Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24

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Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
ZEITSCHRIFT DER
                                   INDUSTRIE- UND
                                   HANDELSKAMMER
                                   ZU ROSTOCK

MÄRZ 2020

            Wir haben etwas
             ­unternommen
                Vor 30 Jahren gegründet:
   Unternehmensgeschichten aus der Region

                                           Standort
                   Konjunkturumfrage zeigt Zuversicht
                          Unternehmensförderung
                  Gutes Netzwerk unterstützt Gründer
                            Aus- und Weiterbildung
                Ausbildungsbotschafter beraten Schüler
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
Montag - Samstag · 9 - 18 Uhr · Am kleinen Stadtfeld 7 · 23970 Wismar
                               Tel.: 03841 · 62 30 30 · www.starlet-wohnkultur.de

Mitarbeiterbedarf?
►   wir vermitteln ausl. Saisonkräfte, für max. 3 Monate, sozialversicherungsfrei
►   mit guten bis sehr guten Deutschkenntnissen
►   bei ausreichender Vorlaufzeit geschult auf Ihren Betrieb (z.B. Artikel, Speisekarte, Preise, Kassentableau o.ä.)
►   inkl. aller für die Arbeitsaufnahme notwendigen Dokumente (Arbeitsgenehmigung, Visum, KV, GHZ)
►   inkl. Unterstützung bei der Unterkunftssuche, An- und Abreise, Arbeitswegen, etc.
►   Vermittlung gegen Honorar, Rabatte ab 25 Personen pro Arbeitgeber möglich

            jeople - jobs & people e. K. · Bahnhof 1 · 18258 Schwaan · Tel.:03844 - 890 24 20 · info@jeople.de
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VORWORT

                                   Vielen Dank für 30 Jahre Einsatz

                                   Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer,

                                   Viele von Ihnen haben in den kommenden Monaten etwas zu feiern:
                                   Es gibt Ihr Unternehmen seit 30 Jahren. Das hat uns veranlasst, Unter-
                                   nehmerinnen und Unternehmer vorzustellen, die kurz nach der Wende be-
                                   schlossen haben: „Wir wollen uns selbstständig machen, wir wollen etwas
                                   unternehmen.“ Sollten Sie auch in der Planung sein und sich fragen „Wie
                                   komme ich in die WIR?“ Dann melden Sie sich unter presse@rostock.ihk.de,
                                   die WIR-​Reihe „30 Jahre Wirtschaft“ werden wir bis Ende 2020 fortsetzen,
                                   interessante Unternehmensgeschichten sind stets willkommen.

                                   Was machen die vorgestellten Beispiele deutlich? Dass es in unserer Region
                                   viele Menschen gab und gibt, die aus einer guten Idee eine Geschäftsidee
                                   entwickelt haben. Damit nicht genug: Sie haben sich in unserer Region
                                   selbstständig gemacht, sind mal langsam, mal schnell gewachsen. Sie
                                   haben ihren Mitarbeiterstamm verdoppelt oder verzehnfacht, sie geben
                                   vielen Menschen Arbeit. Bei vielen Unternehmen zeigt sich: Dreißig Jahre
Klaus-​Jürgen Strupp               nach der Gründung laufen sich schon mögliche Nachfolger warm. Oft blei-
Präsident der IHK zu Rostock       ben die Unternehmen in der Familie. Das verwundert nicht. Unternehmer
                                   sind oft rund um die Uhr im Einsatz, da nehmen sie die Kinder manches
                                   Mal mit in den Betrieb. Wer als Kind Unternehmerluft schnuppern durfte,
                                   entwickelt oft schon früh eine Faszination für die Selbstständigkeit.
                                   Unternehmertum bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, Kreativität zu
                                   leben, informiert zu sein, zu netzwerken, zu handeln – Unternehmertum
                                   verpflichtet, gibt aber auch viel.

                                          „Unternehmerinnen
                                            und Unternehmer
                                           sind oft Treiber, die
                                          Motoren einer Region.“

                                   Unternehmerinnen und Unternehmer sind oft Treiber, die Motoren einer
                                   Region. Unsere Region ist wunderbar, hat viel zu bieten, zusammen mit
                                   Ihnen ist sie „wow“.

                                   Vielen Dank für viele Jahre unermüdlichen Einsatzes!

                                   gez. Klaus-​Jürgen Strupp

»Sie haben Hinweise oder Bitten?
Dann melden Sie sich unter
vorwort@rostock.ihk.de

                                                                                                 März 2020 WIR | 3
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
INHALT
                                                  MÄRZ 2020

   3 Vorwort

   6 Regional verankert

   6 Hybrid-​Loks made in Rostock
   8 Geschichte geschrieben: Ein Blick
     auf den Verlag Redieck & Schade

 10 Titelthema

  10 „Ich liebe es, Unternehmerin zu
     sein“
  12 „Geht nicht“ gibt ’s nicht
  14 „Durchhalten ist der Schlüssel
     zum Erfolg“
  16 Dreißig Jahre voller Geschäftsideen
     und noch kein Ende in Sicht
  17 Die Unternehmer von morgen

                                                  30 Jahre Wirtschaft
 18 IHK aktuell                             10    Unternehmerin aus Überzeugung
  18 Neuer Leiter der IHK-Geschäftsstelle         Vor 30 Jahren fing die Kühlungsbornerin Britta Busch (l., hier mit Tochter Nora) an,
     Stralsund                                    mit Fliesen zu handeln. Heute ist sie mit zwei Geschäften erfolgreich. Ihre Geschichte
  18 Die Neuen im IHK-​Team                       steht stellvertretend für viele Selbstständige, die nach der Wende Herausforderungen
                                                  gemeistert haben und bis heute unternehmerischen Kampfgeist zeigen.

 20 Standort

  20 Geschäftsklima: Auf Kurs durch
     konjunkturelle Untiefen
  22 Das Projekt INTRO: Ein Gesicht für
     die Region

 24 Unternehmensförderung

  24 Die Region entwickelt sich positiv
  26 Digitalisierung: Herausforderungen
     für den Handel
  27 Neuer Sprechtag zum betrieblichen
                                                                                                                                 Foto: Christina Milbrandt

     Mobilitätsmanagement

 28 Wissen schafft Wirtschaft

  28 Der Klimawandel und die
     Wirtschaft                                       Wissen schafft Wirtschaft
  30 Da ist der Wurm drin                    30      Mehlwürmer als Nahrungsquelle
  32 IHK ecoFinder
                                                     Aus Mehlwürmern können Lebensmittel entstehen, die bald in aller
                                                     Munde sind. Christian Baudisch, Ahmed Hussein und Raijana Schiemann
 34 International                                    haben dafür das Startup „Inova Protein“ ins Leben gerufen. Schon für
                                                     das kommende Jahr planen die drei Nachwuchsunternehmer die Ver-
  34 Neue „Assoziierte Partner“                      größerung ihrer Produktion.
     im EEN-Netzwerk

4 | WIR März 2020
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
36 Aus- & Weiterbildung

                                                                                                                                                     36 Tag der Ausbildung
                                                                                                                                                     38 Das Azubiticket
                                                                                                                                                     40 IHK-​Ausbildungsbotschafter
                                                                                                                                                        beraten Schüler

                                                                                                                                                     42 Recht & Steuern

                                                                                                                                                     42 Werbung per E-​Mail
                                                                                                                                                     44 Transparenzregister – verschärfte
                                                                                                                                                        Regelungen seit Januar 2020

                                                                                                                             Foto: Sabine Zinzgraf
                                                                                                                                                     46 Veranstaltungen &
Foto: Sabine Zinzgraf

                                                                                                                                                        Termine

                                                                                                                                                     48 Durchstarter
                                 Aus- und Weiterbildung
                         36      Ein Blick in berufliche Möglichkeiten                                                                               48 GeoFert ist mit biologischem
                                                                                                                                                        Düngemittel erfolgreich
                                 Mehr als 1.400 Schüler aus der ganzen Region haben sich beim Tag der Aus-
                                 bildung am 5. Februar Betriebe aus verschiedenen Branchen angeschaut, die
                                 ausbilden. Neben Aida (Foto) und 39 weiteren Unternehmen öffnete auch die
                                 IHK zu Rostock ihre Türen für die interessierten Jugendlichen.                                                      50 Vorschau April 2020
                                                                                                                                                     50 Impressum

                                                                                                                                                                                 Extra Beihefte
                                                                                                                                                                                                r
                                                                                                                                                                                 Jahresbericht

                                                                                                                                                                          Jahresbericht
                                                                                                                                                                          2019 in Fakten und Fotos
                                                                                                 Foto: Christina Milbrandt

                              Durchstarter
                        48    Grüne Hilfe für den Acker
                              Mehr Ertrag beim Pflanzenanbau – das ist der Anspruch der GeoFert
                              Germany GmbH. Eingesetzt wird der biologische Hilfsstoff, den das                                                       Die IHK zu
                              Teterower Unternehmen produziert, derzeit vor allem in Biogasanlagen.                                                   Rostock online:
                              Die Ausweitung auf den landwirtschaftlichen Feldanbau ist aber schon                                                    www.rostock.ihk24.de
                              in Planung.
                                                                                                                                                           facebook.com / IHKzuRostock

                                                                                                                                                                      März 2020 WIR | 5
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
REGIONAL VERANKERT

Hybrid-​Loks made in Rostock
Toshiba produziert im Seehafen moderne Bahnen für DB-​Cargo

F
     ür einen Paukenschlag sorgten in
     Rostock die Pläne von Toshiba: Das
     japanische Technologie-​Unterneh-
men baut zusammen mit DB-​Cargo das
Betriebswerk in Krummendorf am Rand
des Rostocker Seehafens aus, um dort
Hybridlokomotiven herzustellen. Nach
einer erfolgreich verlaufenen Machbar-
keitsstudie hat DB-​Cargo bereits die ers-
ten 50 Fahrzeuge geordert. Weitere 50
mietet die Güterbahn an. Ab 2021 star-
ten die Vorbereitungen für die Montage
im Rostocker Instandhaltungswerk der
DB Cargo.

Neue Züge sparen eine Million
Liter Diesel im Jahr

                                                                                                                                               Fotoquelle: Deutsche Bahn AG / Claus Weber
Die 50 neuen Hybridloks werden 61 alte
Dieselloks ersetzen und sind ein Bau-
stein der DB-​Strategie „Starke Schie-
ne“, die auf Wachstum im Schienen-
güterverkehr setzt. Dr. Sigrid Nikutta,
DB-​Konzernvorstand für Güterverkehr
und DB Cargo: „Gemeinsam mit Toshiba
setzen wir in einer entscheidenden Zu-
kunftstechnologie Maßstäbe. Durch das            Noch hat DB-​Cargo Loktypen wie dieses auf den Schienen. Die neuen Hybrid-​Loks aus Rostock
alternative Antriebskonzept können wir           sind ein Schritt Richtung mehr Nachhaltigkeit im Schienengüterverkehr.
die Arbeit in unseren Rangierbahnhöfen
künftig ressourceneffizienter erledigen.“
So könne man 30 Prozent Energie und
eine Million Liter Diesel im Jahr sparen.
Zudem seien die Fahrzeuge leichter für           zu entwickeln.“ Die Lok vereine die              „Die Symbiose von DB Cargo und Toshi-
die Mitarbeiter zu bedienen, so Nikutta.         hohen europäischen und japanischen               ba bedeutet mehr gute und mehr nach-
Takayuki Konno, Vizechef von Toshi-              Ingenieurstandards. Ausgestattet sind            haltige Arbeit im Land. Wir benötigen
ba: „Dies ist der Beginn einer hervor-           die Hybridlokomotiven mit modernsten             mehr langfristige Investitionen in Ma-
ragenden Zusammenarbeit. Toshiba ist             Technologien – unter anderem speziel-            schinen und Anlagen sowie in Forschung
sehr stolz darauf, seine erste europäi-          len Lithium-​Ionen-​Batteriesystemen,            und Entwicklung. Das sichert perspekti-
sche Rangierlokomotive für DB Cargo              so Konno.                                        visch mehr Wohlstand für unsere Bür-
                                                                                                  ger“, so Rudolph.
                                                             Bekenntnis zu Mecklen-               Die Hybridfahrzeuge ermöglichen
                                                             burg-​Vorpommern                     neben einem deutlich geringeren Die-
                                                             Für     Mecklenburg-​ Vor-           sel-​Verbrauch und niedrigeren Instand-
                                                             pommern ist die Ent-                 haltungskosten eine höhere durch-
                                                             scheidung des Unternehmens           schnittliche Flottenverfügbarkeit und
                                                             äußerst gewinnbringend, wie          damit auch mehr Qualität für die Kun-
                                                             auch Staatssekretär Dr. Ste-         den. Zudem können die Batteriemodule
                                                             fan Rudolph betont. Es sei ein       von Beginn an zusätzlich extern geladen
                                                             würdiger Verhandlungserfolg          werden, was den Anteil erneuerbarer
                                Foto: Toshiba               und ein Bekenntnis zum               Energien im Schienengüterverkehr wei-
So sehen die Hybrid-​Loks von Toshiba aus.                   Innovationsstandort MV.              ter erhöht.

6 | WIR März 2020
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
Namen & Köpfe
HMT bekommt                                 Axel Hochschild                                               Startschuss für
neuen Rektor                                im ZDH-​Präsidium                                             die Darßbahn
                       Prof. Dr. Rein-                           Der Präsident der                        Die Darßbahn kommt. Das ver-
                         hard Schäfer-                             Handwerks-                             kündeten die Ministerpräsidentin
                          töns soll neuer                           kammer Ost-                           Manuela Schwesig und der Verkehrs-
                           Rektor der                               mecklenburg-​                         minister Christian Pegel Anfang
                           HMT Rostock                              Vorpommern,                           Februar. Die Darßbahn wird von
                          werden. Seine                             Axel Hoch-                            Barth nach Zingst und weiter nach
                         Amtszeit wird                             schild, wurde                          Prerow fahren. Wann die Strecke in
                       der 53-​Jährige                           für die Länder-                          Betrieb gehen wird, ist abhängig von
voraussichtlich zum Wintersemester          gruppe Mecklenburg-​Vorpommern,                               der Meiningenbrücke, die neu gebaut
2020/21 antreten. Von 1988 bis 1995         Schleswig-​Holstein, Hamburg und                              werden muss. Der nächste Schritt
war Schäfertöns als Kirchenmusiker          Bremen in das Präsidium des Zentral-                          besteht darin, für die neue Bahn-
tätig. Seit 2001 ist er Professor an der    verbandes des Deutschen Handwerks                             strecke das Baurecht zu erlangen.
Universität der Künste Berlin. Derzeit      (ZDH) gewählt. Damit vertritt Axel                            Für den Streckenabschnitt bis zum
ist er Dekan der Fakultät Musik sowie       Hochschild in diesem Gremium die                              Meiningenstrom auf der Festland-
geschäftsführender Direktor des Insti­      handwerkpolitischen Interessen der                            seite liegt ein Planfeststellungs-
tuts für Musikwissenschaft, Musik-          Handwerkskammern und deren                                    beschluss vor. Hingegen ist für die
theorie, Komposition und Musiküber-         Mitgliedsbetrieben aus den Küsten-                            neue Klappbrücke für Schiene und
tragung.                                    ländern.                                                      Straße eine umfassende Planung
                                                                                                          und danach ein Planfeststellungs-
                                                                                                          verfahren erforderlich.
                                                                                                          Ab dem 30. November 1910 ver-
Mukran Port:                                                                                              band die Darßbahn die Stadt Barth
                                                                                                          auf dem Festland mit Prerow auf der
Verbesserte Anbindung                                                                                     Halbinsel Fischland-​Darß. Im Zuge
                                                                                                          von Reparationsleistungen wurde
                                                                                                          auf der Insel das Streckengleis nach
Der Mukran Port soll in Zukunft noch        reibungsloser Umstieg für die Kreuz-                          Ende des 2. Weltkrieges demontiert.
besser an den Öffentlichen Personen-        fahrt- und Fährgäste gewährleistet                            Mit der Auflösung des Stützpunkts
nahverkehr (ÖPNV) angeschlossen sein.       werden.                                                       der Nationalen Volksarmee in Barth
Anstoß dazu gaben der Zuwachs bei der       VVR-​Geschäftsführer Ulrich Sehl: „Wir                        1990 wurde auch die Strecke Barth-​
Auslastung der bestehenden Zug- und         haben dabei jedoch nicht nur die Touris-                      Bresewitz nicht mehr benötigt und
Fährverbindungen sowie die deutlich ge-     ten im Fokus. Ebenfalls haben wir uns                         der Verkehr eingestellt. Seitdem ruht
stiegene Abfahrtszahl des Nachtzuges        mit den im Hafen ansässigen Firmen                            der Zugverkehr auf diesem Strecken-
von Malmö nach Berlin über die Fähr-        abgestimmt, um auch den Mitarbeitern                          abschnitt, dieser ist aber weiterhin
verbindung Trelleborg-​Sassnitz.            die Möglichkeit bieten zu können, mit                         für den Bahnverkehr gewidmet.
Die Verkehrsgesellschaft Vorpommern-​       dem ÖPNV zu ihrem Arbeitsplatz zu ge-                         2002 übernahm die Usedomer
Rügen mbH (VVR) hat diese Erkennt-          langen.“ Nach einer Umfrage unter den                         Bäderbahn (UBB) den Personenver-
nisse bei der Erstellung ihrer Fahrpläne    Hafenmitarbeitern seien Stoßzeiten                            kehr zwischen Velgast und Barth.
berücksichtigt. So sollen zu den jewei-     ermittelt worden, zu welchen die VVR                          Seit Dezember 2019 fährt DB Regio.
ligen Ankünften Busse bereitstehen          nun zusätzlich Abfahrten anbietet. Da-
– sowohl tagsüber als auch nachts. Im       durch solle auch bei den Einheimischen
Sinne einer durchgängigen und umwelt-       ein Umdenken in Bezug auf nachhaltige
freundlichen Mobilitätskette soll so ein    Mobilität gefördert werden.                                       – Zahl des Monats –

                                                                                                                      92 %
                                                                                                               der ostdeutschen Unternehmen
                                                                                                             sind wieder Familienunternehmen.
                                                                                                            Das geht aus einer neuen Studie der
                                                                                                           Stiftung Familienunternehmen hervor.
                                                                                                            Damit sind sogar mehr ostdeutsche
                                                                                Ein Kreuzfahrtschiff         als westdeutsche Unternehmen in
                                                            Foto: Mukran Port

                                                                                und ein Fährschiff lie-     Familienhand. In den alten Bundes-
                                                                                gen im Mukran Port.       ländern liegt der Schnitt bei 82 Prozent.

                                                                                                                            März 2020 WIR | 7
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
REGIONAL VERANKERT

Geschichte
geschrieben
Die Verleger Redieck & Schade haben aus
­Chroniken ein Geschäftsfeld gemacht.

M
        anchmal ist auf Anhieb für Dritte spürbar, wenn
        zwei Menschen gut zusammenpassen. Das gilt nicht
        nur für Paare, sondern auch für Geschäftspartner.                                  Früher war mehr Rauch – der inzwischen verstorbene Karikaturist Let-
Dr. Matthias Redieck und Achim Schade sind solch eine Kom-                                 ton Ruttmann porträtierte die beiden Verleger vor einigen Jahren. Das
                                                                                           Rauchen haben die Unternehmer i­nzwischen aufgegeben.
bination. Auch wenn sie ihr Unternehmen am 1. Juli 1992
gründeten und daher dieses Jahr noch nicht dreißigjähriges
Bestehen feiern können, sind sie untrennbar mit regiona-                                   Ihrer Leidenschaft für die deutsche Sprache frönen können
ler Firmenhistorie verbunden. Mehr als 800 Publikationen                                   sie auch als Unternehmer: „Seit 26 Jahren verlegen wir unter
von mehr als 400 Autoren haben sie verlegt, darunter viele                                 anderem den Inböter, das Kundenmagazin der Rostocker
Bücher und Broschüren über die Wirtschaft allgemein und                                    Stadtwerke – das ist hier in der Region das Unternehmens-
Unternehmen ganz konkret. Kennengelernt haben sich der                                     magazin, das am längsten kontinuierlich in einer Hand lag“,
65-​Jährige Thüringer Schade und der 62-​Jährige Stralsunder                               berichten sie stolz.
Redieck in der Stadtverwaltung Rostock. Dort waren beide                                   Mit Rekorden kann das Duo ohnehin aufwarten: Im Februar
im Senatsbereich Wissenschaft, Bildung und Kultur tätig. Die                               präsentierte die Universitätsbibliothek Rostock das größte
beiden eint, dass sie Lehrer werden wollten: Achim Schade für                              von Kindern und Jugendlichen geschriebene Buch der Welt,
Deutsch und Englisch und Matthias Redieck für Geschichte                                   herausgegeben von Redieck & Schade: Es ist 1,80 m hoch,
und Deutsch. Das Studium haben sie abgeschlossen, doch „als                                misst aufgeschlagen 2,40 m und widmet sich 600 Jahren
Lehrer haben wir nie praktiziert“, so die beiden schmunzelnd.                              Universität Rostock. Jedes Blatt ist etwa 34-​mal so groß wie
                                                                                           ein DIN A4-​Blatt und wiegt circa 840 Gramm. Überhaupt,
                                                                                           Rostock. Daran haben die beiden ihr Herz verloren. Das ver-
                                                                                           deutlichen die vielen Bücher wie die „Rostocker Zorenappels“,
                                                                                           die Ausgaben des Bäderjournals Tidingsbringer, die Bücher
                                                                                           „Rostock im Feuersturm“, ein Buch zur IGA – „16.500-mal
                                                                                           verkauft“, berichtet Achim Schade oder das Büchlein „Der
                                                                                           Turm – Vom Wiederaufbau des St.-Petri-​K irchturmes zu Ros-
                                                                                           tock“ – „13.500-mal verkauft“, ergänzt Matthias Redieck. Die
                                                                                           Aufrichtung des Petri-​K irchturms im Jahr 1994 war aus Sicht
                                                                                           der Verleger ein unvergesslicher Rostock-​Moment: „Wir und
                                                                                           alle Rostocker waren damals mit ganzem Herzen dabei. Es
                                                                                           war ein frostkalter Tag, unten standen die Menschen und
                                                                                           haben gebibbert. Alle schauten nach oben, wie der Hahn auf
                                                           Foto: Verlag Redieck & Schade

                                                                                           den Turm gesetzt wurde“, erzählt Matthias Redieck und zeigt
                                                                                           auf den Bildband mit Aufnahmen des Rostocker Fotografen
                                                                                           Gerhard Weber. Auch wenn sich die beiden nach und nach aus
                                                                                           dem Alltagsgeschäft zurückziehen möchten, steht für sie fest:
                                                                                           „Wir hatten eine tolle Zeit.“
Achim Schade (l.) und Dr. Matthias Redieck                                                                                                Sabine Zinzgraf

                                               Unternehmensgeschichten
    Regelmäßig wollen wir besondere Unternehmensgeschichten in der WIR präsentieren. Haben Sie auch etwas zu erzählen,
    das Sie von anderen unterscheidet? Melden Sie sich unter presse@rostock.ihk.de.

8 | WIR März 2020
Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
NEUES VON DEN
            WIRTSCHAFTSJUNIOREN

Wirtschaftswissen im Wettbewerb
Neuntklässler punkten

Was ist ein Kreditor? Was ist der Unter-   worben und drei haben sich qualifiziert.
schied zwischen Umsatz und Gewinn?         Der ökonomische Wissenswettbewerb

                                                                                           Foto: Christian Rödel
Hätten Sie es gewusst, wenn Ihnen diese    lädt jedes Jahr Schülerinnen und Schü-
Fragen spontan auf der Straße gestellt     ler der neunten Klassen aus der Region
worden wären? Die drei 15-​jährigen        ein, sich an diesem Wettstreit zu be-
Stralsunder Neuntklässler Nico Winter,     teiligen. Die Stralsunder Stadtwerke
Jannes Lühe (beide vom Schulzentrum        und der Stralsunder real-​Markt stifte-         Peter Stagge (3. v. l.) mit den Preisträgern des
am Sund) und Jakob Ole Nikolai Hübner      ten dieses Jahr attraktive Preise für die       Wettbewerbs (Mitte)
(Jona-​Schule) haben diese und andere      besten Schüler. Nico Winter (1. Platz),
knifflige Fragen über wirtschaftliche      Jakob Ole Nikolai Hübner (2. Platz)
Zusammenhänge richtig beantworten          und Jannes Lühe (3. Platz) dürfen zum           schaftsjunioren. Als Vertreter der Stadt
können. Chapeau! Bereits zum fünften       großen Finale im kommenden März für             beglückwünschte Peter Fürst, Leiter des
Mal hatten die Stralsunder Wirtschafts-    ein Wochenende nach Leipzig fahren,             Amtes für Wirtschaftsförderung und
junioren, zu denen junge Unternehmer       wo sich die besten jungen Wirtschafts-          Stadtmarketing, die Stralsunder Schüler
unter 40 Jahren aus dem regionalen         experten aus ganz Deutschland zum               offiziell im Rathaus. „Ich muss gestehen,
IHK-​Bereich zählen, dieses Wirtschafts-   großen Bundesvergleich treffen. „Sämt-          dass ich auf einige Fragen nicht die rich-
quiz ausgelobt. Insgesamt vier Stral-      liche Kosten für Anfahrt, Unterbringung         tige Antwort gewusst hätte“, gab der
sunder Schulen (Hansa-​Gymnasium,          und Verpflegung steuern die Wirt-               oberste Wirtschaftsförderer der Hanse-
IGS Grünthal, Jona-​   Schule und das      schaftsjunioren bei“, sagt Peter Stagge,        stadt unumwunden zu.
Schulzentrum am Sund) hatten sich be-      Vorstandschef der Stralsunder Wirt-                                        Christian Rödel

ENERGIE: NUTZEN                                                                           Nächste MVe
                                                                                                         ffizient-Sta
STATT VERSCHWENDEN                                                                      „Intelligente
                                                                                             26.03.2020,
                                                                                                        Beleuchtung
                                                                                                                      mmtische:

                                                                                                                      sk
                                                                                                           10.00 - 12.00 onzepte“
                                                                                             Dr. Ebel Fach
                                                                                                             klinik MoorbUhr
                                                                                                     Bad Doberan          ad
                                                                                         „Verbrauchs
                                                                                       managemen        monitoring,
                                                                                                   t und              Energie-
                                                                                            01.04.2020, Gebäudeautomation“
                                                                                        Die Rostocke     09 :30 - 13:30 U
                                                                                                      r Wurst             hr
                                                                                                spezialitäten- und Schinken-
                                                                                                                GmbH
                                                                                                                    Jetzt anmel
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Wir haben etwas unternommen - Vor 30 Jahren gegründet: Unternehmensgeschichten aus der Region - IHK24
TITELTHEMA

                                                                      Foto: privat
                                                                                           Heute
    Damals                                                                       wei L äden gut.
                                                                  läuft ’s mit z
     Gründermut
                           Vor 30 Jahren gründete Britta Busch in Kühlungsborn ihren Fliesenhandel (auf dem alten Foto hier mit ihrer Mutter, l.).
                                                                          Vor einigen Jahren ist Tochter Nora (r.) mit ins Geschäft eingestiegen.

„Ich liebe es, Unternehmerin zu sein“
Britta Busch startete vor 30 Jahren mit einem Fliesenhandel in die Selbstständigkeit.
Erweitert um den Bereich Wohnambiente sind ihre Geschäfte heute aus Kühlungs-
born nicht wegzudenken.

A
        lte Automodelle, große Lager-                                                             die „mich fragten, ob ich mir vorstellen
        hallen, Frisuren aus den 1990er-                                                          könne, Fliesen zu verkaufen.“ Die da-
        Jahren. Britta Busch sitzt vor                                                            mals 24-​Jährige bat darum, eine Nacht
ihrem Computer und zeigt auf Fotos                                                                darüber schlafen zu dürfen. Am nächs-
aus der Wendezeit, jener Zeit, die auch                                                           ten Morgen stand fest: „Ja, dann mache
eine persönliche Wende markiert. Die                                                              ich es.“ Die Gewerbegenehmigung hat
54-​Jährige lächelt und zeigt auf ein                                                             sie dann kurzfristig erweitert, für den
Foto: „Da, das Baby, das war Nora als
Kleinkind.“ Inzwischen arbeitet Toch-
ter Nora, studierte Produktdesignerin,
seit vier Jahren mit im Geschäft. Schon
                                                             700
                                                        Quadratmeter umfasst
                                                                                                  Verkauf von Fliesen- & Sanitärartikeln.
                                                                                                  Erster Unternehmensstandort war ein
                                                                                                  Schuppen, es folgten zwei Umzüge. Seit
                                                                                                  1995 bietet Britta Busch ihre Produkte
zu DDR-​Zeiten wollte Britta Busch sich            das Geschäft, in dem sich 30 Jahre             in der Kühlungsborner Cubanzestraße
selbstständig machen: „Ich war damals               Arbeit und Leidenschaft zeigen.               an. „Früher war hier eine Geflügelwirt-
in der Gastronomie tätig und wollte eine                                                          schaft“, berichtet sie und zeigt dazu pas-
Grillbar eröffnen.“ Sie hatte dafür eine                                                          send auf weitere archivierte Fotos von
Gewerbegenehmigung. Da ihr damaliger                                                              früher. Diese machen deutlich, dass viel
Ehemann nach der Wende ein Bauunter-                                                              knochenharte Arbeit und Liebe zum
nehmen führte, entstand der Kontakt                                                               Detail investiert wurden, damit die 700
zu zwei Herren aus der Fliesenbranche,                                                            Quadratmeter im heutigen Ambiente er-

10 | WIR März 2020
strahlen. Nebenbei hat die Unternehme-                                            Hinschmeißen kam nicht in Frage
                        rin einen weiteren Standort aufgebaut,                                            „Wir können nicht nur schmollen, son-
                        das „TRaum und Zeit“ in der Kühlungs-                                             dern müssen auch etwas machen“, sagt
                        borner Hermannstraße.                                                             sie im Hinblick auf die Konkurrenz aus
                                                                                                          dem Online-​Handel. Die lockige dunkel-
                        Kunden geben Bestätigung                                                          haarige Frau ist ein Energiebündel. Da
                        Ein Paar mittleren Alters kommt ins                                               scheint es perfekt zu passen, dass der
                        Geschäft: „Wir suchen einen Kerzen-                                               Monatskalender den Spruch zeigt „No
                        wandleuchter aus Edelstahl und Glas,                                              one can stop me“. Ist das die Lebensma-
                        den wir letztens hier gesehen haben.“                                             xime? Britta Busch überlegt kurz. Dann
                        „Den habe ich vor ein paar Tagen ver-                                             sagt sie: „2010 bin ich gestoppt worden.
                        kauft“, sagt Britta Busch. „Aber schauen                                          Damals hatte ich einen schweren Herz-
                        sie sich gern um.“ Das Paar stöbert auf                                           infarkt, mit 45. Damals habe ich Stamm-
                        den zwei Ebenen. 45 Minuten später er-                                            zellen bekommen.“ Natürlich fragt man
                        wirbt es einen anderen Wandleuchter.                                              sich bei solch einschneidenden Ereignis-
Foto: Sabine Zinzgraf

                        Britta Busch strahlt: „Dass Spazier-                                              sen schon, ob man nicht hinschmeißen
                        gänger an einem ganz normalen Wo-                                                 solle.
                        chentag bei mir reinschauen, ist nicht         30 Jahre Wirtschaft
                        ungewöhnlich. Ich versuche schon, den        Mit der politischen Wende 1989/90    Unternehmensnachfolge
                        Geschmack vieler meiner Kunden zu               nutzten viele die gewonnene       „Doch nachdem klar war, dass meine
                        treffen. Durch das etwas andere Am-             Freizügigkeit und gründeten       Tochter ins Geschäft einsteigen möch-
                        biente und die individuelle Gestaltung                   Unternehmen.             te, hat mir das sehr viel neue Motivation
                        meiner Ausstellung finden immer mehr            Wir stellen Erfolgsgeschichten    gegeben.“ Tochter Nora freut sich über
                        Kunden den Weg zu mir, auch wenn das            aus 30 Jahren Wirtschaft vor.     die Worte ihrer Mutter. Als Kind hatte
                        Geschäft nicht in einer zentralen Ein-           Haben auch Sie erfolgreich       sie immer gesagt: „Mama, denke nicht,
                        kaufsstraße liegt.“                           ­gegründet und sind heute noch      dass ich später mal Fliesen verkaufe.“ Als
                        Die Unternehmerin steht stellvertretend      aktiv? Melden Sie sich gerne unter   Erwachsene erkannte sie dann, was ihre
                        für viele regionale Betriebe, die wäh-              presse@rostock.ihk.de.        Mutter in all den Jahren aufgebaut hat:
                        rend der vergangenen Jahre gewachsen                                              „Neun Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
                        sind, sich wandelnden Bedingungen                                                 ter, ein gewachsener Kundenstamm.
                        angepasst und in ihrem Metier Akzen-                                              Was die ersten Unternehmer nach der
                        te gesetzt haben. Das Geschäft macht                                              Wende geleistet haben, ist unglaublich“,
                        deutlich, wie aus kleinsten Anfängen                                              sagt Nora Busch. Heute würden viele
                        Wertschöpfung entstehen kann.                                                     potenzielle Gründer viel eher erstmal die
                        Wieder betreten Kunden, offenbar                                                  Risiken sehen. Da stimmt Mutter Britta
                        Urlauber, den Laden und erzählen:                                                 zu. Sie sieht einen weiteren Grund für ein
                        „Wir waren gestern im Eiscafé. Das ist                                            seit Jahren stagnierendes Gründerinter-
                        so schön geworden. Wir haben gehört,                                              esse auch in der wachsenden Bürokratie,
                        dass das Ambiente von ihnen stammt.“                                              mit der die Unternehmen zu kämpfen
                        Britta Busch freut sich, dass ihre Aktivi-       „Je mehr                         haben: „Früher“, vergleicht sie, „bestand
                        täten bei den Kunden ankommen. Seit           Bürokratie, desto                   mein Geschäftsalltag zu 80 Prozent aus
                        dem Beginn ihrer Geschäftstätigkeit                                               Fliesenverkauf und zu 20 Prozent aus
                        stellt sie eine Auswahl von schlichten         weniger Zeit für                   Buchhaltung.“ Auch wenn sie heute kei-
                        bis ausgefallenen Fliesen für Baupro-         Unternehmertum.                     nesfalls weniger Fliesen verkaufe als
                        jekte in der Region, wie beispielsweise                                           früher, habe sich das Verhältnis heute
                        für Ferienwohnungen, Eigenheime und
                                                                      Das sollte wieder                   genau umgekehrt: „80 Prozent habe ich
                        Hausbaufirmen zusammen. Besonderes             anders werden.“                    mit Bürokram zu tun.“ Das mache das
                        Augenmerk legt sie dabei auf Individua-                                           Unternehmertum zunehmend schwieri-
                        lität für jeden Kunden.                                 Britta Busch              ger. Das sei schade, auch für die Region,
                        Ideenreich setzt sie sich für die Kunden-                                         denn: „Die Unternehmer und Unterneh-
                        bindung ein: 15-mal hat sie während der                                           merinnen bringen Leben in die Region.
                        vergangenen Jahre in den Ladenräumen                                              Jeder hier tut was für den Ort, es ist die
                        einen Weihnachtsmarkt organisiert und                                             Summe der Leistungen jedes Einzelnen.“
                        zum fünften Mal die Modenschau Co-                                                Der Ort habe sich während der vergange-
                        mode. Dazu arbeitet sie auch mit ande-                                            nen drei Jahrzehnte sehr gut entwickelt:
                        ren Gewerbetreibenden aus dem Ort und                                             „Es ist ein großartiger Ort.“ Wichtig ist
                        der Umgebung zusammen: „Die Karten                                                Britta Busch, dass das so bleibt.
                        dafür sind schnell weg“, berichtet sie.                                                                     Sabine Zinzgraf

                                                                                                                             März 2020 WIR | 11
TITELTHEMA
UNTERNEHMERTUM

„Geht nicht“ gibt ’s nicht
Die Dr. Diestel GmbH hat früh auf ein umfangreiches Ausbildungsangebot gesetzt.

D
      ie Idee, sich mit einem Unterneh-                                                                  noch, die Zahl der Mitarbeiter hat sich
      men selbstständig zu machen,                                                                       während der vergangenen 29 Jahre
      kam Dr. Thomas Diestel kurz                                                                        verzehnfacht. Auch das Tätigkeitsfeld
nach der Wende. „Ich hatte damals mein                                                                   des Unternehmens hat sich erheblich
Studium der Schiffstechnik an der Uni-                                                                   vergrößert, die Auftraggeber kommen
versität Rostock beendet und meine                                                                       aus der Forschung, Pharmazie und
Promotion als Aspirantur aus der Praxis                                                                  Medizintechnik, auch aus dem Lebens-
erfolgreich abgeschlossen. Dies war sehr                                                                 mittelbereich – zum Beispiel Brauereien
praxisorientiert und so arbeitete ich da-                                                                – und der Autoindustrie: „Wir rüsten mit
für bei der Warnow-​Werft, eine Schule                                                                   unseren Lüftungs- und Klimasystemen
des Lebens für mich.“                                                                                    viele Gebäude in Mecklenburg-​      Vor-
Eine erfolgreiche Zeit, die den frisch                                                                   pommern und ganz Norddeutschland
promovierten Ingenieur bewog, es mit                                                                     aus“, erklärt Thomas Diestel. Seine 130
einem eigenen Unternehmen zu ver-                                                                        Mitarbeiter sind gefragt, wenn es um
suchen. An der Schonenfahrerstraße                                                                       Lüftungs-, Klima-, Kälte-, Reinraum-,
in Rostock, direkt an der Warnow, fand                                                                   Regelungs- oder Elektrotechnik geht,
er ein geeignetes Gewerbegrundstück:                                                                     meistens betreffen die Aufträge gleich
„Mein Thema ist die Strömungstechnik,                                                                    mehrere dieser Tätigkeitsfelder. Genau
da war es naheliegend, eine Firma für                                                                    durch diese Systemverantwortlichkeit
Lüftungstechnik zu gründen“, sagt der                                                                    zeichnet sich das Unternehmen aus.
Unternehmer. Mit anfangs 13 Mit-                                                                         „Bei uns können die Kunden alles aus
arbeitern produziert er ab 1991 zu-                                                                      einer Hand bekommen. Dadurch dass
nächst vor allem Lüftungsanlagen für                                                                     wir Fachpersonal mit unterschiedlicher
den Schiffbau.                                                                                           Qualifikation unter einem Dach haben,
                                                                                                         sind die Wege kurz, ist die Kommunika-
Alles aus einer Hand                                                                                     tion schnell.“
Am ursprünglichen Standort befindet                                                                      Ein Gang durchs Unternehmen zeigt, wie
sich die Dr. Diestel GmbH auch heute                                                                     jene Systemverantwortlichkeit in der

1991 startete Dr. Thomas Diestel in der Schonenfahrerstraße in Rostock mit seiner Firma für Lüftungstechnik.
Heute beschäftigt die Dr. Diestel GmbH 130 Mitarbeiter.

                                                                                                                  Heute
                                                                                     GmbH

             Damals
                                                                                     Foto: Dr. Diestel
                                                                      Foto: privat

                                                                                                          Erfolgsraum
              Gründertraum
12 | WIR März 2020
Marcus Diestel (l.) arbeitet
      seit 17 Jahren im Unter-
       nehmen, das sein Vater
 Dr. Thomas Diestel während
     der vergangenen 30 Jahre
                 ­aufgebaut hat.

                                                                                                                                        Foto: Dr. Diestel GmbH
Praxis aussieht: In hellen, offenen Büros    immer einen hohen Stellenwert: „Ich          Universität mit gegenständlicher Arbeit
sitzen Projektplaner an Entwürfen. Wei-      habe in unserem Unternehmen bereits          auch im Urlaubsland Nr.1 gut Geld ver-
ter geht es in die Produktionsstätte. Hier   1996 mit der betrieblichen Lehrlings-        dienen könne.
entstehen Teile für Lüftungsanlagen, es      ausbildung begonnen.“ Da sei vom
wird gefalzt, die Plasmabrennschneide-       Thema Fachkräftemangel noch nicht            Blick voraus
maschine ist im Einsatz, Schlagscheren       die Rede gewesen: „Auf eine Stellenaus-      Die Digitalisierung bietet dem Unter-
hämmern. Dünnbleche werden geformt.          schreibung bewarben sich damals 144          nehmen neue Perspektiven. Thomas
„Hier wird aus eckig rund, das ist sehr      Interessenten“, erinnert sich der Unter-     Diestel: „Unsere Einstellung ist: Wir
viel Präzisionsarbeit, da kommt es auf       nehmer. In einem guten Ausbildungs-          sehen nicht auf unsere Schnürsenkel,
Genauigkeit an“, erklärt Marcus Dies-        angebot sieht er den besten Einstieg in      um zu schauen, dass wir darüber stol-
tel und zeigt auf sogenannte Drossel-        die Fachkräftesicherung: „Nur so be-         pern könnten, sondern schauen auch
klappen, mit denen sich Luftmengen           kommen Unternehmen gut qualifizierte         zum Horizont.“ In der Unternehmens-​
regulieren lassen.                           Mitarbeiter, die sie für die konkreten       DNA sei fest verankert: „Wir können
                                             Anforderungen des Betriebes optimal          viel, geben aber nicht vor, alles zu kön-
Lernen von der Pike auf                      einsetzen können.“ Daher beteiligt er        nen und alles zu wissen.“ Nur eines
Marcus ist der Sohn des Firmengründers       sich auch an Nachwuchskampagnen.             gelte stets in der Firma „ ,Geht nicht‘
und seit 17 Jahren mit im Unternehmen.                                                    gibt es nicht.“ Diestel bezeichnet es als
„Davon durfte ich die letzten zehn aktiv     Kooperation mit Hochschulen                  „Glücksumstand, hier in Rostock, mei-
mit gestalten“. Davor war Lernen an-         Der Mitarbeiterstamm des Unter-              ner Vaterstadt leben und arbeiten zu
gesagt, berichtet der Junior. „Es gab        nehmens setzt sich zusammen aus Fach-        können.“ Dass es „so profund“ mit dem
keinen Druck, dass ich ins Unternehmen       leuten für Lüftungs-, Klima-, Kälte-,        43-​jährigen Sohn als künftigem Unter-
muss, das hat sich so ergeben. Während       Regelungs- und Elektrotechnik, für den       nehmensnachfolger weitergeht, stimmt
der Schulferien habe ich früher ein          Service, Reparaturen und Notdienste          den 63-​Jährigen Thomas Diestel „sehr,
Praktikum nach dem anderen in unse-          steht ein 24-Stunden-Bereitschafts-          sehr froh!“ Auch Marcus Diestel wertet
rem Unternehmen absolviert. Das hat          dienst zur Verfügung. Bei der Akquise        seine damalige Entscheidung fürs väter-
mich immer stärker mit den Abläufen          von Hochschulabsolventen setzt Tho-          liche Unternehmen positiv: „Ich kenne
vertraut gemacht.“ Vom Monteur über          mas Diestel auf Kooperationen mit der        das Fahrwasser, weiß, worauf ich mich
den technischen Zeichner – heute ver-        Hochschule Wismar, der Fakultät für          einstellen muss.“ Die Bahnen seien ge-
antwortet Marcus Diestel als Prokurist       Maschinenbau und Schiffstechnik der          regelt, der Vater habe nun zunehmend
den kaufmännischen Bereich und hält es       Universität Rostock und der TU Berlin,       ein wenig mehr Zeit für seine Leiden-
für sehr gut, dass „der Senior der Meister   dem Hermann-​R ietschel-​Institut und        schaften neben dem Beruf: Sport und
der Techniker“ ist und „ich fürs Kauf-       dem Fraunhofer Institut Rostock. „Gera-      Kultur. Ganz aktiv ist er bei der Phil-
männische zuständig bin“. Er führt wei-      de bei der Digitalisierung besteht derzeit   harmonischen Gesellschaft Rostock
ter durch die Werkstatt, wo ein junger       sehr viel Forschungsbedarf. Da ist es von    e. V., mit der er sich für die Norddeutsche
Mann im Punktschweißverfahren ver-           Vorteil, wenn Studenten zu ihren Prakti-     Philharmonie einsetzt, „Aber das“, so
zinkte Stahlteile miteinander verbindet.     kums- oder Bachelorarbeiten in unserer       Thomas Diestel, „wäre eine separate
Acht Auszubildende lernen derzeit bei        Firma forschen können.“ Hier könnten         Geschichte.“
der Dr. Diestel GmbH. Das Thema Aus-         die Studenten auch erfahren, dass man
bildung hatte für Thomas Diestel schon       im hiesigen Unternehmen anders als die                                 Sabine Zinzgraf

                                                                                                             März 2020 WIR | 13
TITELTHEMA
UNTERNEHMERTUM

„Durchhalten ist der
 Schlüssel zum Erfolg“
Im Geschäft Suhl Tisch- und Wohnkultur gibt es
moderne Haushalts- und Lifestyle-​Produkte. Dahinter
verbirgt sich ein Familienbetrieb, dessen Grundstein vor
30 Jahren gelegt wurde – in einer Garage in Bützow.

K
        üchenmaschinen im modernen
        Stil, Kaffee-​Vollautomaten, Fit-
        nessgeräte mit Holzoptik – im Ge-
schäft von Christoph Suhl gibt es alles,
was zum Genießer-​Lifestyle dazugehört.
Auch gute Weine, hochwertigen Kaffee
und Küchenzubehör in allen Variatio-
nen. Die meisten Waren sind Luxusar-         „Es gab eine Zeit,
tikel, wer hier einkauft, dem steht der     da haben wir mehr
Sinn nach Qualität und Ästhetik. Die
                                              Verantwortung
                                                                         Damals
Kunden sind im Durchschnitt zwischen
40 und 50 Jahre alt, über Artikel wie Es-       bekommen.
pressokocher oder nachhaltige Trinkbe-
                                            Das war die Zeit der
cher werden aber auch Studenten oder
die Kinder der Einkäufer angesprochen,        eigenen Ideen.“          Garagenverkauf
sagt Christoph Suhl.
Im November vergangenen Jahres ist               Christoph Suhl
das Geschäft innerhalb des Rostocker                               nehmer gingen mit ihren Firmen pleite.
Hofs umgezogen. Der neue Laden im ers-                             Mein Vater plante aber antizyklisch, er
ten Obergeschoss bietet Platz für noch                             wollte expandieren. Doch gerade dann
mehr Verkaufsfläche, einen Büroteil und                            kündigten Mitarbeiter. Also appellierte
später auch Workshops und Seminare.                                er an seine Kinder“, berichtet Christoph
Der Grundstein für diese Möglichkeiten                             Suhl. Er selbst habe als technikbegeis-
wurde bereits vor 30 Jahren gelegt, in                             terter Jugendlicher eigentlich einen an-
einer Bützower Garage.                                             deren Berufsweg vor sich gesehen, aber
„Meine Eltern sind durch gute Kontakte                             die Familie habe zusammengehalten
aus den alten Bundesländern zum Haus-                              und so habe er im Laden seiner Eltern
haltswarengeschäft gekommen“, erzählt                              die Ausbildung zum Einzelhandelskauf-
Christoph Suhl. Von der Kohlengarage                               mann gemacht. Sein Bruder Martin habe
aus hätten sie ihre Artikel verkauft.                              es ihm gleichgetan.
1991 ergriffen die Suhls die Möglich-                              Beide teilen sich heute das Unterneh-
keit, ein Geschäft in Bützow zu eröffnen.                          men. Während sich Christoph Suhl
Zwei Jahre später gab es den ersten La-                            hauptsächlich um den stationären Han-
den im Barnstorfer Weg in Rostock. Das                             del kümmert, ist sein Bruder verantwort-
Geschäft ist mehrmals umgezogen, bis                               lich für den Onlineshop. Der wiederum
es schließlich im Rostocker Hof landete,                           generiert einen maßgeblichen Anteil
erzählt Christoph Suhl.                                            am Gewinn. „Wir haben Kunden in ganz
                                                                   Deutschland“, betont Christoph Suhl.
Symbiose aus Offline- und                                          Die Eltern der beiden haben sich zwar
Onlinehandel                                                       etwas zurückgezogen aus dem Tagesge-
Dass der Laden ein Familienbetrieb wird,                           schäft, sind aber nach wie vor involviert.
ergab sich erst einige Jahre später. „Es                           In diesem Jahr übergeben sie das Unter-
gab um 1998 einen Knick, viele Unter-                              nehmen offiziell an ihre Söhne.

14 | WIR März 2020
Heute
                                                                   ensthal
                                                  Foto: Mathias Röv

                                                                                                 Genießer-Lifestyle
                                   Foto: privat

                             In einer Garage auf dem eigenen Grundstück begann Familie Suhl mit dem Verkauf von Keramik- und Haushaltswaren.
                                    Heute gibt es ein Geschäft im Rostocker Hof, das von Sohn Christoph Suhl geführt wird, und einen Onlineshop.

„Es gab Jahre der Verpflichtung“                                             wenn ich als Chef das letzte Wort habe,     den stelle und der Kunde kauft es ein-
Die Ausrichtung des Geschäftes hat sich                                      sind mir flache Hierarchien wichtig.        fach, sind vorbei. Der Laden muss leben,
durch den Einfluss der Brüder auf das                                        Über neue Produkte entscheiden wir          das ist der Unterschied zum Onlinehan-
Sortiment über die Jahre erheblich ver-                                      immer zusammen“, sagt der 38-​Jähri-        del“, erklärt Christoph Suhl seine Pläne.
ändert. „Es kam eine Zeit, da haben wir                                      ge. So sei er auch durch die Initiative     Er selbst habe zudem auch Lust, sich als
mehr Verantwortung bekommen, das                                             seiner Mitarbeiter auf die Sportgeräte      Verkäufer und Geschäftsinhaber weiter-
war die Zeit der eigenen Ideen“, erzählt                                     gestoßen, die er seit kurzem verkauft.      zuentwickeln.
Christoph Suhl. Während die Eltern sich                                      Dass er es sich leisten kann, solche Pro-   Ob das Geschäft der Suhls auch in der
auf Haushaltswaren, Glas und Porzellan                                       dukte, die nicht in der Masse gekauft       kommenden Generation in Familien-
spezialisiert haben, mutet die Waren-                                        werden, anzubieten, betrachtet Suhl als     hand bleibt, ist zum jetzigen Zeitpunkt
palette mit ihren hochmodernen Kaf-                                          Luxus. „Es gab Jahre der Verpflichtung,     schwer vorherzusagen – die Kinder seien
fee- und Küchenmaschinen heute sehr                                          in denen mussten wir Waren verkaufen,       noch viel zu klein, sagt Christoph Suhl.
technisch an. Das sei sicher auch dem                                        einfach um Gewinn zu erzielen. Jetzt ist    Sollten sie aber einmal den Wunsch ent-
persönlichen Interesse geschuldet, sagt                                      es uns möglich, ein Produkt einfach aus     wickeln, selbst Unternehmer zu werden,
Christoph Suhl. Seine Eltern haben ihn                                       Leidenschaft daran mit ins Sortiment        hätte er einen wichtigen Tipp: „Du musst
und seinen Bruder aber immer machen                                          aufzunehmen. Das muss man sich hart         dein eigenes Ding machen.“ Er würde sei-
lassen. So sei das Geschäft im Grunde                                        erarbeiten.“                                nen Kindern lieber Geld geben, damit sie
unbewusst neu ausgerichtet worden.                                                                                       ihre persönlichen Ideen voranbringen
„Das Händlerleben besteht immer da-                                          Workshops und Kurse im Laden                als dass sie alles so weiterlaufen lassen
raus, neue Dinge auszuprobieren. Das                                         In dem neuen Geschäft geht Suhl bald        wie immer. Das habe auch mit seinen El-
Endresultat ist bei uns dieser Laden mit                                     noch einen Schritt weiter. Denn in Zu-      tern immer gut funktioniert. Dass das
seinem Onlineshop.“                                                          kunft soll es dort neben dem Verkauf        Unternehmertum nicht immer einfach
Insgesamt 15 Mitarbeiter gehören heute                                       auch Barrista-​Workshops, Gin-​Verkos-      ist, sei dabei aber gesetzt. „Man muss
zum Familienbetrieb der Suhls, alle pfle-                                    tungen, Messerschleif-​Vorführungen         auch schon kämpfen können. Durchhal-
gen einen freundschaftlichen Umgang                                          und mehr Events dieser Art geben. „Die      ten ist immer der Schlüssel zum Erfolg.“
miteinander. Christoph Suhl: „Auch                                           Zeiten, dass ich ein Produkt in den La-                           Christina Milbrandt

                                                                                                                                            März 2020 WIR | 15
TITELTHEMA
UNTERNEHMERTUM

Dreißig Jahre voller Geschäftsideen
und noch kein Ende in Sicht
Der ehemalige IHK-​Vizepräsident Andreas Seyfert war einer der ersten, der nach
der Wende ein Gewerbe in Stralsund gründete. Das war der Auftakt zu einer
ganzen Reihe unternehmerischer Tätigkeiten, die den leidenschaftlichen Tüftler
sogar in luftige Höhe trieben.

W
           enn es um 30 Jahre Unterneh-                                                 perfekt: Denn sein Engagement baute
           mertum im IHK-​Bezirk geht,                                                  er auch ehrenamtlich aus, war jahrelang
           darf auch Andreas Seyfert                                                    ehrenamtlicher IHK-​Vizepräsident: „Das
nicht fehlen. Der Diplom-​Ingenieur war                                                 war eine spannende Zeit“, blickt er heute
einer der ersten, der Ende Februar 1990                                                 zurück und erinnert sich gern an gemein-
ein Gewerbe anmeldete. An der Carl-​                                                    same Erlebnisse mit Karsten Liefländer
Moltmann-​Straße, damals noch unter                                                     – bis hin zu einer Wirtschaftsreise in die
der Postleitzahl 2300, eröffnete der ge-                                                USA zu bekannten Firmen wie Cessna
bürtige Staßfurter einen Elektronikhan-                                                 und Hawker Beech.
del, konkret: einen Betrieb für Computer
und Technik.                                                                            Kindheitstraum wird wahr
                                                                                        Hoch hinaus ging und geht es auch in
Erst Meer, dann mehr                                                                    seiner Freizeit: Auf dem Flughafen Neu-
An die Küste war er gelangt, nachdem                                                    brandenburg-​Trollenhagen machte An-
                                                                Foto: Christian Rödel

er auf dem Segelschulschiff „Wilhelm                                                    dreas Seyfert Bekanntschaft mit einem
Pieck“ angeheuert hatte, danach stu-                                                    Fluglehrer. Der Start fürs Fliegen – ein
dierte er an der Hochschule der Volks-                                                  Traum aus Kindertagen, den er erst spät
marine in Stralsund. Das Patent als nau-                                                verwirklichte. Seit Herbst 2000 ist An-
tischer Offizier machte ihn zugleich zum      Andreas Seyfert                           dreas Seyfert leidenschaftlicher Flieger,
Verkehrsingenieur. Die politische Wende                                                 er machte die Flugscheine für Flugzeuge
1989 war die Geburtsstunde für And-                                                     und Hubschrauber. Der Hubschrauber-
reas Seyferts Selbstständigkeit. Nach                                                   Pilotenschein wurde ihm nach einer Re-
der Erstgründung übernahm er eine                                                       kordzeit von nur zehn Tagen Ausbildung
Firma, die Stahlseile konfektionierte.                                                  ausgehändigt. Privat und auch beruflich
Der unternehmerische Tatendrang des                                                     hatte er sich mit der Fliegerei ein wei-
heute 63-​Jährigen reichte aber noch                                                    teres neues Tätigkeitsfeld erschlossen
weiter: Er gründete eine Werbeagentur,                                                  und bot Hubschrauber-​Rundflüge so-
stieg in den Hochbau ein, war aktiv als                                                 wie Luftbilder an. Luft nach oben gibt es
Bauplaner und Bauleiter und betätigt                                                    aus seiner Sicht immer. 2017 beteiligte
sich bis heute im Immobilienbereich als                                                 er sich an einer ehemaligen Lufthansa-
Verwalter und Berater.                                                                  Firma im Raum Berlin, welche sich mit
                                                                                        der Ausbildung von Technikern in der
Patente angemeldet                                                                      Luftfahrt beschäftigt. Fast auf den Tag
Ein Zufall wollte es, dass er sich 2005 mit                                             genau nach 30 Jahren hat er die Mehr-
Sonnenkollektoren für Flachdächer be-                                                   heit übernommen und ist in die Ge-
schäftigen musste. Für den leidenschaft-                                                schäftsführung berufen worden.
lichen Tüftler eröffnete sich plötzlich                                                 Die dreißig Jahre seit der Wende hat er
ein neues Arbeitsfeld, denn er sah „viel                                                unternehmerisch so vieles erfolgreich
Verbesserungspotenzial“. Wer Andreas                                                    ausprobiert, dass es für mehrere Unter-
Seyfert kennt, den verwundert es nicht,                                                 nehmerleben reichen würde. Die Region
dass er wenig später zwei neue Patente                                                  um Stralsund, so findet Andreas Seyfert,
einreichte, zur Solarthermie. Der Spruch                                                habe sich großartig entwickelt – das gel-
„The Sky is the limit“ passt auf den Unter-                                             te nicht nur für den Blick aus der Vogel-
nehmer der ersten Nachwendestunde                                                       perspektive.             Sabine Zinzgraf

16 | WIR März 2020
Die Unternehmer von morgen
Die Warnowschule in Papendorf hat eine der ältesten Schülerfirmen in ganz MV.
Seit 2001 produzieren Kinder und Jugendliche dort Honig und andere Natur-
produkte, vermarkten und verkaufen diese.

Montagnachmittags dreht sich in der Warnowschule Papen-
dorf alles um Honig, Tee und Marmelade. Dann trifft sich die
Honigbienen Schüler-​A ktiengesellschaft, kurz Hobi SAG, zum
Arbeiten. Die 2001 gegründete Schülerfirma ist eine der äl-
testen in ganz MV. Aktuell machen 26 Schüler mit, 16 davon
als feste Angestellte, zehn als Lehrlinge. „Mir gefällt es, mich
hier zu engagieren. Das bereitet gut auf die Zukunft vor“, sagt
der 15-​jährige Benjamin Ide, der vor kurzem die Aufgabe als
kommissarischer Vorstandsvorsitzender übernommen hat.
Aufgebaut ist die Schülerfirma wie ein professionelles Unter-
nehmen. So sind die Aufgaben auf vier Abteilungen – Produk-
tion Honig, Produktion Kräuter, Marketing und Verwaltung
– aufgeteilt. Jede Abteilung hat einen Beratungslehrer an der
Seite, der sich aber nur einmischt, wenn Fragen aufkommen.
„Die Schüler sollen eigenverantwortlich arbeiten“, betont der
stellvertretende Schulleiter Jörg Neumann, der die Abteilung
Verwaltung unterstützt.
Wer mitmachen möchte, beginnt erst einmal als Lehrling. „In-
nerhalb eines Jahres lernt man alles kennen, für jede Abteilung
ist ein Vierteljahr vorgesehen. Wer erfolgreich alles durchläuft,
bekommt am Ende einen Arbeitsvertrag“, erklärt Benjamin
Ide. In der Verwaltung geht es unter anderem um die Berech-
nung und Auszahlung von Löhnen, die Aktienverkäufe und das
Aufsetzen der Arbeitsverträge. „Das ist sehr viel Mathe“, sagt
Benjamin Ide. Auch Lilly Kutzer ist mit Begeisterung dabei. Die
14-​Jährige arbeitet in der Abteilung Marketing. „Das macht hier
                                                                     Foto: Christina Milbrandt

einfach am meisten Spaß, weil man kreativ sein kann“, sagt sie.
Platz für Kreativität gibt es allemal: Die Schüler stellen in der
Abteilung Etiketten für die Honiggläser, Werbe- und Namens-
schilder, Flyer und Plakate her.
Das Herzstück der Firma ist die Produktion Honig. Hier wird          Marie Brinckmann, Lilly Marie Krüger, Nick Johanson und André Eckert
geschleudert, gerührt und abgefüllt. Außerdem entstehen hier         arbeiten in der Abteilung Produktion Honig.
die Rahmen für die Kästen im Bienenwagen, der sich auf dem
Schulgelände befindet. Um alles gut umsetzen zu können, müs-         anstaltungen gefahren, bei denen sich die Kinder austauschen
sen die Kinder erst einmal wissen, wozu die einzelnen Arbeits-       und so auch weiterentwickeln konnten. Das ist heute alles ein-
schritte nötig sind. So muss der Honig zum Beispiel gerührt          geschlafen“, sagt die pensionierte Lehrerin.
werden, damit sich keine Zuckerkristalle bilden, erklärt André       Die Papendorfer Schüler sind trotzdem Jahr für Jahr mit Be-
Eckert, der die Aufgabe des Abteilungsleiters übernommen hat.        geisterung dabei und übernehmen vieles von dem Gelernten
In der Produktion Kräuter stellen die Kinder Tees, Marmela-          auch privat. Es gebe einige Schüler, die auch zu Hause mit dem
den, Salzmischungen und vieles mehr her – alles aus Zutaten,         Imkern angefangen haben, erzählt Beratungslehrer Thomas
die die diversen Gärten auf dem Schulhof hergeben. „Das ist          Gehrke. Und auch der Gedanke, im Erwachsenenleben Unter-
eine ganz effektive Truppe“, sagt Beratungslehrerin Ursula           nehmer zu sein, findet durchaus Anklang.
Roeder. Sie unterstütze die Schülerfirma schon seit 2003, er-        Benjamin Ide jedenfalls kann sich vorstellen, später einmal
zählt sie. Seit 2017 sei sie eigentlich in Rente, der Hobi SAG sei   sein eigenes Unternehmen zu gründen. „Ich muss natürlich
sie aber gerne treu geblieben.                                       erst einmal eine Lehre machen. Aber ich finde die Idee schon
Dass die Schülerfirmen-​Landschaft so karg geworden ist, sieht       gut.“
Ursula Roeder mit Bedauern. „Wir sind früher zu vielen Ver-                                                      Christina Milbrandt

                                                                                                                   März 2020 WIR | 17
IHK AKTUELL

                                                                                                                                                              Foto: Christian Rödel
Der eine geht, der andere kommt.
Ende Januar 2020 wurde der bisherige Leiter der Geschäftsstelle Stralsund, Karsten Liefländer (2. v. r.), offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Da ließ
es sich der Regionalausschuss Vorpommern-​Rügen nicht nehmen, ihn feierlich zu verabschieden. Zugleich begrüßten der Ausschussvorsitzende Mathias
Rohloff (r.) und IHK-​Vizepräsident Matthias Ogilvie (2. v. l.) den Nachfolger Karsten Liefländers, Jens Rademacher (l.). IHK-​Präsident Strupp und das
gesamte IHK-​Präsidium würdigten das 30-​jährige Engagement Karsten Liefländers für die regionale Wirtschaft. IHK-​Präsident Klaus-​Jürgen Strupp: „Sie
haben eine breite Spur hinterlassen, waren der ‚Hans Dampf‘ der IHK in allen Gassen – eine gute Grundlage, auf der Jens Rademacher nun mit weite-
ren neuen Ideen aufbauen kann.“

Die Neuen im IHK-​Team
Anna-​Lena Wiese                                     Manuel Liebig                                        Julia Hoffmann

                      ist seit Februar                                    hat im Februar                                         ist im Januar
                         als Handels-                                       die Stelle als                                         zum IHK-​Team
                          referentin                                         Referent für                                            gestoßen. Als
                          bei der IHK                                        Tourismus an-                                           Officemit-
                          zu Rostock                                         getreten. Der                                           arbeiterin im
                          tätig. Die 27-​                                    Dipl.-Geograf                                           Geschäfts-
                         Jährige kommt                                      besitzt lang-                                          bereich Handel,
                      ursprünglich                                        jährige Erfahrung                                      Dienstleistungen,
aus Hessen und arbeitete vorher als                  im Aktivtourismus (Rad-, Wandern-,                   Tourismus, Außenwirtschaft, Europa
Event- und Salesmanagerin in der                     Wassertourismus), zuletzt war er beim                hat sie vielfältige Aufgaben. So küm-
mecklenburgischen Schweiz. Durch                     Landestourismusverband tätig. Er                     mert sich die 24-​Jährige unter ande-
ihr Studium in BWL und Tourismus                     ist Ansprechpartner für touristische                 rem um die Anmeldungen zu diversen
konnte Anna-​Lena Wiese schon viele                  Leistungsträger und weitere Akteure                  Veranstaltungen, koordiniert Termine
Stationen in Deutschland sowie im                    der Branche und betreut die Saison-                  und unterstützt die Fachreferenten.
Ausland kennenlernen. Bei der IHK                    umfrage Tourismus. Erreichbar ist                    Unter 0381 338 201 und hoffmann@
ist sie erreichbar unter 0381 338-223                Manuel Liebig unter 0381 338 224                     rostock.ihk.de ist Julia Hoffmann bei
oder wiese@rostock.ihk.de.                           oder liebig@rostock.ihk.de.                          der IHK erreichbar.

18 | WIR März 2020
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                                             März 2020 WIR | 19
STANDORT

Geschäftsklima: Auf Kurs durch
konjunkturelle Untiefen

D
      er Wirtschaft im Bezirk der IHK                                                         Ähnlich zuversichtlich zeigt sich das
      zu Rostock gelingt es trotz kon-                                                        Gastgewerbe (Erwartungssaldo plus
      junktureller Untiefen ihren gu-                                                         19 Punkte). Die aktuelle Situation kann
ten Kurs beizubehalten. Sie zeigt sich                                                        sich, im Vergleich zur bereits sehr guten
in besserer Verfassung als noch bei der                                                       Lage im Herbst, sogar noch verbessern
Umfrage im Herbst 2019. Der IHK-​Kon-                                                         (Saldo plus vier auf 52 Prozentpunkte).
junkturklimaindex – der geometrische                                                          Die Beherbergungs- und Gaststätten-
Mittelwert aus Geschäftslage- und Ge-            IHK-​Konjunkturklimaindex                    betriebe konnten sich im vergangenen
schäftserwartungssaldo – steigt um vier            zum Jahresanfang 2020                      Jahr mit guten Übernachtungszahlen
Punkte auf gute 119 Punkte und liegt                                                          behaupten. Wie schon im Vorjahr ist
                                           200
damit über dem langjährigen Mittel von                                                        Mecklenburg-​   Vorpommern auch in
                                           180
113 Punkten. Zu diesen Ergebnissen                                                            2019 das beliebteste Inlandsreiseziel
führte die Auswertung der Antworten        160                                 langjähriger   der Deutschen gewesen.
                                                                              Durchschnitt
von 170 Unternehmen im Rahmen der          140
                                                                                 113 Punkte
                                                                                              Das Baugewerbe kann weitgehend an
Konjunkturumfrage der IHK zu Rostock       120                                                die Hochstimmung der Vorumfrage an-
im Januar 2020.                            100                                                knüpfen: 70 Prozent der Baubetriebe
Ursächlich für die Geschäftsklimaver-                                                         schätzen ihre aktuelle Geschäftslage
                                            80
besserung sind sowohl konstant gute                                                           als „gut“ ein. Kein Umfrageteilnehmer
Geschäftslagebeurteilungen als auch        60                                                 aus der Branche ist unzufrieden. Die
wieder optimistischere Zukunfts-           40                                                 dauerhaft stabile Hochkonjunktur im
erwartungen. Aktuell schätzen 40            20                                                Wohnungsbau und die weiterhin nied-
Prozent der Unternehmen die eigene           0                                                rigen Zinsen sichern eine hohe Kapazi-
                                                     gesamt

                                                                 Industrie-
                                                                   betriebe

                                                                                     Handel

wirtschaftliche Situation positiv ein.                                                        tätsauslastung im Gewerbe.
Lediglich sieben Prozent kommen zu                                                            Fast ebenso eindrucksvoll stellt sich das
einer negativen Bewertung. Auch bei                                                           Geschäftsklima im größten Wirtschafts-
den Geschäftsaussichten überwiegen                                                            zweig des IHK-​Bezirks dar: 93 Prozent
die zuversichtlichen Ausblicke die skep-                                                      der Dienstleister sind mit ihrer Ge-
tischeren Prognosen, wenn auch nicht                                                          schäftslage zumindest zufrieden und
in vergleichbarem Ausmaß. Im Herbst                                                           annähernd gleich viele (86 Prozent) er-
2019 überwogen noch die pessimisti-                                                           warten für die nächsten zwölf Monate
schen Einschätzungen.                                                                         gleich bleibende oder sogar noch bessere
                                                                                              Geschäfte.
Industrie atmet auf                                                                           Schwieriger als noch im Herbst stellt sich
Das Verarbeitende Gewerbe erfährt                                                             die aktuelle wirtschaftliche Situation im
nach dem deutlichen Einbruch in der                                                           Handel dar. Der Branchenklimaindex
Vorumfrage eine kräftige Erholung. Der                                                        sinkt um fünf auf 97 Punkte und liegt
Geschäftsklimaindex der Industrie-                             70 %                           damit deutlich unter dem langfristigen
betriebe steigt um beachtliche 19 auf                                                         Durchschnittswert von 113 Punkten.
122 Punkte und erreicht damit sogar ein                                                       Übertrafen in der Vorumfrage die posi-
Niveau leicht über dem Durchschnitts-                                                         tiven Lagemeldungen die negativen Ein-
wert der gewerblichen Wirtschaft des               der Baubetriebe schätzen                   schätzungen noch klar, halten sich diese
IHK-​Bezirks. Hierfür sind sowohl die             ihre aktuelle Geschäftslage                 zu Jahresbeginn fast die Waage. Gleich-
Geschäftslage (Saldo plus 19 Punkte) als                  als „gut“ ein.                      zeitig sind die Geschäftserwartungen
auch die Aussichten für die kommenden                                                         so pessimistisch wie in keinem anderen
zwölf Monate (plus 17) verantwortlich.                                                        Zweig der gewerblichen Wirtschaft der
Die Branche schätzt sowohl die Inlands-                                                       Region (Erwartungssaldo: minus 10
nachfrage als auch die Entwicklung von                                                        Punkte). Fast jeder zweite Händler sieht
Rohstoff- und Energiepreisen als deut-                                                        in der Entwicklung der inländischen
lich weniger problematisch als noch im                                                        Nachfrage ein Risiko (alle Branchen: 20
Herbst ein.                                                                                   Prozent).

20 | WIR März 2020
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