Wissen Wahrheit Wunschdenken - sozusagen - Uni Bielefeld
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Sommersemester 2019 Bielefelder Studierendenmagazin an der Fakultät für Soziologie sozusagen Wissen Wahrheit Wunschdenken
Editorial Liebe Studierende, Dear students, auch dieses Mal haben wir wieder viele tolle Ein- once again we have received many great submis- sendungen von Euch rund um die Themen „Wissen · sions from you on the topics “Knowledge · Truth · Wish- Wahrheit · Wunschdenken“ bekommen. Dank Eurer ful thinking”. Thanks to your support we now present Unterstützung können wir nun – passend zum Start to you the new issue of the sozusagen in time for the des Sommersemesters 2019 – die neueste Ausgabe start of the summer semester 2019. der sozusagen präsentieren. Especially in this day and age, the question of what Gerade in der heutigen Zeit scheint die Frage da- is true or not seems to be increasingly important. This nach, was wahr ist oder nicht, immer relevanter zu wer- question is much discussed especially at the political den. Insbesondere auf politischer und medialer Ebene and media level. In 2016, the word “postfactual” was wird diese Frage viel diskutiert. 2016 wurde das Wort named word of the year in Germany; the same year in „postfaktisch“ zum Wort des Jahres gekürt; das gleiche which Trump was elected President in the US and in Jahr, in dem Trump zum US-amerikanischen Präsiden- which the Brexit referendum took place, both accom- ten gewählt wurde und das Referendum zum Brexit panied by heated debates. von hitzigen Debatten begleitet wurde. Everyone claims a different truth for themselves, Jede*r beansprucht eine andere Wahrheit für sich and for many people, perceived truths are more im- und für viele Menschen zählen gefühlte Wahrheiten portant than factual ones. But what are (alternative) mehr als auf Fakten beruhende. Doch was sind (alter- facts anyway? Do they still exist? Did they ever exist? native) Fakten überhaupt? Gibt es sie noch, gab es sie And doesn’t knowledge always have something to do jemals? Und hat Wissen nicht auch immer etwas mit with belief and wishful thinking? Glauben und Wunschdenken zu tun? In this issue there are many different ideas about In dieser Ausgabe gibt es viele verschiedene Heran- how to deal with this topic. Why, for example, do so gehensweisen, sich mit dem Thema auseinanderzuset- few students participate in university elections? One zen. Warum nehmen beispielsweise so wenige Studie- author looks for answers to this in the theories of We- rende an universitären Wahlen teil? Antworten darauf ber, Bourdieu and Luhmann. Another article asks why sucht ein Autor in den Theorien von Weber, Bourdieu the Paris student protest in 2018 instigated less change und Luhmann. Ein weiterer Beitrag fragt, warum der than the May-68 movement. And how do anti-feminist Pariser Studierendenprotest 2018 im Gegensatz zu je- actors argue their position within the #MeToo debate? nem 1968 weniger Veränderungen bewirken konnte. Our authors engage with these and many other inter- Und wie verteidigen antifeministische Akteur*innen esting questions in their essays. We have once again in- ihren Standpunkt innerhalb der #MeToo-Debatte? Die- cluded poems, interviews, pictures and news, amongst se und viele andere interessante Fragen beschäftigen other things. unsere Autor*innen in ihren Essays. Außerdem findet For the next issue, which will be published in the Ihr auch wieder Gedichte, Interviews, Bilder, News und winter semester 2019/20, we are looking for your vieles mehr! contributions! The topic is “The Next Generation”. Wir suchen auch für die nächste Ausgabe zum Win- The corresponding Call for Papers can be found here: tersemester 2019/20 wieder Eure Beiträge! Das The- www.uni-bielefeld.de/soz/sozusagen/cfp.html. We are ma lautet: „Nachwuchs“. Den dazugehörigen Call for already looking forward to hearing your ideas. Papers, genauso wie weitere Informationen, findet Ihr auf der Rückseite des Magazins und auf unserer Web- You can find the English content on the following site unter www.uni-bi.de/soz/usagen. Wir freuen uns pages: 10, 11, 12, 20, 39. schon auf Eure Ideen. Now all we have left to say is: Enjoy reading! Jetzt bleibt uns nur noch zu sagen: Viel Spaß beim Your sozusagen editorial team Lesen! Eure sozusagen-Redaktion 3
Kreativ Inhaltsverzeichnis Prahlen mit Zahlen Viele von Euch werden diese Frage schon gefühlt dem Set des Filmes „2001: Odyssee im Weltraum“ statt- 1.000.000 mal gehört haben: „Bielefeld? Das gibt’s doch fanden3? gar nicht!“ Die meisten von Euch werden auf diesen nicht Das fiktive Schicksal von Oceanic Airlines Flug 815 be- ng sehr originellen Witz, der 1994 das erste Mal im deutsch- schäftigte Menschen über sieben Jahre hinweg und war ea te hu Kr ich rsc trotzdem nichts im Vergleich zu dem realen Mysterium ie ß sprachigen Usenet auftauchte, vermutlich nur noch mit s ne ch Spa hr Fo n de N und Ve und einem müden Lächeln reagieren.1 Inzwischen zu einem und den sich darum rankenden Theorien, die versuchten Le iew Sp v ti rv das Verschwinden von Malaysia Airlines Flug 370 im März e viralen Phänomen geworden, zeigt die „Bielefeld-Ver- y l hr rs ie sa ac te Es In schwörung“ doch beispielhaft, wie solche Theorien hieb- 2014 zu erklären. Und das Verschwinden von fünf ameri- und stichfeste, in sich abgeschlossene und unanfechtbare kanischen Bombern 1945 war nur der Anfang einer Rei- 3 Editorial Argumentationen aufbauen. he von mysteriösen Flugzeugabstürzen, verschwindenden 5 Prahlen mit Zahlen Verschwörungstheorien gibt es überall: Das 100 km² Schiffen und Geschichten um den versunkenen Kontinent 7 Neuigkeiten aus der Fakultät große Sperrgebiet der Militärbasis Area 51, das sich 110 Atlantis, die bis heute das Mysterium des Bermuda-Drei- 8 Mitteilungen: Aus der Redaktion Kilometer nordwestlich von Las Vegas befindet, ist viel- Ecks ausmachen. Und viele von Euch werden sich be- 9 Vollversammlung der Soziologie-Studierenden! leicht einer der geheimsten und mysteriösesten Orte der stimmt noch um die Weltuntergangsprophezeiungen des 10 Lecture: What … no, who killed my mother?! Welt. Kein Wunder also, dass es unzählige Menschen Maya-Kalenders für den 21.12.2012 erinnern. 12 Inaugural lecture: Waste and Wealth gibt, die behaupten, es könne da nicht mit rechten Din- Glaube kann ja nicht nur sprichwörtlich Berge ver- 13 Antrittsvorlesung: Ungleichheit in politischer Beteiligung gen zugehen: Seit den 1950er Jahren gibt es immer wie- setzen. Eine bekannte soziologische These, das Thomas- 14 Podiumsdiskussion: Die Dritte Option der UFO-Sichtungen, die direkt mit der Militärbasis in Theorem besagt, dass solange Menschen Situationen als 16 Die Revolution ohne revolutionäre Praxis Verbindung gebracht werden2. Schenkt mensch anderen wirklich definieren, auch ihre Konsequenzen real sind.4 20 My Autopoesiealbum: Alexandra Kaasch Stimmen Glauben, so finden dort geheime Treffen des Il- 1938 zum Beispiel glaubten Menschen, dass es sich bei 22 Ein Jahr Tagebuchschreiben luminatenorden statt, die ihre geheimen Botschaften als der Radioübertragung des Hörspieles „Krieg der Welten“, 26 Eine Kampfschrift für die Soziologie allsehendes Auge auf der amerikanischen Ein-Dollar-Note in dem Aliens die Erde angreifen, um eine reale Bericht- 30 Verlosung: Wo ist das? verbreiten. Und wenn wir schon dabei sind, landete Apollo erstattung handelte. Laut einer zeitgenössischen Studie, 32 Forschungsgebietsforschung 11 wirklich auf dem Mond, oder handelte es sich dabei deren Methode und Höhe der Schätzung inzwischen an- 35 Die Wahrheit ist nicht immer schön um Filmaufnahmen des Regisseurs Stanley Kubrick, die auf gezweifelt wird, glaubten 1.700.000 Hörer*innen, dass 36 ORDEX: Forschung selbst organisieren! 40 KuMuChor: Ein Chor für‘s Ohr! 42 Männer als Opfer der #MeToo-Debatte? 46 Mein Autopoesiealbum: Tobias Werron 48 Uni-Wahlen: Wieso geht niemand wählen? 52 Umfrage: Was macht die Forschung? 54 Sudoku 55 Bingo: Gender Studies 56 Kreuzworträtsel 57 Stadt, Land, Bindestrichsoziologie … 58 Impressum 60 Call for Papers: Nachwuchs Foto © sozusagen-Redaktion Stereotypen und Vorurteile gibt es viele – auch bezüglich Verschwörungstheoretiker*innen. 4 5
Kreativ Nachrichten D I E V I E L- tatsächlich eine Alieninvasion stattfand.5 Ein weiteres Gläubige überall auf der Welt folgen unterschiedlichs- Beispiel ist der Glaube daran, dass bestimmte Zahlen Un- ten Weisungen und Reglungen. Die fünf Säulen des Islams glück bringen. Im ostasiatischen Raum zum Beispiel gibt beschreiben die Pflichten, die jede*r Gläubige zu befolgen es häufig einfach kein Stockwerk mit der Nummer 4 oder hat; diese umfassen unter anderem die Pflicht, fünf Mal F A LT D E R anderen Kombinationen wie 14 oder 40. Dies liegt daran, täglich zu beten. Die zehn Gebote sind zentrale Richtlini- dass die Zahl vier in Mandarin, Japanisch oder auch im en für das Juden- und Christentum. In der buddhistischen Koreanischen ähnlich ausgesprochen wird wie das Wort „Tod“6. Und auch die Zahl 13 ist in vielen Teilen der Welt Lehre gibt es die fünf Silas, die einen grundlegenden Teil des Edlen Achtfachen Pfades ausmachen. Die Pastafaris Neuigkeiten G E S E L L- ein Unglückssymbol und sorgt dafür, dass Menschen sich dagegen glauben an die acht „Mir wär’s wirklich lieber, an einem Freitag, den 13., bis zu fünf Mal häufiger krank- melden als an anderen Tagen7. Das Finden eines Kleeblatts mit vier Blättern hingegen, soll dem*der Finder*in Glück du würdest nicht …“15 Mit 2.000.000.000 bis 3.000.000.000 verkauften Ex- emplare ist die Bibel das meist verkaufte Buch der Welt.16 aus der Fakultät SCHAFT bescheren. Eine ganz besondere Version der Bibel wurde 2015 für Und glauben kann (und tut) mensch ja wirklich an so 31.250 Pfund von einem Auktionshaus verkauft. Hierbei ziemlich alles. 450.000 Menschen weltweit zum Beispiel handelte es sich um eine von weltweit noch neun exis- Veranstaltungshinweise folgen der „am langsamsten wachsenden Religion der tierenden sogenannten Sünder-Bibeln. Beim Druck 1631 Welt“, dem Dudeismus. Benannt nach der Titelfigur aus unterlief der Druckerei ein schwerwiegender Fehler statt Am 16. April um 18 Uhr findet in X-E0-002 der offzielle Eine Veranstaltungsreihe der elf Arbeitsbereiche der „The Big Lebwoski“ haben die Dudes erkannt, dass das Le- dem Gebot „Du sollst nicht Ehebrechen!“ lautet das 6. Ge- Semesterauftakt im Sommersemester 2019 statt. Gast- Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld sowie ben kurz und kompliziert ist, mensch sich nicht zu viele Ge- bot in der Sünder-Bibel: „Du sollst Ehebrechen!“17 rednerin wird Prof. Dr. Heike Solga, Direktorin der Abtei- weiterer Arbeitsgruppen anlässlich des 50-jährigen danken machen und stattdessen einfach mal chillen sollte.8 lung Ausbildung und Arbeitsmarkt am Wissenschaftszent- Fakultätsjubiläums. Ein Beitrag zum Programm zum Die 2005 gegründete Religionsgemeinschaft des Pastafa- rum Berlin für Sozialforschung (WZB), sein. 50-jährigen Universitätsjubiläum der Universität Bielefeld. rianismus, die das Fliegende Spaghettimonster und seine Quellen Nudeligen Anhängsel als wahren Schöpfer anerkennen, 1. https://groups.google.com/forum/#!topic/de.talk. Am 19. Juni um 18 Uhr findet in H1 die öffentliche Nächste Termine hat nach eigenen Angaben weltweit mehr als 10.000.000 bizarre/0mkmuJPW_2w Universitätsvorlesung von Eva Illouz im Rahmen der der Arbeitsbereiche (AB) und Arbeitsgruppen (AG): Gläubige mit steigender Tendenz.9 Schon seit der Grün- 2. https://www.independent.co.uk/news/world/americas/the-very- Niklas-Luhmann-Gastprofessur statt. Der Titel lautet: dung kritisieren Anhänger*innen des Pastafarianismus die secret-history-of-area-51-2306942.html What is Capitalist Subjectivity? 8. Mai: 18 Uhr, WissensWerkStadt, Wilhelmstraße 3, Bielefeld kreationistische Auffassung des Intelligent Designs, welches 3. https://www.imdb.com/title/tt0344160/ Podiumsdiskussion: die Evolutionstheorie ablehnt und stattdessen besagt, dass 4. Thomas, Dorothy S. und Thomas, William I. (1928): The Child in Am 26. Juni um 18 Uhr findet die Feier zum 50-jähri- Lokalpolitik und Politikwissenschaft. Örtliche sich das Erschaffen des Universums und der auf der Erde America: Behavior Problems and Programs. New York: Knopf. gen Jubiläum der Fakultät für Soziologie in H4 statt. Berichterstattung trifft auf generelle Analysen lebenden Lebensformen nur durch eine(*n) intelligente(*n) 5. Cantril, Hadley, Hazel Gaudet, and Herta Herzog (1940): The Es diskutieren: Prof.’in Dr. Priska Daphi, Solveig Münstermann Schöpfer(*in) erklären lassen. Pastafaris behaupten, dass Invasion from Mars: A Study in the Psychology of Panic. Princeton, (Studioleiterin WDR-Studio Bielefeld), Prof. Dr. Detlef Sack, es sich bei dem intelligenten Wesen um das Fliegende N.J.: Princeton University Press. Änderungen an den Lehrstühlen Thomas Seim (Chefredakteur Neue Westfälische), Spaghettimonster handelt. Eine weitere um Anerkennung 6. https://www.japan-zone.com/omnibus/superstition.shtml Prof. Dr. Holger Straßheim, Ulrich Windolph (Redaktionsleitung kämpfende Glaubensgemeinschaft ist der Jediimus. Bei 7. https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/freitag-der-13-gibt-es- Herr Prof. Dr. Udo Hagedorn ist seit dem Westfalenblatt) Zensus Befragungen in 2001, gaben über 70.000 Men- heute-mehr-unfaelle-als-sonst/150/4562/359688 01. März 2019 Professor für Sozialwissenschaften und Organisation: AB 4 – Politik und Gesellschaft schen in Australien10, mehr als 53.000 Menschen in Neu- 8. https://dudeism.com ihre Didaktik. Kooperation: Wissenschaftsbüro der Bielefeld Marketing seeland11 und 390.127 Menschen in England und Wales12 9. http://www.venganza.info/dokumente/offenerbrief.pdf an, dass sie der Religion der Jedis angehörten. Ob nun als 10. https://www.smh.com.au/national/may-the-farce-be-with-you- Veranstaltungen im kommenden Semester 22. Mai: 18.30 Uhr, Welthaus Bielefeld, August-Bebel-Straße 62 Protest gegen die aktuelle Regierung, als Scherz, oder als 20020827-gdfkvx.html Werkstattgespräch: ehrliche Antwort gemeint, sorgten die vermehrten Nen- 11. http://www.nzherald.co.nz/nz/news/article.cfm?c_ Die Abschiedsvorlesung von Reinhold Hedtke findet Kritisches Weißsein – rassistische nungen zumindest in dem Vereinigten Königreich dafür, id=1&objectid=2352142 am 24. April um 12 Uhr in X-E0-001 statt. Verpflechtungen und Privilegien?! dass es bei der Zensuserhebung die offizielle, numerische 12. https://www.ons.gov.uk/census/ Prof.’in Dr. Heidemarie Winkel (Professur für Soziologie) und Kennung 896 für die Antwort Jedi-Ritter gab.13 13. 1https://www.ons.gov.uk/census Die Abschiedsvorlesung von Lutz Leisering findet am Prof.’in Dr. Julia Roth (Professur für American Studies mit dem Dagegen sind folgende Glaubensgemeinschaften häu- 14. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/256878/umfrage/ 8. Mai um 12 Uhr in X-E0-001 statt. Schwerpunkt Gender Studies): fig vertreten. Im Jahr 2010 waren 33 Prozent der Welt- verteilung-der-weltbevoelkerung-nach-religionen/ Organisation: AG Heidemarie Winkel bevölkerung Christ*innen, 22,5 Prozent Muslim*innen, 15. Henderson, Bobby (2008): Das Evangelium des Fliegenden Die Antrittsvorlesung von Holger Straßheim findet Kooperation: AG Uni ohne Vorurteile und dem Welthaus Bielefeld 6,7 Prozent Buddhist*innen, 0,2 Prozent Jüd*innen, 12,4 Spaghettimonsters. München: Goldmann Verlag. am 29. Mai um 12 Uhr in X-E0-001 statt. Prozent sonstige Religionen (Chinesische Volksreligionen, 16. https://newfinance.today/2017/04/23/die-10-meistverkauften- Weitere Termine der Reihe Sikhs, Taoisten, Konfuzianisten, Shintoisten, Zoroastrier buecher-aller-zeiten/ Die Antrittsvorlesung von Anja Abendroth findet am »Die Vielfalt der Gesellschaft« unter: und andere) und 11,5 Prozent waren religionslos.14 17. https://www.bonhams.com/auctions/22715/lot/5/ 3. Juli um 12 Uhr in X-E0-001 statt. www.uni-bielefeld.de/soz/fakultaet/50jahre.html 6 7
Nachrichten Nachrichten Aus der Redaktion Gewinnspiel Jetzt mit ISSN! In der letzten Ausgabe fand das Gewinnspiel „Wo Die sozusagen hat eine ISSN erhalten. ISSN steht für ist das?“ zum ersten Mal statt. Hierfür haben wir Motive International Standard Serial Number und ist bei regelmä- sowohl in den Gebäuden der Universität als auch in der näheren Umgebung fotografiert. Aufgabe war es dann, auf einer Karte die richtigen Standpunkte der Motive zu ßig erscheinenden Medien das Pondon zur ISBN. In die- ser Ausgabe findet ihr diese auf Seite 58 im Impressum. So ist es nun beispielsweie leichter aus der sozusagen zu Vollversammlung! markieren. zitieren, sowie Eure Einsendungen als Publikationen im „Das war eine tolle Möglichkeit, die Uni besser ken- Lebenslauf nachvollziehbar zu kennzeichnen. Einladung der Fachschaft Soziologie an nenlernen,“ sagte die Gewinnerin, als wir uns mit ihr tra- Weitere Infos zu diesem und weiteren Themen rund fen, um ihr ihren Preis zu übergeben. Der Preis: eine Mo- um die Redaktion und Einsendungen findet Ihr unter alle Studierenden der Studiengänge MA & BA Soziologie tivtasse der sozusagen. www.uni-bielefeld.de/soz/usagen. Und auch dieses Mal veranstalten wir wieder ein klei- Foto © sozusagen-Redaktion nes Gewinnspiel: Wenn Ihr Lust habt, ein bisschen zu rät- Liebe Studierende, seln und dabei vielleicht noch den einen oder anderen interessanten Ort in der Uni kennenzulernen, schaut Euch Studieren und Leben im Sommersemester 2019 wird es eine Vollversamm- Deswegen wollen wir zusammen mit Euch diese wichti- das „Wo ist das?“ auf Seite 30 an. Bei erfolgreicher Teil- lung der Studiengänge MA & BA Soziologie am 5. Juni gen Themen in der Vollversammlung besprechen. Wenn nahme könntet Ihr die*der nächste stolze Besitzer*in einer Auch in dieser Ausgabe findet Ihr einen Beitrag aus 2019 von 16 Uhr bis 18 Uhr in H10 geben. Neben ei- Ihr Interesse an studentischer Selbstverwaltung und solchen Tasse sein. der Rubrik „Studieren und Leben“. In dieser Rubrik sol- nem kurzen Bericht über die aktuelle Arbeit der Fach- Veranstaltungen von Studis für Studis habt, kommt zur len die vielseitigen Möglichkeiten des „Studierens und schaft, der Vorstellung der Kandidat*innen für die neue Vollversammlung. Falls Ihr eigene Anregungen, Fragen Lebens“ in Bielefeld beleuchtet werden. Dazu wollen wir Wahlperiode und Informationen über zukünftige Ver- oder Themen habt, die wir in der Vollversammlung oder von Euch hören, wie es für Euch ist, hier in Bielefeld zu anstaltungen, wollen wir zusammen über neue Anwe- Fachschaft besprechen sollten, könnt Ihr Euch jederzeit leben und studieren. senheitsregelungen und die Akkreditierung des Bache- bei uns melden oder diese in der Vollversammlung an- Hierbei wünschen wir uns kurze Geschichten oder lors Soziologie diskutieren. Sowohl die Änderung des sprechen. Die Vollversammlung richtet sich an alle Stu- Berichte über Euer Erleben. Entsprechend geht es vor al- Hochschulgesetzes NRW, welche Anwesenheitspflicht dierende der Soziologie unabhängig, ob sie aktiv an lem um sehr witzige, unangenehme, schöne, intensive, wieder möglich machen wird, als auch die neue Akkre- den besprochenen Themen mitarbeiten möchten oder eindrucksvolle oder auch typische, besonders gut nach- ditierung, der rechtliche Vorgang, bei dem der Studien- „nur“ hören wollen, was momentan so gemacht wird. vollziehbare Situationen aus Eurem Alltag. Dieses Format gang zum Beispiel auf seine Studierbarkeit geprüft wird, Weitere Infomationen rund um die Vollversammlung fin- soll Euch die Gelegenheit geben, anderen Studierenden werden in den nächsten Semestern die Weichen für die det Ihr auch in der eKVV-Veranstaltung unter der Beleg- etwas von Euch zu erzählen, wenn Ihr glaubt, dass es Ausrichtung des Soziologiestudiums in Bielefeld stellen. nummer 300512. interessant ist, Identifikationspotential bietet, oder auch einfach auf Probleme aufmerksam macht, die Eurer Mei- Eure Fachschaft Soziologie nung nach mehr Aufmerksamkeit verdienen. In bestimm- Foto © sozusagen-Redaktion ten Fällen ist es auch möglich, Euren Beitrag anonym zu Vollversammlung: 5. Juni 2019, 16 Uhr bis 18 Uhr, H10 veröffentlichen. Fachschaftssprechstunde: siehe Webseite Wir würden uns freuen, wenn Ihr uns Euren Text bis Fachschaftssitzung: in der Vorlesungszeit: mittwochs, 18 Uhr, X-C2-110 zum 17. Juni 2019 an sozusagen@uni-bielefeld.de schickt. Email: fs.soziologie@uni-bielefeld.de Dieser kann auf deutsch oder englisch verfasst sein. Er Webseite: www.uni-bielefeld.de/soz/studium/fs_soz/ Die Gewinnerin wurde mit einer Foto-Tasse überrascht. sollte max. 1400 Zeichen (inkl. Leerzeichen) umfassen. Telefonnummer: 0521 106-4213 8 9
Report Interdisziplinär Gedicht What … no, who killed my mother?! Time Departures Profession Destination Flight Peace of mind The night is dark 18:10 ENGINEER MUMBAY LJ1481 the moon shines bright The problem of political representation of the oppressed 19:30 Dentist TOYO TF2008 through the arc 20:04 Manager SAO PAULO TH0066 a guiding light. A lecture by Didier Eribon 20:58 Baker CAPE TOWN AA9741 21:04 Fire Fighter NEW YORK JK1917 It tells us more 22:44 Secretary LONDON CX5130 than just the way - Didier Eribon may be one of the few sociological think- cal elite has treated and let down his father, a factory work- it was before. ers nowadays who has managed to acquire renown out- er and street cleaner. Both Louis and Eribon argue that the side the field of sociology. In his autobiography Returning working class has been let down by the political Left and Globaler Arbeitsmarkt: Where we belong to Reims the French author and philosopher talks about feels cheated by them. The elderly, such as Eribon’s moth- where we come from - class issues, the failing of the political Left in France, and er or Louis’s father are supported by no one in the political Wahrheit und the reason why. about the rise of the Front National. In October 2018 Eri- system – especially in the later stages of their life. The el- bon came to Bielefeld to give a lecture titled Speaking in derly of the working class have no economic power, which Wunschdenken? by Lillia Seifert the name of the other? On the problems of political repre- amounts to next to no political power. sentation of the oppressed. The elderly are “the other in the social world”, many In a packed auditorium, Eribon raised the issues of of them unable to stand up for themselves and speak Globalisierung ist allgegenwärtig und wird insbeson- democratic representation and participation. One might because of health issues that have left them infirm. They dere im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt kontro- argue that Eribon may have an unorthodox, un-sociolog- cannot organize themselves in social movements: apart vers diskutiert. Auf der einen Seite stehen unter ande- ical, but maybe also very human way of tackling social from their physical (dis)abilities to protest and stand up for rem die auf bessere Arbeits- und Lebensbedingungen problems. He starts with a story. A person. And in this themselves, Eribon argues that the elderly or “the dying” hoffenden Migrant*innen, eine Vielzahl an Geschäftsrei- case, it is Eribon’s recently deceased mother. His mother, (Elias 1985) do not understand themselves as a we. But it is senden und aufstrebenden Firmen, die ihre Produktio- had suffered through many years of manual labour, which especially these people with their vulnerabilities that need nen ins Ausland verlagern. Auf der anderen Seite stehen left their trace on her body. She was unable to live on her (political) representation. But there is a dilemma: because Arbeitnehmer*innenorganisationen und Bewegungen, die own and thus her sons decided it would be best for her to of the aforementioned reasons, those represented people versuchen sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die live in a nursing home. Eribon went into detail about hours cannot represent themselves. They need somebody else Qualitäts- und Lohnniveaus zu halten. Zudem betrachten of phone calls with his mother, who complained about the to speak for them, to speak in their name. And herein lies diese die Globalisierung sowie jedwede Einwanderung als lack of attention she received from the nurses and the un- the problem: if nobody speaks for them, they don’t speak. Bedrohung. bearable conditions of the nursing home. Not sure wheth- But if somebody speaks for them, they still don’t speak. It’s Trotz der hohen Relevanz in der heutigen Gesellschaft er to believe her, he started to research the French health a paradox. There is no way to make sure that the represen- gibt es kaum empirische Kenntnisse über die Konsequen- care system and made calls to the nursing home: they told tatives not only speak in the name of the oppressed, but zen der Globalisierung für den Arbeitsmarkt, genauso him that they just didn’t have enough (wo-)manpower to also in their interest. And while this kind of representation wenig wie es wissenschaftlich fundierte oder politisch help his mother, since they had to care for too many pa- might raise awareness and visibility, it does not solve the wirksame Handlungsstrategien gibt. Also stellt sich die tients. problem of social exclusion. Frage: Globaler Arbeitsmarkt - Mythos oder Wirklichkeit? After one and a half months in the nursing home, his Nevertheless, it is important to acknowledge that there Eine Forschungsgruppe des Zentrums für interdisziplinä- mother died. Prematurely, as Eribon said. Maybe, if he had are many people and groups in the world who cannot re Forschung (ZiF) unter der Leitung von Ursula Mense- had more money, he and his brothers could have afforded speak for themselves and who might even be dying be- Petermann, Thomas Welskopp und Anna Zaharieva ging a better facility for their mother. Simultaneously, he heard cause of (political and social) neglect. Refugees drowning von Oktober 2017 bis Juli 2018 genau dieser Frage nach. stories about people experiencing the same as his mother in the Mediterranean, LGBTQI* people being prosecuted Wissenschaftler*innen aus den Bereichen der Ökonomie, or even dying because of similar experiences. He found for being different, or children dying from malnourishment der Soziologie, der Geschichte, der Politikwissenschaft our more about the national health system which is both to name a few. And they need a voice. But it needs to be a und anderen Disziplinen versuchten unter anderem he- understaffed and underpaid. About people literally being voice that is aware of the needs of the people in question rauszufinden, wie der globale Arbeitsmarkt theoretisch left to die on their own. And maybe … maybe the problem and that does not try to take their voice away but acts as a definiert werden kann, was seine Ware ist, und inwiefern lay deeper. Eribon sees similarities between the life and proxy and speaks for them. Migration eine Rolle spielt. death of his mother, and the experiences Édouard Louis Antworten findet Ihr im folgenden Artikel: describes in the book Who Killed my Father, in which the Elias, Norbert (1985): The Loneliness of the Dying. www.uni-bielefeld.de/(de)/ZiF/Publikationen/ young author takes a critical look at how the French politi- Veranstaltungsreihe: Norbert Elias-Lectures Mitteilungen/Aufsaetze/2018-2-Mense-Petermann.pdf 10 11
Gedicht Bericht Longing Waste and Wealth I feel it deep inside me this painful emotion Inaugural lecture by Ungleichheit so obscure like the ocean – unconscious of what it might be. Prof. Dr. Minh T. N. Nguyen in politischer It is taking my breath away this feeling of sadness and longing for an unattainable something On the 16th January was the inaugural lecture by Prof. Dr. Minh T. N. Nguyen about “Waste and Wealth”. As of Beteiligung not earthly and hard to allay. this lecture, Professor Nguyen has been researching and teaching at Bielefeld University for eleven months and six- Antrittsvorlesung von Always seeking for true perfection, teen days, as she mentioned in her welcome speech. She Foto © Ann-Cathrin Kardinal / Fakultät für Soziologie for fulfillment and inner peace seemed satisfied to be here. The research programs she Prof. Dr. Martin Kroh we forget to trust and release worked on before and since her arrival in Bielefeld can be and to live with self-affection. counted as internationally and interdisciplinary successful. For her inaugural lecture she was reporting on her second In seiner Antrittsvorlesung an der Universität Bielefeld But this is the only way monograph “Waste and Wealth – An Ethnography of La- warf Herr Prof. Dr. Martin Kroh im November 2018 die to experience inner freedom bor, Value, and Morality in a Vietnamese Recycling Econo- Frage auf, warum Menschen mit unterschiedlich hohem by finding yourself within – my”. This was a product of her research at the Max Planck Einkommen und Bildung sich unterschiedlich stark poli- Institute for Social Anthropology in Halle (Saale), Germa- tisch beteiligen. Genau dies ist auch das Problem, dem er may that emptiness fade away ny, where had been working for six years before she came in seiner Forschung hier an unserer Fakultät nachgeht. Pro- to Bielefeld. Prof. Dr. Minh T. N. Nguyen at her inaugural lecture. fessor Kroh erläuterte anschaulich und leicht verständlich, by Lillia Seifert As the title says, the book is an ethnographic work wie er zu dieser Frage kam und warum er meint, dass diese about the development of social and economic structures weiter erforscht werden sollte. and about the cultural life around waste in Vietnam. The Bevor er an unsere Fakultät berufen wurde, arbeitete first common association by many Europeans is one of Martin Kroh beim SOEP (Sozio-Oekonomisches Panel) dirty, poor, and disorderly people who are not a relevant und beschäftigte sich mit Haushaltsbefragungen im Quer- part of the global or urban societies. Based on her experi- und Längsschnitt. Die Ergebnisse des SOEP zeigten eine ences and research Nguyen argues, that the people (most- positive Korrelation der Höhe der Einkommen mit politi- ly migrants) instead created a skilled economy of trade scher Beteiligung im Querschnitt innerhalb einer Befra- and recycling. As many economies, the economy of trad- gungswelle. Im Längsschnitt, den individuellen Lebens- ing waste is based on (gender) role differentiations, and verläufen, zeigte sich jedoch, dass mit einem beruflichen successful strategies of advertising. Recycling and trading Auf- oder Abstieg tendenziell keine, oder eine negative has become a secure income. Depending on growing Korrelation mit der politischen Beteiligung gemessen wer- infrastructure and rising mobility, the traders are able to den kann. Diese Längsschnittdaten lassen, bei der Unter- survive. Despite the classism and stereotypes they have suchung der einzelnen Haushalte, eine Antwort auf die to deal with some of them purposely choose their jobs. Frage nach den Ursachen in den Herkunftseffekten, bei- The self-distinction between junk trading and urban waste spielsweise in der Familie, vermuten. Foto © Ann-Cathrin Kardinal / Fakultät für Soziologie traders indicates a self-perception of being useful because Um Herkunftseffekte weitergehend zu untersuchen, it shows values that are connected to consumption. Fur- sind die Daten des SOEPs in einem Punkt problematisch: thermore the traders with knowledge and skill accumu- die Erhebung der Haushalte erfolgt durch eine Person. Das late wealth, which makes the competition rise. Obviously heißt Einschätzungen bezüglich Gleichheit und Ungleich- this rising of a new economy does not mean, that all the heit von bspw. Geschwistern unterliegen, möglicherweise traders actually live in wealth. They have to work hard and in nicht zu geringem Maße, Effekten der Beziehungen der beat the competition. Their health and social resources are Haushaltsmitglieder zueinander. Mit diesen Möglichkeiten limited. Their standing can be seen as bad by outsiders. liegt Professor Krohs Forschungsfokus auch bei anderen This ambivalence is shown in the results Professor Nguyen Datensätzen bzw. bei auf diesem Problem aufbauenden presented in her lecture. Prof. Dr. Martin Kroh bei seiner Antrittsvorlesung. Methoden. 12 13
Bericht Bericht Die Dritte Option Was heißt das jetzt in der Praxis? Am 14. November 2018 trafen sich hier in Bielefeld verschiedenster Perspektiven – mögliche Handlungsopti- Menschen aus unterschiedlichen Fach- und Berufsfel- onen zu evaluieren. dern, um gemeinsam das Thema Geschlecht divers – Der Auf die Initiative von Prof.*in Dr.*in Tomke König Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes und seine Be- von der Fakultät für Soziologie und dem Interdiszipli- deutung für Hochschulen und andere öffentliche Einrich- nären Zentrum für Geschlechterforschung (IZG) folgte tungen zu diskutieren. Die Veranstaltung begann mit ein breites Interesse an der Veranstaltung: Sowohl das einem Vortrag, der die Handlungsbedarfe zur Anerken- Universitätsrektorat, Teile der Studierendenschaft, wis- nung geschlechtlicher Vielfalt behandelte, und dann zu senschaftlich Interessierte, als auch Vertretungen aus einer Podiumsdiskussion zwischen Vertreter*innen unter- Bürger*innen-Verwaltungen der umliegenden Städte schiedlicher Felder überleitete. Der Anlass war offensicht- waren zu Gast. Auf dem Podium diskutierten Anna Efre- lich: Das Bundesverfassungsgericht hatte am 10. Oktober mowa (Gleichstellungsbüro Uni Bielefeld), Dr. jur. Louis 2017 die von einigen Menschen lang ersehnte Entschei- Kasten (Mitglied und Berater der Gruppe Dritte Option), Symbolbild: Fiktive Stellenausschreibung Foto © sozusagen-Redaktion dung zum Antrag auf eine dritte positive Eintragsmöglich- Moritz Prasse (LSBTI-Jugendtreff Track e. V. in Münster) keit im Personenstand veröffentlicht: Ja, es soll sie geben. und Prof.*in Dr.*in RyLee Hühne (Fachhochschule Süd- westfalen und „AG trans* emanzipatorische Hochschul- neutrale Anrede im persönlichen oder brieflichen Kon- bildung von Multiplikator*innen – also Erzieher*innen, Warum informieren? Warum diskutieren? politik“). takt ist problematisch. Lehrer*innen, Ärzt*innen, Therapeut*innen, Beratungs- stellen etc. –, die sich sowohl an Erwachsene, Jugendli- Die Entscheidung des Gerichts forderte die Der Vortrag Die Diskussion che als auch Kinder richte, werde grundliegende Arbeit Gesetzgeber*innen dazu auf, bis Ende 2018 eine Neu- notwendig. Gegenwärtige Untersuchungsergebnisse un- regelung für den Eintrag der dritten Option zu schaffen. Neben einer allgemeinen Einführung zu bestimmten Die Auswirkungen auf geschlechterspezifische For- terstützen aus Sicht der Diskutierenden die Notwendig- Menschen, die sich nicht den Kategorien „weiblich“ oder Begriffen und der Entwicklung der hier diskutierten Ge- schungen seien eher schwer zu ermitteln. Zusätzlich keit der Veränderungen, da beispielsweise das Erleben „männlich“ zuordnen, haben so die Chance, ihre Identi- setzgebung, wurde in dem vorangestellten Vortrag der biete die momentane Gesetzeslage laut dem Gleichstel- der Menschen mit einem dritten Geschlecht zeige, dass tät auf eigenen Identitätspapieren besser zu verorten. Mit Weg des Antrags durch die gerichtlichen Instanzen be- lungsbüro keine Möglichkeit, sich mit der Gleichstellung alltägliches Nicht-Dazugehören und in der Folge Diskri- dieser Entscheidung geht demzufolge einher, dass die be- schrieben. Viele Richtlinien, die über die Veränderung aller Geschlechter auseinander zu setzten, denn sowohl miniert-Werden negative psychische Auswirkungen be- stehenden Gesetze verändert werden müssen – das ist von den Einträgen in Geburtenregistern und Personal- die finanziellen und personalen Kapazitäten, als auch die günstige. die Aufgabe des Bundestages. Im Dezember 2018 folgte ausweisen hinausgehen, beziehen sich auf die zuvor ge- Spielräume, wofür diese eingesetzt werden sollen, seien der entsprechende Beschluss. setzlich vorherrschende Geschlechterbinarität. Für die gegenwärtig auf die Arbeit an der Angleichung der Rech- Fragen stellen! Auch Verwaltungsapparate müssen ihre Entscheidun- Handlungsperspektive der Verwaltungen bedeutet das, te von Frauen* an die der Männer* ausgerichtet. Welche gen und Handlungen an der gegenwärtigen Gesetzeslage dass neue Auslegungen oder Veränderungen der beste- Veränderungen hier notwendig, beziehungsweise auch Die offene Fragerunde nach der Podiumsdiskussion orientieren. Mit der Änderung der Gesetze ist dement- henden Richtlinien erarbeitet werden müssen. Als präg- realistische Zielsetzungen seien, wurde in der Diskussi- nutzte das Publikum, um die unterschiedlichen Perspek- sprechend auch eine Veränderung der bisherigen Ver- nantes Beispiel gelte, so Dr. jur. Louis Kasten, die Gasth- on heiß debattiert. Die dritte Kategorie von Geschlech- tiven, Bedürfnisse und Anliegen an die jeweils anderen waltungsabläufe absehbar. Zusätzlich zu den Eintragsän- ausverordnung zur Anzahl der bereitgestellten Toiletten, tern weise auch auf andere individuelle Bedürfnisse hin. anwesenden Personengruppen zu adressieren. Es wurde derungen im Pass oder in dem Geburtenregister, gibt es die nach zwei Geschlechtern differenziere. Diesen könne nur gerecht werden, wenn die Allokation auch Kritik an der bisherigen Haltung der Verwaltung un- alltägliche Herausforderungen, denen sich die verschie- Der Vortrag bot bereits tiefe Einblicke in die alltäglich von Mitteln auch entsprechend ausgeführt würde. Daran serer Universität geäußert, mit Verweis auf die durchaus denen Institutionen und Organisationen stellen müssen. deutlich werdenden Schwierigkeiten, die Verwaltungen anknüpfend fehle eine großflächige Sensibilisierung für schon bisher gesetzlich ermöglichten Spielräume. Aus Ziel der Podiumsdiskussion war es, diese alltäglichen und Behörden im Umgang mit inter*, nicht-binären und/ das Thema. Sowohl in der Aufklärungsarbeit an Schulen, der Sicht von Betroffenen habe die Universität Bielefeld Schwierigkeiten zu benennen und – unter Einbeziehung oder trans* Personen bemerken. Allein die geschlechts- Universitäten, Jugendeinrichtungen sowie in der Aus- diese Räume nicht genügend genutzt. 14 15
Essay Essay Die Revolution ohne revolutionäre Praxis von Alexandre de Carvalho In Bezug auf die Mai-68-Bewegung hat das Kollektivge- nahmen zur Umgestaltung der sozioökonomischen Bedin- dächtnis Michelle Zancarini-Fournel zufolge ein „Weißwer- gungen. Mit dieser Praxis, die einen Bruch mit den bishe- den des Gedächtnisses“ (Zancarini-Fournel 1995: 150) rigen Erprobungen der Revolutionsführung repräsentierte, herbeigeführt. Genauer gesagt beschränkte sich die Be- wurde, so die Situationist*innen, während des Straßburg- Stell Dir vor es ist Klausur – und niemand geht hin. Foto © sozusagen-Redaktion wegung hauptsächlich auf eine Student*innenrevolte, die Skandals von 1966 (vgl. Glossar) erstmals experimentiert fast ausschließlich im Mai und nur in Paris stattfand (vgl. (vgl. ebd.: 256). Sie wurde dann in der ersten Hälfte des ebd.: 147). Die Situationistische Internationale (vgl. Glos- Jahres 1968 von einigen Student*innen und insbesondere Auf der Praxisebene war diese Student*innenbewegung in Form eines expliziten, seiner selbst bewussten Dogmas sar) und insbesondere die von ihr verfassten Berichte der von der Gruppe der Wütenden (vgl. Glossar) wiederholt: durch politische Aktionsformen charakterisiert, die zuvor affirmiert werden müssen“ (Bourdieu 2010: 24). Im spe- Mai-68-Bewegung ziehen, in solch einem Kontext des Ge- „Die verallgemeinerte Anwendung wohlverdienter Be- während der Mai-68-Bewegung erprobt wurden: zifischen Kontext der letzten Student*innenbewegungen denkens, ihre analytische Originalität aus (a) der Reflexi- schimpfungen, Graffitis, die Parole eines bedingungslosen 1. Besetzungen und partielle/totale Blockaden äußert sich die Doxa im kollektiven und unbewussten Kon- onserweiterung durch ihren nationalen und sogar interna- Boykotts der Prüfungen, das Verteilen von Flugblättern in der Universitäten und einiger Gymnasien (vgl. sensus zwischen den aktivistischen Student*innen über tionalen Zuschnitt sowie auch aus den 60er Jahren selbst den Universitätsräumen und letzten Endes der Skandal ih- L’Humanité vom 20. April 2018: 9), während die konkreten Praxisformen des Protests (Blockierung und und aus (b) den unterschiedlichen Reflexionen zu beiden res alltäglichen Lebens“ (ebd.: 271). Student*innenhauptversammlungen organisiert wur- Besetzung, Boykott der Prüfungen, Graffitis, usw.). Diese Bewegungsteilen (Student*innen und Arbeiter*innen) zu- den: wie zum Beispiel der Standort „Tolbiac“ der militanten Aktionen werden also von den Student*innen gunsten der Arbeiter*innenbewegung. Die Praxis der Mai-68-Bewegung Universität Paris-I, deren Blockaden, die durch po- nicht in Frage gestellt, d.h., dass es keine wirkliche Refle- Diese Präferenz des analytischen Gegenstands erklärt lizeiliche Interventionen am 20. April endeten, das xion über die Effektivität solcher Praktiken oder ihre Rele- sich durch die Tatsache, dass die Studierenden laut den Genau 50 Jahre später haben die französischen Uni- Symbol der Bewegung wurden (vgl. Le Monde vom vanz aus strategischer Sicht gibt. Dies ist deutlich in ihren Situationist*innen gerade „nichts anderes als die Nach- versitäten eine von Student*innen und forschenden 21. April 2018: 9). Diskursen über ihre eigene Praxis zu sehen, die in der Tat hut der gesamten Bewegung“ repräsentierten (Debord Dozent*innen begründete neue Bewegung erlebt, die 2. Boykottaufruf gegen Klausuren: Während der von vage und unklar, gar stereotypisiert sind, d.h., dass sie sich 2008: 260). Als logische Folge ergebe sich, dass „die Mai- für die Leser*innen, die sich mit der politischen und sozi- der Universität Paris-I organisierten Prüfungen, die in einem traditionellen lexikalischen Feld des Kampfs ein- Bewegung keine Studentenbewegung [gewesen sei]“ alen Bedingungen Frankreichs vielleicht nicht auskennen, nach Rungis (eine kleine Stadt südlich von Paris) gefügen. (ebd.: 257). Den Situationist*innen nach, umfasste die erklärt werden soll: Kurz gesagt, die zwischen März und verlegt wurden, haben Studierende „Student*innen Diese These wird durch mehrere in der französischen Studierendenbewegung in der Tat insbesondere entweder Mai 2018 stattgefundene Bewegung richtete sich gegen im Streik“ auf ihre Prüfungsarbeit geschrieben (vgl. Presse gefundenen Augenzeug*innenberichte in Bezug Student*innen, „die um die Modalitäten ihrer Prüfungen das ORE-Gesetz (oder Vidal-Gesetz, benannt nach der Le Monde vom 8. Mai 2018: 9). auf u.a. die Universitätsblockaden während der 2018er besorgt waren und irgendeine günstige Reform der Uni- Ministerin für Hochschulbildung Frédérique Vidal), das 3. Politische Graffiti: Beispielhaft ist ein auf einem be- Student*innenbewegung bestätigt. In dieser Hinsicht man- versität wünschten“ (ebd.: 259), oder Student*innen, die am 15. Februar 2018 vom Parlament verabschiedet und rühmten Slogan der Mai-68-Bewegung basierendes gelt es nicht an Beispielen (vgl. Libération vom 20. April erkannten, „dass die Machtfrage gestellt war: Das taten sie am 8. März 2018 vom Republikpräsidenten verkündet Graffiti („Im Mai, mach was du willst“), das auf einer 2018: 5 und L’Humanité vom 23. März 2018: 6): So bo- aber als naive Klientel der kleinen gauchistischen Parteien, wurde. Dieses durch die Orientierungsplattform Parcour- Mauer in Paris gesehen wurde: „Im Mai, mach ka- ten Blockaden und Besetzung des jeweiligen Standorts für als Zuschauer des alten leninistischen Modells oder sogar sup verwirklichte Gesetz sollte, so die Regierungsargu- putt, was du willst“. ein*e Student*in der Fakultät von Tolbiac ein Mittel, um des exotisch fernöstlichen Mao-Stalinismus“ (ebd). mentation, auf das Problem der zunehmenden Anzahl der einerseits „die Universität und die Produktionsmittel der Trotz dieses Urteils gegen die Student*innen, er- Student*innen an französischen Universitäten reagieren, Die Mai-68-Bewegungspraxis als Doxa Ausbildung zurückzugewinnen“ und anderseits um „ein kennen die Situationist*innen immer noch die Existenz indem es für bestimmte saturierte Zweige einen Auswahl- globales Kräfteverhältnis“ zugunsten der Student*innen zu „eine[r] kleine[n] Fraktion der Studenten“ (ebd.) an, die prozess für den Zugang zur Universität institutionalisiert. Die Reproduktion der Maßnahmen der Mai-68-Be- errichten (vgl. Libération vom 10. April 2018: 16). im Gegensatz zu anderen Student*innen wirklich revo- Für seine Kritiker*innen war das Gesetz Teil eines Priva- wegung erklärt sich, so die Hauptthese dieses kurzen lutionär gewesen sei. Diese Charakterisierung eines Teils tisierungsprozesses der Universitäten (vgl. Libération vom Beitrags, durch die Etablierung der von der Mai-68-Bewe- Revolutionäre Praxis und politische Effektivität der Student*innenbewegung gründet sich auf die Betrach- 18. April 2018: 24), stärkte die sozialen Ungleichheiten gung initiierten Praxis als richtige Doxa der Führung einer tung des „Auftauchen[s] neuer Formen und Konzepte des (vgl. ebd.) oder beteiligte sich an einem Standardisierungs- Bewegung. Im Sinne Bourdieus lässt sich sagen, dass es Die von den Situationist*innen hergestellte Verbin- wirklichen Lebens“ (ebd.: 264), oder anders gesagt, neuer prozess der Studierenden (vgl. Libération vom 11. April sich um eine etablierte Praxisform handle, d.h. ein „En- dung zwischen Originalität von Praxisformen der Mai- Formen der Praxis im marxistischen Sinn, d.h. aller Maß- 2018: 21). semble grundlegender Glaubensinhalte, die nicht einmal 68-Bewegung und ihrem revolutionären Charakter erlaubt 16 17
Essay Gedicht es, die Diskurse, die aus diesem revolutionären Vokabular Le Monde vom 23. April 2018: 10) und die trotz der Hoff- eine eigene Terminologie entlehnen, in Frage zu stellen. nungen einiger Student*innen (vgl. Le Monde vom 21. Ap- Lust So kann die erste Konklusion lauten: Eine auf einer Doxa ril 2018: 10) das Ende der Bewegung zweifellos angekün- begründete Praxis kann nicht als revolutionär betrachtet digt hat, folgte zeitnah. Glossar: In diesem Zimmer werden. Um auf eine konkretere, politische Ebene zu ge- Situationistische Internationale (1957–1972): Gruppe mit marxistischem sind keine Möbel, die Wände sind kahl langen, muss gefragt werden, ob eine nicht-revolutionäre Sollten Bewegungen sich vom Mai-68- Einfluss, die auf militanter Ebene durch die Teilhabe am in der und in der Mitte steht eine Musikbox Praxis als politisch effektiv angesehen werden kann. Es wird Bewegungserbe befreien? Sorbonne basierten „Rat zur Aufrechterhaltung der Besetzungen“ die nur einen Song spielen kann die Ansicht vertreten, dass eine Bewegung, die durch eine an der Mai-68-Bewegung aktiv teilgenommen hat (vgl. Gilcher- auf früheren Erfahrungen basierenden Praxis geführt wird, Basierend auf dieser Argumentation für den Effek- Holtey 2000). Von dieser Teilnahme wurde in zwei Texten berichtet: Wenn das Lied zu Ende ist nur erfolglos bleiben kann. Basierend auf den Reaktionen tivitätsmangel der Student*innenbewegung von 2018, „Wütende und Situationistinnen in der Bewegung der Besetzungen“ drücke ich auf repeat früherer Regierungen, die mit einer ähnlichen Praxis kon- kann ein Vorschlag für das Verhältnis zwischen den von René Vienet (1968) und „Der Beginn einer Epoche“ von Guy Was soll ich sonst tun?! frontiert waren, kann die staatliche Macht in der Tat eine Student*innenbewegungen von Mai-68 und 2018 auf- Debord (1969). Aber ich höre nur noch Rauschen solche Bewegung unter Kontrolle halten. gestellt werden: Anlässlich des 50. Jahrestages der Mai- Die Wütenden: Von der situationistischen Theorie beeinflusste Gruppe, Beim Vergleich der Reaktionen der jeweiligen Regie- 68-Bewegung wurden verschiedene Feierlichkeiten in die von einer kleinen Anzahl von Student*innen im Februar Funkenregen und Rauch rungen, die sich der Bewegung vom Mai 1968 und der Frankreich begangen, um an vergangene Ereignisse zu er- 1968 gegründet wurde und die sich am 14. Mai 1968 mit den Auf dem Boden Plastiktrümmer 2018er Student*innenbewegung gegenübersahen, zeigt innern und „dem Geist der Mai-68-Bewegung“ zu geden- Situationist*innen zusammenschlossen, um das Komitee der Ich habe die Musikbox sich Folgendes: Die Reaktion der Regierung unter General ken. Die Universität von Nanterre, symbolischer Ort der Wütenden Situationistischen Internationalen zu bilden (vgl. Vienet gegen die Wand geschleudert de Gaulle auf die Bewegung ist durch mangelnde Kontrol- Mai-68-Bewegung, organisierte zum Beispiel im Lauf des 2006). le der Ereignisse gekennzeichnet. Dies ermöglichte, einige akademischen Jahres Kolloquien (vgl. L’Humanité vom 9. Straßburg-Skandal: Sabotage des Kurses des Soziologen Abraham In der Wand ist nun ein Fenster ihrer Forderungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu April 2018: 24) und verschiedene Veranstaltungen bezüg- Moles im Mai 1966 durch einige sich auf die Situationist*innen Wind und Licht fließen herein bringen, wie die Accords de Grenelles vom 27. Mai 1968 lich des 22. März (vgl. L’Humanité vom 22. März 2018: 3). berufenden Student*innen als Reaktion auf die Veröffentlichung der ich schaue hinaus, sehe Meer (vgl. Glossar) zeigte. Im vorher zitierten Bericht erklären Aufgrund der Entscheidung des Universitätspräsidenten, handsignierten Broschüre von Mustapha Khayati: „Über das Elend und habe Lust! die Situationist*innen diese Improvisation der Regierung, das Regierungsauswahlprojekt zu unterstützen, wurde die- im Studentenleben“. die es der Bewegung erlaubte, gesellschaftliche Verände- se Würdigungsinitiative an einem der Gründungstage der Accord de Grenelles: Am 27. Mai 1968 unterzeichnete Vereinbarung von Johanna Redler rungen herbeizuführen eben durch die „neuen Formen Mai-68-Bewegung scharf kritisiert, von einigen als gerade- zwischen der Regierung und den wichtigsten französischen der Sabotage an den Universitäten“ (Debord 2008: 258), zu heuchlerisch beurteilt (vgl. ebd.). Dies entsprach der Gewerkschaftsverbänden, die u.a. eine Erhöhung des französischen d.h. den revolutionären Charakter der Praxis. Meinung von Carla, einer gegen die Reform mobilisierte Mindestlohns um 35% ermöglichte. Obwohl einige Analysen der Bewegung auf die Unvor- Geschichtswissenschaftsstudentin in Nanterre: Sie vertritt hersehbarkeit des Bewegungsverlaufs der militanten Akti- die Meinung, dass die Student*innen anstelle der Univer- Quellen: onsformen hinweisen (vgl. Le Monde vom 8. Mai 2018: 9 sitätsführung diejenigen sind, die den Geist des 22. März‘ Die benutzten Quellen für die Verfassung dieses Artikels wurden und Libération vom 19. Mai 2018: 2), könnte das Schei- wirklich repräsentierten (vgl. ebd.). den Le Monde, Libération und L’Humanité (Februar – Mai 2018) tern der 2018er Student*innenbewegung, so die Vermu- Aber anstatt sich willentlich in die Kontinuität der Mai- entnommen. tung, seinerseits im Gegenteil durch diese Praxis erklärt 68-Bewegung einzufügen, sollte eher gefragt werden, ob werden, die, weil sie als Doxa angenommen wurde, der die Student*innenbewegungen sich im Gegenteil nicht der Literaturverzeichnis: Regierung auf Basis früherer Erfahrungen erlaubte, die Be- Erinnerung an der Mai-68-Bewegung entledigen sollte, um Bourdieu, Pierre (2010): Meditationen: zur Kritik der scholastischen wegung zu kontrollieren. Diese Analyse gründet sich auf ihre politische Effektivität wiederzugewinnen. Genauer ge- Vernunft. Frankfurt/M.: Suhrkamp. eine Lesart eines Satzes des Präsidenten Emmanuel Ma- sagt sollten sie, so die Idee, die während der Mai-68-Be- Debord, Guy (2008): „Der Beginn einer Epoche“. In. Der Beginn einer cron, den er während eines Interviews bei dem französi- wegung initiierten Formen der Praxis (insbesondere Be- Epoche: Texte der Situationist*innen. Hamburg: Nautilus, S. 253- schen Nachrichtenkanal BFM-TV am 15. April formulierte. setzungen und Blockaden) aufgeben, um zur eigentlichen 283. Dieser wurde von den von Student*innen auf einer Bande- Bedeutung der Bewegungspraxis aus dem Mai-68 zurück- Gilcher-Holtey, Ingrid (2000): „Guy Debord und die Situationistische role am Eingang der Fakultät von Tolbiac platziert: „Es ist zukommen: mit neuen Kampfformen experimentieren – Internationale“. In: Grimminger, Rolf (Hrsg.): Kunst-Macht-Gewalt. gefährlicher nicht in Tolbiac einzugreifen, als einzugreifen“ das heißt wieder revolutionär sein. Der ästhetische Ort der Aggressivität, München: Fink, S. 87-104. (Le Monde vom 21. April 2018: 9). Diese Entscheidung, Vienet, René (2006): Wütenden und Situationist*innen in der Bewegung so die Lesart, beruhte auf früheren Erfahrungen und grün- der Besetzungen. Berlin: Hefte. dete sich auf den Wunsch, der Bewegung sich keine so- Über den Autor: Alexandre de Carvalho ist französischer Zancarini-Fournel, Michelle (1995): „1968 : histoire, mémoire et genannte „organisatorische[n] Basis“ zu geben, wie wäh- Mastergeschichtswissenschaftsstudent, der am commémoration“. In: Espaces Temps, 59-6, S. 146-156. rend der Mai-68-Bewegung, in der die Student*innen sich Austauschprogramm zwischen Bologna und Bielefeld (BiBog) in der Sorbonne organisieren konnten. Eine Räumung des teilnimmt. Unter seinen vielen Interessen finden sich besonders Gebäudes seitens der Polizei, die nach Aussage einer*s die linke Bewegung und der Sozialismus aus theoretischer Sicht. Student*in der Philosophie „einen Verlust“ darstellte (vgl. 18 19
Autopoesiealbum Autopoesiealbum My Autopoesiealbum My recommendation to first year students is to … get in touch directly with those teachers you are (most) impressed by, either for their way of teaching or Alexandra Kaasch for the subject they teach. Share your interest and ideas about how to go about your studies. I believe this Baier will give you valuable insights and help you turn your lia Current Position: Junior Professor in Transnational Social Policy ‘studies’ into a more fruitful learning experience. Foto : Ju Current research topics: Global Social Policy and Governance, International Organisations, Social Policy in Emerging Economies/ The most important sociologist is … may I skip this Indonesia question? Sociology is … one very useful discipline in studying social policy, among others. As a child I always wanted to be … part of a less chaotic My first love was … probably my first teacher in religious family, at the same time as I wanted to move away education with whom I wrote letters for many years. from that small, conservative town I grew up in ... In Bielefeld you have to … spend time in the woods, walking, listening, breathing. My favourite quote … is an African proverb: If you want My favourite musician or band … is Bettina Wegner, to go fast, go alone; if you want to go far, go together. and I love the music by Philip Glass, particularly A fond memory from my student days is … living and Satyagraha. studying at Leibniz Kolleg in Tübingen – a wonderful I reach my limits when … equal members of a team do not feeling of shared and legitimate motivation to go take on their proper share of responsibility – but of The last movie I saw at the cinema was … Mary Poppins deeply into different fields and issues, and a great course, as always, this is a question of perspective … Returns - much better than the Minions, but I really personal challenge living with 50 people in a very Student protests are … necessary and important to loved Jim Knopf. The last time I managed to take time limited space. My first working experience was … when my father challenge hierarchies in universities (and beyond). to go to the movies as an adult, not a parent, I cannot involved us (his – at that time - quite under-aged Nevertheless, I have always (even as a student) even remember right now. The thing I am most proud of … is that I did not children) in organising big psychology conferences. struggled with some of the most prominent arguments give up, even when my “dream job” turned into a We spent weekends preparing hundreds of letters, guiding such protests. I am good at … staying up too late. “nightmare” at some point. Here, at Bielefeld, it has we entertained the ‘VIPs’ at the conferences, we turned back into what I had hoped it would be like! helped grown-ups to find their way through the Revolution is … a concept that I do not really believe in. Students annoy me when they … do not provide me with conference programme, and we tried (with hardly feedback, but then complain about things I did not do There should be more … people who do not just take the any English skills) to explain the way to the toilet to I would never … go bungee jumping. in my seminars. Luckily, there are not many of these world as it is. I like the movement of young people now international guests … It was great, I learned a lot; students attending seminars on a regular basis, thus demanding action against climate change. but it’s good having found my own field! I am not good at … football, fashion, and understanding I usually enjoy engaging with students. why public transport is less popular than private cars. I enjoy doing research because … it is a way of looking It makes me angry that … it is so hard to live a life that The most interesting thing about Sociology is … into different appearances, descriptions, arguments is socially fair and ecologically sustainable. And, looking Three items I would take with me to a desert island … : not sure, I really struggle to think in disciplinary and interpretations of social problems and social at current political discourses, that we haven’t if I may count my family as one, I would also take my categories. My approach is to engage with different policies. And it includes conversations with colleagues learned more from our German history! flute and violin. literatures in order to understand and analyse social and experts from different countries and different policy issues. disciplines. A good deed that I like to remember … my grandfather The topic “Knowledge • Truth • Wishful Thinking“ wrote into my ‘Poesiealbum’: “Edel sei der Mensch, makes me think of … my work on international A person I look up to … is Gesine Schwan who used to be I enjoy teaching because … it is a way of engaging and hilfreich und gut.” I prefer to believe in attitudes organisations that produce knowledge that is often my professor during my studies at the FU Berlin. interacting with people of different ages, cultures, towards life; whether something was a good deed, considered as universal truth. Wishful thinking – and other backgrounds. I do like to talk about my others should decide later on. many of the documents I have been analysing are I like to make time for … playing music and singing. And topics of interest, but I like it even more when written by people who believe(d) they could make the of course discussing politics and other stuff with my students interrupt and join in with their questions, I think it is unfair that … there are so many forces world a better place. I also still believe we should try family, friends and colleagues. experiences and views. against making the world more equal. to make things better! 20 21
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