Wie Schule gelingt - Nanas Lunchbox
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Fr. 8.20 9/September 2019 T DERHEF MIT SON Jesper Juul hl Wie der Therapeut lebte und inspirierte B e r uf sw a N 68 SEITE Thomas Minder Das Klassenzimmer der Zukunft soll auch ein Wohnzimmer sein Wie Schule gelingt So bringen Eltern und Lehrpersonen die Schule in Bewegung
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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Sein Credo war: Eltern müssen nicht konsequent sein, sondern glaubwürdig. Gute Eltern- Kind-Beziehungen fallen nicht vom Himmel – sie müssen gestaltet werden. Und: Kinder brauchen keine Grenzen, sondern Beziehung. Jesper Juul hat wie kein anderer in den vergangenen Jahr- zehnten Menschen mit seinen Erziehungs- und Bezie- hungsprinzipien geprägt. Am 25. Juli ist unser Kolum- nist im Alter von 71 Jahren nach langer Krankheit Bild: Geri Born gestorben. Caroline Märki kannte Jesper Juul persön- lich. Die Gründerin von familylab.ch, einem Bera- tungsnetzwerk für Familien, erinnert sich in ihrem Nik Niethammer Nachruf an einen Mann und Freund, der «mein Leben Chefredaktor unendlich bereichert hat». Ab Seite 64. Caroline Märki mit Jesper Juul in «Wir möchten nicht, dass so getan wird, als wäre seiner Wohnung in Odder, Dänemark. eine Revolution nötig, weil angeblich nichts funktio- Das Bild entstand am 7. August 2017. niert und das System Schule kaputt ist. Wir möchten aufzeigen, wie Lehrpersonen und Eltern Positives bewirken und einen Unterschied machen können.» So beschrieben die Lernexperten Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler vor einem halben Jahr ihr K onzept «Wie Schule gelingt». Nun liegt das Dossier vor. Ihr Fazit: In öffentlichen Schulen tut sich einiges. Und: Wenn Eltern möchten, dass sich noch mehr bewegt, sollten sie die Lehrpersonen ihrer Kinder unterstützen. «Wie Schule gelingt» – ein Dossier, das Mut macht. Ab Seite 10. Von Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler erscheint in diesen Tagen ein neues Buch. In «Geborgen, mutig, frei» geben die beiden Autoren eine Vielzahl von Tipps, wie Eltern das Selbstwertgefühl und das Selbstver trauen ihrer Kinder stärken können. Getreu ihrer Philosophie: Kinder, die ihre Stärken kennen und nutzen und ihre «Betrachten Sie Ihre Familie Schwächen akzeptieren, kommen besser durchs Leben. als neues spannendes Projekt, Seit dem 1. August ist Thomas Minder oberster Schulleiter Verlag Herder, dessen einzelne Teilnehmer der Deutschschweiz. Wie sich der Thurgauer das Klassen- 240 Seiten, nicht von vornherein bestens zimmer der Zukunft vorstellt und wie er über die Abschaf- ca. 33 Franken. qualifiziert sind.» fung von Hausaufgaben denkt, hat er meiner Kollegin Evelin Hartmann und mir verraten. Auf den neuen Präsidenten des Schul Jesper Juul, dänischer Familientherapeut leiterverbandes wartet eine Fülle von Herausforderungen; Ausdauer und (1948 – 2019) ein langer Atem sind gefragt. Für Thomas Minder vertraute Eigenschaften: Der Mann ist leidenschaftlicher Mountainbiker. Ab Seite 38. Für viele Jugendliche hat in diesen Tagen das neue Lehrjahr begonnen. Noch sind Tausende Ausbildungsplätze nicht besetzt. Warum es für viele Betriebe schwieriger geworden ist, Lehrlinge zu finden, wie die Suche nach einer Lehrstelle gelingt und was die Digitalisierung für die Berufswahl bedeutet, sind drei der Themen in unserem 68 Seiten starken Sonderheft zur Berufswahl. Es liegt dieser Ausgabe bei. Ich wünsche Ihnen viel Lesevergnügen. Erfahren Sie mehr zur aktuellen Ausgabe Herzlichst – Ihr Nik Niethammer in unserem Coverfilm. Bild: Privat Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 20193
Inhalt Ausgabe 9/September 2019 Erziehung & Schule 38 «Das Schulzimmer der Zukunft ist eine Mischung aus Wohnzimmer und Werkraum» Aktuelle Texte, exklusive Kolumnen, Videos und Thomas Minder, der oberste Schweizer einen direkten Draht zur Redaktion finden Sie auf Schulleiter, im Monatsinterview. fritzundfraenzi.ch und 44 Mach doch, was dir Spass macht! facebook.com/fritzundfraenzi Eine sinnvolle Freizeitgestaltung für ein Kind ist das, was es gerne tut. 84 So verstehen Kinder das Familienbudget Auch Geldthemen gehören an den Familientisch, aber nicht alle. 10 Dossier: Wie Schule gelingt 10 Eine gute Schule: Was ist das? Wir sollten für die Schule statt gegen das System kämpfen – warum und wie sagen die Fritz+Fränzi-Lernexperten. 28 Lehrpersonen müssen in Führung gehen Eine Klasse demokratisch zu führen Bilder: Franziska Messner-Rast, Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, ZVG, Westend61 / Getty Images braucht Mut, aber zahlt sich für alle aus. 33 «Wer geliebt werden will, ist im Lehrerberuf verloren» Pädagogin Maike Plath sagt, die Schule habe gute Biografien zu ermöglichen. Cover Wann Schule gelingt, wissen Schülerinnen und Schüler am Bild: Franziska Messner-Rast besten. Wir haben für dieses Dossier viele junge Experten befragt und in drei Klassen fotografiert. 4 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
38 Thomas Minder weiss aus Erfahrung, 66 Wie nimmt man Abschied vom eigenen 78 Der Frühling ist für vom Heuschnupfen wie einsam die Rolle des Schulleiters ist. Kind? Reportage über eine betroffene geplagte Kinder eine Leidenszeit. Der Herbst Er fordert, den Job attraktiver zu machen. Mutter und die Arbeit einer Bestatterin. ist die Zeit, um etwas dagegen zu tun. Reportage 62 Sieben Apps, die den Schulalltag 74 Elterncoaching erleichtern Zu viel elterliche Sorge lädt einem 66 Kinderbestattungen: Diese Anwendungen machen das Kind Druck auf, schreibt unser Wenn jedes Detail zählt Smartphone zum Lernhelfer. Kolumnist Fabian Grolimund. Eine Familientrauerbegleiterin und eine Mutter erzählen vom Umgang mit dem Verlust eines Kindes. Ernährung & Gesundheit Service 76 Proteinkonsum und Muskelwahn 35 Im nächsten Heft Psychologie & Gesellschaft Fitness-Nahrungsmittel sind mit Bedacht zu geniessen. 36 Verlosung 50 Warum Mütter nach der Geburt wieder arbeiten und warum nicht 78 So kommen Kinder besser durch 86 Ein Wochenende in … Investitionen in Betreuungsplätze die Heuschnupfenzeit … den Schweizer Jugendherbergen. entlasten auch den Staatshaushalt. Wen im Frühling die Pollen plagen, der sollte im Herbst vorbeugen. 88 Sponsoren / Impressum / Abo 52 Wie Familie gelingt: Eltern sein – Paar bleiben 89 Buchtipps So bleibt die Paarbeziehung im Rubriken Ein fesselnder Mailwechsel zweier Familientrubel intakt. Schwestern wider Willen. 6 Entdecken 90 Eine Frage – drei Meinungen Digital & Medial 36 Michèle Binswanger Der Sohn will sich eine Shisha Wie unsere Kolumnistin im Zimmer kaufen und zu Hause mit Freunden 58 Die Leere nach den Likes ihres Sohnes eine Putzattacke erlitt. rauchen. Erlauben oder verbieten? Kolumnist Thomas Feibel über soziale Netzwerke und Gefühle. 46 Leserbriefe & Kommentare 60 Wenn Eltern und Kinder nicht 64 Nachruf auf derselben Wellenlänge surfen Wie Jesper Juul mein Leben Konflikte um die Mediennutzung veränderte hängen oft mit unterschiedlichen familylab-Gründerin Caroline Märki Sinneswahrnehmungen zusammen. erzählt, wie ihre Begegnungen mit Die nächste Ausgabe erscheint unserem Kolumnisten sie prägten. am 1. Oktober 2019. Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 20195
Entdecken Hilfe geht durch den Magen Seit zwei Jahren unterstützt die feine und liebevoll verpackte Lunchbox von Nannette Keller Familien mit 3 FRAGEN einem kranken Kind oder Elternteil in Bern. Neu sind die Essenspakete in der ganzen Schweiz erhältlich. Für an Jill Aeschlimann, Verantwortliche bei elternsofa.ch betroffene Familien kostet eine gelie- ferte Mahlzeit 10 Franken pro Person, Aussenstehende bezahlen 20 Franken. «Man kann sich ohne grosse Eltern eines Kindes mit geistiger Behinderung Die erste Bestellung ist für Betroffene Erklärungen verstanden sind mit besonderen Situationen konfrontiert. kostenlos und wird von Spenden Wie gehe ich die Integration meines Kindes in fühlen» den Kindergarten am besten an? Was tun finanziert. Gekocht wird das Essen von La Cultina, einem integrativen Eltern als Experten – darauf setzt das gegen nervige Blicke im Bus? Was bringt Schulrestaurant für junge Menschen neue Angebot Elternsofa von insieme. die Rechen-App «mathildr» für Kids mit aus Krisengebieten. Die Selbsthilfeorganisation engagiert Down-Syndrom? Der Weg zur Fachstelle ist oft sich für und mit Menschen mit geistiger aufwendig und das Wissen der Experten nicht www.nanas-lunchbox.ch Behinderung. Sie sorgt für gute Lebens immer leicht umzusetzen im eigenen Alltag. bedingungen, informiert und berät Das Elternsofa bietet hier praxiserprobte Tipps Betroffene, Eltern, Freunde und Fach – von Eltern zu Eltern. Vielen Müttern und kreise, bietet Weiterbildung sowie Vätern eines Kindes mit geistiger Behinderung Wer ist Wuschel? vielfältige Freizeit- und Förderangebote tut es manchmal auch einfach gut, sich mit Ein Fuchs-Paar adoptiert ein kleines in allen Regionen der Schweiz an. Eltern in einer ähnlichen Situation auszu Tierbaby, das lieber Gras als Spitz- tauschen, sich nicht gross erklären zu müssen Interview: Florina Schwander mäuse isst und dessen wuscheliges und sich verstanden zu fühlen. Oftmals ist Fell einfach nicht rot werden will. Frau Aeschlimann, was genau ist es auch motivierend zu sehen, wie andere Das neue SJW-Heft von Janine das Elternsofa? Eltern mit der Behinderung ihres Kindes Bruneau und Marina Rosset ist liebe- Das Elternsofa ist ein virtueller Treffpunkt: umgehen. voll gezeichnet, und die Geschichte Die Website www.elternsofa.ch will Eltern von Was sind häufige Fragen von Eltern mit vom herzigen Wuschel Kindern mit geistiger und mehrfacher geistig behinderten Kindern? regt zum Nachdenken Behinderung vernetzen. Über die Suchfunktion Die meisten Eltern haben das Bedürfnis, sich an. Ab 6 Jahren. können Väter und Mütter andere Eltern in ganz allgemein mit anderen Müttern und ähnlichen Situationen suchen und um Rat Vätern und ihren Familien zu treffen und zu «Was ist mit Wuschel bitten oder sich austauschen. Wie genau das plaudern. Bei spezifischen Fragen geht es los?», SJW Schweize- geht, ist völlig individuell: Manche treffen sich beispielsweise um die Integration in die risches Jugend- persönlich im Café, andere schreiben via Regelschule. Oder um Fragen, wie man die schriftenwerk 2019, Whatsapp oder Mail. Auch wichtig: Man kann Kinder frühfördern kann oder was getan Nr. 2603, ca. 6 Fr., sich auch einfach mal ohne grosse Erklärungen werden kann, wenn das Kind Mühe hat, www.sjw.ch oder verstanden fühlen. Freunde zu finden. Auch Tipps bei gesundheitli- im Buchhandel. Bilder:ZVG Warum hat insieme das Elternsofa chen Problemen sind immer wieder gefragt. ins Leben gerufen? www.elternsofa.ch 6 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
www.volkswagen.ch Der neue Passat. Aussen Klassiker. Innen Fortschritt. Geht es in Ihrer Familie gerne drunter und drüber? Der neue Passt mit seinen intelligenten Assistenzsystemen ist der ideale Begleiter für Gross und Klein und macht jede Fahrt zu einem Komfort-Erlebnis. Testen Sie Ihren neuen Familienbegleiter und melden Sie sich bis zum 24. September 2019 für eine exklusive 24-Stunden-Probefahrt an: 24hpassat.ch.
Entdecken Einfach anders Yeshi ist «abotiert» und teilt die Zeit in Schuhschachteln statt Pizzastü- cke ein. Die Hauptfigur aus Gabriela Kasperskis Kinderroman «Einfach Yeshi» hat man nach wenigen Sätzen ins Herz geschlossen. Das Abenteuer des adoptierten Mädchens mit einer Zahlen- und Leseschwäche ist für grosse und kleine Leser spannend und sorgt an mehr als einer Stelle für feuchte Augen oder Lachfalten. Gabriela Kasperski: «Einfach Yeshi», Berufsluft schnuppern Am 14. November findet der nationale Zukunftstag Arisverlag 2019, statt. Unter dem Motto «Seitenwechsel» können Mädchen und Jungs der 5. bis 7. Klasse in ca. 25 Fr., verschiedene Berufe reinschnuppern oder an Spezialprojekten teilnehmen. Wenn sich ab 8 Jahren. eine ganze Schulklasse für einen Seitenwechsel interessiert, kann sie am Wettbewerb teil- nehmen und mit etwas Glück 1000 Franken gewinnen. Die Anmeldung für die Plätze startet am 26. August (Spezialprojekte Jungs) und 2. September (Spezialprojekte Mädchen). Alle Infos: www.nationalerzukunftstag.ch «Wann haben Jede zweite Familie knüpft die Einführung des Jugendlohns an neue Regeln. 85 Prozent halten diese Abmachungen schriftlich Sie schon mal fest. Von allen Befragten erhalten 51 Prozent einen Jugendlohn einer Zapfsäule von 101 bis 200 Franken. 12 Prozent erhalten bis gedankt, nachdem 100 Franken, 2 Prozent mehr als 500 Franken. Der Jugendlohn wird für Kinder ab 12 Jahren empfohlen. Tipps zur Einführung und Berechnung Sie getankt unter www.jugendlohn.ch. Quelle: Jugendlohn: Evaluation zu Zugang, Umsetzung und Nutzen für Jugendliche und Familien. www.jugendlohn.ch > Wissenswertes > Evaluation 2018 haben?» Der Psychologe Philipp Ramming vergleicht Eltern mit Tanksäulen und Kinder mit Tankenden: Die Eltern dürfen keine Dankbarkeit erwarten, sagt er. Quelle: Talk im Kulturpark der Stiftung Elternsein am 24. Juni Heidi: Big in Japan Die neue Ausstellung im Landesmuseum in Zürich geht Heidi als Das Video des Talks im interkulturellem Star nach. Sie zeigt die Entstehung von Heidi in der Kulturpark und die Schweiz und wie sie als Buch nach Japan kam, um schliesslich zu Highlights der Veranstaltung einer der berühmtesten Anime-Serien zu werden. Bilder: Philipp Zinniker finden Sie unter: Heidi in Japan, 17. Juli bis 13. Oktober, Landesmuseum Zürich, qr.fritzundfraenzi.ch/erziehung www.nationalmuseum.ch 8 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
SCHÜLERAGENDA A5 1 Woche/2 Seiten 9.95 Alle Angebote gültig solange Vorrat. Aufgrund Umbau sind Angebote im St. Annahof nicht verfügbar. SCHÜLERETUI 14-teilig 19.95 SCHÜLERAGENDA 5.95 CARAN D’ACHE FARBSTIFTE «SCHOOL LINE» ETUIBOX 12 Stück 6.95 11.95 RUCKSACK 9.95 RUCKSACK ROLLTOP TURNBEUTEL 34.95 15.95 SCHLAMPERETUI 7.95 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 20199
Dossier Eine gute Schule: Was ist das? Über das heutige Bildungssystem wird gern und oft diskutiert – und geschimpft. Viele Fachleute wünschen sich ein S chulmodell nach skandinavischem Vorbild für die Schweiz, andere halten an Traditionen fest. Für dieses Dossier h aben sich die Fritz+Fränzi-Lernexperten darüber Gedanken gemacht, wie Schule gelingen kann. Ihre Bilanz macht Mut. Text: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler Bilder: Franziska Messner-Rast 10 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201911
Dossier Für die Bilder in diesem Dossier besuchte die Fotografin Franziska Messner-Rast drei Primar- bzw. Sekundarschulklassen. Wir danken den Lehrpersonen Nadia Serruya (Uster), Maya Bär-Senn (Andeer) und Susanne Hunziker-Kläusli (Winterthur) für ihre Unterstützung. Alle im Heft gezeigten Jugendlichen sind mit der Veröffentlichung der Bilder • Ich weiss, wie man lernt, bin mir einverstanden. bewusst, dass Hindernisse dazu- gehören und habe in der Schule das notwendige Vertrauen in meine Fähigkeiten mitbekommen, um mich auch zukünftig an Her- ausforderungen zu wagen und Neues zu lernen. R • Ich habe mich in der Schule sicher und wohlgefühlt. Ich war Teil einer und 2000 Mal macht Gemeinschaft und habe erfahren, sich ein Kind morgens dass wir alle weiter kommen, wenn auf zum Kindergarten wir zusammenarbeiten und sich oder in die Schule, bis jeder mit seiner Persönlichkeit es die obligatorische und seinen Fähigkeiten einbringen Schulzeit abgeleistet hat. Es sind darf. 2000 Tage, die den weiteren Lebens- Für dieses Heft haben wir zahlrei- weg erheblich mitprägen. Was sollen chen Kindern und Jugendlichen aus Kinder aus dieser Zeit mitnehmen? dem deutschsprachigen Raum Fra- Uns treibt diese Frage seit Jahren gen rund um die Schule gestellt und um. Untersuchungen wie die Pisa- ihre Meinungen eingeholt. Ihnen Studien oder die gross angelegte scheint über alle Schulstufen hinweg Hattie-Analyse, in die Daten von insbesondere der letzte der obigen 250 Millionen Schülerinnen und Punkte wichtig zu sein, wie die Inter- Schülern einflossen, erachten wir als views zeigen. unzureichend: Sie fokussieren fast ausschliesslich darauf, welche Test- Berührend klare Vorstellungen ergebnisse Kinder und Jugendliche der Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt in Mit einer berührenden Klarheit einem bestimmten Bereich erzielen. berichten Kinder und Jugendliche, was die Schule leisten sollte: David, Was eine erfolgreiche Schulzeit 8 Jahre, antwortet auf die Frage nach auch ausmacht seiner Wunschschule: «Es wäre nie- Neben der Leistung erscheinen uns mand gemein. Alle Kinder würden andere Kriterien als mindestens zusammen spielen und lachen. Kei- ebenso wichtig. So finden wir es ner wäre alleine. Niemand würde wertvoll, wenn junge Erwachsene plagen und hauen und lügen. Die auf ihre Schulzeit zurückblicken und Lehrer würden zuhören und sagen können: zuschauen und einem glauben. Alle • Ich habe vieles gelernt, das für wären lieb zueinander.» Und Eliane, mich persönlich relevant war und 14, ist es wichtig, «dass man respek- mich auf meinen weiteren Lebens- tiert wird, nett ist und sich gegen- weg vorbereitet hat. seitig hilft».
Dossier Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201913
Dossier 14 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier Zur Schule geht man gerne, wenn man verständnisvolle, geduldige, humorvolle L ehrpersonen hat. Fragt man Kinder und Jugend- ein neues Fach: «Ich möchte Kindern
Dossier
Dossier Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201917
Dossier 18 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier wir in Weiterbildungen von Es erfordert Mut, sich der
Dossier legen, was wir abends am
damit ihnen diese Schritte gelingen. geschrieben und beispielsweise in sonen: «Das ist ja schön und gut, Jaggi: «Eine gemeinsame Sammlung einen umgebauten Kaugummi-Au- aber dafür fehlen mir die Zeit und hilfreicher Strategien in besonders tomaten gesteckt. Wer nicht weiter- die Ressourcen.» Das ist ein Trug- heiklen, anspruchsvollen Situatio- kommt, kann sich einen Tipp aus schluss. Durch die Bank alle Lehr- nen zur Verfügung zu haben, erach- dem Automaten holen. Wir trainie- personen, die aktiv an einem guten te ich als viel wirksamer als jedes ren in der Klasse auf verschiedenste Klassenklima, der Beziehung zu den Belohnungs- und Bestrafungssys- Weise, uns selbst und andere wert- Schülerinnen und Schülern und tem, erleichtert es uns doch, unsere schätzend zu beobachten, als ‹Res- dem Aufbau von Kompetenzen im Würde zu erhalten beziehungsweise sourcen-Detektive› gegenseitig sozial-emotionalen Bereich arbei- wieder zu finden, Fehlverhalten in Fähigkeiten zu entdecken, Anstren- ten, betrachten dies als Investition, Ordnung zu bringen und unterein- gungen und Fortschritte – und seien die sich auszahlt. ander wieder in positive Beziehung sie noch so klein – zu bemerken und zu treten. Dies gilt im Übrigen nicht diese letztlich auch einander rück- «Wir wollten keine Ghettoisierung» nur für die Kinder, sondern auch für zumelden.» Der Förderlehrer Werner Fessler, mich selbst. Besonders nützliche Wenn wir von solchen Beispielen den wir über sein Lehrmittel «Atlas Tipps für schwierige Situationen erzählen, kommt fast unmittelbar Mathematik» kennengelernt haben, haben wir gemeinsam kreiert, auf- der Einwand von anderen Lehrper- stellte gemeinsam mit zwei
Dossier 22 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier Wenn wir eine Schule möchten, ferenz, zum Beispiel, sollte einen klaren Gewinn für alle bedeuten, die die Bedürfnisse der Kinder sonst muss sie gestrichen werden.» berücksichtigt, sollten wir nicht Oft hören wir von Eltern die Kla- ge, dass sich «das System» nicht gegen das System kämpfen, ändere und es «doch nicht sein kann», dass sich die Schule nicht sondern für die Schule. schneller wandelt. Dabei wird oft übersehen, dass es eine Aufbruch- stimmung bei vielen Menschen im schulischen Kontext gibt, dass sich der Wandel an vielen Orten vollzieht und gleichzeitig wir alle «das Sys- tem» sind, das sich schwer tut mit Veränderungen.
Dossier Herrn: «Das ist so – bei mir werden, die diese Themen tagtäglich dass diese bis zur Pensionierung im
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201925
Dossier
Dossier
Dossier Lehrpersonen müssen in Führung gehen Wie sorgen wir dafür, dass unsere Lernenden uns als Führungspersonen anerkennen und uns Respekt entgegenbringen? Diese Frage beschäftigt viele Lehrpersonen immer wieder von Neuem. Auf der Suche nach Antworten können gerade die Schülerinnen und Schüler selbst wertvolle Impulse liefern. Text: Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund Bild: Franziska Messner-Rast In Kommentarspalten zu Online-Ar- spricht. Da ist von üblen Streichen Schülerinnen und Schüler auch tikeln rund um aktuelle Schulprob- die Rede – von Klebstoff und Reiss- deutlich, dass sie sich Führung, leme finden sich immer wieder die nägeln auf dem Lehrerstuhl, von Klarheit und Struktur wünschen: Sie gleichen Aussagen: «Früher hatten Juckpulverattacken und nach vorne erwarten von den Lehrpersonen, die Schüler noch Respekt vor den fliegenden Turnschuhen. dass sie für ein ruhiges Arbeitsklima Lehrern.» – meist mit der Forderung, Die vielgelobte Disziplin und mit klaren Aufträgen sorgen, auf «man müsse wieder hart durchgrei- Ordnung wurden mit Einschüchte- störendes Verhalten reagieren und fen» oder die «Eltern sollten ihre rung und teils mit nackter Gewalt Sicherheit gewährleisten, indem sie Kinder gefälligst wieder gescheit erzwungen. Es ist ein Riesenglück, gegen Mobbing Stellung beziehen. erziehen». dass unsere Kinder in eine Schule So ärgert sich der 11-jährige Oft steht dahinter die irrige Vor- gehen dürfen, in der sich die Cyrill darüber, wenn seine Mitschü- stellung, dass die Kinder früher vom Erwachsenen nicht mehr auf diese ler «die Lehrerin ärgern und wir Elternhaus praktisch «fertig erzo- Art durchsetzen. nicht weiterkommen im Unterricht. gen» in die Schule kamen, wo sie Es wird langweilig! Ich finde das nur von den Lehrpersonen lediglich Die Kinder wünschen sich Führung, doof». Man brauche eben «eine gute unterrichtet werden mussten. Klarheit und Struktur Klasse, Regeln und die Lehrerin, die Das war nie so: In der Regel sorg- Heute wissen die meisten Lehrper- diese auch durchsetzt – aber in ten die meisten Lehrpersonen dafür, sonen um die Bedeutung einer guten einem guten Umgangston statt im dass die herrschenden Regeln ein- Lehrer-Schüler-Beziehung und sor- Befehlston», damit man sich in der gehalten wurden – mit teilweise gen aktiv für einen wertschätzenden Schule wohlfühlen kann, meint traumatisierenden Methoden. Umgang. Ela, 9, ist eines der Kinder, Lucy, 7. Ähnlich sieht es die 14-jäh- Dass Lehrpersonen, die sich die wir für dieses Dossier befragt rige Joan, für die eine gute Lehrerin nicht durchsetzen konnten oder haben. Sie schwärmt von ihrer «sehr nett ist, aber wenn es darauf wollten, auch früher mit Disziplin- Grundschullehrerin: «Sie lacht viel ankommt, bleibt sie ernst». problemen zu kämpfen hatten, und hilft, wenn es Kindern nicht gut Dass neben Herzlichkeit und erfährt man, wenn man mit Senio- geht. Sie schreibt auch schöne Sachen Bestimmtheit auch Struktur gefragt ren über ihre eigene Schulzeit unter die Hefteinträge. Sie singt mit ist, zeigt das Beispiel von Jan. Auf uns vor den Proben: ‹Ich schaff das seine Traumschule angesprochen, schon, ich schaff das schon, ich schaff antwortet der 9-Jährige: «Da gäbe es das ganz alleine, ich komm bestimmt, Wochenpläne, bei denen ich genau ich komm bestimmt, auch wieder auf weiss, was ich machen soll.» die Beine.› Das gibt mir Kraft.» Immer wieder finden sich auch Viele Strategien, die Auch Emil, 11, hat Grund zur Freude: «Meine Lehrerin ist nett und Aussagen von Kindern wie Laura, 10, denen es zusetzt, dass ihre Lehr- Lehrpersonen früher nutzten, hat für jeden Verständnis! Und eine kräfte bei sozialen Problemen weg- Menge Geduld, wenn sie mir Mathe sehen: «Als einer aus der Klasse um sich Respekt zu verschaffen, erklärt. Sie hat Humor und ist lus- angefangen hat, mich ‹fette Sau› zu werden heute durchschaut tig … und sie ist fair und gerecht!» Neben dem Wunsch nach Bezie- nennen, haben andere Kinder mit- gemacht, und kein Lehrer hat gehol- und als lächerlich empfunden. hung wird anhand der Aussagen der fen. Nur meine Lieblingslehrerin 28 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
hört mir zu und sagt mir nicht, dass sonen ablehnen, trifft man immer haben, ihre Wünsche, Träume und ich solche Sachen mit den Kindern wieder auf dieselben Beschreibun Ideen äussern und verwirklichen. selber klären soll.» gen: mangelnde Fairness, Vorurteile, Wenn eine Lehrkraft sich so Je älter die Schülerinnen und ständiges Nörgeln und Kritisieren, benimmt, testen die Jugendlichen Schüler sind, desto häufiger taucht Blossstellungen und Beleidigungen, aus, wie weit sie gehen können. Sie der Begriff «Respekt» in ihren Äus herablassende Sprüche, Besserwis ist dann wie ein Magnet für Provo serungen auf. Wir waren erstaunt, serei und fachliche Inkompetenz. kationen, sozusagen ein Versuchs wie kritisch und differenziert viele Viele Strategien, die Lehrpersonen exemplar.» Jugendliche ihre Lehrpersonen früher nutzten, um sich Respekt zu Aus den vielen Stimmen der Kin unter die Lupe nehmen. Sie erwar verschaffen, werden heute von Schü der und Jugendlichen kristallisiert ten ein echtes Interesse an ihnen als lerinnen und Schülern durchschaut sich ein deutliches Plädoyer für Person: Béryl, 16, beschreibt, dass er und als lächerlich empfunden. einen demokratischen Führungs Lehrpersonen nicht mag, die «kei ansatz in der Schule heraus. nen Respekt haben und meinen, Autorität nicht durch Gefordert wird ein Klima, in dem dass sie immer alles über die Schüler Machtausübung geltend machen die Lehrperson als Führungsperson wissen, dabei wissen sie nichts über Dies zeigt sich beispielsweise bei in Erscheinung tritt, ihre Autorität uns». Und Jana, 14, antwortet auf die Sophie, 14: «Wenn eine Lehrkraft aber nicht durch Machtausübung Frage nach ihrem perfekten Schul gleich beim ersten Mal vor einer geltend macht. Vielmehr soll sie alltag: «Das wäre, wenn sich die neuen Klasse den Boss markieren gemeinsam mit der Klasse Ziele Lehrer auch für mich als Person und will, macht sie etwas grundlegend aushandeln, ihre eigenen Erwartun nicht nur für meine Leistungen inte falsch. Jugendliche fangen in der gen klar äussern, aber auch die ressieren würden.» Pubertät an, die Welt beziehungs Stimmen der Schülerinnen und Möchte man wissen, welches weise ihr Umfeld zu hinterfragen. Schüler einfangen und ernst neh Verhalten Jugendliche bei Lehrper Sie wollen auch etwas zu sagen men. Regeln sollen weder von
Dossier oben nach unten durchgege gelten wie für sie und dass solche stellt oder Kinder an die Tafel ruft,
Dossier Erfolgreich Die vier demokratischen Führungs- ins neue joker erlauben es den Geführten, auf die Führung Einfluss zu nehmen, Schuljahr! indem sie unmittelbare Rückmel- Die besten Lernstrategien dungen geben. Es handelt sich dabei für Jugendliche um vier Signalwörter, die jeder Schü- ab 11 Jahren: ler, jede Schülerin während des Unterrichts zu jedem Zeitpunkt aus- sprechen darf, um sich einzubringen. • Der Joker «Tempo» zeigt an, dass es zu langsam geht und sich einzel- ne Schülerinnen und Schüler oder die Klasse gelangweilt fühlen. Damit lässt sich beispielsweise eine ausufernde Diskussion unterbre- chen, wenn mehrere Klassenmit- glieder das Signalwort «Tempo» aussprechen und damit verdeutli- chen, dass sie nun mit dem Stoff HOG_9783456858975_Rietzler_Clever.indd 2 02.05.18 17:43 Mehr Motivation, weniger weitermachen möchten. Hausaufgabenstress – • Der Joker «Klarheit» meldet der der Ratgeber für Eltern Lehrperson oder einem Mitschüler von Kindern mit ADHS zurück, dass eine Erläuterung oder und ADS: ein Auftrag nicht nachvollzogen werden kann und man eine Präzi- sierung oder andere Erklärung benötigt. Dieser Joker basiert auf der Grundhaltung: «Wer führt, trägt die Verantwortung dafür, dass alle verstehen, was die Führung ver- mitteln will.» • Der Joker «Veto» erlaubt es den kann dazu etwas erzählen, das sie/ Geführten, eine Anweisung auszu- ihn gefreut hat? schlagen. Sie dürfen, müssen dies • Was hat bei der Gruppenarbeit gut aber nicht begründen. Durch das funktioniert? Was nicht? Was ist Aussprechen des Signalworts 10 Minuten pro Tag für nötig, damit die Zusammenarbeit «Veto» würde es beispielsweise sichere Grundlagen im noch besser klappt? einem Schüler, einer Schülerin Lesen, Schreiben und Rechnen: • Wie habt ihr die letzten Stunden ermöglicht, eine Frage nicht zu erlebt? Was fandet ihr besonders beantworten oder die Aufforde- spannend? Was nehmt ihr daraus rung, zur Abfrage an die Tafel zu mit? Was hat euch gefehlt? kommen, zu verweigern. • Der Joker «Verantwortung» bietet Vier demokratische Führungsjoker Schülerinnen und Schülern die In diesem Zusammenhang spricht Gelegenheit, Einspruch zu erheben, uns das Konzept der vier demokra- wenn sie jemand anderen schützen tischen Führungsjoker besonders an, möchten und das Gefühl haben, welches die Lehrerin und Theater- dass sich diese Person gerade pädagogin Maike Plath (siehe Inter- unwohl fühlt, sich aber nicht selbst view S. 33) in ihrem Buch «Befreit zur Wehr setzen oder zu einem euch!» beschreibt. Sie entwickelte ihr «Veto» durchringen kann. Unterrichtskonzept an einer Berliner Vielleicht fällt es Ihnen schwer, sich Brennpunktschule, als all ihre bis- vorzustellen, dass diese Art von Füh- herigen Methoden versagten. rung an einer öffentlichen
Dossier
«Wer geliebt werden will, ist im Lehrberuf verloren» Lehrpersonen an Brennpunktschulen sind oft mit besonders schwierigen Lehrsituationen konfrontiert. Lehrerin und Buchautorin Maike Plath über die Frage, wie auch Lehrpersonen anderer Schulbetriebe von diesem reichen Erfahrungsschatz profitieren können. Interview: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler Bild: Franziska Messner-Rast Frau Plath, Sie haben einige Jahre als zu hinterfragen. Diese Jugendlichen Lehrkräfte an meiner Schule. Sie hat Lehrerin an einer Schule in Neukölln an der Hauptschule fühlten sich als ten das Gefühl, den Schülerinnen gearbeitet, einem Bezirk Berlins, der Menschen zweiter Klasse abgestem und Schülern individuell nicht als «sozialer Brennpunkt» bekannt ist. pelt, und zwar nicht unbedingt von gerecht werden zu können. Wie haben Sie Ihre Zeit an dieser einzelnen Lehrkräften – zu denen Und daraus ergibt sich eine Schule erlebt? hatten sie teilweise sogar ein gutes feindselige Stimmung? Für mich war die Situation nach vor Verhältnis –, sondern vom System Richtig. Die Aggressionen oder die herigen acht Jahren an einer musisch Schule. innere Emigration der Jugendlichen orientierten Gesamtschule nahe Wie meinen Sie das? sehe ich als Reaktion auf die Demü Hamburg im Vergleich absurd. In Ich glaube, dass diese Schülerinnen tigung, als Versager behandelt zu meiner damaligen Wahrnehmung und Schüler ununterbrochen ver werden. Die Lehrkräfte begegnen waren an der Berliner Schule 90 Pro wundert und gelangweilt sind von den Jugendlichen in ihrer Hilflosig zent der Jugendlichen «nichtdeut der Art und Weise, wie und was sie keit oft autoritär, was das Gefühl der scher Herkunft» und insgesamt die lernen sollen. Sie wehren sich gegen Demütigung aber nur noch ver Zustände chaotisch. Mir erschien es die ständige Bevormundung und die stärkt. Deren Reaktion darauf – so, als ob die Lehrkräfte versuchten aus ihrer Sicht irrelevanten Lern damals an der Brennpunktschule – «Schule zu spielen», aber die Jugend inhalte, weil sie für sich sowieso kei war wiederum, die Lehrkräfte zu lichen spielten nicht mehr mit. Das, ne Chance sehen, in diesem System beleidigen und zu demütigen, und was ich als «Unterricht» bezeichnet erfolgreich sein zu können. Meiner so entstand ein Teufelskreis, in dem hätte, war nicht möglich. Den Erfahrung nach empfinden sehr viele alle Beteiligten der Schule ununter Jugendlichen waren Noten egal, sie Jugendliche die Schulzeit als eine brochen damit beschäftigt waren, verweigerten den Unterricht, tobten Phase, die sie irgendwie durchhalten Herabsetzung, Frust und Kränkung durch die Gegend, pöbelten sich müssen, die ihnen aber persönlich zu kompensieren: sowohl die Schü gegenseitig an und waren kaum oder gar für ihre Zukunft nicht viel lerinnen und Schüler als auch die ansprechbar. Gewalt lag in der Luft, bringt. Darunter litten auch die Lehrerinnen und Lehrer.
Dossier
Es gibt in unserer Arbeit beispiels- will oder weil ich es – auf das über- weise die «Veto-Regel»: Jede Person geordnete Ziel bezogen – verantwor- im Raum kann jederzeit «Veto» ten kann? Wer geliebt werden will, In der September-Ausgabe 2020 sagen und eine Anweisung – ohne ist im Lehrberuf verloren. Das habe widmen wir dem Thema Begründung – verweigern. Erst ich persönlich spätestens in Berlin- «Kooperation Schule – Elternhaus» dadurch entsteht der innere Frei- Neukölln gelernt. ein eigenes Dossier. raum, sich auf Neues und Fremdes Was wünschen Sie sich für die Schule? einzulassen und sich zu trauen, Risi- Der Lehrerberuf ist einer der wich- ken einzugehen. tigsten Berufe überhaupt. Es ist Das Thema Führungsverantwortung absurd, dass ausgerechnet Lehrkräf- nimmt in Ihren Büchern viel Raum ein. te sich überfordert, gefrustet und Der Lehrerberuf erfordert Führungs fremdbestimmt fühlen. Sie sollten kompetenz. Das heisst: sowohl die erkennen, dass unsere Zukunft nicht Fähigkeit, anderen Menschen indi- unwesentlich von ihrem individuel- viduell und zugewandt zu begegnen len alltäglichen Handeln abhängt. und sich in andere einzufühlen, als Lehrkräfte sollten sich nicht länger auch deutlich Grenzen zu setzen und als Opfer eines Systems begreifen, Entscheidungen zu verantworten, sondern als die Akteurinnen und die unter Umständen auch mal gros- Akteure der nächsten relevanten se Widerstände bei den Jugendlichen Emanzipationsbewegung. Dafür auslösen. sollten wir uns zusammentun und Inwiefern wird man in der Ausbildung kooperieren, statt einsam jeden Tag darauf vorbereitet? das Unmögliche zu versuchen.
Kolumne Episches Staubsaugergefecht A uch früher schon schätzte der Sohn es wenig, wenn ich mit Staubsauger und Putzlappen anrückte – nicht nur wegen des Lärms, sondern auch wegen der damit verknüpften Auffor- derung, den Saustall aufzuräumen. Eine Aufgabe, die er erst nach ausgefeilten Wortgefechten in Angriff nahm, immer neue Ausflüchte erfindend, warum das gerade jetzt eine besonders schlech- te Idee sei, später aber nachgeholt werden könne. Aber das gehört der Vergangenheit an. Jüngst verkündete der zum Jüng- ling herangewachsene Sohn, er werde sein Zimmer von nun an selber put- zen. Zunächst war ich misstrauisch. Die Strategie liegt auf der Hand: das Michèle Binswanger Zimmer zum eigenen Hoheitsgebiet erklären, um es dann nach Lust und Die studierte Philosophin ist Journalistin Laune vergammeln zu lassen. Aber er sagte «Easy Mann» und bewies mir und Buchautorin. Sie schreibt zu das Gegenteil: Für einige Wochen räumte er schneller und gründlicher auf Gesellschaftsthemen, ist Mutter zweier als jeder andere. Auch den Schrank. Und die Schuhe. Also liess ich mich Kinder und lebt in Basel. auf den Deal ein und überliess ihm vertrauensvoll die Hoheit. Verlosung Jetzt gewinnen! 10 × 1 Familien ticket Fr ä n z i ve r lost … der) für den Fritz + (2 Erwac h s e n e / 2 K in je 79 Fr. im W e r t vo n Familytrail Städte entdecken. Abenteuer erleben. Kindern helfen! Manchmal liegen ferne Länder ganz schön nah. Auf dem Familytrail entdecken kleine und grosse Abenteurer neue Welten und fremde Kulturen – gleich nebenan in Zürich, Bern oder Basel. Auf einer spannenden Schnitzeljagd in Zusammenarbeit mit Foxtrail folgen Sie mit Ihren Kindern geheimen Wegweisern, lösen knifflige Rätsel und erleben dabei hautnah mit, wie das Kinderhilfswerk World Vision Schweiz arbeitet. Sie möchten dabei sein? Mehr Infos auf: familytrail.ch Wettbewerbsteilnahme auf www.fritzundfraenzi.ch/verlosung Teilnahmeschluss: 29. September 2019
Doch so stark er angefangen hatte, so stark liess er nach. Ich ahnte Böses, hütete mich aber, das Zimmer genauer zu inspizieren. Obschon er sich in der Testphase als prima Aufräumer erwiesen hatte, schien er jetzt eher wie ich als Teenager: Es gelang mir, sogar während des Aufräumens neues C haos zu produzieren. Erst viel später entdeckte ich die zen-artige Wirkung, die Putzen auf mich hat, weshalb ich heute eine emsige Hausfrau bin. Eines Tages kroch ich an meinem Putztag mit dem Staubsauger auf dem Wohnzimmerboden herum, da hörte ich einen leisen Ruf aus dem Zimmer. Kein echter Ruf, eher ein Sirenengesang, ein Locken. Der Sohn war beim Vater, hatte zwar wieder einmal versprochen, am Sonntag noch aufzuräumen, aber ob er das auch tun würde? Ich packte meinen Staubsauger und schritt auf das Zimmer zu, mit dem vagen Vorsatz, nur schnell zu gucken. Ich woll- te mich zurückhalten, seine Privatsphäre nicht verletzen. Mit dem Fuss stiess ich die Türe auf, doch der Anblick, der sich mir bot, liess meinen Vorsatz schnell vergessen. Ich packte den Staubsauger wie ein Schwert und meine emsige Hausfrauennatur ging mit mir durch. Ich war nicht mehr zu bremsen. Auf Einzelheiten kann ich diskretionshalber nicht eingehen. Nur so viel: Ich fegte wie ein mit Putzlappen und Holzpolitur bewehrter Hurrikan durch, klopfte hustend Matratzen auf, es war ein episches Staubsaugergefecht. Am Ende liess ich mich erschöpft in eine Ecke fallen, unsicher, ob ich das Rich- tige getan hatte. Ich rief den Sohn an und sagte, dass ich sein Zimmer geputzt habe, weil die vorgefundenen Zustände meiner Hausfrauennatur zu sehr zugesetzt hätten. Er antwortete, wie ein pubertierender männlicher Teenager heute antwortet: «Easy Mann.» Und ich beschloss, es easy zu nehmen. Ein Herz und zwei Seelen. Verschieden und nahe sein mit Sina Bardill und Christof Arn, 21. – 22. 9. Jedes Wort wirkt. Mit bewusster Sprache den Beziehungs- alltag gestalten mit Eva Woodtli, 11. – 13.10. Das 2 x 1 der Liebe und die Grundregeln der Paarkommunika- tion mit Hans-Peter Dür und Melanie Bischofberger, 2. – 3. 11. Informationen und weitere Kurse: www.klosterkappel.ch Kloster Kappel, 8926 Kappel am Albis, Tel. 044 764 88 30 Schalten Sie hier FIT FÜR SCHULE, GYMI UND ZUKUNFT. Ihre Anzeige. Unsere Tagesschulen und Kurse unterstützen gezieltes Anzeigenverkauf Tel. 044 277 72 65 Praktische Ausbildung Lernen in kleinen Klassen. Behindertenbetreuung Für anhaltenden Lernerfolg. Infos unter www.ibk-berufsbildung.ch An 7 Standorten in Zürich, Winterthur und Pfäffikon (SZ). www.lernstudio.ch
Doppelrolle: Thomas Minder leitet die Schule in Eschlikon, die seine Kinder besuchen.
Monatsinterview «Das Schulzimmer der Zukunft ist eine Mischung aus Wohnzimmer und Werkraum» Seit dem 1. August ist Thomas Minder der oberste Schulleiter der Deutschschweiz. Der Thurgauer über akuten Schulleitermangel, Quereinsteiger im Lehrberuf und sein Ziel, grösseren Einfluss auf die Politik zu nehmen. Interview: Evelin Hartmann und Nik Niethammer Bilder: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo Wer sich am Bahnhof Eschlikon verab- kommen noch betriebswirtschaft Probleme mit dem Mädchen. Welche redet, findet sich schnell. Nur wenige liche Aspekte hinzu und Führungs- Aufgabe kommt Ihnen als Schulleiter Fahrgäste steigen aus dem Zug. Tho- kompetenzen. zu? mas Minder winkt seinen Besuchern zu, Würden wir Ihre Kollegen fragen, was Meine Aufgabe bestünde darin, ein führt sie zum nahe gelegenen Park- Sie als Schulleiter auszeichnet, welche Netzwerk aufzubauen, damit es nicht platz. «Wir führen das Gespräch am Antwort bekämen wir? zur Eskalation kommt. Vor allem auf besten in der Schulverwaltung. Das ist Ich bin einer, der sein Kollegium der Belastungsseite der Lehrperso- nicht weit», sagt der neue Präsident unterstützt, ein offenes Ohr für die nen. Denn obwohl die Situation des Dachverbands Schulleiterinnen und Anliegen der Lehrpersonen hat. unheimlich belastend ist, sollen sie Schulleiter VSLCH. Dort angekommen Einer, der dazu stehen kann, wenn gesund ihre Arbeit machen können. staunen Fotografin und Journalisten er Fehler gemacht hat und das Auch wenn das bei uns im Schulhaus nicht schlecht: Thomas Minders Gespräch sucht. sehr selten vorkommt: Es gibt diese Arbeitsort ist eine 130 Jahre alte ele- Kinder, die einfach ausflippen. Und gante Villa mit toskanischen Formen das ist für Lehrpersonen extrem und aufwändigem Dekor. Nach einer kurzen Besichtigungsrunde kann das «Eine Lehrperson anspruchsvoll. Verstehen Sie sich als eine Art Interview beginnen. s oll auch in einer Schlichtungsstelle? Herr Minder, was macht einen guten sehr b elastenden Es gibt Situationen, in denen ich mich mit Eltern und Lehrpersonen Schulleiter aus? S ituation gesund an einen Tisch setze. Dann höre ich Ganz einfach, der- oder diejenige muss die eierlegende Wollmilchsau ihre Arbeit machen den Eltern zu und nehme ihre Anlie- gen auf, aber ich fühle mich eher der sein. Nein, im Ernst, Gesprächsfüh- können.» Organisation Schule verpflichtet. Ich rung, Geduld, Empathie, Konflikt kenne die Lehrpersonen und ihre lösefähigkeit sind wichtige Eigen- Stärken und Schwächen, und wenn schaften eines Schulleiters. Darüber Sagen wir, an Ihre Schule kommt eine Eltern Kritik anbringen, dann geht hinaus muss er oder sie sich auch neue Schülerin, mit der es an ihrer es oft um etwas, woran wir sowieso abgrenzen können, Probleme nicht vorhergehenden Schule schwierig war. schon arbeiten. Es wäre unprofessi- zu sehr an sich heranlassen. Dann Auch die neuen Lehrpersonen haben onell, dies öffentlich zu kom- >>> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201939
>>> mentieren. Und nur weil Psychologen, aber auch die Peers beim Einkaufen. Fällt es in diesem Fall Eltern in dieser Sache nichts weiter und deren Eltern. schwerer, sich abzugrenzen? von mir hören, heisst das nicht, dass Und das tun Eltern zu wenig? Es ist auch eine Chance, wenn man wir intern nicht daran arbeiten. Grundsätzlich machen es die meis- in einer kleineren Gemeinde, in der Ist der Beruf des Schulleiters ten Eltern sehr gut. Es gibt aber Müt- man lebt, arbeitet. Aber ja, meine im Vergleich zu früheren Zeiten ter und Väter, die dieses Unterstüt- Frau hat sicher lernen müssen, sich anspruchsvoller geworden? zungsnetz nicht oder zu wenig in abzugrenzen. Als ich die Stelle als Im Bereich Kommunikation mit Anspruch nehmen, die regen sich Sicherheit. Die Geschwindigkeit, mit lediglich gemeinsam mit anderen der sich Nachrichten verbreiten, Eltern auf. nimmt zu, ebenso wie die Taktung. Eltern hören ein Gerücht und tau- Welche Instanzen können Schulleiter um Unterstützung beziehungsweise «Wenn es Probleme schen sich darüber mit anderen Hilfe bitten? gibt, sollten die Eltern via Whatsapp aus. Eltern sind heute besser vernetzt. Ich nutze beispielsweise das kollegi- ale Netzwerk bestehend aus anderen E ltern das ganze Aber diese Vernetzung nutzen sie Schulleitern, hole Meinungen ein Unterstützungs nicht, um ihre Kinder besser zu begleiten. oder erkundige mich nach Fachper- sonen. Die Anlaufstelle für Schullei- system der Schule Wie meinen Sie das? ter ist in der Regel der Präsident des nutzen.» Ich halte es in dieser Sache mit dem kantonalen Schulleiterverbandes. israelischen Psychologen Haim Dieser verschickt die Anfragen via Omer, der sagt: Wenn es Probleme Mail an sein Netzwerk und bittet um mit dem Kind gibt, sollten Mütter Rückmeldung an den Absender. Schulleiter angetreten habe, waren und Väter das ganze Unterstützungs- Sie führen eine Primarschule in einer meine Kinder noch klein. Jetzt gehen system nutzen, das die Institution eher ländlich geprägten Region. Man sie in die Schule, und die Eltern Schule anbietet, Lehrpersonen, kennt sich aus Vereinen, Ihre Frau meiner Schüler kennen mich auch Schulleiter, Schulsozialarbeiter und trifft Väter oder Mütter Ihrer Schüler als Vater. Das macht einen mensch- licher und entspannt die Situation um einiges. Ihre Kinder gehen in die Schule, an der Sie Schulleiter sind? Thomas Minder über … sätzlich würde ich Hausaufgaben stark Ja, ich wollte nicht, dass meine Kin- reduzieren oder abschaffen. der anders behandelt werden. Auch … Noten wenn es für die Lehrpersonen nicht Ich würde Noten wirklich gerne … einen späteren Schulbeginn immer ganz einfach ist. So haben sie abschaffen. Aber ich weiss nicht genau Das würde in der Oberstufe wirklich mich als Chef und Vater im Nacken. wie. Es braucht ein Monitoring-System, Sinn ergeben, doch wo hängt man die Seit dem 1. August sind Sie Präsident etwas Motivierendes, bei dem auch der Zeit an? des Verbands Schulleiterinnen und Schüler sieht, ich habe etwas gut Schulleiter Schweiz. Dafür haben gemacht. Aber die klassische Noten- … das digitale Klassenzimmer Sie Ihr Pensum als Schulleiter auf gebung scheint mir nicht der richtige Der Umgang mit neuen Medien ist allge- 60 Prozent reduziert. Weg: Da baut der Lehrer eine Beziehung meinbildend. Wir müssen dafür sorgen, Bisher hatte ich zwei Schulstandorte auf, dann gibt er eine schlechte Note dass auch die Kinder damit in unter mir, einen konnte ich an einen und kappt sie wieder. Denn das Kind Berührung kommen, deren Eltern zu jüngeren Kollegen abgeben. Er war fragt sich sofort: Gibt er mir schlechte Hause nicht so gut mit digitalen Geräten mein Wunschkandidat für den Pos- Noten, weil er mich nicht gern hat? ausgestattet sind. Aber digitale Schule ten. Es ist nicht selbstverständlich, heisst nicht, dass man möglichst viele eine Schulleitungsposition aus den … Hausaufgaben digitale Geräte einsetzt. Computational eigenen Reihen besetzen zu können. Der empirische Nutzen von Hausauf- Thinking geht auch auf Papier. Der Sie spielen auf den Schulleitermangel gaben ist nicht erwiesen. Also kann man zukünftige Erwachsene, der bei uns jetzt an. sie auch abschaffen. Es gibt Themen, Schüler ist, bewegt sich gut in der digi- Der meiner Meinung nach noch gra- bei denen es nicht schlecht ist, wenn talen Welt, wenn er genug Erfahrungen vierender ist als der Lehrermangel. man sie daheim anschaut. Aber Grund- in der analogen Welt gesammelt hat. Ich finde es nicht glücklich, wenn «nur» von einem qualitativen Man- 40 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Monatsinterview gel gesprochen wird – anstatt von Was ist zu tun? Wie stehen Sie zu Quereinsteigern? Die Beziehung einem grundsätzlichen Lehrer- Die Ausbildung attraktiver zu Natürlich wäre es einfacher, wenn zwischen beziehungsweise Schulleitermangel. machen, genügt nicht, respektive es eine Lehrperson, die das System Lehrperson und Das bedeutet ja, dass mit dem letzten ist der falsche Ansatz. Der Job des kennt, zum Schulleiter wird. Doch Schüler ist für Aufgebot Stellen besetzt werden, und Schulleiters müsste attraktiver sein. wichtiger ist es, eine Person zu wäh- Schulleiter das ist keine gute Ausgangslage für len, die eine Leidenschaft für Men- Minder die Basis eine Schulgemeinde, die die ideale schen hat. Es ist ein geflügeltes Wort, des Unterrichts. Person finden und nicht die letzte «Es gibt aber es ist so: Eine Lehrperson wie verfügbare nehmen muss. auch ein Schulleiter muss Menschen Warum fehlen geeignete Schulleiter? L ehrpersonen, mögen, sonst ist man am falschen Ist die Position nicht attraktiv? die können nicht Ort. Es gibt Lehrpersonen, wenn Es ist eine einsame Rolle. Ich bin auch wenige, die können nicht mit bis vor einem Jahr der Vorgesetzte mit Menschen. Menschen, die sind dummerweise von 50 Personen gewesen. Das ist Die sind im im falschen Beruf gelandet. Als unheimlich anspruchsvoll. Jeder Ein- Schulleiter muss man dafür brennen, zelne hat Anliegen an seinen Chef, falschen Beruf.» gute Situationen zu schaffen, mit den dazu kommt die Kommunikation mit Menschen, die dort arbeiten, für die den Eltern und der Schulbehörde. Kinder, die zu uns kommen. Kaum ein Schulleiter bewältigt seinen Ein Faktor wäre dabei sicher, den Verstehen Sie Lehrpersonen, die Mühe Job in einem Vollzeitpensum, viele Schulleitern für die anfallenden Auf- mit Quereinsteigern haben? unterrichten nebenher. Die Pensen gaben genügend Zeit zu verschaffen. Natürlich. Sie meinen, der- oder die- sind oft zu knapp bemessen. Da ist die Politik gefordert. jenige habe kein Verständnis >>> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September 201941
>>> für ihre Situation, weil er oder oder ein Kommunikationskonzept, grossen Tisch zusammenkommt sie das System nicht kennt. Ich selbst zur Unterstützung der kantonalen und gemeinsam produktiv wird. bin als Sekundarlehrer Schulleiter Bildungsarbeit erarbeiten. Darüber Dann sind Sie ein Befürworter von auf Kindergarten- und Primarstufe hinaus möchte ich den Schulleiter- jahrgangsübergreifenden Klassen und geworden. Mir ist man anfangs auch dachverband und seine Arbeit individualisiertem Unterricht? mit Skepsis begegnet. bekannter machen. Unserem Land Schule wird sich dahingehend ver- Haben Sie Fehler gemacht? fehlt eine Vorstellung davon, wie ändern. Davon bin ich überzeugt. Ja, ich glaube aber nicht zu gravie- Schule in Zukunft aussehen soll. Das preussisch geprägte Schulsys- rende. Für den Kindergarten habe Dahingehend möchte ich Einfluss tem, der Lehrer als Autoritätsperson ich einmal einen Fragebogen ent- nehmen auf die politischen Verant- vorne an der Tafel, der seinen Schü- worfen, auf dem die Schülerinnen wortlichen und Verbände. lern Wissen eintrichtert, ist passé. und Schüler ankreuzen sollten: «trifft Diese Vorstellung überfordert einige zu», «trifft manchmal zu», «trifft gar Lehrpersonen. nicht zu». Die Kindergartenlehr Und ich kann diese Kollegen auch person hat mich darauf aufmerksam «Der Schweiz fehlt verstehen. Aber es geht nicht darum, gemacht, dass die Kinder das noch jedem einzelnen Schüler, jeder ein- gar nicht verstehen. Sie arbeite auf eine Vorstellung zelnen Schülerin sofort ein passen- dieser Stufe mit Smileys. Als Quer- d avon, wie die des Programm zu bieten, sondern einsteiger macht man vielleicht zwei vielmehr darum, zuzulassen, dass bis drei Anfängerfehler, doch wenn Schule in Zukunft die Kinder und Jugendlichen selbst man selbst grossmütig ist und sein aussehen soll.» etwas kreieren. Manche Kinder wer- Umfeld einem grossmütig begegnet, den das sehr gut und eigenverant- schafft man das miteinander. wortlich leisten können, andere Was werden die grossen Themen Ihrer werden dabei stärker begleitet wer- Amtszeit als VSLCH-Präsident sein? Wie stellen Sie sich die Schule der den müssen. Und dafür braucht es Zum einen habe ich es mir zum Ziel Zukunft vor? gute Lehrpersonen, sie sich als Moti- gesetzt, eine bessere Vernetzung der In meiner Vorstellung wird das per- vator beziehungsweise Coach ver- einzelnen kantonalen Schulleiterver- fekte Schulzimmer eine Mischung stehen sollten. Die Zeiten, in denen bände voranzutreiben. Zum anderen aus Wohnzimmer, Werkraum und die Kinder aufgestanden und will ich Tools, wie Positionspapiere Küche – ein Ort, wo man an einem strammgestanden sind, weil die Zur Person Die Fritz+Fränzi-Redaktoren Evelin Hartmann und Nik Niethammer sprachen mit Thomas Minder. Der heute 43-Jährige begann nach der Matur ein Studium der Ingenieurwissenschaften und arbeitete danach als Flugbegleiter bei der Swissair, bevor er in St. Gallen das Studium als Sekundarlehrer phil II. abschloss und Lehrer wurde. Seit 12 Jahren leitet Thomas Minder die Volksschulgemeinde Eschlikon auf Stufe Kindergarten und Primarschule, viereinhalb Jahre lang präsidierte er den Thurgauer Verband der Schulleitenden VSLTG. Seit August ist er Präsident des Verbands VSLCH, in dem rund 2200 Schulleiterinnen und Schulleiter organisiert sind. Thomas Minder ist verheiratet und Vater dreier Kinder im Alter von 11 bis 14 Jahren. 42 September 2019 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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