WINTER 2022 / 2023 - SCHNELLE NACHBARSCHAFTSHILFE (SEITE 12) CARSHARING (SEITE 16) SILBERSOMMER (SEITE 35) VERFÜGUNGSFONDS (SEITE 39) ...
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Winter 2022 / 2023 Schnelle Nachbarschaftshilfe (Seite 12) ● CarSharing (Seite 16) Silbersommer (Seite 35) ● Verfügungsfonds (Seite 39) Tafelausgabe Büchenbach (Seite 40) ● Haselnüsse (Seite 56)
Winter 2022 / 2023 Liebe Leserinnen und Leser, in der Herbst-Ausgabe der Umschau hat- heutigen Stadtteilzeitung mit- und weiter- te ich schon angekündigt, dass wir hof- entwickelt. Danke dafür! fen, im Herbst könne die Umgestaltung Sie haben mich vor über fünf Jahren des Raumes des AWO Ortsvereins Er- überzeugt, dass ein Stadtteilprojekt, das langen-West abgeschlossen werden. an das AWO Sozialzentrum angedockt Zum Redaktionsschluss dieser Umschau ist, eine Bereicherung für Büchenbach, sehen wir, dass nur noch Restarbeiten aber auch für meine berufliche Entwick- fehlen. 56nord, wie wir unseren Treff zu- lung sein kann. Den langwierigen und künftig nennen werden, kann wohl ab anstrengenden Weg der Beantragung kurz vor Weihnachten genutzt werden. des Projekts haben Sie immer unterstützt Das freut uns sehr, schließlich hat sich und mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfah- die Planungs- und Bauphase wesentlich rung begleitet. Danke dafür! länger hingezogen, als anfangs gedacht. Sie haben das AWO Sozialzentrum wei- Was ist eigentlich geplant? Wir haben ei- terentwickelt und mit vielen Impulsen vo- nen offenen Treffpunkt konzipiert, für rangebracht. Ihrer Beharrlichkeit ist es zu dessen Ausstattung wir mit der Stadt Er- verdanken, dass so viele Projekte zum langen kooperieren, da er auch von der Wohl der Bewohner*innen umgesetzt Stadtteil-Werkstatt 56nord genutzt wird. werden konnten. Danke dafür! Katja Eichinger, die Quartiersmanagerin, die das ISEK (Integriertes Städtebauli- Lieber Herr de Haan, für Ihre berufliche ches Entwicklungskonzept) begleitet, und private Zukunft wünscht Ihnen das wird hier ihren Sitz haben. Und natürlich Redaktionsteam der Umschau alles Gu- wird auch der AWO Ortsverein seine te! Vielen Dank für Ihr Engagement in all Treffen weiterhin hier abhalten. den Jahren! Zu einer offiziellen Eröffnung wird es erst Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wün- im nächsten Jahr kommen. Bitte beach- sche ich – gemeinsam mit den Mitglie- ten Sie dazu unsere Ankündigungen. dern der Redaktion – alles Gute und viel Schon heute lade ich Sie herzlich ein, Gesundheit für das neue Jahr! dann einmal im 56nord vorbeizuschauen! Leider muss ich an dieser Stelle auch un- Frank Steigner seren langjährigen Einrichtungsleiter, Redaktionsleitung und Enno de Haan, verabschieden. Er ver- Koordinator des AWO lässt das AWO Sozialzentrum zum Jah- Stadtteilprojekts resende. Lesen Sie dazu seinen Text auf Seite 66. Kontakt: Lieber Herr de Haan, für unsere Einrich- AWO Sozialzentrum tung, für unsere Projekte, aber auch Büchenbacher Anlage 27 ganz persönlich bedauere ich sehr, dass frank.steigner@awo-omf.de Sie uns verlassen werden. Sie waren ein Tel. 307 102 Mitgründer der Umschau und haben sie www.awo-stadtteilprojekt-erlangen.de gemeinsam mit dem Redaktionsteam zur 3
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Inhaltsverzeichnis Sicher unterwegs – der Rollator macht´s möglich! Teil 2 5 Neues von der Balkonsolaranlage im AWO Sozialzentrum 8 Redewendungen erklärt: Auf der Leitung stehen 11 Schnelle Nachbarschaftshilfe 12 Unbeliebte Naturbewohner 14 CarSharing in Büchenbach – ein Erfahrungsbericht 16 Filmprojekt Trilogy 56nord in Büchenbach 19 Die Rikscha rollt weiter 20 Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof 22 Der Esel 25 Kann man Spiegel trinken? 26 Konkurrenz im Schuhregal 28 Kaleb-Dienste e.V. – Wer oder was ist das eigentlich? 30 „Silbersommer“ in den Heiden 35 Rätselspaß 36 Neues aus der Stadtteil-Werkstatt 56nord 38 Tafelausgabe Büchenbach 40 Feste der Religionen: Weihnachten in der Griechisch-Orthodoxen Gemeinde 42 Weihnachtsgedichte 48 Dinner for One 49 Schneeengel 50 Die Weihnachtsgurke 52 21. Januar: Weltknuddeltag 54 Fränkische Spezialitäten – Teil 11: Fränkische Haselnüsse 56 Weihnachtszeit – eine dufte Zeit 62 Neulich. Im Winter. Im Wartezimmer 63 Gericht der Saison 65 Abschied nach mehr als 20 Jahren 66 Neue Auszubildende im AWO Sozialzentrum 67 Abschiede 68 Impressum 70 Titelseite: Rotkehlchen im Winter; Foto von Roland Theiner 4
Winter 2022 / 2023 Sicher unterwegs – der Rollator macht‘s möglich! Teil 2 In der Herbstausgabe der Umschau be- fahrer*innen manchmal so unter Fahr- richteten wir erstmals über ein „Rollator- plan-Zeitdruck, dass das Ein- und Aus- Training“. Die Volkshochschule Erlangen steigen der Passagiere möglichst schnell veranstaltete nämlich im Mai 2022 einen gehen soll – auch das Absenken des zweiteiligen Kurs, um die „rollende Geh- Busses (oder das Auslegen einer Ram- hilfe“ und ihre richtige Handhabung stär- pe) scheint dann zeitlich unmöglich zu ker ins Bewusstsein ihrer potentiellen sein. Oft bringt ein*e Rollator-Lenker*in Kund*innen mit Handicap zu bringen – vor lauter Aufregung auch nicht (mehr) egal, welchen Alters. Die rund 30 Kurs- den Mut auf, den*die Fahrer*in oder an- teilnehmer*innen erhielten von einigen dere Fahrgäste um Hilfe beim Ein- bzw. Experten in (wenig ☺) Theorie und (ganz Ausstieg zu bitten. Was also tun? Einen viel ☺) Praxis zahlreiche nützliche Tipps Arzttermin, einen Einkauf, ein Konzert o- und hilfreiche Anregungen rund um den der einen Besuch usw. lieber absagen Rollator: Ging es im ersten Teil beson- oder vielleicht doch ein Taxi nehmen? ders um die Funktion der „Bauteile“ und zusätzliche Ausstattungsmöglichkeiten, um Fahreigenschaften und die Sicherheit im Straßenverkehr sowie über die Mög- lichkeit, Rollator-Sport im Verein zu be- treiben, so stand im zweiten Teil das Bus- fahren im Mittelpunkt. Nancy Angerer, Verkehrsplanerin bei den Erlanger Stadtwerken und Busfah- rerin, Anna Dorn vom Seniorenamt Er- langen/Seniorenanlaufstelle Bruck und Ergotherapeut Philipp Elb von der Pra- xis für Ergotherapie Ernst Barthel (in der Luitpoldstraße) gaben diesmal hilfrei- che Ratschläge fürs Bus- (und Bahn-) Fahren und leiteten auch die praktischen Übungen an. Dazu hatte Frau Angerer einen Stadtbus mitten auf den Rathaus- platz gefahren und abgestellt. Das Busfahren treibt vielen Rollator- Benutzer*innen den Angstschweiß auf die Stirn: Ein „ebenerdiges“ Hineinrollern in das Fahrzeug ist nicht immer möglich, weil nicht alle Omnibusse absenkbar und die meisten Haltestellen (noch) nicht bar- Beim Einsteigen erst die Vorderräder hoch-… rierefrei sind. Außerdem stehen die Bus- 5
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Nein, das muss nicht sein! Mit einem ver- gen, die Bremsen lösen und sich einen kehrstüchtigen Rollator und ein wenig Sitzplatz bei den für Rollatoren bzw. Roll- Übung gelingt nämlich auch das Busfah- stühle vorgesehenen Abstellplätzen su- ren. chen. Erst wenn Sie Ihren Rollator dort in Häufig hilft schon ein Handzeichen oder Fahrtrichtung „geparkt“ und mit den Fest- ein Augenkontakt zum*zur Busfahrer*in, stellbremsen gesichert haben, setzt um ihn*sie beim Einfahren in die Halte- der*die Busfahrer*in (im Idealfall) die stelle auf Ihren Rollator aufmerksam zu Fahrt fort. Benutzen Sie den Rollator in machen. Im Idealfall hält dann ein Nie- Bus oder Bahn bitte nicht als Sitzgele- derflurbus vor Ihnen. Wenn nicht, ma- genheit. In Kurven oder beim Bremsen chen Sie dasselbe wie beim Bordstein- ist seine Standsicherheit nicht ausrei- Überwinden: Sie fahren so nah wie mög- chend gewährleistet. Zeigen Sie schließ- lich an die mittlere Tür heran und benüt- lich rechtzeitig Ihren Haltewunsch an und zen den Kipptritt, um die Vorderräder bleiben Sie sitzen, bis der Bus steht. hochzuheben und in den Bus zu stellen. Nun schieben Sie die Hinterräder nach und betätigen anschließend die Feststell- bremsen. So kann der Gehwagen nicht wieder aus dem Bus rollen (und Sie da- bei streifen oder überrollen). … und dann die Hinterräder nachschieben! Vorsicht! Nur an barrierefreien Haltestellen oder beim Einsatz einer Rampe sollten Sie Greifen Sie nun mit beiden Händen an die Griffleisten, die an den Bustüren an- vorwärts aussteigen. Zu leicht verliert man* gebracht sind – aber niemals an die des frau das Gleichgewicht, wenn der Gehwagen Rollators, er kann nämlich Ihr Gewicht mit nach vorne gebeugtem Oberkörper nach nicht halten und kippt unter Umständen um! Ein übler Sturz könnte die Folge unten geschoben und wie hier vielleicht sogar sein. Ziehen Sie sich dann an den Tür- mit verdrehten Rädern auf dem Gehsteig griffen in den Bus hinein. Nun können Sie „landet“ oder gar zwischen Bus und Bord- Ihre Hände an die Griffe des Rollators le- stein. 6
Winter 2022 / 2023 An allen anderen Stopps sollten Sie rück- Leben führen und auch die soziale Teil- wärts aus dem Bus herausgehen. Das ist habe aufrechterhalten zu können. Damit ungewohnt und hört sich schwieriger an die „rollende Gehhilfe“ ihre Aufgaben als es eigentlich ist. Drehen Sie den wirklich optimal erfüllt und nicht selbst zu Rollator vor der Türe um. Sie stehen nun einem Unfallrisiko wird, ist zunächst eine ebenfalls mit dem Rücken zum Ausstieg ärztliche Indikation notwendig. Sie klärt und legen die Feststellbremsen ein. So- u. a., ob die Gehhilfe auf Grund Ihres bald sich die Bustüren geöffnet haben, Krankheitsbildes dauerhaft oder nur für halten Sie sich genauso wie beim Ein- einen bestimmten Zeitraum verwendet stieg mit den Händen an beiden Türgrif- werden soll. Eine technische Einweisung fen fest – und nicht am Rollator! Er bietet durch eine Orthopädiefachkraft sowie ei- Ihnen keinen Halt. Jetzt können Sie vor- ne Einführung in die Nutzung (z. B. durch sichtig hinunter auf den Gehweg bzw. die ergotherapeutische Maßnahmen) sind Straße steigen. Vergessen Sie bitte nicht, hilfreich und wichtig. Und danach heißt dabei auf den Bordstein zu achten! Nun es: Übung macht den Meister! Das siche- lösen Sie die Bremsen, ziehen den Rolla- re Führen eines Rollators kann die Le- tor langsam zu sich herunter und drehen bensqualität und -freude nämlich unge- ihn in Ihre Laufrichtung. mein steigern! Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung, um bis ins hohe Alter ein selbstständiges Gisela Sponsel-Trykowski Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Übungsleitern der VHS-Kurse „Rollator- Training I und II“ (13.5. und 21.5.2022) für die zahlreichen Informationen „live“ und „in Textform“ (Quellen: Dt. Verkehrs- wacht e.V., Mit Sicherheit mobil, Berlin o.J./ Dt. Seniorenliga e.V., „Eine sichere Stütze-Mobil mit Rollator“, Bonn 2014) Unter der Kursnummer: 23S204004 fin- det am Samstag, 6. Mai 2023, von 10:00 bis 12:00 Uhr ein Rollator- Training mit praktischen Übungen am Bus beim AWO Sozialzentrum, Büchen- bacher Anlage 27 statt. Eine Anmeldung bei der Volkshochschu- le über www.vhs-erlangen.de, persönlich im Service-Büro in der Friedrichstraße 19 oder per Telefon (Tel. 86-2668) ist er- forderlich. Die Teilnahme ist kostenlos. Ob Einstieg oder Ausstieg: Bitte beide Hände Bitte bringen Sie Ihren eigenen Rollator an die Griffe der Bustüren! (falls vorhanden) mit. 7
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Neues von der Balkonsolaranlage im AWO Sozialzentrum Seit 16.05.22 produzieren zwei 300-Watt-Solar- module auf dem Balkon im zweiten Stock des AWO Sozialzentrums Strom. Die Anlage wurde mit Unterstützung des Stadtteilbeirats Büchen- bach angeschafft und fi- nanziert (wir berichteten bereits in der Herbst- Ausgabe der Umschau). Mit Dr. Stefan Els, Stadt- teilbeiratsmitglied und Ini- tiator des Projekts, haben wir nochmals gespro- chen, um einige Fragen zu klären, die uns auch Vom Holzweg aus zu sehen: Die beiden PV-Platten auf dem von Ihnen, liebe Leserin- Balkon im 2. Stock des AWO Sozialzentrums. nen und Leser, erreicht haben. Dies deutet darauf hin, dass die Angaben Herr Dr. Els, wir haben zwei 300-Watt- des Herstellers zutreffen. In Erlangen ha- PV-(Photo-Voltaik-)Module installiert. ben wir oft Schönwetterperioden, die viel Wie viel Strom können diese produzie- Sonne versprechen. Aber sogar bei Be- ren? wölkung produziert die PV-Anlage immer Dr. Els: Die Anlage hat eine Leistung von noch bis zu einem Drittel der Nennleis- 600 W (Watt). Das ergibt in einer Stunde tung. 600 Wh. Wir gehen von 900 bis 1.000 Sonnenstunden im Jahr aus. Damit las- Was bedeutet das? Wie lange kann sen sich bis zu 600 kWh im Jahr erzeu- man damit z. B. eine Glühbirne betrei- gen! ben? Oder wie viel Wasser lässt sich damit zum Kochen bringen? An der Anlage ist ein Messgerät ange- 200 kWh entsprechen 200.000 Wattstun- bracht. Demnach haben wir von Mitte den. Würde man einen Raum mit zwei 60 Mai bis Mitte September (also in ei- Watt-Glühbirnen ununterbrochen be- nem Dritteljahr) etwa 200 kWh erzeugt. leuchten, reichen die 200 kWh für 1.667 Ist dies viel oder wenig? Stunden Betrieb. Das sind etwa 70 Tage. 8
Winter 2022 / 2023 Die Sonne scheint ja über den Tag ver- Betreibe ich sie zur gleichen Zeit, liegt teilt nicht immer im gleichen Winkel und der Verbrauch bei 1.500 Watt und ich mit derselben Intensität. 150 bis 200 Watt muss 900 Watt zukaufen. Deshalb wer- sind also ein Durchschnittswert. Die 300 den bei uns erst die Kartoffeln gekocht, Watt pro Modul (600 Watt für beide Mo- dann das Spiegelei gebraten und danach dule) sind der Maximalwert (kWp – Kilo- die Spülmaschine angeschaltet, anstatt watt peak). alles zu gleicher Zeit zu betreiben. Nun, Ein Wasserkocher hat eine Anschluss- ich bin Rentner und kann mir die Zeit ein- leistung von bis zu 1.800 Watt. Er ver- teilen. Doch das Arbeiten im Home-Office braucht damit in einer Stunde 1,8 kWh. macht es möglich, selbst bei Berufstäti- Das bedeutet, dass die Platten bei voller gen hier noch Potential durch Anpassung Leistung höchstens ein Drittel des des Verbraucherverhaltens zu finden. Stroms des Wasserkochers erzeugen würden. Die restlichen zwei Drittel kämen Was kann man tun, wenn man tags- aus dem Netz. Insgesamt würde natür- über nicht zuhause ist? lich trotzdem etwas gespart werden. Wenn man tagsüber nicht zuhause ist, kann man sich nur mit einer Zeitschaltuhr Wie viel Geld haben wir damit ge- behelfen oder eben die Spülmaschine spart? und die Waschmaschine anschalten, ehe Ich denke insbesondere die AWO kann man das Haus verlässt. Man kann für hier wirklich die maximale Einsparung er- das Anschalten auch Familienmitglieder zielen. einspannen, die tagsüber heimkehren und die Geräte einschalten, wenn es Denn sparen kann man nur mit dem noch hell ist. Das kann zu einem völlig Strom, den man auch selbst, also im ei- neuem „solaren Wir-Gefühl“ führen. Bei genen Haushalt erzeugt und auch ver- uns zuhause waren es spannende, inter- braucht. Der Strom den man nicht selbst aktive Erfahrungen, die zu viel Ge- verbraucht ist aber nicht verloren. Dieser sprächsstoff beigetragen haben. wird in das Netz eingespeist. Bei den Balkonplatten wird hierfür aber keine Ver- Oder man installiert einen Stromspeicher, gütung gezahlt. Bei so einem großen um dann den Solarstrom nachts zu ver- Haus wie dem AWO Sozialzentrum läuft brauchen. auch tagsüber immer irgendwo ein Elekt- rogerät. Sie werden also auf einen hohen Was hat die Anlage gekostet? Wie lan- Eigenverbrauch kommen. Ich bin schon ge dauert es also, bis man die Kosten sehr gespannt, ob man an der Jahresab- wieder „drin“ hat? rechnung eine Veränderung erkennen wird. Ihre Anlage hat etwa 1.400,-- Euro ge- kostet. Hier war aber auch alles mit da- Das führt mich zu einem sehr wichtigen bei. Die Aufhängung und das Montage- Hinweis, der auch in meinem eigenen material, der Stecker, die Kupplung für Haushalt zu einer Änderung im Nut- beide Platten, ein eigener Zähler mit zu- zungsverhalten geführt hat. sätzlicher Sicherung und – besonders Meine Induktionsplatte oder meine Spül- wichtig – der Wechselrichter für die Um- maschine verbrauchen je nach Betrieb wandlung von Gleichstrom in Wechsel- 500 bzw. 1.000 Watt. strom. Man kann die Komponenten auch 9
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert einzeln und billiger bekommen. Doch hier bedingungen, die Redaktion) und einem sind die Komponenten aufeinander abge- kleinen Speicher mit 6 kWh beträgt die stimmt und, ich glaube, auch von guter Förderung immerhin 2.100,-- Euro, hinzu Qualität. kommt noch die Förderung des Landes Ich denke, dass es schon 8 bis 10 Jahre mit 700,-- Euro, wenn es gelingt den An- dauern wird bis die Anlage sich amorti- trag beim 10.000-Dächer-Programm zu siert hat. Steigt der Strompreis allerdings platzieren. Dazu kommt noch die – leider wie angekündigt, wird es schneller ge- etwas dürftige – Einspeise-Vergütung hen. von 8 Cent je kWh. Dachanlagen sind al- lerdings auch viel kostspieliger. Man muss sich ja nicht nur weniger Strom einkaufen, wenn man ihn selbst produziert, sondern spart auch CO2. Können Sie die entsprechenden Men- gen angeben? Die CO2-Einsparung hängt immer davon ab, wie der Strom, den man sonst ver- braucht, erzeugt wurde. Es gibt z. B. An- gebote für grünen Strom bei fast allen Anbietern. Details kann man der Jahres- endrechnung entnehmen oder beim Ver- Auch das Montagematerial und die Verkabe- sorger erfragen. lung wurden im Set mit den Platten angeschafft. Wo kauft man sich am besten PV- Module und was ist dabei zu beach- ten? Welche Zuschüsse bekommt man (und woher), wenn man sich so eine Es gibt jede Menge gute Hersteller. Wir PV-Anlage anschaffen möchte? haben das Markenprodukt von SUNpay bei einem Anlagenbauer gekauft. Der Die Stadt Erlangen hat im Jahr 2019 den Verein Energiewende Erlangen e.V. bie- Klimanotstand erklärt. Es wurden aber tet für vertiefende Fragen einen exzellen- nicht nur Sprüche geklopft, sondern auch ten Vortrag, an dem man online nach Vo- gehandelt. Die PV-Platten werden je 100 ranmeldung teilnehmen kann (ca. 90 Mi- Watt Leistung mit 50,-- Euro, bezu- nuten). schusst, mithin also 300,-- Euro. Der An- trag bei der Stadt ist einfach und nieder- schwellig. Wir haben den Betrag schon Wo und wie bringt man die Anlage am zwei Wochen nach dem Antrag auf dem sinnvollsten an? Konto gehabt. Der vorgenannte Vortrag geht auf die Noch besser sieht die Förderung bei PV- Möglichkeiten und auch die Ausbeuten je Anlagen auf dem Dach aus. Bei einer PV nach Ausrichtung detailliert ein. Interes- -Leistung von 7 kW Peak (kW Peak = sant dabei ist, dass selbst bei ungünsti- Nennleistung gemäß Standard-Test- ger Möglichkeit zur Ausrichtung immer 10
Winter 2022 / 2023 noch erstaunlich viel Strom erzeugt wird. weitere Fragen hat? Man kann die Platten an die Wand hän- Bei der Energiewende ER(H)langen e.V. gen, am Balkon befestigen oder im Gar- (www.energiewende-erlangen.de)und bei ten aufstellen. Wichtig ist ein Zugang der AG Neue Energie vom Bund Natur- zum eigenen Strom-Netz. schutz in Bayern (Kreisgruppe Erlangen; Natürlich ist es immer gut noch an die www.erlangen.bund-naturschutz.de) Platten heran zu kommen, um sie zu rei- kann man kompetente Ansprechpartner nigen, wenn mal wieder Saharastaub ge- finden. Das Umweltamt der Stadt hilft flogen kam oder Schnee darauf liegt. An- auch kompetent weiter, insbesondere, sonsten sind die Platten wartungsfrei. wenn es um Fördermaßnahmen geht. Eichhörnchen, Mäuse oder Vögel haben mitunter Spaß daran sich an den Kabeln Herr Dr. Els, vielen Dank für Ihre Un- zu schaffen zu machen. Es kann also je terstützung und die Beantwortung un- nach Lage sinnvoll sein, die Kabelfüh- serer Fragen! rung in einem Leerrohr auszuführen. Interview: Frank Steigner Wen kann man ansprechen, wenn man Redewendungen erklärt: Auf der Leitung stehen Ich gebe es zu, manchmal stehe ich auch „auf der Leitung“ und es dauert, bis ich etwas kapiert habe. Aber woher kommt diese Redewendung mit Leitung? Denn sehen kann man diese Leitung, auf der man steht, ja bekanntlich nicht. Entstanden ist der Spruch in der frühen Phase des Telefons. Die Verbindung war oft schlecht, ein Rauschen und Knistern und gelegentlich der völlige Abbruch des Gesprächs. Nachdem man sich das Tele- fon als Leitung vorstellte, in der die Wor- Ungeduldige mahnen deshalb im Scherz, te wie Wasser von einem zum anderen doch einen Schritt zur Seite zu gehen um Ende flossen, lag der Gedanke nahe, die Leitung wieder frei zu bekommen. dass da wohl jemand auf dieser Leitung Verwendet wird die Redensart, wenn es stand. Ähnlich ist wohl die Entstehung lange dauert, bis das Gegenüber den der Redewendung „eine lange Leitung Sinn des Gespräches verstanden hat haben“ zu sehen. War das Gespräch oder für die Antwort lange braucht. schwer zu verstehen, dann war eine zu lange Leitung die Ursache. Manuela Herbert 11
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Schnelle Nachbarschaftshilfe Die ruhige, stille Zeit beginnt und auch Geborgenheit vermitteln, erfahrene Müt- die Schnecken begeben sich kuschelig ter stehen werdenden Müttern zur Seite, unter einem Laubhaufen in die Winterru- Menschen mit Migrationshintergrund he. Auch wenn die Schnecken nicht freuen sich über den Austausch in ihrer sichtbar sind, sind sie da. Muttersprache. So auch die Nachbarschaftshilfe: sie ist da, wenn sie gebraucht wird. Mit Ruhe und Gelassenheit erreicht „Wieso berichten Sie jetzt über Schne- die Schnecke ihr Ziel. cken und nicht über das Projekt Ruhe und Sicherheit ver- „Schnelle Nachbarschaftshilfe?“ „Weil die mittelt die helfende Per- Schnecke eine gute Metapher ist und son den Kindern in einer deshalb haben wir die Schnecke als Lo- sensiblen Situation. Wer go gewählt.“ sich in diesem Projekt en- „Wir finden die Schnecke gagiert, ist zuverlässig, ganz prima, sie passt gut nimmt die Aufgaben und Verantwortung zu unserem Projekt für die Kinder da zu sein, sehr ernst. „Schnelle Nachbar- schaftshilfe“: Schnell ist sie nicht, aber mit Bedacht kriecht die Beharrlich überwindet die Schnecke Schnecke ihren Weg entlang. alle Hindernisse. Beharrlichkeit ist vonnöten, um ein seit langem bestehendes Mit Kraft und Ausdauer trägt die Problem der Nicht- Schnecke ihr Haus und hat somit alles Versorgung der Kinder in dabei, was sie so braucht. belastenden Situationen Mit Kraft und Ausdauer zu begreifen, ernst zu kämpft sich jede*r Allein- nehmen und anzugehen. erziehende durch die An- Wir verbrachten viele Stunden bei Floh- forderungen des Alltags: märkten am Rudeltplatz Büchenbach und Vereinbarkeit von Familie Bohlenplatz Innenstadt mit unseren Info- und Beruf, Zeitdruck und Existenzängste, ständen, um das Projekt „Schnelle Nach- alleinige Verantwortung für alle Entschei- barschaftshilfe“ bekannt zu machen. Die dungen. Da kommt man* frau sehr Gespräche waren sehr hilfreich und schnell an die Belastungsgrenze. brachten viele Erkenntnisse, die ins Pro- Beruhigend für die Mutter, zu wissen, jekt einflossen. Im Sommer luden wir re- dass Menschen in der Nachbarschaft be- gelmäßig zum Ferienfrühstück und Frei- reit sind, ihre Kinder für eine kurze Zeit tags-Spielplatztreff ein. Wir verteilten und der Verschnaufpause gut zu umsorgen. verschickten 2.000 Infoblätter, Flyer, Fra- Junge Menschen mit Elan, Ältere mit Be- gebögen und Informationsbriefe. Ein sonnenheit. Frauen, die jungen Müttern Highlight war das Büchenbacher Stadt- 12
Winter 2022 / 2023 teilfest am Samstag, 16. Juli, unter dem Hilfe zu schaffen. Letztendlich ein wun- Motto „50 Jahre – 50 Tische“ in der Bü- derbarer Ausblick, den Zusammenhalt chenbacher Anlage. Wir wurden wie an- der Nachbarschaft aktiv zu fördern und dere Büchenbacher Einrichtungen von zu stärken - dadurch entsteht eine leben- dem Team des TrilogyProjekts gefilmt. dige und lebenswerte Gemeinschaft für Die Stadt Erlangen sieht das Projekt als alle Menschen, nicht nur in der besonde- förderungswürdig an. ren Adventszeit. Und zum guten Schluss, dazu braucht es Mit Klugheit kriecht die Schnecke vor- keine Erläuterung, Kinder lieben Schne- sichtig über steinige Wege. cken und „ihre*n Leih-Oma/-Opa, ihre*n Wunsch-Oma/-Opa“ und die wiederum Kritische Fragen u. a. lieben ihre „Schneggala“ (Fränkisch für zum Kinderschutz, wur- kleines Schnecklein). den mit der Vorstellung unseres Schutzkonzepts Und ganz zum Schluss: beantwortet. Dies beinhal- Weihnachten ist das Fest der Nähe, Fa- tet eine Selbstverpflich- milie und Gemeinschaft und vielleicht tungs- und Selbstauskunftserklärung und schafft es das Projekt, dass viele Men- ein Führungszeugnis. Erstellt wurde es schen das Fest gemeinsam und nicht unter fachlicher Anleitung der Fachbera- einsam verbringen. tung Prävention „Sexualisierte Gewalt“ In diesem Sinne des Stadtjugendrings. „FROHE WEIHNACHTEN“ wünscht das Wenn es dennoch mal zu gegenseitigen Team Missverständnissen kommt, stehen das Projektteam mit Fachwissen, beruflicher Erfahrung und Kooperationspartner von Erlanger Beratungsstellen den Eltern und helfenden Personen zur Seite. Damit es nicht so weit kommt, werden im Vorfeld in einem offenen, vertraulichem Gespräch wichtige Punkte angesprochen und geklärt. Relevante Themen für den Einsatz in den Familien werden in Work- shops oder Vorträgen von Fachleuten er- „Geduld und Zähigkeit läutert, zudem wird Supervision regelmä- ßig und bei Bedarf angeboten. helfen an schlimmen Tagen viel mehr, Die Schnecke leistet ganze Arbeit im Beet, das kann jede*r Gärtnerin- als Kraft und Raserei.“ Gärtner bestätigen. Jean de La Fontaine Die Projektstelle sieht ihre Aufgabe darin, Menschen zusammenzubringen, ihnen einen Rahmen der 13
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Unbeliebte Naturbewohner Sie sprießen wie Pilze aus dem Boden: mir, mit uns, die Vermehrung dieser un- die Abfälle. Kaum wurden etliche aufge- beliebten Naturbewohner! Schließlich sammelt, schon sprießen sie wieder. Im wollen wir alle unsere schöne Büchenba- Herbstheft der Umschau gab es einen Ar- cher Landschaft genießen. tikel darüber. Stefan Barth kam gemein- Und falls Sie noch was drauflegen möch- sam mit einigen ehrenamtlichen Müll- ten: bei jedem Spaziergang einen Jute- sammlern und Sammlerinnen ins Ge- beutel mitnehmen und Müll sammeln. spräch. Mit Menschen- und (vielleicht?) Hoffentlich gibt es dann irgendwann auf Engelszungen appellierte er an die Rau- Ihrem Weg auch einen Abfallkorb. An- cherinnen und Raucher. Erfolg? Ich habe sonsten einfach in den Hausmüll. großes Verständnis für diese Spezies, gehöre selbst dazu. Früher schnippte ich Neuerdings gibt es sogar Unterwasser- meine Kippen achtlos in die Gegend. gewächse: „Taucher fischen E-Scooter Seitdem ich weiß, welchen Schaden sie aus dem Kanal. (Erlanger Nachrichten anrichten, habe ich immer ein kleines vom 19.10.22) Ob die kreativen Leute Metalldöschen dabei. „Echter Lakritz“ von dem Flyer demnächst auch einen la- steht darauf. Wobei schon lange kein teinischen Namen erfinden? Ich bin ge- Lakritz mehr darin ist, sondern meine spannt. Kippen. Wenn‘s voll ist, landen die ge- „Saubere Stadt, sauberer Wald, – saube- sammelten Werke in öffentlichen Abfall- re Gewässer.“ Alles ehrenamtlich. Das behältern. In der Müllverbrennung scha- sind keine sogenannten „Gutmenschen“, den sie nicht mehr so viel. sondern Mitbürgerinnen und Mitbürger, Der kurzen Rede wichtiges Anliegen: Bit- die Natur genießen möchten. Ohne un- te, liebe Büchenbacher, stoppen Sie mit beliebte Bewohner. Viele Schüler sind auch mit dabei. Ebenso Omas und Opas. Schmunzeln Sie bei diesem Artikel? Sol- len Sie auch. Aber es ist Galgenhumor. Wie soll das weitergehen? Bitte helfen Sie mit, unser Büchenbach l(i)ebenswert zu erhalten. Doris Henninger Wir bedanken uns bei Baiersbronn Touristik Taschenaschenbecher, die Stefan Barth im für die Nutzungsrechte am nebenstehenden Frühjahr verteilt hat. Bild. 14
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Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert CarSharing in Büchenbach – ein Erfahrungsbericht Bis vor ein paar Monaten hatten wir un- ser altes Familienauto. Einen fast 12 Jahre alten Van mit 190.000 km auf dem Buckel. Und obwohl unsere erwachse- nen Kinder das Auto immer noch gerne ausgeliehen haben, stand es oft in der Garage. Denn in Erlangen fahren wir meist mit dem Fahrrad oder auch mal mit dem Bus. Und nach Fürth, Nürnberg und erst recht noch weiter sind wir oft mit dem Zug unterwegs. Dann kam der Anruf eines unserer Kin- der: unser Auto war mit Motorschaden auf der Autobahn liegen geblieben. Kurz darauf stand fest: die Reparatur hätte sich nicht mehr gelohnt. Und was jetzt? Wieder ein Auto kaufen, das dann über- wiegend in der Garage steht, wollten wir nicht. Aber ganz auf ein Auto verzichten auch nicht. Und wie jede*r, der an der Bushaltestelle Büchenbach-Nord oder auf dem Parkplatz am Ende der Oden- 'Unser' Auto am Standort Odenwaldallee waldallee vorbeikommt, hatten wir es schon oft gesehen: das dort stationierte Auto des Vereins CarSharing Erlangen e.V. (CSE). Der Verein nutzt die Flinkster-Plattform der Bahn-Tochter DB Connect. Die gibt Also haben wir uns auf https:// es auf dem PC oder als Handy-App. Die www.carsharing-erlangen.de/ informiert Flinkster-App ist wirklich praktisch – auch und festgestellt, dass der Verein eine 3- für Senioren wie uns, die nicht für alles monatige Schnuppermitgliedschaft an- eine App haben. Wenn wir feststellen, bietet, für die nicht mehr als 20 € Aufnah- hoppla, dafür wäre ein Auto nützlich, weil megebühr pro Person fällig werden. Wir wir etwas transportieren wollen oder weil haben uns kurzentschlossen angemeldet man mit dem öffentlichen Nahverkehr nur und CarSharing für 3 Monate auspro- schwer oder gar nicht hinkommt, greifen biert. Von Manfred Reinhart, dem 1. Vor- wir zur Flinkster-App und schauen, ob sitzenden des Vereins, haben wir eine „unser“ Auto in der Odenwaldallee ver- praktische Einweisung an einem Fahr- fügbar ist und wir es reservieren können. zeug des Vereins und allerlei Wissens- Das klappt oft auch spontan, aber natür- wertes mitgeteilt bekommen. Kurz darauf lich sind die Chancen umso besser, je konnten wir loslegen. früher man bucht. Man kann die Buchung 16
Winter 2022 / 2023 jederzeit ändern und bis 24 Stunden vor- her kostenlos stornieren. Und falls das Büchenbacher Auto einmal nicht verfüg- bar ist, stehen die nächsten Autos in Al- terlangen in der Dompfaffstraße und hin- ter dem Erlanger Bahnhof. Zur gebuchten Zeit geht der/diejenige von uns, der/die das Auto gebucht hat, zum Standplatz des Autos und hält seine/ ihre CarSharing-Karte an das Lesefeld hinter der Windschutzscheibe gleich ne- ben der Fahrertür. Es klickt und das Auto ist offen. Der Autoschlüssel steckt in ei- ner Halterung im Auto. Sitzposition und Mit der CarSharing-Karte wird das Auto Rückspiegel nachstellen ist schon Routi- geöffnet. ne, wenn man ein Familienauto gewohnt ist. Nach dem Ausparken noch kurz den Bügel hochklappen, damit der reservierte Parkplatz frei bleibt, und wir sind unter- teuerste Fahrt schlug mit 45,49 € zu Bu- wegs. che. Dafür waren wir morgens am Hafen, um Wertstoffe und Problemmüll abzulie- Natürlich fährt sich ein Kleinwagen wie fern. Vormittags stand ein Besuch in Ef- „unser“ Opel Corsa etwas anders als ein feltrich auf dem Programm. Vor einem Van. Aber daran hat man sich rasch ge- Besuch in Nürnberg am Nachmittag wa- wöhnt. Wenn man allein oder zu zweit ren wir noch in Büchenbach Getränke unterwegs ist, hat man komfortabel Platz, holen und auf dem abendlichen Rückweg aber auch für vier reicht das Auto. Die sind wir beim Gebrauchtwarenhof in beiden unterschiedlich großen Teile der Fürth vorbeigefahren. Die genannten Be- Rückbanklehne lassen sich leicht um- träge mögen auf den ersten Blick teuer klappen, dann sind auch etliche Geträn- erscheinen. Wenn man aber bedenkt, kekisten kein Transportproblem mehr. was ein eigenes Auto kostet, erkennt Und falls man wirklich einmal mehr Platz man, wie viel man mit CarSharing sparen braucht, stehen am Erlanger Bahnhof kann. Bei unserem „Alten“ summierten u.a. ein Kombi und in der Killinger Straße sich Wertverlust, Inspektionen und Werk- in Alterlangen ein 9-Sitzer zur Verfügung. stattbesuche, Versicherungen, Reifen, Die Kosten für die Kleinwagen betragen TÜV, Benzin usw. auf zwischen 4000 und 1,40 € pro Stunde und 0,40 € pro km. 5000 € im Jahr. Damit ist alles abgedeckt, auch das Ben- Unsere Erfahrung beschränkt sich bisher zin. Wenn der Tank zur Neige geht, muss auf Fahrten an einem Tag in der näheren man zwar auch ein CarSharing-Auto be- Umgebung. Der Zeitpreis wird günstiger, tanken, aber dank einer Tankkarte, die wenn man einen ganzen Tag bucht und stets griffbereit im Auto steckt, muss man dann noch einmal für eine ganze Woche. für die Tankfüllung nichts bezahlen. Außerdem ist die Zeit zwischen Mitter- Unsere billigste Fahrt kostete 3,23 € um nacht und 6 Uhr morgens umsonst. Der etwas in der Dorfstraße abzuholen, was km-Preis ist ab 50 km und dann nochmal zu groß fürs Fahrrad war. Unsere bisher ab 100 km deutlich reduziert. Es gibt 17
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert auch Vereinsmitglieder, die mit einem chen und manchmal tanken! CarSharing-Auto länger unterwegs sind Und wir haben nur 5 Minuten Fußweg bis oder gar ins Ausland in den Urlaub fah- zu „unserem“ Auto. Aber für die meisten ren. Über den Verein kann man zu eini- Büchenbacher ist der Weg weiter. Des- gen Fahrzeugen Zubehör ausleihen wie halb haben wir bei CSE nachgefragt, wa- Fahrradständer und sogar ein Dachzelt. rum in einem Stadtteil mit so vielen Be- Für uns war jedenfalls am Ende der wohnern nur ein Auto steht. Die Antwort Schnupperzeit klar: wir bleiben dabei. war einleuchtend: Wenn mehr Büchenba- Damit wurde für uns eine Kaution von cher Mitglied werden und dadurch die insgesamt 1000 € fällig (700 € für das Auslastung steigt, werden auch mehr erste Familienmitglied, 300 € für das Fahrzeuge an mehreren Standorten stati- zweite), die am Ende der Mitgliedschaft oniert. In der Innenstadt haben viele Be- zurückgezahlt wird. Außerdem bezahlen wohner kein Auto oder keinen günstigen wir jetzt den jährlichen Mitgliedsbeitrag Stellplatz. Darum ist hier die Auslastung von insgesamt 60 € (40 € für das erste deutlich höher. Der Verein würde gerne Familienmitglied, 20 € für das zweite). Al- im Stadtwesten noch wachsen und freut le anderen Kosten fallen nur an, wenn sich auf weitere Mitglieder in Büchen- wir ein Auto nutzen. Wir können jetzt bach und Umgebung. schon absehen, dass wir eine Menge Geld sparen. Außerdem fällt alles weg, um das wir uns beim eigenen Auto küm- Thomas Reichert mern mussten – wir müssen nur noch bu- CarSharing-Standort Bahnhof Erlangen 18
Winter 2022 / 2023 Filmprojekt Trilogy 56nord in Büchenbach Von Anfang Mai bis Ende August 2022 lebte und arbeitete die Künstlerin Anna Steward im Rahmen einer Artist Resi- dency, einer Künstlerinnen-Residenz, in Büchenbach. Gemeinsam mit zahlrei- chen Stadtteilbewohner*innen und loka- len Initiativen produzierte sie Kurzfilme, die im September 2022 bei einem Open Air-Kinoabend zur Vorführung kamen. Bei dem Projekt „Trilogy 56nord“ unter der Leitung von Anna Steward erhielten Beide Bilder entstanden bei der öffentlichen die Bewohner*innen von Büchenbach die Vorführung der Filme am 11.09.22 einmalige Gelegenheit, als Filmprotago- Fotos: Frank Steigner nist*innen ihre eigenen Geschichten zu erzählen – über sich selbst und ihren Stadtteil. Zugleich kamen sie aber auch klang gezeigt. So kam das Projekt als Drehbuchautor*innen, Kamerafrauen „Trilogy 56nord“ und damit auch die Resi- und -männer, Schauspieler*innen, Locati- dency von Anna Steward bei Getränken on Scouts, Set Designer*innen, Spre- und Popcorn zu einem gelungenen, ge- cher*innen usw. zum Einsatz. Die Videos meinschaftlich erlebten Abschluss. entstanden in einem gemeinsamen Ar- beitsprozess mit der Künstlerin und unter Begleitung professioneller Filmema- cher*innen. In nur vier Monaten haben sich zahlreiche interessierte Gruppen und Einzelpersonen gefunden, sie haben sich mit dem Trilogy-Team vernetzt und gemeinsam Ideen für Filmsequenzen er- arbeitet. Es wurden Dreh-Orte gefunden und Film-Sets besprochen, Erfahrungen in der Kamera-Führung gesammelt und viel Allgemeines über Film und Film- Ausgangspunkt der Artist Residency war Genres gelernt. Insgesamt sind 16 unter- ein Antrag der SPD-Stadtratsfraktion. Ini- schiedlich lange, aber allesamt sehr auf- tiiert und begleitet wurde die Residency wendige Kurzfilme verschiedener Film- vom Kulturamt/Kunstpalais. Genres entstanden, vom Trickfilm über Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich dokumentarische Beiträge bis hin zur Fik- bitte an das Kunstpalais: tion. Am 11. September 2022 wurden die hannah.straub@stadt.erlangen.de. Filme vor über 300 Besucher*innen auf einer großen Leinwand auf dem Bolz- platz neben der Scheune in einem Drei- Hannah Straub 19
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Die Rikscha rollt weiter Seit Sommer bis hinein in den Herbst Sie können Ihren Wunschtermin nennen, wurden schon viele Fahrgäste durch Bü- wir holen Sie gerne von Zuhause ab. Bit- chenbach befördert. te haben Sie Verständnis, wenn die Nummer mal besetzt ist oder der Termin Nun soll es auch im Winter weitergehen: nicht mehr frei ist oder noch nicht einge- Das kostenlose Angebot, sich von der tragen werden kann. Wir sind mitten drin, Rikscha fahren zu lassen. alle Möglichkeiten auszubauen, also langfristigere Einsatzpläne, mehr Rik- schas und Fahrer*innen, eine längere Te- lefon-Besetzung. Durch das städtische Projekt „Gesund älter werden in Büchenbach-Nord“ (kurz: GÄWIN), gefördert vom GKV-Bündnis für Gesundheit (gemeinsame Initiative der gesetzlichen Krankenkassen), kam es zum Einstieg in das Rikscha-Angebot des Amts für Sport und Gesundheitsför- derung. Es galt, die Wünsche der älteren Bü- chenbacher*innen, die sich eher aus dem öffentlichen Leben aufgrund unter- schiedlichster Gründe zurückziehen, zu erfahren: Was wünschen sie sich für ein gesundes Älterwerden in ihrem Stadtteil? Mitten in der Büchenbacher Anlage steht die Viele dieser Älteren nannten uns ihre Ideen und Vorschläge. Rikscha-Station samt wöchentlichem Einsatz- plan. Dafür ein ganz dickes Dankeschön! Derzeit sitzen wir an der Auswertung die- Hier haben ältere Menschen Vortritt, da- ser Wünsche (Stand bei Umschau- mit für sie beschwerliche Wege einfacher Redaktionsschluss), um gemeinsam mit werden. Ob mit Einkaufstüten beladen unseren Passagieren zu entscheiden, oder aus der Arztpraxis kommend mit was wir daraufhin anpacken wollen und noch schmerzenden Gliedern. Mit im Ge- können. päck ist immer ein nettes Gespräch mit der Rikscha-Pilotin oder dem Rikscha- Überdeutlich sticht jetzt jedoch schon der Piloten. Wunsch heraus, das kostenlose Rikscha- Mitfahrangebot nicht nur beizubehalten, Neu ist die Möglichkeit, Mitfahrten zu bu- sondern noch auszubauen. chen unter: 09131 – 86 28 52, Montag bis Freitag von 9:00 bis 11:00 Uhr. Dem kommen wir nach, indem die 20
Winter 2022 / 2023 (ebenso häufig gewünschte) Buchungs- möglichkeit gerade entsteht. Des Weiteren sind wir bestrebt, neue Fi- nanzierungsmöglichkeiten zu finden, um das kostenlose Angebot der Rikscha- Fahrt auch langfristig in Büchenbach zu verankern. Denn wir freuen uns sehr, dass die Rik- scha und ihr*e Pilot*in eine Brücke sind, sich häufiger und unbeschwerter im Stadtteil zu bewegen und weitere Ange- bote kennenzulernen. Dazu wird im Ge- spräch gerne mal gemeinsam in den „GÄWIN-Stadtteilplan“ geschaut, der mit der Rikscha-Fahrt kostenlos verteilt wird. Erst war sie grün, dann gelb, jetzt rot, egal, Hauptsache sie fährt! Projektkontakt, Ansprechpartnerin: Uta Barusel, Tel.: 09131 86-2083, uta.barusel@stadt.erlangen.de Die Förderung erfolgt durch die Bundes- Kostenloser Stadtteilplan zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Mitteln der gesetzlichen Kran- Ein großes Dankeschön geht auch an die kenkassen im Rahmen des GKV- Rikscha-Pilotinnen und Piloten, ohne die Bündnisses für Gesundheit (www.gkv- weder die Rikscha selbst noch das Rik- buendnis.de). Den zu erbringenden Ei- scha-Teilprojekt einen Meter vorange- genanteil trägt die Stadt. Des Weiteren kommen wären! haben finanziell unterstützt: Die Bürger- stiftung Erlangen, Max und Justine Els- Nehmen Sie als Seniorin oder Senior ner Stiftung, Stiftung Neue Mobilität, Post Platz auf dem Sitz der Rikscha und ge- Corona Stadt ER Betreiberverein, Aktion nießen Sie den Wind im Gesicht. Eine Mensch & Kommune Inklusiv. Und ko- Winterdecke liegt parat, weitere können operativ unterstützen: Die Initiative ER gerne gespendet werden. e.V., Lebenshilfe e.V., AWO Stadtteilpro- jekt Erlangen-Büchenbach, Die Scheune. Uta Barusel 21
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof Die Weihnachts- und Vorweihnachtszeit eignisse, die niemals vergessen werden ist für viele von uns eine Zeit schöner Er- dürfen. innerungen an frühere Weihnachtsfeste In der Nacht vom 9. auf den 10. Novem- mit unseren Familien und Menschen, die ber jährte sich in diesem Jahr zum 84. wir lieb haben. Mal die Reichspogromnacht in Deutsch- In diese Zeit fällt aber auch das Geden- land. ken und Erinnern an ganz furchtbare Er- Das Wort Pogrom stammt aus dem Russischen: „погром“ bedeutet Verwüs- tung, totale Zerstörung und genau das richteten die Nazis in den Läden und Büros jüdischer Bürger, Synagogen und öffentlichen jüdischen Einrichtungen an. Juden wurden in Erlangen in dieser Nacht auch tätlich angegriffen, ge- schlagen, verhaftet, verschleppt und ermordet. Die Nazis nannten diese Nacht „Reichskristallnacht“. Die Bezeichnung bezieht sich darauf, dass am Morgen nach den Verwüstungen überall Glasscherben vor und in den zerstörten Wohnungen und Geschäften lagen. Heute wird diese Nacht der Schande als Reichspogromnacht bezeichnet. In Erinnerung an diese furchtbare Nacht fand am 16. November 2022 auf dem Jüdischen Friedhof eine Gedenkveranstaltung statt. Wir haben dort die Namen der Schoah-Opfer vorgelesen, Kerzen angezündet und Kieselsteine vor die Namenstafel gelegt. Steine auf Begräbnisstätten zu legen, ist eine wichtige jüdische Tradition: Mit diesen Steinen soll symbolisch ein Haus des Lebens (bei Gott) errichtet werden. Außerdem gab es früher noch einen ganz praktischen Grund für den Brauch des Steinablegens: Die Steine verhinderten, dass die Leichen von wil- den Tieren ausgegraben wurden. Zu ei- ner Bestattung brachten damals Freunde und Verwandte einen Stein mit, um das Grab zu bedecken. Das wa- ren natürlich große Steine und Fels- brocken. Wir haben nur kleine Kiesel- Der Jüdische Friedhof in Erlangen steine gelegt, einen bei jedem Namen, der vorgelesen wurde. Alle Fotos: Hanna D. 22
Winter 2022 / 2023 Die Liste der Namen, die wir vorgelesen haben, war sehr lang. Beim Üben haben wir die Zeit gestoppt: Über 20 Minuten lang hat es gedauert, die Namen der Opfer vorzulesen, dazu ihr Alter und den Ort an dem sie er- mordet wurden, starben oder verschollen sind. Es sind 119 Namen. Dazwischen haben Herr Hanusz und Frau Plötz Psalmen vorgetragen, in denen deutlich wird, wie wichtig sein Name für jeden Menschen ist. Die Texte der Psalmen stehen im alten Testament. Das haben Juden und Christen gemeinsam. Das Vorlesen der Namen war der wichtigste Teil der Gedenkveranstal- tung. Von allen Opfern wurden die Namen vorgelesen. Wenn ihr Name ge- nannt wird, ist eine Person nicht vergessen, sondern man erinnert sich an sie und das Leid, das ihr zugefügt wurde. Wir haben auch Kerzen angezündet: Zur Erinnerung an die jüdischen Menschen aus Erlangen, Baiersdorf und Forth, die unter den Augen der Erlanger Bevölkerung in der Reichspogromnacht von Polizei und SA aus ihren Wohnungen verschleppt, im damaligen Rat- haus festgesetzt und schikaniert bzw. im Gefängnis in- haftiert wurden. Später verschwanden sie aus dem Bild unserer Stadt. Wir haben auch Kerzen angezündet: Zur Erinnerung an die jüdischen Men- schen, die einmal in unserer Stadt ge- lebt haben. Sie wurden in den Freitod getrieben, sind nach ihrer Deportation spurlos in den Ghettos von Belzec, Iz- bica und Piaski verschollen oder wurden in den Konzentrationslagern von Auschwitz, Buchenwald, Chelmno, Dach- au, Kaunas, Riga, Sachsenhausen, Sobi- bor und Theresienstadt ermordet. Wir haben Kerzen angezündet. 23
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Wir haben auch Kerzen angezündet: Zur Erinnerung an die jüdischen Menschen unserer Stadt, die als Verfolgte der sogen. „Euthanasie“ gelten. Sie wurden in der Mehrzahl in der Gaskammer der Tö- tungsanstalt Hartheim ermordet. Zum Teil sind sie in Auschwitz oder in den Ghettos von Izbica und Krasnicyn verschollen. Andere wurden in der Heil- und Pflegean- stalt Erlangen ermordet oder starben im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Herr Volleth, Erlangens zweiter Bür- germeister und Frau Limburg-Klaus, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Als ich die Lebensalter der Men- haben sich sehr bei uns bedankt, dass schen auf meiner Liste gesehen wir an der Gedenkveranstaltung mitge- habe, ist mir bewusst geworden, wirkt haben. Ich finde es wichtig, dass dass ich die Namen einer Familie wir das gemacht haben. Es sollten viel vorlese, die meine eigene sein mehr Leute kommen um zu zeigen, dass könnte: Die Eltern und ihre sie die Verbrechen der Nazis nicht ver- Tochter sind ungefähr so alt wie gessen wollen! meine Eltern und ich. Lasst uns niemals vergessen und immer erinnern! Wir gedenken der Opfer und holen sie in die Mitte der Gesellschaft zurück, aus der sie vertrieben worden sind. Antisemitismus und Aus- grenzung von Minderheiten neh- men wieder zu. Deshalb sind Er- innerung und Veranstaltungen wie die Gedenkfeier wichtig. Für die Klassen 9M1 und 9M2 der Hermann-Hedenus-Mittelschule: Mohammed, Gabriel, Benny, Maxi- milian, Oliver, Hannes, Salar, Text auf der Gedenktafel mit den Namen der Maram, Jan, Thomas, Hanna, Herr Erlanger Opfer Hanusz, Frau Plötz-Djawadi 24
Winter 2022 / 2023 Der Esel Eines Tages fiel der Esel des Bauern in fen, so schüttelte er ihn ab und stieg hö- den Brunnen. Das Tier weinte stunden- her und höher. lang herzzerreißend, während der Bauer Und bald sahen alle erstaunt zu, wie überlegte, was er machen soll. sich der Esel an den erreichten Brun- Schließlich entschied er, da das Tier nenrand stellte und glücklich hinaus schon alt war und der Brunnen ohnehin sprang! zugeschüttet werden musste, dass sich die Mühe nicht mehr lohnte, den Esel zu „Das Leben wird über dich Müll schüt- retten. ten, ganz verschiedene Arten von Schmutz. Der Trick, wie du aus dem Brunnen kommst, liegt darin, dass du all diesen Müll abschüttelst und dann eine Stufe höher kletterst. Je- des Unglück ist wie eine Stu- fe. Wir können so aus dem tiefs- ten Brunnen kommen, wenn wir einfach nicht aufgeben. Gib niemals auf! Schüttle das Unglück ab und steige eine Stufe höher! Merke dir fünf Regeln, um Er rief alle Nachbarn, ihm zu helfen. Alle das Glück zu erreichen: griffen nach einer Schaufel und began- 1. Befreie dein Herz von Hass – Ver- nen, Müll in den Brunnen zu schaufeln. zeihe. Der Esel merkte zunächst was ge- 2. Befreie deine Gedanken von Sor- schieht, und begann verzweifelt zu wei- gen – die meisten werden nie wahr. nen. Dann jedoch hatte er sich, zum all- gemeinen Erstaunen, beruhigt. 3. Lebe einfach und schätze das, was du hast. Nach einer Weile schaute der Bauer in den Brunnen. Er war verblüfft von dem, 4. Gib mehr. was er sah. Mit jeder Schaufel Müll, die 5. Erwarte weniger. den Rücken des Esels traf, geschah et- was Erstaunliches. Der Esel schüttelte seinen Rücken und stieg etwas höher. Stefan Barth So wie der Bauer und die Nachbarn fort- setzten, den Unrat auf das Tier zu wer- 25
Umschau: Büchenbach l(i)ebenswert Kann man Spiegel trinken? „Kann man Spiegel trinken?“ Nachdenk- lich steht Tobias vor meinem kleinen Kos- metikspiegel. „Natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf?“ „Na ja, Oma hat gesagt, Tante Anne ist Spiegeltrinke- rin. Und neulich sahen wir ja im Zirkus einen Schwertschlucker, also, der hat ein richtiges Schwert geschluckt. Und da dachte ich, dass Tante Anne vielleicht auch Spiegel trinken kann.“ Mit seinen sechs Jahren ist Tobi sehr wissbegierig. Jetzt versteh ich den Zusammenhang und versuche, dem kleinen Mann zu er- klären, was es damit auf sich hat. „Spiegeltrinker werden Menschen ge- stieg ins Auto. Und dann baute sie einen nannt, die immer einen bestimmten Alko- schlimmen Autounfall. Zwar kamen keine holspiegel brauchen. Sonst geht es ihnen Personen dabei zu Schaden, aber ihr Au- schlecht.“ „So wie Oma immer ihr Insulin to hatte Totalschaden und sie konnte braucht?“ „Das braucht Oma, um gesund nicht mehr weiterfahren. Andere Leute zu bleiben, aber bei Tante Anne war das riefen die Polizei zu Hilfe. Dabei kam anders. Als Onkel Hans starb, war sie im- dann raus, dass Anne einen ziemlich ho- mer sehr traurig und konnte auch nicht hen Alkoholspiegel im Blut hatte. Des- mehr schlafen. Eine Freundin riet ihr zu halb der Ausdruck Spiegel.“ einem Gläschen Wein abends. Das half „Aber Mama, Tante Anne war doch nie ihr auch. Sie konnte wieder schlafen. betrunken so wie Onkel Hans manchmal. Auch war sie nicht mehr so sehr traurig, Dann kann er nicht mehr richtig laufen wenn sie Wein getrunken hatte. Aber mit und redet so komisch und schreit auch der Zeit brauchte sie immer mehr Wein, manchmal. Dann bekomme ich richtig um schlafen zu können. Einmal hatte sie Angst vor ihm.“ abends eine ganze Flasche Rotwein ge- „Stimmt, Tobi, wir haben Tante Anne nie trunken, da kam ein Anruf von ihrer bes- betrunken erlebt. Bei Spiegeltrinkern ist ten Freundin: „Anne, kannst du bitte das anders. Andere merken das gar kommen? Mir geht‘s sehr schlecht.“ Du nicht. Das Trinken machen sie meist weißt ja, Tante Anne ist immer sehr lieb heimlich. Dann sind sie gut drauf und lus- und hilfsbereit. Zwar überlegte sie noch, tig.“ „Ja, Tante Anne ist immer sehr lieb ob es klug ist nach einer ganzen Flasche und lustig. Ich habe sie richtig lieb.“ „Ich Wein mit dem Auto zu fahren, aber die auch, Tobi, und deshalb bin ich so froh, Freundin wohnte schließlich nicht neben- dass sie jetzt zu den Anonymen Alkoholi- an, sondern einige Kilometer entfernt. kern geht. Das hilft ihr sehr, auch ohne Und es klang so dringend. Wird schon Alkohol lustig und froh zu sein. Ihr Arzt nichts passieren, sagte Anne sich und hatte ihr nämlich empfohlen, zu dieser 26
Winter 2022 / 2023 Gruppe zu gehen, weil sie sonst ihre Ge- Die Präambel der AA sundheit ruinieren würde.“ „Was ist das, die A…?“ „Dort treffen sich Menschen, die schlechte Erfahrungen mit Alkohol ge- Anonyme Alkoholiker sind eine Ge- macht haben und so was nicht mehr trin- meinschaft von Männern und Frauen, ken wollen.“ Tobi ist zufrieden mit meinen die miteinander ihre Erfahrung, Kraft Erklärungen. und Hoffnung teilen, um anderen zur Vor kurzem fragte Anne mich, ob ich nicht Genesung vom Alkoholismus zu ver- mal mitkommen wolle zu ihrer Gruppe. helfen. „Ich würde dir so gerne meine Freunde vorstellen,“ meinte sie. „Jeden ersten Montag im Monat dürfen Angehörige und Die einzige Voraussetzung für die Zu- Interessierte dazu kommen.“ Ich sagte gehörigkeit ist der Wunsch, mit dem gerne zu. Trinken aufzuhören. Die Treffen sind in Büchenbach in der Martin-Luther Kirche. Wobei sie keiner Die Gemeinschaft kennt keine Mit- Kirche angehören und auch sonst keiner gliedsbeiträge oder Gebühren, sie er- Religion. Der Raum in der Kirche ist nur hält sich durch eigene Spenden. gemietet. Sie glauben aus Erfahrung an eine höhere Macht. Ob sie nun Gott ge- nannt wird oder ganz anders. Diese hö- Die Gemeinschaft der AA ist mit keiner here Macht hilft ihnen, ohne Alkohol zu Sekte, Konfession, Partei, Organisati- leben. Und natürlich hat die Gruppe ei- on oder Institution verbunden, sie will nen wesentlichen Anteil daran. Ist überle- sich weder an öffentlichen Debatten benswichtig. beteiligen, noch zu irgendwelchen Streitfragen Stellung nehmen. Von weitem schon höre ich fröhliches La- chen. Einige Gruppenmitglieder haben sich schon im Hof versammelt. Die Ver- Unser Hauptzweck ist, nüchtern zu trautheit untereinander ist zu spüren. Ich bleiben und anderen Alkoholikern zur werde herzlich willkommen geheißen, Nüchternheit zu verhelfen. nicht übertrieben, sondern echt. Dann geht‘s los. Eine Teilnehmerin hat was Le- ckeres, Herzhaftes mitgebracht, und wir füllen unsere Teller damit. Natürlich gibt Schuld. Ich werde demnächst mal fragen, es auch verschiedene Getränke. In der was es mit diesem Ritual auf sich hat. Anfangsrunde stellt sich jede*r mit Vorna- Die Geschichten der Mitglieder gehen mir men vor. Die Wahrung der Anonymität zum Teil richtig unter die Haut. So viel soll gewahrt sein. Nicht selten gehören Tragik. Aber auch so viel Mut, aus der Persönlichkeiten der Öffentlichkeit zu den Abhängigkeit herauszufinden. Keinerlei Teilnehmern. Nach dem Vornamen Imponiergehabe, wie es sonst oft in an- kommt „Alkoholiker, bzw. Alkoholikerin“. deren Gruppen anzutreffen ist. Mir wird Fast wie ein Nachname. Das empfinde richtig warm ums Herz. Und ich empfinde ich als etwas störend. Wie das Schuldbe- großen Respekt vor diesen Menschen kenntnis in Gottesdiensten, das ich auch mit ihren Geschichten. Fünf Frauen und nicht mag. Hier geht es doch nicht um zwei gestandene Männer. Wobei die Frauen natürlich auch gestandene Frau- 27
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