Versorgung gesichert? - Schwerpunktthema in dieser Ausgabe: Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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4 • 07 Gute Arbeit als Gütesiegel für den Standort Deutschland Seite 4 Energiepolitik: neue Knappheiten, neue Strategien Seite 28 Deutsche Außenpolitik: neue Sicherheitsrisiken bewältigen Seite 43 Schwerpunktthema in dieser Ausgabe: Versorgung gesichert? Die globale Energiesicherheit und die Klima- schutzpolitik als zentrale Themenfelder der FES
2 T I T E LT H E M A Zentrales Themenfeld der FES Globale Energiesicherheit DIE VERÄNDERUNGEN AUF DEN ENERGIEMÄRKTEN haben Machtverschie- bungen in der internationalen Politik bewirkt, die einer analytischen Betrachtung und strategischen Reaktion bedürfen. Die Friedrich-Ebert- tischen Schwellenlän- des Ausbaus der er- Klimawandel werden Stiftung beschäftigt der verändert die neuerbaren Energien hingegen nicht ausrei- sich in unterschiedli- Spielregeln und schafft und der Steigerung der chend berücksichtigt. chen Arbeitsbereichen in Kombination mit der Energieeffizienz auch 4. Zwischen G8- und mit diesem Themen- nun überwiegend mittelfristig auf fossile O5-Staaten besteht ei- komplex und entwi- staatsmonopolistisch Energieträger ange- ne beträchtliche Über- ckelt auf der Grundla- geprägten Struktur der wiesen sein. Zentrale einstimmung der Inte- ge von sechs Kernthe- Produktion eine stän- Ansatzpunkte sind die ressen bei der Verbes- sen Szenarien und dig angespannte Situa- Reduzierung der Nach- serung der Marktpo- Handlungsempfehlun- tion für die Versorgung frage nach fossilen sition der Nachfrager- gen für Politik und der Nachfrage. Energieträgern und die seite, der Steigerung Wirtschaft: Bündelung der Interes- der Energieeffizienz 1. Seit der Jahrtau- Der Markt hat sich von ei- sen der Nachfrager- und Energieeinspa- sendwende ist eine nem Steuerungs- zu einem staaten. Eine Substitu- rung, der Diversifizie- Machtverschiebung zu- Machtinstrument gewan- tion von Öl und Erdgas rung der Versorgungs- gunsten der Produzen- delt und die Verbraucherlän- durch Kohle ist nur in struktur und dem Ein- tenländer erfolgt. Sie der in eine asymmetrische dem Maße möglich, satz kohlenstoffre- reflektiert keine kon- Abhängigkeit von den Pro- wie die entstehenden duzierter Technologi- junkturelle, sondern duzentenländern gebracht. Emissionen abgeschie- en, weniger hingegen eine nachhaltige Ent- den und sequestriert im Umwelt- und Kli- wicklung. Die Endlich- 2. Die Industrieländer werden (CCS-Verfah- maschutz. Der Prozess keit der Ressourcen müssen unter Berück- ren). des „Outreach“, d.h. wirft insbesondere bei sichtigung der klima- 3. Die St. Petersburger die Einbeziehung der Ein Gegenstand der Ana- Öl ihre Schatten vo- politischen Beschrän- Erklärung bietet einen wichtigen Schwellen- lysen: Welches wird der Energiemix der Zukunft raus. Das dramatische kungen darauf reagie- richtigen Ansatz. Sie länder in ein globales sein? Nachfragewachstum ren, denn die Energie- zielt auf faire Marktbe- Konzept unter Berück- (Foto: O. Lantzendörffer/ fotolia.com) insbesondere der asia- versorgung wird trotz dingungen bei gleich- sichtigung ihrer spezi- zeitiger Bemühung um ellen Interessenlage ist Einsparung durch Effi- daher von besonderer zienz und Substitution strategischer Bedeu- durch erneuerbare tung. Energien. Die neuen 5. Die Industrieländer Machtstrukturen und müssen zur Stärkung die Interessendiver- ihrer Marktposition genzen der ökono- auch im eigenen Be- misch oder politisch reich ihre Hausaufga- Betroffenen, die ben erledigen. Dies er- Schlüsselrolle des fordert erstens vor Energieträgers Gas allem die intensivere und die Enge der Ver- Nutzung ihrer techno- knüpfung zwischen logischen Möglichkei- Energieeinsatz und ten, etwa beim Aus- FES I N F O 4 / 2 0 0 7
3 stieg des Verkehrssek- Artikel in dieser Ausgabe: tors aus dem ölge- September – Oktober – November 2007 triebenen Motor, beim DEUTSCHLAND CCS und bei Effizienz- steigerungen beson- FES-Arbeitskreis Arbeit-Betrieb-Politik: Gütesiegel für den Standort Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 ders im Haushalts-/ Wohnungsbereich, und Konferenz zu Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen: zweitens die Diversifi- Obst statt Schokoriegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14 zierung der Bezugs- JugendMedienakademie beim SPD-Bundesparteitag: quellen speziell im Mediendemokratie live . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22 Erdgasbereich, ein- SCHWERPUNKT schließlich der dazu Kompass 2020 „Energiesicherheit“: erforderlichen Infra- neue Knappheiten, neue Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 strukturmaßnahmen. 6. Die außenpoliti- Internationaler Dialog der FES: Lageberichte zur europäischen Energiepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 schen Maßnahmen sollten sich unter Be- Podiumsdiskussion: rücksichtigung der In- Klimaschutz ist Chefsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 teressengegensätze, Konferenz des FES-Landesbüros Hessen: insbesondere der zwi- Ist das Auto noch zu retten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36 schen Nachfragern Biotreibstoffe in Lateinamerika: und Anbietern, auf fol- Ausweg oder Sackgasse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 gende Felder konzent- Konferenz über Klimawandel, Klimaschutz und Gender: rieren: die Entwick- Das Klima ist für alle gleich?! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41 lung und Vereinbarung INTERNATIONAL europäischer Effizienz- standards; die Schaf- FES-Konferenz zur zukünftigen deutschen Außenpolitik: fung von Infrastruktu- Neue Sicherheitsrisiken bewältigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43 ren, die sowohl eine Deutsch-französischer Mittelmeerdialog: Diversifizierung der Der Mittelmeerraum – die Zukunft Europas? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46 Bezugsquellen als Irak: auch den Transport FES schult zehntausend Wahlbeobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60 von Angebotsorten zu Mauretanien: Nachfrageorten inner- Neue Vorbildrolle in der Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .67 halb der EU ermögli- Südamerika: chen; den Dialog mit Vertrauensbildung bei wachsenden Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .72 den neuen (vor allem asiatischen) Nachfra- Burma/Myanmar: gern, um über gleiche Reformorientierte Kräfte stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75 Spielregeln die ge- Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 meinsamen Interessen Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 zu bündeln; den Dialog mit den Produzenten- Mitverantwortung für werden, dass sie lang- jetzt am Wandel vom ländern, der die neuen Nachhaltigkeit in welt- fristig auch ohne Öl fossilen zum solaren Machtkonstellationen wirtschaftlichen Pro- und Gas mit solaren Zeitalter beteiligen. berücksichtigt, diese zessen und bei der Kli- Energiequellen wichti- Länder im Globalisie- mapolitik nimmt. ge Energielieferanten Die Texte zum Schwer- rungsprozess aufwer- Die OPEC-Staaten soll- der Welt sein können, punktthema „Energie“ tet und zugleich in die ten davon überzeugt wenn sie sich schon ab Seite 28 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
4 DEUTSCHLAND FES-Arbeitskreis Arbeit-Betrieb-Politik Gütesiegel für den Standort Deutschland GUTE ARBEIT IST IN DEUTSCHLAND BEI WEITEM NOCH KEIN ARBEITS- MARKTPOLITISCHES MARKENZEICHEN. Noch gilt hierzulande allzu oft der Satz „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Die Frage nach den Arbeitsbedingungen bleibt dabei aus- geklammert. „Sozial ist, was gute satzprogramm der rechte und existenzsi- Globalisierung ist gute Arbeit schafft“, so lau- SPD hat das Konzept chernde Entlohnung Arbeit darüber hinaus tet der Gegenentwurf, der „Guten Arbeit“ mit abgesicherten einzelbetrieblich nur den der DGB-Vorsit- Eingang gefunden. Mindestlöhnen, ausrei- unter politischem zende Michael Som- Wenn es Gewerkschaf- chende Arbeitsplatzsi- Flankenschutz umzu- ten und Politik gelingt, cherheit, eine vernünf- setzen: durch Regulie- „Gute Arbeit“ zu ei- tige Qualifizierung mit rung des internationa- nem Markenzeichen festgeschriebenen len Wettbewerbs wie und Gütesiegel, ähn- Weiterbildungsansprü- z. B. durch soziale lich der Mitbestim- chen sowie eine Ar- Mindeststandards für mung, zu entwickeln, beitszeit, die Raum für den Marktzugang und dann wird auch der das Privatleben be- globale Rahmenab- Standort Deutschland lässt. In Zeiten der kommen. im globalen Wettbe- werb davon profitie- Fast 800 Zuhörer füllten das Esslinger Neckar-Forum, als ren. Franz Müntefering auf Einladung des Arbeitskreises „Zu- Das arbeitspolitische kunft und Gerechtigkeit“ des Fritz-Erler-Forums Baden- Konzept „Gute Arbeit“ Württemberg Rede und Antwort zum Thema Globalisierung Skizzierte das arbeits- mer bei der Vorstel- umfasst alle Dimensio- politische Konzept stand. Über die globalen Spielregeln, die Bedrohung der „Gute Arbeit“: SPD-Prä- lung des DGB-Index nen der Arbeits- und Welt durch ihren enorm wachsenden Energiehunger und sidiumsmitglied Andrea „Gute Arbeit“ im Sep- Lebensgestaltung und Nahles. die Ökonomisierung aller Lebensbereiche kam er auch auf tember formulierte. erfordert die Verzah- die innenpolitischen Reizworte zu sprechen. Sein Grundsatz Mit ihren Initiativen nung unterschiedli- „Guter Lohn für gute Arbeit“ entspringe keiner Sozialro- für eine neue Qualität cher Politikfelder. Das mantik, sondern der sozialen Marktwirtschaft. Und deren der Arbeit setzte die IG betonte auch Andrea Spielregeln müssen auch in einer globalisierten Wirtschafts- Metall bereits zahlrei- Nahles, Mitglied des welt gelten, so Müntefering. che Projekte um und SPD-Präsidiums, auf der DGB hat nunmehr einer Veranstaltung unter Beteiligung der des FES-Arbeitskreises Einzelgewerkschaften Arbeit-Betrieb-Politik den „Index Gute Ar- über menschengerech- beit“ vorgelegt, mit te Arbeitsgestaltung dem gute wie schlech- am 11. Oktober in der te Arbeitsbedingungen Kulturbrauerei in Ber- in den Betrieben iden- lin. Zu guter Arbeit tifizierbar und damit gehören neben belas- gestaltbar werden. tungsreduzierten Ar- Auch im neuen Grund- beitsplätzen, eine ge- FES I N F O 4 / 2 0 0 7
5 ( M I N D E S T- ) L O H N P O L I T I K I N P O L E N , D E U T S C H L A N D U N D E U R O P A Motor oder Bremse für Wachstum und Beschäftigung? „Die Einkommen in polnischen Wirt- gar beschäftigungs- tiv, zum Mindestlohn der Europäischen Uni- schaftskonkurrenz zu steigernd wirkte. Nach in Deutschland zu ar- on sind äußerst un- betrachten, die Erfah- Ansicht von Bertram beiten, betonte dage- gleich verteilt. Die rungen anderer Län- Bossard, Hauptge- gen Julian Korman, ärmsten 20% der EU- der mit Mindestlöhnen schäftsführer der Ver- Präsident des Verban- Bevölkerung verdie- zu berücksichtigen einigung der bayeri- des der Polnischen nen 4,5% des Bruttoin- und darüber hinaus landsprodukts, das ist über Ansätze zu einer weniger als die ärm- Koordinierung auf eu- sten 20% in Indien ropäischer Ebene (8,1%) oder den USA nachzudenken. (5,1%) und nur gering- „Arm durch Arbeit?“, fügig mehr als in Chi- diese Frage stellte Ot- na (4,3%)“, diese Zah- mar Schreiner, MdB len präsentierte Dr. von der SPD-Bundes- Michael Dauderstädt, tagsfraktion und Bun- Leiter der Abteilung desvorsitzender der Wirtschafts- und Sozi- Arbeitsgemeinschaft alpolitik der FES, auf für Arbeitnehmerfra- der gemeinsamen Ver- gen. Ein Blick ins (eu- anstaltung mit der ropäische) Ausland Wirtschaftsabteilung zeige, dass es in schen Wirtschaft, füh- Dienstleistungsunter- der Polnischen Bot- Deutschland weniger ren Mindestlohn- nehmen e.V. in schaft am 19. Novem- als in allen anderen regelungen dazu, dass Deutschland. Die Fra- ber in Berlin zum vergleichbaren Län- (Schein-)Selbständige ge „Brauchen wir eine Thema „(Mindest-) dern gelungen sei, die aus dem In- und Aus- europäische Koordi- lohnpolitik in Polen, abhängig Beschäftig- land vermehrt in Kon- nierung der Mindest- Deutschland und ten vor Lohnarmut zu kurrenz zu den Be- lohnpolitik?“ wurde Europa“. schützen. Die meisten schäftigten im Inland von den Vertretern von Als wichtiges Argu- europäischen Länder treten und Hand- Politik, Gewerkschaft ment für die Notwen- verfügten über einen werks- oder Dienstleis- und Wissenschaft digkeit eines Mindest- allgemeinen gesetzli- tungen zu niedrigeren überwiegend bejaht. lohns in Deutschland chen Mindestlohn. Löhnen schwarz aus- „Die Einführung eines wird der Schutz vor Dr. Claudia Weinkopf, geführt werden. Für europäischen Mindest- Lohndumping durch stellv. Geschäftsfüh- Bossard „machen Min- lohnes könnte ein ge- ausländische Billig- rende Direktorin des destlöhne arbeitslos, werkschaftliches und konkurrenz angeführt. Instituts Arbeit und rauben Beschäfti- politisches Projekt der Vor diesem Hinter- Qualifikation an der gungschancen, schaf- Angleichung der Le- grund erschien es Universität Duisburg- fen Armut, führen zu bensverhältnisse in Eu- sinnvoll, einen Blick Essen, verwies auf das Preissteigerungen und ropa begründen“, ar- über den deutschen positive Beispiel Groß- sind sozial ungerecht.“ gumentierte Jörg Wie- Tellerrand zu werfen britannien, wo der Für polnische Bauar- demuth, Leiter der und die Debatte im Mindestlohn beschäfti- beiter sei es schon lan- Tarifpolitischen Grund- Kontext der deutsch- gungsneutral oder so- ge nicht mehr attrak- satzabteilung von ver.di. 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
6 DEUTSCHLAND STUDIE ZU AUSWIRKUNGEN EINES MINDESTLOHNS IN KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN Zwischen Wunsch und Wirklichkeit Nur wenige wirt- eine Pleitewelle, wer- und Mitteleuropa. Mindestlohns könnte schaftspolitische Dis- den Mitarbeiter entlas- Bei der Bestimmung auch die Spezialisie- kussionen wurden in sen oder werden die der Mindestlohnhöhe rung der Unternehmen den vergangenen Jah- Unternehmen Auswe- sollte daher ein regio- vorantreiben. Um ei- ren in Deutschland so ge finden? Das Deut- naler Lebenshaltungs- nem direkten Preisver- kontrovers und emo- sche Institut für kleine kostenindex Anwen- gleich auszuweichen, tional geführt wie die und mittlere Unter- dung finden. Eine Dif- werden viele Betriebe Debatte um gesetzli- nehmen hat im Auf- ferenzierung nach versuchen, als Spezial- che Mindestlöhne. Ne- trag der FES eine gro- dem Lebenshaltungs- oder Nischenanbieter ben den vielfältigen ße Zahl von Unterneh- kostenindex würde am Markt aufzutreten. Argumenten, die dazu mern nach Ihren dazu führen, dass Be- ausgetauscht wurden, Reaktionen bei Einfüh- triebe an „Hochpreis- ist eine betriebswirt- rung eines Mindest- standorten“ tendenzi- DIE STUDIE schaftliche Bewertung lohns befragt. Die we- ell stärker belastet „Auswirkungen eines Min- zu den Auswirkungen sentlichen Ergebnisse werden und gleichzei- destlohns auf kleine und mitt- eines Mindestlohns auf der Studie: tig Betriebe in ländli- lere Unternehmen – Eine be- mittelständische Un- Die Einführung eines chen, in ostdeutschen triebswirtschaftliche Analyse ternehmen bislang gesetzlichen Mindest- und grenznahen Re- nach Branchen, Betriebsty- ausgeblieben. Was ge- lohns ist primär ein gionen tendenziell ent- pen und Standorten“ schieht wirklich in den Problem für kleine und lastet werden. Eine unter http://library.fes.de/pdf- Betrieben, wenn der mittlere Unternehmen derartige Differenzie- files/wiso/04965.pdf Mindestlohn kommt – (KMU) in den neuen rung wäre eine Förde- Link zum Arbeitskreis Mittel- gerade in den 3 Mio. Bundesländern, insbe- rung des Standorts stand http://www.fes.de/wi- kleinen Betrieben in sondere in den Grenz- Ostdeutschland. Aber so/sets/s_mitt.htm Deutschland? Droht regionen nach Ost- die Einführung eines D E B AT T E Ü B E R B E D I N G U N G S L O S E S G R U N D E I N K O M M E N , B Ü R G E R G E L D U N D G R U N D S I C H E R U N G Sozial und gerecht!? Mit dem Konzept eines tung diskutierten am durchgeführt. bedingungslosen 10. Oktober im Forum Prof. Dr. Michael Grundeinkommens, ei- Berlin Vertreter/innen Opielka, Fachhoch- ner Grundsicherung aus Politik, Verbänden, schule Jena, und oder eines Bürgergel- Wissenschaft und Pra- Ralph Boes, Bürgerini- des wird das Ziel ver- xis über das Für und tiative Grundeinkom- bunden, Einkommen Wider moderner Wege men, plädierten für ein und Arbeit voneinan- zu sozialer Gerechtig- Grundeinkommen, das der zu entkoppeln und keit und Integration. ohne Bedürftigkeit an damit jedem Bürger Die Veranstaltung alle Bürger/innen aus- ein gesichertes Dasein wurde im Rahmen der gezahlt werden sollte. und Raum für indivi- Veranstaltungsreihe Es stellt für beide ein duelles Engagement „Wege zu einem stär- Grundrecht dar, das zu ermöglichen. Auf keren gesellschaftli- politische Partizipation einer Fachveranstal- chen Zusammenhalt“ sowie Teilhabe am FES I N F O 4 / 2 0 0 7
7 Wirtschaftswachstum des DGB und setzte Transfergesellschaft. Ferner für eine be- aller Bürger/innen ge- sich für ein bedarfsori- Arbeit sei nach wie vor darfsorientierte währleistet und das entiertes Grundein- der soziale Integrati- Grundsicherung. Der Problem von Armut in kommen ein. Auch für onsmodus und es soll- Sprecher der Arbeits- der Bevölkerung mini- Elke Ferner, damalige ten vielmehr weitere gemeinschaft Vertei- miert. stellv. Vorsitzende der Anstrengungen für ei- lungsgerechtigkeit und Ein Schlaraffenland SPD, ist ein Grundein- ne verstärkte Integra- soziale Integration der für alle sei zwar ver- kommen kein Modell, tion Arbeitsloser in SPD-Bundestagsfrakti- führerisch, aber öko- das mehr soziale Teil- den Arbeitsmarkt un- on, Rolf Stöckel, nomisch irrational, ar- habe gewährleisten ternommen werden. sprach sich dafür aus, gumentiert dagegen kann. In ihrem Plädo- Da momentan viele die Debatte über Wege Dr. Joachim Schabe- yer verwahrte sie sich Menschen aber trotz zu stärkerer sozialer doth, Leiter der Abtei- gegen eine Umstellung Arbeit leider nicht ge- Gerechtigkeit auf eine lung Gesellschaftspoli- von einer Arbeitsge- nügend sozial abgesi- breite gesellschaftliche tik/Grundsatzfragen sellschaft hin zu einer chert sind, plädierte Basis zu stellen. Nach einer ersten Präsentation der Ausstellung „Frei und links“ durch den SPD-Vorsitzenden Kurt Beck auf dem SPD- Parteitag in Hamburg wurde die Ausstellung zur „Sozialde- mokratischen Programmatik und Politik seit der Mitte des 19. Jahrhunderts“ am 6. November im Berliner Haus der FES eröffnet. Auf 36 Tafeln wird die Entwicklung der deutschen Sozialdemokratie von einer proletarischen Klassenpartei zu einer reformorientierten Volkspartei gezeigt und dabei der Bogen vom Kommunistischen Manifest (1848) bis zum Ham- burger Programm (2007) geschlagen. Im Bild v.l.: Anke Fuchs, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Kurt Beck und Michael Naumann am 25. Oktober in Hamburg Europäische Dienstleistungsaktivitäten Der leidenschaftliche Streit um die europäische aus deutscher Sicht an die europäische Politik gestellt Dienstleistungsrichtlinie hat einer breiten Öffentlich- werden sollten. Obwohl man, ähnlich wie in Deutsch- keit ins Bewusstsein gerufen, dass Dienstleistungspo- land, auch bei der EU noch nicht von einer kohären- litik im zusammenwachsenden Europa eine gemein- ten Dienstleistungskonzeption sprechen kann, gibt es schaftliche Herausforderung und Gestaltungsaufga- doch eine ganze Reihe von zukunftsorientierten und be darstellt. Der wirkungsvolle Widerstand vor allem innovativen dienstleistungspolitischen Ansätzen. gegen das „Herkunftslandprinzip“ im ursprünglichen Entwurf der europäischen Dienstleistungsrichtlinie kann als ein gutes Zeichen für die Entwicklung demo- MEHR ZUM THEMA kratischer Prozesse in Europa gewertet werden. Mehr zum Arbeitskreis Dienstleistungen: Der gemeinsam von der Friedrich-Ebert-Stiftung und www.fes.de/wiso/sets/s_dienst.htm der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geführte Ar- beitskreis Dienstleistungen befasste sich in seiner No- Publikation: „Dienstleistungen in Deutsch- vembersitzung mit den europäischen Dienstleistungs- land: besser als ihr Ruf, dennoch stark ver- aktivitäten jenseits der Dienstleistungsrichtlinie. Da- besserungsbedürftig!“ unter http://libra- bei ging es auch um die Frage, welche Anforderungen ry.fes.de/pdf-files/fo-wirtschaft/03614.pdf 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
8 DEUTSCHLAND Z W E I F E S - V E R A N S TA LT U N G E N Ü B E R D A S P R O B L E M D E R M A R K E N - U N D P R O D U K T F Ä L S C H U N G Lässt sich geistiges Eigentum effektiv schützen? Europas Zukunft hängt fektiven Schutz geisti- werde inzwischen alles Institut ASER e.V. an an seiner Innovations- gen Eigentums. John – nicht mehr nur CDs, der Bergischen Univer- kraft. Wirtschaftlichen Dryden von der OECD Kosmetik oder Mar- sität Wuppertal stell- Anreiz zu Innovationen bezifferte den Schaden kenkleidung. Wären es ten als Beispiel eine im gibt es aber nur, wenn durch Produkt- und früher einzelne Brems- Auftrag der Bundesan- die Unternehmen diese Markenpiraterie auf beläge gewesen, seien stalt für Arbeitsschutz Innovationen auf dem 200 Milliarden US-Dol- es heute ganze Autos und Arbeitsmedizin lar. Im Rahmen einer oder Flugzeugteile. entwickelte Online-Da- Konferenz wurden am Maria Vleurinck vom tenbank mit techni- 1. November in Berlin Bundesministerium für schen Sicherungsmit- mit Experten der EU, Arbeit und Soziales be- teln und Prüfgeräten aus Forschung und In- tonte, dass Produkt- vor, die alle am Markt dustrie Fragen des Ur- piraterie nicht nur befindlichen Technolo- heberrechtsschutzes volkswirtschaftlichen gien für den Produkt- diskutiert. Schaden anrichtet, und Markenschutz be- Auch der FES-Ge- sondern auch die Ge- inhaltet und so Her- sprächskreis Verbrau- sundheit und sogar stellern und Verbrau- cherpolitik widmete das Leben von Ver- chern Hilfestellung gibt. Diskutierte mit Exper- Markt angemessen sich am 25.Oktober in brauchern gefährden Der Staat allein könne ten für Urheberrecht- schutzfragen: Bundes- verwerten können. Ei- Berlin dem Phänomen kann. Die Gefahren das Problem aber justizministerin Brigitte ne Voraussetzung da- der Produktpiraterie. reichen von allergi- nicht lösen, so das Fa- Zypries (Foto: Zensen) für ist der wirksame Dr. Ditmar Staffelt, schen Reaktionen auf zit beider Veranstal- Schutz der Erfindun- Sprecher der Arbeits- giftige Färbe- und Ger- tungen. Unternehmen gen vor Nachahmern. gruppe Weltwirtschaft bemittel, Stromschlag, müssen aktiv werden Alarmierend ist daher, der SPD-Bundestags- Verletzungen aller Art und ihre Produkte mit dass sich von 1998 bis fraktion, verwies auf über Vergiftung bis Sicherheitskodierun- 2005 die Zahl der an Schätzungen der deut- zum Tod durch Inhalts- gen versehen. Aber den Außengrenzen der schen Wirtschaft, wo- stoffe von gepanschten auch die Verbraucher EU abgefangenen ge- nach die Produkt- und Nahrungsmitteln und müssen ihre Einstel- fälschten Produkte Markenpiraterie zu Medikamenten. lung ändern. Die verzehnfacht hat, so Umsatzeinbußen von Was kann gegen Pro- Produktpiraterie ist Bundesjustizministerin 20 bis 30 Milliarden dukt- und Markenpira- deshalb so erfolgreich, Brigitte Zypries wäh- Euro führt und bis zu terie getan werden? weil es eine riesige rend einer Konferenz 70.000 hiesige Arbeits- Karl-Heinz Lang und Nachfrage nach billi- der FES über den ef- plätze koste. Gefälscht Andreas Schäfer vom gen Produkten gibt. PODIUMSDISKUSSION DES FES-MANAGERKREISES Noch große Potentiale für Logistikbranche Der Welthandel wird Probleme bestehen diesem Sektor genutzt seiner Podiumsdiskus- entscheidend vom aber im Zusammen- werden? Dieser und sion „Welthandel made Standort Deutschland spiel der Verkehrsträ- anderen Fragen wid- in Germany – Heraus- aus mitgeprägt und ger und wie können mete sich der Mana- forderungen für den mitgestaltet. Welche Effektivitätsreserven in gerkreis der FES mit Logistikstandort FES I N F O 4 / 2 0 0 7
9 Deutschland“ am 11. me insbesondere zugu- nander eine Lieferter- der vorhandenen Ver- Oktober. Neben Bun- te, „dass sie nicht nur mintreue von 45%. kehrsträger bedürfe. desminister Wolfgang direkte Arbeitsplätze „Also mit einer Wahr- Für Logistik als Quer- Tiefensee diskutierten und Wertschöpfung“ scheinlichkeit von 55% schnittsfunktion gibt es Helly Bruhn-Braas, Vi- schafft, sondern auch sind Lieferungen in- in der Politik keinen zepräsidentin des Bun- „gleichermaßen das nerhalb dieser Bran- einheitlichen Ansprech- desverbandes des Rückgrat für alle an- che nicht pünktlich“, partner, kritisierte Die- Deutschen Groß- und deren Wirtschafts- so Straubes Fazit. ter Bock: „Manchmal Außenhandels, Erich branchen darstellt“, Einen besonderen Stel- ist es das Verkehrsmi- Staake, Sprecher des betonte Wolfgang Tie- lenwert in der Diskus- nisterium, manchmal Vorstandes der Duis- fensee in seiner Eröff- sion nahm der vor- ist es das Wirtschafts- burger Hafen AG, Prof. nung. Doch trotz die- gesehene Masterplan ministerium, das Bil- Dr. Ing. Frank Straube, ser positiven Einschät- „Güterverkehr und Lo- dungs- oder Finanzmi- Leiter des Bereichs Lo- zung, so der Einwand gistik“ ein. Erich Staa- nisterium. Wir würden gistik an der Techni- von Professor Straube, ke betonte, dass es, uns freuen, wenn einer schen Universität Ber- „müssen noch 85% der um die erworbene Po- von Ihnen eine Art lin, sowie Dieter Bock, deutschen Unterneh- sition beizubehalten Schirmherrschaft für Leiter der Arbeitsgrup- men an Prozess- und und auf neue Konkur- die gesamte Logistik pe Verkehr des Mana- Kundenorientierung renten reagieren zu übernähme.“ gerkreises. arbeiten.“ So hatte können, sowohl einer Der Logistik- und Mo- zum Beispiel der deut- verbesserten Infra- D O K U M E N TAT I O N bilitätsbranche als sche Maschinenbau im struktur als auch einer www.managerkreis.de Wirtschaftsfaktor kom- letzten Jahr unterei- optimierten Vernetzung dieser Hinsicht schon auf den Weg gebracht worden – Perspektive Arbeit und Alter wie beispielsweise die Initiative 50plus der Bundesre- Auch wenn noch die 35 - 44-Jährigen die größte Grup- gierung. Die Fachkonferenz „Perspektive Arbeit und pe am Arbeitsmarkt stellen, so wird sich das Verhält- Alter: Gesellschaftspolitische Handlungsfelder“, die nis in den nächsten zehn Jahren verschieben und die vom FES-Forum Berlin in Zusammenarbeit mit Dr. Ur- über 50-Jährigen werden die Hauptgruppe bilden. sula Engelen-Kefer von der Bundesagentur für Arbeit Deshalb sind schon jetzt nachhaltige Strategien und am 5. November organisiert wurde, beschäftigte sich Lösungsansätze einer besseren Integration älterer mit innovativer Personalpolitik sowohl im Umgang mit Menschen in den Arbeitsmarkt gefragt. Vieles ist in älteren Arbeitnehmern im Betriebsleben als auch mit Strategien zur Integration älterer Arbeitsloser in den Um entwürdigende und ausbeutende Formen der Konkur- Arbeitsmarkt. Neben Best-Practice-Beispielen aus der renz beim Verkauf der Arbeitskraft des Einzelnen möglichst Wirtschaft wurden auch Erfahrungen aus Finnland gering zu halten, brauche man auch heute starke Gewerk- und den Niederlanden mit einbezogen. schaften, sagte Frank Bsirske, ver.di-Bundesvorsitzender, am Es rechne sich auch für die Unternehmen, das Poten- 22. November in Leipzig. Bsirske machte deutlich, dass Ar- tial Älterer zu nutzen, betonte Staatssekretär Gerd An- beit weder arm machen dürfe noch entwürdigen. Es bleibe dres vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. die unbedingte Forderung nach einem gesetzlichen Mindest- Für Gabriele Lösekrug-Möller, MdB und Mitglied im lohn. Einen Grund für den empfindlichen Mitgliederverlust Ausschuss „Arbeit und Soziales“, steht gesundheitli- der Gewerkschaften sah Bsirske in der wirtschaftlichen Lage. che Prävention im Fokus künftiger Integrationsstrate- Durch die Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse schwinde gien. Gerade hier habe Deutschland im europäischen die Bereitschaft der Arbeitnehmer, sich aktiv zu wehren. Vergleich einiges nachzuholen. Ursula Engelen-Kefer, (Foto: Waldeck) ehemalige DGB-Vize und Sachverständige in der Bun- desagentur für Arbeit, und Rolf Schmachtenberg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales betonten die Bedeutung des lebenslangen Lernens. 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
10 DEUTSCHLAND WEIBLICHE FÜHRUNGSKRÄFTE IN DER HIGH-TECH-BRANCHE „Aus der Schnecke eine Antilope machen“ In Deutschland sind nik, Elektronik und In- wicklungspolitik für technik sind weiblich. Frauen in den Füh- formationstechnik Frauen. „Aus der In der Diskussion wur- rungsetagen auch der (VDE) im Oktober ein Schnecke muss eine de deutlich, dass ein Elektro- und IT-Bran- Symposium organi- Antilope gemacht wer- Wandel in der Unter- che immer noch wenig siert, das die Chancen den“, so die Vorsitzen- nehmenskultur eine präsent. Jede 12. Inge- und Hindernisse für de des Ausschusses wichtige Rahmenbe- nieurin ist ohne Job – Frauen in dieser In- für Wirtschaft und dingung darstellt: Eine doppelt so viele wie dustrie beleuchtete. Technologie. Das gilt Abkehr vom Ideal der bei den männlichen Frauen haben immer auch für die Wissen- Rund-um-die-Uhr-Ver- Fachkollegen. Gleich- noch eine geringere schaft: Erst 585 Jahre fügbarkeit, die Flexibi- zeitig beklagt die In- Chance, die Karriere- nach der Gründung lisierung von Arbeits- dustrie einen Mangel leiter nach oben zu der Universitäten wur- zeiten und Einrichtung an Ingenieuren. Vor klettern, insbesondere de eine Frau Dekanin, von Telearbeitsplät- diesem Hintergrund in deutschen Großun- wusste die Vorsitzende zen, aber auch objekti- hat das Forum Politik ternehmen, beklagte des Fakultätentages vere Bewertung von und Gesellschaft in Edelgard Bulmahn, Elektrotechnik, Prof. Leistung und Qualifi- Kooperation mit dem MdB und Bundesmi- Dr. Ursula Rienen, zu kation zählen dazu. Team der Elektroinge- nisterin a. D. Bulmahn berichten. Nur 6,7% nieurinnen im Ver- forderte daher eine der Absolventen des Z U S A M M E N FA S S U N G band der Elektrotech- gezielte Personalent- Studiengangs Elektro- www.fes.de/forumpug F E S - FA C H K O N F E R E N Z Z U D E N A N F O R D E R U N G E N A N E I N G E N D I A G N O S T I K - G E S E T Z Auf Ängste reagieren Die Achtung der Men- bestimmung unter Gesetz zu einem Aus- können. Mithilfe der schenwürde, der gleichzeitiger Wah- gleich gebracht wer- prädiktiven Gendiag- Schutz der Gesundheit rung der Chancen von den. So das Plädoyer nostik können durch und das Recht auf in- Gentests müssen in ei- von Dr. Carola Rei- genetische Tests formationelle Selbst- nem Gendiagnostik- mann, Sprecherin der Krankheiten noch vor AG Gesundheit der ihrem Ausbruch vor- SPD-Fraktion, in ih- hergesagt werden. Die rem Eingangsreferat Gentests liefern Infor- zur Konferenz über mationen, die auch mit die „Anforderungen an Blick auf die Entwick- ein Gendiagnostik-Ge- lung neuer, maßge- setz“ am 11. Oktober schneiderter medizini- in Berlin. Auf der Kon- scher Therapien, eine ferenz ging es vor al- Risikoprüfung beim lem um die Frage, wie Abschluss von Versi- Chancen und Risiken cherungsverträgen der sogenannten prä- oder für die Arbeits- diktiven Gendiagnostik medizin attraktiv sind. sinnvoll durch ein Ge- Die Gefahr des Miss- setz begleitet werden brauchs genetischer FES I N F O 4 / 2 0 0 7
11 Daten wird derzeit Leiter des Kompetenz- AG Recht der SPD- nikfolgenabschätzung, eher als gering einge- zentrums „Biowissen- Bundestagsfraktion, sieht die Aufgabe der stuft. Prof. Karl Sper- schaften“ und Chefarzt gab jedoch zu beden- Politik u.a. bei der ling, Direktor des Insti- der Münchner Rück- ken, dass wirtschaftli- Festsetzung von Quali- tuts für Humangenetik versicherung, verwies che Erwägungen wie tätsstandards, der Si- an der Charité-Univer- auf die freiwillige z. B. die Gefahr stei- cherung des Arztprivi- sitätsmedizin Berlin Selbstverpflichtung gender Versicherungs- legs sowie beim Auf- meinte, dass die gel- der Versicherungswirt- prämien kein Kriteri- bau von Biobanken: tenden rechtlichen Re- schaft, bis 2011 bei um sein könnten, „Schließlich muss mit gelungen zum Aufbau der Nutzung von Gen- wenn die Rechte des einer gesetzlichen Ini- von Daten- und Gewe- tests bzw. deren Er- Einzelnen gegen ande- tiative auf existierende bebanken eine miss- gebnissen Zurückhal- re Interessen in einem Ängste in der Bevölke- bräuchliche Verwen- tung zu üben. Gleich- Gendiagnostik-Gesetz rung bezüglich gendi- dung verhindern und zeitig sprach er sich zum Ausgleich ge- agnostischer Verfah- sowohl das Recht der gegen ein gesetzliches bracht werden müss- ren reagiert werden.“ Forschungsfreiheit als Verbot der Nutzung ten. René Röspel, Stell- auch der informatio- von Gentests durch vertretender Sprecher MEHR ZUM THEMA nellen Selbstbestim- Versicherungen aus. der SPD-Bundestags- Weitere Informationen und die mung wahren. Dr. Mathias Miersch, arbeitsgruppe Bildung, Dokumentation der Veranstaltung: Dr. Achim Regenauer, Berichterstatter der Forschung und Tech- www.fes.de/biotech F E S V E R T I E F T D I S K U S S I O N Ü B E R C O R P O R AT E S O C I A L R E S P O N S I B I L I T Y Wie verantwortungsvoll handeln Unternehmen? Die freiwillige Über- als Grundlage dient, täuschen sollen. Wie die Diskussion über nahme gesellschaftli- gesellschaftliche Be- ist zum Beispiel ein Unternehmensethik cher Verantwortung lange in ihre Unter- großes Unternehmen und Unternehmens- und die damit verbun- nehmenstätigkeit und zu bewerten, das zwar kultur als Wettbe- dene Akzeptanz in der ihre Außenbeziehun- zahlreiche soziale Pro- werbsfaktoren. „Cor- Bevölkerung stellt gen zu integrieren. jekte fördert, aber porate Social Respon- heute für Unterneh- Wichtiger Bestandteil gleichzeitig einen be- sibility (CSR) – men eine der Grund- von CSR ist die Kom- trächtlichen Teil seiner Verantwortungsvolles voraussetzungen für munikation der Instru- Angestellten entlässt? unternehmerisches ihre unternehmerische mente und Aktivitäten, Um dieser Problematik Handeln als Option für Wertschöpfung dar. die das verantwor- Rechnung zu tragen, den Mittelstand“ war Aus diesem Grund ist tungsvolle Handeln werden von Gewerk- das Thema einer Ver- es vor allem für Groß- des Unternehmens schaftsseite überprüf- anstaltung am 24. Ok- unternehmen mittler- charakterisieren, nach bare Kriterien für das tober bei der Indust- weile unumgänglich, dem Motto: „Tue Gutes Label „CSR“ gefordert, rie- und Handelskam- verantwortungsvolles und sprich darüber!“ die das Handeln des mer Berlin. unternehmerisches Kritisch ist jedoch die Unternehmens als MEHR ZUM THEMA Handeln in die strate- Kommunikation über Ganzes in die Betrach- gische Unternehmens- einzelne CSR-Maßnah- tung einbeziehen. Publikation: „Verantwor- planung einzubinden. men, wenn sie letztlich Im Rahmen des Ar- tungsvolles unternehmeri- Corporate Social Re- nur über Defizite bei beitskreises Mittel- sches Handeln – Familienun- sponsibility oder kurz der Wahrnehmung von stand vertiefte die ternehmen als Vorbild.“ CSR ist ein Konzept, gesellschaftlicher Ver- Friedrich-Ebert-Stif- http://library.fes.de/ pdf-files/ das den Unternehmen antwortung hinweg- tung in diesem Jahr wiso/04963.pdf 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
12 DEUTSCHLAND D E R N AT I O N A L E I N T E G R AT I O N S P L A N I N D E R D I S K U S S I O N Neubeginn der Integrationspolitik? Im Juli 2007 wurde samen Konferenz des wie sie das neue Zu- Sprachförderung. Au- der Nationale Integra- FES-Gesprächskreises wanderungsgesetz vor- ßerdem würden aus- tionsplan (NIP) der Öf- Migration und Integra- sieht, sei nicht verein- ländische Auszubilden- fentlichkeit präsen- tion und der Arbeiter- bar mit den Zielen des de mit Beihilfen geför- tiert. Er enthält Ergeb- wohlfahrt am 8. Okto- Nationalen Integrati- dert. Prof. Dieter nisse der Diskussionen ber. Auch Kenan Kolat, onsplanes. Heinrich Filsinger von der Ka- von zehn Arbeitsgrup- Bundesvorsitzender Tiemann, damaliger tholischen Hochschule pen, die sich mit zehn der Türkischen Ge- Staatssekretär im Bun- für Soziale Arbeit in wichtigen Handlungs- meinde Deutschlands, desministerium für Ar- Saarbrücken wies auf feldern der Integrati- begrüßte, dass jetzt beit und Sozialord- die Notwendigkeit hin, onspolitik beschäftig- endlich eine umfassen- nung, koordinierte die eine systematische ten. Der NIP enthält de Debatte über Integ- Arbeitsgruppe zum Evaluation der Ergeb- über 400 Selbstver- rationspolitik stattfin- Thema „Bildung und nisse des NIP vorzu- pflichtungen für zu- det. Er kritisierte je- berufliche Ausbil- nehmen. Hierzu sei ei- künftige Integrations- doch, dass nach wie dung“. Als Beispiele ne Definition des Integ- aktivitäten. vor eine Diskrepanz der Selbstverpflichtun- rationsbegriffs erfor- Insgesamt positiv be- zwischen Ordnungs- gen des Bundes nannte derlich. Denn nur so wertete Wilhelm und Sozialpolitik fest- er die Verbesserung könnten Erkenntnisse Schmidt, Bundesvorsit- stellbar sei. Die Er- des Angebotes bei den über die Bedingungen zender der Arbeiter- schwerung des Nach- Integrationskursen für ge- oder misslingen- wohlfahrt, die Ergeb- zuges von Ehegatten und die Ausweitung de Integrationsprozes- nisse auf einer gemein- aus vielen Ländern, der berufsbezogenen se gewonnen werden. B E R L I N E R FA C H TA G „ D E M O K R AT I E M A C H T S C H U L E – S C H U L E M A C H T D E M O K R AT I E “ Augen zu und Klappe halten? Einmischen ist ange- beit am 29. Oktober Schulversprechen? Schulerfahrungen be- sagt, mitreden und ins Rathaus Schöne- Wie bringen wir mehr richteten und zu mehr mitentscheiden! Das berg eingeladen, um Biss in unsere SV-Sit- demokratischem En- war das Motto der 300 Wege für mehr Demo- zungen? Auf diese und gagement junger Men- Teilnehmer des Berli- kratie in der Schule viele andere Fragen schen aufriefen. Au- ner Fachtages „Demo- zu erproben. gab es Antworten und ßerdem präsentierten kratie macht Schule – Jugendliche und er- Angebote zum Rein- sich knapp 20 Projekte Schule macht Demo- wachsene Experten schnuppern und Aus- aus Schulen und Stadt- kratie“. Das Forum vermittelten in praxis- probieren. Prominente teilen, Projekten, die Politik und Gesell- nahen Workshops Unterstützung erhiel- bereits erfolgreich Be- schaft der FES und mögliche kleine Schrit- ten die Teilnehmer teiligungsstrukuren die „Drehscheibe Kin- te, die jede Schule um- durch die Berliner aufgebaut haben. der- und Jugendpoli- setzen kann: Wie baue RnBesk-Sänger Mu- tik“ der Stiftung SPI ich einen Klassenrat habbet, Sefo und Bek- ERGEBNISSE hatten Schülerinnen auf? Wie funktioniert tas, die aus eigenen www.fes.de/forumpug und Schüler, Lehrkräf- die gemeinsame Erar- te, Schulleitungen und beitung von Leitbild, Partner der Jugendar- Schulprogramm und FES I N F O 4 / 2 0 0 7
13 RESÜMEE DES EUROPÄISCHEN JAHRES DER CHANCENGLEICHHEIT Ziel nicht erreicht Die Herstellung mög- schen Gewerkschafts- in den Mitgliedslän- runter vier Großveran- lichst gleicher Chan- bundes wurde am 12. dern eine Debatte an- staltungen, seien ge- cen, unabhängig von November ein erstes zuregen, wie die Teil- fördert worden. Das Herkunft, Nationalität, Resümee dieser Initia- habe bisher benachtei- angestrebte Ziel, mög- Alter, Geschlecht oder lichst viele Menschen sexueller Orientierung, über die verschiede- ist Kernelement einer nen Facetten von Dis- gerechten Gesell- kriminierung aufzu- schaft. Von besonderer klären, konnte so nicht Bedeutung ist dabei erreicht werden. die Beseitigung von Auch Annelie Bunten- Diskriminierungen bach, Mitglied im Bun- und Benachteiligungen desvorstand des DGB, in der Arbeitswelt. Die kritisierte, dass die Europäische Union Bundesregierung mit Zogen ein Resümee: Annelie Buntenbach, DGB-Bundesvorstand, und hatte deshalb das Jahr Evelyne Gebhardt, MdEP (Mitte Günther Schultze, FES-Gesprächskreis wenig Engagement zu 2007 zum „Europäi- Migration und Integration) (Foto: Zensen) Werke gegangen sei. schen Jahr der Chan- tive gezogen. Für Eve- ligter Gruppen Auch der im Allgemei- cengleichheit für alle“ lyne Gebhardt, MdEP, gestärkt und Respekt nen Gleichbehand- ausgerufen. Auf einer ist der Abbau von Dis- und Toleranz gefördert lungsgesetz geforderte gemeinsamen Veran- kriminierungen ein werden können. Sie Aufbau eines nationa- staltung des Ge- Grundwert der Euro- äußerte sich kritisch len Antidiskriminie- sprächskreises Migra- päischen Union. Ziel über die Umsetzung in rungsbüros sei nur tion und Integration war, mit dem EU-Jahr Deutschland. Lediglich sehr schleppend er- der FES und des Deut- für Chancengleichheit 21 Maßnahmen, da- folgt. Schulpartnerschaften in Berlin – HauptstadtForum der FES Berlins Hauptstadtfunktion ist im Grundgesetz ver- Schule heute neben der Wissensvermittlung grund- ankert, doch diese Rolle muss noch mit Leben gefüllt legende Erziehungsaufgaben mit zu übernehmen werden. Berlin kann, wenn es seine Potenziale nutzt, hat, bedarf sie einer inhaltlichen und auch einer per- wesentliche Impulse für die gesamte Republik setzen, sonellen Erweiterung. denn Berlin ist Schmelztiegel und Kommunikations- Der Berliner Bildungssenator, Prof. Dr. E. Jürgen Zöll- raum verschiedenster Kulturen. Diesen Prozess ak- ner, unterstrich, Schulen bedürften der Öffnung in die tiv mitzugestalten ist Ziel des HauptstadtForums der Gesellschaft, auch weil wichtige Aufgaben einer um- FES. Mitte November 2007 fand das erste Haupt- fassenden Bildung nicht allein in Schulen gelöst wer- stadtForum unter dem Titel „Bildung als Schlüssel – den können. Lern- und Lebensrealität müssen über Partnerschaften und Kooperation für Berliner Schu- Schulpartnerschaften einander angepasst werden. len“ im Berliner Haus der FES statt. Je mehr die Die Kooperation mit Unternehmen erleichtert bei- spielsweise den Übergang in den Beruf. Partnerschaf- Wortmeldung: Auch die Band der Neuköllner Rütli-Schule leistete einen Beitrag zum HauptstadtForum. (Foto: D. Ausserhofer) ten mit Universitäten fördern den Austausch zwi- schen den verschiedenen Ausbildungsabschnitten und vermitteln neue Horizonte. Und schließlich stei- gern Partnerschaften mit Kultureinrichtungen emo- tionale, soziale und interkulturelle Kompetenzen. 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
14 DEUTSCHLAND FES-Konferenz zu Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen Obst statt Schokoriegel sind seit einigen Jahren, vor allem bei Kin- Ü B E R G E W I C H T U N D A D I P O S I TA S dern und Jugendlichen, kein Randphänomen mehr. Folgekrankheiten wie Diabetes, Arte- riosklerose und Bluthochdruck führen auch in dieser Altersgruppe schon zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Chancen auf einen dienkonsum werden schen Adipositas Ge- eine Stunde Mathe Arbeitsplatz oder eine die Kinder nicht nur sellschaft (DAG) be- ausfällt, würden die Ausbildungsstelle sind immer dicker, sie ha- grüßte die Schritte, die Leistungen besser bei stark adipösen ben auch zunehmend die Bundesregierung werden, denn körper- in die Wege geleitet liche Bewegung hält hat. Nichtsdestotrotz auch den Geist fit.“ greift der Aktionsplan Wichtig seien jedoch zu kurz, so Edmund auch, so Matthias Fröhlich, Geschäfts- Wolfschmidt von Food- führer der Adipositas- watch, eine eindeutige Klinik medinet in Bad Kennzeichnung von Orb. Ärztliche Unter- Lebensmitteln und ein suchungen müssten Verbot der TV-Wer- für alle Kinder und Ju- bung für (Kinder-)Le- gendlichen alle zwei bensmittel am Nach- Jahre verpflichtend mittag. eingeführt werden. Zudem plädierte er für D O K U M E N TAT I O N eine dritte Stunde abzurufen über: Kindern gleich null. Probleme bei der Ko- Sport an den Schulen: forumpug@fes.de Im Rahmen einer Kon- ordination und Bewe- „Selbst wenn dadurch ferenz des Forums Po- gung: ein Drittel kann litik und Gesellschaft nicht mehr zwei am 5. September wies Schritte rückwärts ba- Die Familie neu erfinden Bundesgesundheitsmi- lancieren. Mehr Zeit für Kinder, mehr Zeit fürs Familienleben fordert nisterin Ulla Schmidt Der Nationale Aktions- die ZEIT-Literaturredakteurin Iris Radisch in ihrem neuen auf die erschrecken- plan gegen Überge- Buch „Die Schule der Frauen – Wie wir die Familie neu erfin- den Zahlen verschie- wicht verfolgt das Ziel, den“. Das Forum Politik und Gesellschaft hat gemeinsam mit dener Untersuchungen bis 2020 das Ernäh- der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ die Journalistin am 11. Sep- des Robert-Koch-Insti- rungs- und Bewe- tember zu einer Lesung und anschließenden Diskussion mit tuts hin: 16% der Kin- gungsverhalten der dem Autor Thomas Gesterkamp eingeladen. In ihrem Buch der essen täglich Scho- Deutschen nachhaltig wehrt sich Radisch gegen jegliche „Gebärkampagnen“ in kolade, 20% andere zu verbessern, die Zu- Deutschland. In dem „Fehlen von Vorbildern gelingender Lie- Süßigkeiten und nur nahme von Überge- be“ sowie in der Kollision zwischen dem Rhythmus des mo- ein Drittel isst Obst wicht bei Kindern zu dernen Arbeitslebens und den Zeitanforderungen eines Fa- oder Gemüse. 30% der stoppen und die Ver- milienlebens sieht sie die Kernprobleme der heutigen Fami- Kinder haben eine re- breitung von Überge- lien. Die Väter, so Gesterkamp, fühlen sich unter Druck, der duzierte Herz-Kreis- wicht zu verringern. Ernährerrolle sowie gleichzeitig den gestiegenen Ansprüchen lauf-Funktion. Durch Prof. Manfred Müller, an die Vaterrolle gerecht zu werden. Gebraucht – da waren den zunehmenden Me- Präsident der Deut- sich alle einig – wird eine familienbewusste Unternehmens- kultur. Die Durchsetzung von innovativen Arbeitszeitmodel- len für Väter und Mütter wurde allerdings skeptisch beurteilt, FES I N F O 4 / 2 0 0 7 denn: „Kinder rechnen sich nicht“!
15 Arbeitgeber ächten häusliche Gewalt Häusliche Gewalt stellt noch immer die häufigste Arbeitgeber sich öffentlich gegen häusliche Gewalt Form von Gewalt gegen Frauen und Kinder dar: auszusprechen und damit ein Unternehmensklima Mindestens jede vierte Frau hat Übergriffe durch zu schaffen, in dem häusliche Gewalt nicht länger ein ihren Partner erlebt. Häusliche Gewalt hat massive „Tabuthema“ ist. Unternehmensvertreter schlugen Auswirkungen auf das Arbeitsleben der betroffenen auf der Tagung vor, Aktionen gegen häusliche Gewalt Frauen. Schätzungen zufolge sind bis zu 25 % aller mit in den Kriterienkatalog von Zertifizierungen von Arbeitsausfälle von Frauen auf häusliche Gewalt Unternehmen aufzunehmen. zurückzuführen. Das Gewaltschutzgesetz allein reicht nicht aus, so FES-Vorstandsmitglied und Tagungsergebnisse: www.fes.de/forumpug Bundesministerin a. D. Dr. Christine Bergmann in ihrer Begrüßung auf der Tagung „Business gegen Gewalt“, die das Forum Politik und Gesellschaft gemeinsam mit TERRE DES FEMMES im Vorfeld zum internationalen Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“ organisiert hat. Wie sich deutsche Unternehmen gegen häusliche Gewalt positionieren und betroffenen Mitarbeiter/ innen – Opfern wie Tätern – helfen können, stand im Eröffnete die Tagung: Mittelpunkt der Diskussionen. Im angelsächsischen FES-Vorstandsmitglied Raum gibt es das Modell einer „Workplace-Policy“. und Bundesministerin a.D. Christine Berg- Sie beinhaltet die freiwillige Selbstverpflichtung der mann. (Foto: U. Kelm) O P E N S PA C E Ü B E R S P O R T U N D G E W A LT P R Ä V E N T I O N Sport mit Nebenwirkungen Dem Sport werden vie- Erscheinungsformen ist geil“ beleuchtet. Problemen ernst ge- le positive Eigenschaf- des Sports. Die zunehmende Ge- nommen und fanden ten zugeschrieben: Beim 9. Open Space, walt auf Schulsport- es „toll“, dass sie nicht Sport macht Spaß und zu dem das Forum Po- veranstaltungen und nur mitdiskutieren, lässt Freundschaften litik und Gesellschaft der soziale Ausschluss sondern „sogar“ The- knüpfen, Sport ermög- in Kooperation mit der von bestimmten Sport- men selbst vorschla- licht den Dialog zwi- Landeskommission arten waren ebenso gen und in Eigenregie schen den Kulturen Berlin gegen Gewalt Themen der zahlrei- Workshops dazu und steht als Synonym am 13. und 14. No- chen Workshops wie durchführen konnten. für Fairness, Respekt, vember eingeladen Vorbilder im Sport Toleranz und Solidari- hatte, diskutierten und die Frage „Haben tät. Von vielen wird er Schüler, Sozialarbeiter, Hooligans noch etwas als Mittel zur Gewalt- Lehrer und Vertreter mit Sport zu tun?“ prävention gesehen. aus Sportvereinen, in- Die Schüler waren Andererseits gehören wieweit der Sport ei- mehrheitlich über- Regelwidrigkeiten, un- nen Beitrag zur Ge- rascht über die Frei- sportliches Verhalten waltprävention leisten heit, die ihnen in die- und Ausgrenzung bis kann. Das Thema sen zwei Tagen über- hin zu körperlicher Kampfsport wurde un- antwortet wurde. Sie Gewalt auch zu den ter dem Titel: „Gewalt fühlten sich mit ihren 4 / 2 0 0 7 I N F O FES
16 DEUTSCHLAND FES-UMFRAGE UNTER SENIORINNEN UND SENIOREN Altersstudie Thüringen Wie ist das Lebensge- bei der Universität Je- geben an, ihre Lebens- 60 und 69 hat ein Eh- fühl älterer Menschen? na in Auftrag gegeben. bedingungen seien gut renamt inne, jede sieb- Welche Zukunftsaus- Befragt wurden über oder sogar sehr gut. te Person im Alter zwi- sichten haben sie? tausend Personen im Positiv wird auch die schen 70 und 79 Jah- Welche Mitwirkungs- Freistaat, darunter eigene finanzielle Si- ren ist aktiv. Viele möglichkeiten sehen rund 600 Senioren (ab tuation eingeschätzt. ältere Menschen wür- sie? Wie wollen sie in 60 Jahre) und 400 Per- Vor allem Personen im den sich gerne mehr Zukunft wohnen? sonen anderer Alters- hohen Alter geben engagieren, verweisen mehrheitlich an, mit aber auf „verkrustete ihrer finanziellen Lage Strukturen“ in Verei- zufrieden zu sein. nen und Verbänden als Trotzdem halten drei Hinderungsgrund. Viertel der Senioren Die Studie wurde von die Gesellschaft für un- Dialogveranstaltungen gerecht und rund 71% mit Vertreterinnen und sind unzufrieden mit Vertretern von Senio- der Politik. Bewohner renverbänden, der ländlicher Regionen Wissenschaft und der kritisieren eine unzu- Politik begleitet; so reichende Infrastruk- beispielsweise am 26. tur. Juni in Erfurt und am Bei den Jüngeren 29. November in Jena herrscht dagegen ver- mit dem SPD-Vorsit- Um Antworten auf die- gruppen. Das Ergebnis breitet Angst vor zu zenden Thüringens, se Fragen zu finden, dieser repräsentativen niedrigen Renten. Christoph Matschie. hat das FES-Landesbü- Umfrage ist in man- Ermutigend ist das ho- Die Studie ist unter ro Thüringen im Som- cher Hinsicht bemer- he Engagement: Jede www.fes-thuerin- mer 2007 eine Studie kenswert: Etwa 80% fünfte Person zwischen gen.de erhältlich. Erhöhen oder abschaffen? Erbschaftssteuer im Vergleich Nachdem das Bundesverfassungsgericht angesichts schen Wirtschaft in Köln und Prof. Karl-Heinz Paqué der massiven Ungleichbehandlung verschiedener eingeladen. Paqué, der auch für die FDP im Landtag Vermögensarten die Erbschaftsteuer in ihrer gegen- in Sachsen-Anhalt sitzt, vertrat die Meinung seiner wärtigen Form für verfassungswidrig erklärt hat, Partei; nämlich das Ziel der Abschaffung der Erb- sind verschiedene Vorschläge zur Reform der Gesetz- schaftssteuer. Demgegenüber vertrat Ottmar Schrei- gebung laut geworden. Von einer Erhöhung der Erb- ner, der in der SPD der Arbeitsgemeinschaft für Ar- schaftssteuer bis hin zur gänzlichen Abschaffung war beitnehmerfragen vorsitzt, die Position, über die Erb- die Rede. Dieses Thema hat der Managerkreis der schaftssteuer Umverteilung und mehr Gerechtigkeit FES in Kooperation mit dem Berliner Wirtschaftsge- in der Vermögensverteilung herbeizuführen. Wel- spräche e.V. in einer Podiumsdiskussion am 13. No- chen Schwierigkeiten Unternehmen bei der Überga- vember aufgegriffen. Schwerpunkt der Diskussion be an die nächste Generation tatsächlich ausgesetzt war der internationale Vergleich von Modellen der sind, konnte Michael Maßbaum von der Unterneh- Erbschaftssteuer. Dazu waren auf dem Podium als mensberatung Deloitte & Touche aus seiner berufli- Experten Prof. Winfried Fuest vom Institut der deut- chen Praxis berichten. FES I N F O 4 / 2 0 0 7
17 Familienpolitik ist Rechtspolitik Egal für welches Familienmodell sich Menschen ent- der Rechtsstaat besitzt, um das Kindeswohl in Fami- scheiden – für das klassische Modell „Vater, Mutter, lien zu garantieren. Bereits eine nennenswerte An- Kind“, für die Patchworkfamilie, für eine gleichge- zahl von Gesetzen sei in Kraft gesetzt worden, die es schlechtliche Lebensgemeinschaft oder für die bina- dem Staat ermöglichten, seine Wächterfunktion aus- tionale Familie – der Staat hat die Pflicht, über das zuüben, betonte die Justizministerin. Dazu gehören Wohl der Schwächsten im Glied, nämlich der Kinder, das Gesetz zur gewaltfreien Erziehung, das Gewalt- zu wachen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, schutzgesetz und das Gesetz zur Stärkung der Rech- Petra Grimm-Benne, Vorsitzende der AWO Sachsen- te kindlicher Opfer im Strafverfahren. Christian Früh- Anhalt, und Dr. Christian Frühwald, Oberkirchenrat wald wies darauf hin, dass für die Entfaltung aller der Föderation Evangelischer Kirchen in Mittel- Familienmitglieder ein ausreichendes Kinderbetreu- deutschland gingen bei einer Podiumsdiskussion in ungsangebot nötig sei, um gleichzeitig die Bildung al- Magdeburg der Frage nach, welche Möglichkeiten ler Kinder zu garantieren. Elternstreit und Kindeswohl „Wenn Eltern sich trennen, bricht für Kinder eine Pflicht und müsse Eltern und Kindern dabei helfen, Welt zusammen. Von einem Tag auf den anderen praktikable Lösungen für den Alltag zu finden. Eröff- verändert sich ihre Familie und sie müssen schein- net wurde die Fachtagung mit über zweihundert bar zwischen Vater und Mutter wählen“, schrieb Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch die Präsi- Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in ihrem dentin des Bundesverwaltungsgerichts Marion Grußwort als Schirmherrin der Tagung „Elternstreit Eckertz-Höfer im Großen Sitzungssaal ihres Hauses. und Kindeswohl“, veranstaltet vom Leipziger FES- Zentrales Anliegen der Tagung war aufzuzeigen, wer Büro am 26. Oktober im Bundesverwaltungsgericht auf welche Weise zum Erhalt des Kindeswohles wäh- in Leipzig. Aus diesem Grund könne der Schutz der rend des Trennungsprozesses beitragen kann. Kinder keine Privatsache bleiben. Der Staat sei in der Kinder gestalten gemeinsam Lebens(t)räume Kreativ und bunt ging es zu auf der Zukunftswerk- die nachwachsende Generation in kommunalen An- statt „Lebens(t)räume gemeinsam gestalten!“, die gelegenheiten unterstützt werden kann. Um Kinder Ende Oktober gemeinsam vom FES-Projekt „Gesell- nachhaltig zu Engagement anzuregen, sollten vor al- schaftliche Integration“, dem FES-Landesbüro Sach- lem auch die Eltern erreicht werden, so das Fazit ei- sen-Anhalt und dem Fachbereich „Kinder, Jugend ner Arbeitsgruppe. Es entstand auch die Idee eines und Familie“ der Stadt Halle durchgeführt wurde. stadtteilübergreifenden Netzwerks, das Kitas, Schu- Kinder, Jugendliche, Eltern, Sozialarbeiter, Päda- len, Jugendbildungsstätten und Wohlfahrtsverbän- gogen, Vertreter von Stiftungen und Wirtschafts- de integriert, um verstärkt sozial benachteiligte Fa- bzw. Sozialverbänden sowie des Fachbereichs etc. milien zu erreichen, damit diese sich mit ihren Kin- formulierten Ideen und entwickelten Strategien, wie dern in ihrem kommunalen Umfeld engagieren. Familienfreundliche Unternehmenspolitik auf dem Prüfstand „Familienpolitik ist auch Wirtschaftspolitik“, betonte Wuttke, Abteilungsleiter bei der Bundesvereinigung der Mittelstandsbeauftragte der SPD-Bundestags- der Deutschen Arbeitgeberverbände, auf der Basis fraktion, Martin Schultz, mit Blick auf Fachkräfte- der Ergebnisse des Unternehmensmonitors 2006 mangel, Betriebsklima und soziale Verantwortung deutliche Fortschritte bei der betrieblichen Familien- von Unternehmen. Einig waren sich die Teilnehmen- politik in Deutschland konstatierte, forderte Nicolet- den der Konferenz „Unternehmen Vereinbarkeit – te Kressl, zu dieser Zeit stellvertretende SPD-Frakti- Perspektiven familienfreundlicher Unternehmenspo- onsvorsitzende im Bundestag, eine stärkere rechtli- litik“ am 9. Oktober in Berlin, dass Familienfreund- che Verankerung betrieblicher Familienpolitik – in lichkeit auch zunehmend zum Standortfaktor werde. nur 7,2 % der Betriebe gebe es bisher eine diesbezüg- Tilmann Knittel von der Prognos AG machte deutlich, liche Betriebsvereinbarung. dass Unternehmen einen klaren betrieblichen Nut- zen aus familienfreundlichen „Investitionen“ ziehen, so dass neben die soziale auch eine betriebswirt- 4 / 2 0 0 7 I N F O FES schaftliche Begründung tritt. Während Dr. Jürgen
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