der empfiehlt dem überprüften Staat Maß- konformen Interpretation. Hauptbezugs- Politik letztendlich nicht ignoriert werden: nahmen, die im folgenden Berichtszeit- punkt dafür ist der Gleichheitsgrundsatz Bereits im Jahr darauf hat der Nationalrat raum zu ergreifen sind. der österreichischen Bundesverfassung. die Forderung nach einer Ergänzung des Die Staatenprüfung schafft Trans- Dass der Gleichheitsgrundsatz heute Gleichheitssatzes umgesetzt. parenz über den Status quo in einem nicht nur als formale, sondern auch als Die Bedeutung dieser Verfassungsre- Vertragsstaat und zwar auf interna- substanzielle Gleichheitsgarantie zu ver- form kann nicht hoch genug eingeschätzt tionaler und nationaler Ebene. Das stehen ist, hat mit einer außerordent- werden: Seither ist die De-facto-Gleich- Prüfverfahren dient dazu, die Umset- lich wichtigen Verfassungsreform in den stellung von Frauen und Männern als zungsverpflichtungen formell auf der 1990er Jahren zu tun. Und diese Reform Staatsaufgabe in der Bundesverfassung rechtspolitischen Agenda zu halten war nur durch das Ineinandergreifen von verankert und positive Maßnahmen wie und ausstehende Reformprozesse zu institutioneller Frauenpolitik und zivilge- Quotenregelungen sind zu einer aus- beschleunigen. sellschaftlichem Engagement möglich. drücklich zulässigen Handlungsoption der In diesem Verfahren sind die Schatten- Die Initiative ist einer ganz großen Frau- Gesetzgebung geworden. berichte von NGOs ein wichtiges Ins- enpolitikerin zu verdanken, deren Todes- Jede frauenpolitische Initiative, die posi- trument. Durch Einbindung zivilgesell- tag sich am 20. Februar 2020 zum zehn- tive Maßnahmen zur Umsetzung von schaftlicher Expertise kann das Komitee ten Mal gejährt hat: Es war Johanna Frauenrechten fordert, kann sich heu- ein differenziertes Gesamtbild gewin- Dohnal, die die entscheidenden Weichen te auch auf den Gleichheitssatz der nen. Schattenberichte sind das zivilge- gestellt hat. Sie hat 1994 feministische Bundesverfassung berufen. Das ist sellschaftliche Vehikel, um das Komi- Rechtsexpertinnen mit der Ausarbeitung ein außerordentlich wichtiger juristi - tee über die unzureichende Umsetzung eines Verfassungsentwurfs beauftragt, scher Argumentationszusammenhang, der der Staatenverpflichtungen zu informie- der das substanzielle Gleichheitsprin- immer mitzudenken und zu operationali- ren und dringenden frauenpolitischen zip auch für die österreichische Verfas- sieren ist. Reformbedarf einzumahnen. sung explizit vorsieht. Der Entwurf ging Damit können Lücken im Staatenbe- zwar noch in die offizielle Begutachtung, Wie wird die Umsetzung der richt aufgezeigt und Schieflagen in der er wurde wegen Neuwahlen aber nicht Frauenrechtskonvention Darstellung weiblicher Lebensrealitä- mehr in die parlamentarische Behand- kontrolliert? ten korrigiert werden. Der Schattenbe- lung genommen. Und nach den Wah- Es ist ein Staatenberichtssystem vor- richt bündelt das Erfahrungswissen der len war das aktive politische Leben von gesehen. Die Vertragsstaaten haben Akteur_innen, die „front end“ in ein- Johanna Dohnal jäh zu Ende: Sie wurde dem Frauenrechtskomitee alle vier schlägigen Institutionen tätig sind (oder politisch ausgesteuert und zum Rücktritt Jahre über die erzielten Fortschritte waren). gedrängt. Wichtige Erinnerungsarbeit zu berichten. Die Prüfung dieser Staa- Die Concluding Observations enthal- leistet da der Film „Die Dohnal“. Und das tenberichte ist eine der Hauptaufgaben ten auch die Auflage, nach zwei Jah- politische Ende der ersten Frauenminis- des Komitees. ren einen Zwischenbericht über die terin war auch ein schwerer Rückschlag Die Staatenprüfung wird mit f ormellen Umsetzung von bestimmten Key-Emp- für die Reforminitiative. Aber es waren Feststellungen und Empfehlungen fehlungen des Komitees zu übermitteln. 12 AEP Informationen
#rechtehatsie Österreich wurde vom Komitee aufgetra- durch Neuausrichtung und Schwer- ten hat eine allfällige Mitteilung bzw. gen, über konkrete Maßnahmen in fol- punktsetzungen. Individualbeschwerde an das Frauen- genden Problembereichen zu berichten: • Die Empfehlungen in den Abschlie- rechtskomitee keine Erfolgschancen. • zum Frauenhandel ßenden Bemerkungen sind in der • zur Verbesserung der politischen Regel sehr grundsätzlich gehalten. Mein abschließender Befund Repräsentanz von Frauen Durch Follow-up-Initiativen wie nach dieser Tour d‘Horizon • zur Inklusion von Mädchen mit Migra- diese Fachtagung, können die Emp- durch die wichtigsten Bedeu- tionshintergrund im Bildungssystem fehlungen in thematischen Clustern tungsschichten der Frauen- • und zur Verringerung von Barrieren vertieft und in konkrete rechtspoli- rechtskonvention? der Familienzusammenführung im tische Forderungen transformiert Die Mobilisierung von Frauenrech- asylrechtlichen Kontext. werden. ten, die Verwirklichung von Autono- • Und durch die Verbreitung der mie und Selbstbestimmung ist ein ste- Was sind nun die Perspektiven Ergebnisse des Staatenberichts- tiger Prozess. Freiheit, Autonomie und für die Zivilgesellschaft? verfahrens kann das Anspruchs- Selbstbestimmung sind im Kontext Die Concluding Observations verleihen wissen in Bezug auf die Frauen- gesellschaftlicher und normativer Ent- den politischen und rechtspolitischen rechtskonvention gestärkt werden. wicklungen immer wieder aufs Neue zu Forderungen von zivilgesellschaftli- Die Kampagne #rechtehatsie steht formulieren: Kritische Leerstellen und chen Organisationen ein besonderes im besten Sinne für „Empower- ewige Baustellen der österreichischen Gewicht und Legitimität. ment“ – individuell und strukturell. Geschlechterpolitik gehören aufgear- Sie können die Concluding Observati- Die General Recommendations und beitet, neue Gefährdungslagen müssen ons auf vielfältige Weise nutzen: Concluding Observations sind aber identifiziert und mit adäquaten Maß- Ein zentraler Punkt ist die begleiten- auch für die individuelle Rechtsdurch- nahmen beantwortet werden. de Umsetzungskontrolle. Während das setzung von großer Bedeutung. Also Die Frauenrechtskonvention eröffnet Komitee nur am Ende des nächsten immer dann, wenn es um die Rech- den Blick auf einen finalen Gleichheits- Berichtszyklus agieren kann, können te betroffener Frauen und Mädchen horizont. Sie gibt die Richtung vor und NGOs kontinuierlich die Umsetzung der geht. Die Feststellungen des Komitees bietet die menschenrechtlichen Refe- Empfehlungen einmahnen (thematisie- können in der strategischen Prozess- renzpunkte für die Erreichung die- ren). Dieser Follow-up-Modus kann im führung zur Durchsetzung der Frauen- ses Ziels. Die Achtungs-, Schutz- und jeweiligen „Tagesgeschäft“ auf allen rechte vielschichtig operationalisiert Gewährleistungspflichten müssen Ebenen aktiviert werden: werden: aber stets in konkrete Handlungssträn- • zur Begründung von Forderungen • als Begründung für konventions- ge und Handlungsaufträge übersetzt an Gesetzgebung und Politikgestal- widriges Handeln oder Unterlassen werden. Und dazu leistet die Kam- tung des Staates pagne #rechtehatsie und die heutige • in Stellungnahmen zu Gesetzes • zur Untermauerung von Rechtsan- Abschlussveranstaltung einen unge- vorhaben sprüchen mein wichtigen Beitrag. • gegenüber der Verwaltung (z. B. • zur Auslegung unbestimmter Geset- bei der Gewährung von staatlichen zesbegriffe und Ermessenentschei- Leistungen) dungen. Autorin • in der Medien- und Öffentlichkeits Die Verletzung einer Konventionsga- SILVIA ULRICH ist Institutsvorständin am Institut für Legal Gender Studies an der arbeit rantie durch den Staat muss in einem Johannes-Kepler-Universität Linz, Mit-Heraus- • in der Menschenrechtsbildung innerstaatlichen Verfahren von Anfang geberin des CEDAW Kommentars zur Umset- • in der eigenen konzeptiven Arbeit an argumentiert werden. Ansons- zung in der Schweiz und in Österreich. Heft 4/20 13
#rechtehatsie DER KLAGSVERBAND BEI DER STAATENPRÜFUNG 2019 Erfahrungen aus der Praxis Vortrag Johanna Schlintl durch die Vertragsstaaten kontrolliert. for the promotion and implementation of Der CEDAW-Fachausschuss überprüft die the Convention on the Elimination of All nach Artikel 18 alle vier bis sechs Jahre Forms of Discrimination against Women einzureichenden periodischen Staaten- (…) and its Optional Protocol. berichte. Und auch letztes Jahr reiste 2. The purpose of this statement is to cla- eine österreichische Regierungsdelegati- rify and strengthen the Committee’s rela- on nach Genf, um im Rahmen eines kri- tionship with NGOs and to enhance the tischen, interaktiven Dialogs (dem soge- role of NGOs in the implementation of the nannten „Constructive Dialogue“) dem Convention by States parties at the natio- CEDAW-Fachausschuss Rede und Ant- nal level. wort zu stehen. Davon will ich aber weni- ger berichten, sondern vielmehr von den Und tatsächlich hatte ich im Palais des zivilgesellschaftlichen Interventionsmög- Nations in Genf das Gefühl, sehr will- lichkeiten dabei und meinen persönlichen kommen zu sein. Sowohl Gunnar Bergby, Erfahrungen damit. der für Österreich zuständige Count- ry Rapporteur innerhalb des Ausschus- Zivilgesellschaftliche ses, als auch Marco Zanin, der zuständi- Schattenberichte: ge OHCHR-Officer, und andere Mitglieder hoch willkommen? des Ausschusses haben mir direkt ihre Um ein regierungsunabhängiges Bild der Freude über meine Anwesenheit aus- menschen- bzw. frauenrechtlichen Situa- gedrückt, d.h. konkret: ihre ursprüng- tion in den geprüften Ländern zu bekom- liche Sorge darüber, dass keine Öster- Johanna Schlintl men, berücksichtigt der Ausschuss schon reicher*innen kommen würden und ihre seit 1988 Informationen von Nichtre- Erleichterung darüber, dass ich nun (für Ich werde über meine Erfahrungen bei der gierungsorganisationen. 2001 wurde sie überraschend) doch da war. CEDAW-Staatenprüfung berichten, weil die grundsätzliche Möglichkeit des Aus- In dem soeben zitierten Statement defi- ich die große Freude hatte, im Juli 2019 schusses, NROs um Stellungnahmen zu niert der Ausschuss die Möglichkeiten als Vertreterin des Klagsverbands bei der bitten, in Artikel 47 der Verfahrensord- der Beteiligung der Zivilgesellschaft bei 73. Sitzung des UN-Ausschusses für die nung des CEDAW-Ausschusses festge- der Staatenprüfung näher. Konkret heißt Beseitigung der Diskriminierung der Frau schrieben. In einer 2010 veröffentlichten das für NGOs, sie können sogenannte in Genf teilzunehmen. Der Zweck meines Stellungnahme betont der CEDAW-Fach- Schatten- oder Parallelberichte verfassen Vortrags ist nicht die wissenschaftliche ausschuss die besonders wichtige Rol- und ihr Rederecht im Vorfeld des Dialogs Aufarbeitung eines Themas, sondern die le von NROs bei der Förderung und der zwischen Ausschuss und Regierung aus- Weitergabe ganz praktischen Wissens Umsetzung der Frauenrechtskonvention. üben. Beim Dialog zwischen Regierungs- für zukünftige Interventionen vor dem Das liest sich dann so: delegation und Ausschuss haben NGOs CEDAW-Ausschuss. kein Rederecht, sie können jedoch beob- Im Rahmen der sogenannten Staaten- Statement CEDAW achtend teilnehmen. Aber der Reihe nach: prüfung wird die Umsetzung der CEDAW 1. The Committee on the Elimination of (das ist die Abkürzung für den englischen Discrimination against Women (…) consi- Eine strikte Choreographie Namen der UN-Frauenrechtskonventi- ders that its close cooperation with non- Die Staatenprüfung vor dem CEDAW- on "Convention on the Elimination of All governmental organisations (NGOs) wor- Fachausschuss folgt einer klaren Struk- Forms of Discrimination Against Women") king on women’s human rights is essential tur: Nachdem der offizielle Regierungs- 14 AEP Informationen
#rechtehatsie bericht eingereicht wurde, wird eine für einzelne NGOs bzw. 6.600 Zeichen auch nur zu einzelnen spezifischen The- Arbeitsgruppe (die sogenannte „Pre- für NGO-Koalitionen). Wie so oft, ist men Stellung beziehen. Zuletzt haben Sessional Working Group“ – PSWG) ein- das für viele österreichische Organisa- diese Möglichkeit übrigens der Behin- berufen. Maximal fünf der insgesamt tionen, die hier bestimmt sehr Wichti- dertenrat, die Bundesjugendvertretung 23 Ausschussmitglieder, inklusive ges beizutragen hätten, (auch) ein Res- und Zwischengeschlecht/StopIGM.org. einem sogenannter „Country Rappor- sourcenproblem. genutzt. teur“, erarbeiten eine Liste von Proble- Und so war’s auch zuletzt wieder: In seinem Statement zur Zusammen- men und Fragen in Zusammenhang mit Der Klagsverband ist ja nicht die erste arbeit mit NROs fordert der Ausschuss dem Regierungsbericht („List of Issu- Organisation, die uns als Akteurin bei die Vertragsstaaten auf, die Partizipa- es“) und auch darauf haben die Regie- der CEDAW-Staatenprüfung einfallen tion von NROs (auch) im Staatenprü- rungen wiederum schriftlich zu antwor- würde. Nachdem klar wurde, dass sich fungsprozess zu ermöglichen und zu ten („Replies of Austria“). keine Frauen*organisation in der Lage fördern, konkret heißt das, sie bei der An all diesen Punkten können NROs sah, das ressourcentechnisch zu stem- Entstehung des Regierungsberichts zu schriftlich Stellung beziehen. D.h. men, hat der Klagsverband entschie- konsultieren und selbstverständlich für gleichzeitig und/oder in Reaktion auf den, die Koordinierung eines umfangrei- eine nachhaltige Finanzierung zu sor- den Regierungsbericht, vor der Ent- chen Parallelberichts zu übernehmen. gen. Hier hat die österreichische Regie- wicklung der List of Issues, sowie als Nur die Artikel 1, 8 und 15 wurden nicht rung in Zukunft jedoch definitiv Nach- Ergänzung bzw. Korrektur der Replies bearbeitet. Zum Glück konnten Dani- holbedarf: Zuletzt wurden NROs meines of Austria. ela Almer und Andrea Ludwig auf der Wissens nach weder in die Entstehung Vor allem zu Beginn des Prüfungspro- Suche nach Autorinnen in den vielen des Regierungsberichts einbezogen, zesses können eigene Themen plat- Mitgliedsvereinen des Klagsverbands noch war die Förderung der zivilgesell- ziert werden. Schon zu dem Treffen aus dem Vollen schöpfen: schaftlichen Teilnahme an der Staaten- der Pre-Sessional Working Group sind Leider hatten wir kein Budget – unbe- prüfung in Genf auch nur ansatzweise NGO-Vertreter_innen auch eingeladen, zahlte Arbeit von Frauen* ist etwas, ausreichend. Das BKA Frauen hat mei- um mündlich bei den Ausschussmitglie- das der Klagsverband normalerweise nen Flug nach Genf gezahlt, für zumin- dern zu intervenieren – das konnte der nicht unterstützt – dennoch haben wir dest drei Tage Aufenthalt in der sehr Klagsverband zuletzt nützen. Autorinnen das ehrenamtlich übernom- teuren Stadt Genf wurde uns aber kein Später im Staatenprüfungsprozess men. Auch deswegen soll und will ich Geld zur Verfügung gestellt. Zum Glück macht es dann jedenfalls Sinn, sich auf hier die Gelegenheit nützen, den vielen hat uns Julia P lanitzer vom Boltzmann die Fragen des Ausschusses und die ehrenamtlichen Autorinnen nochmal zu Institut für Menschenrechte von dem Antworten der Regierung zu beziehen, danken! „From Global to Local-Trainingspro- d.h. auf Lücken in den Regierungsbe- gramm“ von IWRAW, der Internatio- richten hinzuweisen und diese inhalt- Zusammenwirken der NROs nal Women's Rights Action Watch Asia lich zu korrigieren. verleiht Gewicht – Pacific erzählt. Sonst hätte die Teilnah- und verursacht Freude me des Klagsverbands in Genf so nicht Unter zeitlichem Druck Für die Zukunft gilt: Alternativberichte stattfinden können. und ohne Budget gewinnen an politischem Gewicht, je Das Trainingsprogramm von IWRAW Aber Achtung, die Zeit drängt, die Doku- mehr Organisationen an ihrer Erstellung zu entdecken, war in jeder Hinsicht ein mente des Ausschusses und der öster- beteiligt sind. Grundsätzlich können großes Glück. IWRAW hat nicht nur die reichischen Regierung sind umfang- einzelne Vereine – unter Geringhaltung Finanzierung meines Aufenthalts in Genf reich. Die Zeichenbeschränkungen für des Arbeitsaufwandes – auch zu ein- übernommen. Ich hatte auch die große NROs dafür strikt. (2019: 3.300 Zeichen zelnen Bestimmungen der CEDAW und Freude im Vorfeld der S taatenprüfung Heft 4/20 15
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