100 Jahre Zweig am Goetheanum - Anthroposophie Schweiz

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IX – 2020 Mitteilungen aus dem anthroposophischen Leben Nouvelles de la vie anthroposophique Notiziario della vita antroposofica

100 Jahre Zweig am Goetheanum                                                            wurde der von ihm vorgeschlagene
                                                                                         Name ‹Anthroposophischer Zweig am
Ein Blick auf die 100 Jahre Geschichte und Entwicklung des Zweigs am Goetheanum,         Goetheanum’ angenommen.
der am 12. September 1920 gegründet wurde.                                                   Der Zweig hat beschlossen, ge-
                                                                                         genüber der bestehenden Anthropo-
Ronald Templeton                           anum so konzipiert war, dass er un-           sophischen Gesellschaft in dem Sinne
                                           abhängig von der Berliner Zentrale            autonom zu sein, dass er nicht an die
Die Initiative zu Gründung des Zwei-       sein sollte. Es gehört zur Signatur des       Berliner Zentrale angegliedert ist, son-
ges am Goetheanum ging von dem             Zweiges am Goetheanum, dass von               dern einer schweizerischen Anthroposo-
Basler Zahnarzt Dr. Emil Grosheintz        den sieben Gründungsmitgliedern               phischen Gesellschaft, die sich um die
aus1. Er hatte mit seiner Frau und eini-   sechs Schweizer waren, einzig Elisa-          Arbeit des Goetheanums herum glie-
gen Freunden dafür gesorgt, dass das       beth Vreede war eine Ausländerin.             dern soll und als Grundstock dienen
Gelände, auf dem das heutige Goethe-                                                     wird. Im Sinne dieser Entschliessung
anum steht, 1912/13 Rudolf Steiner         Gründung des Zweiges                          wird der Zweig am Goetheanum mit
zur Verfügung gestellt werden konn-        In einem Brief vom 18. September              den bestehenden schweizerischen Zwei-
te.2 Das ganze Gelände wurde in eine       1920 an Carl Unger in Stuttgart3 wur-         gen4 der Anthroposophischen Gesell-
Schweizer Stiftung überführt und Dr.       de Folgendes mitgeteilt: «Die Unter-          schaft in Verbindung treten, um eine
Grosheintz daraufhin Vorsitzender des      zeichneten bringen Ihnen hiermit zur          in Dornach zentralisierte ‹Schweizeri-
Johannes-Bauvereins, nachdem der           Kenntnis, dass sich am vergangenen            sche Anthroposophische Gesellschaft›
projektierte Bau in Schwabing (Mün-        Sonntag, den 12. September 1920, hier         in aller Form zu begründen, die völlig
chen) keine Baugenehmigung erhal-          in Dornach ein Zweig der Anthroposo-          selbstständig neben der bestehenden, in
ten hatte.                                 phischen Gesellschaft konstituiert hat        Berlin zentralisierten Gesellschaft ste-
    Grosheintz’ administrative und         aus den Personen:                             hen wird.
organisatorische Fähigkeiten stellten                                                        Es ist wohl nicht nötig, längere Aus-
ihn mitten hinein in das Dornacher         Dr. Emil Grosheintz, als Vorsitzender         führungen darüber zu machen, dass
Geschehen, und so wundert es nicht,        Dr. Roman Boos, als stellvertretender         durch die formelle Verselbstständigung
dass die Idee auftauchte, in Dornach       Vorsitzender                                  der schweizerischen Anthroposophi-
einen Zweig zu gründen. Dies geschah       Willy Storrer, als Schriftführer              schen Gesellschaft der nach wie vor
dann am 12. September 1920 im Bei-         Frau M(argarete) Dolfuss                      einheitlichen geistigen Bewegung auf
sein Rudolf Steiners. Kurz darauf, am      Fräulein E(lisabeth) Vreede, phil. doct.      eine wirksamere Weise gedient werden
26. September, wurde das erste Goe-        Arnold Ith                                    soll, als es bisher möglich war. In die-
theanum provisorisch eröffnet und am       Karl Day                                      sem Sinne begrüssen wir Sie als Schrift-
31. Oktober die Schweizerische Lan-                                                      führer. Gezeichnet als Vorsitzender: Dr.
desgesellschaft gegründet. Interessant     Die konstituierende Sitzung fand im           Emil Grosheintz, als stellvertretender
dabei ist, dass der Zweig am Goethe-       Beisein Dr. Rudolf Steiners statt. Es         Vorsitz: Dr. Roman Boos.»

Emil Grosheintz    Roman Boos       Willy Storrer      Margarete Dolfuss   Elisabeth Vreede   Arnold Ith        Karl Day

                                                                                                                             1
Der Charakter                                            gerade in Dornach keine Gelegenheit,                    Haus Friedwart im ersten Stock unter-
des Zweiges am Goetheanum                                Mitglied zu werden, weil kein Zweig                     gebracht. Dort war auch das Sekreta-
Dazu sagte Rudolf Steiner am selben                      hier war. Deshalb wurde ein Zweig ge-                   riat des Goetheanums, das gleichzeitig
Tag: «Ein drittes, das ich zu verkündigen                gründet, der den Namen trägt ‹Zweig                     Anlaufstelle für alle Besucher war. Hier
habe heute noch, das ist dieses, dass ja                 am Goetheanum›. Selbstverständlich                      liefen die Fäden zusammen und es
endlich einmal hier in Dornach auch ein                  wird jeder Mitglied dieses Zweiges wer-                 vermischte sich wohl vieles, was aber
Zweig der Anthroposophischen Gesell-                     den können, der es vorzieht, Mitglied                   nicht negativ zu bewerten ist, sondern
schaft gegründet worden ist. Es ist schon                dieses Zweiges zu werden, statt Mitglied                als ein Zeichen für die Verwobenheit
notwendig geworden, weil immer wie-                      eines anderen Zweiges zu sein.»5                        des Zweiges mit dem ganzen Gesche-
derum Leute an einen herangekommen                          Es war ein für alle Besucher des                     hen um das und am Goetheanum.
sind, die eigentlich nur durch Dornach                   Goetheanums offener Zweig, aber der                         Als Roman Boos im Frühsommer 1921
an die anthroposophische Bewegung                        Kern blieb in Schweizer Hand. Zu-                       erkrankte, übernahm sein Sekretär Wil-
herangekommen sind und die nun auch                      nächst hört man nicht viel vom Zweig-                   ly Storrer sein Tätigkeitsfeld. In Juli 1922
Mitglieder werden sollen. Immer war                      leben; das Zweigsekretariat war im                      trat Willy Storrer vom Zweigvorstand
                                                                                                                 zurück, um mit Willy Stokar zusammen
                                                                                                                 einen Zweig mit dem Namen «Neue Ge-
Die ersten Grundlagen für eine Geschichte des Zweiges am Goetheanum verdanken wir Jan und Ursula Pohl.           neration» zu gründen, dessen Leitung
1    Dr. med. dent. Emil Grosheintz (1867–1946) hatte schon 1906 den Paracelsus-Zweig in Basel mitbegrün-        er übernommen hatte. Inwiefern die
     det und ab1908 arbeitete er mit im Vorstand der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft.          Spannungen, die Mitte 1922 aufgetreten
     Im Dezember 1914 war das Ehepaar Grosheintz Trauzeuge bei der Vermählung von Rudolf Steiner und
     Marie von Sivers.                                                                                           waren, Storrers Entscheidung mitpräg-
2    Für eine ausführliche Darstellung siehe N. Grosheintz-Laval, S 143 f., in Erinnerungen an Rudolf Steiner.   ten, muss unbeantwortet bleiben. Das
     Gesammelte Beiträge aus den Mitteilungen der anthroposophischen Arbeit in Deutschland, Hrsg. Erika
     Beltle und Kurt Vierl, Stuttgart 1979.                                                                      Problem war, dass der Zweig zwar in-
3    Mitteilungen aus dem anthroposophischen Leben in der Schweiz, Sonderheft 7, Weihnachten 2003:               ternational ausgelegt war, oft jedoch die
     Elisabeth Vreede. 1879–1943, S. 24 f. Carl Unger war Vorstandsvorsitzender der Anthroposophischen
     Gesellschaft mit Sitz in Stuttgart.                                                                         «Ausländer» bei den Versammlungen in
4    Ascona, Basel, Bern, Locarno, Neuenburg, St. Gallen und Zürich.                                             Dornach dominierten, sodass die Frage
5    Ansprache Rudolf Steiners (Archiv) vom 12.9.1920.
6    Rudolf Steiner, Ansprache vom 12.9.1920.
                                                                                                                 im Raum stand, ob dieser Zweig eigent-
7    Archivmaterial.                                                                                             lich zur Schweizer Landesgesellschaft
8    Dito.
                                                                                                                 gehörte – oder sich nicht lieber von ihr
9    Beides in GA 260a, Die Konstitution der AAG, Dornach 1966, S. 410 ff.
10   Dito, S. 413 f.                                                                                             trennen sollte, um seiner Internationali-
11   Dito, S. 416 ff.                                                                                            tät gerecht zu werden.
12   Dito, S. 421.
13   Brief des Sekretariats des Anthroposophischen Zweiges am Goetheanum von Juni 1928.                              Rudolf Steiner sagte dazu: «Allein es
14   Die «Denkschrift» von 1935 führte zum Ausschluss von I. Wegman, E. Vreede u.v.m. Siehe J. E. Zeylmans       ist ja vorauszusetzen, dass sich in die-
     van Emmichoven, «Wer war Ita Wegman?», eine Dokumentation, Band 3, Heidelberg 1992, S 259 ff. An
     ihr waren einige Mitglieder beteiligt, die auch dem Vorstand des Zweiges am Goetheanum angehörten,          sem Zweig eine recht internationale Ge-
     wie z. B. Dr. C. Bessenich, Dr. O Fränkl, Jan Stuten.                                                       sellschaft zusammenfindet.»6 Das hatte
15   Englert war u. a. Schulgründer der Rudolf Steiner Schule Zürich, ebenso gründete er die Zeitschrift
     «Die Menschenschule», die viele pädagogische Vorträge Rudolf Steiners zugänglich machte. Die RSS            dann später zur Folge, dass der Zweig
     Zürich wurde zu einer Art Sammelbecken vieler Menschen, die Marie Steiner in der Nachlassfrage              am Goetheanum zwischen zwei Stühle
     unterstützten. Im Jahre 1943 wurde die «Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, Verein zur Verwaltung des
     literarischen und künstlerischen Nachlasses von Dr. Rudolf Steiner» als unabhängige Institution von
                                                                                                                 geriet; er gehörte der schweizerischen
     Marie Steiner, der Erbin von Rudolf Steiners Nachlass, gegründet.                                           Landesgesellschaft an, hatte aber kein

«Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen»
September, IX 2020
                                                          Inhalt / Table / Indice
Publikationsorgan der Anthroposophischen
Gesellschaft in der Schweiz.                              Ronald Templeton: 100 Jahre Zweig am Goetheanum                                                 1
Unabhängige Beilage zur Wochenschrift
«Das Goetheanum», Nr. 35, 28. August 2020.
                                                          Im Gedenken an Gabriele Gerretsen-Remer (Ilona und Andrea Gerretsen)                            5
Redaktionsschluss für Oktober 2020: 9.9.2020
Redaktion: Konstanze Brefin Alt,                          Peter Selg: La vision sociale dans les «Lettres aux Membres»                                    6
Thier­steinerallee 66, 4053 Basel, Fon 061 331 12 48,
kbrefinalt[ät]anthroposophie.ch.
                                                          Aus der anthroposophischen Arbeit in der Schweiz /
Délai de rédaction pour octobre 2020: 9-9-2020
Rédaction francophone: Catherine Poncey,                  Du travail anthroposophique en Suisse                                                     10–15
63 rte de la Tsarère, 1669 Les Sciernes-d’Albeuve,
c.poncey[ät]bluewin.ch.                                   Hinweise / Informations                                        15/16
Die Meinung der Autoren muss sich nicht mit der-          u.a. Michaelitagung zum Menschheitsrepräsentanten und dem
jenigen der Redaktion decken. Die Rechte an den
eingesandten Texten bleiben bei den Autoren.              			 «Fünften Evangelium», Goetheanum, 26.–27. Sept.
Einzelabonnement: Sekretariat der Anthroposophi-          		Feier zum 100-Jahr-Jubiläum der Landesgesellschaft, 25. Okt.
schen Gesellschaft in der Schweiz, Oberer Zielweg 60,     		Delegierten- und Zweigvorstände-Konferenz, 25. Okt.             16
4143 Dornach, 061 706 84 40, Fax 061 706 84 41,
info[ät]anthroposophie.ch.
                                                          		Congrès du Michael au sujet du Représentant de l’humanité
Auflage (Stand Mai 2020): 2400 Exemplare.
Papier: RecyStar® Natur, 100% Altpapier.                  			 et le «Cinquième Evangile», Goetheanum, 26–27 sept.
Druck: Birkhäuser+GBC, Reinach/BL.                        		Fête pour le jubilé des 100 ans de la Sociéte suisse, 25 oct.
Weitere Informationen unter:                              		Conférence des délégués et responsables de branches, 25 oct.                                16
https://www.anthroposophie.ch/de/gesellschaft/
publikationen/schweizer-mitteilungen.html

     2     Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020
Stimmrecht, und gleichzeitig war er         fert9. Deshalb will ich hier nur kurso-      Weiterentwicklung nach
nicht an die Berliner Zentrale ange-        risch auf die damaligen akuten Fragen        Rudolf Steiners Tod
schlossen.                                  eingehen.                                    Im Juni 1928 unterschrieb der Zweig-
                                                Am 8. Dezember beschwerte sich           vorstand einen Aufruf13 an die Mitglie-
Das Tätigkeitsfeld                          die Anthroposophische Gesellschaft           der, um für den Ausbau des Zweigrau-
des Zweiges am Goetheanum                   in der Schweiz über die Ausländer-           mes innerhalb des neuen Goetheanums
«Im Herbst und Winter 1921 und im           dominanz und stellte die Frage, ob           die nötigen Mittel zur Verfügung zu
Frühjahr 1922 beteiligte sich der Zweig     der Zweig nicht von ihr abgesondert          haben. Das auszubauende Zweiglokal
am Goetheanum an zahlreichen Ver-           werden sollte. Aber nach längerer Dis-       sollte auch als Empfangsraum dienen.
anstaltungen, die zum Teil gemeinsam        kussion «ist die Sache in der friedlichs-    Diese räumliche Erweiterung war
mit dem Paracelsus-Zweig in Basel           ten Weise geordnet worden», so Rudolf        nicht möglich; der Zweig erhielt nur ei-
und vom Bund für Dreigliederung in          Steiner am 21. Januar 1924, denn es          nen kleinen Raum im Goetheanum zu-
Dornach und Basel durchgeführt wur-         «ist Herrn Dr. Grosheintz als Vorsitzen-     gesprochen, der als Sekretariat diente.
den. Zusammen mit dem Basler Zweig          dem des Zweiges am Goetheanum zu             Aus den überlieferten Dokumenten er-
wurde auch ein Einführungskurs in           allerhöchstem Verdienste anzurechnen,        fahren wir sonst keine erwähnenswer-
die Anthroposophie von Dr. Ernst Blü-       dass er seinerseits eine ganz präzise        ten Geschehnisse im Zusammenhang
mel veranstaltet.»7 Ende April und im       Stellung eingenommen hatte, diejenige        mit dem Zweig in den 20er-Jahren,
September 1922 wurden Vortragszyk-          nämlich, dass es doch nicht angängig         abgesehen davon, dass der Neubau
len von Rudolf Steiner vom Zweig am         ist, in einer radikalen Weise den Zweig      des zweiten Goetheanums bewältigt
Goetheanum organisiert. «Besondere          am Goetheanum von der Anthroposo-            werden wollte, Grosheintz seit 1925 für
Zweigabende sind deshalb nicht ein-         phischen Gesellschaft in der Schweiz         die Bauadministration zuständig war
gerichtet worden, weil Herr Dr. Steiner     abzulösen.» «Und dank aller dieser Um-       und diese Jahre, finanziell gesehen,
in den Zeiten seines Dornacher Aufent-      stände (…) dürfen wir sehr froh sein,        schwierige Jahre waren.
haltes jeweilen Freitag, Samstag und        dass der Zweig am Goetheanum in der              Erst in den 1930er-Jahren, als die
Sonntag Abend am Goetheanum Vor-            Anthroposophischen Gesellschaft in der       AAG in die erste grosse Gesellschafts-
träge für die Mitglieder hält.»8            Schweiz nunmehr drinnen ist und dass         krise hineinschlitterte, wird wieder
                                            auch vollständige Klarheit über dieses       Bewegung bemerkbar. Zunächst stellt
Die Bibliothek                              sein Drinstehen herrscht.»10                 sich der Zweig eindeutig hinter Al-
am Goetheanum                                   Da der Zweig in Dornach die An-          bert Steffen und Marie Steiner. Emil
Ein anderer Aspekt seiner Interna-          laufstelle für diejenigen war, die Mit-      Grosheintz hatte sich an der ominösen
tionalität bildete die Bibliothek am        glied werden wollten, so lag es auf          «Denkschrift»14 beteiligt, die wesent-
Goetheanum, initiiert von Elisabeth         der Hand, dass seine Aufgaben nach           lich dazu beitrug, dass Ita Wegman
Vreede, einem Gründungsmitglied             der Weihnachtstagung zunahmen.               und Elisabeth Vreede aus der Gesell-
des Dornacher Zweigs. Die Dornacher         «Damit aber erwächst dem Zweig am            schaft ausgeschlossen wurden. Damit
anthroposophische Bibliothek wurde          Goetheanum in allererster Linie die          kehrte aber keine Ruhe ein, denn Ende
unmittelbar nach der Weihnachtsta-          Aufgabe, nun diese Neuorganisation           der 30er-Jahre begann die nächste
gung (1923) vom Zweig dem Verein            der Anthroposophischen Gesellschaft          Gesellschaftskrise akut zu werden.
des Goetheanums als Eigentum über-          voll und mustergültig für alle andern        Das manifestierte sich in einem Pro-
tragen. Die Kosten wurden geteilt, der      Gruppen in der Welt zu verstehen. Denn       testbrief von Frau Grosheintz, den sie
Verein übernahm die Ausgaben für            der Zweig am Goetheanum ist ja sozu-         an die Vorsitzenden der Zweige in der
das Mobiliar, die Versicherung, Rei-        sagen in allernächster, unmittelbarster,     Schweiz schickte, worin sie sich gegen
nigung, Heizung und Beleuchtung,            intimster Verbindung mit dem, was hier       Vorwürfe der Herren C. Englert-Faye
während der Zweig alle Kosten der           am Goetheanum geleistet werden soll          und J. Waeger15 verwahrte. Die Testa-
Bibliotheksverwaltung, der Bücheran-        (…), das ist, sich verpflichtet zu fühlen,   mentsfrage und folglich die Frage der
schaffung und eventuelle Gehälter zu        diejenigen Freunde, die von auswärts         Rechte am Werk Rudolf Steiners war
tragen sich verpflichtete. Lesegebüh-       hierherkommen, in einer nicht nur kon-       schon unmittelbar nach dessen Tod
ren und Spenden flossen dem Zweig            zilianten, sondern herzlichen Weise zu       gestellt worden, jetzt war sie wieder
zu. Für den Verein unterschrieb Emil        empfangen und herzlich mit ihnen zu          virulent. Alle Schweizer Zweige wur-
Grosheintz‚ für den Zweig Elisabeth         sein (…), gerade so (zu) fühlen, wie sich    den in den Zwist hereingezogen. Emil
Vreede und für die Bibliotheksver-          einer, der Leute zu sich eingeladen hat,     Grosheintz schrieb in einem Brief vom
waltung Hanna Günther. Aus diesem           verpflichtet fühlt, die Leute in entspre-    19. Dezember 1939 an alle Vorsitzen-
Grund hat es immer eine besondere           chender Weise zu empfangen.»11 Rudolf        den der anthroposophischen Zweige
Beziehung des Zweiges zur Bibliothek        Steiner sprach von einem «Lächel-Ko-         in der Schweiz: «Um des Friedens und
gegeben.                                    mitee»: «Gewiss, diese Höflichkeit wird      der ungestörten anthroposophischen
                                            Schale sein, aber wenn sie wirklich da       Arbeit willen richtete der Vorstand des
Die 2. Generalversammlung                   sein wird, so wird sich immer mehr und       Zweiges am Goetheanum am 5. Okto-
des Zweiges am Goetheanum                   mehr schon auch der Kern finden.»12          ber an den Vorstand des Zürcher Zwei-
Erst am 21. Januar 1924 fand die 2.             Inwiefern sich der Zweig in dieser       ges einen Appell: den Konflikt nicht wie-
Generalversammlung unter dem Vor-           Hinsicht bewährt hat, lässt sich nicht       der aufleben zu lassen.»16
sitz von Rudolf Steiner statt. Von dieser   feststellen. Gewiss kann man aber da-            Leider führte der erwähnte Brief zu
Versammlung sind eine ausführliche          von ausgehen, dass vielen Mitgliedern        keiner Übereinstimmung. Am 24. Juni
Berichterstattung und eine längere          Rudolf Steiners Anliegen auch ein ei-        1943 nahm Marie Steiner zum letzten
Ansprache Rudolf Steiners überlie-          genes Anliegen wurde.                        Mal an einer gemeinsamen Vorstands-

                                                                            Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020   3
sitzung der AAG teil, nachdem der            mist das gleiche Musikstück individu-                gremiums20 aufgrund der Interviews
«Verein zur Verwaltung des literari-         ell eurythmisch. Aber die Zuschau-                   die Gelegenheit erhalten, sich gegen-
schen und künstlerischen Nachlasses          enden schienen weder offen für eine                  seitig näher kennen zu lernen. Die
von Dr. Rudolf Steiner, Dornach» am 3.       unbefangene Wahrnehmung noch für                     Interviewer waren biografisch immer
Juni 1943 gegründet worden war.              einen Austausch über ihre Eindrü-                    gut vorbereitet, denn es gab vorberei-
    Im Jahr 1942 legte Emil Grosheintz       cke, über die Wirkung der jeweiligen                 tende Gespräche mit den Ehepartnern
den Zweigvorsitz nieder, blieb noch          künstlerischen Ausarbeitung. Diese                   oder Angehörigen des zu Interviewen-
ein Jahr als Ehrenvorsitzender und           Offenheit ergab sich dann zwanzig                    den. Leider stiess das Unternehmen
zog sich dann zurück. Er starb in As-        Jahre später in Zusammenhang mit                     auf wenig Interesse. Auch ob die Ver-
cona am 24. Oktober 1946.                    der Sprachgestaltung.                                schriftlichung der Interviews im «Wo-
                                                 Als Wolfgang Held die Zweiglei-                  chenblatt» von den Kollegen gelesen
Nach dem Zweiten Weltkrieg –                 tung übernahm, fanden wiederum                       wurden, lässt sich schwer sagen.
die junge Generation                         grosse Veränderungen statt. Einige                       Danach kehrte wieder eine gewisse
Im Nachlasskonflikt schlug sich der          Jahre zuvor hatte Ursula Zimmer-                     Ruhe bezüglich der Experimente ein.
Zweig eindeutig auf die Seite des Goe-       mann18 schon eine Arbeitsgruppe aus                  Die Zweigarbeit bewegte sich nun um
theanums, vor allem vertreten durch          Zweigmitgliedern gebildet, die paral-                die «Apokalypse des Johannes», um
die Person Karl Days. Es hatte schnelle      lel zu den Vorträgen im Grundstein-                  die «Ich bin»-Worte, um die Grund-
Wechsel im Vorstand gegeben und erst         saal intensiv und gesprächsweise die                 pfeiler des Christusverständnisses,
allmählich konnte man sich wieder            «Leitsätze» studierte. Die Form der                  bevor wir uns den Mysteriendramen
auf die anthroposophische Arbeit kon-        Gesprächsarbeit wurde dann auch mit                  zuwandten. Erkenntnisfragen wurden
zentrieren, bis in den 80er-Jahren jun-      etwas Verzögerung vom Zweig über-                    ebenso erörtert wie die Entwicklung
ge Mitglieder der Nachkriegsgenerati-        nommen, zum grossen Leidweisen                       einer Gesprächskultur gepflegt, was
on, Andreas Heertsch, Martin Barkhoff        vieler Mitglieder, die die wöchentliche              mit dem Studium der «Zwölf Weltan-
und Nana Goebel, Erneuerung brach-           Wochenspruch-Eurythmie und die                       schauungen» vertieft wurde. Die akti-
ten. Die älteren treuen Zweigverwalter       Teilnahme an den Vorträgen vermiss-                  ve Zweigrunde wuchs wieder. Aus der
traten zurück und eine Wachablösung          ten. Eine gewisse Kompensation ergab                 Leitsatz-Gruppe bildete sich eine neue
fand statt. Die Zweigtätigkeit hatte         sich durch die Initiative von Ursula                 Initiative, die sich später als Christian
sich im Lauf der Zeit immer mehr in          Zimmermann und Thomas Didden                         Morgenstern-Zweig formierte.
Richtung Vorträge im Grundsteinsaal          zur Vertiefung der Wochensprüche in                      Die neueste Initiative bestand dar-
verschoben. Andreas Heertsch war             Sonntagsmatineen.                                    in, dass der Dialog zwischen den Dor-
Zweigleiter geworden und er sprudel-             Der Zweig schrumpfte mittlerweile                nacher Mitgliedern und dem Vorstand
te vor Erneuerungsideen. Vor allem           rasant und für eine gewisse Zeit sah                 der AAG gesucht wurde. Anfänglich
war es seiner Initiative zu verdanken,       es so aus, als ob er sich nicht wieder               verlief er noch etwas harzig, aber in-
dass der Zweig in der Umgebung auch          beleben liesse, was für Heinz Zimmer-                zwischen kommen wir gut miteinan-
bekannter wurde, z. B. durch die «Dor-       mann der Anlass war, uns zu fragen,                  der ins Gespräch.
nacher Gespräche» mit Vertretern der         ob wir nicht eine neue Gemeinsamkeit                     Eine andere Initiative des Zweiges,
katholischen und der reformierten            aufbauen wollten. Das geschah dann                   das «Zweigforum zu aktuellen Gesell-
Kirche. Das weitete sich dann zur Be-        doch nicht; um den Zweig am Goethe-                  schaftsfragen», kam nicht richtig vor-
gegnung mit anderen Kirchenvertre-           anum wieder zu beleben, wurden Po-                   an, war man es doch nicht gewohnt,
tern und gipfelte in der Darstellung         diumsgespräche zu aktuellen Themen                   die Dinge miteinander in gegensei-
von Yonassan Gerschom, «Kehren die           im Umkreis der Anthroposophie in                     tiger Wertschätzung zu besprechen;
Opfer des Holocaust wieder?».17 Hier         der Wandelhalle eingerichtet. Es war                 bislang wurden sie einseitig in An-
ging es konkret um die Auseinan-             der Versuch, eine neue Form zu ent-                  trägen an der Generalversammlung
dersetzung mit dem Phänomen, dass            wickeln, aber diese Form sagte dann                  zum Ausdruck gebracht. Dieses Ins-
immer mehr junge Menschen von Er-            auch wieder nicht zu.                                Gespräch-Bringen der unterschied-
lebnissen während des Holocausts er-             Aber der Innovationswille, auch                  lichen, divergierenden Auffassungen
zählten. Die Reinkarnationsfrage wur-        nachdem Ronald Templeton die Zwei-                   und Interpretationen wird verschie-
de greifbar. Nicht weniger spektakulär       gleitung 2006 übernommen hatte, war                  dentlich als Herausforderung aus der
war ein Abend mit Arthur Zajonc und          ungebrochen. In der ersten Jahreshälf-               Zukunft erlebt.
Tho Havinh über die Begegnung von            te 2007 wurden alle Vorstandsmitglie-                    Als Joan Sleigh die Verantwortung
Anthroposophen mit dem Dalai Lama            der und Sektionsleiter am Goethea-                   für die Zweigarbeit vonseiten des
und dem Buddhismus. Ebenso ist der           num von je zwei Menschen interviewt.                 AAG-Vorstandes übernahm, wurde
Besuch von George G. Ritschie zu er-         Danach wurden die Interviews ausfor-                 der Zweig am Goetheanum aktiv mit-
wähnen, der von seinen Nahtoderfah-          muliert und in der Wochenschrift «Das                gestaltend einbezogen. Es ging um die
rungen erzählte. In Andreas Heertsch         Goetheanum» publiziert19. Die Idee                   Neuausrichtung der Zweige, indem
lebte ein eindeutiger Bezug zu erleb-        war, dass die Mitglieder des Leitungs-               man Klausuren mit den Zweigverant-
barer Anthroposophie.
   Dann gab es ein ganzes Sommertri-
mester lang die Auseinandersetzung           16 Brief vom Vorstand des Zweiges am Goetheanum an den Vorstand des Zürcher Zweiges. Archiv am
                                                Goetheanum.
mit der modernen Musik, mit Kom-             17 Was Yonassan Gerschom unter diesem Titel als Buch im Verlag am Goetheanum, Dornach 1997, publizierte.
ponisten und Musikwissenschaftlern.          18 Jüngere Mitglieder haben dann später mit der Unterstützung von Ursula und Heinz Zimmermann den
                                                Dag Hammerskjold Zweig initiiert.
In einem Experiment interpretierten          19 Es wurde möglich durch eine Spende der «Iona Stichting» in Amsterdam.
zwei Eurythmistinnen und ein Euryth-         20 Vor einigen Jahren wurde das Leitungsgremium aus Vorstand und Hochschulkollegium geschaffen.

   4   Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020
wortlichen organisierte und durch-            Jetzt, wo der Zweig am Goethea-        sen und die Standortbestimmung sind
führte. Das Thema lag in der Luft,         num mit einer Feier auf sein hundert-     gemacht. Die kommende Klausur,
denn es wurde sowohl von der schwei-       jähriges Bestehen zurückblickt, steht     wahrscheinlich im Spätherbst, wird
zerischen wie auch von der deutschen       die Zukunft der Zweigarbeit umso be-      den nächsten Schritt in die Zukunft
Landesgesellschaften aufgegriffen.         deutender im Brennpunkt. Die Analy-       anvisieren.

                                                                                     die volle Verantwortung für den Haus-
                                                                                     halt und den kleineren Bruder, da der
                                                                                     Vater arbeitshalber abwesend war.
                                                                                     Nach der Flucht aus der Ostzone wur-
                                                                                     de die Familie 1949 auf dem Bauckhof
                                                                                     freundschaftlich aufgenommen. Hier
                                                                                     durften die Kinder zum ersten Mal seit
                                                                                     Wochen wieder richtige Nahrung zu
                                                                                     sich nehmen.
                                                                                        1952 wurde der Bruder Hubertus
                                                                                     geboren, für den Gabriele wiederum
                                                                                     viel Verantwortung übernahm. Na-
                                                                                     hezu in einer Mutterrolle und müde
                                                                                     während des Unterrichts, führte das
                                                                                     aber nicht zu schlechteren Schulleis-
Gabriele                                                                             tungen.
Gerretsen-Remer                                                                         Mit 17 hatte Gabriele eine schwere
                                                                                     Blinddarmentzündung. Sie erfuhr eine
                                                                                     radikale Besserung nach einer einzi-
12. Februar 1937 · 14. November 2019                                                 gen kräftigen Massagebehandlung
                                                                                     durch Simeon Pressel, wodurch Ga-
Gabriele Gerretsen wurde als erstes        land zurück zum elterlichen Schloss,      brieles Interesse an dem medizini-
Kind von Dr. Dipl. Ing. Agr. Nicolaus      wo Gabriele das Leben als Enkelkind       schen Heilberuf geweckt war.
Remer und Erika Remer, geb. Freiin         der Gutsbesitzer intensiv miterlebte.        Die Suche nach Erholung und ihr
von Massenbach, im grosselterlichen            Bald begannen die Entbehrungen        grosses Interesses für die Landwirt-
Schloss Pinne im heutigen Polen ge-        der Kriegszeit. Man lebte auf verschie-   schaft führten sie auf den Oswald-Hof
boren.                                     denen landwirtschaftlichen Betrieben.     in Klarsreuti, wo sie bei Demeter-
    Der Vater, Nicolaus Remer, war         Gabriele fühlte sich schon bald für die   Bauern während eines Jahres die
durch seinen Vater auf Arbeiten Ru-        kleineren Brüder verantwortlich. Dies     Grundlagen der Landwirtschaft und
dolf Steiners zur Frage des Kiesels in     war besonders schwerwiegend, als          landwirtschaftlichen Hauswirtschaft
der Boden- und Humusqualität auf-          der kleine Bruder Engelhardt plötzlich    in schweizerischer Qualität lernen
merksam gemacht worden und hatte           verstarb und Gabriele dies, obwohl es     durfte. Bald war es Gabriele aber klar
sich ganz der biologisch-dynamischen       keine objektiven Gründe dafür gab,        geworden, dass sie als Frau in der
Landwirtschaft und Forschung ver-          als ihr eigenes Versagen im Bewachen      landwirtschaftlichen Umgebung nicht
schrieben. Auch war er sehr an neuen       des Kindes erleben musste. Während        genügend Einfluss auf ihre eigene Zu-
Sozialformen im Umgang mit Bodenbe-        der Kriegszeit lebte die Familie in       kunft und Arbeit würde nehmen kön-
sitz interessiert. Damit war es schwie-    Berlin, wo die Kinder als Kuriere der     nen. Sie liess sich zur medizinischen
rig, während der späten 1930er-Jahre       anthroposophischen Untergrundbe-          Fusspflegerin und Masseurin/Bade-
und in den Kriegsjahren eine Arbeit zu     wegung oft tagelang in der Stadt un-      meisterin ausbilden. Später holte sie
finden, die auch eine wachsende Fa-        terwegs waren. Früh fühlten sie, dass     das Abitur an der Waldorfschule Han-
milie ernähren konnte. So sah sich die     die Mutter keine Sympathien für die       nover nach, um dann zu studieren. Es
Mutter gezwungen, für den Unterhalt        herrschende Regierung aufbrachte. In      bedeutete, sich gegen den Wunsch des
der Familie aufzukommen, was sie           den Bombennächten mied die Mutter         Vaters, Gabriele weiterhin an seiner
anfangs mit Betreuungsaufgaben und         die Schutzkeller, um die Kinder nicht     Seite für die landwirtschaftliche For-
später mit selbstständiger Tätigkeit als   der Angst, die unter den Menschen         schung und den Haushalt der Familie
medizinische Masseurin/Bademeiste-         dort herrschte, auszusetzen. Bei Si-      zu haben, aufzulehnen Dies wurde
rin jahrzehntelang ausführte.              renenalarm liefen Gabriele und Rai-       dann auch akzeptiert, aber nicht fi-
    Ein gutes Jahr nach Gabriele wur-      mund schnell zur Mutter nach Hause,       nanziell unterstützt.
de der Bruder Raimund, weitere zwei        um dort aus der geliebten Bilderbibel        Ihr Ziel war, Tiermedizin zu stu-
Jahre später Engelhardt geboren.           vorgelesen zu bekommen.                   dieren. Durch ihre Grundausbil-
Zu Raimund bestand von Anfang an               Nach Kriegsende lebte die Familie     dungen in einem Heilberuf und nach
eine enge und innige Beziehung. Die        in der Ostzone. Schwer erkrankt war       einem Praktikum in einer Arztpraxis
Mutter reiste zur Geburt der Kinder        die Mutter ein Jahr ans Bett gebunden.    in der Nähe von Kiel bekam sie dann
jeweils aus dem westlichen Deutsch-        Die neunjährige Gabriele übernahm         jedoch ein Stipendium zum Studi-

                                                                         Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020   5
um der Humanmedizin, welches sie                  Durch die Geburt der Töchter Sylvia          werden. Zugleich war die Pflege ihrer
dankbar entgegennahm. Mit viel Be-            Andrea (1970) und Paula Ilona (1976)             Eltern und das Leben im Zusammen-
geisterung begann sie das Studium in          erwuchs bei Gabriele der feste Ent-              hang mit einer landwirtschaftlichen
Göttingen. Ein zweimaliger Studien-           schluss, eine neue Art der Geburtshilfe          Gemeinschaft möglich. Die Nähe zum
platzwechsel nach Hamburg und Ber-            auszuüben und zu lehren. Mit tatkräf-            geliebten Bruder Raimund erlebte sie
lin kam der Lebenserfahrung zugute            tiger Unterstützung durch Herrn Dr.              als herzerwärmend, enorm stützend
und ermöglichte Gabriele, parallel            PD Ernst Theodor Rippmann, Basel,                und schicksalshaft.
zum Medizinstudium auch das erste             konnte eine geburtshilfliche Abteilung               Hier begannen sich dann langsam
Jahr der Eurythmieausbildung in Ber-          an der Ita Wegman-Klinik eröffnet                die Zeichen der demenziellen Erkran-
lin bei Frau Reisinger zu absolvieren.        werden. Im Laufe der folgenden Jah-              kung zu zeigen, die aber bis zu Gab-
Im Anschluss ans Studium folgten ei-          re erblickten dort an die 3000 Kinder            rieles 70. Geburtstag noch kein Hin-
nige Jahre Assistenzarzttätigkeit im          das Licht der Welt. Durch Antons un-             derungsgrund für die Fortsetzung der
Norden, wo man billig bei den Eltern          terstützende Anwesenheit sowohl zu               ärztlichen Tätigkeit war. Neben einer
wohnen und parallel im Labor und auf          Hause als auch in der Klinik konnte sie          erblichen Belastung – die Schwester
Forschungs- und Ausbildungsreisen             die Doppelbelastung mit Familie und              ihres Vaters hatte an der gleichen Er-
mithelfen konnte.                             Arbeit meistern und an beiden Orten              krankung gelitten – sah sie ihre kon-
    Im Jahr 1967 erfolgte der Umzug           innerlich und äusserlich immer zum               stante Überlastung mit Schlafmangel
nach Arlesheim, um sich einige Zeit           richtigen Zeitpunkt völlig präsent sein.         und pausenloser Anspannung min-
weiter in die anthroposophische Me-               Ende der 1990er-Jahre folgten                destens als Mitursache für die Erkran-
dizin zu vertiefen. Schon bei ihrem           Gabriele und Anton, der schon eini-              kung an. Der ständige Wunsch und die
ersten Besuch in der Ita Wegman-Kli-          ge Jahre pensioniert war, der Anfra-             Liebe, Hilfe zu leisten und für andere
nik war sie dort Anton Gerretsen vor-         ge ihrer Eltern nach Amelinghausen               da zu sein, war aber bis in die letzten
gestellt worden, dessen ruhige, milde         in den Norden Deutschlands. Hier in              Wochen ihres Lebens sicht- und spür-
und liebevolle Art sie sehr beeindruckt       der Nähe des Bauckhofes konnte in                bar und hatte sie trotz ihrer schweren
hatte. Bald vertiefte sich die Beziehung      kleinerem Rahmen die ärztliche und               Krankheit nie verlassen.
der beiden und 1969 wurde geheiratet.         geburtshilfliche Tätigkeit fortgesetzt                             Ilona und Andrea Gerretsen

La vision sociale dans les «Lettres aux Membres»
Peter Selg                                                         cadence de la Société après 1918; des «projets» et des «pro-
                                                                   grammes» très prometteurs ont été lancés dans le monde
Un nouveau départ face aux ruines                                  mais leurs responsables n’ont pas tenu la route, manquant
Juste deux semaines après la clôture du Congrès de Noël,           d’une «volonté de fer». «On s’est hâté de programme en pro-
le 13 janvier 1924, parut pour la première fois la feuille         gramme; on entendit de grandes paroles comme on n’en
d’information (Nachrichtenblatt) interne «Ce qui se passe          avait jamais entendu auparavant dans la Société anthro-
dans la Société anthroposophique». Elle contenait le texte         posophique; des méthodes de travail ont été introduites:
de Rudolf Steiner: «La formation de la Société anthroposo-         en fait des non-méthodes.»1 Entretemps, les adversaires de
phique universelle par le Congrès de Noël 1923». Ensuite,          l’anthroposophie se seraient emparés des écrits anthroposo-
Rudolf Steiner introduisit chacun des numéros suivants de          phiques, les auraient cités de façon sélective, sortis de leur
ce complément de l’hebdomadaire «Das Goetheanum» par               contexte jusqu’à en faire une absurde caricature, et dépré-
une lettre «Aux Membres!» dans laquelle il s’exprimait sur         ciés en public. Cependant, comme Rudolf Steiner l’a maintes
des questions principales et sur les buts principaux de la         fois souligné, la grande majorité des anthroposophes se
Société mais informait aussi de ses activités et des cours         seraient beaucoup trop peu intéressés à ce processus de
qu’il donnait.                                                     destruction, à toutes les «objectives non-vérités» que les
    Replaçons-nous dans la situation: le Goetheanum était          ennemis de l’anthroposophie répandaient. Ils auraient sim-
complétement détruit, une ruine totale. Il en allait de l’être     plement poursuivi leurs études dans leurs branches et leur
ou du non être de la Société anthroposophique, de la résur-        vie anthroposophique personnelle – et auraient perdu toute
rection ou de la complète disparition. C’était les «derniers       véracité de par cette ignorance et ce manque d’engagement
espoirs» pour la Société que Rudolf Steiner posait dans le         pour la protection de l’anthroposophie. «Tant que nous
Congrès de Noël, comme il l’écrivit à Marie Steiner juste          sommes nos propres ennemis intérieurs, nous n’avons pas
avant Noël. Le noyau de la Société était-il encore vivant          à nous étonner qu’une redoutable adversité nous attaque de
– ou bien aussi détruit que le bâtiment à la vue duquel le         l’extérieur. Car nous nous trouvons là, n’est-ce pas, sur un
congrès eut lieu?
    En 1923, un an après l’incendie, dans le temps précédant
                                                                   1.   Rudolf Steiner, L’Année du destin 1923 dans l’histoire de la Société anthropo-
le Congrès de Noël, Rudolf Steiner a maintes fois répété que            sophique. De l’incendie du Goetheanum au Congrès de Noël (1923), GA 259,
la reconstruction du Goetheanum n’avait de sens qu’avec                 non traduit.
                                                                   2.   Idem.
un renforcement intérieur, une consolidation interne de la         3.   Rudolf Steiner, Science terrestre et connaissance céleste (1923), GA 221, EAR
Société. Que la Société avait absolument besoin de force et             2011, 1e conférence.
                                                                   4.   Voir note 1.
de volonté si elle voulait subsister. Et il a sans cesse rappelé   5.   Rudolf Steiner, La Fondation de la Société anthroposophique (1924–1925),
les erreurs des dernières années et – selon ses mots – la dé-           GA 260a, EAR 1999, juin 1924.

   6    Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020
terrain occulte.»2 À propos de la Société anthroposophique,        part, posa la pierre de fondation d’une nouvelle «Société de
Rudolf Steiner se demandait à la fin de sa vie si ce processus     sentiment» – dans le cœur des hommes et en prit lui-même
pouvait encore être inversé. La Société pouvait-elle encore        la direction, lui qui jusque-là avait été un maître spirituel
une fois devenir une «réalité», un organe agissant de l’an-        libre. Ce dont la nouvelle Société avait besoin – c’est ce
throposophie; pas une famille ni une association, mais un          dont traitaient et traitent ses lettres aux membres depuis
instrument social et spirituel pour l’agir de l’esprit du temps    janvier 1924. J’aimerais maintenant évoquer quatre des
Michael? La Société pouvait-elle encore une fois intensifier       qualités requises pour le développement de cette société.
la véritable anthroposophie en elle, dans les rangs de ses
membres, dans chaque individu et dans la communauté,               1. La vie
dans le «courant vivant d’être humain à être humain»? Une          C’est d’une «nouvelle vie anthroposophique» dans la So-
nouvelle société pouvait-elle surgir avec un nouveau sens          ciété anthroposophique dont il s’agit dès lors, comme le
de la véracité et de la fraternité, pour la compréhension des      montrent clairement les lettres – et cela par le fait que la
autres hommes, une société de la confiance réciproque –            Société en tant que telle doit d’abord trouver le «rapport
au lieu de sombrer? Une société de la reconnaissance réci-         juste à l’anthroposophie». C’était là la chose la plus impor-
proque, de la perception des réalisations de l’autre, de sa        tante et la plus primordiale: la vie de l’anthroposophie
contribution particulière et indispensable au tout – au lieu       dans la Société, sa vie ésotérique aimerais-je dire. Com-
d’une société de concurrence égoïste? Une société qui est          ment vit l’anthroposophie dans une société, de quoi a-t-elle
pénétrée d’une «spiritualité commune» et dans laquelle tout        besoin? Elle a besoin d’êtres humains qui l’intériorisent,
ce que les individus réalisent est fait avec amour et intérêt      qui l’accueillent profondément dans leur être le plus pro-
jusque dans les tâches les plus pratiques? Dans la mesure où       fond, pas seulement en tant que «système de connaissance»
tout cela n’arriverait pas dans un proche avenir, tout serait      mais comme vie dans les coeurs, comme vie spirituelle ou
bientôt fini, même si cela devait se poursuivre encore exté-       bien comme «vie qui s’écoule de l’esprit». Rudolf Steiner
rieurement pour un temps – c’est ce que rappelait sans cesse       écrit aux membres que le «trait principal» de l’anthroposo-
Rudolf Steiner. À la vue des ruines de l’incendie et de l’état     phie, c’est justement la «vie». Que l’anthroposophie vient
extrêmement difficile de la situation politique et sociale en      chez les hommes dans la «forme primordiale» de l’«idée»
Europe, il parlait d’une nécessaire «volonté d’éveil», qui de-     et s’adresse à leur discernement. Mais que cela concerne
vait prendre place dans la Société anthroposophique et qui         toujours la vie, une vie qui doit sans cesse être multipliée
de là devait irradier dans la civilisation. L’Anthroposophie       et renouvelée à partir de l’idée, au contact de l’idée et avec
devait être représentée de façon juste par la Société et être      l’idée, individuellement et dans la communauté, dans la
portée par elle dans le monde; la Société anthroposophique         discussion et l’intériorisation des contenus spirituels. Que
devait être un «témoignage valable et vivant de la vérité inté-    l’anthroposophie n’est pas une «chose pour les biblio-
rieure de ce qui est anthroposophique»3; elle ne devait plus       thèques» – et les livres qu’elles gèrent doivent aussi «deve-
être un obstacle à l’anthroposophie mais la favoriser et la        nir vivants dans l’acte de lire». À ce propos, Rudolf Steiner
répandre, la porter à la connaissance et à la vue du monde.        écrivit: «Elle (l’anthroposophie) doit chaque fois surgir de
    Il s’agissait, comme l’avait précisé Rudolf Steiner en         façon nouvelle quand le cœur humain se consacre au livre
février 1923 quelques semaines après l’incendie, d’une             afin d’apprendre quelque chose d’elle. Cela n’est possible
«revivification de la Société anthroposophique»; dans la           que si le livre est ainsi écrit que l’auteur, en écrivant, a
construction du Goetheanum et dans la communauté                   regardé dans les cœurs des autres hommes pour savoir
d’urgence de la nuit de l’incendie, la Société a montré sa         ce qu’il a à leur dire. Mais cela ne sera possible que si
«stabilité» (Bestand), sa stabilité «du côté de l’amour qui        l’homme en écrivant est aussi touché par la vie de l’esprit,
collabore».4 Les hommes sont restés unis et se sont enga-          et s’il devient ainsi capable de confier à l’écriture morte
gés activement durant le long temps de construction et             ce que l’âme du lecteur en quête d’esprit peut ressentir
dans l’heure de la plus grande urgence; de principe, ils           comme une résurrection de l’esprit à partir des mots. Il n’y
étaient ainsi en mesure de le faire. Dans d’innombrables           a de livres anthroposophiques que ceux qui peuvent deve-
conférences et rencontres en 1923, Rudolf Steiner tenta            nir vivants dans l’homme qui lit.»5 Rudolf Steiner dit aussi
d’éveiller une compréhension parmi les membres pour un             qu’on peut carrément tuer l’anthroposophie en la prenant
nouveau départ radical de la Société dans ce sens; nous            d’une façon purement intellectuelle, sans la participation
savons cependant qu’avec les fonctionnaires et bien des            du cœur humain. Mais que l’anthroposophie peut vivre si
membres de la Société, il ne put pas aller très loin avec          l’on va à sa rencontre avec «l’amour comme tonalité de
cela. Je crois que la grande majorité ne l’a pas compris           fond», avec le respect devant sa vie spirituelle.
et qu’ils étaient d’avis que tout était globalement en ordre           Nous le savons tous: à l’époque de ses lettres aux
dans les branches et les comités; ils ne virent pas du tout la     membres, Rudolf Steiner avait déjà depuis trois septaines
vision de Steiner et les forces qui venaient à son encontre,       tenu des conférences anthroposophiques et écrit des livres.
ils ne virent absolument pas la grande urgence du temps            Beaucoup de tout cela était publié, sous la forme des édi-
et le combat puissant de Michael avec Ahriman. Ils étaient         tions des «cycles» et siégeant sur les étagères des membres.
satisfaits de leurs communautés d’études et de leurs fonc-         Mais lors du Congrès de Noël et après encore, il a insisté
tionnaires – du moins beaucoup d’entre eux. Au final, après        pour que la littérature disponible devienne progressive-
toute l’analyse des erreurs de l’année 1923 et du peu de           ment et réellement la propriété spirituelle des membres,
«volonté d’éveil», Rudolf Steiner s’orienta vers l’acte, tiré de   qu’elle ne reste pas seulement un «savoir de tête» mais
ses forces les plus profondes, parce qu’il ne lui restait plus     qu’elle soit pensée à fond, sentie à fond, et accueillie dans
rien d’autre à faire pour sauver le tout, mission du destin et     la volonté. Le cœur des anthroposophes devait être revivi-
communauté de destin, et pour le conduire vers l’avenir. Il        fié par l’anthroposophie – plus intensivement que jamais
réalisa la pose de la Pierre de Fondation d’un nouveau dé-         auparavant. C’est là précisément à cet endroit que Rudolf

                                                                            Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020   7
Steiner voyait le point de renversement de la situation –         throposophie. La Société anthroposophique devrait deve-
c’est à partir de là que le retournement devait s’engager et      nir un cercle d’hommes actifs, qui fassent des affaires de
le chemin vers l’avenir commencer, dans la connaissance           l’anthroposophie et de sa société les leurs propres. C’est à
de soi et dans une rencontre authentique, de moi à toi, avec      partir de cela – de cette conscience pour le grand et le tout
l’être Anthroposophie: «Laisse-moi entrer, car je suis toi-       – que devrait se mesurer l’engagement pour l’anthropo-
même; je suis ton véritable être.» C’est en cela, dans ce         sophie, dans la discussion avec ses adversaires s’activant
mouvement, que Rudolf Steiner voyait la vie future de la          dans les médias, et dans d’autres domaines. À partir de la
Société, la vie vers l’avenir – la vie et l’amour.                conscience pour le grand et le tout, dans le dépassement
    Nous pouvons nous demander, soucieux et touchés: Est-         de l’égoïsme privé, c’est ainsi que devrait grandir l’avenir.
ce qu’alors tous les élèves des trois premières septaines,
adonnés totalement à l’anthroposophie, ont fait tout faux?        3. L’efficacité
N’avaient-ils qu’un «savoir de tête»? Non, ce n’était définiti-   C’est ainsi, comme Rudolf Steiner l’a exprimé, que quelque
vement pas ainsi – et personne d’autre ne le savait mieux que     chose pourrait naître, une chose qui promet l’efficacité –
Rudolf Steiner. Quand on lit ses nombreuses allocutions lors      l’efficacité de la Société. La Société anthroposophique
des cérémonies organisées à la mort de membres décédés,           pourrait devenir un «témoin vivant» de la «vérité» de l’an-
et parmi eux aussi beaucoup d’anthroposophes «inconnus»           throposophie – aussi un «témoin vivant» de la vérité de ce
qui n’avaient jamais tenu de grandes conférences ni écrit         lieu que Rudolf Steiner a continué de soutenir de façon
de livres, on se rend compte qu’il y avait depuis longtemps       décisive avec le Congrès de Noël: le Goetheanum. Une So-
des êtres humains qui laissèrent entrer l’anthroposophie de       ciété anthroposophique renouvelée, vivante et consciente
façon essentielle dans leur cœur. Et justement, c’était sou-      d’elle-même et de ses tâches, devrait répondre pour la
vent les membres «inconnus», les «silencieux au pays» (Stil-      vérité du Goetheanum et elle devrait représenter effica-
len im Lande) qui le faisaient dans la plus grande humilité,      cement Anthroposophie. Rudolf Steiner a insisté sur le fait
spirituellement et sans détour. Simplement, Rudolf Steiner        qu’Anthroposophie a une tâche d’importance pour le pré-
souhaitait cela pour tout l’ensemble de la Société, pour tous     sent à accomplir à travers la «voix du cœur humain», qu’elle
les comités, partout – et il ne s’en adressait pas moins aux      ne serait même en elle – même rien d’autre que le «désir
«représentants» et aux fonctionnaires, même s’il ne s’adres-      ardent des hommes du présent». Pour la Société se tenant
sait pas qu’à eux. C’est donc une nouvelle vie qui devait         devant cet arrière-plan, être efficace devrait signifier en
advenir «s’écoulant à partir de l’esprit...»                      première ligne «travailler de telle manière que les besoins
                                                                  des hommes puissent être saisis avec ardeur par ce qui
2. La conscience                                                  vient à eux en tant qu’anthroposophie», travailler de telle
J’arrive au deuxième point, à la deuxième qualité du chan-        manière que beaucoup d’êtres humains puissent trouver ce
gement nécessaire qui joue un rôle considérable dans les          qu’ils cherchent intérieurement et profondément. Devenir
lettres aux membres, et je le traiterai plus succinctement.       efficace signifierait pour une Société anthroposophique re-
J’aimerais décrire cette qualité avec le mot conscience –         fondée, revivifiée et éveillée à elle-même: saisir l’esprit de
conscience pour l’anthroposophie (et sa vie), mais aussi          la Pentecôte et le mettre en pratique, viser l’élargissement
conscience pour l’être (Sein) et la nécessité d’une société       du cœur afin de pouvoir parler avec tous les hommes dans
pour l’anthroposophie, et je dirais même pour l’essence           leurs «langages», «délier les langues» – la sienne propre et
(Wesen) d’une telle société. Rudolf Stener a parlé de la tâche    celle des autres. Rudolf Steiner espérait après le Congrès
d’élever l’ensemble des membres jusqu’à une conscience            de Noël une nouvelle façon de représenter l’anthroposo-
commune de l’essence de la Société anthroposophique,              phie, non dogmatique, directe et ouverte, non dissimulée
jusqu’à un esprit réel et unique, qui devrait à l’avenir          et franche. Un nouvel engagement, une nouvelle prise de
s’écouler par la Société anthroposophique dans tout le            connaissance de l’anthroposophie dans l’esprit de la Pen-
mouvement anthroposophique. Il a clairement montré que            tecôte, dans l’ouverture et le lien au monde, devrait deve-
pour atteindre ce but, la Société devra se transformer fon-       nir possible pour ce qui «à travers l’anthroposophie appa-
damentalement – jusque dans ses branches. Là, on ne de-           raît comme connaissance sur le monde spirituel, afin que
vrait plus désormais y trouver des prestations narcissiques       l’homme puisse acquérir un rapport humainement digne
de personnes qui recherchent un podium et un auditoire            avec ce monde»6 – dans l’estime positive de ce qui n’est pas
personnels pour eux et pour leur compréhension subjec-            anthroposophique et dans la conscience clairement éveil-
tive de l’anthroposophie (et autres choses); «Des lieux où        lée de la signification incontournable de l’anthroposophie
l’on prend soin» de l’anthroposophie réelle devraient appa-       et de sa Société pour l’avancée de la civilisation.
raître, des lieux qui soient en contact les uns avec les autres
et qui dépassent l’isolement dans lequel les branches ont         4. L’essence
vécu jusqu’ici – «le chaos des différents groupes» comme          Que cela réussisse, dans quelle mesure cela réussira, et la So-
l’exprime Steiner. La Société anthroposophique devrait            ciété anthroposophique elle-même subsistera aussi; elle va
désormais – enfin! – devenir un organisme spirituel vivant        toujours plus faire l’expérience et apprendre à comprendre,
par le biais d’une activité commune ciblée, un organisme          comme dit Rudolf Steiner, «ce qui vit à la base d’une telle
d’êtres humains qui poursuivent ensemble un but spiri-            communauté comme la Société anthroposophique et qui
tuel commun, une communauté de travail spirituelle et             est de nature cosmique-spirituelle»7, c’est-à-dire: La Société
concrète, une Société avec un contenu spirituel concret et        trouvera toujours plus l’accès à l’essence (Wesen) anthro-
au contour clair – un contenu d’importance centrale pour          posophique et à l’essence (Wesen) de l’École de Michael qui
l’avenir de l’humanité terrestre. L’anthroposophie devrait        est à la base de son être (Sein), son être en tant que société.
à l’avenir vivre intensivement dans la communauté – et la         Dans le cours du développement de la Société anthroposo-
communauté devrait savoir ce qu’elle est et ce qu’est l’an-       phique, tel que présenté ici, se trouve préfiguré le fait de

   8    Anthroposophie – Schweizer Mitteilungen, IX 2020
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