VORHABEN - AMBITION GEMEINSAM - Karin Guldenschuh
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Magazin der Hypo Vorarlberg | Ausgabe 01 VOR HABEN AMBITION GEMEINSAM ETWAS VORHABEN GELD VERSUS GROSSES LEISTEN UND ERREICHEN KUNST Ein Interview im Gehen Erfolgsgeschichten 5 Fragen mit Rollentausch
AMBITION Wenn wir uns die Frage stellen, wie wir am besten von A nach B kommen, verstehen wir darunter normalerweise eine optimierte Planung der Route. Bei der Hypo Vorarlberg verbindet A und B weit mehr als eine Strecke. A steht bei uns für „Ambition“. Denn das Ziel haben wir uns mit B wie „beste Beratung“ besonders hoch gesteckt. Die Verbindung von A und B ist letztlich nicht der kürzeste Weg, sondern unsere bedürfnis- orientierte Unterstützung für alle, die etwas vorhaben. VORHABEN ist daher auch der Titel unseres neuen Hypo Vorarlberg Magazins. Es soll die Haltung, die Fachkompetenz und die Atmosphäre widerspiegeln, mit der wir und alle, die von unseren Leistungen profitieren sollen, an ihre Vorhaben herangehen. Ambition ist der rote Faden aller Geschichten, die wir auf den folgenden Seiten erzählen. Ambition ist auch der zentrale Code der DNA der Hypo Vorarlberg. Es ist unser Versprechen, das wir einlösen wollen, wenn Menschen uns ihre Vorhaben anvertrauen. Ambition geht auf das lateinische Wort „ambire“ zurück. Es ging dabei ursprünglich um das Herumgehen von Kandidaten, die sich die Gunst der Wähler verschaffen wollten. Wir wollen unsere Kunden nicht umgar- nen, sondern zielgerichtet und gemeinsam mit ihnen Großes leisten. Das Hypo Vorarlberg Magazin stellt deshalb Menschen in den Mittel- punkt, die etwas bewegen wollen. So unterschiedlich sie auch sein mögen – durch ihre ambitionierte Haltung sind sie einander näher als man auf den ersten Blick vermutet. Das passt zu uns. Und wir passen zu ihnen. Ihre Hypo Vorarlberg 4 5
VOR HABEN 08 18 24 32 42 50 GEMEINSAM INVESTITIONEN ETWAS VORHABEN ZIELE GELD VERSUS VON DER GROSSES LEISTEN FÜR DIE ZUKUNFT UND ERREICHEN VERFOLGEN, KUNST SCHWEIZER AUCH WENN PRÄZISION BIS ES SCHMERZT ZUM WIENER SCHMÄH Zum Sonnenaufgang auf die Markus Barnay beleuchtet die Rolle Risikofreude, Fokus, Leidenschaft. Was Ambition in Wirtschaft, Kultur 5 ambitionierte Fragen. Hypo Vor- Wien, Wels, Graz, Bozen, St. Gallen, Kanisfluh. Hypo Vorarlberg Vor- der Hypo Vorarlberg als Stütze für Erfolgreiche Vorarlberger Unter- und Sport bedeutet. Babette Karner arlberg Vorstand Johannes Hefel Bregenz. Tagebuch einer Reise standsvorsitzender Michel Haller im die Vorarlberger Wirtschaft im nehmen, vorgestellt von Dominik porträtiert vier zielstrebige und KUB Direktor Thomas D. durch die Hypo Vorarlberg Welt Gespräch mit Karin Guldenschuh. Wandel der Zeit. Sekacic. Persönlichkeiten. Trummer fühlen sich auf den Zahn. von Patricia Erne. 6 7
AMBITION BRAUCHT Thomas D. Trummer ist Direktor des Kunsthaus Bregenz. Zuvor war er u. a. Leiter der Kunsthalle Mainz und Kurator HINDERNISSE. in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien. Er hat Musik, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Ein Essay von Thomas D. Trummer Ambitionierte sind solche, die ihr eigenes Leistungsportfolio im Blick sehr trickreiche und hochspezifische Weise, wie dies zu geschehen hat. haben. Sie setzen sich Ziele, die bisherige überwinden. Sie wollen schnel- Ein weiteres Beispiel ist der 400-m-Lauf, bei dem Sportler/innen genau ler, höher, stärker sein, mit anderen Worten – in Zahlen effizienter. Jedoch an dem Punkt wieder ankommen, an dem sie losgelaufen sind. hat die Ambition eine ethik- und askesegeschichtliche Bedeutung, die vielfach übersehen wird. Die Ambition, die stets auf die Zukunft drängt, Ein anderes Metier ist die Kunst. Es braucht nicht gesagt zu werden, verbirgt rasch ihre Herkunft und damit die Historie eines kulturgeschicht- dass sie sich von Wirtschaft und Sport unterscheidet, auch wenn sie lichen Wandels des menschlichen Verhaltens. Wer sich auf Gott ausrichtet, deren Neigung zu ambitionierten Vorhaben teilt. Die Kunst scheint darin braucht Kennziffern und Milestones nicht. Seit Ambition von religiöser definiert, dass sie Kontrollen und Kennzahlen meidet. Ihre Ambition ist Tugend entkoppelt wurde, ist sie eine zutiefst weltliche Angelegenheit. Sie offen. Wer Kunst nämlich kontrolliert oder ihr Regeln vorschreibt, befördert Produktivität und Prozesse, und hebt zugleich die Zahl derer, die betreibt Zensur. Zudem besteht ihre Bedeutung im Qualitativen. Positiv an ihnen scheitern. Denn für Ambition gibt es keine Grenzen, außer man gesehen lässt sich sagen, dass sich die Kunst ihre Regeln selbst gibt. Etwa setzt sie. Der Sport ist übrigens – neben dem Bankfach – das einzige Metier, in der Art argumentierte Immanuel Kant, als er meinte, das Genie gäbe wo der Ambition Grenzen gesetzt werden. Mit wenig Erfolg, wie man weiß. sich selbst die Regeln. In Anlehnung an die Definition von Bernard Suits aus dem Sport müsste man über die Kunst sagen, sie sei der freiwillige Dopingkontrollen und Finanzmarktregeln sind Beispiele für solche Versuch einiger besonders Begabter (um das altbackene Wort „Genie“ Beschränkungen. Sie zeigen dem Übereifer Grenzen auf. Dabei gibt es zu vermeiden), nicht notwendige Hindernisse erst zu schaffen. Anders einen Unterschied zwischen Sport und Wirtschaft. Sport, so lautet eine gesagt, sind Künstler/innen Erfinder von Spielregeln, die sich – einmal Definition des Sportphilosophen Bernard Suits, ist der freiwillige Versuch, aufgestellt – schon wieder verändern. Für manche sind Künstler/innen nicht-notwendige Hindernisse zu überwinden.1 Die Grundlage dafür sind sogar Spielverderber. Wie auch immer, Effizienz oder olympische Werte Spielregeln. Wie der Name schon sagt, werden für Wettbewerbe Verein- spielen für sie keine Rolle. Vielfach liegt ihre Ambition sogar darin, Ziel- barungen getroffen, um ein Spiel in Raum, Zeit und Ziel zu definieren. gerichtetheit und quantitative Werte durch offene Verschwendung und Nun charakterisiert die Spielregeln etwas, das kontraintuitiv ist. Im Sport unrealistische Ideale zu enttäuschen. Nur dadurch, dass sich die Kunst werden nämlich Regeln eingeführt, die so gestaltet sind, dass sie die von einem Zweck entfernt, kann sie ihre Eigenständigkeit sichern. Ihr effizientesten Mittel zur Zielerreichung unterbinden. Ja, Sie haben richtig Wert besteht in dem Angebot einer alternativen Sicht. Sie wird damit gelesen. Denn die Umgehung von Effizienz ist eine wichtige Eigenschaft zum Inbegriff einer maßstabfreien Ambition, zugleich zu einem kriti- dieser Spielregeln. Das Ziel beim Hochsprung ist ja nicht, auf der anderen schen Fragenkatalog an gängige Steigerungsformen, seien sie aus Religion, Seite der Latte sicher zu landen. Das Ziel ist, die Latte auf eine bestimmte – Wirtschaft, Sport oder Persönlichkeitsformung. eben durch die Spielregeln definierte – Weise zu überspringen. Es ist eine 8 1 „The voluntary attempt to overcome unnecessary obstacles“, Suits, Bernard (2005), The Grasshopper: 9 Games, Life and Utopia, Broadview Press, pp. 54–55
GEMEINSAM GROSSES LEISTEN. EIN INTERVIEW IM GEHEN. Michel Haller ist ein Mann der Bewegung und der Effizienz. Was eignet sich also besser für ein ausführliches Gespräch mit dem Vorstandsvor sitzenden der Hypo Vorarlberg als eine Wanderung im Morgengrauen. Das passende Ziel für den gebürtigen Mellauer war auch gleich klar: Sein Hausberg Kanisfluh – mit der markanten Felsflanke ein bekanntes Wahrzeichen des Bregenzerwaldes. Karin Guldenschuh hat sich mit ihm auf den Weg gemacht. 10 11
Der Aufbruch In der Dunkelheit um fünf Uhr in der Früh wird selbst für den Einhei- Karin Guldenschuh studierte Handelswissen- mischen, der hier aufgewachsen ist, vertrautes Terrain zu einem Weg ins schaft in Wien. Als selbständige Unterneh- mensberaterin betreibt sie ein Büro für Ungewisse. Nur die Mondsichel und die Sternbilder einer klaren Nacht Kommunikation. Zuvor war sie Redakteurin für Fernsehen und Radio im ORF Vorarlberg. sind zu sehen. Herr Haller, sind Sie ein Frühaufsteher oder ein Nacht- Man spürt gleich, dass Sie nicht nur ein Kurzschläfer es doch nicht sein, dass ihm sehr strikt vorgeschrie- Mit 1. 1. 2017 haben Sie den Vorsitz des Vorstandes der mensch? Oder anders gefragt, ist eine Wanderung, sind, sondern auch ein Zahlenmensch. Ist Kopfrech- ben wird, worin er investieren darf. Für unsere Gesell- Hypo Vorarlberg übernommen. Wie ambitioniert die um fünf Uhr morgens beginnt, für Sie ein ambiti- nen für einen Banker trotz digitaler Hilfsmittel noch schaft ist es wichtig, dass man hinfallen darf und fühlt sich das an? oniertes Vorhaben? wichtig? wieder aufstehen kann. Sehr ambitioniert. Der Übergang war intensiv, aber Weder – noch, ich bin ein Wenig-Schlaf-Mensch. Ich Es tut auch im Zeitalter der Digitalisierung gut, immer strategisch sind wir ja gut aufgestellt und wirtschaft- komme mit sechs Stunden aus. Ich gehe um halb im Kopf zu plausibilisieren, auf jeden Fall. lich erfolgreich, fachlich bin ich überwiegend beim eins ins Bett und stehe um 6:30 auf. Ich bin also lange Risiko geblieben. Die größte Herausforderung sehe wach und früh munter. Sie haben in Jugendtagen bereits Ihr erstes Depot „Ich bin ein Wenig-Schlaf- ich atmosphärisch. Damit meine ich die Kommunika- angelegt. Was hat sich seither verändert? Mensch. Ich komme mit tion. Nach außen muss klarer werden, was wir für Sie sind jetzt 45, das heißt, dass Sie gegenüber dem Das war bei einer regionalen Bank: Ich habe ein eine Bank sind. Darüber hinaus möchte ich nicht alles Durchschnittsschläfer schon einiges an Lebenszeit französisches Wertpapier gekauft, in Fremdwährung. sechs Stunden aus.“ kommentieren, sondern nur das, was meine Funktion gewonnen haben ... Das dürfte ich heute gar nicht mehr. Die Bank müss- oder die Bank betrifft. Und intern ist es mir wichtig, Zwei Stunden pro Tag weniger, macht rund 700 Stun- te mir den Wertpapierverkauf verweigern. Der aus Michel Haller dass die Leute zum Telefon greifen, wenn sie einan- den pro Jahr x 25 ergibt 17 500 Stunden. Ich habe also meiner Sicht negative Trend der Bevormundung auf- der etwas zu sagen haben oder noch besser das per- in den 25 Jahren meines Erwachsenenlebens etwa grund des zugrunde liegenden Schutzgedankens sönliche Gespräch suchen, bevor sie aneinander vor- zwei Jahre Wachzeit dazugewonnen. geht zu weit. Wenn jemand veranlagen will, kann beimailen. 12 13
Auf dem Weg Unser Weg führt von der Alpe Öberle über den tief eingeschnittenen breiten Sattel hinauf zum Grat. Der intensive Regen des Vortages hat den Wanderpfad völlig durchnässt. Wir müssen aufpassen, dass wir auf den glatten Steinen nicht ausrutschen. Der Hohe Stoß gewinnt langsam an Kontur. Die silbern schimmernden Morgennebel bedecken das Tal der Bregenzerach. Gutes Werkzeug bzw. die richtige Ausrüstung sind funktioniert. Ich habe zwei Ziele: Erstens, dass die Bank nicht nur beim Wandern erfolgsentscheidend? funktioniert und zweitens, dass die Menschen verste- Was haben Sie immer im Rucksack? hen, wie sie funktioniert. Es muss klarer werden, was Zwei Semmel mit Wurst, etwas zum Trinken, Obst, wir sind. Wir haben Vorarlberger Wurzeln, sind zum Riegel, Pflaster und ein Taschenmesser. Großteil in Vorarlberger Eigentum. Aber wir vergeben Haben Sie auch Bargeld dabei? Na klar, immer. Bargeld ist Freiheit. Ich möchte immer „Die Kanisfluh profitiert von den die Möglichkeit haben, etwas zu kaufen, ohne dass es jemand nachvollziehen kann. Aber es muss auch Gren- geheimnisvollen Geschichten. Bei zen geben. Es ist weder zeitkonform noch komfortabel, mit 15.000 Euro in bar herumzulaufen. Andererseits, der Hypo Vorarlberg ist es proble- wenn alles elektronisch erfasst wird, steigt auch der matisch, dass viele nicht verstehen, Anreiz, das System zu knacken. wie sie funktioniert.“ Michel Haller Warum passt eigentlich gerade die Kanisfluh zu unserem Gespräch? Um die Kanisfluh ranken sich genauso viele Mythen nur 40 Prozent des Kreditvolumens in Vorarlberg. Den und Geschichten wie um die Hypo Vorarlberg. Beides größeren Teil unseres Geschäfts machen wir außerhalb sind regionale Vorarlberger Symbole, die jeder kennt. des Landes. Wir sind sogar darauf angewiesen, dass wir Aber keiner weiß wirklich, was sie genau sind. Die diese Geschäfte machen. Wenn unsere Erträge sinken, Kanisfluh ist nicht einfach ein Berg, sondern ein Ge- sinken nämlich die Kosten nicht im selben Ausmaß. birgsmassiv mit vier Gipfeln, von denen nur der höchs- Wir machen dann also weniger Gewinn. te auf einem Bergwanderweg zu besteigen ist. Dort- hin sind wir jetzt unterwegs, nämlich zur Holenke mit Die Banken müssen insgesamt neue Wege gehen, um 2044 Metern. Die anderen drei Gipfel Hoher Stoß, Run- im Zeitalter der Digitalisierung profitabel zu bleiben. der Kopf und Sonnenspitze sind nur was für Kletterer. Welche Wege sehen Sie für die Hypo Vorarlberg? Wir müssen die digitale und die analoge Welt intelligent Und die Hypo Vorarlberg? verknüpfen, d.h. wir bleiben eine Filialbank mit kompe- Die Hypo Vorarlberg ist auch ein markantes regionales tenter persönlicher Beratung. Zugleich bauen wir unser Symbol mit internationaler Strahlkraft. Die Kanisfluh digitales Netz aus. Außerdem geht es darum, die richti- profitiert von den vielen geheimnisvollen Geschichten gen Kunden auszuwählen und ihnen die richtigen Pro- über sie. Bei der Hypo Vorarlberg hingegen ist es pro- dukte anzubieten. Welche Geschäfte für uns die lukra- blematisch, dass viele Leute nicht verstehen, wie sie tivsten sind, hängt nicht nur von deren Größe ab. 14 15
Die Rast Null Grad hat es. Der eiskalte Wind fegt über die Grasbüschel am Grat und macht das Rasten ziemlich ungemütlich. Die Jause will daher niemand auspacken. Hinter den Bergspitzen im Osten blinzeln die ersten Vorboten der Morgenröte hervor. Herr Haller, ich habe den Eindruck, dass Sie nicht lange ruhig sitzen können, selbst wenn es hier an- genehmer wäre. Oder täusche ich mich da? Nichts tun ist tatsächlich furchtbar für mich. Es fällt mir schwer, eine halbe Stunde in einem Liegestuhl zu liegen. Lieber setze ich mich mit einem Buch auf den Hometrainer. Welche Lektüre liegt denn vorzugsweise auf der Lenkstange? Am liebsten historische Romane oder Science Fiction. Derzeit sind es die vier Bände der De Fleury-Saga, die zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas beginnt. Gestern habe ich gerade 150 Seiten aus dem ersten Band gele- sen. Aber auch die gesamte Douglas Adams-Serie „Per Anhalter durch die Galaxis“ habe ich gelesen. Und was ich auch gerne mag, sind Bodenseekrimis – z. B. die mit Kommissar Kluftinger. Das ist spannende Heimat- kunde. Was mich noch interessieren würde, wenn ich gerade noch unsere Pause für einen kleinen Exkurs nützen Nichts tun ist tatsächlich darf: Warum hat jemand, der in Mellau im Bregenzer- furchtbar für mich. Es fällt wald aufgewachsen ist, einen französisch klingenden Vornamen? mir schwer, eine halbe Den Michel habe ich meiner Mutter zu verdanken. Sie stammt aus Brügge in Belgien und kam 1968 nach Stunde in einem Mellau, um Deutsch zu lernen. Liegestuhl zu liegen. Ist ihr das gelungen im Bregenzerwald? Sie spricht fast so perfekt Wälderisch, als ob es ihre Michel Haller Muttersprache wäre. Ich bin zweisprachig aufgewachsen und habe von ihr Flämisch bzw. Niederländisch gelernt. 16 17
Am Gipfel Pünktlich um 6.56 Uhr belohnt uns die Sonne für das frühe Aufstehen. Wir sind jetzt an unserem Ziel auf der Holenke angelangt. Wegen der Kälte ist heute sonst niemand auf dem Gipfel. Es muss allerdings für die Kanisfluh eine intensive Saison gewesen sein. Zumindest ist das Gipfel- buch bis auf das letzte Blatt vollgeschrieben. Herr Haller, Sie sind diesen Weg schon von Kind auf Die Kanisfluh gehört zwar geologisch zum Jurage- gegangen, zum wievielten Mal sind Sie auf Ihrem birge, emotional aber zu Vorarlberg. Wie viel Vorarl- Hausberg? berg steckt denn in der Hypo Vorarlberg? Circa zum 20. Mal, schätze ich. Extrem viel, wir können aber noch mehr hineintun. Unsere DNA ist Vorarlberg von seiner besten Seite. Bereits mit sieben Jahren haben Sie angefangen, Sparsam, fleißig, zuverlässig. Diese Werte werden vor Münzen zu sammeln. Inzwischen umfasst Ihre allem von unseren Kunden an den Standorten in Wien, Sammlung 4800 Münzen. Wie weit sind Sie denn Graz und Wels sehr geschätzt. Der Name allein reicht noch von Ihrem persönlichen Sammlerziel entfernt? aber natürlich nicht. Wir müssen das leben und von Sammler haben nie genug. Das erste Sammlerstück Vorarlberg aus in alle Standorte verbreiten. Darüber war eine 50-Yen-Münze. Ich habe sie von einem deut- hinaus müssen wir über die Grenzen schauen, offen schen Gast im Austausch gegen eine 5-Groschen-Mün- sein. Denn eine Wurzel macht noch keinen Baum. ze bekommen. Münzen erzählen Geschichten. Sie sind Ausdruck des Zeitgeists, der technischen Möglichkeiten Ihr Vertrag läuft fünf Jahre. Auf welchem Gipfel und des politischen Willens. Der Wert der Sammlung sehen Sie die Hypo Vorarlberg bis dahin? ist nicht das Hauptthema. Ich sammle zum Beispiel Ich sehe eine erfolgreiche, effiziente Vorarlberger Bank sämtliche Euro-Münzen verschiedener Länder. Vom mit einem eigenen Charakter. Wir sind so flexibel, dass belgischen König Albert gab es zum Beispiel drei ver- wir dort die Geschäfte machen, wo wir was verdienen. schiedene Münzbilder. Offensichtlich hat ihm immer Im Land sind wir die Universalbank für jeden Vorarl- wieder etwas nicht gefallen. Bei der Vatikan-Münze berger und jede Vorarlbergerin. In den anderen Markt- hat Papst Franziskus die Praxis geändert. Nun ist nicht regionen sind wir in Nischen tätig, in denen wir den mehr sein Bildnis auf den Münzen zu sehen, sondern Kunden einen echten Mehrwert bieten können. das päpstliche Wappen. Im Bankengeschäft wird Erfolg letztlich mit Kenn- Wir haben hier vom Gipfel eine wunderbare Aussicht zahlen gemessen. Wie halten Sie es beim Wandern? Richtung hinterer Bregenzerwald und Richtung Boden- Ich schaue natürlich auch hier auf meinen Schrittzähler. see. Wo sind Sie zu Hause? 5500 Schritte sind es. Doch der Zweck des Gehens ist Ich bin zu Hause, wo ich herkomme. Aber ich habe für mich das Schauen. Ich sauge einfach alles auf, zwei Heimaten. Wir sind in die Heimat meiner Frau nüchterne Informationen und emotionale Eindrücke. nach Tettnang in Deutschland gezogen, weil ich von Das macht mich glücklich. dort schneller in Bregenz an meinem Arbeitsplatz bin als von Mellau aus. Und schon dreht sich Michel Haller im Kreis und postet ein paar Schnappschüsse vom Berg am Und was ist gefühlt näher, Deutschland oder der frühen Morgen, dann marschiert er mit geübten Bregenzerwald? Schritten talwärts. Denn spätestens um 10 Uhr Gefühlt ist Mellau näher. Aber gerade die Distanz hat will er an seinem Schreibtisch sitzen. den Vorteil, dass ich zur Ruhe komme und zugleich Deutschland verstehen lerne, das ja auch zu unserem Marktgebiet gehört. 18 19
INVESTITIONEN FÜR Wer wachsen will, muss investieren. Und wer investieren will, braucht Geld. Dies galt insbesondere für die Aufbaujahre nach dem Zweiten Welt- DIE ZUKUNFT. krieg. Die legendäre Vorarlberger Garantiegemeinschaft war beispiels- EIN BLICK ZURÜCK. weise ab den 1960er-Jahren ein wichtiges Instrument zur Förderung der Wirtschaft – und die Hypo Vorarlberg spielte dabei eine zentrale Rolle. Markus Barnay hat schon für den Jubiläumsband „111 Hypo Vorarlberg“ Zeitzeugen von damals interviewt. Aus Anlass des 120-jährigen Bestehens der Bank hat er sich nun auch die Vorgeschichte des heimischen Wirtschaftswunders angeschaut. 20 21
Geld für die Industrie in den zwischen 1980 und 2000 aufgeben. Geblieben sind Aufbaujahren jene Firmen, die sich rechtzeitig spezialisieren konn- ten, wie die Getzner Textil AG in Bludenz. Die 1818 „Ohne die Garantiegemeinschaft wären wir in ernste gegründete Firma ist die älteste noch bestehende Textil- Schwierigkeiten geraten“, erzählt Bertl Widmer, der firma des Landes und beschäftigt heute noch immer ehemalige Geschäftsführer der Firma Blum, wenn er über 800 Menschen. an die ersten Jahre zurückdenkt, in denen der gelernte Textilmusterzeichner in Höchst an der Seite von Firmen- Aber auch Firmen aus anderen Branchen machten Ge- gründer Julius Blum arbeitete: „Wir expandierten sehr brauch von den Krediten der Hypo Vorarlberg – und sind schnell, brauchten neue Gebäude und neue Maschi- bis heute dafür dankbar, dass sie mit deren Hilfe ex- nen, und das wäre ohne die Unterstützung der Hypo pandieren konnten: „Das war eine tolle Sache!“ meinte Vorarlberg kaum möglich gewesen.“ beispielsweise Franz Rauch2, der in den 1960er-Jahren die ehemalige Mostpresserei seines Vaters übernommen Die Vorarlberger Garantiegemeinschaft war eine hatte und sie gemeinsam mit weiteren Familienmit- Erfindung des damaligen Hypo Vorarlberg Direktors Max Wilhelm Hämmerle. 1959 gegründet, half sie den heimischen Unternehmen in jenen Jahren des Wirt- schaftsaufschwungs unter anderem mit günstigen Frankenkrediten, abgesichert durch Bürgschaften des gliedern zu einem Lebensmittelkonzern ausbaute, der auf seiner Maschine selbst herstellen – dann müsste Landes und der Handelskammer. Viele Jahre später Ohne die Garantie- heute über 1800 Menschen beschäftigt, rund die man sie nicht mehr schmuggeln (oder teuer verzollen). wurde sie vom heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Hälfte davon in Vorarlberg. der Bank, Jodok Simma, als „entscheidende volkswirt- gemeinschaft wären wir Julius Blum war von der Idee durchaus angetan. Er schaftliche Weichenstellung für den heute erfolg- in ernste Schwierigkeiten Zur absoluten Erfolgsgeschichte wurde auch die Ent- fuhr zum Erfinder des ANUBA-Bandes in die Schweiz, reichen Industriestandort Vorarlberg“ bezeichnet.1 wicklung der Firma Blum in Höchst. Julius Blum war überredete ihn, ihm günstig die Lizenz für ganz Öster- geraten. Huf- und Wagenschmied und hatte schon früh Ambi- reich zu verkaufen, und kehrte mit einem neuen Produkt Die Garantiegemeinschaft unterstützte zunächst vor tionen, mehr aus der geerbten Schmiede zu machen. zurück, mit dessen Herstellung er seinen Drehautoma- allem die damals noch dominierende Textilbranche, Bertl Widmer Blum lieh sich Geld – damals noch von Privaten, ten auslasten konnte und das der Firma bald einmal ehemaliger Geschäftsführer Blum die einerseits kräftig expandierte, andererseits aber unter anderem von Verwandten in der Schweiz – große Erfolge bescherte. auch dringend umstrukturiert werden musste, um zu und schaffte sich einen Drehautomaten an, mit dem überleben. Nachhaltig gelang das aber nur wenigen er Hufstollen herstellte, eine Art Spikes für Pferdehufe, Sechzig Jahre später erzielt die Höchster Firma Blum der großen Textilfirmen, die meisten anderen mussten die er an Hufschmiede in ganz Österreich lieferte. einen Umsatz von 1,8 Milliarden Euro, beschäftigt über Doch er wusste, dass dieses Produkt bald ein Auslauf- 5000 Mitarbeiter/innen allein in Vorarlberg und ist da- modell sein würde und er dringend eine zusätzliche mit der größte Arbeitgeber im Land. Das Kernprodukt Verwendung für seinen Drehautomaten benötigte. sind nach wie vor System-Möbelbeschläge, also die Denn es war absehbar, dass der motorisierte Verkehr Verbindungen von Schränken und Türen und die Füh- den Warentransport mittels Pferd und Wagen endgül- rungen von Schubladen und Auszügen, wenn auch tig verdrängen würde. mit vielfach verbesserter Technologie. Und der Markt ist längst nicht mehr auf Österreich beschränkt, son- dern umfasst die ganze Welt – Blum ist mit einem Ex- Revolutionäre Scharniere als portanteil von über 90 % in seiner Branche Weltmarkt- Wachstumsmotor führer. Da traf er zufällig auf dem Kirchplatz einen Bekannten, der gerade sehr verärgert war. Er war Tischler und hat- Darlehen für die Bauern te aus der Schweiz ein neuartiges Produkt zur Verbin- in den Gründungsjahren dung von Türrahmen und Türflügel importiert, das sich von den bis dahin bekannten Scharnieren unter- So wie Blum und andere Firmen wuchsen und den in- schied: Das ANUBA-Band war auch nach der Montage ternationalen Markt eroberten, wuchs auch die Hypo noch verstellbar und konnte direkt in das Holz der Vorarlberg nach 1945 mit. Gegründet worden war sie Türen gebohrt werden. Das Problem des Tischlers: 1897 als reine Hypothekenbank, deren Aufgabe es war, Er hatte die revolutionären Teile über die Grenze ge- den vielfach verschuldeten Bauern langfristige Darle- schmuggelt und war dabei erwischt worden. Jetzt hen auf ihre Grundstücke zu gewähren, um so den schlug er Blum vor, er könne doch die Lizenz für die völligen Niedergang der Landwirtschaft zu verhindern. Herstellung dieser Bänder erwerben und die Dinger Nach größeren Rückschlägen während des Ersten Welt- 22 1 „111 Hypo Vorarlberg – Ein historischer Kassasturz“, Hypo Vorarlberg 2008, Seite 144 23 2 ebd. Seite 134
kriegs, als ein Großteil der Pfandbriefe wertlos wurde, Landesregierungen der Zwischenkriegszeit ange- ▪ Dank der stabilen Lage profitierten die westlichen überstand sie die allgemeine Bankenkrise in den sammelt worden waren, und mit der Arbeitskraft Bundesländer und damit auch Vorarlberg ab 1948 1920er-Jahren relativ unbeschadet, weil sie noch keine von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die zusätzlich noch vom „European Recovery Program“ größeren Geschäfte mit der Industrie machte. Doch unter unmenschlichen Bedingungen härteste Arbeit (ERP), den Investitionskrediten des nach dem ameri- während der NS-Zeit verlor die Hypothekenbank dank verrichten mussten. kanischen Außenminister benannten „Marshallplans“. staatlicher Entschuldungsaktionen für die Landwirt- Praktisch sämtliche Textilunternehmen und zahlreiche schaft und dem Verbot von Zwangsversteigerungen ▪ Der größte Startvorteil der Vorarlberger Wirtschaft Tourismusbetriebe erhielten auf diesem Weg günstige erheblich an Bedeutung. war aber wohl die Grenzlage zur Schweiz: Diese Kredite. war als neutrales Land von Kriegsschäden gänz- lich verschont geblieben und hatte bei Tätern und Standortvorteile für Vorarlberg Opfern der benachbarten Diktatur gleichermaßen Von der Hypothekar- zur Universalbank in der Nachkriegszeit als sicherer Hafen gegolten, in dem die einen ihr geraubtes und die anderen ihr vor dem Raub ge- Mitte der 1950er-Jahre gewann dann auch die Hypo- Nach der Befreiung Österreichs von der nationalsozia- rettetes Vermögen parkieren konnten – und vieles thekenbank des Landes zunehmend an Bedeutung bei listischen Herrschaft waren zunächst andere Faktoren davon wurde nach dem Krieg nicht mehr abgeholt. der Vergabe von Krediten: Zunächst stand der Woh- verantwortlich für den raschen Aufstieg der Vorarlber- Die Schweiz half Vorarlberg nach 1945 in mehrfacher nungsbau im Zentrum der Kreditgeschäfte, war doch ger Industrie: Hinsicht zum raschen Wirtschaftsaufschwung: So die Wohnungsnot eines der drängendsten Probleme. gründete der neu gebildete Landesausschuss (eine Mit der Einführung der Vorarlberger Garantiegemein- ▪ Der wichtigste Faktor war wahrscheinlich das Glück, Art provisorische Landesregierung) mit Hilfe des schaft wurde die Hypo Vorarlberg aber endgültig auch in einem Land zu leben, das von größeren Kriegs- Schweizer Konsuls Carl Bitz und unter Mitwirkung zur Hausbank etlicher Industriebetriebe, mit denen sie schäden weitgehend verschont blieb. Während anders- der französischen Besatzungsbehörden die „Wirt- gewissermaßen mitwuchs und die sie bald auch bei wo in der Endphase des Zweiten Weltkriegs ganze schaftsstelle Vorarlberg-Schweiz“, die den Austausch internationalen Geschäften betreute. Städte ausgelöscht wurden, kam es in Vorarlberg von Dienstleistungen (seitens der Vorarlberger) und nur im Zuge der Befreiung durch die französische Waren (aus der Schweiz) über ein gemeinsames Konsequenterweise wurde die Hypo Vorarlberg 1969 Armee zu einzelnen Bombardierungen und Artillerie- zur Universalbank, die alle Arten von Bankgeschäften angriffen, die zwar im Zentrum von Bregenz großen betreibt und für alle Privat- und Geschäftskunden offen- Schaden anrichteten, ansonsten aber Wohngebiete, steht. Zur selben Zeit entstanden die ersten Filialen in Industrieanlagen und die Verkehrsinfrastruktur weit- Vorarlberg und schließlich auch, ab 1987, Repräsentan- gehend unbehelligt ließen. zen in Wien, Bozen und St. Gallen. ▪ Als Standortvorteil erwies sich daher die Tatsa- Die von der Hypo Vorarlberg (mit)betreuten Firmen che, dass in Vorarlberg während der NS-Zeit einige wuchsen indessen vor allem dank der Exporte. Frei- Infrastruktur-Projekte realisiert wurden, die auch handelszonen wie die EFTA (bis 1995) und die Europäi- in der Nachkriegszeit noch genutzt werden konn- sche Gemeinschaft (ab 1995) waren wichtige Voraus- ten – von Straßenbauten bis zu den Kraftwerken setzungen für die Expansion. der Vorarlberger Illwerke. Gebaut wurden sie mit Konto abwickelte und beispielsweise auch die Löhne Hilfe von Geldern, die zuvor von den sparfreudigen der Grenzgänger auszahlte. Damit öffnete sich der Firmen wie Blum, Getzner und Rauch haben den Auf- Vorarlberger Wirtschaft zu einem Zeitpunkt ein Tor zu stieg aber nicht nur dank glücklicher Zufälle und der einem größeren Wirtschaftsraum, als die Verbindun- Hilfe von außen geschafft, sondern vor allem auch gen zum restlichen Österreich noch abgeschnitten aufgrund richtiger strategischer Entscheidungen – waren, der Kontakt nach Deutschland verboten und und dank einer ambitionierten Führung und eben- ein europäischer Markt noch nicht erreichbar war. solcher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. „Er hat ein gutes Gespür für die richtigen Leute gehabt“, sagt ▪ Auch die französische Besatzungsmacht erwies der Zeitzeuge Bertl Widmer über Firmengründer Julius sich – besonders im Vergleich mit der sowjetischen Blum. „Und das Klima in der Firma war von Anfang an im Osten Österreichs – als Glücksfall für Vorarlberg: gut.“ Und fügt nach kurzem Nachdenken hinzu: „Ein Statt Maschinen zu demontieren und Unternehmen bisschen rau, aber herzlich!“ zu beschlagnahmen, wie das in den östlichen Bun- desländern geschah, bemühten sich die Franzosen um eine rasche Wiederherstellung der Wirtschaft Markus Barnay ist Redakteur des ORF Vorarl- und nahmen dafür sogar in Kauf, dass schwer be- berg, Autor eines Buches über die Geschichte lastete Nationalsozialisten nach wenigen Wochen Vorarlbergs im 20. Jahrhundert und Kurator einer Ausstellung über die Entstehung des Anhaltelager bereits wieder in den Führungsetagen Landes im vorarlberg museum. der Textilfirmen saßen. 24 25
Dominik Sekacic ist freier Texter und Redakteur beim unabhängigen Magazin „Ziegfried“. Er hat Werbung und Markt- kommunikation studiert und war danach u. a. im Marketing tätig. ERFOLGSGESCHICHTEN. ETWAS VORHABEN UND ERREICHEN. 01 REINHARD SCHERTLER 02 Die wohl wichtigsten Entscheidungen treffen wir Menschen an den Kreuzungen des Lebenswegs. MARTIN Die Wahl der Route – unter Berücksichtigung von Ziel 03 OHNEBERG und Schwierigkeitsgrad – legt nicht nur den weiteren Verlauf unseres Lebens fest, sondern bestimmt auch, Um seinen Traum, eigenständiger wer wir sind. Dies sind die Geschichten dreier Menschen, Unternehmer zu werden, zu erfüllen, setzte er alles auf eine Karte. die sich nicht scheuen, schwierige Strecken mit fernen Ein Mann, der sich täglich mit ASTRID den Möglichkeiten von morgen beschäftigt, ohne dabei den Fokus Zielen zu wählen. Menschen, die jene Steine, welche BISCHOF zu verlieren. ihnen im Weg standen, als Berge erkannt und erklommen haben. Mit traditionellen Tugenden, Offenheit für Neues und Instinkt lenkt sie ihr Logistikunternehmen in die Zukunft. 26 27
ALLES AUF EINE Meine Vision ist mein KARTE GESETZT. Fixstern und meine Leidenschaft befeuert meine Bereitschaft Martin Ohneberg gehört zu den Menschen, deren größter Traum sich zum Risiko. aus ihrem Wikipedia-Eintrag herauslesen lässt. Nicht etwa, weil dieser Martin Ohneberg dort beschrieben stünde, sondern weil sein Lebenslauf durch und durch HENN die Verwirklichung dieses Traumes widerspiegelt. Ein freundliches Lächeln ziert das Gesicht des groß Die Realisierung des Traumes hieß Henn. Martin Ohne- Unternehmen seinen Sitz in Vorarlberg hatte, war für Gebäude zu vereinen. Dadurch werden, trotz 2100 m2 gewachsenen Mannes. Die Turnschuhe im retroschi- berg übernahm Anfang 2011 die Mehrheit des Auto- mich nach gut 20 Jahren in Wien noch so was wie ein zusätzlicher Fläche, die Kommunikationswege deut- cken 80er-Jahre-Look und das Sportjackett unter- mobilzulieferers mit Sitz in Dornbirn. Das Unternehmen Bonus.“ lich verkürzt und Erholungsräume und eine Kantine streichen den dynamischen Charakter hinter dem produziert Schnellkupplungen für Ladeluft- und für die Belegschaft geschaffen. Dieser Schritt ist dem charmanten Antlitz. Entspannt zurückgelehnt sitzt Kühlwassersysteme und liefert diese an zahlreiche Gleich zu Beginn setzte der neue Mehrheitseigentümer Unternehmer sehr wichtig, denn er hat einiges vor: er da, erzählt von seinem Leben und seinem aktuellen Automobilhersteller, darunter namhafte Marken wie und Geschäftsführer seinem Unternehmen ambitio- „Bis 2021 wollen wir unseren Umsatz erneut verdop- Fünfjahresplan. Porsche, Jaguar, Mercedes und BMW. „Es war die richtige nierte Ziele. Gut ein halbes Jahrzehnt später steht das peln und auch den Personalstand deutlich erhöhen – Gelegenheit zur richtigen Zeit. Ich war der Meinung, Henn-Team hinter dieser Ziellinie und kann von einer von derzeit 65 auf rund 90 Mitarbeiterinnen und Mit- „Es war schon immer mein Wunsch, eigenständiger dass die Risikobereitschaft nach 40 drastisch abnimmt Umsatzverdopplung auf 50,4 Millionen Euro und steti- arbeiter. Insbesondere technische Fachkräfte sind Unternehmer zu sein. Ich wollte etwas produzieren. und wollte meine Chance nicht verpassen“, erinnert gem Wachstum weit über dem Marktdurchschnitt be- gefragt“, erzählt er mit so viel Überzeugung und Be- Das war mir schon während meiner Zeit an der Han- sich der heute 46-Jährige. „Mit der Hypo Vorarlberg richten. Dennoch scheint aus Martin Ohnebergs Feuer geisterung in der Stimme, dass jegliche Zweifel an der delsakademie Bregenz klar. Mit Ende 30 war es dann hatte ich glücklicherweise einen Partner, der an mich noch lange keine Glut zu werden. Neue Ziele wurden Realisierung des Vorhabens von vornherein im Keim an der Zeit, diesen Traum in die Tat umzusetzen. Das und meine Vision glaubte, obwohl das Ganze auch in gesetzt und wollen erreicht werden. erstickt werden. „Für mich ist das sehr wichtig. Ich bin war nicht ganz einfach. Ich musste all mein Erspartes die Hose gehen hätte können. Zudem übte die Bran- ein ambitionierter Mensch – beruflich und auch privat. und alles, was ich mir bis dahin aufgebaut hatte, auf che große Anziehung auf mich aus, denn bei Fahrzeu- Gemeinsam mit dem Bauträger F.M. Hämmerle inves- Diese Eigenschaft kommt wahrscheinlich vom Sport. eine Karte setzen. Ich bin bekannt dafür, gerne Risiken gen spielen neben der Technik auch Emotionen eine tiert Henn neun Millionen Euro in den Standort Dorn- Ich nehme mir etwas vor und fokussiere mich darauf. einzugehen und diese Entscheidung war bestimmt große Rolle. Außerdem haben die Marktposition und birn, um alle Geschäftsbereiche, die derzeit noch über Meine Vision ist mein Fixstern und meine Leidenschaft eines der größten.“ das Produkt einfach gepasst. Die Tatsache, dass das das gesamte Steinebach-Areal verstreut sind, in einem befeuert meine Bereitschaft zum Risiko.“ 28 29
GEMEINSAM MIT DEN KUNDEN WACHSEN. Geschäftiges Treiben prägt das Betriebsgelände von Bischof Transporte in Feldkirch. LKW kommen an, fahren ab. Sie werden gewartet, gewaschen und hinterlassen mit ihren Reifen nahezu malerische Spuren auf dem seits ein Investment forderte, genügte bei meinem die Shuttle-Transporte in unser Lager und kümmern Asphalt. Komponistin dieser Logistik-Symphonie ist Astrid Bischof. Vater ein Blick auf das Anforderungsprofil und schon uns um die Kommissionierung sowie die Zustellung in war er bereit, die spezifische Innovation umzusetzen. die unterschiedlichen Länder. Das passiert in drei Tem- Die Kunden wussten, dass sie jederzeit auf ihn und peraturzonen: Tiefkühltransport bei minus 25 Grad, das Unternehmen zählen können. Das hatte zur Folge, Frischetransport bei 2 Grad und Trockentransport. Bei dass wir immer gesund und zusammen mit unseren Bedarf können wir auch alle drei Temperaturbereiche Kunden gewachsen sind.“ Dass sie den weitblickenden in einem LKW unterbringen.“ Tatendrang ihres Vaters sehr schätzt, hört man Astrid Fragt man die Inhaberin des Unternehmens nach ihren Eine Verletzung nach einem Autounfall zwang sie Bischof nicht nur an, es zeigt sich auch in ihren eige- 2011 wurde mit dem grenzüberschreitenden Finanz- größten Vorbildern, nennt sie ohne Zögern ihren Vater. schließlich zu einer Ausbildung im Büro. Sie entschied nen Entscheidungen. Know-how der Hypo Vorarlberg ein Logistikzentrum Otto Bischof gründete das Unternehmen 1974 und sich für eine Lehre als Speditionskauffrau im väterli- mit 20.000 Stellplätzen in der Schweizer Ortschaft baute es vom Einmannbetrieb zu einem europaweit chen Betrieb. So konnte sie im Laufe der Zeit das Sennwald errichtet, erzählt Astrid Bischof: „Ich werde operierenden Spezialisten für Lebensmitteltransporte Unternehmen ausgiebig kennenlernen: „Ich war im „Im Gegensatz zu meinem Vater oft gefragt, ob ich vor diesem Schritt den Schweizer mit 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Lager, in der Buchhaltung, bin mit dem LKW nach brauche ich zwar auch Zahlen, letzt- Markt analysiert habe. Im Gegensatz zu meinem Vater Schweden gefahren – und auch von meinem Vater brauche ich zwar auch Zahlen, letztlich entscheide Zusammen mit dem Unternehmen ist auch Astrid konnte ich in all den Jahren einiges lernen. Ich weiß lich entscheide ich aber instinktiv.“ ich aber instinktiv. Wir kennen die Kunden, für die wir Bischof groß geworden. „Das Interesse an Transport um die Herausforderungen, denen sich mein Team diese Investition von 20 Millionen Schweizer Franken Astrid Bischof – Bischof Transporte und Fahrzeugen wurde mir durchaus in die Wiege jeden Tag stellen muss.“ getätigt haben, seit vielen Jahren. Basierend auf die- gelegt. Schon als Kind habe ich jeden Samstag in der sem Vertrauen war diese Entscheidung eindeutig.“ Es Werkstatt verbracht. Ich habe die Fahrer mit Jausen Im Jahr 2000 war es Zeit für den Generationenwech- „Wir erkannten, dass viele unserer Kunden mehr ist diese Kombination aus traditionellen Tugenden wie versorgt, bin mit der Ölkanne rumgelaufen und hab sel. Astrid Bischof übernahm das Unternehmen ihres brauchen als nur den Transport von A nach B. Also Handschlagqualität und Geradlinigkeit mit der immer- mich unter die LKW gelegt, um zu sehen, wo was ist”, Vaters und stellte schnell unter Beweis, dass sie das entwickelten wir über die Jahre ein ganzheitliches währenden Offenheit für Neues, die Astrid Bischof zur erinnert sich die heutige Chefin, die trotz Diesel im Gelernte auch zeitgemäß adaptieren kann. „Wenn einer Logistikkonzept – speziell abgestimmt auf die je- erfolgreichen Unternehmerin macht, während Neugier Blut zunächst Stewardess werden wollte. unserer Kunden eine Anforderung hatte, die unserer- weiligen Bedürfnisse und Wünsche. Wir übernehmen und Mut sie zu immer neuen Herausforderungen führen. 30 31
STABILITÄT DURCH VERÄNDERUNG. Wer Reinhard Schertlers Büro betritt, bekommt sofort das zu sehen, was ihn beschäftigt. Baupläne, Zeitungsartikel, Fotos und Erinnerungsstücke Wichtig ist es, einen an erzielte Erfolge hängen an den Wänden. Im gesamten Raum sind Fokus zu haben. Es ist Gebäudemodelle und Projektmappen zu entdecken. nicht ratsam, zu viele Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Reinhard Schertler Der Geschäftsführer der i+R Gruppe mit Sitz in Lauter- hatte der Vater seine Zweifel: „Mein Vater meinte nach i+R Gruppe ach ist kein Mann des Stillstands. In Gedanken scheint der Umstrukturierung, er habe nie gewollt, dass es so er sich stets mit der Zukunft und deren Möglichkeiten kommt, er hätte aber auch nichts dagegen getan. Ich zu beschäftigen. Er gehört zu den Menschen, die mit schätze, er hat damals erkannt, dass wir das Unterneh- allem, was sie tun, den Status quo herausfordern. Das men fit für die nächsten Jahrzehnte machen mussten. lange Haar salopp zur Seite gekämmt, zeigt er sich als Das hat sowohl ihn als auch die Hypo Vorarlberg als Rebell. Keiner, den es nach Anarchie dürstet, sondern Geldgeber davon überzeugt, dass es der nächste logi- einer, der in jeder Veränderung eine Chance sieht. sche und richtige Schritt ist.“ Seine erste dokumentierte Rebellion war die gegen Reinhard Schertlers Studium lässt sich noch immer den Willen seines Vaters. Nach nur einem Monat in seinem Handeln und Denken erkennen. So ist bei- schmiss er sein Studium für Bauingenieurwesen an spielsweise bis heute für ihn die Frage, was gebaut der TU Wien hin, um Raumplanung und Städtebau zu wird, viel wichtiger als die Frage, wie es gebaut wird. studieren. „Mein Vater nannte es damals ein Verhinde- „In Wien entwickeln wir derzeit vier Hochhäuser – die baus wiederbeleben und den gewonnenen Raum, Kindergärten oder auch innerhalb von Gebäuden rungsstudium“, erinnert sich Reinhard Schertler. Auch ›Danube Flats‹. Dabei liegt uns – wie auch bei unser- wie es Le Corbusier einst vorgesehen hatte, für Grün- ist Zero Emission ein wichtiges Thema.“ Die ersten 50 viele Jahre später, als der Sohn die Umstrukturierung en anderen Projekten – der öffentliche Raum beson- flächen und als Platz für Kinder zum Spielen nutzen, E-Bagger werden gerade ausgeliefert, im Jahr 2020 der i+R Gruppe in eigenständige Unternehmen plante, ders am Herzen. Wir wollen die Uridee des Hochhaus- statt ihn Parkplätzen zu opfern. Auch beim Seedomi- sollen bereits 500 Maschinen hergestellt werden. zil, unserem derzeit größten Wohnbauprojekt in Doch nicht nur in der Antriebsform sieht der Unter- Vorarlberg, haben wir große Bereiche für nutzbaren nehmer Potenzial: „Baumaschinen wandeln sich auch Grünraum vorgesehen, wo gemeinschaftliches Urban immer mehr zum Smartphone. Geodaten werden ein- Gardening stattfinden kann, und zwar nicht nur für gespielt und als 3D-Modell auf einem Display in der die Bewohner der Wohnanlage, sondern auch für die Kabine angezeigt. Digital unterstützte Steuerung er- Nachbarn.“ möglicht zentimetergenaues Arbeiten. Software-Up- dates über Online-Services bringen neue Features und Neben der Schaffung von nutzbarem Grünraum liegt optimieren die Maschine auch nach der Auslieferung Reinhard Schertler auch die Natur selbst am Herzen. weiter.“ Daher hat der begeisterte Elektroautofahrer bereits sein nächstes ambitioniertes Projekt gestartet. Mit der Doch bei allen Ambitionen ist dem Unternehmer eine zur i+R Gruppe gehörenden Huppenkothen GmbH und Sache sehr wichtig: „Fokus. Es ist nicht ratsam, zu viele in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich nahm er sich Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Ich war 20 Jahre lang der Entwicklung eines Elektro-Baggers an. „Meiner begeisterter Höhenbergsteiger und viel im Himalaja Meinung nach ist Elektromobilität die Zukunft, sei es, und in Südamerika unterwegs. Dabei war es nie meine um die Wertschöpfung bei uns zu behalten oder um Ambition, den höchsten oder schwierigsten Berg zu er- Emissionen zu senken. Besonders beim Einsatz von klimmen, sondern es alleine mit meinem Partner zu Kleinbaggern, also in dicht verbauten Gebieten, neben schaffen.“ 32 33
AMBI TION ZIELE VERFOLGEN, Was ist Ambition? Ist es ein innerer Impuls, der tief im Charakter veran- kert ist? Eine unergründliche Tatkraft, die manche Menschen zu außer- AUCH WENN ES SCHMERZT. gewöhnlichen Leistungen anspornt? Ambition hat jedenfalls ebenso viel mit dem Spaß an einer Sache zu tun wie mit der Neugier, Unbekanntes zu entdecken und es mit Entschlossenheit und großer Hingabe anzu- packen. Vier Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen – von Babette Karner studierte Journalismus und Philosophie. Sie leitet die Kommunikation der Musik bis zum Sport – erzählen von Elan, Hartnäckigkeit und Schloss Werdenberg/CH, zuvor war sie in der Kommunikation bei den Bregenzer Festspie- Leidenschaft. len und der Oper Stuttgart. Freiberuflich ist sie als Autorin und Übersetzerin tätig. 34 35
Es braucht Ehrgeiz, um Leistungs- sport zu betreiben. Wenn man nicht wirklich dahinter ist, dann wird das nichts. Denn Talent allein reicht irgendwann nicht mehr aus. Isabel Posch, Siebenkämpferin Wenn Ambition warm aus braungrünen Augen leuch- strebig gewesen, sagt Isabel Posch. Neue Ziele hat sie ten kann, dann tut sie das bei Isabel Posch. Über eine stets vor Augen: als nächstes 2018 die Teilnahme an Freundin ist das Vorarlberger Nachwuchstalent als der Leichtathletik-U20-Weltmeisterschaft in Finnland Kind zur Leichtathletik gekommen, heute wäre für und auf jeden Fall in naher Zukunft auch ein Start die 17-jährige Maturantin ein Leben ohne Sport schwer beim Hypomeeting in Götzis in Vorarlberg. Eine Ver- vorstellbar: „Es macht so viel Spaß! Nicht gern ins Trai- letzung hat ihr im Frühjahr zwei Dinge klargemacht: ning gehen? So etwas gibt’s bei mir vielleicht zweimal „Man darf sich nicht entmutigen lassen und man muss im Jahr!“ Die Vielseitigkeit des Siebenkampfs entspricht durchhalten. Das geht nur, wenn man ambitioniert ist. ganz ihrem Naturell – „nur eine Disziplin würde mich Aber man muss seinen Ehrgeiz wohldosiert einsetzen – schnell langweilen“. Sie sei immer schon sehr ziel- und ihn auch manchmal zügeln.“ 36 37
Ambition ist für mich die Vorstel- lung, dass etwas machbar ist, und das innere Bedürfnis, sich damit auseinanderzusetzen, darin besser zu werden. Nicht für Geld und nicht für die Anerkennung anderer – sondern für mich selbst. Wilfried Amann, Mitglied des Vorstandes Klettern wollte er als Kind schon, und davon war er Entscheidungen in Extremsituationen, das Erkunden auch nicht abzuhalten. Auf Wikipedia findet man den neuer Routen, das Teamwork am Seil. Schon Amanns Autodidakten als jüngsten Bezwinger der Eiger-Nord- Kletterambitionen als Teenager waren geprägt von wand. Ein Profi-Bergsteiger ist aus ihm dann aber dem Ehrgeiz, ja nie mit dem Hubschrauber geborgen nicht geworden, der Beruf war ihm wichtiger. Doch werden zu müssen. Wer klettert, weiß, dass nur die die Erfahrungen des Kletterns nimmt Wilfried Amann nüchterne Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und tagtäglich mit in seinen Berufsalltag als Vorstand der Ressourcen garantiert, dass aus Ambition nicht Leicht- Hypo Vorarlberg: den inneren Antrieb, sich immer sinn wird. neuen Herausforderungen zu stellen, das Treffen von 38 39
Ums Berühmtwerden geht’s nicht. Aber wenn ich etwas anfange, dann mache ich es richtig. Cornelia Mayer, Projektmanagerin Hypo Vorarlberg Sie spielt Querflöte, Klavier und Saxophon. Sie singt, Hypo Vorarlberg – sind aus einem schlichten „Klar, leitet einen Chor und spielt in einer Band. Unter an- kann ich machen!“ erwachsen. Von Chorleitung habe derem. „Ich stamme aus einer musikalischen Familie“, sie keine Ahnung gehabt, sagt die Mittdreißigerin, sagt Cornelia Mayer, aber wenn man fragt, was sie ist, „aber lernen kann man alles!“ Inzwischen ist bereits sagt sie voll Feuer: „Bankkauffrau!“ Seit 17 Jahren schon das zweite große Chorkonzert der „grandi amici“ in ist sie bei der Hypo Vorarlberg, und nach Ambition Planung. „Und Langstreckenschwimmerin bin ich auch“, muss man bei der lebhaften Projektmanagerin nicht strahlt sie am Schluss: „8. Juli 2017, Seequerung Lochau- forschen: Von ihrem Elan könnten zehn andere leben. Bregenz. Ich war die glücklichste Drittletzte der Welt – Die meisten Projekte – seit 2007 organisiert und leitet aber das war erst der Anfang!“ sie auch den Mitarbeiterchor und die Bigband der 40 41
Es ist wertvoll, immer mal nach links und rechts zu blicken und ein Ziel nicht zu geradlinig zu verfolgen. Ein offener Blick, ein hohes Maß an Empathie und die Fähigkeit zur Selbstkritik – das bringt einen weiter, als einfach nur die Ellenbogen auszufahren. Benjamin Lack, Dirigent Landeskonservatorium Die Vielseitigkeit ist bei Dirigent Benjamin Lack beruf- Mehrere Diplome der Stuttgarter Hochschule für liches Programm – und er liebt und braucht sie. Der- Musik hat er, doch auch der Kirchenchor habe ihn zeit ist er Künstlerischer Leiter des Symphonieorches- geprägt, sagt Lack. Es ist die Arbeit mit vielen unter- ters des Vorarlberger Landeskonservatoriums, Feld- schiedlichen Menschen, die ihn an seinem Beruf so kircher Domkapellmeister und Leiter des Bregenzer fasziniert: Die ungeheure Energie, die sich entfaltet, Festspielchors. Doch das Wort Ambition wiederholt wenn er zusammen mit mehreren Dutzend Musikern er nachdenklich, wägt es ab und meint dann: „Eigent- oder Sängern ein Werk erarbeitet. Entwickeln sich lich ist da vor allem meine Liebe zur Musik.“ Seit Gene- Dirigenten oft aus ambitionierten Orchestermusikern? rationen wird in der Familie Lack musiziert: Benjamin Benjamin Lack lacht: „Kann sein! Man sieht dem Men- begann mit Klavier, später kam das Horn dazu – das schen am Pult zu und denkt: Ach, lass mich das doch Instrument, das schon sein Großvater gespielt hat. auch einmal versuchen!“ 42 43
Steiner & Lenzlinger „Lungenkraut“, 2017 GELD VERSUS KUNST. Das Kunsthaus Bregenz ist eines der Meisterwerke von Peter Zumthor. Unter dem Titel „Dear to me“ präsentiert der Schweizer Architekt derzeit 5 AMBITIONIERTE FRAGEN seine Vorlieben und Inspirationen in Kunst, Musik und Literatur. Durch MIT ROLLENTAUSCH. ihr Sponsoring-Engagement ist die Hypo Vorarlberg seit vielen Jahren mit dem Kunsthaus Bregenz verbunden. KUB Direktor Thomas D. Trummer und Hypo Vorarlberg Vorstand Johannes Hefel stellen sich in der aktuellen Ausstellung Fragen zu Kunst, Geld und anderen Themen des Lebens. 44 45
JOHANNES HEFEL THOMAS D. TRUMMER Vorstand Hypo Vorarlberg Direktor Kunsthaus Bregenz Seit 20 Jahren gibt es das Kunsthaus Bregenz. Für Thomas D. Trummer, Direktor seit 2015, Genauso lange ist Johannes Hefel im Vorstand der Hypo Vorarlberg. ist das KUB ohne Frage eines der ersten Häuser in der Welt Hin und wieder geht er über Mittag ganz allein ins KUB. Diese spezielle der zeitgenössischen Kunst. Besonders hoch einzuschätzen sei das Erfahrung mit sich selbst empfiehlt er allen, die zumindest für kurze Zeit großartige Technikteam. Durch dessen Know-how habe das aus dem Alltagstrott ausbrechen möchten. KUB mehrere Stresstests ohne Schaden überstanden. 46 47
JOHANNES HEFEL 01 Welches Kunstwerk möchten Sie immer wieder sehen? FRAGT Ich würde lieber sagen, immer wieder lesen. Den „Ulysses“ von James Joyce. Das Buch spielt an einem Tag, dem 16. Juni 1904, im Leben des Leopold Bloom. Ich begehe diesen Bloomsday jedes Jahr mit einem Zitat aus dem Roman, das ich an meinen Mail-Verteiler verschicke. Ich feiere für mich und gleichzeitig mit anderen mit der Aufdringlichkeit von jemandem, der Massenmails versendet. Dieses Jahr haben wir ein Bloomsday Rea- ding auf der Schattenburg in Feldkirch veranstaltet. Das war anregend und amüsant. THOMAS D. TRUMMER 02 Was kann Kunst, was Geld nicht kann? ANTWORTET Kunst entführt in fremde Denk- und Empfindungsregionen. Wenn ich lese, hinschaue, hinhöre, rührt mich etwas an. Es spielt keine Rolle, ob ich es verstehe. Ich spüre, dass etwas mit mir passiert. Ich begebe mich auf eine Reise, die ich mir vorher nicht vor- stellen konnte. Geld hingegen kann mich vielleicht zu einer touristischen Reise ver- führen, aber nicht in mein Innenleben entführen. Im Kunsterlebnis sehe ich keinen unmittelbaren Tauschakt. Ich muss nichts zurückgeben, wenn ich nicht will. Welche besondere Ambition haben Sie 03 noch für das KUB? Das KUB läuft gut. Es hat einen ausgezeichneten Ruf, da gibt es nicht mehr viel drüber. Vor allem außerhalb des Landes. Was ich mir noch wünsche ist, dass dieses Angebot mitten in der Stadt die Bregenzerinnen und Bregenzer noch mehr erreicht. Das ist heuer mit dem Festakt schon gelungen. Das Kunsthaus Bregenz ist mit jeder Ausstel- lung verwandelt. Die Ausstellungen sind einmalig. Versäumtes lässt sich nicht nach- holen. Das ist nicht wie in der Formel 1, wo sie im nächsten Jahr noch einmal dieselben Runden drehen. 04 Was sammeln Sie? Ich sammle Ideen. Kunst zu sammeln wäre mit meinem Ethos nicht vereinbar. Ich sehe mich als Vermittler zwischen Künstler und Publikum. Wenn ich versuchen würde, von meinem Insiderwissen zu profitieren, würde ich das Vertrauen missbrauchen. Zur Ideenfindung brauche ich Bücher. Seit meiner Studienzeit habe ich mein Einkommen in Gedrucktes gesteckt. Bevor ich den Ruf nach Bregenz erhielt, habe ich meine Uni- versität in Graz angerufen und ihr ein Drittel meiner Bücher geschenkt. Die Freude am anderen Ende der Leitung war so groß, dass ich heute noch gerührt bin. Die Banken sind stark reguliert, 05 ist die Kunst frei? Auch der Kunstmarkt ist nicht frei von Produktionsbedingungen und Distributions- regeln. Aber grundsätzlich lebt die Kunst davon, dass sie Regeln verletzt. Es muss von einer Gesellschaft sichergestellt werden, dass sie das auch darf. Kunst deckt Ver- gessenes, Unsicherheiten, Narben und Untiefen auf. Das sollte uns was wert sein. Olga Neuwirth „Tinkle for P.Z.“, 2017 48 49
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