Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24

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Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
NEVEN SUBOTIC STIFTUNG
        Wasser ist wertvoll und lebenswichtig
        SERIE GASTRONOMIE: FREISCHÜTZ
        „Den schlafenden Riesen geweckt“
        STARTHILFE UND UNTERNEHMENSFÖRDERUNG
        Finanzierung geht auch ohne Hausbank

                                                Juli / August 2016

Digitaler Wandel
   Auf dem Weg zur Industrie 4.0
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
CITYRING
                                                               DORTMUNDER

                                                                                   Konzeption & Gestaltung: neovaude.com & gestaltend.de
                                                               PHILHARMONIKER
                                                               DAS ORCHESTER

                      KONZERTE
                                                               DER STADT
                                                               FRIEDENSPLATZ
                                                               DORTMUND

                      26.—2
                            8. AUG. 16                         PRÄSENTIERT VON:

   PROGRAMM:
   26. AUG. 16                          27. AUG. 16
   DIE SOMMERNACHT DER OPER             GROOVE SYMPHONY SPECIAL

   SEMPRE LIBERA!                       MOONBOOTICA
   MIT DEN SOLISTEN DER OPER DORTMUND   FEAT. MIKI KEKENJ

28. AUG. 16                             28. AUG. 16
FAMILIENKONZERT                         A NIGHT FULL OF STARS - MUSICALGALA

ORCHESTEROLYMPIADE                      ALEXANDER KLAWS
                                        PATRICIA MEEDEN & MORGAN MOODY

   TICKETS AN ALLEN BEKANNTEN VVK-STELLEN UND
   ONLINE UNTER: WWW.CITYRINGKONZERTE.DE
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
EDITORIAL

Kultur- und Freizeitsommer!

     E
              s ist Sommerzeit! Der Flughafen        Region finden zahlrei-
              Dortmund erwartet mit 295.000          che Stadtfeste und Mu-
              Passagieren in den Sommerferien        sikvorführungen       unter
              eine Zahl auf Vorjahresniveau, ob-     freiem Himmel statt. Die
      wohl wichtige Reiseziele, wie beispiels-       Sommerkonzertreihe in
      weise die Türkei, nur noch schleppend          Schwerte an verschiede-
      nachgefragt werden. Sommerflaute gibt           nen Spielorten, die Dort-
      es erfreulicherweise ebenso wenig auf          munder Cityring-Konzer-
      dem Arbeitsmarkt. Die Agenturen in Dort-       te auf dem Friedensplatz,
      mund und Hamm übertitelten ihre Ar-            das Festival der Straßen-
      beitsmarktberichte Ende Juni mit den           kunst in Werne oder das
      Schlagzeilen „Noch keine Sommerpause           Open-Air-Kino im Dort-
      auf dem Arbeitsmarkt“ und „Stabiles Be-        munder Westfalenpark            Heinz-Herbert Dustmann und Stefan Schreiber
      schäftigungswachstum“. Das sind gute           stehen hierfür beispiel-
      Nachrichten!                                   haft. Der Westfalenpark ist auch Austra-
          Gute Nachrichten auch für jene, die        gungsort für das international renommier-
      in den Sommerferien nicht in ferne Län-        te Musikfestival Juicy Beats. Freunden des
      der, an die Nord- oder Ostsee oder in die      Kabaretts präsentieren sich auf der Bühne
      Alpen reisen, sondern aus welchen Grün-        im legendären Spiegelzelt wieder einige           »Unsere Region
      den auch immer in unserer Region blei-         der namhaftesten Komödianten Deutsch-             bietet gerade
      ben: Sie brauchen sich nicht über die stän-    lands bis Anfang Oktober.
      digen Wiederholungen im Fernsehen zu               Wer es lieber sportlich mag, dem sei          jetzt vielfältige
      ärgern, denn unsere Region bietet gerade       eine Kanutour auf der Ruhr oder der Lip-          Kultur-, Event-
      jetzt vielfältige Kultur-, Event- und Frei-    pe ans Herz gelegt. Und wer höher hinaus
      zeitmöglichkeiten (siehe Seite 77).            will, der findet im Kletterwald Freischütz
                                                                                                       und Freizeit-
          Wer exzellent speisen will, für den        auf elf Parcours eine neue Herausforde-           möglichkeiten.«
      sind Anfang August die Gastronomiefes-         rung. All diese und weitere Aktivitäten
      te „GourmeDo“ und „Hamm kulinarisch“           tragen dazu bei, die Lebens- und Aufent-
      Pflichtbesuche. Die Innenstädte verwan-         haltsqualität im Westfälischen Ruhrgebiet
      deln sich dabei in große Freilichtspezi-       zu steigern. Letztendlich kommt dies auch
      alitätenrestaurants. Wer es lieber ruhi-       unserer Wirtschaft zugute.
      ger und beschaulicher haben möchte, für            Abschließend geht unser besonde-
      den lohnt immer ein Besuch des Zent-           rer Dank an die Wirtschaftsjunioren Dort-
      rums für internationale Lichtkunst in Un-      mund Kreis Unna Hamm, die zum 18. Mal
      na oder des Hauses Opherdicke in Holzwi-       die Berufsorientierungsmesse Jobfit erfolg-
      ckede, wo noch bis zum 10. August Werke        reich ehrenamtlich durchgeführt haben.
      von Rolf Escher zu sehen sind. Einen be-       Mehr als 3.000 Schüler ab der Klasse 8 aus
      sonderen Hochgenuss verspricht das zum         der gesamten IHK-Region trafen auf über
      dritten Mal durchgeführte Kunstevent Em-       50 Unternehmen verschiedenster Bran-
      scherkunst. Entlang des Ufers der renatu-      chen. Für die künftigen Schulabgänger hat
      rierten Emscher werden Exponate ausge-         sich die Jobfit zu einem Markt der Möglich-
      stellt, die einen heißen Kultursommer ver-     keiten entwickelt (siehe Seite 38).
      sprechen. Wer über den Tellerrand unse-            Mit diesen Anregungen und guten
      rer Region hinausschauen möchte, dem           Nachrichten wünschen wir Ihnen eine er-
      sei die diesjährige Ruhrtriennale empfoh-      holsame Sommer-, Ferien- und Urlaubs-
      len. In fast allen Kommunen unserer IHK-       zeit!

      Heinz-Herbert Dustmann, IHK-Präsident         Stefan Schreiber, IHK-Hauptgeschäftsführer

                                                                                                      Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   3
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
INHALT

    BLICKPUNKT DIGITALISIERUNG

    8              Den digitalen Wandel
                   erfolgreich gestalten
                   Das Thema Digitalisierung und Industrie 4.0 beschäftigt
                   die gesamte Wirtschaft. Gerade kleine und mittlere Unter-
                   nehmen (KMU) stehen bei der Digitalisierung von Produkten,
                   Produktion und Prozessen vor großen Herausforderungen,
                   gleichzeitig bieten sich neue Chancen.

    10             Industrie 4.0 Schritt für Schritt
                   Kompetenzzentrum für den Mittelstand

    12             Digitale Revolution in der Produktion
                   Die Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen
                   Revolution, kurz Industrie 4.0 genannt. Bereits heute sind
                   weltweit rund zehn Milliarden Geräte über das Internet
                   der Dinge vernetzt.

    13             Digitalisierung und Weiterbildung
                   Drei Fragen an Matthias Stiller, Leiter der IHK-Weiterbildung.

               RUBRIKEN                                  77 Kulturkalender                       WIRTSCHAFT REGIONAL

               3      Editorial                          78 Impressum                            16 Frauenpower in der
                                                                                                     Männerdomäne
               6      Bild des Monats                    79 IHK-Veranstaltungskalender               Serie „Familienunternehmen
                                                                                                     mit Tradition“: TRD
               7      Wirtschaft in Zahlen               81 Messekalender
                                                                                                 20 Mehr als „nur“ eine Gitarre
               20, 69 Kompakt                            BLICKPUNKT DIGITALISIERUNG
                                                                                                 20 Nahtlos ins Arbeitsleben
               26 Jubiläen                               8    Den digitalen Wandel                   Duale Studiengänge
                                                              erfolgreich gestalten
               28 Die Seite der                                                                  21 Wilo – Gold für starke Marke
                      Wirtschaftsjunioren                10 Industrie 4.0
                                                              Schritt für Schritt                22 Wasser ist wertvoll
               33, 53 Personalie                                                                     und lebenswichtig
                                                         12 Digitale Revolution                      Neven Subotic Stiftung
               34 Was sonst geschah                           in der Produktion
                                                                                                 24 Integration: Fahrplan und
               45 Literatur                              13 Digitalisierung und                      Stationen stehen fest
                                                              Weiterbildung
               50 Essen & Trinken                                                                26 Crespel & Deiters: Preis
                                                         INTERVIEW                                   für Energiemanagement
               72 Tipps zum Thema Recht
                                                         14 „Eine echte Chance“                  27 Minister Duin
               73 Wirtschaft im TV                            Michaela Nürnberger,                   beim Urlaubsguru
                                                              Einrichtungsleiterin „NeuEin-
               74 IHK-Weiterbildungsprogramm                  stellung“, Inklusionsprojekt der   29 Zukunftsprogramm
                                                              Bildung + Lernen gGmbH                 liegt voll im Plan

4   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
SERIE FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION

                                       16        Frauenpower in
                                                 der Männerdomäne
                                                 Mit Victoria Fischer setzt sich die nächste Generation
                                                 „Powerfrau“ hinter das Steuer des traditionsreichen
                                                 Dortmunder Busunternehmens TRD.

                                       SERIE GASTRONOMIE

                                       30        „Den schlafenden
                                                 Riesen geweckt“
                                                 Jörg Prüser hat den Schwerter Freischütz
                                                 zur Topadresse für Veranstaltungen
                                                 aller Art gemacht.

Liebe Leserinnen und Leser,
                                                                                                                        pp im
mit dieser Ruhr Wirtschaft halten sie die Sommerausgabe für Juli und August in der Hand.                    Auch als A ystore
                                                                                                                      la
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche, informative Lektüre und natürlich viel Spaß                       Google P ore unter
                                                                                                                    st
                                                                                                           oder App ortmund
beim Lesen. Die Ruhr Wirtschaft macht nun eine kleine Pause. Im September kommen wir                         IHK zu D
dann wieder mit spannenden Neuigkeiten aus der Region zu Ihnen. Wir beschäftigen uns
dann unter anderem ausführlich mit dem Thema Inklusion, zeigen in unserer Gastronomie-
Serie, wo man lecker essen kann und porträtieren ein „feuriges“ Unternehmen.
Wir wünschen Ihnen bis dahin eine gute Zeit und erholsame Ferien! Ihre Redaktion Ruhr Wirtschaft

30 „Den schlafenden                    48 Vier Premieren für Bönen             SERVICE KULTUR
    Riesen geweckt“                         IHK-Wirtschaftsgespräch
    Serie Gastronomie: Freischütz                                              76 Friedensplatz wird
                                       52 Stärken der Marktplätze                   zum Konzertsaal
32 Im Zeichen der Expansion                 miteinander koppeln                     Cityring-Konzerte

33 Herausragend und                    53 Der Kaffee kommt per Rad             78 Auf der Straße gibt’s
    vorbildlich                                                                     Musik und Theater
    ExTox Gasmesssysteme               SONDERTHEMA                                  Sommerzeit ist Festivalzeit

36 Einzelhandel unter hohem            54 Finanzen · Leasing ·                 SERVICE TERMINE
    Veränderungsdruck                       Versicherung
    Handelsreport Ruhr 2016                                                    79 Branchentreff
                                       SERVICE INTERNATIONAL                        Kreativwirtschaft NRW
38 JOBfit wird „volljährig“
                                       68 USA: Land der unbegrenzten           79 Kassensysteme fit machen:
40 Eine Unternehmerin                       (Finanz)Möglichkeiten                   IHK informiert am
    in bewegter Zeit                                                                14. September
    Serie „Archivschätze“:             69 Wie geht es nach dem
    Josefine Urlichs (1883-1961)            Brexit weiter?                     SERVICE MESSE

43 Vom Studium über die                SERVICE STARTHILFE UND                  80 Weltweit faire
    Messe direkt in den Job            UNTERNEHMENSFÖRDERUNG                        Partnerschaften
                                                                                    Messe Fair Friends in den
44 Rieseninvest von                    70 Finanzierung geht auch                    Dortmunder Westfalenhallen
    3M in Kamen                             ohne Hausbank
                                            Start-ups, Kleinstgründungen
46 „Eingangstor“                            und Projekte erfolgreich
    nach Hombruch                           umsetzen

                                                                                            Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   5
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
BILD DES MONATS

    … aber Lisbeth bleibt
    English Shop
    Manchmal wird man
    schnell von den Ereignis-
    sen eingeholt: Dortmund
    hat seit Ende 2015 einen
    „English Shop“ am West-
    hellweg – und nicht mal
    ein halbes Jahr darauf be-
    schließt eine Mehrheit der
    Briten, der Europäischen
    Union den Rücken kehren
    zu wollen.

    Very British
    Bodenständiges und Hei-
    matverbundenes aller Art
    gibt es in dem Shop für
    Fans und Freunde der In-
    sel oder auch für gebürti-
    ge Briten: Süßigkeiten, Zei-
    tungen und Zeitschriften,
    Lebensmittel und alkoho-
    lische Getränke – (fast)
    alles, was typisch eng-
    lisch ist.

    Before Brexit
    Vor mehr als 20 Jahren
    entstand die Idee in Köln,
    2013 wurde ein zweiter
    English Shop in Bonn er-
    öffnet und zwei Jahre spä-
    ter eben mit Dortmund
    nach dem Rheinland auch
    Westfalen erschlossen.
    Dass es mal einen Bre-
    xit geben würde, ahnte da
    wohl niemand.

    The Queen stays
    Wie es nun wirtschaftlich
    weitergeht, darum geht
    es auch in dieser Ausgabe
    der Ruhr Wirtschaft (sie-
    he Seiten 7 + 69). Mikha-
    ila Taubmorn vom Eng-
    lish Shop, selbst Englän-
    derin, präsentiert als Ga-
    rant für britische Kontinu-
    ität (wenn auch nur aus
    Pappmaschee) Queen Eli-
    sabeth II.
    Text: Tobias Schucht
    Foto: Oliver Schaper

6   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
Wirtschaft in Zahlen
Der Brexit zeigt bereits Wirkung
                                 Mit welcher Entwicklung der Exporte
                            nach GB rechnen Sie für Ihr Unternehmen?

                                  In der Verhandlungsphase (bis 2 Jahre)
                                  •     höhere Exporte
                                  •     gleich bleibende Exporte
                                  •     geringere Exporte

Mittelfristig (ab 2 Jahre)
•   höhere Exporte
•   gleich bleibende Exporte
•   geringere Exporte

                                 Mit welcher Entwicklung der Importe
                            nach GB rechnen Sie für Ihr Unternehmen?

                                  In der Verhandlungsphase (bis 2 Jahre)
                                  •     höhere Importe
                                  •     gleich bleibende Importe
                                  •     geringere Importe

Mittelfristig (ab 2 Jahre)
•   höhere Importe
•   gleich bleibende Importe
•   geringere Importe

In welchen Bereichen sehen Sie Risiken durch den Brexit?
                                                 70,50 %
Zunahme tarifärer Handelshemmnisse (Zölle, Steuern, ...)
                                                  71,22 %
Zunahme nicht-tarifärer Handelshemmnisse (Zolldokumente, Ausfuhrbescheini-
gungen, zusätzliche Bürokratielasten, Quoten, unterschiedliche Rechtssetzung, ...)
                                               67,63 %
Pfundabwertung, Wechselkursrisiken
                                    55,40 %
Verlangsamung des britischen Wirtschaftswachstums für mehrere Jahre
     17,99 %
Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der EU für mehrere Jahre
                                              65,47 %
Politische und rechtliche Unsicherheit (z.B. Austrittsbestrebungen weiterer Länder)
                              48,20 %
Hürden beim Erbringen von Dienstleistungen in Großbritannien
(Montagen, Inbetriebnahmen, Wartungen …)

Schon kurz und mittelfristig erwarten die Unternehmen in der IHK-Region einen spür-
baren Rückgang des Export- und Importvolumens mit Großbritannien. Dies ist das Er-
gebnis unserer Blitzumfrage, an der sich 140 Unternehmen aus den Städten Dort-
mund, Hamm und dem Kreis Unna beteiligt haben. Mehr zum Thema Brexit und die
Auswirkungen auf die IHK-Region finden Sie auf Seite 69.

                                                        Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   7
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
BLICKPUNKT DIGITALISIERUNG

    Den digitalen Wandel
    erfolgreich gestalten
    Das Thema Digitalisierung und Industrie 4.0 beschäftigt die gesamte Wirtschaft. Gerade kleine und
    mittlere Unternehmen (KMU) stehen bei der Digitalisierung von Produkten, Produktion und Prozessen
    vor großen Herausforderungen, gleichzeitig bieten sich neue Chancen. Mit vielfältigen Angeboten
    unterstützen die IHK zu Dortmund und das neue Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Dortmund
    Unternehmen dabei, den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten. VON ROLAND KENTRUP

                                         D
                                                  er Strukturwandel der nächsten Jah-     gerichtete Digitalisierungsstrategie zu entwi-
                                                  re ist digital. Betroffen sind Unter-   ckeln und sich zukunftssicher aufzustellen“,
                                                  nehmen aller Branchen. Neue Ge-         erklärt Brenscheidt. Ein herausragender Bau-
                                                  schäftsmodelle entstehen und beste-     stein ist das Fitnessprogramm „Zukunft 4.0
                                         hende ändern sich“, sagt Klaus Brenscheidt,      im Mittelstand“, das die IHK in Zusammen-
                                         stellvertretender Geschäftsführer der IHK        arbeit mit dem Netzwerk Der Innovations-
                                         zu Dortmund. Laut einer Onlineumfrage des        standort e. V. (D.I.S.) und dem Mittelstand
                                         Deutschen Industrie- und Handelskammer-          4.0-Kompetenzzentrum Dortmund anbietet.
                                         tags (DIHK) zum Thema Wirtschaft 4.0 ge-         Ziel des Fitnessprogramms ist es, eine trans-
                                         ben 94 Prozent aller Unternehmen an, dass        parente Wertschöpfungskette in den Unter-
                                         die Digitalisierung ihre Geschäfts- und Ar-      nehmen zu etablieren, bei der die einzelnen
                                         beitsprozesse beeinflusste. Zugleich sind bei     Komponenten wie Produktion, Betriebsmit-
                                         den Unternehmen noch erhebliche Potenzi-         tel, Auftrags- und Lagersystem sowie Logistik
                                         ale in der digitalen Entwicklung erkennbar.      selbstständig miteinander kommunizieren.
                                         Lediglich 27 Prozent der Betriebe schätzen       Diese intelligente interne Vernetzung ist ein
                                         den Stand der Digitalisierung in ihrem Un-       wesentlicher Schritt zur Smart Factory.
                                         ternehmen als voll oder nahezu voll entwi-            Der Weg in die digitale Zukunft erschließt
                                         ckelt ein.                                       sich in fünf Schritten bzw. über fünf Module:
                                             „Wir wollen Unternehmen durch bedarfs-       In Einzelgesprächen oder im Chancenwork-
                                         orientierte Maßnahmen befähigen, eine ziel-      shop 4.0 wird zunächst eine digitale Road-

8   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
Fotos: DFA Demonstrationsfabrik Aachen
                                                                                                 GmbH, WZL Aachen und CoR-Lab Univer-
                                                                                                 sität Bielefeld
map definiert. Eine Zukunft 4.0-orientier-       machen können. Alle sechs Wochen finden
te Bestandsaufnahme gibt Impulse und lässt      von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr in der IHK Ver-
digitale Potenziale im Unternehmen erken-       anstaltungen mit hochkarätigen Referen-
nen. Datenqualität und IT-Sicherheit sind       ten der Hochschule Hamm-Lippstadt statt.
hier wichtige Themen. Daran anschließend        Am 19. August stellt Prof. Martin Lucas Ein-
wird ein Vernetzungsplan für die betriebli-     satzfelder der Automatisierung für inner-
chen Prozesse entwickelt. Im 4. Modul wer-      betriebliche Prozesse bei KMU vor. Anhand
den konkrete Umsetzungsschritte in den Be-      von Praxisbeispielen verdeutlicht er einfa-
trieben erarbeitet. Durch die Installation      che Einstiegsmöglichkeiten in die Automati-
von Sensoren, Aktoren, Funkmodulen sowie        sierung. Prof. Rene Krenz-Baath beleuchtet
Mess- und Regelsystemen sollen die Prozes-      am 21. Oktober wie Open-Source-Konzepte
se im Unternehmen transparent und kommu-        auf dem Weg zur Industrie 4.0 angewendet
nikationsfähig gemacht. Schließlich werden      werden können. Über digitale Transformati-
geeignete Qualifizierungsmaßnahmen für           on und ihre Bedeutung für Geschäftsmodel-
die Mitarbeiter identifiziert und geplant.       le spricht Prof. Heiko Kopf am 9. Dezember
    „Unternehmen sollten jetzt die Chance       und präsentiert neue Geschäftsmodellansät-
nutzen, sich auf die digitale Wirtschaft vor-   ze aus verschiedenen Branchen. Die Optimie-      Ansprechpartner
zubereiten. Abwarten ist keine Strategie“,      rung betrieblicher Prozesse durch Digitalisie-   in der IHK
fordert Brenscheidt die Betriebe zur Teilnah-   rung ist am 3. Februar 2017 das Thema von
me an dem digitalen Fitnessprogramm auf.        Prof. Martin Lucas. Er wird am Beispiel eines
Abhängig von der Problemlösung in den Un-       mittelständischen Unternehmens die erfolg-                             Ralf Bollenberg
ternehmen können anfallende Kosten geför-       reichen Umstellung auf einen digitalen Infor-                          Tel. 0231 5417 106
dert werden. Weitere Informationen zum Fit-     mationsfluss präsentieren.                                              r.bollenberg
nessprogramm „Zukunft 4.0 im Mittelstand“            Speziell an IT-Unternehmen richtet sich                           @dortmund.ihk.de
und zu den Fördervoraussetzungen erteilt        die Veranstaltungsreihe „Digitaler Wandel:
die IHK gerne auf Anfrage.                      Seminare für die IT-Wirtschaft“. In Zusam-
    Pro Jahr will die IHK rund 20 Unterneh-     menarbeit mit dem IT-Club Dortmund, Un-
men digital fit machen. Das Programm soll        na, Hamm finden drei Seminare jeweils von                               Klaus
auf weitere Kammern und Regionen in NRW         8.30 bis 12.30 Uhr in der IHK statt. Referent                          Brenscheidt
übertragen werden. „Ziel ist es, den Stand-     ist Dr. Hinrich Steffen, ExperConsult Dort-                            Tel. 0231 5417 417
ort NRW als innovativste und wettbewerbs-       mund. Am 31. August behandelt er die Di-                               k.brenscheidt
stärkste Produktionsregion in Europa zu eta-    gitalisierung und ihre Auswirkungen auf die                            @dortmund.ihk.de
blieren.“                                       Geschäftsmodelle von IT-Unternehmen. On-
                                                line-Marketing: Was bietet innovativen Nut-
IHK-Veranstaltungsreihe                         zen für IT-Häuser und was ist Gimmick? Die-                            Petra Preiß
„Digitaler Wandel“                              se Frage beantwortet Steffen am 30. Novem-                             Tel. 0231 5417-275
Mit der Veranstaltungsreihe „Digitaler Wan-     ber. Klassische und neue Methoden sowie In-                            p.preiss
del und unternehmerische Realität“ möch-        strumente von Marketing und Verkauf sind                               @dortmund.ihk.de
te die IHK in Zusammenarbeit mit dem Netz-      das Thema am 18. Januar 2017. Dieses Semi-
werk D.I.S. für das Thema sensibilisieren       nar zeigt auf, wie sich die Formen von Kun-
und konkret aufzeigen, was Unternehmen          denansprache und Verkauf ändern.

                                                                                                   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016     9
Digitaler Wandel Auf dem Weg zur Industrie 4.0 - IHK24
BLICKPUNKT DIGITALISIERUNG

     Kompetenzzentrum für Mittelstand

     Industrie 4.0
     Schritt für Schritt
     Der Weg hin zur Industrie 4.0. erfolgt Schritt für Schritt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen
     (KMU) stehen bei der Digitalisierung vor besonderen Herausforderungen. Viele Mittelständler
     benötigen Orientierung bei der Bewertung und der Verknüpfung der einzelnen Schritte. Das neue
     Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Dortmund, das eng mit der IHK zusammenarbeitet, ist hier der
     richtige Ansprechpartner. Es gehört zu den fünf bisher geförderten Kompetenzzentren dieser Art in
     Deutschland. KMU finden hier eine kostenlose und kompetente Anlaufstelle, wenn es um die Digita-
     lisierung ihrer Produkte und Prozesse sowie die Erschließung von neuen Geschäftsmodellen geht.

                                          W
                                                       ir wollen KMU zur digitalen       und Konzerne in Deutschland haben sich mit
                                                       Transformation befähigen. Ziel    diesen digitalen Themen bereits strategisch
                                                       unserer Angebote ist es, Unter-   beschäftigt und sind gut aufgestellt. Aber die
     Das Mittelstand 4.0-Kom-                          nehmen auf jeder Stufe der In-    große Vielzahl der Unternehmen, nämlich
     petenzzentrum, hier                  dustrie 4.0 abzuholen und mit ihnen die        der Mittelstand, ist bislang für das Thema Di-
     vertreten durch Ge-                  nächsten Schritte anzugehen“, erläutert        gitalisierung noch nicht ausreichend sensibi-
     schäftsführer Thorsten               Thorsten Hülsmann, Geschäftsstellenleiter      lisiert. Daher haben wir das Thema digitale
     Hülsmann (2. v. r.) und              Metropole Ruhr des Mittelstand 4.0-Kompe-      Transformation in den Fokus unseres Kompe-
     Koordinatorin Maria Beck             tenzzentrums und Geschäftsführer der Effi-      tenzzentrums gestellt.“
     (2. v. l.), und die IHK zu           zienzCluster Management GmbH. Die Unter-
     Dortmund, vertreten durch            nehmen stehen bei der digitalen Revolution     Gebündeltes Fachwissen
     den stellvertretenden                vor einer multidimensionalen Herausforde-      von neun Projektpartnern
     IHK-Hauptgeschäftsführer             rung. Digitale Technologien werden einge-      Das Zentrum wird vom Bundeswirtschafts-
     Wulf-Christian Ehrich (l.)           setzt, um eine zunehmende Vernetzung her-      ministerium im Förderschwerpunkt „Mittel-
     und den stellvertretenden            zustellen. So können einzelne Produkte oder    stand-Digital“ gefördert. Projektpartner sind
     IHK-Geschäftsführer Klaus            ganze Unternehmen miteinander kommuni-         das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und
     Brenscheidt (r.), haben eine         zieren. Zudem müssen die Prozesse in Echt-     Logistik IML und die EffizienzCluster Ma-
     Kooperation vereinbart.              zeit ablaufen. „Einige große Unternehmen       nagement GmbH in Dortmund, die Fraunho-
     Foto: Roland Kentrup

10   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
fer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechat-
ronik IEM in Paderborn, das Fraunhofer-An-
wendungszentrum Industrial Automation in
Lemgo, der Software Innovation Campus Pa-
derborn der Universität Paderborn, die AG
Kognitronik und Sensorik, das Forschungsin-
stitut für Kognition und Robotik der Univer-
sität Bielefeld, die Hochschule Ostwestfalen-
Lippe und das Forschungsinstitut für Rationa-
lisierung FIR sowie das Werkzeugmaschinen-
labor WZL an der RWTH Aachen.
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum bün-
delt das Fachwissen der Projektpartner aus
den forschungsstarken Regionen Metropo-
le Ruhr (intelligente Logistik und Wertschöp-
fungsnetzwerke), Rheinland (intelligente
Produktionstechnologie) und Ostwestfalen-
Lippe (intelligente Automatisierung und in-        Mit umfangreichen Angeboten unterstützt das Kompetenzzentrum
telligente Technische Systeme). Es bietet In-      KMU auf ihrem Weg zur Industrie 4.0.                        Foto: Roland Kentrup
formationsveranstaltungen, eröffnet den Zu-
gang zu Demo-Zentren in Forschung und In-
dustrie und organisiert Weiterbildungsange-      lich unterstützen wir ausgewählte Unterneh-
bote für die Industrie 4.0. Darüber hinaus un-   men bei der Einführung und Umsetzung von
terstützt es Unternehmen bei der Erarbeitung     Industrie 4.0 und suchen dafür geeignete              Mittelstand 4.0-
ihrer eigenen Industrie 4.0-Strategie und be-    Partner.                                              Kompetenzzentrum
gleitet sie in konkreten Projekten.                  Das gesamte Angebot an Servicebaustei-
                                                                                                       Veranstaltungen für KMU
     Das Konzept des Kompetenzzentrums           nen ist für KMU kostenlos. Bis Ende 2018 will
umfasst fünf Säulen: Informieren, Demons-        das mit knapp sieben Millionen Euro geför-            › Die Veranstaltung „Zu-
trieren, Qualifizieren, Konzipieren und Um-       derte Kompetenzzentrum 300 Informations-                kunftsupdate – Vision Digi-
setzen. Auf sie verteilen sich 27 verschiede-    veranstaltungen, 100 interaktiv gestaltete              talisierung interner Prozes-
ne Servicebausteine für KMU. Diese reichen       Workshops und gut 25 Umsetzungen für die                se und Geschäftsmodelle“
von Unternehmensbesuchen und Praxis-             Industrie 4.0 realisieren.                              richtet sich an Mitarbeiter
workshops über Labtouren und Schulungen              „Bei den Unternehmen in NRW, mit de-                aus der Führungsebene.
bis hin zu Investitionskonzepten und Trans-      nen wir über das Thema Digitalisierung und              Hier werden in zwei Se-
ferprojekten. „Wir möchten so viele Unter-       Industrie 4.0 sprechen, gibt es sehr unter-             minarblöcken gemeinsam
nehmen wie möglich über Industrie 4.0 in-        schiedliche Informationsstände und hoch-                unternehmesnsindividuel-
formieren und aufzeigen, wie sie davon profi-     individuelle Bedürfnisse.“ Hülsmann nennt               le Zukunftsstrategien im
tieren können. In unseren Demozentren und        als Beispiel einen Drahthersteller aus dem              Bereich Digitalisierung und
Labs zeigen wir, welche zukunftsweisenden        Sauerland, der unter anderem Spezialdräh-               Industrie 4.0 entwickelt.
Technologien heute schon umgesetzt wer-          te produziert. Durch ein neues Online-Ein-              Termine: 8. September am
den. Die smarte Fabrik, intelligente Produkte    kaufsportal seines Hauptkunden ist dieser               Fraunhofer IML in Dort-
und Logistik oder Mensch-Technik-Interakti-      nun gezwungen, digitale Prozesse in seinem              mund, 13. Oktober Fraun-
on können hier in der Region erlebt werden“,     Betrieb zu implementieren. Die Herausfor-               hofer IEM in Paderborn,
erläutert Maria Beck, Koordinatorin des Mit-     derungen und Chancen der Digitalisierung                10. November am WZL in
telstand 4.0-Kompetenzzentrums.                  sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.            Aachen
                                                 Daher wollen Hülsmann und sein Team die
Fahrplan für Digitalisierung                     nächsten Monaten verstärkt dazu nutzen,               › Lab-Touren machen Indus-
und Vernetzung                                   sich mit Unternehmen in Einzelgesprächen                trie 4.0 greifbar: In zwei-
Welche Kompetenzen brauchen Betriebe für         auszutauschen. „Dann können wir die Be-                 bis dreistündigen Führun-
die Digitalisierung und wie können sie diese     dürfnisse der einzelnen Unternehmen genau               gen durch Demo-Zentren
aufbauen? Diese Fragen werden in der Säule       verstehen und ihnen maßgeschneidert pas-                in Forschung und Industrie
Qualifizieren beantwortet, die ab dem nächs-      sende Servicebausteine anbieten.“                       sowie bei Besuchen von
ten Jahr auch Angebote zur Weiterbildung             Alle Angebote und Veranstaltungen des               Industriepartnern werden
von Mitarbeitern in einer virtuellen Indust-     Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums finden                 zukunftsrelevante Techno-
rie 4.0-Akademie umfasst. Ihren Reifegrad        sich unter www.digital-in-nrw.de                        logien anschaulich in ihrer
für die Digitalisierung und mögliche nächs-                                                              praktischen Anwendung
te Schritte in Richtung Industrie 4.0 können                   Mittelstand 4.0-                          gezeigt. Termine: 25. Au-
KMU ebenfalls mit Hilfe des Kompetenzzen-                      Kompetenzzentrum                          gust, 17. November und 8.
trums offenlegen. „Mit interessierten Unter-                   Susanne Immel                             Dezember am Fraunhofer
nehmen analysieren wir ihre Prozesse und                       Tel. 0231 9743 611                        IML in Dortmund
konzipieren einen konkreten Fahrplan für                       info@digital-in-nrw.de
die Digitalisierung und Vernetzung. Schließ-

                                                                                                        Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   11
BLICKPUNKT DIGITALISIERUNG

     Industrie 4.0

     Digitale Revolution
     in der Produktion
     Die Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0 genannt.
     Nach Dampfmaschine, Fließband und Automatisierung wird jetzt die Internettechnologie in die
     industrielle Produktion integriert. Die reale und virtuelle Welt wachsen über das „Internet der
     Dinge“ zusammen. Treiber ist dabei die rasante Entwicklung in der Informations- und Kommuni-
     kationstechnologie (IKT). Bereits heute sind weltweit rund zehn Milliarden Geräte über das
     „Internet der Dinge“ vernetzt. In wenigen Jahren werden es 50 Milliarden sein.

                                          I
     »Arbeitsabläufe                        ndustrie 4.0 wird die Produktionsprozes-      nen nicht nur Computer und Handys, son-
     werden effektiver,                     se in der Zukunft maßgeblich verändern.       dern auch Autos, Maschinen, Container,
     die Produktion                         „Durch die Verschmelzung von IKT und          Bauteile oder gar Lebensmittel im Internet
                                          Prozessabläufen in Industrieunternehmen         der Dinge eine eigene Adresse bekommen.
     flexibler und das                     werden sich vielfältige Chancen ergeben. Ar-    Sie verbindet über die gemeinsame Datenin-
     Endprodukt für                       beitsabläufe werden effektiver, die Produk-     frastruktur die IKT- und softwaretechnischen
     den Kunden                           tion flexibler und das Endprodukt für den        Komponenten der virtuellen Welt mit den
      individueller.«                     Kunden individueller“, erläutert Klaus Bren-    Dingen und Systemen der physischen Welt.
     Klaus Brenscheidt                    scheidt, stellvertretender Geschäftsführer      Es entstehen neue sogenannte Cyber Physi-
                                          der IHK zu Dortmund. Ebenso werden sich         cal Systems (CPS). In den nächsten Jahren
                                          für den Handel und das Dienstleistungsge-       wächst ein gigantisches globales System mit-
                                          werbe ganz neue Möglichkeiten bieten, auf       einander verbundener Computer-Netzwerke,
                                          Kundenwünsche noch besser und individuel-       Sensoren, Geräte und Antriebselemente, die
                                          ler einzugehen.                                 alle das Internetprotokoll nutzen.
     Der intelligente Behälter                Die technischen Voraussetzungen für die
     „InBin“ kommuniziert mit             Umsetzung von Industrie 4.0 sind heute weit-    Cyber Physical Systems
     Menschen und Maschinen,              gehend vorhanden. Das aktuelle Internetpro-     und Smart Factory
     überwacht seine Umge-                tokoll bietet 340 Sextillionen (eine Zahl mit   Diese Cyber Physical Systems werden die In-
     bung und steuert Logistik-           36 Nullen) verfügbare Webadressen. So kön-      dustrieproduktion immer flexibler und die
     prozesse.     Foto: Fraunhofer IML

12   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Produkte und Dienstleistungen immer in-
dividueller machen. Intelligente Maschi-
nen koordinieren künftig selbst ihre Abläu-
fe, fordern automatisch notwendiges Materi-
al an und initiieren bei Bedarf Transportauf-
träge, die wiederum von intelligenten Trans-
portsystemen eigenständig erledigt werden.
Die Produktion kann grenzenlos und intelli-
gent in einer Smart Factory organisiert wer-
den: Maschinen, Produkte und Produktions-
prozesse werden in einer digital gesteuerten
Fabrik innerhalb mehrerer Partnerunterneh-
men regional, bundesweit oder weltweit ver-
netzt.
     Um die Dynamik der digitalen Wirtschaft
zu nutzen, müssen die Unternehmen hoch-
wertige Maschinen bauen und fähig sein,
aus der Verbindung von Mikrochips, Senso-
ren, Aktoren, Funkmodulen sowie Kommu-
nikationsnetzen und Software digitale ver-
netzte Systeme zu schaffen. „Genau das sind
die Stärken der IHK-Region“, betont Bren-
scheidt. „An der Technologie-Schnittstel-
le zwischen IKT, Fertigungsindustrie, Logis-
tik, Mikro- und Elektrotechnik und Energie
ist die Region sehr gut aufgestellt. Das bringt
uns in ein gute Ausgangslage für die industri-    Fahrerlose Transportfahrzeuge suchen sich im „LivingLab Zellulare Transportsyste-
elle Digitalisierung.“                            me“ am Fraunhofer IML selbstständig ihre Aufgaben und ihren Weg. Foto: Roland Kentrup

Digitalisierung und Weiterbildung
Drei Fragen an Matthias Stiller, Leiter der IHK-Weiterbildung.

        Welche Bedeutung hat die Digita-          neuen digitalen Herausforderungen           Welche Weiterbildungsangebote im
        lisierung für die Qualifizierung der      reagieren?                                  Bereich Digitalisierung und Indust-
        Mitarbeiter?                              Im Prinzip könnten alle Branchen und        rie 4.0 gibt es bei der IHK?
        Im Zeitalter der Digitalisierung ha-      Berufe betroffen sein, da sich Digitali-    Wir bieten jetzt schon interessante
        ben sich die Zyklen der technischen       sierung in allen Lebensbereichen ins-       Lehrgänge zum Bereich Social Web
        Erneuerungen immens verkürzt. Dies        besondere durch die drahtlose Tech-         an, wie den bereits erwähnten Social
        hat große Auswirkungen auf die Be-        nik durchsetzt. Ein Beispiel sind neue      Media Manager oder auch den E-Com-
        reiche der Aus- und Weiterbildung. Es     Bezahlsysteme durch das Smartphone          merce-Manager. Im Bereich Industrie
        entstehen ganz neue Berufsbilder, die     im Einzelhandel oder die Bestellung         4.0 und Digitalisierung sind wir der-
        es vor wenigen Jahren noch nicht gab.     per App im Restaurant. Es gibt kaum         zeit noch in der Phase der Sensibilisie-
        Seit es Computer gibt, gibt es auch       Grenzen. Dennoch gehen wir davon            rung. Das heißt, die IHK zu Dortmund
        Weiterbildungen für diese. Spätes-        aus, dass es besonders im industriel-       informiert die Mitgliedsunternehmen
        tens mit dem Web 2.0 kamen neben          len Bereich in den nächsten Jahren zu       durch kostenlose Informationsveran-
        den klassischen Computerschulungen        den größten Veränderungen kommen            staltungen zu diesem Thema. Konkre-
        auch ganz neue Bereiche hinzu, wie        wird. Sie wird eine Leitbranche wer-        te Weiterbildungsangebote zu diesem
        beispielsweise der Social Media Ma-       den. Der IHK zu Dortmund ist es wich-       Thema werden gerade entwickelt. Ab
        nager. Jetzt stehen wir vor dem nächs-    tig, dass sich Unternehmer und Mit-         2017 werden wir mit verschiedenen
        ten Schritt der Digitalisierung, der      arbeiter zunächst über den digitalen        Angeboten das Thema Wirtschaft 4.0
        Automatisierung insbesondere in der       Wandel informieren. Dann kann man           breit streuen.
        industriellen Produktion. Dies wird       die Risiken und Möglichkeiten besser
        weitreichende Auswirkungen auf al-        abschätzen. Am 16. Juni fand bereits                       Matthias Stiller
        le Bereiche der Weiterbildung haben.      eine IHK-Veranstaltung zum Thema                           Leiter der IHK-
                                                  „Digitalisierung in der Arbeitswelt“                       Weiterbildung
        Welche Branchen und Berufe sind           statt. Weitere Informationsveranstal-                      Tel. 0231 5417-420
        betroffen, und wie können Unter-          tungen wird die IHK auch zukünftig                         m.stiller@dortmund.ihk.de
        nehmen und Mitarbeiter auf die            anbieten.

                                                                                                           Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   13
INTERVIEW

     „Eine echte Chance“
     Junge Menschen mit
     Behinderung haben
     eine Chance auf dem
     ersten Arbeitsmarkt –
     wenn sie unterstützt
     werden. NeuEinstel-
     lung, das Inklusions-
     projekt der AWO-
     Tochter Bildung + Ler-
     nen gGmbH, begleitet
     die Jugendlichen auf
     ihrem Weg. Die Ruhr
     Wirtschaft sprach mit
     Einrichtungsleiterin
     Michaela
     Nürnberger.

     »Die Beschäf-
     tigung von
     Menschen mit
     Behinderung
     wirkt sich sehr
     positiv auf das
     Betriebsklima
     aus.«

     Fotos: IHK/Oliver Schaper

14   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Frau Nürnberger, das Projekt Neuein-
stellung begleitet behinderte Ju-
gendliche auf dem Weg in den ersten
Arbeitsmarkt. Wie kam es dazu?
Das Projekt kam ursprünglich durch das
Engagement der Elterninitiative „Initia-
tive Down-Syndrom Kreis Unna“ und die
„Familienbande Familiennetzwerk Ka-
men“ zustande. Die Eltern wollten, dass
ihre Kinder neben dem üblichen Weg in
die Werkstatt eine Alternative haben und
ihre eigenen Wünsche verfolgen kön-
nen. So entstand die NeuEinstellung In-
klusive gGmbH als privater Bildungsträ-
ger. Die Arbeit nahm aber sehr viel Zeit
und Kapazitäten in Anspruch, deshalb
traten die Initiatoren an die AWO heran,
und das Projekt wurde vom Bildungsträ-
ger Bildung + Lernen gGmbH zum 1. Ju-                                                     Bildung + Lernen
li 2014 übernommen. Einige Eltern sind       Wie sieht diese Begleitung durch den         Ansprechpartner (v. l.):
noch immer beratend tätig und sitzen im      Jobtrainer konkret aus?                      Geschäftsführer Rainer
Kuratorium für das Projekt.                  Wichtig ist es, den Jugendlichen im Be-      Goepfert, Michaela Nürn-
                                             trieb vorzustellen, den Geschäftsführer,     berger, Einrichtungsleiterin
Die Eltern von Kindern mit Behinde-          Personalleiter und die anderen Mitarbei-     „NeuEinstellung“, und Marc
rungen können direkt auf Sie zukom-          ter für den Umgang mit ihm zu sensibi-       Stommer, Betriebsleiter Bil-
men?                                         lisieren. Dann werden die Arbeitsabläu-      dung. Die Bildung + Lernen
Ja, wir bieten Beratungen für die Eltern     fe analysiert und überlegt, welche Auf-      gGmbH ist als Tochtergesell-
an und gehen auch an die Schulen, su-        gaben und Tätigkeiten er selbstständig,      schaft der AWO-Unterbezir-
chen das Gespräch. Ob die Arbeitsmarkt-      aber unter Anleitung übernehmen könn-        ke Unna und Hamm-Waren-
fähigkeit vorhanden ist, wird in den letz-   te. Diese Organisation erfordert viel        dorf seit mehr als 15 Jahren
ten Schuljahren über Tests, etwa die Psy-    Feintuning.                                  in den Bereichen Erziehung,
chologisch-soziale Untersuchung (PSU),                                                    Aus- und Weiterbildung, Be-
ermittelt. Wenn das Ergebnis besagt,         Weil Jugendliche und Unternehmen             rufsvorbereitung sowie Qua-
dass unterstützte Beschäftigung oder         sich erst mal kennenlernen müssen?           lifizierung und Vermittlung
sogar eine theoriereduzierte Ausbil-         Genau. Für beide Seiten ist es ein ge-       am Ausbildungs- und Ar-
dung infrage kommen, kommen wir auf          genseitiges Kennenlernen. Unser Job-         beitsmarkt benachteiligte
Wunsch ins Spiel: Wir unterstützen und       trainer weiß, was der Jugendliche kann       Menschen tätig.
begleiten das ganze Antragsverfahren         und wo ihm geholfen werden muss. Er               www.bildungundlernen.de
bei der Agentur für Arbeit und knüpfen       geht mit anderem Blick durch den Be-
den Kontakt zu Unternehmen.                  trieb als jemand, der 30 Jahre lang dort
                                             arbeitet und für den alles selbstverständ-
Wie sind diese Kontakte zu Bayer             lich ist. Die Arbeit mit den Jugendlichen
Healthcare in Bergkamen, AB Elek-            erfordert auch eine besondere Form der
tronik oder Amazon in Werne, insge-          Kommunikation. Es bringt nichts, wenn
samt zu 25 verschiedenen Betrieben,          Arbeitsaufträge im Vorbeigehen erteilt
entstanden?                                  werden. Da braucht es eine besondere,
Wir rufen die Personalleiter an, fahren      direkte Ansprache. Ideal ist es, wenn der
vorbei, machen unser Anliegen und un-        Jugendliche einen Mitarbeiter als festen
ser Angebot deutlich. Außerdem sind          Ansprechpartner hat.
wir regelmäßig beim Berufsinformati-
onstag in Lünen. Wir kennen die Qualifi-      Welche Vorteile haben die Unterneh-
zierungen, Stärken und Wünsche der Ju-       men von ihrem Engagement?
gendlichen und erörtern dann mit allen       Ein besseres Image als Arbeitgeber, au-
Beteiligten, welche Arbeit und welches       ßerdem wirkt sich die Beschäftigung von
Unternehmen in Frage kommen könn-            Menschen mit Behinderung sehr positiv
ten. Unser Jobtrainer Marco Fußy ver-        auf das Betriebsklima aus. Um finanzi-
einbart mit den Unternehmen zunächst         elle Anreize zu geben, arbeiten wir mit
ein Praktikum und begleitet den Jugend-      dem Arbeitgeberservice der Agentur für
lichen und das Unternehmen beim Ein-         Arbeit zusammen. Die Agentur gewährt
stieg intensiv. Das Ziel ist natürlich ei-   Eingliederungszuschüsse, übernimmt
ne Ausbildung oder ein unbefristeter Ar-     beispielsweise die Hälfte des Gehalts
beitsvertrag.                                über einen Zeitraum von sechs Monaten.

                                                                                           Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   15
Frauenpower in
     der Männerdomäne
     Mit Victoria Fischer setzt sich die nächste Generation „Powerfrau“ hinter
     das Steuer des traditionsreichen Dortmunder Busunternehmens TRD.

     Anja und Victoria Fischer leiten
     das Familienunternehmen in
     zweiter und dritter Generation.

16   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
WIRTSCHAFT REGIONAL

VON LEONIE LAUER
FOTOS: LEONIE LAUER UND TRD                       Reisen“

I
                                                  ein ganz
    ch fahr ihn mal schnell hoch!“, ruft Vic-     anderes
    toria Fischer und springt die Stufen zum      als heu-
    Fahrersitz rauf. Nach einem exakten Wen-      te. Jahr-
    demanöver rauscht sie mit dem großen,         zehnte-
weißen Reisebus über die Rampe der Tiefga-        lang verdient Fritz Fischer sein Geld damit, in
rage – so selbstverständlich und routiniert,      seinen Reisebüros Pauschal-Busreisen nach
als säße sie in einem Kleinwagen. Die 26-Jäh-     Spanien, Jugoslawien oder in die Alpen zu
rige weiß, was sie tut, schließlich ist sie mit   verkaufen. Das läuft so gut, dass er immer
Bussen aufgewachsen. Hier im TRD-Betriebs-        mehr Filialen öffnet – direkt nach der Wende       Meilensteine
hof, nicht weit vom Borsigplatz, stehen seit      sogar in Dresden. Während das Geschäft dort
                                                                                                     1960 Fritz Fischer gründet
den Siebzigerjahren die mittlerweile 55 fir-       in den Neunzigern boomt, bricht es in West-
                                                                                                     TRD-Reisen und eröffnet das
meneigenen Busse. Diese zu koordinieren,          deutschland ein. Denn plötzlich drängen Bil-
                                                                                                     erste TRD-Reisebüro in der
ist seit Juni Fischers Aufgabe: Zusammen mit      ligairlines auf den Markt, mit deren Ange-
                                                                                                     Kleppingstraße in Dortmund.
ihrer Mutter Anja Fischer leitet sie das Fami-    boten die Busunternehmen nicht mithalten
lienunternehmen nun in dritter Generation.        können. Zusätzlich sorgt der Balkankonflikt         1965 Kauf des ersten Fernrei-
Die Leidenschaft für ihre Arbeit merkt man        dafür, dass die Nachfrage nach Jugoslawi-          sebusses mit WC und Schlaf-
beiden an. „Ich wollte schon immer hier ein-      en-Reisen deutlich abnimmt. Eine Zeit lang         kabine.
steigen“, sagt Victoria Fischer, „da hat meine    kann das Ostdeutschland-Geschäft die Ver-
                                                                                                     1969 erste Fahrten nach Ju-
Mutter wohl alles richtig gemacht!“               luste auffangen, doch als Anja Fischer den el-
                                                                                                     goslawien.
     Schon als Zwölfjährige sagt Victoria zu      terlichen Betrieb endgültig übernimmt, sind
ihrer Mutter: „Ich möchte TRD groß ma-            Billigflieger längst zum Standardtransport-         1974 Aufnahme von Reisen
chen!“ Jetzt, 14 Jahre später, zeigt sie, dass    mittel für Urlauber geworden. „Das war wirk-       Richtung Spanien. Der Fuhr-
es ihr damit ernst ist. Nach der Schule sam-      lich schlimm für uns alle“, erinnert sich Fi-      park umfasst mittlerweile 40
melt sie zunächst Berufserfahrung in Bayern,      scher, „Busse, die durch Europa fahren, wa-        Busse.
wo sie sich zur Reiseverkehrskauffrau ausbil-     ren unsere Seele.“                                 1975 Eröffnung des heuti-
den lässt. 2013 kommt sie dann zurück nach            Schon seit 1994 ist Fischer Geschäftsfüh-      gen Betriebshofs „Im Spä-
Dortmund und fängt als Disponentin bei TRD        rerin, doch erst als ihr Vater im Jahr 2000 in     henfelde“.
an. Dort schreibt sie Angebote, teilt die Fah-    Rente geht, schlägt die Krise mit voller Wucht
rer in Schichten ein und fährt auch ab und zu     ein. „Ich wusste, wir müssen grundlegend et-       1976 Jungfernfahrt des ers-
selbst die Routen.                                was ändern, Busreisen würden schon bald            ten Jumboliners nach Paris.
     Die richtigen „Schmankerl“ bleiben ihr       ein Relikt vergangener Zeiten sein“, sagt An-      1990 Gründung von TRD-
aber verwehrt: Denn TRD fährt nicht nur           ja Fischer. Sie sollte Recht behalten.             Reisen-Süd und TRD-Reisen-
für die Dortmunder Stadtwerke im Linien-                                                             Dresden.
verkehr, sondern auch für Fußballvereine          Neue Wege
wie Real Madrid bei deren Auswärtsspielen         Gerade noch rechtzeitig schafft es Fischer, sich   1994 Tochter Anja Fischer
in Dortmund. Doch Mannschaftsbusse „dür-          vom Reisegeschäft zu trennen. Aus dem Rei-         wird Geschäftsführerin von
fen“ nach wie vor nur von Männern gefahren        seanbieter wird ein reines Busunternehmen.         TRD-Reisen.
werden – alles andere soll Unglück bringen.       „Mein Vater hat das nie verstanden, denn Rei-      2006 Während der Fußball-
„Fußballer sind teilweise wahnsinnig aber-        sen waren ja sein Butter- und Brotgeschäft“,       WM ist TRD offizieller Trans-
gläubisch“, lacht Fischer, „der Bus darf zum      sagt Fischer. Auch ihr Herz hängt an den Bus-      porteur für die WM-Standorte
Beispiel mit der Mannschaft an Bord nie-          reisen. „Aber irgendwann muss man erken-           Dortmund und Köln.
mals rückwärts fahren oder so halten, dass        nen, dass sich die Zeiten geändert haben.“
                                                                                                     2010 TRD nimmt den ersten
die Spieler beim Aussteigen um den Bus he-            Im Zuge der Umstrukturierung tauscht
                                                                                                     Hybridbus für den Dortmun-
rum laufen müssen“. Doch als Real Madrid          Fischer die komplette mittlere Führungsebe-
                                                                                                     der Linienverkehr in Dienst.
in Dortmund gegen den BVB spielt, lässt es        ne aus. Es dauert, bis TRD wieder schwarze
sich Victoria trotzdem nicht nehmen, Ronal-       Zahlen schreibt, doch letztlich lohnen sich        2012 Anja Fischers Toch-
do, Ramos und Co die Hand zu schütteln. Da-       die schmerzhaften Maßnahmen. Für ihren             ter Victoria steigt in das Fa-
zu übernimmt sie kurzerhand die Fahrerrolle       Mut, ihr Durchhaltevermögen und ihr wirk-          milienunternehmen ein. Ver-
des Gepäck-LKW. „Man muss schon ein biss-         sames Krisenmanagement wurde Anja Fi-              kauf der Sparte „Reiseveran-
chen einfallsreich sein in dieser Branche –       scher vergangenes Jahr als „Unternehmerin          stalter“ TRD wird zum reinen
gerade als Frau“, sagt Fischer. Diesen Ergeiz     des Jahres“ nominiert. Sicherlich auch weil        Busunternehmen.
und die Durchsetzungskraft hat sie von ihrer      sie es geschafft hat, die 120 Arbeitsplätze in
                                                                                                     2016 Victoria Fischer steigt
Mutter geerbt. Die hat nur wenige Jahr zuvor      Dortmund sowie die 50 am Standort Dresden
                                                                                                     in die Geschäftsführung von
das Busunternehmen erfolgreich aus der all-       zu erhalten.
                                                                                                     TRD ein.
gemeinen Branchenkrise manövriert.                    „Wir haben jahrelang gekämpft, aber wir
                                                  haben es geschafft“, sagt Anja Fischer er-
Ein Geschäftsmodell stirbt aus                    leichtert, „dazu hat auch meine Tochter maß-
Als Victorias Großvater Fritz Fischer den Be-     geblich beigetragen!“ Denn Victoria Fischer
trieb 1960 gründet, ist das Kerngeschäft des      steigt genau im schlimmsten Krisenjahr ins
„Touren- und Reisedienstes“, später „TRD-         Unternehmen ein. Mit ihrem Optimismus

                                                                                                      Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   17
WIRTSCHAFT REGIONAL

      1                                                                        2

                                          und ihren frischen Ideen schafft sie es, in kur-   und verursacht weniger Unfälle – so die ein-
                                          zer Zeit wichtige Kunden zu gewinnen. Unter        fache Rechnung. Sie scheint aufzugehen:
     »Man muss                            ihr wird der Charterverkehr zum zweitwich-         Den Großteil der neuen Aufträge verdankt
                                          tigsten Geschäftsfeld. Firmenevents, Fußball-      sie Weiterempfehlungen.
     schon ein                            fanclubs, Klassenfarten: an den Reisebussen             Besonders internationale Kunden scheint
     bisschen                             von TRD kommt in Dortmund kaum mehr ei-            dieses Konzept anzusprechen. „Bei den
                                          ner vorbei. Auch aus den umliegenden Städ-         vielen Sprachen, die bei uns gespro-
     einfallsreich                        ten treten immer mehr Kunden an Fischer he-        chen werden, finden wir fast immer
     sein in dieser                       ran: So ist TRD beispielsweise in Lünen und
                                          Unna auch für den Schülerspezialverkehr zu-
                                                                                             jemanden, der den Kunden wei-
                                                                                             terhelfen kann“, lacht Anja Fi-
     Branche –                            ständig, mit dem Kinder zu Förderschulen           scher. Erfahrung mit den ver-
                                          gefahren werden. „Der Schlüssel zum Erfolg         schiedenen Unternehmens-
     gerade als                           sind gute, motivierte und sympathische Bus-        kulturen anderer Länder hat
     Frau.«                               fahrer“, sagt Fischer, „nur so werden wir wei-     sie auf den vielen Touren als
     Victoria Fischer                     terempfohlen.“ Und davon lebt TRD.                 Reiseleiterin gesammelt, als
                                                                                             TRD noch Reiseveranstalter
                                          Familienoberhaupt –                                war. Nicht nur das kommt
                                          auch für die Mitarbeiter                           ihr heute zugute.
                                          Aber woher nimmt man diese motivierten                  Auch der Betriebshof
                                          und sympathischen Busfahrer? „Nur wenn             mitten in der Innenstadt
                                          unsere Fahrer den Kopf frei haben, kön-            ist ein echter Wettbewerbs-
                                          nen sie gute Arbeit machen“, erklärt Fischer       vorteil. „Mein Vater hat da-
                                          ihr Unternehmensmotto. Für ihre Mitarbei-          mals schon sehr zukunftsweisend
                                          ter, die aus insgesamt 20 Nationen kommen,         gedacht“, sagt Fischer. Als Fritz Fischer den
                                          sucht die Chefin deshalb ab und an Wohnun-          Betriebshof „Im Spähenfelde“ baut, lässt er
                                          gen oder hilft bei Behördengängen. Wer kei-        eine riesige Tiefgarage errichten. Besonders
                                          ne privaten Sorgen hat, ist weniger abgelenkt      im Winter sind die Busse so direkt einsatzbe-
                                                                                             reit. Eine zusätzliche Einnahmequelle ist die
                                                                                             integrierte Waschstraße, die sich automa-
      5                                                                                      tisch an jede Bus- und Transportergröße an-
                                                                                             passt. In den Siebzigerjahren haben das nur
                                                                                             wenige. Der Seniorchef geht aber noch einen
                                                                                             Schritt weiter: Das Wasser für die Waschstra-
                                                                                             ße kommt aus Regenwasserauffangtanks
                                                                                             und wird anschließend wieder aufbereitet.
                                                                                                  Auch heute wird diese umweltschonen-
                                                                                             de Technik im TRD-Betriebshof noch ge-
                                                                                             nutzt und geschätzt. „Unter anderem da-
                                                                                             durch wurden wir von Anfang an für das The-
                                                                                             ma Umweltschutz sensibilisiert“, erklärt An-
                                                                                             ja Fischer. Das ist ein Grund, warum sie 2010
                                                                                             den ersten Hybridbus in Dortmund in Betrieb
                                                                                             nimmt. Mittlerweile ist ein zweiter dazuge-
                                                                                             kommen.

18   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
Historie
                                                                                                  1 Firmengründer
                                                                                                 Fritz Fischer und Christel
                                                                                                 Fischer-Albrecht.

                                                                                                  2 Das erste Reisebüro
                                                                                                 öffnet 1960.

                                                                                                  3 Mit dem Reisebus
                                                                                                 nach Spanien – inklusive
                                                                                                 Reisecrew (1974).

                                                                                                  4 Vom Reisebus der
                                                                                                 1960er-Jahre zum Jumboliner
                                                                                            3    Ende der 1980er-Jahre.

                                                                                                  5 TRD bringt den ersten
                                                                                                 Hybridbus auf die Dortmun-
                                                                                                 der Straßen.

                                                                                                  6 Heute: das Firmen-
                                                                                                 gebäude „Im Spähenfelde“.

                                                                                            4

                                                                      Das gleiche gilt für das
                                                                   autonome Fahren. „Ich fin-
                                                                   de die Vorstellung zwar
                                                                   noch etwas gruselig, aber
                                                                 wenn das wirklich kommt,
                                                             werden wir mitgehen“, ergänzt
                                                 ihre Tochter. „Schließlich soll auch meine
                                                 Tochter später einmal die Möglichkeit haben,
                                                 ein wettbewerbsfähiges TRD weiterzuführen
„Wir wollen für die Mobilitätswende gerüs-       – wenn sie das will!“ Bei so viel vorgelebtem
tet sein“, sagt Fischer. Am liebsten würde sie   Enthusiasmus für den Familienbetrieb ist das
jetzt schon mit Elektrobussen fahren, aber die   keine abwegige Vorstellung.
Technik ist noch nicht so weit. 200 Kilome-
ter Reichweite und relativ lange Aufladezei-
ten vertragen sich nicht mit durchgängigem          6
Linienverkehr oder langen Reisestrecken. Im-
mer wieder geht Anja Fischer auf Kongres-
se und Fachtagungen und appelliert an die
Branche: „Wir brauchen ein einheitliches Sys-
tem für E-Busse und wir brauchen es schnell!“
Denn manche Städte experimentieren mit
Elektrobussen, die sich in die Stromversor-
gung der Straßenbahnen einklinken, andere
mit Schnell-Tankstellen. Aber für Busunter-
nehmen, die nicht nur in einer Stadt unter-
wegs sind, braucht es eine einheitliche Tech-
nik. „Nur, wenn diese Technik endlich auf die
Straße kommt, geht auch die Entwicklung
weiter“, prognostiziert Fischer.

                                                                                                  Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016   19
Kompakt
                                                                                                    675 Jahre Lünen
                                                                                                    Jetzt auch zum
                                                                                                    Anschauen
                                                                                                    Am 4. Juli wurde der Stadtgeburts-
                                                                                                    tag zusammen mit 675 geladenen
                                                                                                    bürgerschaftlich Engagierten aus
                                                                                                    der Lippestadt bei einem Festakt im
                                                                                                    Heinz-Hilpert-Theater gefeiert. Beim
                                                                                                    Auftakt warfen die Geburtstags-
                                                                                                    gäste einen speziell für diesen An-
                                                                                                    lass zusammengestellten Blick auf
                                                                                                    Lünen und waren die ersten, die
                                                                                                    die Jubiläumsfestschrift druckfrisch
                                                                                                    überreicht bekamen. Sie ist kos-
                                                                                                    tenlos beim Kulturbüro Lünen so-

     Mehr als „nur“ eine Gitarre                                                                    wie im Rathausfoyer erhältlich und
                                                                                                    enthält neben den Daten und Fak-
                                                                                                    ten Informationen zum Lüner Ge-
     Rod Stewart engagiert sich nur selten außerhalb seiner eigenen Charity-Projekte.               burtstag. In lockerer Reihung folgen
     Für den Dortmunder Verein Kinderlachen hat er aber jetzt eine Ausnahme gemacht                 Beiträge, die vor allem das bürger-
     und eine Gitarre handsigniert. Diese Rarität soll am 30. Juli im Rahmen der 3.                 schaftliche Engagement Lüner Ak-
     Kinderlachen-Golf-Open meistbietend versteigert werden und so zugunsten eines                  teure in den Fokus setzen. Als i-Tüp-
     guten Zwecks den Besitzer wechseln. Der Verein hofft auf einen hohen Ertrag, mit               felchen zum Stadtgeburtstag gibt
     dem vielen Kindern geholfen werden kann.                                       Foto: pr        es den filmischen Beitrag „Lünen
                                                                                                    von oben“ von Uwe Koslowski nun
                                                                                                    auch auf der Homepage der Stadt
                                                                                                    Lünen zu sehen unter www.luenen.

     Nahtlos ins Arbeitsleben                                                                       de/675Jahre/index.php

                                                                                                    Heckmann
     Für Unternehmen werden duale Studiengänge immer bedeutsamer.                                   „Bauunternehmen
     Die SRH Hochschule Hamm erweitert daher ihr Angebot.                                           des Jahres“
                                                                                                    Die Unternehmensfamilie Heck-
                                                                                                    mann aus Hamm und Brilon wur-

               Z      um Wintersemester 2016/17 bie-
                      tet sie den Bachelorstudiengang
                      Betriebswirtschaftslehre (BWL)
                auch im dualen Studienmodell an.
                „Zum einen reagieren wir damit auf
                                                          Wissen in der Praxis anwenden. Eine
                                                          lange Einarbeitungszeit, kosteninten-
                                                          sive Traineeprogramme und die Kos-
                                                          ten für das Anwerben von Absolventen
                                                          nach Abschluss des Studiums entfal-
                                                                                                    de erneut „Bauunternehmen des
                                                                                                    Jahres“. Nachdem sie 2015 bereits
                                                                                                    in der Kategorie Hochbau, größe-
                                                                                                    re Unternehmen (gU), ausgezeich-
                                                                                                    net wurde, erhielt sie dieses Jahr die
                den Bedarf und den Markt, zum ande-       len, da die Studierenden nahtlos vom      begehrte Urkunde in der Kategorie
                ren ist es der Anspruch der Hochschu-     Studium in das Arbeitsleben im Be-        Tiefbau (gU). Geschäftsführer Mar-
                le, ein möglichst breites Spektrum ver-   trieb übergehen.                          tin Karnein nahm den vom Fach-
                schiedener Studienmodelle anbieten            „Wir sprechen mit dem Studien-        magazin tHIS und der TU München
                zu können“, sagte Steffen Bruckner,       gang ganz konkret die lokalen und         ausgelobten Preis am 28. Juni aus
                SRH-Geschäftsführer in Hamm.              regionalen Unternehmen an“, sagte         den Händen der Jury in Düsseldorf
                     Bereits frühzeitig können hoch-      BWL-Dekan Prof. Dr. Andreas Kirst.        in Empfang. Ausschlaggebend für
                qualifizierte,       leistungsmotivierte   Das Studium der BWL an der SRH            das Urteil der Jury waren vor allem
                Nachwuchsfachkräfte an den Betrieb        Hochschule bildet curricular nicht nur    die Leistungen des Unternehmens
                gebunden werden – dem Fachkräfte-         die klassischen BWL-Themen ab, son-       im Bereich Personalentwicklung und
                mangel kann effektiv entgegengewirkt      dern zielt ebenso auf einen interdis-     Mitarbeiterführung sowie in der Un-
                werden. Durch das beständige Wech-        ziplinären Kompetenzerwerb ab, der        ternehmensstrategie. In Hamm ar-
                selspiel zwischen theoretischen Pha-      sich u. a. in Lehrveranstaltungen im      beiten 330 der 425 Mitarbeiter. Ak-
                sen des Studiums an der Hochschu-         Bereich Management, Unternehmens-         tuell absolvieren 52 Auszubildende,
                le und praktischen Phasen im Unter-       führung, Personal oder persönlich-        darunter zwei Dual-Studenten, bei
                nehmen werden Theorie und Praxis          keitsbildende Soft Skills widerspigelt.   Heckmann eine Ausbildung. Regel-
                miteinander verzahnt. Die Studieren-          Ansprechpartner: Prof. Dr. Andre-     mäßige Lehrlingstage, Schulkoope-
                den können bereits von Anfang an ei-      as Kirst, Dekan des Fachbereichs Ma-      rationen und Einladungen für die El-
                ne starke Bindung zu dem Unterneh-        nagement, Tel. 02381 9291-151,            tern sind bei Heckmann Standard.
                men aufbauen und das theoretische         andreas.kirst@fh-hamm.srh.de

20   Ruhr Wirtschaft Juli / August 2016
WIRTSCHAFT REGIONAL

Wilo – Gold für starke Marke
German Brand Award: Der Rat für Formengebung und das German Brand Institute honorieren die
vorbildliche Markenführung des Dortmunder Pumpenspezialisten.

       H      onoriert werden mit diesem
              Preis erstmals Unternehmen, die
              sich der „Bedeutung der Marken-
        führung als entscheidendem Erfolgs-
        faktor“ bewusst sind und diese in be-
                                                 Der Dortmunder Hersteller von Pum-
                                                 pen und Pumpensystemen machte das
                                                 Rennen in der Klasse „Industry Excel-
                                                 lence in Branding“ in der Kategorie
                                                 „Machines & Engineering“. In jeder
                                                                                          Unternehmen Wilo heute als Global
                                                                                          Player innovativste Pumpensysteme
                                                                                          weltweit.“ Dabei spielt neben inno-
                                                                                          vativen Ideen, technologisch führen-
                                                                                          den Lösungen auch eine überzeugen-
        sonders herausragender Art und Wei-      Kategorie gibt es unter allen Teilneh-   de Markenführung eine zentrale Rol-
        se umsetzen. „Wir wissen um die Kraft,   mern nur ein Unternehmen, das mit        le. „Wir haben es geschafft, dank ei-
        Wirkung und den Wettbewerbsvorteil       der höchsten Auszeichnung in „Gold“      ner stringenten, über alle Kommuni-
        einer starken“, erklärt Oliver Hermes,   bedacht wird: „Vor diesem Hinter-        kationskanäle und weltweiten Umset-
        Wilo-Vorstandsvorsitzender. „Diese       grund ist das Erreichte kaum hoch ge-    zung im Rahmen unseres Corporate
        Auszeichnung macht uns ganz beson-       nug zu bewerten“, so Hermes.             Designs uns vom ‚hidden‘ zum ‚visib-
        ders stolz, da sie unsere jahrelangen,                                            le‘ Champion zu entwickeln“, so Her-
        zahlreichen Bemühungen rund um die       Global Player                            mes. „Auch vor diesem Hintergrund
        Markenstärkung honoriert.“               Der Rat für Formgebung stellt die Ent-   sehen wir den German Brand Award
            In drei Klassen wird der German      wicklung Wilos als herausragend dar:     nicht nur als Auszeichnung an, son-
        Brand Award vergeben, die noch-          „Als lokaler Spezialist in der Pum-      dern ebenso als Ansporn zur weiteren
        mals in Kategorien unterteilt sind.      penbranche gestartet, entwickelt das     Stärkung unserer Marke Wilo.“

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