WINTER 2022 / 2023 - SCHNELLE NACHBARSCHAFTSHILFE (SEITE 12) CARSHARING (SEITE 16) SILBERSOMMER (SEITE 35) VERFÜGUNGSFONDS (SEITE 39) ...

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Winter 2022 / 2023

Schnelle Nachbarschaftshilfe (Seite 12) ● CarSharing (Seite 16)
    Silbersommer (Seite 35) ● Verfügungsfonds (Seite 39)
 Tafelausgabe Büchenbach (Seite 40) ● Haselnüsse (Seite 56)
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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

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Winter 2022 / 2023

                   Liebe Leserinnen und Leser,

in der Herbst-Ausgabe der Umschau hat-        heutigen Stadtteilzeitung mit- und weiter-
te ich schon angekündigt, dass wir hof-       entwickelt. Danke dafür!
fen, im Herbst könne die Umgestaltung         Sie haben mich vor über fünf Jahren
des Raumes des AWO Ortsvereins Er-            überzeugt, dass ein Stadtteilprojekt, das
langen-West abgeschlossen werden.             an das AWO Sozialzentrum angedockt
Zum Redaktionsschluss dieser Umschau          ist, eine Bereicherung für Büchenbach,
sehen wir, dass nur noch Restarbeiten         aber auch für meine berufliche Entwick-
fehlen. 56nord, wie wir unseren Treff zu-     lung sein kann. Den langwierigen und
künftig nennen werden, kann wohl ab           anstrengenden Weg der Beantragung
kurz vor Weihnachten genutzt werden.          des Projekts haben Sie immer unterstützt
Das freut uns sehr, schließlich hat sich      und mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfah-
die Planungs- und Bauphase wesentlich         rung begleitet. Danke dafür!
länger hingezogen, als anfangs gedacht.
                                              Sie haben das AWO Sozialzentrum wei-
Was ist eigentlich geplant? Wir haben ei-     terentwickelt und mit vielen Impulsen vo-
nen offenen Treffpunkt konzipiert, für        rangebracht. Ihrer Beharrlichkeit ist es zu
dessen Ausstattung wir mit der Stadt Er-      verdanken, dass so viele Projekte zum
langen kooperieren, da er auch von der        Wohl der Bewohner*innen umgesetzt
Stadtteil-Werkstatt 56nord genutzt wird.      werden konnten. Danke dafür!
Katja Eichinger, die Quartiersmanagerin,
die das ISEK (Integriertes Städtebauli-       Lieber Herr de Haan, für Ihre berufliche
ches Entwicklungskonzept) begleitet,          und private Zukunft wünscht Ihnen das
wird hier ihren Sitz haben. Und natürlich     Redaktionsteam der Umschau alles Gu-
wird auch der AWO Ortsverein seine            te! Vielen Dank für Ihr Engagement in all
Treffen weiterhin hier abhalten.              den Jahren!
Zu einer offiziellen Eröffnung wird es erst   Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wün-
im nächsten Jahr kommen. Bitte beach-         sche ich – gemeinsam mit den Mitglie-
ten Sie dazu unsere Ankündigungen.            dern der Redaktion – alles Gute und viel
Schon heute lade ich Sie herzlich ein,        Gesundheit für das neue Jahr!
dann einmal im 56nord vorbeizuschauen!
Leider muss ich an dieser Stelle auch un-     Frank Steigner
seren langjährigen Einrichtungsleiter,
                                              Redaktionsleitung und
Enno de Haan, verabschieden. Er ver-
                                              Koordinator des AWO
lässt das AWO Sozialzentrum zum Jah-
                                              Stadtteilprojekts
resende. Lesen Sie dazu seinen Text auf
Seite 66.                                     Kontakt:
Lieber Herr de Haan, für unsere Einrich-      AWO Sozialzentrum
tung, für unsere Projekte, aber auch          Büchenbacher Anlage 27
ganz persönlich bedauere ich sehr, dass       frank.steigner@awo-omf.de
Sie uns verlassen werden. Sie waren ein       Tel. 307 102
Mitgründer der Umschau und haben sie          www.awo-stadtteilprojekt-erlangen.de
gemeinsam mit dem Redaktionsteam zur

                                                                                            3
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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                                 Inhaltsverzeichnis
    Sicher unterwegs – der Rollator macht´s möglich! Teil 2                   5
    Neues von der Balkonsolaranlage im AWO Sozialzentrum                      8
    Redewendungen erklärt: Auf der Leitung stehen                             11
    Schnelle Nachbarschaftshilfe                                              12
    Unbeliebte Naturbewohner                                                  14
    CarSharing in Büchenbach – ein Erfahrungsbericht                          16
    Filmprojekt Trilogy 56nord in Büchenbach                                  19
    Die Rikscha rollt weiter                                                  20
    Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof                            22
    Der Esel                                                                  25
    Kann man Spiegel trinken?                                                 26
    Konkurrenz im Schuhregal                                                  28
    Kaleb-Dienste e.V. – Wer oder was ist das eigentlich?                     30
    „Silbersommer“ in den Heiden                                              35
    Rätselspaß                                                                36
    Neues aus der Stadtteil-Werkstatt 56nord                                  38
    Tafelausgabe Büchenbach                                                   40
    Feste der Religionen: Weihnachten in der Griechisch-Orthodoxen Gemeinde   42
    Weihnachtsgedichte                                                        48
    Dinner for One                                                            49
    Schneeengel                                                               50
    Die Weihnachtsgurke                                                       52
    21. Januar: Weltknuddeltag                                                54
    Fränkische Spezialitäten – Teil 11: Fränkische Haselnüsse                 56
    Weihnachtszeit – eine dufte Zeit                                          62
    Neulich. Im Winter. Im Wartezimmer                                        63
    Gericht der Saison                                                        65
    Abschied nach mehr als 20 Jahren                                          66
    Neue Auszubildende im AWO Sozialzentrum                                   67
    Abschiede                                                                 68
    Impressum                                                                 70

    Titelseite: Rotkehlchen im Winter; Foto von Roland Theiner
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Sicher unterwegs – der Rollator macht‘s möglich!
                     Teil 2

In der Herbstausgabe der Umschau be-         fahrer*innen manchmal so unter Fahr-
richteten wir erstmals über ein „Rollator-   plan-Zeitdruck, dass das Ein- und Aus-
Training“. Die Volkshochschule Erlangen      steigen der Passagiere möglichst schnell
veranstaltete nämlich im Mai 2022 einen      gehen soll – auch das Absenken des
zweiteiligen Kurs, um die „rollende Geh-     Busses (oder das Auslegen einer Ram-
hilfe“ und ihre richtige Handhabung stär-    pe) scheint dann zeitlich unmöglich zu
ker ins Bewusstsein ihrer potentiellen       sein. Oft bringt ein*e Rollator-Lenker*in
Kund*innen mit Handicap zu bringen –         vor lauter Aufregung auch nicht (mehr)
egal, welchen Alters. Die rund 30 Kurs-      den Mut auf, den*die Fahrer*in oder an-
teilnehmer*innen erhielten von einigen       dere Fahrgäste um Hilfe beim Ein- bzw.
Experten in (wenig ☺) Theorie und (ganz      Ausstieg zu bitten. Was also tun? Einen
viel ☺) Praxis zahlreiche nützliche Tipps    Arzttermin, einen Einkauf, ein Konzert o-
und hilfreiche Anregungen rund um den        der einen Besuch usw. lieber absagen
Rollator: Ging es im ersten Teil beson-      oder vielleicht doch ein Taxi nehmen?
ders um die Funktion der „Bauteile“ und
zusätzliche Ausstattungsmöglichkeiten,
um Fahreigenschaften und die Sicherheit
im Straßenverkehr sowie über die Mög-
lichkeit, Rollator-Sport im Verein zu be-
treiben, so stand im zweiten Teil das Bus-
fahren im Mittelpunkt.
Nancy Angerer, Verkehrsplanerin bei
den Erlanger Stadtwerken und Busfah-
rerin, Anna Dorn vom Seniorenamt Er-
langen/Seniorenanlaufstelle Bruck und
Ergotherapeut Philipp Elb von der Pra-
xis für Ergotherapie Ernst Barthel (in
der Luitpoldstraße) gaben diesmal hilfrei-
che Ratschläge fürs Bus- (und Bahn-)
Fahren und leiteten auch die praktischen
Übungen an. Dazu hatte Frau Angerer
einen Stadtbus mitten auf den Rathaus-
platz gefahren und abgestellt.
Das Busfahren treibt vielen Rollator-
Benutzer*innen den Angstschweiß auf
die Stirn: Ein „ebenerdiges“ Hineinrollern
in das Fahrzeug ist nicht immer möglich,
weil nicht alle Omnibusse absenkbar und
die meisten Haltestellen (noch) nicht bar-   Beim Einsteigen erst die Vorderräder hoch-…
rierefrei sind. Außerdem stehen die Bus-

                                                                                           5
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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

    Nein, das muss nicht sein! Mit einem ver-    gen, die Bremsen lösen und sich einen
    kehrstüchtigen Rollator und ein wenig        Sitzplatz bei den für Rollatoren bzw. Roll-
    Übung gelingt nämlich auch das Busfah-       stühle vorgesehenen Abstellplätzen su-
    ren.                                         chen. Erst wenn Sie Ihren Rollator dort in
    Häufig hilft schon ein Handzeichen oder      Fahrtrichtung „geparkt“ und mit den Fest-
    ein Augenkontakt zum*zur Busfahrer*in,       stellbremsen gesichert haben, setzt
    um ihn*sie beim Einfahren in die Halte-      der*die Busfahrer*in (im Idealfall) die
    stelle auf Ihren Rollator aufmerksam zu      Fahrt fort. Benutzen Sie den Rollator in
    machen. Im Idealfall hält dann ein Nie-      Bus oder Bahn bitte nicht als Sitzgele-
    derflurbus vor Ihnen. Wenn nicht, ma-        genheit. In Kurven oder beim Bremsen
    chen Sie dasselbe wie beim Bordstein-        ist seine Standsicherheit nicht ausrei-
    Überwinden: Sie fahren so nah wie mög-       chend gewährleistet. Zeigen Sie schließ-
    lich an die mittlere Tür heran und benüt-    lich rechtzeitig Ihren Haltewunsch an und
    zen den Kipptritt, um die Vorderräder        bleiben Sie sitzen, bis der Bus steht.
    hochzuheben und in den Bus zu stellen.
    Nun schieben Sie die Hinterräder nach
    und betätigen anschließend die Feststell-
    bremsen. So kann der Gehwagen nicht
    wieder aus dem Bus rollen (und Sie da-
    bei streifen oder überrollen).

    … und dann die Hinterräder nachschieben!
                                                 Vorsicht! Nur an barrierefreien Haltestellen
                                                 oder beim Einsatz einer Rampe sollten Sie
    Greifen Sie nun mit beiden Händen an
    die Griffleisten, die an den Bustüren an-    vorwärts aussteigen. Zu leicht verliert man*
    gebracht sind – aber niemals an die des      frau das Gleichgewicht, wenn der Gehwagen
    Rollators, er kann nämlich Ihr Gewicht       mit nach vorne gebeugtem Oberkörper nach
    nicht halten und kippt unter Umständen
    um! Ein übler Sturz könnte die Folge         unten geschoben und wie hier vielleicht sogar
    sein. Ziehen Sie sich dann an den Tür-       mit verdrehten Rädern auf dem Gehsteig
    griffen in den Bus hinein. Nun können Sie    „landet“ oder gar zwischen Bus und Bord-
    Ihre Hände an die Griffe des Rollators le-   stein.

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An allen anderen Stopps sollten Sie rück-      Leben führen und auch die soziale Teil-
wärts aus dem Bus herausgehen. Das ist         habe aufrechterhalten zu können. Damit
ungewohnt und hört sich schwieriger an         die „rollende Gehhilfe“ ihre Aufgaben
als es eigentlich ist. Drehen Sie den          wirklich optimal erfüllt und nicht selbst zu
Rollator vor der Türe um. Sie stehen nun       einem Unfallrisiko wird, ist zunächst eine
ebenfalls mit dem Rücken zum Ausstieg          ärztliche Indikation notwendig. Sie klärt
und legen die Feststellbremsen ein. So-        u. a., ob die Gehhilfe auf Grund Ihres
bald sich die Bustüren geöffnet haben,         Krankheitsbildes dauerhaft oder nur für
halten Sie sich genauso wie beim Ein-          einen bestimmten Zeitraum verwendet
stieg mit den Händen an beiden Türgrif-        werden soll. Eine technische Einweisung
fen fest – und nicht am Rollator! Er bietet    durch eine Orthopädiefachkraft sowie ei-
Ihnen keinen Halt. Jetzt können Sie vor-       ne Einführung in die Nutzung (z. B. durch
sichtig hinunter auf den Gehweg bzw. die       ergotherapeutische Maßnahmen) sind
Straße steigen. Vergessen Sie bitte nicht,     hilfreich und wichtig. Und danach heißt
dabei auf den Bordstein zu achten! Nun         es: Übung macht den Meister! Das siche-
lösen Sie die Bremsen, ziehen den Rolla-       re Führen eines Rollators kann die Le-
tor langsam zu sich herunter und drehen        bensqualität und -freude nämlich unge-
ihn in Ihre Laufrichtung.                      mein steigern!
Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung,
um bis ins hohe Alter ein selbstständiges Gisela Sponsel-Trykowski

                                               Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen
                                               Übungsleitern der VHS-Kurse „Rollator-
                                               Training I und II“ (13.5. und 21.5.2022)
                                               für die zahlreichen Informationen „live“
                                               und „in Textform“ (Quellen: Dt. Verkehrs-
                                               wacht e.V., Mit Sicherheit mobil, Berlin
                                               o.J./ Dt. Seniorenliga e.V., „Eine sichere
                                               Stütze-Mobil mit Rollator“, Bonn 2014)

                                               Unter der Kursnummer: 23S204004 fin-
                                               det am Samstag, 6. Mai 2023, von
                                               10:00 bis 12:00 Uhr ein Rollator-
                                               Training mit praktischen Übungen am
                                               Bus beim AWO Sozialzentrum, Büchen-
                                               bacher Anlage 27 statt.
                                               Eine Anmeldung bei der Volkshochschu-
                                               le über www.vhs-erlangen.de, persönlich
                                               im Service-Büro in der Friedrichstraße
                                               19 oder per Telefon (Tel. 86-2668) ist er-
                                               forderlich. Die Teilnahme ist kostenlos.
Ob Einstieg oder Ausstieg: Bitte beide Hände   Bitte bringen Sie Ihren eigenen Rollator
an die Griffe der Bustüren!                    (falls vorhanden) mit.

                                                                                              7
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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                  Neues von der Balkonsolaranlage
                      im AWO Sozialzentrum

    Seit 16.05.22 produzieren
    zwei       300-Watt-Solar-
    module auf dem Balkon
    im zweiten Stock des
    AWO         Sozialzentrums
    Strom. Die Anlage wurde
    mit Unterstützung des
    Stadtteilbeirats Büchen-
    bach angeschafft und fi-
    nanziert (wir berichteten
    bereits in der Herbst-
    Ausgabe der Umschau).
    Mit Dr. Stefan Els, Stadt-
    teilbeiratsmitglied und Ini-
    tiator des Projekts, haben
    wir nochmals gespro-
    chen, um einige Fragen
    zu klären, die uns auch        Vom Holzweg aus zu sehen: Die beiden PV-Platten auf dem
    von Ihnen, liebe Leserin-      Balkon im 2. Stock des AWO Sozialzentrums.
    nen und Leser, erreicht
    haben.

                                              Dies deutet darauf hin, dass die Angaben
    Herr Dr. Els, wir haben zwei 300-Watt-    des Herstellers zutreffen. In Erlangen ha-
    PV-(Photo-Voltaik-)Module installiert.    ben wir oft Schönwetterperioden, die viel
    Wie viel Strom können diese produzie-     Sonne versprechen. Aber sogar bei Be-
    ren?                                      wölkung produziert die PV-Anlage immer
    Dr. Els: Die Anlage hat eine Leistung von noch bis zu einem Drittel der Nennleis-
    600 W (Watt). Das ergibt in einer Stunde tung.
    600 Wh. Wir gehen von 900 bis 1.000
    Sonnenstunden im Jahr aus. Damit las-
                                              Was bedeutet das? Wie lange kann
    sen sich bis zu 600 kWh im Jahr erzeu-
                                              man damit z. B. eine Glühbirne betrei-
    gen!
                                              ben? Oder wie viel Wasser lässt sich
                                              damit zum Kochen bringen?
    An der Anlage ist ein Messgerät ange- 200 kWh entsprechen 200.000 Wattstun-
    bracht. Demnach haben wir von Mitte den. Würde man einen Raum mit zwei 60
    Mai bis Mitte September (also in ei- Watt-Glühbirnen ununterbrochen be-
    nem Dritteljahr) etwa 200 kWh erzeugt. leuchten, reichen die 200 kWh für 1.667
    Ist dies viel oder wenig?                 Stunden Betrieb. Das sind etwa 70 Tage.

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WINTER 2022 / 2023 - SCHNELLE NACHBARSCHAFTSHILFE (SEITE 12) CARSHARING (SEITE 16) SILBERSOMMER (SEITE 35) VERFÜGUNGSFONDS (SEITE 39) ...
Winter 2022 / 2023

Die Sonne scheint ja über den Tag ver-       Betreibe ich sie zur gleichen Zeit, liegt
teilt nicht immer im gleichen Winkel und     der Verbrauch bei 1.500 Watt und ich
mit derselben Intensität. 150 bis 200 Watt   muss 900 Watt zukaufen. Deshalb wer-
sind also ein Durchschnittswert. Die 300     den bei uns erst die Kartoffeln gekocht,
Watt pro Modul (600 Watt für beide Mo-       dann das Spiegelei gebraten und danach
dule) sind der Maximalwert (kWp – Kilo-      die Spülmaschine angeschaltet, anstatt
watt peak).                                  alles zu gleicher Zeit zu betreiben. Nun,
Ein Wasserkocher hat eine Anschluss-         ich bin Rentner und kann mir die Zeit ein-
leistung von bis zu 1.800 Watt. Er ver-      teilen. Doch das Arbeiten im Home-Office
braucht damit in einer Stunde 1,8 kWh.       macht es möglich, selbst bei Berufstäti-
Das bedeutet, dass die Platten bei voller    gen hier noch Potential durch Anpassung
Leistung höchstens ein Drittel des           des Verbraucherverhaltens zu finden.
Stroms des Wasserkochers erzeugen
würden. Die restlichen zwei Drittel kämen Was kann man tun, wenn man tags-
aus dem Netz. Insgesamt würde natür- über nicht zuhause ist?
lich trotzdem etwas gespart werden.
                                           Wenn man tagsüber nicht zuhause ist,
                                           kann man sich nur mit einer Zeitschaltuhr
Wie viel Geld haben wir damit ge- behelfen oder eben die Spülmaschine
spart?                                     und die Waschmaschine anschalten, ehe
Ich denke insbesondere die AWO kann man das Haus verlässt. Man kann für
hier wirklich die maximale Einsparung er- das Anschalten auch Familienmitglieder
zielen.                                    einspannen, die tagsüber heimkehren
                                           und die Geräte einschalten, wenn es
Denn sparen kann man nur mit dem noch hell ist. Das kann zu einem völlig
Strom, den man auch selbst, also im ei- neuem „solaren Wir-Gefühl“ führen. Bei
genen Haushalt erzeugt und auch ver- uns zuhause waren es spannende, inter-
braucht. Der Strom den man nicht selbst aktive Erfahrungen, die zu viel Ge-
verbraucht ist aber nicht verloren. Dieser sprächsstoff beigetragen haben.
wird in das Netz eingespeist. Bei den
Balkonplatten wird hierfür aber keine Ver- Oder man installiert einen Stromspeicher,
gütung gezahlt. Bei so einem großen um dann den Solarstrom nachts zu ver-
Haus wie dem AWO Sozialzentrum läuft brauchen.
auch tagsüber immer irgendwo ein Elekt-
rogerät. Sie werden also auf einen hohen Was hat die Anlage gekostet? Wie lan-
Eigenverbrauch kommen. Ich bin schon ge dauert es also, bis man die Kosten
sehr gespannt, ob man an der Jahresab- wieder „drin“ hat?
rechnung eine Veränderung erkennen
wird.                                      Ihre Anlage hat etwa 1.400,-- Euro ge-
                                           kostet. Hier war aber auch alles mit da-
Das führt mich zu einem sehr wichtigen bei. Die Aufhängung und das Montage-
Hinweis, der auch in meinem eigenen material, der Stecker, die Kupplung für
Haushalt zu einer Änderung im Nut- beide Platten, ein eigener Zähler mit zu-
zungsverhalten geführt hat.                sätzlicher Sicherung und – besonders
Meine Induktionsplatte oder meine Spül- wichtig – der Wechselrichter für die Um-
maschine verbrauchen je nach Betrieb wandlung von Gleichstrom in Wechsel-
500 bzw. 1.000 Watt.                       strom. Man kann die Komponenten auch

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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

 einzeln und billiger bekommen. Doch hier      bedingungen, die Redaktion) und einem
 sind die Komponenten aufeinander abge-        kleinen Speicher mit 6 kWh beträgt die
 stimmt und, ich glaube, auch von guter        Förderung immerhin 2.100,-- Euro, hinzu
 Qualität.                                     kommt noch die Förderung des Landes
 Ich denke, dass es schon 8 bis 10 Jahre       mit 700,-- Euro, wenn es gelingt den An-
 dauern wird bis die Anlage sich amorti-       trag beim 10.000-Dächer-Programm zu
 siert hat. Steigt der Strompreis allerdings   platzieren. Dazu kommt noch die – leider
 wie angekündigt, wird es schneller ge-        etwas dürftige – Einspeise-Vergütung
 hen.                                          von 8 Cent je kWh. Dachanlagen sind al-
                                               lerdings auch viel kostspieliger.

                                               Man muss sich ja nicht nur weniger
                                               Strom einkaufen, wenn man ihn selbst
                                               produziert, sondern spart auch CO2.
                                               Können Sie die entsprechenden Men-
                                               gen angeben?
                                               Die CO2-Einsparung hängt immer davon
                                               ab, wie der Strom, den man sonst ver-
                                               braucht, erzeugt wurde. Es gibt z. B. An-
                                               gebote für grünen Strom bei fast allen
                                               Anbietern. Details kann man der Jahres-
                                               endrechnung entnehmen oder beim Ver-
 Auch das Montagematerial und die Verkabe-     sorger erfragen.
 lung wurden im Set mit den Platten
 angeschafft.                                  Wo kauft man sich am besten PV-
                                               Module und was ist dabei zu beach-
                                               ten?
 Welche Zuschüsse bekommt man
 (und woher), wenn man sich so eine Es gibt jede Menge gute Hersteller. Wir
 PV-Anlage anschaffen möchte?               haben das Markenprodukt von SUNpay
                                            bei einem Anlagenbauer gekauft. Der
 Die Stadt Erlangen hat im Jahr 2019 den Verein Energiewende Erlangen e.V. bie-
 Klimanotstand erklärt. Es wurden aber tet für vertiefende Fragen einen exzellen-
 nicht nur Sprüche geklopft, sondern auch ten Vortrag, an dem man online nach Vo-
 gehandelt. Die PV-Platten werden je 100 ranmeldung teilnehmen kann (ca. 90 Mi-
 Watt Leistung mit 50,-- Euro, bezu- nuten).
 schusst, mithin also 300,-- Euro. Der An-
 trag bei der Stadt ist einfach und nieder-
 schwellig. Wir haben den Betrag schon Wo und wie bringt man die Anlage am
 zwei Wochen nach dem Antrag auf dem sinnvollsten an?
 Konto gehabt.                              Der vorgenannte Vortrag geht auf die
 Noch besser sieht die Förderung bei PV- Möglichkeiten und auch die Ausbeuten je
 Anlagen auf dem Dach aus. Bei einer PV nach Ausrichtung detailliert ein. Interes-
 -Leistung von 7 kW Peak (kW Peak = sant dabei ist, dass selbst bei ungünsti-
 Nennleistung gemäß Standard-Test- ger Möglichkeit zur Ausrichtung immer

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Winter 2022 / 2023

noch erstaunlich viel Strom erzeugt wird.     weitere Fragen hat?
Man kann die Platten an die Wand hän-         Bei der Energiewende ER(H)langen e.V.
gen, am Balkon befestigen oder im Gar-        (www.energiewende-erlangen.de)und bei
ten aufstellen. Wichtig ist ein Zugang        der AG Neue Energie vom Bund Natur-
zum eigenen Strom-Netz.                       schutz in Bayern (Kreisgruppe Erlangen;
Natürlich ist es immer gut noch an die        www.erlangen.bund-naturschutz.de)
Platten heran zu kommen, um sie zu rei-       kann man kompetente Ansprechpartner
nigen, wenn mal wieder Saharastaub ge-        finden. Das Umweltamt der Stadt hilft
flogen kam oder Schnee darauf liegt. An-      auch kompetent weiter, insbesondere,
sonsten sind die Platten wartungsfrei.        wenn es um Fördermaßnahmen geht.
Eichhörnchen, Mäuse oder Vögel haben
mitunter Spaß daran sich an den Kabeln Herr Dr. Els, vielen Dank für Ihre Un-
zu schaffen zu machen. Es kann also je terstützung und die Beantwortung un-
nach Lage sinnvoll sein, die Kabelfüh- serer Fragen!
rung in einem Leerrohr auszuführen.

                                              Interview: Frank Steigner
Wen kann man ansprechen, wenn man

  Redewendungen erklärt: Auf der Leitung stehen
Ich gebe es zu, manchmal stehe ich
auch „auf der Leitung“ und es dauert, bis
ich etwas kapiert habe. Aber woher
kommt diese Redewendung mit Leitung?
Denn sehen kann man diese Leitung, auf
der man steht, ja bekanntlich nicht.
Entstanden ist der Spruch in der frühen
Phase des Telefons. Die Verbindung war
oft schlecht, ein Rauschen und Knistern
und gelegentlich der völlige Abbruch des
Gesprächs. Nachdem man sich das Tele-
fon als Leitung vorstellte, in der die Wor-   Ungeduldige mahnen deshalb im Scherz,
te wie Wasser von einem zum anderen           doch einen Schritt zur Seite zu gehen um
Ende flossen, lag der Gedanke nahe,           die Leitung wieder frei zu bekommen.
dass da wohl jemand auf dieser Leitung        Verwendet wird die Redensart, wenn es
stand. Ähnlich ist wohl die Entstehung        lange dauert, bis das Gegenüber den
der Redewendung „eine lange Leitung           Sinn des Gespräches verstanden hat
haben“ zu sehen. War das Gespräch             oder für die Antwort lange braucht.
schwer zu verstehen, dann war eine zu
lange Leitung die Ursache.
                                              Manuela Herbert

                                                                                         11
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                   Schnelle Nachbarschaftshilfe

 Die ruhige, stille Zeit beginnt und auch     Geborgenheit vermitteln, erfahrene Müt-
 die Schnecken begeben sich kuschelig         ter stehen werdenden Müttern zur Seite,
 unter einem Laubhaufen in die Winterru-      Menschen mit Migrationshintergrund
 he. Auch wenn die Schnecken nicht            freuen sich über den Austausch in ihrer
 sichtbar sind, sind sie da.                  Muttersprache.
 So auch die Nachbarschaftshilfe: sie ist
 da, wenn sie gebraucht wird.              Mit Ruhe und Gelassenheit erreicht
 „Wieso berichten Sie jetzt über Schne- die Schnecke ihr Ziel.
 cken und nicht über das Projekt                       Ruhe und Sicherheit ver-
 „Schnelle Nachbarschaftshilfe?“ „Weil die             mittelt die helfende Per-
 Schnecke eine gute Metapher ist und                   son den Kindern in einer
 deshalb haben wir die Schnecke als Lo-                sensiblen Situation. Wer
 go gewählt.“                                          sich in diesem Projekt en-
                „Wir finden die Schnecke                      gagiert, ist zuverlässig,
                ganz prima, sie passt gut     nimmt die Aufgaben und Verantwortung
                zu     unserem    Projekt     für die Kinder da zu sein, sehr ernst.
                „Schnelle       Nachbar-
                schaftshilfe“: Schnell ist
 sie nicht, aber mit Bedacht kriecht die      Beharrlich überwindet die Schnecke
 Schnecke ihren Weg entlang.                  alle Hindernisse.
                                              Beharrlichkeit ist vonnöten, um ein seit
                                                              langem      bestehendes
 Mit Kraft und Ausdauer trägt die                             Problem     der   Nicht-
 Schnecke ihr Haus und hat somit alles                        Versorgung der Kinder in
 dabei, was sie so braucht.                                   belastenden Situationen
                 Mit Kraft und Ausdauer                       zu begreifen, ernst zu
                 kämpft sich jede*r Allein-   nehmen und anzugehen.
                 erziehende durch die An-     Wir verbrachten viele Stunden bei Floh-
                 forderungen des Alltags:     märkten am Rudeltplatz Büchenbach und
                 Vereinbarkeit von Familie    Bohlenplatz Innenstadt mit unseren Info-
 und Beruf, Zeitdruck und Existenzängste,     ständen, um das Projekt „Schnelle Nach-
 alleinige Verantwortung für alle Entschei-   barschaftshilfe“ bekannt zu machen. Die
 dungen. Da kommt man* frau sehr              Gespräche waren sehr hilfreich und
 schnell an die Belastungsgrenze.             brachten viele Erkenntnisse, die ins Pro-
 Beruhigend für die Mutter, zu wissen,        jekt einflossen. Im Sommer luden wir re-
 dass Menschen in der Nachbarschaft be-       gelmäßig zum Ferienfrühstück und Frei-
 reit sind, ihre Kinder für eine kurze Zeit   tags-Spielplatztreff ein. Wir verteilten und
 der Verschnaufpause gut zu umsorgen.         verschickten 2.000 Infoblätter, Flyer, Fra-
 Junge Menschen mit Elan, Ältere mit Be-      gebögen und Informationsbriefe. Ein
 sonnenheit. Frauen, die jungen Müttern       Highlight war das Büchenbacher Stadt-

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teilfest am Samstag, 16. Juli, unter dem     Hilfe zu schaffen. Letztendlich ein wun-
Motto „50 Jahre – 50 Tische“ in der Bü-      derbarer Ausblick, den Zusammenhalt
chenbacher Anlage. Wir wurden wie an-        der Nachbarschaft aktiv zu fördern und
dere Büchenbacher Einrichtungen von          zu stärken - dadurch entsteht eine leben-
dem Team des TrilogyProjekts gefilmt.        dige und lebenswerte Gemeinschaft für
Die Stadt Erlangen sieht das Projekt als     alle Menschen, nicht nur in der besonde-
förderungswürdig an.                         ren Adventszeit.
                                          Und zum guten Schluss, dazu braucht es
Mit Klugheit kriecht die Schnecke vor- keine Erläuterung, Kinder lieben Schne-
sichtig über steinige Wege.               cken und „ihre*n Leih-Oma/-Opa, ihre*n
                                          Wunsch-Oma/-Opa“ und die wiederum
               Kritische Fragen u. a. lieben ihre „Schneggala“ (Fränkisch für
               zum Kinderschutz, wur- kleines Schnecklein).
               den mit der Vorstellung
               unseres Schutzkonzepts Und ganz zum Schluss:
               beantwortet. Dies beinhal- Weihnachten ist das Fest der Nähe, Fa-
               tet eine Selbstverpflich- milie und Gemeinschaft und vielleicht
tungs- und Selbstauskunftserklärung und schafft es das Projekt, dass viele Men-
ein Führungszeugnis. Erstellt wurde es schen das Fest gemeinsam und nicht
unter fachlicher Anleitung der Fachbera- einsam verbringen.
tung Prävention „Sexualisierte Gewalt“ In diesem Sinne
des Stadtjugendrings.                     „FROHE WEIHNACHTEN“ wünscht das
Wenn es dennoch mal zu gegenseitigen Team
Missverständnissen kommt, stehen das
Projektteam mit Fachwissen, beruflicher
Erfahrung und Kooperationspartner von
Erlanger Beratungsstellen den Eltern und
helfenden Personen zur Seite.
Damit es nicht so weit kommt, werden im
Vorfeld in einem offenen, vertraulichem
Gespräch wichtige Punkte angesprochen
und geklärt. Relevante Themen für den
Einsatz in den Familien werden in Work-
shops oder Vorträgen von Fachleuten er-
                                             „Geduld und Zähigkeit
läutert, zudem wird Supervision regelmä-
ßig und bei Bedarf angeboten.
                                             helfen an schlimmen
                                             Tagen viel mehr,
Die Schnecke leistet ganze Arbeit im
Beet, das kann jede*r Gärtnerin-             als Kraft und Raserei.“
Gärtner bestätigen.
                                                              Jean de La Fontaine
              Die Projektstelle sieht ihre
              Aufgabe darin, Menschen
              zusammenzubringen,
              ihnen einen Rahmen der

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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                      Unbeliebte Naturbewohner

 Sie sprießen wie Pilze aus dem Boden:      mir, mit uns, die Vermehrung dieser un-
 die Abfälle. Kaum wurden etliche aufge-    beliebten Naturbewohner! Schließlich
 sammelt, schon sprießen sie wieder. Im     wollen wir alle unsere schöne Büchenba-
 Herbstheft der Umschau gab es einen Ar-    cher Landschaft genießen.
 tikel darüber. Stefan Barth kam gemein-    Und falls Sie noch was drauflegen möch-
 sam mit einigen ehrenamtlichen Müll-       ten: bei jedem Spaziergang einen Jute-
 sammlern und Sammlerinnen ins Ge-          beutel mitnehmen und Müll sammeln.
 spräch. Mit Menschen- und (vielleicht?)    Hoffentlich gibt es dann irgendwann auf
 Engelszungen appellierte er an die Rau-    Ihrem Weg auch einen Abfallkorb. An-
 cherinnen und Raucher. Erfolg? Ich habe    sonsten einfach in den Hausmüll.
 großes Verständnis für diese Spezies,
 gehöre selbst dazu. Früher schnippte ich   Neuerdings gibt es sogar Unterwasser-
 meine Kippen achtlos in die Gegend.        gewächse: „Taucher fischen E-Scooter
 Seitdem ich weiß, welchen Schaden sie      aus dem Kanal. (Erlanger Nachrichten
 anrichten, habe ich immer ein kleines      vom 19.10.22) Ob die kreativen Leute
 Metalldöschen dabei. „Echter Lakritz“      von dem Flyer demnächst auch einen la-
 steht darauf. Wobei schon lange kein       teinischen Namen erfinden? Ich bin ge-
 Lakritz mehr darin ist, sondern meine      spannt.
 Kippen. Wenn‘s voll ist, landen die ge-  „Saubere Stadt, sauberer Wald, – saube-
 sammelten Werke in öffentlichen Abfall-  re Gewässer.“ Alles ehrenamtlich. Das
 behältern. In der Müllverbrennung scha-  sind keine sogenannten „Gutmenschen“,
 den sie nicht mehr so viel.              sondern Mitbürgerinnen und Mitbürger,
 Der kurzen Rede wichtiges Anliegen: Bit- die Natur genießen möchten. Ohne un-
 te, liebe Büchenbacher, stoppen Sie mit beliebte Bewohner. Viele Schüler sind
                                          auch mit dabei. Ebenso Omas und Opas.
                                            Schmunzeln Sie bei diesem Artikel? Sol-
                                            len Sie auch. Aber es ist Galgenhumor.
                                            Wie soll das weitergehen?
                                            Bitte helfen Sie mit, unser Büchenbach
                                            l(i)ebenswert zu erhalten.

                                            Doris Henninger

                                            Wir bedanken uns bei Baiersbronn Touristik
 Taschenaschenbecher, die Stefan Barth im   für die Nutzungsrechte am nebenstehenden
 Frühjahr verteilt hat.                     Bild.

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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                   CarSharing in Büchenbach –
                      ein Erfahrungsbericht

 Bis vor ein paar Monaten hatten wir un-
 ser altes Familienauto. Einen fast 12
 Jahre alten Van mit 190.000 km auf dem
 Buckel. Und obwohl unsere erwachse-
 nen Kinder das Auto immer noch gerne
 ausgeliehen haben, stand es oft in der
 Garage. Denn in Erlangen fahren wir
 meist mit dem Fahrrad oder auch mal mit
 dem Bus. Und nach Fürth, Nürnberg und
 erst recht noch weiter sind wir oft mit
 dem Zug unterwegs.
 Dann kam der Anruf eines unserer Kin-
 der: unser Auto war mit Motorschaden
 auf der Autobahn liegen geblieben. Kurz
 darauf stand fest: die Reparatur hätte
 sich nicht mehr gelohnt. Und was jetzt?
 Wieder ein Auto kaufen, das dann über-
 wiegend in der Garage steht, wollten wir
 nicht. Aber ganz auf ein Auto verzichten
 auch nicht. Und wie jede*r, der an der
 Bushaltestelle Büchenbach-Nord oder
 auf dem Parkplatz am Ende der Oden- 'Unser' Auto am Standort Odenwaldallee
 waldallee vorbeikommt, hatten wir es
 schon oft gesehen: das dort stationierte
 Auto des Vereins CarSharing Erlangen
 e.V. (CSE).                                 Der Verein nutzt die Flinkster-Plattform
                                             der Bahn-Tochter DB Connect. Die gibt
 Also haben wir uns auf https:// es auf dem PC oder als Handy-App. Die
 www.carsharing-erlangen.de/ informiert Flinkster-App ist wirklich praktisch – auch
 und festgestellt, dass der Verein eine 3- für Senioren wie uns, die nicht für alles
 monatige Schnuppermitgliedschaft an- eine App haben. Wenn wir feststellen,
 bietet, für die nicht mehr als 20 € Aufnah- hoppla, dafür wäre ein Auto nützlich, weil
 megebühr pro Person fällig werden. Wir wir etwas transportieren wollen oder weil
 haben uns kurzentschlossen angemeldet man mit dem öffentlichen Nahverkehr nur
 und CarSharing für 3 Monate auspro- schwer oder gar nicht hinkommt, greifen
 biert. Von Manfred Reinhart, dem 1. Vor- wir zur Flinkster-App und schauen, ob
 sitzenden des Vereins, haben wir eine „unser“ Auto in der Odenwaldallee ver-
 praktische Einweisung an einem Fahr- fügbar ist und wir es reservieren können.
 zeug des Vereins und allerlei Wissens- Das klappt oft auch spontan, aber natür-
 wertes mitgeteilt bekommen. Kurz darauf lich sind die Chancen umso besser, je
 konnten wir loslegen.                       früher man bucht. Man kann die Buchung

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Winter 2022 / 2023

jederzeit ändern und bis 24 Stunden vor-
her kostenlos stornieren. Und falls das
Büchenbacher Auto einmal nicht verfüg-
bar ist, stehen die nächsten Autos in Al-
terlangen in der Dompfaffstraße und hin-
ter dem Erlanger Bahnhof.
Zur gebuchten Zeit geht der/diejenige
von uns, der/die das Auto gebucht hat,
zum Standplatz des Autos und hält seine/
ihre CarSharing-Karte an das Lesefeld
hinter der Windschutzscheibe gleich ne-
ben der Fahrertür. Es klickt und das Auto
ist offen. Der Autoschlüssel steckt in ei-
ner Halterung im Auto. Sitzposition und Mit der CarSharing-Karte wird das Auto
Rückspiegel nachstellen ist schon Routi-
                                           geöffnet.
ne, wenn man ein Familienauto gewohnt
ist. Nach dem Ausparken noch kurz den
Bügel hochklappen, damit der reservierte
Parkplatz frei bleibt, und wir sind unter- teuerste Fahrt schlug mit 45,49 € zu Bu-
wegs.                                      che. Dafür waren wir morgens am Hafen,
                                           um Wertstoffe und Problemmüll abzulie-
Natürlich fährt sich ein Kleinwagen wie fern. Vormittags stand ein Besuch in Ef-
„unser“ Opel Corsa etwas anders als ein feltrich auf dem Programm. Vor einem
Van. Aber daran hat man sich rasch ge- Besuch in Nürnberg am Nachmittag wa-
wöhnt. Wenn man allein oder zu zweit ren wir noch in Büchenbach Getränke
unterwegs ist, hat man komfortabel Platz, holen und auf dem abendlichen Rückweg
aber auch für vier reicht das Auto. Die sind wir beim Gebrauchtwarenhof in
beiden unterschiedlich großen Teile der Fürth vorbeigefahren. Die genannten Be-
Rückbanklehne lassen sich leicht um- träge mögen auf den ersten Blick teuer
klappen, dann sind auch etliche Geträn- erscheinen. Wenn man aber bedenkt,
kekisten kein Transportproblem mehr. was ein eigenes Auto kostet, erkennt
Und falls man wirklich einmal mehr Platz man, wie viel man mit CarSharing sparen
braucht, stehen am Erlanger Bahnhof kann. Bei unserem „Alten“ summierten
u.a. ein Kombi und in der Killinger Straße sich Wertverlust, Inspektionen und Werk-
in Alterlangen ein 9-Sitzer zur Verfügung. stattbesuche, Versicherungen, Reifen,
Die Kosten für die Kleinwagen betragen TÜV, Benzin usw. auf zwischen 4000 und
1,40 € pro Stunde und 0,40 € pro km. 5000 € im Jahr.
Damit ist alles abgedeckt, auch das Ben- Unsere Erfahrung beschränkt sich bisher
zin. Wenn der Tank zur Neige geht, muss auf Fahrten an einem Tag in der näheren
man zwar auch ein CarSharing-Auto be- Umgebung. Der Zeitpreis wird günstiger,
tanken, aber dank einer Tankkarte, die wenn man einen ganzen Tag bucht und
stets griffbereit im Auto steckt, muss man dann noch einmal für eine ganze Woche.
für die Tankfüllung nichts bezahlen.       Außerdem ist die Zeit zwischen Mitter-
Unsere billigste Fahrt kostete 3,23 € um nacht und 6 Uhr morgens umsonst. Der
etwas in der Dorfstraße abzuholen, was km-Preis ist ab 50 km und dann nochmal
zu groß fürs Fahrrad war. Unsere bisher ab 100 km deutlich reduziert. Es gibt

                                                                                  17
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

 auch Vereinsmitglieder, die mit einem     chen und manchmal tanken!
 CarSharing-Auto länger unterwegs sind     Und wir haben nur 5 Minuten Fußweg bis
 oder gar ins Ausland in den Urlaub fah-   zu „unserem“ Auto. Aber für die meisten
 ren. Über den Verein kann man zu eini-    Büchenbacher ist der Weg weiter. Des-
 gen Fahrzeugen Zubehör ausleihen wie      halb haben wir bei CSE nachgefragt, wa-
 Fahrradständer und sogar ein Dachzelt.    rum in einem Stadtteil mit so vielen Be-
 Für uns war jedenfalls am Ende der        wohnern nur ein Auto steht. Die Antwort
 Schnupperzeit klar: wir bleiben dabei.    war einleuchtend: Wenn mehr Büchenba-
 Damit wurde für uns eine Kaution von      cher Mitglied werden und dadurch die
 insgesamt 1000 € fällig (700 € für das    Auslastung steigt, werden auch mehr
 erste Familienmitglied, 300 € für das     Fahrzeuge an mehreren Standorten stati-
 zweite), die am Ende der Mitgliedschaft   oniert. In der Innenstadt haben viele Be-
 zurückgezahlt wird. Außerdem bezahlen     wohner kein Auto oder keinen günstigen
 wir jetzt den jährlichen Mitgliedsbeitrag Stellplatz. Darum ist hier die Auslastung
 von insgesamt 60 € (40 € für das erste    deutlich höher. Der Verein würde gerne
 Familienmitglied, 20 € für das zweite). Al-
                                           im Stadtwesten noch wachsen und freut
 le anderen Kosten fallen nur an, wenn     sich auf weitere Mitglieder in Büchen-
 wir ein Auto nutzen. Wir können jetzt     bach und Umgebung.
 schon absehen, dass wir eine Menge
 Geld sparen. Außerdem fällt alles weg,
 um das wir uns beim eigenen Auto küm- Thomas Reichert
 mern mussten – wir müssen nur noch bu-

 CarSharing-Standort Bahnhof Erlangen

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Winter 2022 / 2023

       Filmprojekt Trilogy 56nord in Büchenbach

Von Anfang Mai bis Ende August 2022
lebte und arbeitete die Künstlerin Anna
Steward im Rahmen einer Artist Resi-
dency, einer Künstlerinnen-Residenz, in
Büchenbach. Gemeinsam mit zahlrei-
chen Stadtteilbewohner*innen und loka-
len Initiativen produzierte sie Kurzfilme,
die im September 2022 bei einem Open
Air-Kinoabend zur Vorführung kamen.
Bei dem Projekt „Trilogy 56nord“ unter
der Leitung von Anna Steward erhielten       Beide Bilder entstanden bei der öffentlichen
die Bewohner*innen von Büchenbach die        Vorführung der Filme am 11.09.22
einmalige Gelegenheit, als Filmprotago-      Fotos: Frank Steigner
nist*innen ihre eigenen Geschichten zu
erzählen – über sich selbst und ihren
Stadtteil. Zugleich kamen sie aber auch      klang gezeigt. So kam das Projekt
als Drehbuchautor*innen, Kamerafrauen        „Trilogy 56nord“ und damit auch die Resi-
und -männer, Schauspieler*innen, Locati-     dency von Anna Steward bei Getränken
on Scouts, Set Designer*innen, Spre-         und Popcorn zu einem gelungenen, ge-
cher*innen usw. zum Einsatz. Die Videos      meinschaftlich erlebten Abschluss.
entstanden in einem gemeinsamen Ar-
beitsprozess mit der Künstlerin und unter
Begleitung professioneller Filmema-
cher*innen. In nur vier Monaten haben
sich zahlreiche interessierte Gruppen
und Einzelpersonen gefunden, sie haben
sich mit dem Trilogy-Team vernetzt und
gemeinsam Ideen für Filmsequenzen er-
arbeitet. Es wurden Dreh-Orte gefunden
und Film-Sets besprochen, Erfahrungen
in der Kamera-Führung gesammelt und
viel Allgemeines über Film und Film-         Ausgangspunkt der Artist Residency war
Genres gelernt. Insgesamt sind 16 unter-     ein Antrag der SPD-Stadtratsfraktion. Ini-
schiedlich lange, aber allesamt sehr auf-    tiiert und begleitet wurde die Residency
wendige Kurzfilme verschiedener Film-        vom Kulturamt/Kunstpalais.
Genres entstanden, vom Trickfilm über        Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich
dokumentarische Beiträge bis hin zur Fik-    bitte an das Kunstpalais:
tion. Am 11. September 2022 wurden die       hannah.straub@stadt.erlangen.de.
Filme vor über 300 Besucher*innen auf
einer großen Leinwand auf dem Bolz-
platz neben der Scheune in einem Drei-       Hannah Straub

                                                                                            19
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                         Die Rikscha rollt weiter

 Seit Sommer bis hinein in den Herbst Sie können Ihren Wunschtermin nennen,
 wurden schon viele Fahrgäste durch Bü- wir holen Sie gerne von Zuhause ab. Bit-
 chenbach befördert.                     te haben Sie Verständnis, wenn die
                                         Nummer mal besetzt ist oder der Termin
 Nun soll es auch im Winter weitergehen: nicht mehr frei ist oder noch nicht einge-
 Das kostenlose Angebot, sich von der tragen werden kann. Wir sind mitten drin,
 Rikscha fahren zu lassen.               alle Möglichkeiten auszubauen, also
                                         langfristigere Einsatzpläne, mehr Rik-
                                         schas und Fahrer*innen, eine längere Te-
                                         lefon-Besetzung.
                                               Durch das städtische Projekt „Gesund
                                               älter werden in Büchenbach-Nord“ (kurz:
                                               GÄWIN), gefördert vom GKV-Bündnis für
                                               Gesundheit (gemeinsame Initiative der
                                               gesetzlichen Krankenkassen), kam es
                                               zum Einstieg in das Rikscha-Angebot
                                               des Amts für Sport und Gesundheitsför-
                                               derung.
                                               Es galt, die Wünsche der älteren Bü-
                                               chenbacher*innen, die sich eher aus
                                               dem öffentlichen Leben aufgrund unter-
                                               schiedlichster Gründe zurückziehen, zu
                                               erfahren: Was wünschen sie sich für ein
                                               gesundes Älterwerden in ihrem Stadtteil?
 Mitten in der Büchenbacher Anlage steht die   Viele dieser Älteren nannten uns ihre
                                               Ideen und Vorschläge.
 Rikscha-Station samt wöchentlichem Einsatz-
 plan.                                         Dafür ein ganz dickes Dankeschön!
                                               Derzeit sitzen wir an der Auswertung die-
 Hier haben ältere Menschen Vortritt, da-      ser Wünsche (Stand bei Umschau-
 mit für sie beschwerliche Wege einfacher      Redaktionsschluss), um gemeinsam mit
 werden. Ob mit Einkaufstüten beladen          unseren Passagieren zu entscheiden,
 oder aus der Arztpraxis kommend mit           was wir daraufhin anpacken wollen und
 noch schmerzenden Gliedern. Mit im Ge-        können.
 päck ist immer ein nettes Gespräch mit
 der Rikscha-Pilotin oder dem Rikscha-      Überdeutlich sticht jetzt jedoch schon der
 Piloten.                                   Wunsch heraus, das kostenlose Rikscha-
                                            Mitfahrangebot nicht nur beizubehalten,
 Neu ist die Möglichkeit, Mitfahrten zu bu- sondern noch auszubauen.
 chen unter: 09131 – 86 28 52, Montag
 bis Freitag von 9:00 bis 11:00 Uhr.        Dem kommen wir nach, indem die

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Winter 2022 / 2023

(ebenso häufig gewünschte) Buchungs-
möglichkeit gerade entsteht.
Des Weiteren sind wir bestrebt, neue Fi-
nanzierungsmöglichkeiten zu finden, um
das kostenlose Angebot der Rikscha-
Fahrt auch langfristig in Büchenbach zu
verankern.
Denn wir freuen uns sehr, dass die Rik-
scha und ihr*e Pilot*in eine Brücke sind,
sich häufiger und unbeschwerter im
Stadtteil zu bewegen und weitere Ange-
bote kennenzulernen. Dazu wird im Ge-
spräch gerne mal gemeinsam in den
„GÄWIN-Stadtteilplan“ geschaut, der mit
der Rikscha-Fahrt kostenlos verteilt wird.

                                             Erst war sie grün, dann gelb, jetzt rot, egal,
                                             Hauptsache sie fährt!

                                             Projektkontakt, Ansprechpartnerin:
                                             Uta Barusel,
                                             Tel.: 09131 86-2083,
                                             uta.barusel@stadt.erlangen.de

                                             Die Förderung erfolgt durch die Bundes-
Kostenloser Stadtteilplan                    zentrale für gesundheitliche Aufklärung
                                             (BZgA) mit Mitteln der gesetzlichen Kran-
Ein großes Dankeschön geht auch an die       kenkassen im Rahmen des GKV-
Rikscha-Pilotinnen und Piloten, ohne die     Bündnisses für Gesundheit (www.gkv-
weder die Rikscha selbst noch das Rik-       buendnis.de). Den zu erbringenden Ei-
scha-Teilprojekt einen Meter vorange-        genanteil trägt die Stadt. Des Weiteren
kommen wären!                                haben finanziell unterstützt: Die Bürger-
                                             stiftung Erlangen, Max und Justine Els-
Nehmen Sie als Seniorin oder Senior          ner Stiftung, Stiftung Neue Mobilität, Post
Platz auf dem Sitz der Rikscha und ge-       Corona Stadt ER Betreiberverein, Aktion
nießen Sie den Wind im Gesicht. Eine         Mensch & Kommune Inklusiv. Und ko-
Winterdecke liegt parat, weitere können      operativ unterstützen: Die Initiative ER
gerne gespendet werden.                      e.V., Lebenshilfe e.V., AWO Stadtteilpro-
                                             jekt Erlangen-Büchenbach, Die Scheune.

Uta Barusel

                                                                                              21
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

 Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof

 Die Weihnachts- und Vorweihnachtszeit         eignisse, die niemals vergessen werden
 ist für viele von uns eine Zeit schöner Er-   dürfen.
 innerungen an frühere Weihnachtsfeste    In der Nacht vom 9. auf den 10. Novem-
 mit unseren Familien und Menschen, die   ber jährte sich in diesem Jahr zum 84.
 wir lieb haben.                          Mal die Reichspogromnacht in Deutsch-
 In diese Zeit fällt aber auch das Geden- land.
 ken und Erinnern an ganz furchtbare Er-

     Das Wort Pogrom stammt aus dem Russischen: „погром“ bedeutet Verwüs-
     tung, totale Zerstörung und genau das richteten die Nazis in den Läden und
     Büros jüdischer Bürger, Synagogen und öffentlichen jüdischen Einrichtungen
     an. Juden wurden in Erlangen in dieser Nacht auch tätlich angegriffen, ge-
     schlagen, verhaftet, verschleppt und ermordet.
     Die Nazis nannten diese Nacht „Reichskristallnacht“. Die Bezeichnung bezieht
     sich darauf, dass am Morgen nach den Verwüstungen überall Glasscherben vor
     und in den zerstörten Wohnungen und Geschäften lagen. Heute wird diese
     Nacht der Schande als Reichspogromnacht bezeichnet.
     In Erinnerung an diese furchtbare Nacht fand am 16. November 2022 auf
     dem Jüdischen Friedhof eine Gedenkveranstaltung statt. Wir haben dort die
     Namen der Schoah-Opfer vorgelesen, Kerzen angezündet und Kieselsteine vor
     die Namenstafel gelegt.

                                               Steine auf Begräbnisstätten zu legen,
                                               ist eine wichtige jüdische Tradition:
                                               Mit diesen Steinen soll symbolisch ein
                                               Haus des Lebens (bei Gott) errichtet
                                               werden.
                                               Außerdem gab es früher noch einen
                                               ganz praktischen Grund für den
                                               Brauch des Steinablegens: Die Steine
                                               verhinderten, dass die Leichen von wil-
                                               den Tieren ausgegraben wurden. Zu ei-
                                               ner Bestattung brachten damals
                                               Freunde und Verwandte einen Stein
                                               mit, um das Grab zu bedecken. Das wa-
                                               ren natürlich große Steine und Fels-
                                               brocken. Wir haben nur kleine Kiesel-
 Der Jüdische Friedhof in Erlangen             steine gelegt, einen bei jedem Namen,
                                               der vorgelesen wurde.
 Alle Fotos: Hanna D.

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Winter 2022 / 2023

Die Liste der Namen, die wir vorgelesen haben, war sehr lang. Beim Üben
haben wir die Zeit gestoppt: Über 20 Minuten lang hat es gedauert, die
Namen der Opfer vorzulesen, dazu ihr Alter und den Ort an dem sie er-
mordet wurden, starben oder verschollen sind. Es sind 119 Namen.
Dazwischen haben Herr Hanusz und Frau Plötz Psalmen vorgetragen, in
denen deutlich wird, wie wichtig sein Name für jeden Menschen ist. Die
Texte der Psalmen stehen im alten Testament. Das haben Juden und
Christen gemeinsam.
Das Vorlesen der Namen war der wichtigste Teil der Gedenkveranstal-
tung. Von allen Opfern wurden die Namen vorgelesen. Wenn ihr Name ge-
nannt wird, ist eine Person nicht vergessen, sondern man erinnert sich an
sie und das Leid, das ihr zugefügt wurde.

          Wir haben auch Kerzen angezündet:
          Zur Erinnerung an die jüdischen Menschen aus Erlangen,
          Baiersdorf und Forth, die unter den Augen der Erlanger
          Bevölkerung in der Reichspogromnacht von Polizei und
          SA aus ihren Wohnungen verschleppt, im damaligen Rat-
          haus festgesetzt und schikaniert bzw. im Gefängnis in-
          haftiert wurden. Später verschwanden sie aus dem Bild
          unserer Stadt.

 Wir haben auch Kerzen angezündet:
 Zur Erinnerung an die jüdischen Men-
 schen, die einmal in unserer Stadt ge-
 lebt haben. Sie wurden in den Freitod
 getrieben, sind nach ihrer Deportation
 spurlos in den Ghettos von Belzec, Iz-
 bica und Piaski verschollen oder wurden
 in   den    Konzentrationslagern    von
 Auschwitz, Buchenwald, Chelmno, Dach-
 au, Kaunas, Riga, Sachsenhausen, Sobi-
 bor und Theresienstadt ermordet.

                                             Wir haben Kerzen angezündet.

                                                                            23
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

              Wir haben auch Kerzen angezündet:
              Zur Erinnerung an die jüdischen Menschen unserer
              Stadt, die als Verfolgte der sogen. „Euthanasie“ gelten.
              Sie wurden in der Mehrzahl in der Gaskammer der Tö-
              tungsanstalt Hartheim ermordet. Zum Teil sind sie in
              Auschwitz oder in den Ghettos von Izbica und Krasnicyn
              verschollen. Andere wurden in der Heil- und Pflegean-
              stalt Erlangen ermordet oder starben im Jüdischen
              Krankenhaus in Berlin.

 Herr Volleth, Erlangens zweiter Bür-
 germeister und Frau Limburg-Klaus, die
 Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde,            Als ich die Lebensalter der Men-
 haben sich sehr bei uns bedankt, dass          schen auf meiner Liste gesehen
 wir an der Gedenkveranstaltung mitge-          habe, ist mir bewusst geworden,
 wirkt haben. Ich finde es wichtig, dass        dass ich die Namen einer Familie
 wir das gemacht haben. Es sollten viel         vorlese, die meine eigene sein
 mehr Leute kommen um zu zeigen, dass           könnte: Die Eltern und ihre
 sie die Verbrechen der Nazis nicht ver-        Tochter sind ungefähr so alt wie
 gessen wollen!                                 meine Eltern und ich.
                                                Lasst uns niemals vergessen und
                                                immer erinnern! Wir gedenken
                                                der Opfer und holen sie in die
                                                Mitte der Gesellschaft zurück,
                                                aus der sie vertrieben worden
                                                sind. Antisemitismus und Aus-
                                                grenzung von Minderheiten neh-
                                                men wieder zu. Deshalb sind Er-
                                                innerung und Veranstaltungen wie
                                                die Gedenkfeier wichtig.

                                               Für die Klassen 9M1 und 9M2 der
                                               Hermann-Hedenus-Mittelschule:
                                               Mohammed, Gabriel, Benny, Maxi-
                                               milian, Oliver, Hannes, Salar,
 Text auf der Gedenktafel mit den Namen der    Maram, Jan, Thomas, Hanna, Herr
 Erlanger Opfer                                Hanusz, Frau Plötz-Djawadi

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                                  Der Esel

Eines Tages fiel der Esel des Bauern in    fen, so schüttelte er ihn ab und stieg hö-
den Brunnen. Das Tier weinte stunden-      her und höher.
lang herzzerreißend, während der Bauer  Und bald sahen alle erstaunt zu, wie
überlegte, was er machen soll.          sich der Esel an den erreichten Brun-
Schließlich entschied er, da das Tier nenrand stellte und glücklich hinaus
schon alt war und der Brunnen ohnehin sprang!
zugeschüttet werden musste, dass sich
die Mühe nicht mehr lohnte, den Esel zu „Das Leben wird über dich Müll schüt-
retten.                                 ten, ganz verschiedene Arten von
                                                  Schmutz. Der Trick, wie du
                                                  aus dem Brunnen kommst,
                                                  liegt darin, dass du all diesen
                                                  Müll abschüttelst und dann
                                                  eine Stufe höher kletterst. Je-
                                                  des Unglück ist wie eine Stu-
                                                  fe.
                                                      Wir können so aus dem tiefs-
                                                      ten Brunnen kommen, wenn
                                                      wir einfach nicht aufgeben.
                                                      Gib niemals auf! Schüttle das
                                                      Unglück ab und steige eine
                                                      Stufe höher!
                                                       Merke dir fünf Regeln, um
Er rief alle Nachbarn, ihm zu helfen. Alle             das Glück zu erreichen:
griffen nach einer Schaufel und began- 1.       Befreie dein Herz von Hass – Ver-
nen, Müll in den Brunnen zu schaufeln.          zeihe.
Der Esel merkte zunächst was ge- 2.             Befreie deine Gedanken von Sor-
schieht, und begann verzweifelt zu wei-         gen – die meisten werden nie wahr.
nen. Dann jedoch hatte er sich, zum all-
gemeinen Erstaunen, beruhigt.              3.   Lebe einfach und schätze das, was
                                                du hast.
Nach einer Weile schaute der Bauer in
den Brunnen. Er war verblüfft von dem, 4. Gib mehr.
was er sah. Mit jeder Schaufel Müll, die 5. Erwarte weniger.
den Rücken des Esels traf, geschah et-
was Erstaunliches. Der Esel schüttelte
seinen Rücken und stieg etwas höher.     Stefan Barth
So wie der Bauer und die Nachbarn fort-
setzten, den Unrat auf das Tier zu wer-

                                                                                        25
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert

                    Kann man Spiegel trinken?

 „Kann man Spiegel trinken?“ Nachdenk-
 lich steht Tobias vor meinem kleinen Kos-
 metikspiegel. „Natürlich nicht. Wie
 kommst du denn darauf?“ „Na ja, Oma
 hat gesagt, Tante Anne ist Spiegeltrinke-
 rin. Und neulich sahen wir ja im Zirkus
 einen Schwertschlucker, also, der hat ein
 richtiges Schwert geschluckt. Und da
 dachte ich, dass Tante Anne vielleicht
 auch Spiegel trinken kann.“ Mit seinen
 sechs Jahren ist Tobi sehr wissbegierig.
 Jetzt versteh ich den Zusammenhang
 und versuche, dem kleinen Mann zu er-
 klären, was es damit auf sich hat.
 „Spiegeltrinker werden Menschen ge-         stieg ins Auto. Und dann baute sie einen
 nannt, die immer einen bestimmten Alko-     schlimmen Autounfall. Zwar kamen keine
 holspiegel brauchen. Sonst geht es ihnen    Personen dabei zu Schaden, aber ihr Au-
 schlecht.“ „So wie Oma immer ihr Insulin    to hatte Totalschaden und sie konnte
 braucht?“ „Das braucht Oma, um gesund       nicht mehr weiterfahren. Andere Leute
 zu bleiben, aber bei Tante Anne war das     riefen die Polizei zu Hilfe. Dabei kam
 anders. Als Onkel Hans starb, war sie im-   dann raus, dass Anne einen ziemlich ho-
 mer sehr traurig und konnte auch nicht      hen Alkoholspiegel im Blut hatte. Des-
 mehr schlafen. Eine Freundin riet ihr zu    halb der Ausdruck Spiegel.“
 einem Gläschen Wein abends. Das half        „Aber Mama, Tante Anne war doch nie
 ihr auch. Sie konnte wieder schlafen.       betrunken so wie Onkel Hans manchmal.
 Auch war sie nicht mehr so sehr traurig,    Dann kann er nicht mehr richtig laufen
 wenn sie Wein getrunken hatte. Aber mit     und redet so komisch und schreit auch
 der Zeit brauchte sie immer mehr Wein,      manchmal. Dann bekomme ich richtig
 um schlafen zu können. Einmal hatte sie     Angst vor ihm.“
 abends eine ganze Flasche Rotwein ge-       „Stimmt, Tobi, wir haben Tante Anne nie
 trunken, da kam ein Anruf von ihrer bes-    betrunken erlebt. Bei Spiegeltrinkern ist
 ten Freundin: „Anne, kannst du bitte        das anders. Andere merken das gar
 kommen? Mir geht‘s sehr schlecht.“ Du       nicht. Das Trinken machen sie meist
 weißt ja, Tante Anne ist immer sehr lieb    heimlich. Dann sind sie gut drauf und lus-
 und hilfsbereit. Zwar überlegte sie noch,   tig.“ „Ja, Tante Anne ist immer sehr lieb
 ob es klug ist nach einer ganzen Flasche    und lustig. Ich habe sie richtig lieb.“ „Ich
 Wein mit dem Auto zu fahren, aber die       auch, Tobi, und deshalb bin ich so froh,
 Freundin wohnte schließlich nicht neben-    dass sie jetzt zu den Anonymen Alkoholi-
 an, sondern einige Kilometer entfernt.      kern geht. Das hilft ihr sehr, auch ohne
 Und es klang so dringend. Wird schon        Alkohol lustig und froh zu sein. Ihr Arzt
 nichts passieren, sagte Anne sich und       hatte ihr nämlich empfohlen, zu dieser

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Winter 2022 / 2023

Gruppe zu gehen, weil sie sonst ihre Ge-
                                                      Die Präambel der AA
sundheit ruinieren würde.“ „Was ist das,
die A…?“ „Dort treffen sich Menschen,
die schlechte Erfahrungen mit Alkohol ge-       Anonyme Alkoholiker sind eine Ge-
macht haben und so was nicht mehr trin-        meinschaft von Männern und Frauen,
ken wollen.“ Tobi ist zufrieden mit meinen     die miteinander ihre Erfahrung, Kraft
Erklärungen.                                   und Hoffnung teilen, um anderen zur
Vor kurzem fragte Anne mich, ob ich nicht      Genesung vom Alkoholismus zu ver-
mal mitkommen wolle zu ihrer Gruppe.                         helfen.
„Ich würde dir so gerne meine Freunde
vorstellen,“ meinte sie. „Jeden ersten
Montag im Monat dürfen Angehörige und          Die einzige Voraussetzung für die Zu-
Interessierte dazu kommen.“ Ich sagte           gehörigkeit ist der Wunsch, mit dem
gerne zu.                                               Trinken aufzuhören.
Die Treffen sind in Büchenbach in der
Martin-Luther Kirche. Wobei sie keiner          Die Gemeinschaft kennt keine Mit-
Kirche angehören und auch sonst keiner         gliedsbeiträge oder Gebühren, sie er-
Religion. Der Raum in der Kirche ist nur          hält sich durch eigene Spenden.
gemietet. Sie glauben aus Erfahrung an
eine höhere Macht. Ob sie nun Gott ge-
nannt wird oder ganz anders. Diese hö-        Die Gemeinschaft der AA ist mit keiner
here Macht hilft ihnen, ohne Alkohol zu       Sekte, Konfession, Partei, Organisati-
leben. Und natürlich hat die Gruppe ei-       on oder Institution verbunden, sie will
nen wesentlichen Anteil daran. Ist überle-     sich weder an öffentlichen Debatten
benswichtig.                                    beteiligen, noch zu irgendwelchen
                                                  Streitfragen Stellung nehmen.
Von weitem schon höre ich fröhliches La-
chen. Einige Gruppenmitglieder haben
sich schon im Hof versammelt. Die Ver-          Unser Hauptzweck ist, nüchtern zu
trautheit untereinander ist zu spüren. Ich     bleiben und anderen Alkoholikern zur
werde herzlich willkommen geheißen,                 Nüchternheit zu verhelfen.
nicht übertrieben, sondern echt. Dann
geht‘s los. Eine Teilnehmerin hat was Le-
ckeres, Herzhaftes mitgebracht, und wir
füllen unsere Teller damit. Natürlich gibt   Schuld. Ich werde demnächst mal fragen,
es auch verschiedene Getränke. In der        was es mit diesem Ritual auf sich hat.
Anfangsrunde stellt sich jede*r mit Vorna-   Die Geschichten der Mitglieder gehen mir
men vor. Die Wahrung der Anonymität          zum Teil richtig unter die Haut. So viel
soll gewahrt sein. Nicht selten gehören      Tragik. Aber auch so viel Mut, aus der
Persönlichkeiten der Öffentlichkeit zu den   Abhängigkeit herauszufinden. Keinerlei
Teilnehmern. Nach dem Vornamen               Imponiergehabe, wie es sonst oft in an-
kommt „Alkoholiker, bzw. Alkoholikerin“.     deren Gruppen anzutreffen ist. Mir wird
Fast wie ein Nachname. Das empfinde          richtig warm ums Herz. Und ich empfinde
ich als etwas störend. Wie das Schuldbe-     großen Respekt vor diesen Menschen
kenntnis in Gottesdiensten, das ich auch     mit ihren Geschichten. Fünf Frauen und
nicht mag. Hier geht es doch nicht um        zwei gestandene Männer. Wobei die
                                             Frauen natürlich auch gestandene Frau-

                                                                                        27
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