BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolai Lenz
 
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BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUND                         FAKTEN, ANALYSEN,
                            AKTIONEN UND TIPPS
                          FÜR UMWELTBEWUSSTE
                                                 03
                                                 19

MAGAZIN
ZUR ZEIT                       GRÜNES BAND
Grüne Geldanlage              30 Jahre Lebenslinie
Klimaschutz jetzt!            BUND-Sommerabend

                           WAS LEBT
                           DENN DA?
                     Artenkenntnis und Naturschutz
BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
© salvia77 / photocase.de

                            Was bleibt,
                            wenn wir gehen?

                                                               Was bleibt,
                                                               wenn wir gehen?

                                                                           Ihr BUND-Ratgeber
                                                                           rund um das Thema
                                                                           Testament

                                                                                               1

                                                                               nd
                                                            Jetzt kostenfrei u
                                                                                ellen!
                                                            unverbindlich best

                            Almuth Wenta
                            BUND-Ansprechpartnerin für      (0 30) 275 86 474
                            Erbschaften und Vermächtnisse
                            Kaiserin-Augusta-Allee 5
                            10553 Berlin                    Almuth.Wenta@bund.net
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BUNDmagazin 3 | 19   ›   INHALT 3

                                                 INHALT
                                      10            20

                                                                                                         LIEBE LESERINNEN
                                                                                                            UND LESER,

                                                                                                        seit Mitte Juni sind in Deutschland
                                                                                                     ­ -Tretroller erlaubt. Als Spielwiese hat
                                                                                                     E
                                                                                                    man ihnen die Radwege zugeteilt. Keine
                                                                                                   gute Idee: Gerade in den Städten benötigt
                                                                                                     der Radverkehr nicht weniger, sondern
                                                                                      T. Stephan    deutlich mehr Platz als bisher. Die meist
                                        28                                                         ohnehin zu schmalen Radwege nun auch
                                                                                                   für Roller mit fragwürdiger Ökobilanz frei-
                                                                                                    zugeben, weist in die falsche Richtung.

   AKTUELLES                                          ZUR ZEIT
                                                                                                   Zu einem anderen, ungleich schädlicheren
4 Kurznachrichten                                26 »Lass brummen« – ein Fazit
                                                                                                   Verkehrsmittel: Neun von zehn Menschen
7 Gerettete Landschaft                           27 15 Jahre Rettungsnetz Wildkatze
                                                                                                   weltweit haben noch nie ein Flugzeug von
8 Kommentar                                      28 Grüne Geldanlage
                                                                                                        innen gesehen. In Deutschland aber
                                                 30 Klimaschutz jetzt!
                                                                                                     boomt das Fliegen, selbst innerdeutsch
   SONDERTHEMA                                   31 Gas statt Kohle?
                                                                                                       wird immer mehr geflogen. Wie sehr
10 30 Jahre Grünes Band
                                                                                                    ­müssen die Temperaturen steigen, bevor
12 Grünes Band Europa                               NATUR IM PORTRÄT
                                                                                                     dieser Trend gestoppt wird? Auf Seite 25
13 BUND-Sommerabend                              32 Bedroht: Meerneunauge
                                                                                                       finden Sie Tipps zum Thema Fliegen.
                                                 34 Grüne Insel in Gefahr
   TITELTHEMA
                                                                                                       Ein weiterer Trend macht dem BUND
14 Was lebt denn da?                                  AKTIV
                                                                                                        ­Sorgen: Immer weniger Menschen
16 Rettet die Artenkenner!                       36 Klaus Milde im Gespräch
                                                                                                   ­verfügen zumindest über ein Grundwissen
18 BUND aktiv                                    38 Neues aus dem BUND
                                                                                                     der heimischen Tiere, Pflanzen und Pilze.
20 Citizen Science                               40 Internationales
                                                                                                      Und die, die sich gut auskennen, werden
                                                 42 Die junge Seite
                                                                                                     immer älter. Warum das ein Problem ist?
   GUT LEBEN
                                                                                                       Weil wir Arten umso besser schützen
24 Virtuelles Wasser                                SERVICE
                                                                                                       können, je mehr wir über sie wissen.
25 Tipps zum Fliegen                             44 Leserbriefe
                                                                                                    Lesen Sie dazu unser Titelthema ab S.14.
                                                 46 Marktplatz
                                                 48 Medien: Neu erschienen
                                                 50 Kontakte und Impressum

                         Das BUNDmagazin ist die
                                                                                                                  Severin Zillich
                         Mitgliederzeitschrift des BUND.                                                             Redaktion
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4 BUNDmagazin 3 | 19   ›   AKTUELLES

AKTUELLES
                                                                                                     DIE ZAHL: CHEMIE-
                                                                                                     GIFT MAL ZWEI?

                                                                                                     Giftige Laborchemikalien sind heu-
                                                                                                     te überall zu finden: in der Arktis,
                                                                                                     in Tiefseegräben – und auch in
                                                                                                     unserem Körper. Bald dürfte sich
                                                                                                     die chemische Belastung deutlich
MEHR NATUR IN DER STADT                                                                              erhöhen: Chemiefirmen haben von
                                                    zu bewahren. Auch will man das »Bundes-          2000 bis 2017 ihre Produktions-
                                                    programm biologische Vielfalt« erweitern.        kapazität und ihren Umsatz welt-
                                                       In der Praxis bleibt jedoch viel zu tun:      weit um hundert Prozent gesteigert.
                                                    So genügt das Baugesetzbuch noch lang            Bis 2030 wird sich ihr Umsatz wohl
                                                    nicht dem Anspruch, Eingriffe in Natur           erneut verdoppeln.
                                                    und Landschaft zu minimieren. Kontrol-           Dies schreibt das Umweltprogramm
                                                    len des BUND Schleswig-­Holstein zeigen          der UN in seinem »Global Chemical
                                                    zudem, wie schlecht vor Ort meist darauf         Outlook«. Zum Umgang mit den
                                        M. Wessel

                                                    geachtet wird, dass solche Eingriffe mög-        Chemikalien zitiert es die Welt-
                                                    lichst gering ausfallen und ausgeglichen         gesundheitsorganisation. Demnach
                                                    werden, wie es das Gesetz vorschreibt.           starben 2016 mindestens 1,6 Millio-
Natur in der Stadt ist wichtig nicht nur für        Viele Kommunen kommen ihren Aufga-               nen Menschen durch Chemikalien.
die Gesundheit und Lebensqualität derer,            ben beim ­Natur- und Umweltschutz in der         Sind es bald doppelt so viele und
die in Ballungsräumen wohnen. Gerade                Bauleitplanung nicht (ausreichend) nach.         mehr? Folgen der Klimakrise und
Kindern kommt es zugute, wenn sie die               Wohl auch, weil sie fachlich und personell       dem Verlust der biologischen Viel-
Natur direkt erleben. Aufgrund der Arbeit           teilweise überfordert sind.                      falt bald die Konsequenzen der
des BUND und vieler Verbündeter hat die                Höchste Zeit, die »grüne Infrastruktur«       steigenden Chemikalienflut? Mit
Bundesregierung jüngst einen »Master-               der Kommunen aufzuwerten – für eine              mehr Krebserkrankungen und Stoff-
plan Stadtnatur« beschlossen.                       zukunftsfähige Entwicklung unserer Städ-         wechselstörungen oder geringerer
Seine Eckpunkte begrüßen wir: So soll der           te und Dörfer ist sie unverzichtbar. Der         Fruchtbarkeit? Das muss nicht sein!
Artenschutz an Gebäuden gestärkt werden,            BUND wird sich in den nächsten zwei Jah-         Auf gefährliche Chemikalien im All-
besonders bei der drängenden Gebäude-               ren fit für mehr Stadtnatur machen – ge-         tag lässt sich gut verzichten. Siehe:
sanierung. Eine kommunale Landschafts-              fördert vom Bundesamt für Naturschutz            www.bund.net/chemie
planung soll dafür sorgen, die Stadtnatur           aus Mitteln des Umweltministeriums.

NEUE HEIMAT                                         bei, welche Pflanzen für Bienen gut sind«,
                                                    erinnert sie sich an ihre Jugend. Müll ver-
                                                                                                    Die Wiedervereinigung war eine emotio-
                                                                                                  nale Erfahrung für die einstige »Flüchtlings-
Die Bochumer Literaturwissenschaftlerin             meiden, Ressourcen scho­nen, die Natur        familie«. »Diesen menschenverachtenden
Karin Yeşilada wünschte sich zu ihrem               schützen, das wurde zu wichtigen Lebens-      Grenzstreifen in eine Lebensoase für die
Geburtstag Spenden statt Geschenke.                 prinzipien. Regelmäßig spendet sie für        Natur zu verwandeln, ist genial«, begeis-
Natur kann Heimat sein, besonders wenn              Naturschutzprojekte des BUND.                 tert sich Karin. »Aus dem Fluch wurde ein
die gesamte Familie woanders geboren                                                              Segen!« Den ersten Anteilschein für das
ist als man selbst. Vielleicht ist es das,                                                        Grüne Band schenkte sie sich selbst zum
was sie am Grünen Band so fasziniert.                                                             50. Geburtstag. Die Idee zum »Spenden
Karin Yeşilada – Mutter aus Schlesien,                                                            wünschen« übernahm sie dann von einem
Vater aus der Türkei – lernte den Natur-                                                          engagierten Freund. Nun sammelt sie all-
schutz von ihren schlesischen Großeltern,                                                         jährlich mit ihren Geburtstagsgästen für
die in Nordhessen ansässig wurden. »Im                                                            weitere Anteilscheine.
Frühjahr sammelten wir regelmäßig Kräu-
ter. Und meine Großmutter brachte mir                                                             www.bund.net/spenden-statt-geschenke
BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUNDmagazin 3 | 19   ›   AKTUELLES 5

                                                KURZ & GUT
        »Only bad news
          is good news«                                                                   Im Thüringer Wildkatzendorf Hüt-
                                                                                          scheroda am Hainich hat der BUND
     heißt es, vor allem                                                                  ein Luchsgehege eröffnet. Unter
schlechte Nachrichten                                                                     den Gästen waren der Leiter des
                                                                                          Nationalparks Hainich, Manfred
   erregen also unsere                          UMWELTPREIS                               Großmann, und unser Vorsitzender
      Aufmerksamkeit.                           Für eine digitale Rad- und Infokarte
                                                                                          Hubert Weiger. Die neue Schauanla-
                                                                                          ge mit zwei Tieren soll dazu anregen,
  Doch positive Neuig-                          entlang seines Projektgebietes
                                                                                          die Tiere besser kennenzulernen
                                                »Hohe Garbe« erhielt der BUND
   keiten aus unserem                           den Umweltpreis 2019 des Landes
                                                                                          und sich über ihre Schutzwürdigkeit
                                                                                          zu informieren. Wie die Wildkatze –
 Verband und aus dem                            Sachsen-Anhalt. Die Tour unter dem
                                                                                          von der im Dorf derzeit vier Tiere zu
                                                Motto »Natur entdecken auf vielen
   Umwelt- und Natur-                           Wegen« umfasst 26 Stationen zur
                                                                                          sehen sind – firmiert der Luchs als
                                                                                          ein Botschafter für die Wiederver-
schutz tun einfach gut.                         Natur sowie zu geschichtlichen und
                                                                                          netzung artenreicher Wälder. Sein
                                                kulturellen Aspekten. Entstanden ist
Einige aus jüngster Zeit                        sie im Rahmen des Projekts »Leben-
                                                                                          Fortbestand in Deutschland gilt als
                                                                                          stark gefährdet.
  haben wir wie immer                           dige Auen für die Elbe« und in enger
                                                                                          www.wildkatzendorf.de
                                                Zusammenarbeit mit den Anwohne-
    für Sie ausgewählt.                         r*innen des Gebietes.
                                                www.bund.net/auentour

                                                                                              DEUTSCHE
                                                                                             UMWELTHILFE
Erstmals konnte der BUND in Nord­ost-                                                   Noch ein Erfolg vor Gericht: Die Deutsche
deutschland eine Wildkatze nach­weisen.         Die EU darf das Hormongift Bisphe-      Umwelthilfe – einst mitgegründet vom
Im Fläming, nur 25 Kilometer südlich von        nol A (BPA) als besonders gefähr­       BUND – kann als Verbraucherschutz-
Berlin, ließ sich ein – leider überfahrenes –   lichen Stoff einordnen, gemäß der       verband weiter Unternehmen abmahnen
Weibchen eindeutig dieser Art zuordnen.         Chemikalienverordnung REACH.            und gegen sie klagen. Sie bewege sich
Dazu Carsten Preuss, Vorsitzender des           Mit diesem Sieg für Umwelt und Ge-      im gesetzlichen Rahmen, beschied der
BUND Brandenburg: »Viele Jahre haben            sundheit ist am 11. Juli eine Klage     Bundesgerichtshof einem Autohändler.
wir auf die Rückkehr der Wildkatze gewar-       der Plastikindustrie gescheitert. Das   Die DUH hatte sich auch in der Politik
tet. Nun hoffen wir hier weitere der Tiere      Gericht der Europäischen Union          Feinde gemacht, weil ihre Klagen auf sau-
aufzuspüren.« So geeignet der waldreiche        machte somit deutlich: Der Schutz       bere Luft zu etlichen Diesel-Fahrverboten
Höhenzug als Lebensraum wirkt: Erneut           von Umwelt und Gesundheit geht          führten. Bundesgeschäftsführer Jürgen
erweist sich der Straßenverkehr als lebens-     vor Konzerninteressen – ein klares      Resch betonte: »Wir kontrollieren nicht
bedrohlich für die Katzen. Deshalb fordert      Bekenntnis zum Vorsorgeprinzip.         Geringfügigkeiten, sondern nur schwer-
der BUND Wälder besser zu vernetzen             BPA findet sich unter anderem in        wiegende Verstöße gegen den Umwelt-
und mehr Grünbrücken über große Stra-           Konserven und Kassenzetteln.            und Klimaschutz.« Für die eigentlich der
ßen zu bauen.                                                                           Staat Verantwortung zeigen sollte …
BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
6 BUNDmagazin 3 | 19   ›   AKTUELLES

                                                                                                                                       Rolf Vennenbernd/dpa
      RISKANTER
 RECHTSVERSTOSS
Viele Chemikalien sind potenziell gefähr-
lich für Mensch und Umwelt. Trotzdem
werden sie massenhaft für Alltagspro-
dukte verwendet. Der Grund: Etliche Kon-
zerne haben gegen die Auskunftspflicht
verstoßen, die das EU-Chemikalienrecht
REACH bei der Registrierung ihrer Stoffe
fordert. Dies hat der BUND aufwendig                                                                     Schadstofftest beim TÜV Rheinland.
recherchiert und die säumigen Firmen
beim Namen genannt.                             Doch das Prinzip »Keine Daten, kein         stoffmix ist mitverantwortlich für Krebs,
Unsere Recherche beruht auf Angaben           Markt« funktioniert nicht: Rund 60 Pro-       Unfruchtbarkeit, Immunschwäche, Diabe-
des Bundesinstituts für Risikoforschung.      zent der registrierten Stoffe werden trotz    tes oder Übergewicht. Der BUND fordert
Die Behörde übermittelte eine Liste mit       der fehlenden Sicherheitsdaten für den        die Europäische Chemikalienagentur auf,
941 Stoffen, für die keine vollständigen      Handel freigegeben. So bleibt unklar, wel-    alle unvollständig registrierten Stoffe und
Daten eingereicht wurden. Damit ermittel-     che Produkte wirklich sicher sind. Die von    ihre Hersteller bekanntzugeben. Sie muss
ten wir die Namen der Stoffe und der re-      uns identifizierten Chemikalien werden in     auch für die gesetzlich vorgesehenen
gistrierenden Firmen. Zu ihnen zählen         Mengen von jährlich 12 bis 121 Millionen      Sanktionen sorgen und erteilte Freigaben
BASF, Dow Chemicals, ExxonMobil, Merck,       Tonnen gehandelt. Sie finden sich überall     zurückziehen.
Bayer, KiK-Textilien, RWE und Vattenfall.     – im Essen, im Wasser, in Spielzeug und
Sie alle müssen eigentlich nachweisen,        Kosmetik, in Wohnungen und in Büros,

                                                                                              i
dass ihre Stoffe Mensch und Umwelt            selbst im Amazonas oder in der Arktis.                 MEHR ZUM THEMA
                                                                                                     www.bund.net/reach-verstoss
nicht bedrohen.                               Die tägliche Belastung mit diesem Schad-

                                                                                               Neu ist, dass interne Angebote auch
                                                                                            auf öffentlichen bund.net-Seiten präsen-
                                                                                            tiert werden und direkt nach dem Login
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BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
GERETTETE
              LANDSCHAFT
                  Um der Natur bei Bitterfeld eine zweite Chance zu geben,
               erwarb der BUND 1300 Hektar einstige Tagebauflächen, die
             heute im Besitz der BUNDstiftung sind. Seit knapp 20 Jahren
                 erobern viele Arten das Mosaik neuer Lebensräume in der
               »Goitzsche«-Wildnis zurück. Ein besonderes Kleinod ist der
                  Zöckeritzer See. Die Kreisgruppe Anhalt-Bitterfeld unter-
                  stützt die Stiftung hier dabei, Amphibien, Schmetterlinge
                und Pflanzen zu dokumentieren. In und um den See lassen
              sich Moorfrosch, Eisvogel, Fisch- und Seeadler, Kranich und
                    Schwarzstorch sowie Biber und Fischotter beobachten.
Frank Koch
BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
8 BUNDmagazin 3 | 19   ›   AKTUELLES

                                               KOMMENTAR

NATUR VERBINDET
          Ein Todesstreifen wird zur
Lebens­linie. 30 Jahre nach dem Fall
 der Mauer trägt das vom BUND ini-
tiierte »Grüne Band« reiche Früchte                                                                                     HUBERT WEIGER

             – in doppelter Hinsicht.                                                                            ist der Vorsitzende des BUND.

A     uf 50 bis 200 Meter Breite schlängelt sich ein grünes Band
      durch Deutschland. Es verläuft dort, wo einst eine todbrin-
gende Grenze Deutschland in zwei Teile schnitt. Vom Ostsee-
                                                                        Hoffnung gibt da das Beispiel Südkorea. Hier ergreift eine de-
                                                                      mokratische Regierung wieder verstärkt Anstrengungen, um die
                                                                      Teilung zu überwinden. Der BUND hilft Institutionen und Verbän-
strand bei Lübeck über Schaalsee, Elbe, Drömling, Harz, Werra-        den dort bereits seit Jahren, ein Grünes Bandes im Grenzbereich
tal und Rhön bis zum Thüringer und Frankenwald erstreckt sich         zu schaffen.
dieses Band, fast 1400 Kilometer lang.                                  Europa ist nicht gefeit vor jenen Kräften, die mit Vorliebe Gräben
Im Schatten von Stacheldraht, Wachtürmen und Grenzpatrouil-           vertiefen. Mit der EU-Wahl haben die Fliehkräfte erfreulicherweise
len entstand und überdauerte hier eine Kette natürlicher Lebens-      an Einfluss verloren. Mehr noch gibt das Wahlergebnis selbst An-
räume. Ihren Wert erkannten ehrenamtliche Naturschützer früh          lass zur Freude: Die hohe Wahlbeteiligung hat gezeigt, dass ein
– der heutige Sprecher unseres Arbeitskreises Naturschutz, Kai        vereintes Europa nach wie vor einer großen Mehrheit der Deut-
Frobel, schon als Schüler. Seit Mitte der 1970er Jahre erforschte     schen am Herzen liegt. Und wer hätte gedacht, dass der Klima-
er mit Freunden der BUND-Kreisgruppe Coburg die Tier- und             und Umweltschutz so rasch einmal Wahlen mitentscheidet?
Pflanzenwelt im Grenzgebiet. Gemeinsam dann organisierten               Grenzen trennen – Natur verbindet. Wie notwendig das Grüne
wir 1989 – direkt nach dem Mauerfall – in Hof ein Treffen von         Band als Denkmal der Einheit ist, werden wohl schon in Kürze die
Naturschützern aus Ost und West. Bei dieser Veranstaltung wurde       Wahlen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen.
der Begriff »Grünes Band« geprägt: Das erste gesamtdeutsche
Naturschutzprojekt war damit geboren.                                 ZUM ABSCHIED
  30 Jahre ist das jetzt her. Seitdem engagiert sich der BUND            Dieser Kommentar, liebe Mitglieder des BUND, ist übrigens
dafür, diese Lebenslinie zu bewahren. Mit Erfolg: Über 5000 ver-      mein letzter als Bundesvorsitzender. Anfang November werde
schiedene Tiere und Pflanzen leben heute hier. Zum Rückzugsort        ich mich nach zwölf Jahren nicht mehr zur Wahl stellen. Ich bin
wurde das Grüne Band unter anderem für mindestens 1200 Arten,         dankbar für die Zeit, in der ich als Ihr Vorsitzender den BUND ver-
die bei uns gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht sind.           treten durfte, um mitzuwirken am endgültigen Ausstieg aus der
                                                                      Atomenergie und am überfälligen Einstieg in den Ausstieg aus
EINEN STATT TRENNEN                                                   der Kohleenergie. Auch ist es uns in diesem Zeitraum gelungen,
Erfolgreich war unser Einsatz nicht nur für die Natur. Das Grüne      Europas Landwirtschaft weitgehend frei von der Agrogentechnik
Band wurde nämlich auch zum Symbol der deutschen Einheit,             zu halten.
zu einer Erinnerungslandschaft an die jüngere deutsche und               Große Aufgaben liegen aber vor uns, wie die, den Verlust der
europäische Zeitgeschichte. Was die Menschen einst trennte,           Biodiversität zu stoppen und gegen die Klimakrise zu kämpfen.
verbindet sie heute.                                                  Die größte Aufgabe wird sein, unsere Industriegesellschaft zu
  Gerade dafür sollten wir das Grüne Band besonders schätzen.         wandeln in eine der Nachhaltigkeit verpflichtete Gesellschaft.
Schließlich erleben wir in vielen Weltregionen, wie das Trennende     Der BUND ist dafür gut gerüstet, dank dem großen Einsatz unse-
wieder Raum gewinnt. Länder wie die USA schotten sich heute           rer Mitglieder und Förderer. Auch weiterhin wird sich der BUND
nach außen ab wie kaum zuvor. Auch in Europa werden erneut            sicherlich beispielgebend für das Gemeinwohl und damit für die
Grenzen errichtet: in Ungarn, wo einst der Eiserne Vorhang verlief,   Interessen künftiger Generationen engagieren.
den wir als Grünes Band Europa zu schützen fordern.
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BUND MAGAZIN - WAS LEBT DENN DA? 03 19 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Das Grüne Band zwischen
       Mitwitz und Neustadt.

                            MONUMENTAL
                             GESCHÜTZT
                      30. Geburtstag feiert das Grüne Band zum Ende
                       dieses Jahres. Die Jubiläumsbilanz kann sich
                     sehen lassen. Der BUND hat daran großen Anteil.

                                                                                                                                          Otmar Fugmann
                LIANA GEIDEZIS                                                        KAI FROBEL

                leitet den BUND-Fachbereich Grünes Band.                              Vater des Grünen Bands.

V     ogelgezwitscher, Bienensummen, Bachgesprudel, dazu
      der Geruch von frischem Gras. Andernorts schon ver-
schwundene oder bedrohte Tiere und Pflanzen tummeln sich
                                                                      ten Reflex der Nachwende-Zeit, die Grenze auszuradieren, brach-
                                                                      te vor allem der BUND eine bessere Idee auf den Weg: Aus dem
                                                                      Todesstreifen sollte eine Lebenslinie der Erinnerung werden. Ein
in blühenden Wiesen, glitzernden Fließen und vielfältigen             modellhafter Verbund von Lebensräumen. Und ein Denkmal für
Wäldern. Ein ganzer Fächer seltener Lebensräume entfaltet             die Einheit Europas, das überdies Perspektiven für einen natur-
sich zu einem hochkarätigen Naturerbe, dem Grünen Band an             nahen Tourismus schafft.
der ehemals innerdeutschen Grenze.                                      Heute gilt diese Idee als anerkannt. Das Grüne Band präsentiert
Den 30. Geburtstag feiert das Grüne Band in guter Verfassung:         sich als eines der bedeutendsten und komplexesten Naturschutz-
politisch akzeptiert, administrativ getragen, institutionell veran-   projekte Deutschlands.
kert und ökologisch weitgehend in Schuss. Gegen den verbreite-
BUNDmagazin 3 | 19   ›   SONDERTHEMA 11

                                       Mit Banner am Grenzdenkmal in          Wanderung mit Eseln am Grünen Band, vom Denkstein der Deutschen Einheit
                                       Kleintettau (Thüringen-Bayern).        bei Wenigentaft zur historischen Buchenmühle im Biosphärenreservat Rhön.

LÜCKEN SCHLIESSEN                                                        Anteil aller Anrainer – 343 Kilometer – will diesem Beispiel noch
Doch nur gut zwei Drittel des 177 Quadratkilometer großen Grü-           im Jubiläumsjahr 2019 folgen. Besonders erfreulich: Erstmals
nen Bandes stehen bisher unter effektivem Schutz. Rund ein               entwickeln westlich angrenzende Bundesländer wie Hessen und
Achtel wird derzeit noch intensiv beackert. Dies schränkt die            Bayern ebenfalls Pläne für ein räumlich abgegrenztes Grünes
Funktion des knapp 1400 Kilometer langen Biotopverbundes                 Band. Denn auch hier existieren wertvolle Lebensräume und kul-
deutlich ein. Wer geht schon gerne über eine Holzbrücke, bei der         turhistorische Anlagen. Hessen plant gar die Ausweisung als
so manche Bohle fehlt – oder auch mal zwei oder drei hinterein-          Nationales Naturmonument.
ander? Noch zählen wir 26 markante Lücken, insgesamt etwa
170 Kilometer lang.                                                      … UND WELTERBE?
  Diese Lücken zu schließen, darum bemüht sich der BUND mit              Dass diese Schutzkategorie in Deutschland umgesetzt wird, ist
viel Einsatz, Geld und Geduld (und gefördert vom Bundesprogramm          auch ein starkes Signal für das Grüne Band Europa. Die Motive
Biologische Vielfalt). Wir überzeugen Menschen, ihr Grundeigen-          und Gründe gelten nämlich genauso im größeren europäischen
tum naturverträglich zu nutzen, zum Beispiel auf großer Fläche           Maßstab. Sie beflügeln die Nominierung des Grünen Bandes als
von robusten Rindern beweiden zu lassen. Oder wir bewegen sie            UNESCO-Welterbe – in den Kategorien Natur und Kultur.
zum Verkauf oder Flächentausch. Seit dem Jahr 2000 konnte                   Der Dauereinsatz des BUND darf nicht nachlassen: Wir müs-
der BUND mit eigenen Ankäufen und dank vieler Spender*innen              sen die Lücken schließen, die Defizite bei der Pflege der Lebens-
über tausend Hektar erwerben. So tragen wir erfolgreich dazu bei,        räume angehen und dafür sorgen, dass jegliche Nutzung endet,
die Lebensräume besser zu verbinden.                                     die dem Naturschutz zuwiderläuft. Die Ausweisung als Natur-
                                                                         monument muss auch in den übrigen Bundesländern erfolgen.
NATURMONUMENT …                                                          Zudem wollen wir in die Breite gehen und das Grüne Band künf-
Immer ist sich der BUND aber auch seiner Verantwortung für               tig mit angrenzenden Lebensräumen in West und Ost verbinden.
einen sensiblen Umgang mit der Geschichte bewusst. Dies bele-
gen unsere vielen Projekte und Kooperationen mit den Grenz-

                                                                            i
landmuseen. Ohne das Grüne Band wäre so manches Relikt                              MEHR ZUM THEMA
                                                                                    www.bund.net/gruenes-band
längst verschwunden. Unser Angebot von Führungen und Grenz-
wanderungen und die physische Unmittelbarkeit des Grünen
Bandes haben unzählige – gerade junge – Menschen für die his-
torische Dimension der deutschen Teilung und die Tragik der                  NATURSCHUTZTAGE AN DER ELBE 2019
Grenzopfer sensibilisiert. Das Grüne Band ist damit kein Gleich-
nis für Trennung, sondern Ausdruck einer Symbiose von Natur-                 27. – 29. September
schutz und Erinnerungskultur.                                                30 Jahre Grünes Band Deutschland: Verbindende
   Die Dimensionen Ökologie und Geschichte verleihen dem                     Landschaften – Spürbare Geschichte
Biotopverbund Grünes Band das, was man im Marketing ein                      Infos und Anmeldung unter:
»Alleinstellungsmerkmal« nennt. Im November 2018 wies Thü-                   www.bund.net/naturschutztage
ringen als erstes Bundesland seine gesamten 763 Kilometer
am Grünen Band als Nationales Naturmonument aus. Diese
neue Schutzkategorie bezieht auch kulturhistorisch-landeskund-           Eine von vielen bedrohten Arten
liche Aspekte mit ein. Sachsen-Anhalt mit dem zweitlängsten              im Grünen Band: der Fischotter.
12 BUNDmagazin 3 | 19           ›   SONDERTHEMA

                                      GRÜNES BAND EUROPA
                                                                                             MELANIE KREUTZ

 ÖKOLOGISCHES                                                                                BUND-Fachbereich Grünes Band.

    RÜCKGRAT                                                                BEDEUTUNG BESTÄTIGT
                                                                            Über 150 zivilgesellschaftliche und staatliche Organisatio-
                                                                            nen in 24 Ländern arbeiten in der Initiative Grünes Band
                                                                            Europa zusammen. Der BUND hat die »European Green Belt
                                                                            Association« 2014 mitgegründet – ein wichtiger Schritt da-
             Auch europaweit geht es mit                                    mals, um dieses paneuro­päische Netzwerk sichtbarer zu
              dem Grünen Band vorwärts.                                     machen, zu koordinieren und voranzubringen.
                                                                               Das Herzstück dieser Initiative sind grenzübergreifende
                Und wieder ist der BUND                                     und transnationale Projekte. Solche zu starten ist eine der
                  entscheidend beteiligt.                                   Aufgaben des BUND-Fachbereichs Grünes Band, der den
                                                                            zentraleuropäischen Abschnitt betreut. Aktuelle Analysen
                                                                            zeigen: Mit zunehmender Nähe zum ehemaligen Eisernen
                                                                            Vorhang steigt der Anteil an Schutzgebieten, und ihre Ver-

F    ast 40 Jahre lang teilte der Eiserne Vorhang ganz
     Europa. In seinem Schatten entstand ein 12 500 Kilo-
meter langer Verbund von Lebensräumen, vom Eismeer
                                                                            netzung wird enger. Bemerkenswert ist, dass dieser Effekt
                                                                            auf der Ostseite wie auf der Westseite messbar ist. Damit
                                                                            ist das Grüne Band als wichtiger Bestandteil von Europas
im hohen Norden bis zur Adria und dem Schwarzen Meer
                                                                            grüner Infrastruktur bestätigt. Als ökologisches Rückgrat
im mediterranen Süden. Dieses Grüne Band dient heute als
                                                                            des Kontinents erfüllt es eine wichtige Aufgabe.
Refugium für viele bedrohte Arten. Und als Landschaft
der Erinnerung daran, dass der Kalte Krieg überwunden ist.
                                                                            ZWEI NEUE VORHABEN
                                                                            Im EU-geförderten Projekt »DaRe to Connect« (Wage es,
                                                                            zu verbinden, 2018 bis 2021) übernahm der BUND als
                                                                               »Lead-Partner« die Hauptverantwortung. Mittels hoch-
                                                                                   auflösender Satellitendaten werden in zehn europäi-
                                                                                   schen Ländern grenzübergreifende Biotopverbünde
                                                                                   ermittelt. Vor Ort erfassen die Partner detailliert, wo
                                                                                  Barrieren wie etwa Zäune bestehen. Diese Informa-
                                                                               tionen sind eine wichtige Planungshilfe. Wir wollen das
                                                                              Netz der Lebensräume und Schutzgebiete ökologisch
                                                        Ru                   durchgängiger gestalten. Tieren soll es besser möglich
                                                             do
                                                                lf   Ritt   werden, sich auszubreiten und zu wandern.
                                                                              Ein weiteres EU-Projekt trägt den Titel »LIFE for MIRES«
                                                                            (Leben für Moore, 2018 bis 2024). Verortet ist es am Grü-
                                                                            nen Band Bayern-­Tschechien, wo die Nationalparks Bayeri-
                                                                            scher Wald und Šumava sowie die artenreiche Kulturland-
   ha
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                                                                            schaft der Bischofsreuter Waldhufen aneinandergrenzen.
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                                                                            Hier arbeiten wir bereits daran, die europäischen Schutz-
                                                                            gebiete besser zu verknüpfen. Der BUND kauft Flächen an
                                                                            und kooperiert dabei grenzübergreifend mit dem National-
Zwei von vielen: Waldbirkenmaus und Hochmoorgelbling –
beide gefährdet – profitieren davon, dass der BUND am                       park Šumava. Damit können wir Moore und Feuchtgebiete
Grünen Band Bayern-Tschechien diverse Moore wiederbelebt.                   renaturieren und wiedervernässen, die Lebensräume von
                                                                            seltenen Arten wie Hochmoorgelbling, Waldbirkenmaus
                                                                            oder Kreuzotter.

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                     MEHR ZUM THEMA
                     www.bund.net/gruenes-band-europa
BUNDmagazin 3 | 19   ›   SONDERTHEMA 13

                                                  BUND-SOMMERABEND

                              GRÜNES BAND:
                        GESTERN – HEUTE – MORGEN
     30 Jahre Grünes Band – unter diesem Motto feierte der BUND am 5. Juni sein
     politisches Sommerfest mit 350 Gästen. Und das direkt am Berliner Spreeufer,
             wo vor 30 Jahren noch die Grenze des geteilten Berlins verlief.

W      as für ein Ausblick! Von der Terrasse reicht der Blick nach
       Westen bis zur Oberbaumbrücke, wo einst ein Grenzüber-
gang die innerdeutsche Grenze markierte. Im Osten glänzt die
monumentale Skulptur des »Molecul Man« am Treptower Park.
Je später der Abend, desto mehr Gäste drängen sich an den Ti-
schen entlang der Spree. Eine leichte Brise sorgt hier für etwas
Abkühlung – am bis dato heißesten Tag des Jahres.
Weniger hitzig war die Atmosphäre zuvor drinnen auf dem Po-
dium gewesen. Umweltministerin Svenja Schulze und Annegret
Kramp-­Karrenbauer bestätigten beide die Bedeutung des Grü-                                                       Bei 35 Grad waren Sonnenschirme und
nen Bandes: für den Naturschutz wie auch als Mahnmal der                                                             Kaltgetränke überlebensnotwendig.
deutschen Teilung. Die Ministerin sagte zu, den Lückenschluss an
der fast 1400 Kilometer langen Lebenslinie weiter mitzufinanzieren
und sich in Brüssel für das Grüne Band Europa starkzumachen.
Die CDU-Chefin mahnte Konflikte derer, die das Land nutzen und
die die Natur schützen, so zu lösen, dass das Grüne Band nicht
erneut die Menschen trenne.
  Ein Heimspiel hatte Thüringens Umweltministerin Anja Sieges­
mund mit ihrem »Herzensprojekt«. Hat sie doch großen Anteil
                                                                          Ausgezeichnet mit dem Forschungs-
daran, dass der längste Abschnitt des innerdeutschen Grünen                preis des BUND: Lou Böhm, Fabian                      Das Maskottchen des
Bands heute als Nationales Naturmonument geschützt ist. Ge-                Wirth und Sarah Redlich (von links).                Grünen Bands mit Fans.

meinsam mit dem BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger forderte
sie, die Vision des Grünen Bands europaweit stärker zu fördern
– etwas wenn die Bundesregierung 2020 die EU-Ratspräsident-
schaft übernimmt.
  Auch durch den dritten Sommerabend des BUND führte als
Moderator wieder der souveräne Max Moor. Das Podium verließ
er nur, als die Slamerin Jessy James LaFleur bissig mit den Ver-
säumnissen der Regierung beim Klimaschutz abrechnete.
  Vor Beginn des Sommerabends überreichte Hubert Weiger
den diesjährigen Forschungspreis des BUND. Geehrt wurden
                                                                     J. Farys (4)

drei junge Wissenschaftler*innen: Sarah Redlich für ihre Disser-                                     Moderator Max Moor, Annegret Kramp-Karrenbauer,
tation zu »Chancen und Hürden ökologischer Intensivierung«;                                         Svenja Schulze, Anja Siegesmund und Hubert Weiger.
Fabian Wirth für seine Masterarbeit zur Zukunft des deutschen
Schienengüterverkehrs; und Lou Böhm für ihre Bachelorarbeit

                                                                                    i
»Beteiligungsstrukturen in der nationalen Umsetzung des Welt­                           WWW.BUND.NET/SOMMERABEND
aktionsprogramms Bildung für nachhaltige Entwicklung«.                                  WWW.BUND.NET/FORSCHUNGSPREIS
WAS LEBT
                          DENN DA?
Mal ehrlich: Wissen Sie, welches der häufigste
heimische Vogel ist? Nicht mal jede*r zehnte
Deutsche dürfte ihn erkennen. Es ist der Buchfink.
Nun ist Ihnen – als BUND-Mitglied – wohl diese
Weisheit vertraut: Nur was man kennt, kann man
schützen. Das lässt sich weiterführen: Nur was
man kennt, nimmt man zumeist überhaupt wahr.
Erst mit etwas Artenkenntnis entpuppen sich die
Meisen im Garten als Kohl- und Blau-, Hauben-
oder Weidenmeise. Nur wer ein wenig geübt hat,
filtert aus dem vielstimmigen Konzert der Vögel
mehr als den Kuckuck heraus. Nur wer botanisch
belesen ist, bemerkt, wo rare Pflanzen besonderen
Schutz verdienen. An Flechten, Pilze oder den
Mikrokosmos der Insekten gar nicht zu denken ...

Um die Fülle unserer biologischen Vielfalt
zu schützen, brauchen wir Leute, die sich
auskennen: Naturkundige, die registrieren,
wenn die Vielfalt bedroht ist. Und die uns
sagen, was wir unternehmen können.
Um sie geht es auf den nächsten Seiten.
South_agency/iStock.com
16 BUNDmagazin 3 | 19   ›   TITELTHEMA

             NATURSCHUTZ

             RETTET DIE ARTENKENNER!
                               KAI FROBEL                      W      ie geht es dem Kiebitz im Land-
                                                                      kreis? Hat der Laubfrosch die neu
                                                               angelegten Tümpel besiedelt? Wird die
                                                                                                                 Doch wie sollen wir wissen, wie es un-
                                                                                                              serer natürlichen Umwelt geht, wenn nie-
                                                                                                              mand mehr erkennt, was da kreucht und
                               lehrt Biogeographie an der
                               Uni Bayreuth und ist Sprecher
                                                               Speer­azur­jungfer wegen der Klimakrise        fleucht, und Alarm schlägt, wenn Arten ver-
                               des BUND-Arbeitskreises         seltener? Typische Fragen im Naturschutz       schwinden oder keinen Nachwuchs mehr
                               Naturschutz.                    vor Ort. Wer sie beantworten will, braucht     haben? Ohne ehren- und hauptamtliche
                                                               Daten: Wo kommen welche Arten warum            Artenkenner ist Naturschutz schlicht un-
      Nicht nur viele Tier-                                    bei uns vor? Halten sie sich, nehmen sie zu    möglich. Ihr Wissen und ihre langjährige
                                                               oder ab? Ohne dieses Wissen bleibt unser       Erfahrung bilden dafür erst die Grundlage.
        und Pflanzenarten                                      BUND-Engagement orientierungslos.
  werden immer seltener.                                       Hier sind wir auf Artenkundige angewie-        BLEIBENDE LÜCKE
                                                               sen: Menschen, die sich privat, ehrenamt-      Artenkenntnis – ein Leben lang erweitert
    ­Gleiches gilt auch für                                    lich oder beruflich mit bestimmten Tier-       – ist eine oft unterschätzte Qualifikation.
    die Menschen, die sie                                      und Pflanzengruppen befassen, diese be-        Wir brauchen Menschen, die Tiere und
                                                               stimmen und draußen in der Landschaft          Pflanzen erkennen und beobachten und
        erkennen können:                                       kartieren. Was sie beobachten, zeigt die       aus eigener Anschauung die biologische
      Ihre Zahl schwindet.                                     Verbreitung und – oft dramatische – Ent-       Vielfalt »messen« können. Sie wirken wie
                                                               wicklung bestimmter Arten. So waren es         ein Frühwarnsystem. Nehmen sie doch
  Für den N­ aturschutz ist                                    Krefelder Ehrenamtliche, die den langfristi-   Veränderungen im Gelände oft viel eher
  das ein großes ­Problem.                                     gen Niedergang der Insekten nachwiesen.        wahr als die, die im Labor sitzen.
Melanka Helms/GEO

                                                                                                                          Käferexperte bei einem Tag der Arten-
                                                                                                                        vielfalt, veranstaltet von GEO und BUND.
BUNDmagazin 3 | 19   ›   TITELTHEMA 17

  Seit etlichen Jahren beschäftigt sich
der BUND mit einer Entwicklung, die wir
2016 mit einer Studie erstmals belegen
konnten: der Erosion der Artenkenner. In
den letzten 20 Jahren ging ihre Zahl bun-

                                                                                                     Thomas Stephan
desweit um 21 Prozent zurück. Viele von
ihnen sind schon über 60. Und es mangelt
an qualifiziertem Nachwuchs. So ist ab-
sehbar: Viele Expert*innen werden uns in
zehn, zwanzig Jahren verloren gehen. Und         Lernen im Gelände: Jugendliche mit K
                                                                                    ­ eschern bei                      Wertvolles Wissen: Botanisch versierter
                                                                          einer BUND-Exkursion.                                    Ehrenamtlicher des BUND.
werden Lücken hinterlassen, weil Schulen
und Universitäten kaum Nachwuchs lie-
fern. Da fehlt eine ganze Generation von       KAUM ANGEBOTE                                           Profundes Artenwissen entsteht nicht
Menschen mit Artenkenntnis. Hier müssen        Ein Großteil der Artenkundigen erfuhr die            von heute auf morgen. Der Nachwuchs
wir schleunigst gegensteuern.                  Natur als Kind in der nächsten Umgebung:             muss langfristig und gesamtgesellschaft-
                                               in heckenreicher Kulturlandschaft, viel-             lich gefördert werden. Gefragt sind Um-
VIELE URSACHEN                                 fältigen Wäldern, geheimnisvollen Auen.              weltbehörden, Naturschutzzentren, Schu-
Es ist kurios: Die Unterstützung für den       Dort erlebten sie Tiere und Pflanzen, ihre           len, Universitäten – und wir alle.
Schutz der Biodiversität steigt sprunghaft     Schönheit und Faszination. Heute wach-                  Viele der heutigen Artenkenner sagen,
– siehe das erfolgreiche Volksbegehren         sen Kinder oft inmitten von Fichtenforsten,          ihre Eltern hätten den Grundstein für ihre
»Artenvielfalt in Bayern«. Gleichzeitig aber   Maisäckern und Güllewiesen auf. Was gibt             Naturbegeisterung gelegt. Dabei kam es
schwindet die Artenkenntnis. Ohne genug        es da noch zu entdecken?                             nicht darauf an, ob die Eltern Spezialisten
Expertise droht uns ein regelrechter Blind-      Daran ändert auch die Schule wenig.                waren. Wichtiger war, dass sie Neugierde
flug durch diese Zukunftsfrage.                Wem selbst jede Artenkenntnis fehlt,                 und Interesse für die Natur weckten.
   Der eklatante Mangel ist ein weltweiter.    kann sie auch nicht vermitteln. Und ver-
So warnt US-Ökologe E. O. Wilson vor ei-       meidet wohl eher, gemeinsam ins Grüne                FÜR DIE ZUKUNFT
nem »schwarzen Loch der Unwissenheit«.         zu gehen, aus Angst vor peinlichen Fragen.           Nötig sind auch Lehrer*innen, die draußen
Er fordert angesichts des Artensterbens        Die Universitäten wiederum versagen, da              zumindest einen Teil der Artenfülle ver-
mehr Wertschätzung für Feldbiologen – die      Drittmittel der Industrie oder des Staates           mitteln können. Ihre Ausbildung braucht
einst an der Spitze ihrer Disziplin standen.   andere Prioritäten setzen. So wurden Be-             in der Didaktik der Biologie also andere
   Die Gründe für den Negativtrend sind        stimmungskurse und freilandorientierte               Schwerpunkte. Und die Universitäten
vielfältig: Kinder erleben heute zu wenig      Lehrstühle massiv gestrichen, die Stellen            müssen wieder Leute mit Artenkenntnis
Natur in ihrem Umfeld. Lange hat man die       von Artenkennern nicht neu besetzt. Im               ausbilden, das ist schlicht ihre gesell-
Artenkenntnis gesellschaftlich kaum wert-      Studium ist das Interesse an Arten und               schaftliche Aufgabe.
geschätzt. Viele Lehrer*innen sind zudem       Geländekartierungen unverändert groß.                   Im BUND sollten wir unser reiches An-
selbst ohne Artenkenntnis. Kein Wunder:        Nur fehlen oft Angebote und die Wert-                gebot an Naturerfahrung für Kinder erwei-
An den Universitäten wurde die freiland-       schätzung für entsprechende Abschluss-               tern – um zusätzliche Möglichkeiten für
biologische Ausbildung stark dezimiert,        arbeiten. Deshalb suchen Planungsbüros               angehende Artenkenner. Bewährt haben
verdrängt von hoch geförderten Disziplinen     und Behörden heute händeringend Nach-                sich Artenkundige, die in kleinen Gruppen
wie der Gentechnik.                            wuchs mit guter Artenkenntnis.                       im Gelände ihr Wissen an Interessierte
                                                                                                    weitergeben. Gerade Berufsanfänger so-
                                               WER IST GEFRAGT?                                     wie Frauen mittleren Alters nehmen diese

WAS LEBT
                                               Die BUND-Studie war ein Weckruf. So                  Angebote gerne an. Eine gute Ergänzung
                                               nahm das Bundesumweltministerium un-                 zur manchmal sperrigen Bestimmungs-

DENN DA?
                                               ser Anliegen in die »Naturschutzoffensive            literatur sind auch digitale, bildbasierte
                                               2020« auf. Der Deutsche Naturschutztag               Wege der Arterkennung über Apps.
                                               entwickelte ein eigenes Forum für Ju-                   Welche Konzepte versprechen heute
                                                gendliche mit diesem Schwerpunkt. Und               besonderen Erfolg, um die Artenkenntnis
                                                  neue Initiativen entstanden, um die               zu fördern? Um das herauszufinden, for-
                                                  Artenkenntnis zu fördern. Viele kleine            dert der BUND Modellprojekte staatlich zu
                                                    Anstöße vereinen sich gerade zu einer           unterstützen. Damit die Vielfalt der Arten
                                                       schwungvollen Bewegung.                      (-kenner) eine Zukunft hat!
18 BUNDmagazin 3 | 19   ›   TITELTHEMA

                                               BUND AKTIV

                   VIELFÄLTIGE
                     ANGEBOTE
   Die Umweltbildung gehört zu den wichtigsten
       Säulen des BUND-Engagements. Getragen

                                                                                                                                                Bernd Quellmalz
    von vielen ehren- und hauptamtlich Aktiven,
       dient sie zumeist auch (und teilweise ganz
      gezielt) dazu, Artenkenntnis zu vermitteln.
                                                                                          »Aktion Wasser«: Bestimmung von Wasserorganismen
                                                                                                   an der Umweltstation Iffens/Niedersachsen.

K    lar: Bei jeder kleinen BUND-Tour ins Grüne fallen ein paar
     Tier- und Pflanzennamen. Und jede Broschüre über ein
Schutzgebiet führt exemplarisch einige seiner Bewohner mit auf.
                                                                     noch mehr Streuobst-Pädagogen: Über 70 können ihr Wissen zu
                                                                     diesem artenreichen Lebensraum bereits landesweit teilen.
                                                                       Last, but not least hat der BUND überall dort, wo Wildkatzen
So fördert unser öffentlicher Einsatz für die Natur immer auch       leben, auch für diese seltene Art Botschafter*innen ausgebildet.
das Allgemeinwissen zur Artenvielfalt. Doch damit allein ist
dem Schwund der Artenkenner nicht beizukommen. Der BUND              ANGEBOTE FÜR KINDER
hat deshalb spezifische Angebote entwickelt.                         Eine Investition in die Zukunft ist die Arbeit mit Kindern. Die
»Artenkenntnis erhalten – Entdecke Dein NaturTalent« lautet          meisten BUND-Kindergruppen eint das Anliegen, Umweltver-
eine Kampagne des BUND in Bayern. Von Oberbayern bis Unter-          ständnis und Artenkenntnis zu fördern. Das ist vielleicht nicht
franken bieten etliche Kreisgruppen und Naturschutzzentren seit      immer spektakulär, kann als dauerhaftes Angebot aber prägend
Jahren Bestimmungskurse für Jugendliche und Erwachsene.              sein. Wie auch die Aktion »Naturtagebuch« der BUNDjugend:
Das inhaltliche Spektrum ist groß und reicht von Pilzen und Pflan-   Jahr für Jahr regt sie Kinder zwischen 8 und 12 dazu an, einmal
zen über diverse Insekten bis zu Vögeln und Fledermäusen.            eingehender bestimmte Tiere oder einen Lebensraum zu erfor-
   Im Saarland leistet der BUND Überzeugungsarbeit für eine          schen – und ihre Erlebnisse in einem Naturtagebuch festzuhalten.
»Akademie für Artenkenner«. Sie soll Fachleute für                                                  Vier Bundesländer richten hierzu
verschiedenste Artengruppen ausbilden. Die Landes-                                                  Wettbewerbe aus. Wer weiß, wie
regierung hat sich das Projekt zu eigen gemacht                                                     viele Kinder das schon zum Anlass
und erarbeitet derzeit ein Konzept.                                                                 nahmen, sich in die Bestimmungs-
                                                                                                    literatur zu vertiefen?
BOTSCHAFTER DER NATUR
Damit sich Artenkenntnis verbreitet, bildet der BUND
                                                                                                      Zeichenkurs im Haus der BUNDten Natur,
gerne Multiplikator*innen aus, die ihr Wissen an                                                        Hamburg: Ob aus dieser Künstlerin mal
andere weitergeben. So etwa in Baden-Württemberg:                                                              eine große Artenkennerin wird?

40 »Schmetterlingsguides« bieten hier inzwischen
Exkursionen, Schulausflüge oder Erlebnistage an.
Sehr gefragt ist eine Fortbildung des BUND Rheinland-Pfalz. Im       AKTIV AN SCHULEN
Mittelpunkt seiner Kurse für Wildbienenbotschafter*innen stehen      Diverse BUND-Angebote sind darauf gemünzt, Schulkinder für
Artenkenntnis und Naturschutz. »Die Leute rennen uns die Bude        den Artenschutz zu gewinnen. So können Klassen etwa Paten-
ein«, heißt es dazu aus dem Landesverband. Der BUND Nieder-          schaften für Bäche abschließen und deren Lebenswelt erkunden.
sachsen qualifiziert ebenfalls »Wildbienenkennerinnen« – und         Herauszuheben ist das fahrende Klassenzimmer des BUND Saar:
BUNDmagazin 3 | 19    ›   TITELTHEMA 19

                        WAS LEBT
                        DENN DA?

                                                                                           Axel Schreiner
Andre Maslo

                                             Was sitzt denn da? Naturkundliche Führungen                                                         Insektenkurs im Bildungszentrum
                                     zählen zum Standardprogramm vieler BUND-Gruppen.                                                                   Wartaweil am Ammersee.

              Im KunterBUNDmobil können über 2500 Schüler*innen pro Jahr                         unterscheiden? Artenkundige Ehrenamtliche geben bei solchen
              wirbellose Tiere unter der Lupe betrachten.                                        Aktivitäten gerne Auskunft.
                Einer wichtigen Zielgruppe nimmt sich der BUND Bremen an:                          Wer weitab der Natur in Ballungsräumen wohnt, kann in Städten
              Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial schwachen                          wie Herten, Hamburg oder Bremen zudem Erlebnisgärten des
              Stadtteilen. Neugierde und Forscherdrang will er fördern bei de-                   BUND aufsuchen – und dort die heimische Natur kennenlernen.
              nen, die oft sehr wenig über die Natur vor ihrer Haustür wissen.
              Um Schüler*innen ganz allgemein Spinnen, Wildbienen, Wasser-                       SPEZIALISTEN AM WERK
              insekten oder Amphibien nahezubringen, bietet der Landesver-                       Hier und da hat sich in Gruppen und Arbeitskreisen besonderes
              band Materialkisten zu »Bremens Vielfalt unter der Lupe« an.                       Knowhow versammelt. Zwei Beispiele vom Bodensee: Die
              Projekttage und -wochen für Schulklassen vermitteln Wissen                         BUND-Gruppen aus Gottmadingen (Fokus: Fledermäuse) und
              speziell über Insekten.                                                            Radolfzell (Orchideen) gewinnen mittels vielfältiger Aktivitäten
                Die Schule meist schon beendet hat, wer bei der Kreisgruppe                      Verbündete und kundigen Nachwuchs.
              Köln Studienpraktika in Biologie und Geographie absolviert –                          Oder der Arbeitskreis »Feldherpetologie« in Sachsen-Anhalt:
              und dabei Grundkenntnisse in der Artenbestimmung erlangt.                          Er hat sich ganz der Erforschung und dem Schutz der Amphibien
                                                                                                 und Reptilien verschrieben. Dazu treibt er viel Öffentlichkeits-
              FÜR JEDEFRAU UND JEDERMANN                                                         arbeit: In Aschersleben betreut er einen Lehrgarten mit Schau-
              Zahllose BUND-Gruppen führen naturkundliche Exkursionen in                         gehegen. Außerdem organisiert er Camps für Kinder und Jugend-
              ihrem Programm. Je nach Jahreszeit stehen hier verschiedene                        liche sowie Exkursionen zu Frosch, Eidechse und Co.
              Tiere oder Pflanzen im Fokus. Um dauerhaft auf die Flora und                          Oder der Berliner Arbeitskreis »Pilzkunde & Ökologie«. Er wirbt
              Fauna eines Schutzgebietes hinzuweisen, haben viele Gruppen                        mit Vorträgen und Seminaren dafür, das so bunte – und doch
              Naturlehrpfade eingerichtet oder Infotafeln aufgestellt. Was ge-                   vielen ganz unbekannte – Reich der Pilze zu entdecken.
              nau wächst und gedeiht hier? Und was unternimmt der BUND vor                          Wer also seinen Blick für die Artenvielfalt öffnen und seinen
              Ort, um die Vielfalt zu bewahren?                                                  Horizont erweitern möchte, ist beim BUND vielerorts bestens
                Ein klassischer Anlass, um Artenkenntnisse zu vermitteln, ist                    aufgehoben. Kontaktieren Sie Ihre Kreisgruppe oder Ihren Landes-
              der GEO-Tag der Natur. Gruppen wie der BUND Neubrandenburg                         verband, wenn Sie sich schlauer machen wollen!                 sz
              nutzen ihn alljährlich, um mit Fachleuten bestimmte Flächen ge-
              nauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu laden sie regelmäßig auch
              die Öffentlichkeit ein. Für Laien lässt sich da viel lernen! Wie bei
                                                                                                            i
                                                                                                                MEHR INFORMATIONEN
              so vielen Einsätzen draußen: Welche Molche und Frösche sind                                       zum Bildungsangebot des BUND finden Sie unter
              diesmal am Krötenschutzzaun gestrandet? Und wie sind sie zu                                       www.bund.net/umweltbildung
WAS LEBT
                     DENN DA?
Thomas Stephan

                                                                                                 Hat hier eine Wildkatze Haare gelassen? BUND-
                                                                                                Aktive kontrollieren einen Lockstock in Sachsen.

                                                       BÜRGERWISSENSCHAFT

                  PATENT AUS PASSION
                                                                                                        MARTINA LÖW

                                                                                                         leitet die Abteilung
                                                                                                  Freiwilligenmanagement.

                     Ehrenamtliche Artenkundige liefern wert-
                                                                                                    MAGNUS WESSEL
                 volle Daten für Wissenschaft und Naturschutz.
                                                                                                leitet die Naturschutzpolitik
                        Und verdienen dafür alle Unterstützung.                                                   des BUND.

 C     itizen Science hat in den vergangenen
       Jahren erheblich an Popularität ge-
   wonnen. Auch ist sie aus der Diskussion
                                                  LANGE TRADITION
                                                  Grundsätzlich ist das nichts Neues: Men-
                                                  schen mit Interesse an der Natur erfas-
                                                                                             WAS LAIEN LEISTEN
                                                                                             Wie wichtig – und immer wichtiger – der
                                                                                             bürgerwissenschaftliche Einsatz ist,
   um die Zukunft der Forschung nicht mehr        sen ehrenamtlich Arten, sammeln Daten      zeigt das Beispiel der Roten Listen ge-
   wegzudenken. Citizen Science – oft als         oder ergründen Zusammenhänge und die       fährdeter Arten: Ihr Fundament bilden
   »Bürger­wissenschaft« übersetzt – meint        Ursachen von Veränderungen in Natur        ganz überwiegend Daten und Schlussfol-
   vor allem zweierlei: die Beteiligung von       und Umwelt. Das haben schon Goethe,        gerungen, die außerhalb der universitä-
   Laien an wissenschaftlichen Projekten.         Charles Darwin oder Jane Godall getan –    ren Forschungswelt entwickelt wurden.
   Und die eigenständige Forschungsarbeit         große Namen, lange bevor über Citizen      So stammt der wichtigste Nachweis da-
   von Menschen jenseits der universitären        Science gesprochen wurde. Schon seit       für, dass unsere Insektenfauna nun seit
   Wissen­schaft (oder nur lose verknüpft         Jahrhunderten erforschen »Laien«                      Jahrzehnten verarmt, von pri-
   damit). Ihr Einsatz erfolgt dabei freiwillig   Themen, die der institutionellen                      vat tätigen Insektenkundlern.
   und nicht im Rahmen einer beruflichen          Wissenschaft oft abwegig erschie-                    Auch zentrale Artenschutz-
   Tätigkeit.                                     nen. Sie entwickelten eigene Hy-                      projekte des BUND fußen auf
                                                  pothesen und Theorien, zuweilen                       Citizen Science (> Kasten).
                                                  sehr erfolgreich, wie Darwins                          Welche Herausforderungen
                                                  Evolutionstheorie bezeugt. Oder                          zeichnen sich dafür ab?
                                                  sie bleiben einer Passion wie                             Unsere Gesellschaft steht
                                                  der Pflanzen-Taxonomie treu,                                vor der Jahrhundertauf-
                                                  obwohl sie an vielen Unis                                    gabe, schnell zu einer
                                                  längst aufs Abstellgleis ran-                                 wirklich nachhaltigen
                                                  giert wurde.                                                  Lebensweise zu finden.
BUNDmagazin 3 | 19   ›   TITELTHEMA 21

                                                                                                     Die biologische Vielfalt zu schützen ist
                                                                                                   eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ge-
                                                                                                   nauso wie viele Aspekte des Umweltschut-
                                                                                                   zes. Die Bürgerwissenschaft spielt dabei
                                                                                                   eine starke Rolle. Doch dauerhaft können
                                                                                                   Natur- und Umweltschutz nur erfolgreich
                                                                                                   sein, wenn der Staat seine Verantwortung
                                                                                                   hierbei angemessen wahrnimmt.
Jutta Schreiner

Ehrenamtliche befestigen in Rheinland-Pfalz einen
­Spurentunnel, um Gartenschläfer nachzuweisen.

Der dafür nötige Wandel wird nur glücken,           kritisch im Blick zu behalten. Das schützt
wenn Zivilgesellschaft und Wissenschaft             vor Missbrauch und »Greenwashing« und
                                                                                                     WILDKATZEN UND
eng kooperieren. Kundige Freizeitforsche-           bietet Chancen für beide Seiten.
r*innen haben den Raum, über die Fach-                Damit Citizen-Science-Projekte gelin-
                                                                                                     SCHLAFMÄUSE
disziplinen hinaus den Blick zu öffnen, ihr         gen und die Freiwilligen gut eingebunden
Fachgebiet breiter zu denken und zu                 werden, müssen sie begleitet und koordi-         »Als wir Handschuhe bekamen,
überschauen. Wer ehrenamtlich forscht,              niert werden. Wer ein solches Projekt            wurde mir klar: Jetzt wird es wis-
hat die Freiheit, seinen Blick auf größere          plant, sollte deshalb immer einen Förder­        senschaftlich. Die Proben sollten
Zusammenhänge zu werfen. Und das,                   anteil für das Management der Freiwilligen       ja nicht verunreinigt werden.«
ohne überlegen zu müssen, welche The-               beantragen. Auch der nicht-universitäre
men und Hypothesen sich wohl für die                Partner sollte die Federführung und die
Wissenschaftsjournale eigneten.                     Antragsrechte innehaben können. Ehren-
   Wer nicht hauptberuflich forscht, kann           amtlich Aktiven darf es zudem nicht zu           So ­berichtet ein ehrenamtlicher Hel-
auch mal eine Außenseitermeinung ver-               schwer gemacht werden: Kurze Fristen             fer von seiner Teilnahme am Citizen-­
treten – faktenbasiert, versteht sich. Oder         für die Antragstellung, zu wenig Anerken-        Science-Projekt »Wildkatzensprung«
sich in vernachlässigte Bereiche vertiefen.         nung ehrenamtlicher Zeit und Ressourcen          des BUND. Freiwillige sammelten
Oder sein Wirken mit einem praktischen              (für den Eigenanteil) sowie hohe formale         jahrelang Haare von Wildkatzen,
Naturschutzprojekt verbinden.                       akademische Hürden haben der Citizen             begleitet von einem Forschungs-
                                                    Science in der Vergangenheit oft Steine in       institut. In sechs aufeinanderfol-
WAS BRAUCHT CITIZEN SCIENCE?                        den Weg gelegt.                                  genden Wintern kontrollierten sie
Fruchtbar könnte sich ein engeres Mitein-                                                            regelmäßig über 3500 Lockstöcke.
ander von Wissenschaft und Bürgerwis-               STAAT IN DER PFLICHT                             Damit lieferten eine beachtliche
senschaft auswirken. Und mehr Mut sei-              Schließlich sollten wir nicht vergessen: Bei     Datenbasis, um die Verbreitung der
tens der Institutionen, auf Augenhöhe mit           bestimmten Aufgaben steht primär der             seltenen Art zu erforschen.
den Laien zusammenzuarbeiten. Gemein-               Staat in der Verantwortung – zum Beispiel           Wie erfolgreich Citizen Science
same Standards und Methoden, techni-                bei der kontinuierlichen Überwachung und         beim BUND zum Einsatz kommt,
sche Unterstützung und Möglichkeiten                Kontrolle europäischer Schutzgebiete.            zeigt auch unser aktuelles Projekt
der Veröffentlichung schaffen die Basis             Wenn Behörden dieser Pflicht nicht ausrei-       »Spurensuche Gartenschläfer«.­
der Kooperation – und sichern gleichzeitig          chend nachkommen, können und sollten             Viele freiwillige Helfer*innen wei-
die Qualität der Ergebnisse.                        Ehrenamtliche diese Lücke nicht füllen.          sen die Schlafmaus hier mithilfe
  Für die Eigenständigkeit von Citizen-­            Politisch bewegt sich sonst noch weniger.        von »Spurentunneln« nach, die den
Science-­Projekten ist es wichtig, die Rech-        Auch darf zum Beispiel, wer bei einem Ein-       Pfotenabdruck der Tiere dokumen-
te an Datengrundlagen und Ergebnissen               griff Natur und Umwelt schädigt, nicht aus       tieren. Außerdem kontrollieren sie
zu wahren; sich intensiv auszutauschen;             der Pflicht entlassen werden, selber nach-       Nistkästen und bringen Wildtier-
die Forschungsergebnisse transparent zu             zuweisen, dass er diesen Schaden ausge-          kameras in Aktion.
verwenden; und politische Einflussnahme             glichen hat (wie vom Gesetz gefordert).
Große Gartenmöbel-
                                                                          Wieder im                                                            Auswahl unter:
                                                                          Sortiment:                                                       www.bundladen.de
                                                                      BlumenzwiebeAn  ln aus
                                                                      ökolog is ch em    bau.                          Gartenbank Cansa                                               Solarlampe
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                                           shutterstock©anelerim

                                                                        Mitte September.
                                                                                                                       Nr. 83 074                                345,– 7              Nr. 33 153     30,– 7

                                                                                                                                                                                                           NEU

                                                                                                             Bienenbeutel – 40 Stück
                                                                                                             Krokusse, Traubenhyazinthen
                                                                                                             und Kugellauch blühen
                                                                                                             bereits sehr früh im Jahr –
                                                                                                             rechtzeitig für die ersten
Bienenbuffet Sonnenbad             60 Bio-Blumenzwiebeln             Nr. 10 494                  25,– 7      Bienen auf Nahrungssuche.
Bienenbuffet Schattenecke          40 Bio-Blumenzwiebeln (ohne Abb.) Nr. 10 493                 17,50 7      Nr. 10 489            16,95 7
                                                                                                                                             Alte Obstsorten – Spindelbäume in Bio-Qualität ideal
                                                                                                                                             für Terrasse und Balkon – ohne seitliche Äste. Die drei- und vier-
                                                                                                                                             jährigen Bäume bieten einen hohen Ertrag bei wenig Pflegeauf-
                                                                                                                                             wand in Bodennähe. Alte Sorten sind duch ihren hohen Anteil
                                                                                                                                             von Polyphenolen für Allergiker geeignet. Infos zur Pflege und
                                                                                                                                             zu den einzelnen Sorten finden Sie unter: www.bundladen.de

                                                                                                                                             Kirschbäume – Süßkirsche 4 Jahre alt, im Topf    sofort
                                                                                                                                             Büttners Rote Knorpelkirsche     Nr. 86 022    lieferbar
                                                                                                                                             Lapins                           Nr. 86 023
                                                                                                                                             Schneiders Späte Knorpelkirsche  Nr. 86 024 je 54,90 7

                                                                                                                                             Apfelbäume 3 Jahre alt, wurzelnackt
                                                                             Apfelstiegen                                                    James Grieve                      Nr. 86 018        ab
                                                                             Apfelstiege                  Nr. 23 527             21,90 7     Alkmene                           Nr. 86 019    September
                                                                             Deckel                       Nr. 23 528             11,90 7     Freiherr von Berlepsch            Nr. 86 020
Kugellauch Purple Sensation – 5 Stück                                        Lenkrollenstiege             Nr. 23 529             41,90 7     Cox Orange                        Nr. 86 021
Nr. 10 492                                                         4,99 7    Komplettpaket (4 Stiegen)    Nr. 23 530            141,90 7     Prinz Albrecht von Preußen (Abb.) Nr. 86 028 je 49,90 7

Vogeltränke Granicium                                                        Igel-Schnecke                                                   Hummelburg
Raues, frostsicheres Material für guten Halt. Mittelinsel für                Ganzjahresquartier für Igel aus klimaausgleichender Keramik,    Aus Keramik, mit Nistwolle und Anleitung. Idealer Standort:
Insekten.                          Nr. 66 045            79,– 7              in Schneckenform zum Schutz vor Fressfeinden. H 16 cm,          Morgensonne, später schattig. Zweiteilig, H 16 cm, Ø 27 cm,
Ständer für die Vogeltränke        Nr. 66 049            79,– 7              Ø 35 cm, 4,5 kg. Nr. 66 021                          59,90 7    5,5 kg. Nr. 22 117                                   69,90 7
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