Creating Chemistry - BASF
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Creating Creating Chemistry Chemistry For a sustainable future Fünfte Ausgabe 2015 Die Mobilität von morgen Stau, Smog und Sprit – die steigende Zahl der Autos schafft Herausforderungen. Welche innovativen Ansätze Menschen in Zukunft bewegen. Schwerpunkt ab Seite 6 Wie werden wir uns in Zukunft ernähren? Labor-Burger, Insekten und Co. – wie sich unser Essverhalten verändern könnte. Feature Ernährung ab Seite 36 Die Quelle des Neuen Innovationen bringen uns voran. Wie sie sich hervorlocken lassen. Mary Crass, Expertin Feature Innovation ab Seite 48 des International Transport Forum, über Strategien, die Mobilität weltweit zu verbessern. Fünfte Ausgabe 2015 Interview ab Seite 18
I N H A LT Schwerpunkt: Mobilität der Zukunft Entdecken Sie mehr in Inhalt unserem Online-Magazin I N F O R M AT I O N B L I C K U M D I E W E LT 4 Die Welt in Zahlen 34 Innovative Anwendun- 125 Stunden steht ein Auto gen für den 3D-Druck fahrer im Istanbuler Feier Der 3D-Druck entwickelt abendverkehr im Schnitt pro sich rasant. Innovative Jahr im Stau – Fakten zu Anwendungen tauchen den Themen dieser Ausgabe. rund um die Welt fast täglich auf. I N N OVAT I O N F E AT U R E : E R N Ä H R U N G 26 Neuentdeckungen DA S T H E M A Neue Ideen und erstaunliche Erfindungen, die unseren 6 Die Mobilität von morgen – Umsteuern angesagt Alltag bereichern. Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Urbani sierung – die Welt verändert sich und neue An forderungen entstehen. Über innovative Konzepte, Z WEI POSITIONEN die die Mobilität der Zukunft prägen werden. 36 Wie werden wir uns in Zukunft ernähren? DIE GRAFIK Die weltweite Lebensmittel erzeugung muss steigen, um 16 Mobilität in der Stadt von morgen eine ausgewogene Ernährung für alle zu sichern. Ideen aus Sie möchten mehr erfahren über die zukünftigen Heraus forderungen in den Bereichen Rohstoffe, Umwelt und Klima; Wenn Sie die kostenlose Printausgabe des Magazins regelmäßig erhalten möchten, können Sie sich online Autonome Fahrzeuge, Verkehrszeichen nach aller Welt könnten unser Ess Nahrungsmittel und Ernährung sowie Lebensqualität? registrieren: Bedarf, selbstfahrende Kapseln oder faltbare verhalten verändern. Unser Creating Chemistry-Online-Magazin bietet Ihnen www.basf.com/creatingchemistry Pkws: Visionen, wie wir uns in der Stadt von 28 Kunststoffe in der eine breite Auswahl an spannenden Geschichten, Videos morgen bewegen könnten. Diskussion 42 Die Chemie des Kochens und interaktiven Grafiken: Kunststoff: Ein Opfer des Autor Harold McGee über eigenen Erfolgs? Zwei Ernährungsmythen und die www.creating-chemistry.basf.com DIE E XPERTIN Experten teilen ihre Sicht Wissenschaft dahinter. weise auf Kunststoffe. 18 Die Welt in Bewegung halten Mary Crass, Leiterin der Abteilung Politik und Impressum Kontakt Gipfelvorbereitung des International Transport FA S Z I N AT I O N C H E M I E Herausgeber: Illustrationen: Wakati VZW–Lonely Alien BVBA BASF SE Dieses Magazin wurde auf BASF SE Florian Sänger (Seite 12, 16-17, 24, (Seite 26) Corporate Communications Papier gedruckt, das mit Forum (ITF), spricht über Ideen, um die Mobilität B A S F- S TA N D P U N K T Unternehmenskommunikation & 40, 55) Electrolux Newsroom (Seite 26) Dr. Stefanie Wettberg speziellen Inhaltsstoffen der weltweit zu verbessern. Regierungsbeziehungen Volvo Car Group (Seite 27) Telefon: +49 621 60-99223 BASF hergestellt wurde. BASF-Gruppe Bildnachweise: New Wind R&D (Seite 27) Die verwendeten Rohstoffe 32 Innovative Elisabeth Schick www.aeromobil.com (Seite 2, 6-7) Corbis/Patricia Willocq (Seite 27) stammen aus verantwortungs- Alltagsbegleiter BASF (Seite 2, 3, 4, 9, 26, 32, Disney (Seite 34) voll verwalteten Wäldern und Redaktion: 36-37, 41, 44, 45, 48-49, 50, 51, WinSun Design and Engineering für den Produktionsprozess DIE WISSENSCHAF T Melanie Maas-Brunner, Leite BASF SE, 52, 53, 54, 55, 58, 59) (Seite 34) wird hauptsächlich Energie rin Performance Materials 22 Editorial Office Daimler (Seite 4) David Bishop, UCL Health Creatives aus Biomasse eingesetzt. Es Die Batterien für den Antrieb Europe bei BASF, erläutert Local Motors Inc. (Seite 4) (Seite 34) ist FSC®-zertifiziert. der Zukunft entwickeln wie Kunststoffe den Alltag Axel Springer AG Getty Images (Seite 5, 9, 10, 20, 33, 38, 41, 52, 54, 58 ) WoeLab (Seite 35) Airbus S.A.S. (Seite 35) Die Leistungsfähigkeit von Batterien verbessern – erleichtern und Antworten auf Gestaltung: laif (Seite 5, 20, 42, 43, 46) Paul Jones, University of Anzinger | Wüschner | Rasp HTT/JumpStartFund (Seite 8) Wollongong (Seite 35) das ist es, was BASF-Forscher im Labor für Batterie Zukunftsfragen geben. 44 Luftnummer mit GM Corp. (Seite 8) Gastón Accardi/YouTube (Seite 35) materialien im japanischen Amagasaki antreibt. großem Potenzial Druck: picture alliance/Estadao Conteudo Made in Space/Deejay Riley Schäume statten die verschie johnen-druck GmbH & Co.KG (Seite 11) (Seite 35) Volvo Busse Deutschland (Seite 13) Rebecca Reid/eyevine (Seite 38) densten Produkte mit einzig Titelfoto: plainpicture (Seite 13) Beyond Meat (Seite 39) artigen Eigenschaften aus – von Stephanie Füssenich BMW AG (Seite 13) Matthaes Verlag Stuttgart (Seite 43) Department for Business, Innovation James Dyson Foundation (Seite 47) der Matratze über Fahrzeug & Skills (Seite 14) Gore (Seite 54) karosserien bis hin zu Mousse André Hemstedt & Tine Reimer Adobe (Seite 54) au Chocolat. (Seite 15) Europäisches Patentamt (Seite 55) Stephanie Füssenich (Seite 2, 19, akg-images (Seite 56) 21, 28-31) MPI für Kohlenforschung (Seite 57) Julie Glassberg (Seite 22-23, 25) iStock (Seite 59) 2 Creating Chemistry Creating Chemistry 59
EDITORIAL I N S P I R AT I O N 46 Frust kann erfinderisch machen Erfinder und Industriedesigner Sir James Dyson möchte mit seiner Stiftung die nächste Editorial Generation von Ingenieuren inspirieren. F E AT U R E : I N N O VAT I O N 48 Die Quelle des Neuen Ohne Innovationen kommen Alles in Bewegung wir nicht voran. Über den Kern von Innovation und „Alles Leben ist Bewegung, Bewegung ist Leben“, fasste Leonardo da Vinci Methoden, sie zu fördern. seine Beobachtungen zusammen. Bewegung sorgt dafür, dass Türangeln nicht rosten, Wasser nicht fault und Sportler Muskeln bilden. Vor mehr als 500 Jahren setzte das Universalgenie da Vinci nicht allein auf Muskeln als Antriebskraft. Er erfand eine Art Helikopter, ein Fluggerät mit Luftschraube. ERFINDUNG Bewegung treibt Forscher seit Jahrhunderten an. Sie entwickelten unter schiedlichste, zum Teil futuristisch anmutende Transportmittel. In den Laboren 56 Vordenker – und Fabriken der BASF entstehen Materialien für Autos, Zweiräder, Flug Weiterdenker zeuge und Züge. Wir entwickeln Chemikalien für Batterien und sind Pioniere 1823 entdeckte Johann bei Katalysatoren. Unsere Kunststoffe machen Fahrzeuge und Flugzeuge Wolfgang Döbereiner die leichter, damit sie weniger Energie brauchen. Platinkatalyse. Ferdi Schüth Leben ist ohne Bewegung undenkbar. Und doch stellt gerade unser eröffnete der Katalyse Wunsch nach Individualität, Freiheit und Mobilität eine der größten Heraus später den Weg zur Hoch forderungen des 21. Jahrhunderts dar. Das gilt vor allem für die Städte, in durchsatztechnologie. denen heute schon die Hälfte aller Menschen leben. Die Zahl der Fahrzeuge und auch die Länge der Staus eilen von Rekord zu Rekord. Städteplaner sind gefordert, um alle Verkehrsteilnehmer möglichst störungsfrei durch die Stadt zu lotsen. C H E M I E I M A L LTAG Mobilität verbindet, wenn Menschen sicher zu ihrer Arbeit, zu ihrem Hobby, zu Freunden oder nach Hause zur Familie kommen. In Lateinamerika über 58 Was hält Handy, Tablet nehmen Seilbahnen diese Aufgabe: In immer mehr Städten verbindet die und Co. unter Spannung? „U-Bahn der Lüfte“ Außenbezirke mit dem Zentrum – und verändert ein Stück Ein Pulver aus Eisenschrott weit die Menschen, die dort leben. schützt unsere elektronischen Leben ist Bewegung, heute noch mehr als zu da Vincis Zeiten. 2015 – in Alltagsbegleiter. unserem Jubiläumsjahr – beschäftigt sich BASF mit neuen, anspruchsvollen Fragen. Wir haben Mobilität daher als Schwerpunkt unseres Magazins Creating Chemistry gewählt. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dieser neuen Ausgabe. L E S E R B E F R AG U N G Wie gefällt Ihnen Ihr unser Magazin? Wir sind interessiert an Ihrer Meinung und würden Dr. Kurt Bock Vorsitzender des Vorstands uns freuen, wenn Sie BASF SE an unserer kurzen Leser- umfrage teilnehmen. Informationen dazu finden Sie auf der letzten Seite. Creating Chemistry 3
I N F O R M AT I O N Die Welt in Zahlen Bis zum 2.000 -Fachen ihres eigenen Gewichts können Aerogele, hochporöse Festkörper, die bis zu 99 % aus Luft bestehen, tragen. Dabei sind sie dreimal leichter als Kork.3 „Luftnummer mit großem Potenzial“ ab Seite 44. 16.000 Kilometer fuhr der erste autonome Lkw der Daimler-Tochter Freightliner zu Testzwecken auf nicht-öffentlichen Straßen, bevor er im Mai 2015 die Lizenz vom US-Bundestaat Nevada erhielt, dort auch auf öffentlichen Straßen zu fahren. Unterstützt wird er von zwei Radar- sensoren, mit denen er seine Umgebung erfasst – 250 Meter 6 In weniger als geradeaus in Fahrtrichtung und 70 Meter nach vorn in die Breite.1 Monaten „Die Mobilität von morgen“ ab Seite 6. In bis zu von der Idee zum fahrenden Auto: Das Elektroauto Strati 10 von Local Motors ist das erste im 3D-Druckverfahren % hergestellte Auto. Der Zweisitzer besteht aus Kunststoff und fährt bis zu 40 Kilometer pro Stunde.4 „Blick um die Welt“ ab Seite 34. „Die Quelle des Neuen“ ab Seite 48. ihrer Arbeitszeit können sich die Mitarbeiter des Technologie-Unternehmens W. L. Gore & Associates darin versuchen, eigene Ideen und Initiativen zu verfolgen. Die sogenannte 1 Freightliner Inspiration Truck, Daimler AG, Pressemitteilung, 5. Mai 2015. 2 Management Innovation Exchange, Innovation Democracy: W. L. Gore’s Original Management „dabble time“ (deutsch: Tüftelzeit) führte unter Model, 23. September 2010. 3 Zeit Online, Wissen, Luft und Gelee dämmen Kleider und Kühlschränke, 15. November 2012. anderem zur Entwicklung der GORE ELIXIR® 4 Local Motors Inc., Pressemitteilung, 8. September 2014. 5 Popular Science, Can artificial meat save the world? 18. November 2013. Gitarrensaiten, wodurch sich ein ganz 6 Statista – Das Statistik-Portal, Verteilung der weltweiten Kunststoffproduktion nach Ländern neuer Markt für das Unternehmen öffnete.2 und Regionen im Jahr 2013, 2015. 7 Vegetarierbund Deutschland, Pressemitteilung, 9. Juni 2015. 8 Zeit Online, Japans Magnetbahn fährt Rekordgeschwindigkeit, JR Central Japan Railway Company, 21. April 2015. „Die Quelle des Neuen“ ab Seite 48. 9 TomTom International BV, Pressemitteilung, 31. März 2015. 4 Creating Chemistry
I N F O R M AT I O N Etwa 80 % der Ackerflächen weltweit werden für 24,8 die Fleisch- und Geflügelindustrie benötigt. Dabei wird ein Großteil der Äcker dafür verwendet, Futtermittel % für Tiere anzupflanzen.5 „ Wie werden wir uns in Zukunft ernähren?“ ab Seite 36. der weltweiten Kunststoffproduktion entfielen 2013 auf China. Damit liegt China vor Europa mit 20 % und dem Wirtschaftsverbund USA, Kanada, Mexiko (NAFTA) mit 19,4 %.6 „Kunststoffe in der Diskussion“ ab Seite 28. 603 Mit Kilometern pro Stunde 213 Rund hält die Magnetschwebebahn Maglev auf einer Teststrecke in Japan den Weltrekord in Geschwindigkeit. 2027 soll der Zug Tokio Millionen € in nur 40 Minuten mit Nagoya verbinden.8 „Die Mobilität von morgen“ ab Seite 6. betrug der Gesamtumsatz von Fleischalternativen und pflanzlichen Brotaufstrichen im Jahr 2014 allein in Deutschland. In den vergangenen fünf Jahren ist der Umsatz damit um 73 % gestiegen.7 „Wie werden wir uns in Zukunft ernähren?“ ab Seite 36. . 125 Durchschnittlich Stunden verbrachte ein Autofahrer im Feierabendverkehr in Istanbul im Jahr 2014 im Stau. Damit liegt die Stadt am Bosporus weltweit auf Platz 1, gefolgt von Mexiko-Stadt mit 102 Stunden und Rio de Janeiro mit 93 Stunden.9 „Die Mobilität von morgen“ ab Seite 6. Creating Chemistry 5
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Die Mobilität von morgen Autos waren einst das Symbol des Fortschritts und der Unabhängigkeit schlechthin. Doch heute, ein Jahrhundert später, stehen die Freiheitssymbole von damals immer öfter im Stau und tragen zur Luftbelastung in den Mega- städten der Welt bei. Die Mobilität des 21. Jahrhunderts braucht Innovationen. Eine Geschichte von Städten und Technologien, die zeigen, wie es möglich sein könnte, die Jahrhundertherausforderung zu meistern. 6 Creating Chemistry
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Autos heben ab Den Stau einfach unter sich lassen und abheben? Das ermöglicht das AeroMobil, eine Kreuzung aus Sport wagen und Ultraleicht-Flugzeug, mithilfe ausklappbarer Tragflächen. In der Luft soll das Flugauto auf etwa 200 Kilometer pro Stunde kommen, am Boden immerhin auf 160 Stunden kilometer. Die Flugreichweite wird mit knapp 700 Kilometern angegeben. Die Markteinführung des innovativen Flug gefährts hat das slowakische Unter nehmen AeroMobil für 2017 geplant. An fliegenden Autos arbeiten auch an dere Einrichtungen, darunter Terrafugia, eine Ausgründung des Massachusetts Institute of Technology (MIT), und das EU-Forschungsprojekt myCopter. Creating Chemistry 7
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Mit Turbo durch die Röhre Scheinbar Unmögliches möglich zu machen, dafür ist der Unternehmer Elon Musk, Gründer des Raumfahrtunter nehmens SpaceX und von Tesla Motors, bekannt. Jetzt hat er eine Superschnell bahn erdacht, den Hyperloop. Er soll Passagiere mit bis zu 1.200 Kilometern pro Stunde durch eine weitgehend luftleere Röhre schießen und so dem Flugzeug Konkurrenz machen. Eine Test strecke soll in Quay Valley in Kalifornien entstehen. Neben Musk widmen sich inzwischen auch zwei Start-ups und über 150 Entwickler, etwa vom US-Telekom riesen Cisco, dem Flugzeugbauer Boeing und der Elite-Universität Harvard dem Projekt, um die Vision der Röhrenkapsel- Metro Wirklichkeit werden zu lassen. Steuer frei Mit dem lenkerlosen Konzeptfahrzeug Chevrolet-FNR präsentiert der amerikanische Automobilkonzern General Motors seine Interpretation der automobilen Zukunft. Gestartet wird das Elektroauto per Augen- scan, ein Computer steuert das von vier E-Motoren angetriebene Gefährt mithilfe von Sensoren und Radarsystemen komplett selbstständig. Wer selbst lenken will, muss nur mit der Hand wedeln – Gestensteuerung gehört zum Programm. Auch optisch macht das Konzeptfahrzeug mit Kristalllaser scheinwerfern, Türen, die nach oben aufgehen, und einer glä- sernen Dachkuppel viel her. Die schillernde Lackierung „Mid-night Glimmer“ von BASF unterstreicht das futuristische Design. 8 Creating Chemistry
So läuft es richtig rund Auf diesem doppelten Kreisel kommen alle gut über die Runden: Schanghais Lösung auf zwei Ebenen sorgt für eine Entzerrung des Großstadtverkehrs. Fußgänger und Autofahrer konkurrieren nicht länger um den begrenzten Raum. Unten münden fünf mehrspurige Stra ßen in einen übersichtlichen Verteiler ring – ohne jegliches Stehen vor roten Ampeln. Oben können Fußgänger die Kreuzung risikolos und ebenfalls ohne Wartezeiten passieren – und so ent spannt den Verkehr unter sich lassen. Mit der Kraft der Sonne Eine bequeme und nachhaltige Lösung für kurze Wege: Wer nur schnell die Strecke zwischen dem Wohnort und dem Stadtzen trum oder dem nächsten öffentlichen Verkehrsmittel überbrücken möchte, soll dazu künftig den extrem leichten und dennoch stabilen e-floater (abgeleitet vom englischen to float: schweben) nutzen können. Der solarbetriebene e-floater besteht zu über 80 % aus Verbund- und Kunststoffwerkstoffen von BASF und wiegt weniger als 12 Kilogramm. www.floatility.com Creating Chemistry 9
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Umsteuern Generationen das Statussymbol schlechthin“, sagt Peter Newman, PhD und Professor für Nachhaltig- keit an der Curtin University in Australien und ehemaliges Mitglied angesagt des Weltklimarats. „Doch ‚peak car‘ ist in zahlreichen Ländern schon vorbei.“ Vielen ist dieser Begriff im Gegensatz zu „peak oil“, dem Maxi- mum der weltweiten Ölförderung, zwar noch ein Fremdwort, doch das Ende der automobilen Herrschaft naht Newman zufolge. Ob Perth, New York oder Berlin – in immer mehr westlichen Metropolen wollen im- S Welt anders aussehen. Das heutige „Das Auto war mer weniger junge Menschen ein Verkehrssystem ist den Massen Auto besitzen. Die Absatzzahlen in von Menschen, die in die Großstädte über viele Gene- dieser Zielgruppe sinken, obwohl mog, Staus, drängen, nicht mehr gewachsen. rationen das das Wirtschaftswachstum steigt. Parkplatznöte – Städte in aller Allein in den USA, Großbritannien, Statussymbol Das gilt zwar bislang nur für die Bal Welt ächzen immer mehr unter der Frankreich und Deutschland kosten lungsräume einiger Industrieländer, Last ihrer Fahrzeugkolonnen. Das Staus die Wirtschaft bereits jedes schlechthin. doch es ist eine kleine Revolution. Auto, einst als Symbol der Freiheit Jahr rund 180 Milliarden € (200 Mil- Doch ‚peak car‘ So besaßen 2013 laut Statistischem gefeiert, erfährt heute immer öfter liarden $) und jeden einzelnen Men- ist in zahlreichen Bundesamt rund 30 % der Haus- Beschränkungen. In Paris, Peking schen rund 111 Stunden Lebens- halte in deutschen Großstädten we- oder São Paulo dürfen an Tagen zeit, wie das Centre for Economics Ländern schon der ein Auto noch ein Motorrad. Ihr mit hoher Feinstaubbelastung nur and Business Research (CEBR) im vorbei.“ Anteil ist innerhalb von zehn Jahren noch abwechselnd Fahrzeuge mit Auftrag des Verkehrsdatenspezialis- deutlich gestiegen: 2003 lag er der Peter Newman, PhD und geraden und ungeraden Endzif- ten INRIX errechnet hat. Und bis Statistik zufolge noch bei 22 %. Professor für Nachhaltigkeit fern auf den Nummernschildern in zum Jahr 2030 werden die Kosten an der Curtin University in Dieser gesellschaftliche Wandel die Stadt, in Schanghai kostet ein für die Wirtschaft mit dem wach- Australien ist es auch, der Newmans Hoffnun- Kennzeichen heute so viel wie ein senden Verkehrsaufkommen weiter gen beflügelt, dass das berühmte Kleinwagen und der Kurierdienst um fast 50 % steigen. Zwei-Grad-Ziel des Weltklimarats UPS hat Millionen in ein Navigations- doch noch erreichbar ist. Inzwischen system investiert, das die Autos Ohne Verkehrswende keine glaubt er an grüne Städte, in denen möglichst nur noch rechts abbiegen Energiewende nicht mehr nur das Auto, sondern lässt, um Zeit und Sprit zu sparen. Die Menschen werden zwar nicht die geschickte Vernetzung diverser Ideen gibt es viele, denn eines ist gänzlich auf ihr Auto verzichten, Verkehrsmittel eine entscheidende klar: Die Mobilität von morgen muss doch seine Bedeutung wird sich Rolle spielen wird – vom Auto oder vor allem in den Metropolen der ändern. „Das Auto war über viele dem Zug über den Bus bis hin zum Fahrrad oder Motorrad. Die Zukunft des Verkehrs ist intermodal. Was zählt, ist der effizienteste Weg von A nach B und weniger das Verkehrsmittel. Im Blick hat Newman dabei vor allem den Wandel der Megastädte in China und den USA, den beiden größten Treibhausgas-Emittenten. Dort passiert derzeit eine ganze Menge. In den 1990er Jahren lieb äugelte Schanghai noch mit dem amerikanischen Modell. Highways wurden gebaut, Fahrräder durch Autos ersetzt – und die Stadt steu- erte so auf den Verkehrskollaps zu. Seit dem Jahr 2000 baut Schanghai an einem modernen Metronetz. Mit über 500 Kilometern zählt es zu den längsten U- und Hochbahnnetzen der Welt. 10 Creating Chemistry
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Rushhour in São Paulo. Die südamerikanische Metropole leidet vor allem im Feierabendver- kehr unter enormen Staus mit Längen von bis zu über 300 Kilometern. Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern trägt auch zur hohen Luftbelastung in der Stadt bei. Creating Chemistry 11
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Seit Beginn des neuen Jahrtausends Seilbahn als Alternative aufladen können – ganz ohne Carsharing auf der versucht die 24-Millionen-Metropole, Lateinamerika wiederum entdeckt Überholspur Kabel. Im Kleinen ist das Prinzip mit Investitionen in U- und Hoch- die Gondeln für sich. Boliviens von der elektrischen Zahnbürste bahnen gegenzusteuern. Innerhalb Hochland-Metropole La Paz etwa Carsharing boomt: bekannt. Jetzt gilt es, das System Zwischen 2014 und von zehn Jahren zog Schanghai das baut derzeit am größten urbanen auch so verlustfrei wie möglich 2018 soll der Markt im mit über 500 Kilometern längste Seilbahnnetz der Welt. Neun Linien Schnitt weltweit um gut auf den größeren Maßstab und Metrosystem der Welt auf, das jeden mit 30 Kilometern Länge könnten 40 % wachsen, sagen unter die Straße zu verlegen. Wenn Tag acht Millionen Menschen beför- nach ihrer Fertigstellung etwa Analysten von Frost & das gelingt, könnten die Busse im dert. Insgesamt wurden in China 86 15 % des Nahverkehrs übernehmen. Sullivan voraus. Allein nächsten Schritt vielleicht gar auf car2go mit Sitz bei neue U-Bahnlinien gebaut. Pendler, die sich noch vor kurzem eigenen Ladespuren während der Stuttgart, das mit dem Selbst in den USA, die den Ruf mit dem Auto oder dem Bus über US-amerikanischen Fahrt auftanken, so die Hoffnung des schlechtesten öffentlichen eine Stunde bergauf, bergab durch Zipcar um die globale der Forscher. Nahverkehrs in der industrialisierten die Serpentinen quälten, erreichen Marktführerschaft Der Ausbau und die Elektrifizie- Welt haben, folgen heute immer die Nachbarstadt El Alto jetzt in konkurriert, zählte Ende rung des öffentlichen Nahverkehrs mehr Städte dem Beispiel Port- 17 Minuten. Im Betrieb sind die 2014 eine Million Nutzer ist allerdings nur der erste Schritt. in acht Ländern. Parallel lands. Dort wurde in den vergange- elektrischen Bahnen zudem so Über kurz oder lang müssen noch machen es immer mehr nen 30 Jahren keine einzige Auto- günstig und wartungsarm, dass sie Firmen auch Privatper deutlich mehr Fahrzeuge elektrisch bahn gebaut. Stattdessen floss auch bei knappen Staatskassen sonen möglich, ihr Fahr- unterwegs sein, meint Newman. das Geld in die Renaissance der erschwinglich sind. zeug gegen Entgelt zu Allein in den USA werden jeden Straßenbahn. Insgesamt 30 Projekte Und in Europa wird allmählich teilen. Das Hongkonger Tag rund 20 Millionen Barrel Öl ver- quer durch das Land zählte die elektrisch, was bislang Abgase Carshare.hk etwa zählt braucht. 72 % davon fließen nach zwei Jahre nach Start US-Nachrichtenagentur AP im Jahr produzierte: der Stadtbus. In der Vermittlungsplattform Angaben der US-amerikanischen 2013 – und merkte an, dass heute Mannheim und im britischen Milton 2.000 Autos und Energy Information Administration genau dort Gleise verlegt werden, Keynes werden derzeit beispiels- 20.000 Mitglieder. Damit (EIA) in den Transportsektor. Welt- wo man sie in den 1950er und weise die ersten E-Busse getestet, erschließt sich den findi- weit entfallen 51 % des Tagesver- 1960er Jahren entfernte. die sich an der Haltestelle selbst gen Start-ups ein enor- brauchs von über 90 Millionen mer Wachstumsmarkt: Barrel Öl auf das Verkehrswesen. Laut der Unternehmens- Wachstum ohne Ende beratung Roland Berger Geht es weiter wie heute, wird die Aufstrebende Volkswirtschaften als wichtige Wachstumsmärkte beim Pkw-Absatz kann sich jeder zweite CO2-Konzentration bis zum Ende Autobesitzer in der des Jahrhunderts so weit zuneh- Pkw-Absatz in Millionen industrialisierten Welt men, dass die Temperatur um vorstellen, sein Auto zu 3,7 bis 4,8 Grad Celsius steigt, 35 teilen. Das freut Park- China: 33,95 wie Berichte des Weltklimarats der platzsucher ebenso wie die Umwelt. Denn jedes Vereinten Nationen vorrechnen. geteilte Auto kann bis zu Doch die Elektromobilität ist noch 30 zehn private Pkw erset- immer ein Nischenmarkt, ebenso zen, wie eine Analyse in wie Fahrzeuge mit Hybridantrieb. der Carsharing-Pionier Der erste Schritt und bereits seit stadt Bremen zeigt. Jahren befolgte Weg, um Emis 25 sionen zu senken, führt über die Effizienzsteigerung der Verbren- nungsmotoren und ihrer Katalysa tortechnik. Denn die Benziner sind 20 alles andere als ein Auslaufmodell: So prognostiziert die aktuelle Shell- USA: 17,51 Studie für Deutschland, dass Autos 15 mit Verbrennungsmotor in den nächs Vergleichswert: ten 25 Jahren weiterhin dominieren Pkw-Absatz in den USA werden. Fahrzeugen mit Hybrid antrieb wird für 2040 ein Anteil von 10 rund 27 % vorausgesagt. Autos mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb Indien: 5,80 sehen die Verfasser der Studie bei 5 einem Anteil von etwa 5 %. Brasilien: 3,17 Dass die Elektroflitzer den Sprung Russland: 2,72 in den Massenmarkt noch nicht ge Iran: 1,99 schafft haben, liegt neben der be- 0 grenzten Reichweite und Ladeinfra 2000 2010 2020 struktur auch daran, dass sie immer noch rund ein Drittel teurer sind als Pkw-Absatz weltweit in Millionen ein vergleichbares Auto mit Verbren- nungsmotor, sagt Dr. Axel Thielmann, Stellvertretender Leiter des Compe- 55 74 108 tence Center Neue Technologien am Fraunhofer-Institut für System- und Quelle: LMC Automotive Innovationsforschung (ISI). 12 Creating Chemistry
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Batterie der Zukunft gesucht Neues Leben für alte Forscher sind zwar unermüdlich Akkus auf der Suche nach dem nächsten Ein ausrangierter Auto- großen Durchbruch, der die Akkus Akku besitzt in der Regel sowohl günstiger als auch haltbarer, noch immer 80 % seiner energiedichter und damit leichter Leistungsfähigkeit – macht. Doch die Krux dabei: Die zu viel für den Abfall, zu gewünschten Eigenschaften wirken wenig für die Anforde- rungen der Elektromobi- fast immer gegeneinander. Hohe lität. Die Allianz „Second Reichweite und Batteriekapazität Life Batteries“ will nun bedeuten hohe Kosten und Ge- den Beweis antreten, wicht, geringe Kosten und Gewicht dass sich aus ihnen ein bedeuten dagegen eine begrenzte Großspeicher für Strom Batteriekapazität. Mit Hochener- aus regenerativen Quel- len bauen lässt, der gie-NCM, einem speziellen und opti- die Versorgung sicher- mierten Gemisch aus Nickel, Kobalt stellen kann, wenn der und Mangan, ist jetzt ein vielver Wind nicht weht oder sprechendes Material im Rennen, für die Sonne nicht scheint. das auch BASF eine Lizenz hält. BMW liefert für dieses Pilotprojekt 416 Akkus Das Kathodenmaterial soll Lithium- aus dem Elektroauto i3 Ionen-Batterien auf ein neues Leis- sowie dem Forschungs- tungsniveau heben. In einer Umfrage fahrzeug ActiveE. Bosch des Fraunhofer ISI unter 91 inter schaltet die Batterien nationalen Batterieexperten räumen zusammen und leistet diese der NCM-Technik beste Chan- die Systemsteuerung. Vattenfall nimmt den cen ein, als „dritte Generation“ von Zwei-Megawatt-Speicher, Lithium-Ionen-Akkus die E-Autos in der am Kreuzfahrtter den kommenden Jahren erschwing- minal des Hamburger licher zu machen und ihre Reich Hafens stehen wird, weite zu steigern. Doch auch das im Dezember 2015 in Betrieb. Er soll 30 Vier- wird nicht die Endstation sein: Im Personen-Haushalte in Laufe der nächsten 10 bis 20 Jahre Flautezeiten eine Woche könnten revolutionäre Techniken lang mit gespeichertem wie Lithium-Schwefel marktreif sein. Windstrom versorgen Auch BASF mischt kräftig mit: können. Zwischen 2011 und 2016 will der Mehr Informationen Konzern mehrere hundert Millionen unter: Euro in die Forschung, Entwicklung www.bit.ly/1S2PhwM und Produktion von hochmodernen Batteriematerialien stecken (siehe Reportage Seite 22). Doch nicht nur der Akku muss leistungsfähiger und leichter werden, auch die Fahrzeuge müssen ab specken. Denn jedes Kilo mehr erhöht den Verbrauch. Der kom pakte Stadtflitzer BMW i3 ist das erste Elektroauto eines deutschen Premiumherstellers, bei dem in der Fahrgastzelle Karbonfasern statt Metall verbaut sind. Bis dahin war Elektrisch in die Zukunft: das aufwändig zu verarbeitende Vor allem europäische Städte setzen im Nahverkehr Material vor allem den handgefer- mehr und mehr auf E-Busse, tigten Rennwagen der Formel 1 wie hier in Hamburg (oben). sowie der Luftfahrt vorbehalten. „Neu für Serienfahrzeuge ist auch Lateinamerika hat dagegen Seilbahnen für sich entdeckt. die Kombination von Karbonfasern In Boliviens Metropole La mit einer Polyurethan-Matrix“, Paz etwa sollen sie künftig sagt Dr. Guiscard Glück, Leiter der rund 15 % des Nahverkehrs übernehmen (Mitte). Einheit „New Markets and Pro- ducts“ im Unternehmensbereich Der Elektroflitzer BMW i3 Performance Materials bei BASF. überzeugt nicht nur mit sei- So kommt in der selbsttragenden nem Antrieb, sondern auch beim Gewicht: Die leichten Rücksitzschale der BASF-Schaum- Karbonfasern in der Karos- stoff Elastolit® zum Einsatz. „Das serie machen das Gewicht Bauteil erfüllt die hohen Sicherheits- der Batterie wett (unten). Creating Chemistry 13
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T anforderungen trotz seiner geringen PremAir® NXT von BASF ihre Passagiere einfach am Ziel erkennt. Dass das intelligente Fahr- Wandstärke von 1,4 Millimetern. Da absetzen, um den nächsten Fahr- zeug kommt, ist für Leohold jedoch rüber hinaus verstärken mehr als zwei Unsere Atemluft gast abzuholen. keine Frage. „Wir brauchen es, um Dutzend Bauteile aus technischem schützen Wie nah die Automobilkonzerne den Anforderungen der modernen Kunststoff die Karbonkarosserie und Die meisten Fahrzeuge der Vision des fahrerlosen Autos Gesellschaft gerecht zu werden – verringern so das Gewicht des Elek sind heute mit Kataly schon sind, hat „Jack“ Anfang des für weniger Unfälle und Staus und troflitzers erheblich.“ 1.195 Kilo- satoren ausgestattet, die Jahres bewiesen. Der mit Radar- mehr Entspannung während der gramm bringt der BMW i3 insgesamt Schadstoffemissionen in sensoren, Laserscannern und Fahrt.“ So arbeiten längst nicht nur weniger schädliche Gase auf die Waage – in etwa so viel wie 3D-Kameras für den 360-Grad- die Autohersteller an autonomen umwandeln und damit sein benzinbetriebener Konzernbru- einen bedeutenden Bei- Rundumblick ausgestattete Audi A7 Fahrzeugen, auch bislang automo- der MINI. Doch der schleppt auch trag zur Verbesserung hat gezeigt, dass sich mit dem bilferne Technologiekonzerne wie keine 230 Kilogramm schwere der Luftqualität leisten. Autopiloten schon rund 900 Kilo Apple und Google tüfteln daran. Lithium-Ionen-Batterie mit sich PremAir® NXT von BASF meter vom Silicon Valley nach Las Den VW-Forschungschef beschäf- herum und ist zudem kürzer. ist eine katalytische Vegas zurücklegen lassen. Bis zu tigt dabei keineswegs nur die Frage Beschichtungstechnolo- Ob elektrisch oder benzinbetrie- gie von Kühlergrills, die einer Geschwindigkeit von 110 Kilo- der Technik. Mindestens genauso ben – die Liebe zum vierrädrigen bodennahes Ozon – die metern pro Stunde kann das For- spannend findet er die Suche nach Gefährt bringt für die Metropolen wesentliche Komponente schungsfahrzeug der VW-Tochter neuen Geschäftsfeldern. „Wir kön- dieser Welt noch ganz andere Her- von Smog – in Sauerstoff auf Autobahnen selbständig die nen gut Auto – jetzt lernen wir IT“, ausforderungen mit. Fährt die Hälfte umwandelt. Es katalysiert Spur wechseln und überholen. In sagt Leohold. Stauinfos, Tankstellen- diese Reaktion, wenn der Städter mit dem Auto, die andere Stadtgebieten wird der Fahrer preise, Parkplatzreservierung – Luft über den Kühlergrill Hälfte mit öffentlichen Verkehrs des Fahrzeugs strömt. allerdings aufgefordert, das Steuer welche Services braucht der Fahrer mitteln, dann nehmen die Autofahrer Im Vergleich zu früheren wieder zu übernehmen. Zu un wirklich für eine bessere Mobilität? über 90 % der Fahrfläche in An- Technologien bietet berechenbar sind die spontanen Auch die Konkurrenz schläft nicht. spruch. Die Folge sind entspre- PremAir® NXT eine ver- Bewegungen von Fahrradfahrern, BMW beispielsweise hat speziell für chend verstopfte Straßen. besserte Leistung bei Fußgängern und Kindern. seine E-Autos einen Routenplaner der Ozonumwandlung Noch bis Ende des Jahrzehnts entwickelt, der öffentliche Verkehrs- während der gesamten Robotertaxis gegen Stau Lebensdauer eines Fahr- soll die Technik aus dem Testwagen mittel und sogar Leihfahrräder bein- Gäbe es hingegen autonome Fahr- zeugs. Außerdem erlaubt in einem Serien-Audi verfügbar sein. haltet. Sobald sich der Fahrer einer zeuge, könnten die Fahrbahnen wie- es den Automobilher „Wir sind nah dran am Autopiloten“, Großstadt nähert, schlägt die Soft- der so frei sein wie im 19. Jahrhun- stellern, strenge Emis sagt Professor Dr. Jürgen Leohold, ware den Umstieg auf Rad, S-Bahn dert, meint Dr. Raúl Rojas, Informa- sionsanforderungen zu Leiter der Volkswagen Konzern erfüllen. tikprofessor und Spezialist für künst- forschung. Das vollautomatische liche Intelligenz an der Freien Univer- Mehr Informationen Fahren, bei dem der Fahrer sich sität Berlin. Mit geschickter Routen- unter: auch einmal abwenden kann, um planung könnten die nimmermüden www.basf.com/ premair-nxt ein Nickerchen zu machen oder „Wir sind nah dran Chauffeure leicht vier oder mehr Zeitung zu lesen, sei allerdings noch am Autopiloten.“ Personen gleichzeitig transportieren. 10 bis 15 Jahre entfernt. Bis dahin Das Auto würde zum Sammeltaxi. muss sichergestellt sein, dass das Professor Dr. Jürgen Leohold, Leiter Und das zahlt sich aus: In einer Ana- Auto jeden unerwarteten Störfall der Volkswagen Konzernforschung lyse von 150 Millionen Taxifahrten durch Manhattan haben Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) herausgefunden, dass sich die Zahl der Fahrten um 40 % hätte reduzieren lassen, wenn jedes Taxi einen weiteren Gast mit- genommen hätte. „Künftig werden wir Autos nicht mehr besitzen“, betont auch Google-Mitgründer Sergey Brin in Interviews. Die vielen privaten Pkws seien eine enorme Belastung für die Gesellschaft. Zu Stoßzeiten sei jeder dritte Fahrer in der Stadt nur auf der Straße, weil er einen Parkplatz sucht. Damit sei es vorbei, wenn selbstfahrende Autos Statt langer Parkplatzsuche setzen autonome Roboter taxis ihre Passagiere am gewünschten Ziel ab und sammeln dann direkt ihren nächsten Fahrgast ein. 14 Creating Chemistry
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T oder Metro vor, wenn sich das Ziel Fußgänger und Fahrrad Eroberung der Stadt durch die Fuß- wieder breiter, ein stadtweites Rad- so schneller erreichen lässt. fahrer haben hier Vorrang: gänger und Radfahrer begann be- wegenetz entstand. Innerhalb von Das Kopenhagener Modell Doch so groß die Hoffnungen dient inzwischen als reits 1962, als die erste Straße in zwei Jahren fuhren plötzlich doppelt sind, dass die Digitalisierung und Vorreiter für viele Städte, der Innenstadt für den Autoverkehr so viele Menschen mit dem Fahrrad der permanente Datenaustausch darunter New York. gesperrt wurde. Damals protestier- zur Arbeit. Inzwischen sind auch zwischen Fahrzeugen, smarten ten die Ladenbesitzer aus Angst vor der Madison Square und elf weitere Infrastrukturen, Ampeln und Bau- herben Umsatzeinbußen, tatsächlich Plätze autofrei. stellen enorme Chancen bietet, jedoch florierten ihre Geschäfte. Ein solches Umdenken zeigt den Verkehr in Zukunft flüssiger und Schritt für Schritt wurden daraufhin sich in immer mehr Städten welt- sicherer zu machen – Hightech mit der wissenschaftlichen Unter- weit. Doch die Vorzeigemetropole alleine dürfte die Herausforderungen „Eine Stadt ist stützung von Gehl und seinem Kopenhagen kämpft inzwischen der Städte nicht lösen. Forscherteam immer mehr Straßen mit den Folgen ihres Erfolgs. Heute lebenswert, für den Autoverkehr gesperrt, Bür- stecken immer mehr Radler im Lebensqualität erhöhen wenn sie nicht gersteige verbreitert und ein stadt- Stau. Zur Hauptverkehrszeit brau- Es geht um mehr. „Eine Stadt ist im Tempo des weites Netz an Radwegen gebaut. chen sie mitunter drei Ampelphasen, lebenswert, wenn sie nicht im Tempo Heute sind alle 18 öffentlichen Plätze um über die Straße zu kommen, des Automobils, sondern dem der Automobils, son- in der Innenstadt autofrei. 45 % der und in den beliebten Fußgängerzo- Fußgänger und Radfahrer tickt“, dern dem der Kopenhagener radeln zur Arbeit nen explodieren die Mieten für Be- meint Jan Gehl, PhD. Wie Mobilität Fußgänger und und ohne Fahrradträger am Wagen wohner und Ladenbesitzer. Doch und Architektur von Städten mit erhält kein Taxifahrer eine Lizenz. Jan Gehl hat eine einfache Antwort: Radfahrer tickt.“ Lebensqualität zusammenhängen, Gehls Argumente haben auch in „Dann schaffen wir eben noch mehr das hat der inzwischen emeritierte Jan Gehl, PhD und emeritier New York überzeugt. Ab Höhe des Radwege und Fußgängerzonen.“ dänische Architekturprofessor, der ter Professor an der Royal Times Square wurden im Mai 2009 heute als einer der einflussreichsten Danish Academy of Fine die Autos vom Broadway verbannt. Arts, School of Architecture Mehr Informationen unter: Stadtplaner der Welt gilt, über Statt eines erwarteten Verkehrs www.bmw.de/i3 40 Jahre erforscht. Die Tatsache, chaos verbesserte sich der Verkehrs www.volkswagenag.com/innovation dass seine Heimatstadt Kopenha- fluss Berechnungen des Verkehrs- www.blog.audi.de/tag/piloted-driving gen drei Mal zur lebenswertesten ministeriums zufolge um 7 %. www.basf.com/creator-space/ staedtisches-leben Stadt der Welt gekürt wurde, scheint Taxifahrten waren plötzlich um 17 % www.automotive.basf.com ihm recht zu geben. Die allmähliche schneller. Die Bürgersteige wurden www.gehlarchitects.com Creating Chemistry 15
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Mobilität in der Stadt von morgen Sauberer, flexibler und platzsparend – angesichts von Smog und drohendem Verkehrsinfarkt ist nachhaltiges Mobilitätsdenken nötig. Unsere Grafik zeigt, wie wir uns in der Stadt der Zukunft bewegen könnten. Energie für das CO2-freie Fahren Ladekabel – das war gestern. Statt dessen können die Elektrofahrzeuge der Zukunft Strom an in den Asphalt eingelassenen Ladepunkten ziehen. Das Auto muss nur über die Platte fahren und schon beginnt der Lade vorgang induktiv. Die Energieübertra gung an die Fahrzeugbatterie erfolgt Autonome Autos über ein Magnetfeld zwischen zwei Spulen – einer, die sich im Unterboden Das Auto der Zukunft fährt selbst. Der Mensch des Autos befindet, und einer zweiten, kann währenddessen Zeitung lesen oder die in der Asphaltplatte unterhalb des arbeiten. Auch den nächsten freien Parkplatz Fahrzeugs liegt. Gleichzeitig werden sucht es sich allein und kommt wieder, wenn auch Laternenmasten zu Ladestationen. es gerufen wird. Zugleich kommunizieren die vernetzen Autos miteinander und warnen sich so beispielsweise vor Gefahren. Selbstfahrende Kapseln Die öffentlichen, selbstfahrenden Kapseln sind eine Art Schienentaxi, das individuelle Fahrten im öffentlichen Nahverkehr ermöglicht. Feste Haltestellen und Fahrpläne gibt es nicht. Ge ordert wird die Kapsel stattdessen bei Bedarf per Smartphone. Das neuartige Gefährt findet dann den Weg zum Wunschort ohne Unterstüt zung des Fahrgasts. 16 Creating Chemistry
Autos der Lüfte Einfach die Tragflächen ausgeklappt, und schon erobern die hubschrauber ähnlichen Senkrechtstarter die Lüfte. Intelligente Verkehrssteuerung Statt fester Ampeln und aufgemalter Zebrastreifen wertet die intelligente Stadt Sensoren, etwa in Fahrzeugen und Nahverkehrsmitteln, automatisch aus. So nimmt sie wahr, wo beispiels weise Fußgänger eine Straße über queren wollen, und projiziert nach Bedarf die entsprechenden Signale. Denkbar sind auch variable Tempo begrenzungen und Umleitungsemp fehlungen, die auf der Straße erschei nen und den Verkehr fließen lassen. Gebäude kommunizieren mit den Verkehrsteilnehmern über ihre Fassa de als digitale Projektionsfläche und warnen beispielsweise vor einem Unfall an der nächsten Ecke. Röhrenkapseln Auch unter der Erde hält die Zukunft Einzug. In Turbo-Kapseln werden die Fahr gäste mit enormen Geschwindigkeiten automatisch durch ein Röhrensystem ge schleust – indem Reibung und Luftwider stand auf ein Minimum reduziert werden. Die benötigte Energie kann extrem effizient eingesetzt werden: Einmal bis auf Höchst geschwindigkeit beschleunigt, rollt die Kapsel einfach weiter – ganz ohne zusätz lichen Energieeinsatz. Platz sparen – Freiräume schaffen Autos werden modular: Je nach Zahl der Mitfahrer lassen sie sich erweitern oder aber beim Parken ähnlich wie ein Kinderwagen zusammenfalten. So benötigen drei bis vier der Fahrzeuge den Parkraum eines konventionellen Autos. Parkregale sorgen zusätzlich für optimale Platzausnutzung in die Höhe. Die freiwerdenden Parkstreifen werden zu grünen Verweilräumen. Auch funktionslose Hochbahntras sen werden in öffentliche Parks umgewandelt. Creating Chemistry 17
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Die Welt in Bewegung halten Mobilität, die für alle besser funktioniert – das steht weltweit ganz oben auf der Agenda. Welche Ideen entwickeln sich und welche konkreten Pläne existieren bereits? Mary Crass vom International Transport Forum (ITF) spricht über multimodale Systeme, Lösungen für den öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum und einen Mary Crass fußgängerfreundlichen Städtebau. Mary Crass ist seit sechs Jahren Leiterin der Abtei- lung Politik und Gipfelvor- bereitung des International Transport Forum (ITF). Davor war sie Analystin für Creating Chemistry: 2015 hatte los waren. Sehen Sie, dass sich Eine aktuelle Studie besagt, dass Verkehrspolitik und Haupt- der ITF-Gipfel drei Themenschwer die Verkehrsbedingungen dort Flotten selbstfahrender und ge- verwaltungsrätin beim ITF punkte – Verkehr, Handel und verbessern? meinschaftlich genutzter Autos in und dessen Vorgänger organisation, der European Tourismus. Auf welche Bereiche Im Großen und Ganzen hat Paris Städten mittlerer Größe 90 % der Conference of Ministers legen Sie dieses Jahr das Haupt- gewaltige Schritte unternommen, herkömmlichen Pkws ersetzen wer- of Transport. Beide Einrich- augenmerk? um die Menschen vom Autofahren den. Ist das realistisch, wenn man tungen sind bei der Orga Mary Crass: Regierungen und Ak- abzubringen, ohne dabei eine bedenkt, wie sehr die Leute am nisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- teure im gesamten Verkehrswesen City-Maut einzuführen – wie etwa Komfort hängen, den ein eigenes wicklung (OECD) in Paris müssen anfangen, diese drei Berei- im sehr starken Londoner Modell. Auto bietet? angesiedelt. Zuvor war che als miteinander verknüpft zu Durch Busspuren wurde beispiels- Der Vorteil des Autos liegt in der sie in der Privatwirtschaft behandeln. Tourismus wird zu häufig weise der verfügbare Fahrbahnraum Berechenbarkeit, die den Menschen und im Beratungssektor tätig. Crass hat einen getrennt vom Handel betrachtet, reduziert. Carsharing und Fahrrad- das Gefühl gibt, dass sie hinkom- Master of Arts in interna doch die Branche trägt 21 % zu den verleihsysteme verbreiten sich. In men, wo sie wollen, und zwar von tionalen Wirtschaftswis- Exportdienstleistungen bei und den Außenbezirken gibt es noch Tür zu Tür. Doch Staus beeinflussen senschaften und Energie- und Umweltpolitik von der spielt daher im Handel eine wichtige Schwierigkeiten, aber das „Grand diese Berechenbarkeit und der Be- Johns Hopkins University Rolle. Das Verkehrswesen ermög- Paris“-Projekt mit seinen Plänen für sitz eines Autos bringt Kosten mit School of Advanced licht sowohl den Handel als auch neue automatische U-Bahnlinien, sich, unter anderem durch Fahr- International Studies in den Tourismus und wird durch die Stationen, Ringlinien und bessere zeugkauf und -wartung sowie durch Washington, D.C./USA. wachsenden Anforderungen in Zuganbindungen wird als Vorbild für das Tanken und Parken. Außerdem diesen Bereichen vor Herausforde- andere Städte präsentiert. Politi- kostet die Parkplatzsuche Zeit. Al- rungen gestellt. Bis 2030 wird die sches Engagement wird bei der Um- ternative Mobilitätsformen müssen Zahl der Touristenankünfte weltweit setzung eine Schlüsselrolle spielen. der Herausforderung gerecht wer- 1,8 Milliarden erreichen! Wir brauchen den, jederzeit verfügbar zu sein und eine leichter zugängliche touristische den Transport auch auf dem letzten Infrastruktur und Informationen für Kilometer abzudecken, indem sie alle Besucher – besonders für die verschiedene Verkehrsarten mitein- wachsende Zahl an älteren Reisen- ander verknüpfen. Größere Städte den. Im Hinblick auf den Handel brauchen andere Lösungen. Wenn müssen Regierungen zusammenar- sie ihr öffentliches Verkehrsnetz so beiten, um neben den Verwaltungs- „Das Verkehrswesen ausbauen können, dass es einige und Verfahrenshürden auch physi- ermöglicht sowohl der Vorteile des Fahrens mit dem sche Hindernisse zu reduzieren. Ins- eigenen Auto bietet, etwa durch die gesamt brauchen wir eine bessere den Handel als auch Integration von Carsharing, Fahr- politische Abstimmung in allen drei den Tourismus und gemeinschaften oder Fahrradverleih- Bereichen, um die Weiterentwick- wird durch die wach- programmen, dann ist das gut so. lung der Weltwirtschaft und sozialen Die Menschen wollen Komfort, Er- Zusammenhalt zu erreichen. senden Anforderungen reichbarkeit und Zuverlässigkeit; Mary Crass am Trocadéro in in diesen Bereichen wenn andere Mobilitätslösungen Paris, wo Verkehr, Tourismus und Handel Hand in Hand Das ITF hat seinen Sitz in Paris, vor Herausforderungen dies bieten, ist die Chance größer, gehen: Der Platz ist beliebt wo die Luftverschmutzung kürz- dass sie ihre Autos stehenlassen. bei Touristen – er soll den lich so hoch war, dass die Hälfte gestellt.“ besten Blick auf den Eiffel- turm bieten. Zugleich gilt er der Autos von den Straßen ver- Ihre aktuellste Studie zum Verkehr Mary Crass, Leiterin der Abteilung als wichtige Metrostation bannt wurde und öffentliche Ver- Politik und Gipfelvorbereitung im ländlichen Raum betont die Be- und beherbergt Restaurants, kehrsmittel für einen Tag kosten- des International Transport Forum deutung von besser koordinierten Hotels und Geschäfte. 18 Creating Chemistry
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S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Mary Crass lebt und arbeitet Dienstleistungen. Was sind aus in Paris, wo das ITF seinen Ihrer Sicht die größten Herausfor Sitz hat. Ihren Angaben zu- folge hat die französische derungen, wenn man die Mobilität Hauptstadt in letzter Zeit von Menschen, die außerhalb der große Anstrengungen in Stadt leben, sicherstellen will? Richtung einer verbesserten Der öffentliche Nahverkehr kostet Mobilität unternommen – aufbauend auf diversen Ver- auf dem Land mehr als in dichtbe- kehrsarten und -maßnahmen siedelten städtischen Gebieten. Da wie speziellen Busspuren gibt es Raum für staatliche Subven- (links), U-Bahnlinien und tionen, aber wir haben auch Belege neuen Stationen. Ebenso wie in anderen Teilen der Welt für die Bereitschaft der Landbevöl- breiten sich Carsharing- und kerung, mehr für Dienste zu bezah- Fahrradverleihsysteme aus len, die effizient sind, selbst wenn (unten). sie nicht mit der gleichen Frequenz angeboten werden wie in den Städ- ten. Ein Beispiel ist ein bedarfsab- hängiger Busverkehr, der für Gebie- te mit geringer Bevölkerungsdichte oder den ländlichen Raum eine Option sein könnte. Es ist wichtig, dass solche Dienste nicht isoliert arbeiten, sondern als Teil von größe- ren, miteinander verknüpften multi- modalen Netzwerken. Per Smart- phone zugängliche Verkehrsinforma- tionen sind ein Schlüsselfaktor. Welche Rolle werden vernetzte Verkehrsinformationen und die Verkehrsinfrastruktur spielen? Eine entscheidende, nicht zuletzt beim Einsatz von selbstfahrenden Fahrzeugen, die einen sicheren Betrieb erlauben. Man wird die bran- chenweite Unterstützung intelligenter Verkehrssysteme benötigen, unter anderem in Form von elektronischen Verkehrsinformationen, dem allge- meinen und öffentlichen Verkehrs- management, der Fahrerunterstüt- zung und automatischer Sicher- heitssysteme. Ein aktuelles Beispiel ist die europäische eCall-Verord- nung, die vorschreibt, dass neue Autos ab April 2018 mit der eCall- Technologie ausgestattet sein müs- sen. Im Fall eines schweren Unfalls teilt eCall dem Rettungsdienst auto- matisch relevante Informationen wie den Standort des Fahrzeugs mit. In Entwicklungsländern steigt die Zahl der Autobesitzer und damit die Zahl der Staus. Wenn man diese Entwicklung mit den Erfah- rungen des Westens vergleicht, welche Lehren lassen sich daraus ziehen? Mit einem steigenden Durchschnitts einkommen möchten mehr und mehr Menschen ein eigenes Auto. Der private Fahrzeugbesitz muss ihnen nicht notwendigerweise ver- wehrt werden. Aber die Entschei- dungsträger müssen zwischen dem Eigentum und der Nutzung eines 20 Creating Chemistry
S C H W E R P U N K T – M O B I L I TÄT D E R Z U K U N F T Autos unterscheiden und die über- mäßige Abhängigkeit vom Pkw ver- ringern, statt ausschließlich für Mo- bilität zu werben. Hierfür bedarf es Vorschriften, die die Nutzung gestal- ten und regeln, und einer sorgfälti- gen und frühzeitigen Planung im Hinblick auf den Zugang zu Dienst- leistungen und Einrichtungen. Bei der Planung von Bus- und Schienen- korridoren muss man die transit orientierte Entwicklung im Blick ha- ben. Politisch geförderte Parkbe- schränkungen und Parkgebühren können zielführend sein. Wo die öffentliche Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsdienste noch nicht gut ent- wickelt sind, können Strategien zur Stärkung von Carsharing und Fahr- gemeinschaften verfolgt werden. Und das Laufen und Fahrradfahren kann als integraler Bestandteil der Verkehrspolitik gefördert werden. Um solche Alternativen zu fördern, ist es notwendig, dass Verkehrsteilnehmer an Der Hauptvorteil des Mit Blick auf den Umweltschutz Mit welchen großen Themen der Idee Gefallen finden und Autos ist laut Mary Crass spielen Elektrofahrzeuge eine befassen Sie sich im Vorfeld Ihres seine Berechenbarkeit – sich sicher fühlen. Was muss ein Aspekt, der auch in immer wichtigere Rolle. Wie kann Gipfels im kommenden Jahr? dafür getan werden? ihrem Arbeitsalltag von staatliche Politik E-Mobilität Das Thema für 2016 lautet „Grüne In allzu vielen Ländern spielt der entscheidender Bedeutung fördern? und integrative Mobilität“. Das Ver- nichtmotorisierte Verkehr in der Politik ist. Andere Mobilitätslö- E-Mobilität ist ein wichtiges Thema kehrswesen ist eine treibende Kraft sungen können aber auf- nach wie vor nur eine untergeord holen, wie sie versichert. für Regierungen. Sie können sie für Wirtschaftswachstum und -ent- nete Rolle. Er muss mit positiven fördern, indem sie Zuschüsse und wicklung: Günstigere, sicherere, „Auto-Fernhalte“-Strategien in den Kaufsubventionen gewähren, Geset- verlässlichere und häufiger verkeh- Vordergrund gerückt werden, sei es ze für die Aufnahme von Elektro- rende Transportmittel erleichtern in Form von Verkehrsberuhigungs- fahrzeugen in die Flotten des öffent- den Handel und die Fortbewegung maßnahmen, Geschwindigkeitsbe- lichen Dienstes einführen und die und schaffen Zugang zu Arbeit, Gü- grenzungen auf 30 Stundenkilome- Forschungs- und Entwicklungsarbeit tern und Dienstleistungen. Das Ver- ter in innerstädtischen Gebieten an neuen Batterien und Aufladever- kehrsmodell, das diesen wirtschaftli- oder autofreien Zonen. fahren unterstützen. Doch Elektro chen Austausch ermöglicht, ist ge- autos sehen sich trotz ihrer Umwelt- genwärtig allerdings ökologisch Fußgängerfreundlichkeit ent vorteile auch mit Hindernissen kon- nicht nachhaltig. Unsere Forschung wickelt sich in den USA zu frontiert. ITF-Untersuchungen zei- zeigt, dass Verkehr weltweit nach einem Bewertungskriterium für gen, dass ihre Kosten oft noch hö- wie vor zu 97 % von fossilen Brenn- Wohn- und Geschäftsstandorte. her sind als die vergleichbarer stoffen abhängt und 25 % zu den Rechnen Sie damit, dass dieser „Die Menschen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. CO2-Emissionen beiträgt. Wenn wir Trend sich ausweitet? Der Abstand mag sich bei höheren so weitermachen, wird sein Schad- Ja, sofern örtliche Regierungen wollen Komfort, Produktionsmengen zwar verringern, stoffausstoß bis 2050 um 170 % bereit sind, den Städteplanungspro- Erreichbarkeit aber Fahrzeuge mit Verbrennungs- steigen. Wir denken, dass grüne zess völlig umzukrempeln, indem sie und Zuverlässig- motor könnten in vielen Szenarien Mobilität grünes Wirtschaftswachs- den Zugang zu Einrichtungen und weiterhin eine größere Reichweite tum vorantreiben kann. Doch einigen Dienstleistungen sowie die gute keit; wenn an- bei niedrigeren Kosten bieten. Zu- Teilen der Gesellschaft wird der Zu- Anbindung an öffentliche Verkehrs- dere Mobilitäts- dem muss man bei der Bewertung gang aufgrund ihres Einkommens, mittel berücksichtigen. Der Gedanke lösungen dies ihres Umweltvorteils auch die CO2- ihrer Mobilität, ihres Standorts oder findet in Nordamerika große Akzep- Intensität der Stromerzeugung be- untragbarer Verkehrskosten ver- tanz, was sich etwa in einer transit bieten, ist die rücksichtigen. Grundsätzlich werden wehrt. Integrative Mobilität bedeutet, orientierten Entwicklung nieder- Chance größer, künftige Mobilitätslösungen Antriebe dass jeder Zugang zum Arbeits- schlägt. Das sorgt dafür, dass sich dass sie ihre aus verschiedenen Energiequellen markt, zu Bildung, zu öffentlichen neue Wohnhäuser, Geschäfte und nutzen – da wäre natürlich Strom, Einrichtungen und zu Sozial- und Autos stehen- Arbeitsplätze dort ballen, wo Um- aber auch Wasserstoff, Solarenergie Freizeitaktivitäten hat. steigemöglichkeiten und Haltestellen lassen.“ und Biokraftstoff. Bis neue Techno- bequem zu Fuß erreichbar sind. logien die Serienreife erreichen, wer- Mehr Informationen unter: Mary Crass, Leiterin der den Verbesserungen der Treibstoff www.internationaltransportforum.org Abteilung Politik und Gipfelvorbereitung des effizienz bestehender Antriebstech- International Transport Forum nologien entscheidend sein. Creating Chemistry 21
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