VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN

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VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN
#12 –1
2 012 /1 3

                                    vm
               Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
               für Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland
                                                                                  Verba ndsMaga z i n

                                         18 Keine Fördermittel
                                               für altersgerechten Umbau eingeplant

       4 Schwerpunkt Leerstandsmanagement
           Die Leere mit Leben füllen

                                                           L2 Landesausgabe NRW
                                                                 Genossenschaftsfestakt im Landtag
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www.vdw-rw.de   |   www.vdwsuedwest.de
www.vdw-saar.de |   www.wohnungswirtschaft-aktuell.de
VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN
EDITORIAL 1

  Liebe LEser >> Während in wirtschaftsstarken Ballungszentren der Wohnraum knapp wird,
  stehen vor allem in ländlichen Regionen viele Wohnungen leer. Nicht nur die Wohnungs­
  wirtschaft muss darauf differenzierte Antworten finden. Auch die Wohnungspolitik ist gefragt.
  Wohnraumförderung ist nicht nur in den Metropolregionen gefragt, sondern auch in Leer-
  standsgebieten: Nur braucht sie hier andere Instrumente.

Leerstand bei Wohnungsknappheit –
  Wohnungspolitik braucht
  differenzierte Instrumente

G
          anz Deutschland spricht über feh-      und nicht in den ländlichen Regionen; dort     Inzwischen scheint sich langsam die Ein-
          lende Wohnungen, Städte, in denen      sind eher Themen wie Ersatzneubau oder         sicht durchzusetzen, dass die Mieter nicht
          die Mieten nur eine Richtung ken-      gar Rückbau gefragt. Und er muss die rich-     überfordert werden dürfen. Eine Einsicht,
nen: nach oben. Und das Verbands­Magazin         tige Qualität haben: Mehr als auf die bloße    die es durch breite Bündnisse mit anderen
macht einen Schwerpunkt über Leerstands-         Menge kommt es auf die altersgerechten         Verbänden zu fördern gilt.
management. Ist das nicht aus der Zeit ge-       und energetischen Eigenschaften der neu­
fallen? Nein, ist es nicht. Denn gerade in       gebauten Wohnungen an.                         Auch vor Ort wird Wohnungspolitik wie-
Phasen, in denen in der politischen Debatte                                                     der öffentlichkeitswirksam diskutiert, ob
im Grunde nur über den Neubau gesprochen         Die Wohnungsgesetze der Länder muss            in Mainz, Wesel oder anderswo. Das kann
wird, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass    diese regionale und qualitative Fragestel-     der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
sich die Wohnungsmärkte weitaus differen-        lung in den Blick nehmen. Das fordern die      nur gut tun. Im anstehenden Bundestags-
zierter verhalten, als dies in der Diskussion    wohnungswirtschaftlichen Verbände ak-          wahlkampf wird das Thema mit Sicherheit
offenbar wird. Deutschland besteht nicht nur     tuell etwa in Hessen, wo gerade ein neues      eine Rolle spielen, zumindest SPD-Kanzler­
aus wachsenden Großstädten.                      Wohnungsbaufördergesetz im parlamenta-         kandidat Peer Steinbrück scheint sich dafür
                                                 rischen Prozess erarbeitet wird, in NRW, wo    sehr zu interessieren.
Damit soll das große Problem, das sich in        der VdW Rheinland Westfalen auf seinem
Düsseldorf, Köln, Frankfurt und anderswo         Parlamentarischen Abend Empfehlungen           Vor der heißen Wahlkampfphase steht aber
stellt nicht kleingeredet werden, ganz im        für eine verbesserte Wohnraumförderung         erst einmal die weihnachtliche, hoffentlich
Gegenteil. In ihrem zweiten Wohnungs-            ausgegeben hat, und in Rheinland-Pfalz,        möglichst unpolitische Verschnaufpause an.
marktbericht hat die Bundesregierung diese       wo sich die Arbeitsgemeinschaft rheinland-     Nutzen Sie diese Zeit, lassen Sie es sich gut-
schwierige Situation für Einkommensschwä-        pfälzischer Wohnungsunternehmen an dem         gehen. Der VdW Rheinland Westfalen, der
chere (und zunehmend auch für Normal-            Aktionsbündnis „Impulse für den Woh-           VdW südwest und der VdW saar wünschen
verdiener) ja auch endlich klar benannt          nungsbau Rheinland-Pfalz“ beteiligt.           Ihnen und Ihren Liebsten ein gesegnetes
(siehe Seite 14). Doch nicht weit entfernt von                                                  Weihnachtsfest und ein glückliches neues
diesen Metropolregionen gibt es Gemeinden        Eines hat die Diskussion um die steigenden     Jahr!
und Kreise, in denen Häuser leer stehen          Mieten in Metropolregionen jedenfalls ge-
und in denen die Mieten sogar sinken. Für        bracht: Politik und Öffentlichkeit sprechen
Kommunen, aber auch für Wohnungsun-              wieder über Wohnungspolitik – und vor al-      Ihr
ternehmen ist das eine schwierige Situation,     lem auch wieder über die soziale Dimension
für die oftmals eine politisch-wirtschaftliche   der Wohnungspolitik. In den vergangenen
Gemeinschaftsanstrengung notwendig ist.          Jahren wurde die Wohnungswirtschaft in der
                                                 politischen Öffentlichkeit fast ausschließ-
Die Politik muss deshalb eine differenzierte     lich aus der Perspektive des Klimaschutzes
Antwort auf eine differenzierte Problemlage      betrachtet. Das führte zu immer höheren
finden. Mehr Neubau alleine reicht nicht         Auflagen in Neubau und Bestand, die Bau-       Alexander Rychter
aus. Er muss an den richtigen Orten stattfin-    kosten schnellten in die Höhe – auch deshalb   Verbandsdirektor/Vorstand
den: eben in den wachsenden Großstädten          wundert wenig, dass dem die Mieten folgten.    des VdW Rheinland Westfalen

                                                                                                                       12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN
2       INHALT

4                                             10                                         23
Schwerpunkt                                   Mit gezielten Werbekampagnen               GdW-Verbandstag: Altmaier will
Leerstandsmanagement                          neue Zielgruppen ansprechen                Energiewende bezahlbar meistern

        Schwerpunktthema                           AKTUELLES

    4   Die Leere mit Leben füllen            14   Bundesregierung erkennt                    Auftragsvergabe: Zentrale,
        Schwerpunkt Leerstandsmanagement           Wohnungsknappheit als Problem              aber vielschichtige Aufgabe
                                                   Zweiter Bericht der Bundesregierung        Veranstaltung
  6     Hier herrscht der größte Leerstand
        bei den Verbandsmitgliedern           15   14 Prozent mehr Wohnungen in          21   Nachhaltigkeit zum 10. Jubiläum
        Statistik                                  Mehrfamilienhäusern genehmigt              20. Symposium Perspektiven für
                                                   Statistisches Bundesamt                    Wohnungsgenossenschaften
  7     Von 14 Prozent auf drei Prozent
        Leerstand                             16   „Die städtebauliche Umstruktu­             Die SEPA-Umstellung bei
        Erfahrungsbericht von Ingo Wöste,          rierung wird langwierig“                   Wohnungsunternehmen
        Geschäftsführer der Wohnungs­              Evaluierung des Programms                  Neue GdW-Information
        gesellschaft Werdohl GmbH                  Stadtumbau-West
                                                                                         22   Stabwechsel im Vorstand EBZ
10      Mit gezielten Werbekampagnen               Barrieren in Stadtquartieren               Förderverein Aus- und Fortbildung
        neue Zielgruppen ansprechen                überwinden                                 Alexander Rychter neuer Vorsitzender
        Unternehmensgruppe Nassauische             Neue Broschüren des BBSR
                                                                                              Aktuelles Genossenschaftsrecht
        Heimstätte/Wohnstadt, Frankfurt
                                              17   „Wachsender Westen, schrumpfen­            Gemeinsame Veranstaltungsreihe
11      Tatort Leere: dem Leerstand auf            der Osten“ gilt nicht mehr
                                                                                              Aktuelles Wohnungseigentumsrecht
        der Spur                                   Interessante Grafiken zur
                                                                                              Gemeinsame Veranstaltungsreihe
        Entwicklungsagentur                        Bevölkerungsentwicklung
        Rheinland-Pfalz e.V.
                                                   Leitfaden für integrierte             23   Umweltminister Altmaier will die
                                                                                              Energiewende bezahlbar meistern
12      Mit Portfoliomanagement und                Stadtentwicklung geplant
                                                                                              GdW-Verbandstag
        Gästewohnungen gegen den                   Projektstart
        Leerstand
        Interview mit Christoph Beutekamp,    18   Keine Fördermittel für alters­
                                                   gerechten Umbau eingeplant                 Steuern
        Geschäftsführer der Gewobag
                                                   Bundeshaushalt
        Hofgeismar eG

13      Zur kreativen Zwischennutzung:        19   170 ehrenamtliche Genossenschaft­
                                                                                         24   Deutscher Bundestag verabschiedet
                                                   ler diskutierten aktuelle Themen           Steuergesetze
        „Geld allein macht nicht glücklich“
                                                   Treffpunkt Ehrenamt in
        Gastbeitrag von Matthias Kliefoth
        Creative.NRW, Cluster Kultur- und
                                                   Genossenschaften                      25   Aktuelles Steuerrecht
                                                                                              Unterlagen
        Kreativwirtschaft                     20   Verbände informieren über neue
                                                                                              Neuer Leitfaden zur Einführung der
                                                   Energieeinsparverordnung
                                                                                              E-Bilanz
                                                   Informationsveranstaltung
                                                                                              GdW-Information 137

12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN
INHALT 3

27                                      30                                          34
Urteil zu Abriss des Nachbarhauses      Energieeinsparverordnung und                Bielka/Beck (Hrsg.):
mit gemeinsamer Giebelwand              Energieinsparungsgesetz kommen              Verantwortung für die Stadt

                                             Technik, Bauen, Planen                       Landesausgaben

26   ELStAM – Das neue Verfahren        30   Energieeinsparverordnung 2012 und            Hessen
     beim Lohnsteuerabzug                    Energieeinsparungsgesetz kommen
     Lohnsteuer                              Referentenentwürfe                       L2 Aktuelles
     Authentifizierung                  32   Kosten der Legionellenprüfung            L5 Politik
     Umsatzsteuer-Voranmeldungen             und § 35a EStG                           L8 Verband und Gremien
                                             Trinkwasserverordnung
     Einkommensteuer-Änderungs­                                                      L11 Medienecho
     richtlinien 2012 (EStÄR 2012)           VOB/B 2012 in Kraft getreten
     Einkommensteuer
                                                                                     L12 Termine

                                             Für sie gelesen                              Nordrhein-Westfalen
     RECHT
                                                                                      L2 Aktuelles
                                        33   Gewinn für alle! Genossenschaften
27   Anspruch auf Putz und Dämmung           als Wirtschaftsmodell der Zukunft        L8 Politik
     bei Abriss des Nachbarhauses mit        Konny Gellenbeck
     gemeinsamer Giebelwand
                                                                                      L9 Verband und Gremien
                                             Betreutes Wohnen in Genossen­
     Nachbarschaftsrecht                                                             L12 Personalia und Jubiläen
                                             schaften
28   Ansatz von fiktiven Sach- und           InWIS                                   L13 Aus den Unternehmen
     Arbeitsleistungen in Betriebs­                                                  L16 Termine
     kostenabrechnung zulässig          34   Verantwortung für die Stadt –
                                             Beiträge für ein neues Miteinander
     Betriebskostenrecht
                                             Frank Bielka, Christoph Beck (Hrsg.)
     Aus der Beratungspraxis                                                              Rheinland-PFalz/Saarland
                                             Großfamilie Wohnungs­
     der Verbände
     Vier-Länder-Büro, Bonn
                                             genossenschaft?                          L2 Aktuelles
                                             InWIS
                                                                                      L6 Politik
29   Mehrmals tägliches Stoßlüften
                                        35   Daten und Trends 2012
                                                                                      L7 Verbände und Gremien
     gegen Schimmelbefall zumutbar
                                             GdW
     Mietrecht                                                                       L12 Termine
     Umlage der Modernisierungskosten
     bereits ab Rechnungszugang              Seminare
     Mietrecht

                                        35   Seminare im Januar und Februar

                                                                                                     12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
VM#12-1 - VDW RHEINLAND WESTFALEN
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Kein seltenes Bild in manchen Regionen: Neue Mieter lassen auf sich warten, die Klingelschilder bleiben unbeschriftet.

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Schwerpunkt 5

                                                                                                                                    ©M
                                                                                                                                      ichael Tieck - Fot
Schwerpunkt Leerstandsmanagement

Die Leere mit Leben füllen
                                                                                                                                                        olia
                                                                                                                                                            .co
                                                                                                                                                               m
Leerstand kann viele Väter haben: eine unzureicheinde Qualität der Wohnung, ein falsches
Marketingkonzept, die demografische Entwicklung und vieles mehr. Ein Patentrezept zum
Leerstandsabbau wird es deshalb niemals geben, aber es gibt Strategien, die funktioniert haben –
und die stellt das VM in dieser Ausgabe vor.

F
      ür Wohnungsunternehmen sind sie          Zuweilen werden Wohnungen nur deshalb             weise ist vor allem deshalb interessant, weil
      ein renditeminderndes Ärgernis, für      nicht vermietet, weil große Modernisierun-        sie versucht, an die verstreuten Einzeleigen-
      Städte und Gemeinden unter Um-           gen oder gar Abrissarbeiten anstehen. Wo          tümer heranzukommen, jene Gruppe also,
ständen eine Katastrophe, wenn sie gehäuft     dies aber nicht der Fall ist, ist Gehirnschmalz   die für Politik aber auch für Wohnungsun-
vorkommen: leerstehende Wohnungen.             und ein ausgefeiltes Portfoliomanagement          ternehmen, deren Bestände in unmittelbarer
Stehen gar ganze Gebäudereihen leer, leidet    gefragt. Möglicherweise ist die Vermietung        Nachbarschaft zu lange leer stehenden Ge-
das Image eines Stadtviertels, mittelfristig   speziell an Kreative sinnvoll, auch weil da-      bäuden liegen, nur schwer erreichbar sind.
sinken auch dadurch die Gewinne.               durch das Image eines Viertels gewinnen
                                               kann. Ein Ansatz ist aber auch, Gästewoh-         So soll diese Ausgabe in erster Linie Erfolgs-
Damit es aber soweit nicht kommt, haben        nungen einzurichten, die den Leerstand            beispiele darstellen und damit ein Heft des
professionelle Wohnungsunternehmen ein         teilweise auffangen.                              Mutmachens sein. Den Leerstand von 14
ganzes Bündel von Ansätzen, um den Leer-                                                         Prozent auf drei Prozent bringen? Das geht.
stand abzubauen. Dieses reicht von einem       Über all diese Ansätze berichtet die aktu-        So geschehen in Werdohl (siehe Seite 7).
Wechsel des Marketings bis hin zu großen       elle Ausgabe des VerbandsMagazins. In
Umstrukturierungen des Bestands mit Abriss     Rheinland-Pfalz kümmert sich mit Blick auf
und Ersatzneubau, Fördermitteln aus dem        die Stadtentwicklung auch die Entwicklungs-
Stadtumbau und ähnliches.                      agentur um das Thema. Ihre Herangehens-

                                                                                                                      12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
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6      Schwerpunkt

    Statistik

    Hier herrscht der größte Leerstand bei den Verbandsmitgliedern

  D
             ie Leerstandsquote der Mitglieds-                   Diese Zahlen beziehen sich auf alle nicht ver-       berg und der ehemalige Regierungsbezirk
             unternehmen im Verbandsgebiet                       mieteten Wohnungen, egal ob diese wegen              Koblenz die höchste diesbezügliche Leer-
             schwankt beträchtlich. Das zeigt                    einer baldigen Modernisierung, eines be-             standsquote aufweisen.
    sich bereits bei einer Analyse der Jahres­                   vorstehenden Abrisses, eines Verkaufs oder
    statistik auf Regierungsbezirksebene.                        Mieterwechsels leer stehen. Von Interesse            Der Leerstand kann vielfältige Gründe
    Während im Regierungsbezirk Kassel ge-                       sind natürlich vor allem die Wohnungen,              haben – von fehlenden Wohnungsquali-
    rade einmal 1,7 Prozent aller Wohnungen                      bei denen Vermietungsschwierigkeiten zum             täten bis hin zum strukturellen Leerstand
    leer stehen, sind es im Regierungsbezirk                     Ausbleiben von Mietzahlungen führen. Hier            aufgrund schwindender Bevölkerungs­
    Arnsberg knapp 4,6 Prozent. Lokal gibt                       fällt auf, dass der Regierungsbezirk Arns-           zahlen.
    es darüber hinaus natürlich noch einmal
    deutliche Unterschiede.

                                                                 Münster

                                                                                                      1,40 %
                                                                   1,33 %
                                                                                                 47.179
                                                                94.717
                               Düsseldorf                                                             Detmold

                                                                         Arnsberg
                                              1,18 %
                                          254.166
                                                                                      1,55 %              Kassel

                                                                                   203.403
                                                                                                                        0,66 %
                                                                                                                     11.135
                                   Köln
                                                       0,31 %
                                                    150.998
                                                                                                0,11 %      Gießen
                                                                                             23.763

                                                                    2,10 %
                                                                14.666                            0,34 %
                                           0,11 %                                              221.841
                                                              Koblenz
                                      3.750
                                                                                             Darmstadt
                                           Trier

                                                                           Mainz                                              Eigener Wohnungsbestand*

                                                                                                                              Leerstandsquote wegen
                                                                                                                              Vermietungsschwierigkeiten
                                                                             0,83 %
                                                                         56.574
                                                                                                                              *ohne LEG bzw. Nassauische Heimstätte

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Leerstandsmanagement 7

Erfahrungsbericht von Ingo Wöste, Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Werdohl GmbH

Von 14 Prozent auf drei Prozent
Leerstand
2006 war die Wohnungsgesellschaft Wer-         Nachfrageverlust an gleichartigen Woh-         Neubauten gekennzeichnet waren, konnten
dohl GmbH in einer schwierigen Situation:      nungsbeständen voll niederschlug. Folge für    nur mit erheblichen finanziellen Anstren-
14 Prozent der Wohnungen standen leer.         die Woge war im Jahr 2006 ein Höchststand      gungen der Woge realisiert werden. Als be-
Inzwischen hat das Wohnungsunterneh-           des Leerstandes von rund 14 Prozent des        sonderes Wohnungsangebot für betagte und
men die Trendumkehr geschafft. Doch            eigenen Wohnungsbestandes, der zu der Zeit     hochbetage Menschen ist unser im Jahr 2007
dazu brauchte es weit mehr als eine einzel-    noch 1.660 Einheiten umfasste.
ne Maßnahme, wie Geschäftsführer Ingo
Wöste in seinem Gastbeitrag berichtet.         Eines war klar, so konnte das auf jeden Fall
                                               nicht weiter gehen. Nur, was sollte getan
Im Grunde suchen wir auf komplexe Fra-         werden?
gen immer eine einfache Antwort. So auch
beim Thema „Vermeidung und Abbau von           Als Grundlage für weitere Entscheidun-
Wohnungsleerständen“. Vorab kann schon         gen führte zeitnah ein externer Berater ei-
festgestellt werden, dass es hierzu keine      ne grundlegende Portfolioanalyse durch,
einfache Antwort gibt und wenn es sie geben    um sich außerhalb des Bauchgefühls ein
sollte, diese nicht zum gewünschten Erfolg     detailliertes Bild von dem eigenen Woh-
führen wird.                                   nungsbestand machen zu können. Schließ-
                                               lich wurden Kundenzielgruppen wie ein-
Aber jetzt zuerst die Ausgangslage: Werdohl,   kommensschwache und -starke Haushalte,
eine Kleinstadt im Sauerland, hatte im Jahr    Singles, Familien oder betagte Menschen
2000 rund 20.000 Einwohner und musste sich     definiert. Für diese Zielgruppen sind spe-
schon damals verstärkt mit den gravierenden    ziell zugeschnittene Wohnungsangebote
wohnungswirtschaftlichen Auswirkungen          entwickelt worden. Die zu erstellenden Woh-
der demografischen Entwicklung „Wir wer-       nungsmarktprodukte, die im Wesentlichen
den weniger, älter und bunter“ auseinan-       durch umfangreiche energetische Moderni-
dersetzen, was sich in unserer Wohnungs-       sierungen, erhebliche Investitionen in den
gesellschaft Werdohl GmbH (Woge) durch         Wohnungen, Wohnumfeldverbesserungen
überflüssige, umbaubedürftige und einem        und Erstellung von öffentlich geförderten      Ingo Wöste
                                                                                                                                             >>

                                                                                                                 12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
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8      Schwerpunkt

                                                                                                                                     Foto: Wohnungsgesellschaft Werdohl GmbH
Der Abriss von ganzen Häusern gehörte in Werdohl zum Konzept dazu.

errichtetes erstes Nachbarschaftshilfezen­       nachvollzogen werden, führt das schnell zu   wurden ausgiebig besprochen und brachten
trum im Werdohler Stadtteil Ütterlingsen         einer inneren Motivationskündigung.          die nötige Transparenz für die vorgenomme-
hervorzuheben, das sich an dem so ge-                                                         nen Umstrukturierungen.
nannten „Bielefelder Modell“ orientiert. Im      Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, fährt
Wesent­lichen wird dort ein möglichst langes     das gesamte Personal seit 2006 einmal im     Die Umsetzung eines PR- und Marketing-
eigenständiges Leben in der eigenen Woh-         Jahr mit einem Kommunikationstrainer zu      konzeptes, unter anderem mit der Einfüh-
nung unterstützt. Im Jahr 2010 eröffnete das     einem zweitägigen Seminar. Themen wie        rung von pfiffigen Vermietungsaktionen
zweite Zentrum im Ortsteil Pungelscheid.                                                      wie dem Windelbonus, eines neuen Lo-
                                                 • Markt, Wettbewerb und Zukunftsaus-         gos, der konsequenten Realisierung auf
So weit so gut. Aber damit war noch lan-           sichten = Unternehmen zum Immo­            allen Kommunikationsebenen, eines aktiv
ge nicht alles erledigt. Die Woge wandelte         biliendienstleister umbauen,               gelebten Unternehmensleitspruchs „Wir
sich aufgrund des großen Handlungsdrucks         • Ausbau der Vertriebsorientierung und       geben Ihrem Zuhause ein Gesicht“, einer
konsequent und sehr zügig von einem klas-          des Forderungsmanagements,                 komplett neuen Homepage, die an zwei
sischen Wohnungsverwalter zu einem ver-          • anonyme Mitarbeiterbefragung =             Wettbewerben teilnahm und auch beide
triebsorientierten Immobiliendienstleister.        interne Zusammenarbeit optimieren,         Male prämiert wurde, flankierte die neue
Stellt sich nur die Frage, wie auf solche Pro-   • Unternehmensleitbild von den Mitarbei-     Unternehmensphilosophie und rundete das
zesse eigentlich die Mitarbeiter des Woh-          tern entwickelt und mit Geschäftsfüh-      Gesamtpaket ab.
nungsunternehmens reagieren, die sich              rung und Aufsichtsrat abgestimmt,
oftmals ausschließlich als Profis im Woh-        • Mietrückstände erfolgreich abbauen –       Damit waren die internen Hausaufgaben
nungsverwalten verstanden. Das Problem:            eine gemeinsame Aufgabe in unserer         der Woge im weitesten Sinne angestoßen
Wenn die Mitarbeiter nicht den Weg der             Woge-Werdohl,                              und auch erfolgreich umgesetzt worden.
Unternehmensleitung mitgehen möchten,            • innehalten und vorausschauen – Enwick-     Aber was ist mit der Stadtentwicklung ins-
weil die Gründe für die weitreichende Verän-       lungen im Unternehmen und in der per-      gesamt? Der Wohnstandort Werdohl ver-
derung der Unternehmensphilosophie nicht           sönlichen Situation des Mitarbeiters       fügte über ein schlechtes Image und nach

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Leerstandsmanagement 9

                                                                                                     Kontakt >>

                                                                                                Ingo Wöste
                                                                                                Wohnungsgesellschaft Werdohl GmbH
                                                                                                Dammstraße 11
                                                                                                58791 Werdohl
                                                                                                Tel.: 02392 5071018
                                                                                                Fax: 02392 5071026
                                                                                                woeste@woge-werdohl.de
                                                                                                www.woge-werdohl.de

der Devise „Wo ich nicht leben möchte, da      von „Stadtumbau West“-Mitteln eine große       rissen und für rund sechs Millionen Euro ein
wohne ich auch nicht!“ reicht es eben nicht    Chance auf, überhaupt noch kommunale           neuer Vollsortimenter errichtet wird.
aus, nur die Weichen im Unternehmen            Investitionsmittel auslösen zu können. Das
kundenorientiert neu zu stellen. Allein        in den Jahren 2008 und 2009 von vielen         Mit der dargestellten konsequenten Um-
dadurch kann ein nachhaltiger Erfolg eines     Akteuren der Stadt Werdohl erarbeitete         strukturierung und Förderung des internen
Wohnungsunternehmens nicht erreicht            Stadtentwicklungskonzept endete letzt-         und externen Unternehmensbildes ent­
werden. Daher ist es nachvollziehbar, dass     endlich in einem abgegrenzten Gebiet mit       wickelt sich die Woge immer mehr zum
der Woge-Geschäftsleitung in Personal-         städtebaulichem Handlungsbedarf.               angestrebten umfassenden Immobilien­
union auch im Herbst 2008 die Leitung der                                                     dienstleister. Trotz einiger Portfoliobereini-
Werdohler Stadtmarketing GmbH übertra-         Als teilräumlicher Bereich wurden der süd-     gungen, zum Beispiel durch den Verkauf von
gen wurde. Seit diesem Zeitpunkt zieht die     liche Teil der Innenstadt inklusive Bahn-      110 Wohnungen in einem extremen Stadt-
Woge zusammen mit dem Stadtmarketing           hofsviertel und der Stadtteil Ütterlingsen     randgebiet, bei denen ein rund 50-prozen-
buchstäblich an einem Strang. In einer         festgelegt, wo die Woge über rund 750          tiger Wohnungsleerstand vorlag, und einem
Zeit, wo sich große Immobilienanbieter, die    Wohnungen verfügt. Das ist rund die Hälf-      bisher vorgenommen Abriss in Ütterlingsen
auch über zahlreiche Wohnungsbestände          te ihres Gesamtwohnungsbestandes. Der          von 36 Einheiten mit anschließender Errich-
in Werdohl verfügen, immer mehr aus der        Werdohler Stadtrat beantragte im Herbst        tung eines Ersatzneubaus, sind von den im
flächendeckenden Kundenbetreuung ver-          2009 für unterschiedliche städtebauliche       Jahr 2006 über 210 Wohnungsleerständen
abschieden, bringt sich das Team der Woge      Maßnahmen mehr als zehn Millionen Euro         mehr als 100 neu wieder am Werdohler
antizyklisch und öffentlichkeitswirksam        Fördermittel über „Stadtumbau West“, die       Wohnungsmarkt platziert worden.
aktiv bei zahlreichen Veranstaltungen in       zu einem nicht unerheblichen Teil auch für
der Stadt mit ein.                             die Woge vorgesehen sind. In Ütterlingsen      Bezogen auf den jetzigen Wohnungsbe-
                                               kommen von Rückbaumaßnahmen mit                stand von rund 1.500 Einheiten, konnte
War aber die große Aufgabe der Imagever-       anschließender Nachnutzung bis zu ei-          der Wohnungsleerstand auf drei Prozent
besserung allein durch das Stadtmarketing      ner Schulhofsanierung, über einen Abriss       gedrückt und auch bis zum Jahr 2012 auf
lösbar? Aus gesellschaftspolitischer Sicht     eines leer stehenden, maroden Schulge-         diesem niedrigen Niveau gehalten werden.
durchaus, allerdings verfügt das Stadtmar-     bäudes und der Förderung einer Quartiers-      Und das, obwohl bis zum Ende 2012 nur
keting bei Weitem nicht über die finan-        managerin Fördermittel zum Einsatz. In         noch rund 17.000 Einwohner in der Stadt
ziellen Ressourcen, um gerade die ange-        der Innenstadt werden unter anderem das        Werdohl leben. Für das Unternehmen be-
häuften baulichen Defizite in der Stadt nur    historische Bahnhofsgebäude, ein großer        deutet das gegenüber dem Jahresergebnis
ansatzweise lösen zu können. Daher suchte      Innenstadtplatz und auch große Teile der       2005, dass für das Geschäftsjahr 2011 eine
die Woge in Zusammenarbeit mit der Wer-        Lenneflusspromenade erneuert. Dass auch        Ergebnisverbesserung des operativen Ge-
dohler Stadtverwaltung nach geeigneten         noch gleichzeitig Fördermittel des laufen-     schäfts um etwa eine Million Euro erzielt
Instrumenten, um hauptsächlich die bau-        den Landesprojektes „Regionale Südwest-        werden konnte.
lichen Problemstellungen in den Griff zu       falen 2013“ nach Werdohl fließen und den
bekommen. Als ein geeignetes Mittel stellte    gesamten Wandlungsprozess noch unter-          Das untermauert eindruckvoll den Erfolg
sich letztendlich das Förderprogramm           stützen, ist für die Stadt ein großes Glück.   der eingeschlagenen Unternehmensstra­
„Stadtumbau West“ heraus. Für die Stadt        Das geschaffene positive Investitionsklima     tegie. Die Frage, ob es auf eine komplexe
Werdohl, die kurz vor der Überschuldung        animiert zusätzlich weitere private Investo-   Problemstellung eine einfache Antwort gibt,
steht und diese wahrscheinlich im Jahr 2013    ren. Hinzu kommt, dass im Bahnhofsviertel      dürfte damit ausreichend begründet und
erreichen wird, tat sich mit der Beantragung   endlich eine große Schrottimmobilie abge-      beantwortet sein.

                                                                                                                   12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
10       Schwerpunkt

   Mit gezielten Werbekampagnen
   neue Zielgruppen ansprechen
   Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt, Frankfurt >> Ein Ansatz, um die
   Vermietung leer stehender Wohnungen anzukurbeln, ist die Suche nach neuen Zielgruppen.
   Diese werden dann mit gezielten Werbekampagnen bedient. Ein aktuelles Beispiel bietet die
   Nassauische Heimstätte in Hirschhorn.

   In der Universitätsstadt Heidelberg ist der

                                                                                                                                              Quelle: FuP Kommunikation
   Wohnraum traditionell knapp. Vor Semes-
   terbeginn sind die wenigen freien Plätze
   in WGs und Studentenwohnheimen heiß
   begehrt und schnell vergeben. Dass es im
   nur 15 Kilometer entfernten Hirschhorn
   dagegen leer stehende Wohnungen gibt,
   weiß kaum einer der Wohnungssuchen-
   den. Um die jungen Menschen auf die
   Vorzüge des Wohnens in der südhessi-
   schen Kleinstadt aufmerksam zu machen,
   hat die Unternehmensgruppe Nassauische
   Heimstätte/Wohnstadt zusammen mit der
   Fachagentur FuP Marketing und Kommu-
   nikation 2012 eine gezielte Werbekam­
   pagne entwickelt.

   „Wer eine neue Zielgruppe ansprechen
   möchte, dem helfen aussagekräftige
   Bilder, die eine Botschaft klar und di-
   rekt transportieren“, erklärt Detlef Hans
   Franke, Geschäftsführer von FuP Mar-           Eye-Catcher: Großformatige Plakate in der Heidelberger Innenstadt sorgten für die nötige
   keting und Kommunikation. Zentraler            Aufmerksamkeit
   Bestandteil der Werbekampagne waren
   daher großformatige Plakate, am Haupt-
   bahnhof und in Uni-Nähe platziert. Das         terticket gab es zur neuen Wohnung gleich       steht: „Die demografische Entwicklung
   Motiv: Ein junger Mann mit Fernglas, auf       mit dazu. Genauere Informationen zum            macht auch vor der Wohnungsbranche
   der Jagd nach der „Beute“ Wohnung. An          Wohnungsangebot konnten Interessierte auf       nicht Halt. Innovative Wohnformen wie
   der Wand im Hintergrund ein Geweih, das        der Internetseite der Unternehmensgruppe        Mehrgenerationenhäuser und Senioren-
   auf originelle Weise Bezug auf den Namen       abrufen– per QR-Code auch direkt über das       WGs werden in den kommenden Jahren
   Hirschhorn nimmt und augenzwinkernd            Smartphone. Ebenfalls wichtiger Bestandteil     noch mehr an Bedeutung gewinnen“, so
   die Ästhetik eines bekannten Kräuterlikörs     der Kampagne: Die Einbeziehung lokaler          Franke weiter. Wohnungen, die schon
   zitiert.                                       Multiplikatoren, in diesem Fall des Heidel-     über einen längeren Zeitraum leer stehen,
                                                  berger Studentenwerks. In Absprache mit         könnten so für eine alternative Nutzung
   Der Kampagne-Slogan harmonierte mit            diesem wurden Plakate ausgehängt und            in Betracht gezogen und entsprechend

                                                                                                    ––
   der gewählten Bildsprache und war eben-        Flyer an der Uni verteilt.                      beworben werden.
   falls direkt auf die junge Zielgruppe ausge-
   richtet: „Kein Zimmer in Sicht? Ich werd‘      „Die Gewinnung neuer Zielgruppen stellt                Weitere interessante Inhalte unter
   Hirschhorner!“. Zusätzlich verdeutlichte       für Wohnungsunternehmen eine große                     www.nh-projektstadt.de
   das Plakat die gute Bahnverbindung zwi-        Chance dar“, prognostiziert Franke. Dabei
   schen Hirschhorn und Heidelberg. Weite-        muss es sich nicht zwangsläufig um eine
   rer Bonus für die Studenten: Das Semes-        jüngere Zielgruppe handeln, die im Fokus

12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
Leerstandsmanagement 11

Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V.

Tatort Leere: dem Leerstand auf der Spur
In Rheinland-Pfalz widmet sich auch die

                                                                                                                                                 Foto: Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V.
Entwicklungsagentur, ein Joint Venture
von Landesregierung und Technischen
Universität Kaiserslautern, dem Thema
Leerstand. Sie will Lösungen aufzeigen und
richtet sich vor allem an Einzeleigentümer,
aber auch an Politik und Verwaltung –
aktuell mit einer Wanderausstellung und
dem Projekt „Leerstandslotsen“.

Der Gebäudeleerstand in Rheinland-Pfalz
nimmt zu. Er beeinträchtigt nicht nur das
Ortsbild vieler Gemeinden, sondern hat auch
für immer mehr Menschen ganz persönliche
Konsequenzen: Viele Eigenheime verlieren
an Wert, die Nahversorgung wird ausge-
dünnt und das soziale und kulturelle Leben
ermüdet. Der Umgang mit leer stehenden
Immobilien stellt künftig eine der größten
Herausforderungen für die rheinland-pfäl-
zischen Kommunen dar.                           Fähnchen in der Ausstellung markieren leerstehende Objekte.

Die Wanderausstellung „Tatort_Leere“
Die Entwicklungsagentur greift mit der Aus-     sowohl Kommunalpolitiker und Verwal-            unternehmen. Diese anspruchsvolle Auf-
stellung „Tatort_Leere“ den Ansatz der um-      tungsmitarbeiter als auch die betroffenen       gabe verlangt viel Engagement. Mit dem
fassenden Aufklärung über die Konsequen-        Bürger. Bei der Auswahl der Fachbeiträge        Modellprojekt „Leerstandslotsen“ der Ent-
zen des „Nichtstuns“ und die notwendigen        wird besonderer Wert auf die Vermittlung        wicklungsagentur folgt seit Herbst 2012 die
Handlungsmöglichkeiten zur Leerstands-          von Handlungsempfehlungen und Gute-             Erprobung eines konkreten Handlungsan-
bewältigung auf. Die Wanderausstellung          Praxis-Beispielen gelegt.                       satzes in zwei Testregionen in Rheinland-
verwandelte im Jahr 2012 in verschiedenen                                                       Pfalz. Der Leerstandslotse soll zukünftig in
Regionen des Landes Rheinland-Pfalz für         Die vielen Gespräche vor Ort sowie die Me-      kleinen, ehrenamtlich geführten Gemeinden
jeweils ein Wochenende leer stehende Ge-        dienresonanz machen deutlich, dass die          (bis 3.000 Einwohner) die Aufgabe über-
bäude in lebendige Orte des fachlichen und      Bevölkerung Leerstand schon heute als gro-      nehmen, Eigentümer von Leerständen an-
kulturellen Dialogs. Die Ausstellung sensibi-   ßes Problem wahrnimmt und sich für das          zusprechen und mit ihnen Lösungsansät-
lisiert und macht den Besuchern Mut, sich       Thema – insbesondere für die Entwicklung        ze zu finden. In persönlichen Gesprächen
der Leerstandsbewältigung anzunehmen.           einzelner prägender Gebäude – interessiert.     soll er auf die individuellen Probleme und
Mit Tape-Art-Kunst und kulturellen Bei-         Meistens wird jedoch kein Ausweg aus der        Bedürfnisse des Hausbesitzers eingehen
trägen werden Informationen zum Thema           Negativentwicklung gesehen. Bei den kom-        und Vertrauen schaffen für weitere Aktivie-
Gebäudeleerstand kreativ inszeniert und         munalpolitischen Entscheidungsträgern ist       rungsschritte (zum Beispiel Renovierung,
unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen          das Thema ebenfalls angekommen, wobei           Energieberatung). In Leerstandsseminaren
angesprochen.                                   ein sehr hoher Informationsbedarf besteht.      haben sich bislang in der Südpfalz und im
                                                Einige Gemeinden unternehmen bereits un-        Landkreis Neuwied schon über 40 Personen
Die Ausstellung setzt auf eine Kombination      terschiedlichste Versuche zur Verbesserung      die notwendigen Kenntnisse angeeignet. Der
von Emotionalisierung, Information und          der Situation. Andere dagegen stehen erst am    Abbau von Hürden bei der Nachnutzung
Aktivierung der Besucher, die dort auch ihre    Anfang. Hier konnte die Wanderausstellung       leer stehender Immobilien ist gleichzeitig
persönlichen Anregungen und Ideen zur Be-       wichtige Impulse setzen. Wichtig ist nun, die   besonders wichtig, um den theoretischen
wältigung von Leerständen vor Ort einbrin-      vor Ort angestoßene Diskussion weiterzu-        Ansatz „Innen- vor Außenentwicklung“ in
gen können. Die Ausstellungswochenenden         führen und die Bürger in den kommenden          die Praxis umzusetzen.
starten jeweils mit einem Fachsymposium,        Gestaltungsprozess mit einzubeziehen.
wobei der inhaltliche Schwerpunkt die ört-                                                      Im Jahr 2013 wird die Entwicklungsagentur
liche Problematik im Fokus hat (zum Bei-        Damit sich an der Situation vor Ort tatsäch-    Rheinland-Pfalz ihre Aktivitäten in diesem

                                                                                                 ––
spiel Einzelhandelsleerstand in Klein- und      lich etwas ändern kann, müssen zudem ver-       wichtigen Zukunftsthema intensivieren.
Mittelzentren, Wohnimmobilienleerstand          stärkt Eigentümer von Immobilien aktiviert
in ländlichen Räumen). Zielgruppen sind         werden, etwas gegen ihren Leerstand zu                Homepage: www.ea.rlp.de

                                                                                                                     12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
12       Schwerpunkt

                                                  interview >> mit Christoph Beutekamp, Geschäftsführer der Gewobag Hofgeismar eG

                                                  Mit Portfoliomanagement und
                                                  Gästewohnungen gegen den
                                                  Leerstand
   Christoph Beutekamp

        VM: Ihr Unternehmen verfügt auch               VM: Würden Sie sagen, dass das              sechs möblierte Gästewohnungen in Bad
        über Wohnungen in einem Teil                   beste Mittel gegen Leerstand die            Karlshafen buchen, unsere Mitglieder bei
        Nordhessens, der von Bevölke-                  stetige Modernisierung ist?                 anderen Genossenschaften, etwa in Ham-
        rungsrückgang geprägt ist. Mit wie        Christoph Beutekamp: Grundsätzlich stim-         burg, Berlin und Luzern.
        viel Leerstand haben Sie dort zu          me ich dem zu. Bei der Entscheidung zur Mo-
        kämpfen?                                  dernisierung muss aber die strukturelle Situa-       VM: Und mit dem Konzept haben
   Christoph Beutekamp: Für Nordhessen            tion des jeweiligen Standortes berücksichtigt        Sie Erfolg?
   wird allgemein ein Bevölkerungsrückgang        werden. In Standorten mit guter Nachfrage        Christoph Beutekamp: Für uns ist das ein
   prognostiziert, ewartet werden zehn Pro-       werden die Wohnungen bei Mieterwechsel           sehr großer Erfolg, ansonsten stünden die
   zent bis zum Jahr 2020. In einigen struktur-   grundsätzlich modernisiert und möglichst         Wohnungen ja leer. Außerdem ist es ein
   schwachen Regionen haben wir einen sehr        barrierearm gestaltet. Hiermit gewährleisten     Service für unsere Mitglieder, die die Gäste-
   hohen Leerstand, in Bad Karlshafen liegt       wir die Nutzungsmöglichkeiten für verschie-      wohnungen der anderen Genossenschaften
   er seit etwa 15 Jahren bei etwa 20 Prozent.    denste Zielgruppen. An strukturschwachen         nutzen können. Der GäWoRing gibt sogar
   Im gesamten Bestand hatten wir vor zehn        Standorten mit geringer Nachfrage haben          einen Reisekatalog heraus. Wir verzeichnen
   Jahren noch einen Leerstand von durch-         wir beispielsweise einige Wohnungen im           jährlich über 700 Übernachtungen. Ich
   schnittlich acht Prozent, momentan liegt       Dachgeschoss zurückgebaut und aus der Ver-       denke, das spricht für unseren Erfolg.
   die Leerstandsquote bei etwa drei Prozent.     mietung herausgenommen. In den übrigen
                                                  Geschosslagen bieten wir für Interessenten            VM: Der Ansatz mit Gästewoh-
        VM: Wie haben Sie den Leerstand           modernisierte Wohnungen an. Sollte durch              nungen funktioniert vermutlich
        abgebaut?                                 Auszug mehrerer Bestandsmieter ein gesam-             eher in touristisch attraktiven
   Christoph Beutekamp: Wir haben uns             tes Gebäude in unattraktiver Lage leerstehen,         Landstrichen, oder?
   eine ganz neue Corporate Identity gegeben      denken wir auch über Rückbau nach.               Christoph Beutekamp: Wir haben bei der
   und mit einem Marketingkonzept neue                                                             Auswahl unserer Gästewohnungen darauf
   Zielgruppen, vor allem junge Menschen                VM: Um den Leerstand abzubauen,            geachtet, dass sich diese in landschaftlich
   und Familien erschlossen. Durch die Teil-            betreiben Sie gemeinsam mit anderen        attraktiven Regionen befinden. Wir kön-
   nahme an Messen und Veranstaltungen                  Wohnungsunternehmen einen Gäste-           nen feststellen, dass wir auch in struktur-
   haben wir Präsenz in der Öffentlichkeit              wohnungsring, den GäWoRing. Wie            schwachen Regionen positive Übernach-
   gezeigt und unseren Bekanntheitsgrad                 genau funktioniert der?                    tungszahlen haben. Im GäWoRing ist für
   dadurch gesteigert. Die Nutzung neuer          Christoph Beutekamp: Vor zehn Jahren ha-         jedes Mitglied etwas dabei.
   Medien, die Neugestaltung der Website in       ben wir uns gefragt, wie wir die Urlaubsqua-
   Verbindung mit Facebook hat den Zugang         lität des Kurorts Bad Karlshafen dazu nutzen          VM: Gibt es ein Patentrezept gegen
   besonders für junge Menschen zu unserer        können, den hohen Leerstand abzubauen.                Leerstand?
   Wohnungsgenossenschaft erleichtert.            Wir haben Wohnungsgenossenschaften in            Christoph Beutekamp: Nein. Zum einen
   Abbau von Leerstand bedeutet für mich          Hamburg, Berlin und in anderen Großstäd-         muss jeder Standort einzeln betrachtet
   auch die Vermeidung von Leerstand durch        ten angeschrieben, ob sie unsere leer stehen-    werden, zum anderen ist es die Vielzahl
   die kontinuierliche Pflege und Bindung         den Wohnungen als Ferienwohnungen an-            der Einflussfaktoren auf die Vermietungs-
   unserer Mitglieder. Als eine Möglichkeit       mieten wollen. Daraus ist der GäWoRing mit       situation, die den Erfolg der verschiedenen
   hierfür sehen wir in der Gründung eines        inzwischen 17 Standorten in Deutschland          Handlungsmöglichkeiten bestimmt. Nie-
   Nachbarschaftshilfeprojektes, das wir im       und in der Schweiz entstanden. Mitglieder        mand weiß genau, wie sich die Nachfrage
   Jahr 2011 initiiert haben.                     anderer Genossenschaften können bei uns          in den nächsten Jahren entwickelt.

12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
Leerstandsmanagement 13

                                               	Gastbeitrag >> von Matthias Kliefoth Creative.NRW,
                                                Cluster Kultur- und Kreativwirtschaft

                                                 Zur kreativen Zwischennutzung:
                                                 „Geld allein macht nicht
                                                 glücklich“
Matthias Kliefoth

Z
        wischennutzungen durch Kreative          kann es bis Ende 2014 bleiben. Maßgeblich       Straßenzüge, noch, dass bereits bei Ein-
        erfahren mehr und mehr Akzeptanz         für die Suche sei sogar gewesen, dass auch      zug der Zwischennutzer die potenzielle
        in der Immobilienwirtschaft. Die         das neue Gebäude lediglich eine temporäre       Wertsteigerung der Immobilie alleinig im
temporären Lösungen reduzieren hartnä-           Lösung darstelle. Unternehmen, die am alten     Vordergrund stehen sollte. Ob das Projekt
ckigen Leerstand, im besten Fall zugunsten       Standort durchstarteten, waren nach ein         Utopiastadt oder die Gasmotorenfabrik,
einer langfristigen Imageaufwertung. Doch        paar Jahren flügge geworden.                    sie alle zeigen, dass die Kreativwirtschaft
wie tickt der Kreative als ernstzunehmen-                                                        nicht nur aufgrund ihrer wirtschaftlichen
der Mieter überhaupt? Laut einer Studie          Platz für derartige Lösungen gibt es genug      Stärke ein ernstzunehmender Partner ist.
von CREATIVE.NRW, dem Sprachrohr der             in NRW. Allein in Köln stehen 49.000 Qua-       Die Kreativwirtschaft testet neue Raum-
Kultur- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-      dratmeter Fläche an städtischen Gebäuden        szenarien „von unten“ und bringt das nö-
Westfalen, fehlt es in der Kreativwirtschaft     leer. Auch Dortmund beklagt einen um 12         tige Wissen um die DNA der Gebäude und
landauf, landab an günstigem und tempo-          Prozent gestiegenen Anteil an leer stehen-      Quartiere mit. Hierbei ist das Kapital der
rär nutzbaren Raum für kurzfristig ange-         den City-Immobilien und blickt man auf das      kreativen Zwischennutzer ihr Ideenreich-
legte Projektarbeit, Filmdrehs oder mehr-        gesamte Ruhrgebiet so prognostiziert die        tum. Oftmals abgestempelt als Nutznießer
wöchige Ausstellungen. Dabei möchten             Bertelsmann-Stiftung einen Bevölkerungs-        oder gar Mietnomaden leisten Kreative da-
Kreative nicht als Durchlauferhitzer für die     rückgang um über 300.000 Menschen bis           mit letztlich einen erheblichen Beitrag zur
Prozesse städtischer Standortoptimierung         2025. Im Umkehrschluss wird der Leerstand       langfristigen Entwicklung von Standorten.
ausgenutzt werden.                               weiter zunehmen, ebenso wie die Nachfrage       Sie schließen Wissenslücken von Immo-
                                                 nach flexiblen Arbeitsmodellen und -räumen.     bilienwirtschaft, Städten und Gemeinden
Beim Blick in das Hofareal der ehemaligen                                                        durch ihre oftmals verkannte Planungs-
Gasmotorenfabrik in Köln-Deutz kommt             Zwischennutzungsmodelle bieten für diese        kompetenz. Durch transparentere Inst-
Nostalgie auf. Der morbide Charme still-         sich wandelnden Bedürfnisse ideale Grund-       rumente der Flächenvermarktung, mehr
gelegter Garagen und epochaler Fabrik-           voraussetzungen und gleichzeitig Chancen        Vertrauen gegenüber der wirtschaftlichen
hallen weckt Erinnerungen. Hier wurde In-        für strukturschwache und leblose Quatie-        Relevanz kreativer Raumnutzungsformen
dustriegeschichte geschrieben. Doch auch         re. Eine Win-win-Situation? Grundsätzlich       und vor allem mehr Neugier gegenüber
heute geht es nicht minder innovativ zu auf      schon, nur müssen Politik und Immobili-         ungewöhnlichen Nutzungsmodellen kann
dem Areal der ehemaligen Deutz AG. Im            enwirtschaft erkennen, dass es hierbei nicht    die Immobilienwirtschaft einen starken
Coworkingspace Gasmotorenfabrik e.V.             um ad hoc und von oben aufgesetzte Pro-         Partner hinzugewinnen und somit unter
finden 35 Kreative Platz auf 150 Quadrat-        gramme geht, weder um schnelle kosme-           wirtschaftlich relevanten Bedingungen
metern. Das Konzept Zwischennutzung              tische Korrekturen heruntergekommener           Lebensraum nachhaltig mitgestalten.
funktioniert in Deutz. Entstanden ist ein
Ökosystem für kreative Wissensarbeiter,
Online-Start-Ups und Freelancer. Sie ar-           Die kommenden Schwerpunkte
beiten zusammen unter kosteneffizienten
Bedingungen und hauchen der Immo-                  Wohnungsmarktanalysen stehen im Fokus         Kontakt:
bilie neues Leben ein. Auch Utopiastadt            der ersten Ausgabe des neuen Jahres des
auf dem Gelände des ehemaligen Mirker              VerbandsMagazins. Welche Analysen gibt        Andreas Gröhbühl
Bahnhofs in Wuppertal zeigt, wie durch             es? Was macht eine gute Studie aus?           Goltsteinstraße 29
alternative Nutzungskonzepte der Kreativ-                                                        40211 Düsseldorf
wirtschaft Räume nachhaltig transformiert          Die März-Ausgabe widmet sich dem Glas-        Tel.: 0211 16998-94
werden können und das Kreativzentrum               faserausbau. Im April wird das Thema          Fax: 0211 16998-50
K1 (ehem. V16) hat bereits einen Umzug             Mieterzufrieden­heitsanalysen behandelt.      Mobil: 0173 6342350
vom alten Bauamt ins ehemalige Finanz-             Wie geht Ihr Unternehmen solche Studien an?   E-Mail: a.groehbuehl@vdw-rw.de
amt Mönchengladbachs überlebt. Dort

                                                                                                                      12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
14       Aktuelles

Zweiter Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland

Bundesregierung erkennt
Wohnungsknappheit als Problem
Bundesbauminister Dr. Peter Ramsauer            Dem gegenüber steht dem Bericht zufol-           Der Anstieg der Baugenehmigungen um
hat am 17. Oktober 2012 den zweiten             ge ein bestenfalls geringfügig gestiegenes       22 Prozent und der Baufertigstellungen um
Bericht über die Wohnungs- und Immo-            Wohnungsangebot, was zu regionalen Woh-          15 Prozent im Jahr 2011 werden die Situa-
bilienwirtschaft in Deutschland im Bun-         nungsengpässen sowie steigenden Mieten           tion auf dem Wohnungsmarkt verbessern.
deskabinett vorgelegt. Mit der Vorlage          und Preisen auf immer mehr Teilmärkten           Aber: Die Immobilienwirtschaft ist wie ein
des Berichts wird der Beschluss des Deut-       führt. Davon seien laut Bericht immer mehr       Tanker – das Umsteuern braucht seine Zeit,
schen Bundestages vom 14. April 2011            Haushalte betroffen, insbesondere Familien       bis es wirkt.“ Umso wichtiger erscheint bei
umgesetzt, regelmäßig über Situation und        mit Kindern.                                     Versorgungsengpässen und steigenden
Entwicklung der Immobilienwirtschaft                                                             Preisen die soziale Sicherung des Wohnens.
zu informieren. Erstmals erschien der                                                            „Mietwohnungen haben hier eine beson-
Bericht im Jahr 2009.                                                                            ders wichtige Versorgungsfunktion für ein-
                                                                                                 kommensschwache Haushalte und soziale
                                                                                                 Problemgruppen“, heißt es in dem Bericht.

                                                                                                 Aktuelle Zahlen des GdW Bundesverband
                                                                                                 deutscher Wohnungs- und Immobilienun-
                                                                                                 ternehmen unterstreichen die Notwendig-
                                                                                                 keit, mehr bezahlbaren Wohnraum – auch
                                                                                                 durch die soziale Wohnraumförderung – zu
                                                                                                 schaffen. Denn die Zahl der so genannten
                                                                                                 Sozialwohnungen sinkt bundesweit. Im Jahr
                                                                                                 2011 gab es bei den GdW-Unternehmen
                                                                                                 insgesamt nur noch 1.014.311 Wohnungen
                                                                                                 mit Mietpreis- oder Belegungsbindung. Das
                                                                                                 sind rund 39.100 Wohnungen weniger als
Der zweite Bericht legt seine Schwerpunkte                                                       noch 2010. „Diesem Minus stehen nur 2.627
auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der                                                       Wohnungen gegenüber, die im Jahr 2011
Immobilienwirtschaft, die aktuelle Situati-                                                      mit Mietpreis- oder Belegungsbindung,
on auf den Wohnungsmärkten und die Poli-                                                         also als ‚Sozialwohnungen‘ neu errichtet
tik der Bundesregierung zur Anpassung des                                                        wurden“, kommentierte GdW-Präsident
Wohnungsbestandes an die Erfordernisse                                                           Axel Gedaschko die Entwicklung. „Wir se-
des Klimaschutzes und des demografischen        Bundesbauminister Dr. Peter Ramsauer             hen hier dringenden Handlungsbedarf. Es
Wandels. Weitere Themenschwerpunk-                                                               gibt besonders in einigen Ballungsregionen
te sind die soziale Sicherung des Woh-                                                           schon jetzt zu wenig Wohnungen, um auch
nens und die Stärkung des selbst genutzten      Als Reaktion auf die steigende Nachfrage         sozial schwächer gestellte Menschen wei-
Wohneigentums.                                  hat nun die Wohnungsbautätigkeit wieder          terhin ausreichend versorgen zu können“,
                                                zugenommen. So sind im Jahr 2011 die             so Gedaschko. „Daher müssen einerseits
Der Bericht stellt heraus, dass die Nachfrage   Baugenehmigungen um 22 Prozent und               die Bundesmittel für die Wohnraumförde-
nach Immobilien sowohl als Anlageform als       die Baufertigstellungen um 15 Prozent an-        rung weiterhin auf hohem Niveau fließen.
auch zur Selbstnutzung wieder deutlich zu-      gestiegen. Jedoch betrifft dies nicht so stark   Andererseits müssen aber auch die Län-
nimmt. Die Gründe sieht der Bericht dafür       den Mietwohnungsbau, sondern eher den            der, die nun für diese Aufgabe originär die
zum einen bei den deutschen und interna-        Bereich der Ein- und Zweifamilienhäu-            Verantwortung tragen, diese zusätzlichen
tionalen Anlegern, die in der anhaltenden       ser im Eigentumssektor. Die Wohneigen-           Bundesmittel zweckgebunden einsetzen so-
Finanzmarktkrise verstärkt in Immobilien        tumsquote beläuft sich mittlerweile in der       wie auch in ausreichendem Umfang eigene
als Kapitalanlage investieren, zum anderen      Bundesrepublik laut Bericht auf knapp            Mittel zur Verfügung stellen.“ Sonst drohten
bei den Selbstnutzern, für die Wohneigen-       46 Prozent. Dass die steigende Bautätig-         erhebliche soziale Probleme in den Quartie-
tum in den letzten Jahren aufgrund stabiler     keit jedoch erst auf mittlere Sicht gegen        ren, bis hin zu einer sozialen Segregation.
Immobilienpreise, steigender Einkommen          die Wohnungsmarktengpässe steuern
und historisch niedriger Zinsen wieder at-      kann, sieht auch Ramsauer: „Jetzt nimmt          Auch wenn der soziale Wohnungsbau in
traktiver geworden zu sein scheint.             die Bautätigkeit wieder kräftig Fahrt auf.       der Hand der Länder liegt, bekennt sich

12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
Aktuelles 15

    Bautätigkeit und Baugenehmigungen 2000 bis 2011, Neubaubedarf 2010 bis 2015, vom BMVBS modifizierte ifo Bauvorausschätzung
    2011 bis 2015

                                                                                                                                                                            450.000
                                                                                                                                                                            400.000
                                                                                                                                                                            350.000

                                                                                                                                                                                           Anzahl Wohnungen
                                                                                                                                                                            300.000
                                                                                                                                                                            250.000
                                                                                                                                                                            200.000
                                                                                                                                                                            150.000
                                                                                                                                                                            100.000
                                                                                                                                                                             50.000
                                                                                                                                                                                     0

    2000   2001      2002     2003    2004       2005        2006    2007        2008        2009        2010        2011         2012   2013      2014        2015

                                                                           Jahre

           Baugenehmigungen          Baufertigstellungen            prognostizierter Neubaubedarf laut BBSR p. a. 2010 bis 2015            vom BMVBS modifizierte ifo Bauvorausschätzung

                                                                                                                Quelle: Statistisches Bundesamt, BBSR, ifo, Berechnungen BMVBS.

die Bundesregierung zur Verantwortung,                     518 Millionen Euro für die soziale Wohn-                               Gedaschko appellierte an die Bundesregie-
verspricht im Bericht, die Wohnungsmärkte                  raumförderung. Zudem stehen für die Jahre                              rung, nun der umfangreichen Datensamm-
mit enormen Beträgen stabil zu halten. Ne-                 2012 bis 2014 für die KfW-Programme zur                                lung Taten folgen zu lassen: „Gerade in Be-
ben Wohngeld und Übernahme der Kosten                      Gebäudesanierung jährlich 1,5 Milliarden                               reichen wie der Bezahlbarkeit des Klima-
der Unterkunft im Rahmen der Grund­                        Euro bereit. Dem Bericht zufolge ist bereits                           schutzes, aber auch der demografischen
sicherung, wofür insgesamt 17 Milliarden                   heute jede zweite neu gebaute Wohnung                                  Entwicklung und der Altschuldenhilfe
Euro bereitstehen, erhalten die Länder                     KfW-gefördert.                                                         herrscht dringender Handlungsbedarf.“

Statistisches Bundesamt

Zwischen Januar und September 2012 wurden 14 Prozent
mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern genehmigt
Von Januar bis September 2012 wurde in                     Januar bis September 2012 insgesamt                                    nen Kubikmeter. Diese Entwicklung wurde
Deutschland der Bau von 178.100 Woh-                       156.600 Neubauwohnungen genehmigt, das                                 allein von steigenden Genehmigungen für
nungen genehmigt. Wie das Statistische                     waren 6,3 Prozent mehr als im Vorjahres­                               nichtöffentliche Bauherren getragen, die um
Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das                   zeitraum. Besonders stark stieg die Zahl der                           8,8 Prozent auf 148,4 Millionen Kubikmeter
6,2 Prozent oder 10.400 Wohnungen mehr                     Baugenehmigungen von Wohnungen in                                      zunahmen.
als in den ersten neun Monaten des Jahres                  Mehrfamilienhäusern (+ 14,0 Prozent). In
2011. Damit setzt sich die seit 2010 an­                   Zweifamilienhäusern wurden 4,9 Prozent                                 Die Kommunen, die Länder und der Bund
haltende positive Entwicklung bei den                      mehr Wohnungen genehmigt. Die Geneh-                                   haben zu diesem Trend hingegen nichts bei-
Genehmigungen im Wohnungsbau fort.                         migungen von Ein­familienhäusern gingen                                getragen – im Gegenteil: Für öffentliche Bau-
                                                           dagegen leicht zurück (– 2,6 Prozent).                                 herren wurde mit 11,3 Millionen Kubikmetern
Auch die neuesten Zahlen lassen ein wenig                                                                                         9,1 Prozent weniger Bauvolumen in Nicht-
Hoffnung schöpfen, auch wenn der Trend                     Nichtwohngebäude                                                       wohngebäuden genehmigt. Bezogen auf die
alleine noch nicht ausreicht, um der Woh-                  Der umbaute Raum der genehmigten neu-                                  Gebäudeart wurde vor allem beim Bau von
nungsknappheit in den wachstumsstarken                     en Nichtwohngebäude stieg von Januar bis                               Hotels und Gaststätten ein deutlich größeres
Ballungsgebieten Herr zu werden: In Wohn-                  September 2012 gegenüber dem Vorjahres-                                Bauvolumen als im Vorjahreszeitraum ge­
gebäuden wurden deutschlandweit von                        zeitraum um 7,3 Prozent auf 159,7 Millio-                              nehmigt. 

                                                                                                                                                            12/2012–1/2013 • VerbandsMagazin
16 Aktuelles

Aus dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Evaluierung des Programms Stadtumbau-West

„Die städtebauliche Umstrukturierung wird langwierig“
Die Evaluierung des Bund-Länder-Pro-            Stellungnahme zum Evaluierungsgutachten        mache, als auch eine deutlich stärkere prä-
gramms Stadtumbau West liegt mittler-           Die Lenkungsgruppe teilt die Bewertung         ventive Funktion habe.
weile als gedruckte Broschüre des Bun-          der Gutachter, dass das Programm Stadt-
desministeriums für Verkehr, Bau und            umbau West nach sieben Jahren Laufzeit         Laut Bericht belegt die Evaluierung
Stadtentwicklung (BMVBS) vor. Nach              seine Funktion bisher erfüllt hat. Es trage    insbesondere:
sieben Jahren Programmlaufzeit sollte           in erheblichem Umfang dazu bei, dass sich      (1) Das Programm Stadtumbau West reagiert
aufgezeigt werden, inwieweit sich das Inst-     Städte und Gemeinden den grundlegenden         auf die differenzierten Auswirkungen des
rumentarium des Programms Stadtumbau            städtebaulichen Anforderungen zur Anpas-       Strukturwandels in den Ländern.
West als geeignet erweist, den städtebau­       sung und Umstrukturierung, wie sie sich aus
lichen Auswirkungen des demografischen          dem wirtschaftsstrukturellen und demogra­      (2) Das Programm wirkt als ein Leitpro-
und wirtschaftlichen Wandels wirksam zu         fischen Wandel ergeben, stellen können.        gramm der Stadtentwicklung.
begegnen und die Zukunftsfähigkeit und
Attraktivität westdeutscher Städte und                                                         (3) Das Programm hat Pionierleistungen für
Gemeinden zu stärken und zu fördern.                                                           die Städtebauförderung und Stadtentwick-
                                                                                               lung erbracht.
In Vertretung des BMVBS beauftragte das
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumfor-                                                   (4) Das Programm setzt deutliche Impulse
schung (BBSR) das Institut für Stadtplanung                                                    für private Investitionen.
und Sozialforschung Weeber+Partner und das
Deutsche Institut für Urbanistik im Jahr 2010                                                  (5) Das städtebaurechtliche Instrumentarium
mit der Evaluierung des Programms. Zur fach-                                                   hat sich grundsätzlich für Aufgaben des Stadt-
lichen Begleitung des Evaluierungsprozesses                                                    umbaus bewährt; der Umgang mit verwahr-
berief das BMVBS im Juni 2010 eine Lenkungs-                                                   losten Immobilien oder Brachen gestaltet sich
gruppe. Sie setzte sich zusammen aus Ver-                                                      für die betroffenen Kommunen oft aufwändig.
tretern von Bund, Ländern und Gemeinden,
der kommunalen Spitzenverbände, der Woh-                                                       (6) Der Umbauprozess ist in vielen Städten
nungs- und Immobilienwirtschaft, von Finanz-                                                   erfolgreich gestartet. Es gilt ihn mit verstärk-
wirtschaft, Projektentwicklung, Verbänden                                                      ter Kraft und Energie fortzusetzen. Nach den
und Wissenschaft. Die Lenkungsgruppe hatte      Profilgebend sei, dass das Programm Stadt-     Befunden des Gutachtens und Einschätzung
unter anderem den Auftrag, Empfehlungen für     umbau West sowohl die Beseitigung von vor-     der Lenkungsgruppe sind die Städte und
die Fortführung und Weiterentwicklung des       handenem Gebäudeleerstand und Brachen          Gemeinden erst am Anfang einer langwie­
Programms nach 2011 vorzulegen.                 sowie entsprechende Anpassungen möglich        rigen städtebaulichen Umstrukturierung.

   Neue Broschüren

   Barrieren in Stadtquartieren überwinden
   Wie können Barrieren in Stadtvierteln        Gemeinschaftseinrichtungen, urbane Frei-       studien stehen im Mittelpunkt der Praxis-
   reduziert werden, welche Fehler machen       räume und Wohnen im Quartier um.               beispiele. Klar ist: Die Lösungen müssen

                                                                                                ––
   Planer und Bauer oft dabei und wie kön-                                                     vor Ort gesucht und gefunden werden.
   nen diese umgangen werden? Mit dieser        Die Projektverantwortlichen haben gelernt,
   Frage beschäftigt sich eine neue Bro-        dass sie genau genommen keine absolute               Die Broschüre kann über
   schüre des BBSR. Dazu wertete das Insti-     Barrierefreiheit erreichen können. So man-           info@bipberlin.de unter dem Stichwort:
   tut die Erfahrungen aus Modellvorhaben       che nicht bedachte Barriere entstand erst im         Broschüre „Barrieren in Stadtquar-
   aus, die im Jahr 2006 gestartet sind. Die    Projektverlauf. Diese Broschüre richtet sich         tieren überwinden“ kostenfrei bezogen
   Modellvorhaben waren mit dem Ziel            an Personen, die Stadtquartiere gestalten            werden und steht als Download auf
   angetreten, lebenswerte Stadtquartiere       und etwas bewegen wollen. Erfahrungen                www.bbsr.de in der Rubrik
   für Jung und Alt zu gestalten und setzten    aus den Modellvorhaben des Forschungs-               „Veröffentlichungen“ zur Verfügung.
   dazu Projekte in den Handlungsfeldern        felds sowie Hinweise aus ausgewählten Fall­

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