In die Ferne Ambivalenz als ständiger Begleiter " Interview: Dorothea Sturn " Die FTI-Strategie der Bundes-regierung " Portrait: Monika Oberer ...
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1|11 In die Ferne … Ambivalenz als ständiger Begleiter » Interview: Dorothea Sturn » Die FTI-Strategie der Bundes- regierung » Portrait: Monika Oberer » Persön- liche Paradigmen: Wolfgang Lutz
Inhalt 6 in die ferne ... 32 46 Judith Schacher- Frau in der wiSSENSCHAFT: reiter berichtet Monika Oberer aus Mexiko Editorial 4 Projektvorstellungen 42 Wolfgang Lutz im Gespräch mit friedrich stadler 5 Brief des Präsidenten Thema 6–12 In die Ferne ... FOKUS Panoptikum 13–15 Ambivalenz als ständiger Begleiter 32–35 Frau in der Wissenschaft 16–19 Interview: Dorothea Sturn Monika Oberer 20 Die FTI-Strategie der Bundes 36–39 Interview: Helga Nowotny regierung 40–41 International ausgezeichnet 16 Dorothea 21 Kommentar Christoph Kratky: Der Weg zum Innovation Leader 22–26 Karriereentwicklung wörtlich Barbara Horejs und Gerhard Herndl 42–45 Persönliche Paradigmen Wolfgang Lutz und Friedrich Stadler Sturn im Gespräch genommen im Gespräch mit Stefan 27 Dritte Ausschreibung zur Förderung 46–47 Unterwegs Bernhardt künstlerischer Forschung – Judith Schacherreiter in Mexiko PEEK 2011 28 SFBs: Die neuen Regeln EVENT 29 Im Blickpunkt: FWF-Kunstpreis 2011; 48–49 MS Wissenschaft 2011 in Österreich Jahresrückblick im Web 50 AmPuls: Entstehung, Einsatz & Entwicklung von Impfungen Kontext 30–31 Die Wissenschaftsbücher des Jahres
Editorial 50 AmPuls über die entstehung und den einsatz von impfungen ad mas ms stb Ein Fisch namens Erwin » Seit über 25 Jahren bietet der FWF hoch qualifizierten jungen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern mit dem Erwin-Schrö- dinger-Programm die Möglichkeit, die weite Welt (der Wissen- schaft) zu entdecken. Kein Zweifel: Für jede und jeden war die Auslandser- fahrung bedeutend. Die Zurückgekehrten erzählen von unverzichtbaren Er- fahrungen und sehen den Auslandsaufenthalt als Grundstein für ihre weite re wissenschaftliche Karriere. Kaum eine Stimme ist zu hören, die nicht die enorme Bedeutung dieser Auslandserfahrung hervorstreicht. Das Schrödin- ger-Programm ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte. Jedoch weisenjüngste statistische Analysen auf einen kleinen Schönheitsfehler hin: Während heut- zutage in den meisten Wissenschaftsbereichen die Mobilität, zu der auch Auslandsaufenthalte zu Beginn der wissenschaftlichen Karriere zählen, fest im modus vivendi verankert ist, scheinen die Geisteswissenschaften und Teile der Sozialwissenschaften diesem Trend hinterherzuhinken. So betrug der Anteil der Geistes- und Sozialwissenschaften bei den Bewilligungen 48 (nach Summe) im Schrödinger-Programm im Jahr 2010 lediglich 4,6 %. Das Coverthema widmet sich dieser Analyse, begleitet von erfolgreichen Die MS Wissenschaft Beispielen aus dem Mobilitätsprogramm und einem Kommentar von FWF- macht Station in Vizepräsident und Ex-Schrödinger-Stipendiat Herbert Gottweis. Österreich Im „Fokus“ zeigt der Jahresrückblick die Entwicklung der Förderungstätig- keit des FWF für das Jahr 2010. Die neue Geschäftsführerin des FWF, DorotheaSturn, spricht im Interview über ihr Bild des FWF, sein Verhältnis zu den Universitäten und dem BMWF sowie über ihre persönliche Füh- rungsphilosophie. FWF-Präsident Christoph Kratky kommentiert die Anfang Call 2011 beschlossene FTI-Strategie der Bundesregierung. Im Anschluss finden 51 PEEK sich Portraits der 14 im Herbst 2010 bewilligten Firnberg-/Richter-Stellen 52 Firnberg/Richter inhaberinnen. 53 SFBs „Kontext“ stellt die Wissenschaftsbücher des Jahres vor, welche Anfang FWF intern 2011 gekürt wurden. In „Panoptikum“: „Frau in der Wissenschaft“ portrai- 54 website.corner, Personalia tiert die Biochemikerin und Strukturbiologin Monika Oberer. Im Interview: ERC-Präsidentin Helga Nowotny. Im Gespräch mit Friedrich Stadler erzählt 55 Karikatur der Sozialwissenschafter und Wittgenstein-Preisträger 2010 WolfgangLutz 56 Presseclippings über „die Mathematik der Menschen“. In „Unterwegs“ stellt Judith Schacher reiter ihr Projekt in Mexiko vor. Stefan Bernhardt, Alexander Damianisch, Margit Schwarz-Stiglbauer und Marc Seumenicht IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), Haus der Forschung, Sensengasse 1, 1090 Wien, Tel.: 01-505 67 40-0, Fax: 01-505 67 39, office@ fwf.ac.at, www.fwf.ac.at Präsident Christoph Kratky Geschäftsführerin Dorothea Sturn Redaktion Stefan Bernhardt (Chefredakteur), Marc Seumenicht (stv. Chefredakteur, CvD), Alexander Damianisch, Margit Schwarz-Stiglbauer Kontakt redaktion@fwf.ac.at Beiträge in dieser Ausgabe Stefan Bidner, SabineHaubenwallner, RudolfNovak, Falk Reckling, Judith Schacherreiter, Barbara Zimmermann Karika- tur Raoul Nerada Cover iStockphoto Grafik und Produktion Starmühler Agentur & Verlag Druck Ueberreuter Print und Digimedia GmbH. Erscheinungsweise viermal jährlich, kostenlos zu bestellen beim FWF Hinweis Die Kommentare und Statements externer AutorInnen müssen nicht die Meinung der Redaktion wiedergeben. Gender-Regelung Bei Zitaten und Interviews wird der Authentizität wegen darauf verzichtet, diese genderneutral umzuformulieren. Steht die männliche Form allein, ist sie in diesemSinne als generisches Maskulinum zu verstehen.
Projektvorstellungen In Kooperation mit der Agentur für Wissenschaftskommunikation PR&D stellt der FWF in regelmäSSiger Folge Projekte vor: Hier Kostproben und mehr … Vom FWF gefördert ... » Ready for Take-Off: www.luft- » Eine Lösung, die sich rechnet: Mathema- liegen besonders an der Grenze von Materi- fahrtrecht.at Alle für das öster tische Vermutung nach Jahrzehnten be- alkörnchen. An diesen Stellen, so Berech reichische Luftfahrtrecht relevanten wiesen Eine im Jahr 1985 aufgestellte ma- nungen der FH St.Pölten,wird die Magnet- Informationen sind nun erstmals online und thematische Vermutung – die Andrews-Rob- kraft des Materials geschwächt. Optimie- kommentiert verfügbar. Damit können Juris bins-Vermutung – konnte jetzt erstmals be- rungen der Materialstruktur könnten das © Thomas Schrefl, Sigmar Stadlmeier, European Union 2010, Manuel Kauers, Gerald Spreitzhofer, FWF/Hans Schubert tinnen bzw. Juristen sowie Teilnehmerinnen wiesen werden. Damit steht fest, dass sich vermeiden und zum Einsparen von Seltenen bzw. Teilnehmer am Luftverkehr auf eine die Struktur sogenannter „total symme- Erden beitragen. vollständige und aktuelle Sammlung von trischer planarer Partitionen“ mit einer ein- » www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/ Normen, Gerichtsentscheidungen und Kom- zigen Formel beschreiben lässt. Die Beweis- pv201102-de.html mentierungen zugreifen. Die Datenbank ist führung gelang unter Einsatz enormer Com- das Ergebnis eines Projekts des FWF im puter-Ressourcen und wurde damit erst » Schneefrei glücklich – mehr Brutto- Rahmen des Translational-Research-Pro- nach „computergerechter“ Aufbereitung der nationalglück dank präziser Wettervorher- gramms. Formel möglich. Dieses mit Unterstützung sage Ein österreichisches Informationssy- » www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/ des FWF erzielte Ergebnis einer Forschungs- stem zur genaueren Prognose von Schnee- pv201012-de.html gruppe aus Linz wurde in den Proceedings fall wird jetzt auch in Teilen des Himalaja of the National Academy of Sciences veröf- genutzt. Das als MetGIS bezeichnete Sys » Gleichberechtigung für die Klassiker der fentlicht. Mit dem Beweis ist endgültig auch tem erlaubt dem Wetterdienst des König- Geschlechterforschung Eine Neuinterpre- die letzte einer ganzen Reihe berühmter ma- reichs Bhutan erstmals, meteorologische tation von Klassikern der feministischen Ge- thematischer Vermutungen bewiesen, die Daten mit geografischen Informationen in schlechterforschung wagte Silvia Stoller im sich auf planare Partitionen beziehen. Bezug zu setzen. Bereits seit einiger Zeit Rahmen eines vom FWF unterstützten Pro- » www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/ wird das mit Unterstützung des FWF weiter jekts. Die Ergebnisse fasste sie nun in ihrem pv201101-2de.html entwickelte System in einigen Hochgebirgs- Buch „Existenz – Differenz – Konstruktion. regionen der Welt eingesetzt. In Bhutan Phänomenologie der Geschlechtlichkeit bei » Silicon-Chip „ersetzt“ Seltene Erden aber überzeugten nicht nur die reine techni Beauvoir, Irigaray und Butler“ zusammen. Seltene Erden sind teuer – und fixer Be sche Leistungsfähigkeit des neuen Systems, Darin zeigt die Autorin erstmals, wie Ansätze standteil von Hochleistungsmagneten. Ihre sondern auch der Beitrag, den präzisere der feministischen Geschlechterforschung, Verwendung für diesen Zweck lässt sich op- Wetterprognosen zum „Bruttonationalglück“ die sich scheinbar ausschließen, doch in Be- timieren und damit reduzieren. Das belegen leisten – einer von Bhutan eingeführten Be- ziehung gesetzt werden können, um kons Computersimulationen eines vom FWF un- rechnungsmethode für die Bewertung des truktive, gesellschaftsrelevante Kritik zu terstützten SFBs. Die in den USA vorgestell- immateriellen Lebensstandards der Bevöl- üben. ten Ergebnisse zeigen, dass es bei solchen kerung. » www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/ Magneten lokale Verformungen im Kris » www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/ pv201101-de.html tallgitter des Materials geben kann. Diese pv201103-de.html 04 » FWF info76
Brief des Präsidenten » Wir werden alles daran setzen, dass die Overheadzahlungen möglichst bald auf die anderen Programme ausgedehnt werden. « Christoph Kratky, Präsident des FWF Erfreuliches und Bedenkliches » Vor Ihnen liegt das erste FWF- von der Aufsichtsbehörde genehmigt Förderungsgeschäft. Wir werden na- info dieses Jahres, und ich darf und wurde vor Kurzem – wie vom FTFG türlich alles daran setzen, dass die Ihnen ein paar durchaus erfreu- gefordert – dem Parlament zugesandt. Overheadzahlungen möglichst bald auf liche Dinge zur Kenntnis bringen: Es wird sodann auch von der Website die anderen Programme des FWF aus- des FWF (unter Publikationen) zu Ihrer gedehnt werden. 1. U nsere neue Geschäftsführerin Dorothea geschätzt en Einsichtnahme abrufbar Sturn – die Ihnen ja bereits im vorletz- sein. 5. I m Februar 2011 wurde – nach langen ten Heft vorgestellt wurde – ist seit Jah- Geburtswehen – die FTI-Strategie der resbeginn im Amt, und hat sich mit En- 3. S ehr erfreut hat uns die Nationalstif- Bundesregierung beschlossen und der ergie und Enthusiasmus in ihre neue tung, die dem FWF für 2011 fast dop- Öffentlichkeit präsentiert. Dies ist er- Aufgabe gestürzt. Ich bin überzeugt, pelt so viel genehmigt hat wie von uns freulich, da dieses Strategiepapier ein dass sie die auf sie zukommenden budgetiert, konkret 19,4 Mio. € gegen- klares Bekenntnis zur Grundlagenfor- großen Anforderungen meist ern wird, über geplanten 10 Mio. €. schung – inklusive Stärkung des FWF – und wir alle wünschen ihr Spaß bei ih- enthält. Natürlich warten wir voll Vor- rer neuen Tätigkeit. 4. S chon im letzten Heft haben wir ange- freude auf die Umsetzung der ange- kündigt, dass für neu genehmigte kündigten Maßnahmen, über deren 2. I m Jahre 2009 – nach der großen Kri- Einzelp rojekte und PEEK-Projekte seit Fristigkeit das Papier leider wenig aus- se – hat der FWF ein Fünf-Jahres-Bud- Jahresbeginn wieder Overheads im sagt. Ich gestatte mir, auf meinen Kom- get zugesichert bekommen, welches Umfangvon 20 % der Projektkosten an mentar auf Seite 21 hinzuweisen. jährlich gleichbleibende Zuwendungen die Universitätsleitungen bezahlt wer- in der Höhe von 151,9 Mio. € vorsieht. den. In der Kurator iumssitzung vom Ich wünsche Ihnen wie immer viel Spaß Dies hat uns erstmals in die Lage ver- 7.– 9. März wurden nun die ersten Pro- beim Lesen. setzt, eine faktenbasierte Mehrjahres- jekte genehmigt, die in den Genuss planung durchzuführen, welche die dieser Maßnahme kommen. So sehr Ihr Basis unseres Mehrjahresprogramms uns all dies freut, gibt es natürlich den 2011–2015 bildet. Das Mehrjahrespro- Wermutstropfen der Beschränkung auf gramm wurde nach Beschlussfassung zwei Programme und die damit einher- durch den Aufsichtsrat kürzlich auch gehende Sorge von Verzerrungen im FWFinfo76» 05
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium In die Ferne … ... schweifen, denn das Gute liegt nicht immer nah! Forschungsaufenthalte im Ausland sind für Wissenschafterinnen und Wissenschafter wichtige Horizont erweiterung und Karrierekick zugleich. Das Erwin-Schrödinger-Stipendium hilft. Text: Barbara Zimmermann, Falk Reckling FWF info76» 07
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium » Die Geisteswissenschaften er- Geisteswissenschaften bis vor einigen Zum anderen liegt auch die Bewilligungs- reichen beim FWF seit Jahren mit Jahren fast ausschließlich auf das Pro- quote der Geisteswissenschaften unter 13 bis 15% einen der höchsten gramm „Einzelprojekte“ beschränkt, ha- der anderer Disziplinengruppen und relativen Budgetanteile und Bewilligungs- ben sie in der jüngeren Vergangenheit FWF-Programme (Qualität). quoten im internationalen Vergleich von auch bei den Großförderungen wie Die Sozialwissenschaften schneiden im Förderungsorganisationen. Waren die Schwerpunkt-Programmen, Doktoratskol- Vergleich zu anderen Programmen zwar legs sowie START-Programm und Witt- nicht unterdurchschnittlich ab, allerdings genstein-Preis aufgeholt. kommen die meisten Anträge hier vor » Das Schrödinger-Sti- Das Erwin-S chrödinger-Auslands allem aus den Wirtschaftswissenschaften, pendium war die entschei- stipendium, das vor allem jungen dagegen gibt es kaum Anträge aus Diszi- dendste Zeit meines Lebens. Was Postdocs einen ein- bis zweijäh- plinen wie Soziologie, Politik- oder Erzie- ich in den Vereinigten Staaten gelernt rigen Forschungsaufenthalt an hungswissenschaft. habe, hat mich mein Leben lang beglei- einer ausländischen Spitzen tet (...) Ich habe einen Ratschlag an alle Sti- institut ion und eine Rück Es scheint offenkundig für viele junge pendiatinnen und Stipendiaten: Man sollte sich kehroption nach Österreich Geistes- und Sozialwissenschafterinnen im Ausland von seiner Projektarbeit auch ablen- ermöglicht, stellt allerdings und -wissenschafter wenig attraktiv zu ken lassen. Mindestens ebenso wichtig wie das eine Ausnahme dar, und das sein, als Postdoc ein bis zwei Jahre an Projekt selbst sind die vielen anderen wissen- in zweierlei Hinsicht: Zum Spitzeninst itutionen im Ausland zu ver- schaftlichen Eindrücke, die man gewinnen einen ist die Zahl der Anträge bringen. Und wenn sie dennoch Anträge kann. Das mag man nicht gleich realisie- im Vergleich zu anderen Diszi- stellen, so schneiden diese im Verhältnis ren, aber Jahre später profitiert man plinengruppen und FWF-Pro- zu anderen Disziplinengruppen in der in- davon. « Alexander Somek grammen in den Geisteswissen- ternationalen Begutachtung unterdurch- schaften sehr gering (Quantität). schnittlich ab. » Verteilung der Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendien 2001-2010 Disziplinen Anträge nicht bewilligt bewilligt Bewilligungs- Anzahl Anteil in % Anzahl Anteil in % Anzahl Anteil in % quote in % Life Sciences 584,9 52,2 267,8 57,5 317,2 48,5 54,2 Naturwissenschaft/Technik 386,5 34,5 120,2 25,8 266,3 40,7 68,9 © iStockphoto Geisteswissenschaften 59,1 5,3 33,8 7,2 25,4 3,9 42,9 Sozialwissenschaften 89,5 8,0 44,3 9,5 45,2 6,9 50,5 Gesamt 1120,0 100,0 466,1 100,0 654,1 100,0 58,4 08 » FWF info76
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium » Das Jahr in Harvard Für die Ursachen gibt es bisher wenig em- wissenschaftlichen Curriculums, der dann war für mich ein Meilen- pirische Erkenntnisse. Gleichwohl lassen im Weiteren eine essenzielle Vorausset- stein in meiner wissenschaftlichen die Erfahrungen des FWF bei der Antrags- zung für die Karriereentwicklung ist. und persönlichen Entwicklung. Es lief beratung oder bei Informationsveranstal- Ist diese Vermutung richtig, dann be- aber nicht alles so ganz glatt, und auch tungen Vermutungen in eine konkrete stehen für junge, talentierte Geistes dies war sehr wichtig für meine spätere Ent- Richtung zu: Anders als in vielen Diszipli- wissens chafterinnen und -wissen- wicklung. So lernte ich, angesichts verschiede nen der Lebens-, Natur- und Wirtschafts- schafter wenig institutionelle An- ner unangenehmer Erfahrungen, meine vor- wissenschaften gehört in den Geistes reize für einen längerfristigen Aus- nehme Zurückhaltung aufzugeben und mir wissenschaften und in einigen sozial landsaufenthalt. Eher im Gegenteil: meine Rechte zu erstreiten (…) Alles in allem wissenschaftlichen Disziplinen in Öster Eine Abwesenheit aufgrund eines also sehr positive Erinnerungen, die sich reich ein längerfristiger Forschungsauf- Auslandsaufenthaltes kann dazu füh- immer mehr vergolden, je älter ich enthalt an einer ausländischen Spitzenins ren, dass man bei der nächsten Stellen- werde! « Monika Fludernik titution (spätestens als Postdoc) noch nicht besetzung an einer österreichischen For- zu den regelmäßigen Bestandteilen eines schungsstätte nicht berücksichtigt wird. » » Ausgewählte Karrieren von Schrödinger-Stipendiatinnen und -Stipendiaten aus den unterrepräsentierten Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften Name Schrödinger-Stipendium Heutige Position Rainer Bauböck University of Warwick Professor of Social and Political Theory, European University Institute, Florenz Roland Faber Claremont Graduate School Professor of Process Studies, Claremont School of Theology Gerda Falkner University of Warwick Professorin für Politikwissenschaft, Universität Wien Astrid Fellner University of Massachusetts Professor of North American Literary and Cultural Studies, Universität des Saarlandes Konstanze Fliedl Cambridge University Professorin für Literaturwissenschaften, Universität Wien Monika Fludernik Harvard University Professorin für Anglistik, Universität Freiburg Susanne Gillmayr-Bucher Universität Tübingen Professorin für Katholische Theologie, RWTH Aachen Herbert Gottweis Harvard University Professor für Politikwissenschaft, Universität Wien Henriette Harich-Schwarzbauer Universität Tübingen Professor für Lateinische Philologie, Universität Basel Manfred Kienpointner Universiteit van Amsterdam Professor für Sprachwissenschaft, Universität Innsbruck Mario Klarer Paul Getty Center Professor für Amerikastudien, Universität Innsbruck Christopher Laferl University of Texas Professor für Romanistik, Universität Salzburg Eva Lavric Universidad Complutense de Madrid Professorin für Romanistik, Universität Innsbruck Hannes Leitgeb Bristol University Professor für Philosophie, LMU München Gerlinde Mautner Lancaster University Professorin für Sprachwissenschaften, WU Wien Peter Mörtenböck Royal Holloway University of London Professor für Visual Culture, TU Wien Wolfgang C. Müller University of Oxford Professor für Politikwissenschaft, Universität Wien Markus Peschl University of California at San Diego Professor für Philosophie, Universität Wien August Reinisch George Hopkins University Professor für Völkerrecht und Europarecht, Universität Wien Sieglinde Rosenberger San Diego State University Professorin für Politikwissenschaft, Universität Wien Walter Scheidel University of Michigan Professor of Classics, Stanford University Michael Schratz Berkeley University Professor für Pädagogik, Universität Innsbruck Alexander Somek Harvard University Professor of Law, Iowa University Eva Sturm New Museum of Contemporary Art Professorin für Kunst - Vermittlung - Bildung, Universität Oldenburg Patrick Werkner Bar College Professor für Kunstgeschichte, Universität für Angewandte Kunst, Wien Martina Wiltschko University of British Columbia Professor of Linguistics, University of British Columbia FWF info76» 09
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium » Wenn man als Forscher ins Ausland geht, sollte man beachten, dass man am neuen Ort auch sozial in die Gemeinschaft der For- scher integriert ist. Dies kann man auf ver- schiedenen Wegen erreichen: Man hat bereits eine Arbeit in einem Top-Journal publiziert. Dann wird man von Anfang an auch am » Der internationale Trend sowie neuen Ort beachtet und kommt leichter mit den die das Programm für junge die Entwicklungen in Nachbardis- lokal ansässigen Forschern ins Gespräch. Wissenschafterinnen und ziplinen wie den Sozialwissen- Man hat schon vorher eine ziemlich konkrete Wissenschafter so attraktiv schaften zeigen jedoch, dass sich dies zu Zusammenarbeit mit einem der Forscher am machten, sind folgende: ändern beginnt. Eine wissenschaftliche neuen Ort. Karriere, die ausschließlich in einem Land Man ist explizit in ein Doktorandenpro- » Flexibilität: Ein Antrag für – zumal in einem relativ kleinen – stattge- gramm integriert. « Ernst Fehr ein Schrödinger-Auslandssti- funden hat, wird es nur noch in Ausnah- pendium kann jederzeit einge- mefällen geben. Darüber hinaus eröffnet reicht werden. Sobald zwei aussa- ein Forschungsaufenthalt im Ausland ge- gekräftige Gutachten eingelangt sind, rade für die Geisteswissenschaften ein ten Leuten seines Faches zu lernen und wird ein Antrag in der darauffolgenden enormes Potenzial. Geisteswissenschaft- mit ihnen zu kooperieren. Kuratoriumssitzung entschieden. In der liche Disziplinen sind häufig sehr klein- Aus diesen Gründen ermuntert der FWF Regel dauert der Bearbeitungsprozess teilig, d.h., dass der akademische Arbeits- den wissenschaftlichen Nachwuchs sowie vier Monate. Wurde eine positive Ent- markt nur sehr begrenzt Stellen zur Ver- dessen Betreuerinnen und Betreuer in scheidung getroffen, steht der unmittel- fügung stellt. Mit einem Auslandsaufent- Österreich, verstärkt von Forschungsauf- baren Abreise nichts mehr im Wege. Da- halt können sich Geistes- und Sozial enthalten im Ausland Gebrauch zu ma- mit kann im Durchschnitt vier Monate wissenschafterinnen und -wissenschafter chen. Idealerweise sollte dies jeweils nach der Einreichung des Antrags beim genau diesen Arbeitsmarkt selbst erwei- schon während des Studiums und des FWF der Auslandsaufenthalt beginnen. tern. Und letztlich ist es gerade für den Doktorats, aber spätestens als Postdoc der Die Flexibilität findet sich auch in der Pro- wissenschaftlichen Nachwuchs essenziell, Fall sein. Eine Möglichkeit dafür bietet grammgestaltung: Ein Auslandsaufenthalt am Anfang seiner Karriere von den bes das Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendi- kann für einen Zeitraum von 10 bis 24 um. Hier hat der FWF in den letzten Jah- Monaten beantragt und daran anschließend ren nicht nur einige Flexibilisierungen zudem die Rückkehr an eine österreichische » ‚Schrödinger’ hat mir eingeführt, sondern war auch immer da- Forschungsstätte (Dauer: 6-12 Monate) mit sicher den entscheidenden rauf bedacht, die Bewilligungsraten im eingeplant werden. ‚Kick-Start’ für die weitere Lauf- Vergleich zu anderen Programmen Für einen Schrödinger-Antrag steht die bahn gegeben. Bereits im Disserta sehr hoch zu halten. ganze Welt offen: Der FWF rät jedoch, für tionsstadium war ich ein Jahr in Groß- das eigene Forschungsvorhaben nicht nur britannien (University of Birmingham) und Die Highlights des Schrödinger- die inhaltlich passendste, sondern auch die so war es selbstverständlich, sich auch für Programms Das Erwin-Schrödin- international renommierteste Forschungs- die Arbeit an der Habilitation Impulse von ger-Auslandsstipendium konnte in stätte auszuwählen, zumal die Qualifikation außen zu holen. Nicht selbstverständlich den letzten beiden Jahren mithilfe der/des gastgebenden Forscherin/For- freilich war die Unterstützung durch das einer Kofinanzierung durch die Ma- schers und die Qualität der Gastinstitution Stipendium; dafür, dass es geklappt rie-Curie-Aktion „Cofinanzierung“ wesentliche Kriterien bei der internationa- hat, bin ich bis heute dankbar. « der EU wesentliche Verbesserungen len Begutachtung des Antrages sind. © iStockphoto Gerlinde Mautner erfahren. Es stellt sich nun als das Kar- riereentwicklungsprogramm für junge » Bewilligungschancen: Kein anderes Pro- Postdocs dar. Die wichtigsten Eckpunkte, gramm des FWF hat eine so hohe Bewilli- 10 » FWF info76
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium » Ich halte es für wichtig, For- schungsergebnisse schon in einem frühen Stadium zu diskutieren. Gerade in Österreich herrscht(e) eine gewisse Scheu, sich selbst und eigene Ansätze zu präsentieren. Amerika ist das beste Land, um diese Scheu zu überwinden. Denn in den USA wird Kritik auf eine freundliche, akzep- table, nicht verletzende Art gegeben. Sie ist konstruktiv und zeigt einem, wie man weiterarbeiten soll, statt einen als Trot- tel zu verdammen … Ich habe in den USA das Selbstbewusst- sein bekommen, das ich für meine weitere Karriere nötig hat- te. Ich lernte abzuschätzen, was ich konnte und was ich noch lernen musste. Was Ideen anbelangt, ist mir aufgefallen, dass Themen, die später in den Journals aufschienen, in Stanford bereits drei Jahre zuvor diskutiert wurden. In diesem Umfeld bekam ich einen guten Rie- cher für relevante und zukunftsträchtige For- schungsthemen. « Brigitte Unger gungsquote wie das Erwin-Schrödinger- für Besuche von Konferenzen bzw. wäh- für die Geisteswissenschaften nur erhöhen, Programm. Da der hohe Impact eines rend des laufenden Projektes (und bis zu wenn sich die Antragszahl erhöht. Auslandsaufenthaltes auf die Karriereent- drei Jahre danach) Anträge für Pub Wir empfehlen gerade jüngeren Postdocs, wicklung von jungen Wissenschafterinnen likationskost en gestellt werden. Um Pro- die sich mit dem Gedanken tragen, ihr ers und Wissenschaftern verifiziert werden blemen im Zuge von Wechselkursschwan- tes Einzelprojekt einzureichen oder Inte- konnte, ist es dem FWF seit Jahren ein kungen vorzubeugen, wird das Stipendi- resse für ein anderes FWF-Programm Anliegen, die Bewilligungsquoten hoch um in der jeweiligen Landeswährung aus- zeigen, zunächst das Erwin-Schrödinger- zu halten: In den letzten Jahren lagen sie bezahlt. Auslandsstipendium als Einstieg in die bei 45 bis 50%. (Die durchschnittlichen wissenschaftliche Karriere zu nutzen. Bewilligungsquoten aller anderen FWF- Fazit: Kein anderes Postdoc-Programm in Und schließlich appelliert der FWF auch Programme liegen unter 30%). Österreich vereint all die obengenannten an die Betreuerinnen und Betreuer sowie Vorteile. Aus Erfahrung weiß der FWF, die Forschungsstätten, ihren Nachwuchs » Förderung: Während des Auslandsauf- dass junge Forscherinnen und Forscher – zu einem Schritt ins Ausland zu ermuntern enthaltes werden die Lebenshaltungskos und diese Erfahrung schließt auch die und ggf. objektive oder subjektive Hürden ten in Form eines Stipendiums ausbe- Geist eswissenschaften ein – nach einem abzubauen, die einen Wiedereinstieg an zahlt. Jährlich werden diese Stipendien- Auslandsaufenthalt durch die dadurch er- einer österreichischen Forschungsstätte sätze der Kaufkraft des jeweiligen Ziel- worbene Qualifikation hohe Erfolgschan- erschweren. landes und dem Inflationsabgleich in cen in anderen Förderungsprogrammen Ö sterreich angepasst (auch laufende Sti- haben. Aber: die Chance auf eine Förde- » Ein alter Witz: Mensch: „Lieber Gott, pendien). Weiters wird ein Reisekostenzu rung hat nur, wer auch einen Antrag stellt. bitte lass mich im Lotto gewinnen!“ schuss angeboten (auch für Kinder und Und der FWF kann die Bewilligungsquote Gott: „Lieber Mensch, kauf dir ein Los!“ « zur Betreuung mitreisender Partnerinnen und Partner). Eine jährliche Kinderpau- schale kann ebenso in Anspruch genom- men werden. Darüber hinaus refundiert der FWF für Neuanträge seit 1.8.2010 die » Beratung und Information: Ausführliche Informationen finden sich Kosten für eine freiwillige Pensionsversi- unter www.fwf.ac.at/de/projects/schroedinger.html cherung. In der Rückkehrphase steht ein Hintergründe und Erfahrungsberichte, aber auch ein Forum zum Erfah- Senior-Postdoc-Gehalt für die Anstellung rungsaustausch mit ehemaligen/aktuellen/zukünftigen Schrödinger-Fellows an der österreichischen Forschungsstätte bietet das Schrödinger-Portal unter www.schroedinger-portal.at und 10.000 € projektspezifische Mittel » Kontakt: Barbara Zimmermann, Tel.: +43-1 505 67 40 – 8501 p.a. zur Verfügung. Während des Aus- E-Mail: barbara.zimmermann@fwf.ac.at landsaufenthalts können Zusatzanträge FWF info76» 11
Thema » Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium » In der Postdoc-Phase wird die weitere Karriere so richtig auf Schiene gestellt, warum sollte das nicht in Cambridge oder am MIT geschehen? « Herbert Gottweis, Vize-Präsident FWF, Schrödinger-Stipendiat am Center for European Studies, Harvard University, 1989/90. Tore zur Welt » Keine Frage: Ein Schrödinger- gel und mit Recht als ein Qualitätsmerkmal in der englischen Sprache als Begleiteffekt Stipendium öffnet im wahrsten einer Bewerbung gesehen und bleibt für im- mit sich bringt, die sonst nur sehr schwer zu Sinne des Wortes die Tore zur Welt. mer Teil des CVs. Vielleicht spielt hier dann erreichen ist. Dieser Aspekt ist insbesondere Zunächst ermöglicht es einmal, an einer re- auch der Mythos mancher ausländischer in den Geistes- und Sozialwissenschaften nommierten ausländischen Universität zu Spitzenuniversitäten eine gewisse, nicht zu von Wichtigkeit. Die Tendenz geht ja heute forschen, entsprechende Erfahrungen zu vernachlässigende Rolle. Aber die typische auch in diesen Fächern immer mehr in Rich- sammeln und wichtige internationale Kon- Situation bei der Endauswahl etwa von Pro- tung englischsprachige Publikationen. Aber takte zu knüpfen, die oft karrierelang beste- fessuren ist nun einmal die, dass die in die anders als in den Naturwissenschaften, wo hen bleiben. Es ist eines, zu internationalen engere Auswahl kommenden drei oder vier für das Publizieren und Vorträge oft ein for- Tagungen zu fahren und Kolleginnen und Bewerberinnen/Bewerber alle sehr gut und melhaftes Englisch ausreicht, wird in den Kollegen zu treffen, aber etwas anderes, sehr ähnlich qualifiziert sind, womit der Aus- Geistes- und Sozialwissenschaften von den über einen längeren Zeitraum hinweg als landserfahrung an einer Exzellenzuniversität Zeitschriften und Verlagen, aber auch bei © FWF/Hans Schubert, iStockphoto, Starmühler Postdoc Arbeitsbeziehungen aufzubauen. entscheidende Bedeutung zukommen kann. Vorträgen typischerweise ein durchaus an- An einer exzellenten Universität lässt sich Zudem ist zu bedenken, dass in einer Zeit, in spruchsvolles, literarisches Englisch ver- einmal unendlich viel lernen, von der For- der fast jeder bessere Studierende in Europa langt, das kaum ohne längere Auslandsauf- schung bis zur Lehre und dem Präsenta ein ERASMUS-Semester oder Jahr im Aus- enthalte im englischsprachigen Raum ent tionsstil bei Vorträgen. Auch prägt es, eine land verbracht hat, das Auslandssemester als wickelbar ist. Zeit lang im Ausland gelebt zu haben. In der solches nicht mehr den unterscheidenden Ein Schrödinger-Stipendium kann also eine Postdoc-Phase wird ja die weitere Karriere Wert hat, den es einmal hatte. Hingegen blei- Vielzahl von großen Vorteilen mit sich brin- so richtig auf die Schiene gestellt, warum ben Auslandsjahre im englischsprachigen gen. Es ist aus meiner Sicht ein zentraler sollte das nicht in Cambridge oder am MIT Ausland nach wie vor eine Qualifikation, die Grundstein für eine wissenschaftliche geschehen? nicht viele potenzielle Mitbewerber im Karriere in den Sozial- und Geisteswissen- Ist einmal eine renommierte internationale Karrierewettbewerb erreicht haben. Diesem schaften. « Forschungsstätte als Gastgeber-Institution Aspekt kommt vor dem Hintergrund der rela- gewonnen und hat man dort geforscht, so tiv geringen Antragsdichte bei Schrödin- stellt diese Postdoc-Zeit ein karrierelang ger-Stipendien in den Sozial- und währendes CV-Asset dar, das immer wieder Geisteswissenschaften besondere in den unterschiedlichsten Kontexten eine Bedeutung zu. Rolle spielen kann und wird. Ganz egal, ob Last but not least sollte be- es nun um ein weiteres Stipendium geht, dacht werden, dass ein oder einen Forschungsantrag, eine Professur oder zwei Jahre in einem englisch- eine Gastprofessur: Ein Jahr in Harvard, sprachigen Land (wo die Oxford oder Sydney verbracht zu haben, meisten Top-Universitäten be- schaut einfach sehr gut aus, wird in der Re- heimatet sind) meist jene fluency 12 » FWF info76
Fokus » Bewilligungen Das Jahr 2010 war geprägt von wechselnden Stimmungslagen. Erstmals wurde mit 2.037 entschiedenen Anträgen die 2.000er-Marke geknackt, mit 691 Neubewilligungen bzw. einem Gesamtbewilligungsvolumen von 171,8 Mio. € ließ der FWF die Spuren des Krisenjahres 2009 hinter sich, das Rekordbewilligungsvolumen aus 2008 ist in greifbare Nähe gerückt. Text: Marc Seumenicht Ambivalenz als ständiger Begleiter » Mit 3.405 in der Wissenschaft 2010: Mit 24,6 % ist eine nach wie vor den. Im Jahr 2010 gab es mit 171,8 Mio. € tätigen, vom FWF finanzierten geringe und zum Vorjahr nahezu unver- zwar die zweithöchste Gesamtbewilli- Personen wurde ein neuer Spit- änderte Bewilligungsquote zu dokumen- gungssumme in der Geschichte des FWF, zenwert erreicht. Auf der anderen Seite tieren. Somit müssen drei von vier bean- diesem Wert stand allerdings das mit steht mit 24,6 % eine nach wie vor ge- tragten Euros abgelehnt werden. Abstand höchste zu entscheidend e An- ringe Bewilligungsquote (nach Summe), tragsvolumen seit Bestehen des Wissen- die 2008er-Quote (31,9 %) liegt in weiter Auf der Payroll Es lässt sich zeigen, dass schaftsfonds gegenüber. So war es auch Ferne. Und das bis 2013 fixierte Budget die Stärkung der Investitionsmöglichkeiten 2010 erforderlich, Maßnahmen auf Pro- lässt keinen Spielraum, um auf die dyna- des FWF gleichbedeutend ist mit einer grammebene vorzunehmen. Die Priori mische Nachfrage adäquat reagieren Vermehrung der Anstellungsmöglichkeit tätensetzung der Entscheidungsgremien zu können. insbesondere junger Wissenschafterinnen des FWF lautete: Stärkung der Einzelpro- Im Jahr 2010 wurden insgesamt 2.037 An- und Wissenschafter am Beginn oder in ei- jekte als Kern und Rückgrat der FWF-In- träge auf Förderung von wissenschaft- ner frühen Phase ihrer Karriereentwick- vestitionstätigkeit sowie keine Kürzungen lichen Projekten im FWF-Kuratorium be- lung. Zum Stichtag 31. Dezember 2010 bei Programmen, die unmittelbar auf den handelt. Bei den Schwerpunkt-Program- hatte der FWF mehr als 3.400 in der Wis- Ausbau der Humanressourcen abzielen. men bzw. den Doktoratskollegs langten 40 senschaft tätige Personen auf seiner „Pay- Konzeptanträge ein. Das Antragsvolumen roll“ stehen. Dieser Wert hat sich seit dem Frauenanteil Ausgeglichen fällt die Ana- im Jahr 2010 übertraf mit rund 587 Mio. € Jahr 2000 in etwa verdoppelt. Eine Analy- lyse aus, wenn man das Jahr 2010 aus bei den entschiedenen Anträgen den se in Bezug auf die Verwendung der Mittel „Gender-Mainstreaming“-Sicht betrach- letztjähr igen Rekordwert um mehr als ergibt, dass mit 78,4 % ein überwiegender tet. Mit 32,3 % Bewilligungsquote (nach 100 Mio. €. Zieht man einen historischen Teil direkt für Personalkosten – also die Anzahl) konnten Wissenschafterinnen das Vergleich zum Jahr 2000, so hat sich die Anstellung junger Wissenschafterinnen sehr erfreuliche, hohe Niveau von 2009 Anzahl der entschiedenen Projekte seit da- und Wissenschafter – eingesetzt wird. Erst (34,7 %) zwar nicht halten; erfreulich ist mals verdoppelt. Auf der Bewilligungsseite im einstelligen Prozentbereich findet man jedoch, dass sie damit gleichauf mit ihren jedoch sank die Bewilligungsquote (nach die weiteren „Kostenblöcke“, wie die pro- Kollegen liegen. Bei der Bewilligungsquo Anzahl) von über 50 % auf rund 32 %. jektspezifischen Materialkosten mit 8,4 %, te nach Summe liegen Frauen (25,5 %) die „Sonstigen Kosten“ – etwa für Daten- über einen Prozentpunkt vor ihren Kolle- Positiv hervorzuheben ist die im Vergleich beschaffung, Workshops, C-14-Analysen gen (24,3 %). Wie gut diese Werte sind, zum Vorjahr stark gestiegene Gesamtbe- etc. – mit rund 7,3 %, die Reisekosten mit lässt sich insbesondere dann zeigen, willigungssumme, die mit 171,8 Mio. € 2,4 %, die Gerätekosten mit 1,5 % sowie wenn man sich die bis zu zweistelligen nur 4,3 Mio. € unter dem Rekordwert aus die Werkverträge mit 1,2 %. Prozentdifferenzen der Vergangenheit in dem Jahr 2008 liegt. Auch hier schwingt Erinnerung ruft. Ambivalenz mit, denn der Anstieg der Be- Fokussierung erforderlich Im Krisenjahr willigungssumme geht einher mit einem 2009 mussten aufgrund der budgetären Bei einer Betrachtung der einzelnen An- noch massiveren Anstieg des Antragsvo- Rahmenbedingungen Fokussierungen auf gebote zeigt sich bei den internationalen lumens. Die Konsequenz für das Jahr bestimmte Programme vorgenommen wer- Programmen bzw. bei der internationa- » FWF info76» 13
FOKUS » Bewilligungen » len Mobilität ein besonders er- erst en Dekade an einer Hand abzählen 45 %. Auch diese Beobachtung zeigt, freuliches Bild. Bei den im Jahr konnte, darf dies durchaus als erfolg- dass der FWF sein Ziel, den wissenschaft- 2010 sowohl in puncto Anträgen, reicher Meilenstein bezeichnet werden. lichen Nachwuchs zu fördern, in ein- Bewilligungen als auch Bewilligungsrate Dass in Sachen Gender-Mainstreaming drucksvoller Weise erreicht. Öffentliche (jeweils nach Anzahl) stark gestiegenen weitere Anstrengungen unternommen Mittel, die der Wissenschaftsfonds inves internationalen Programmen liegen Wis- werden müssen, zeigt sich unter anderem tiert, leisten einen wesentlichen Beitrag senschafterinnen mit einer Bewilligungs- an der Geschlechterzusammensetzung dazu, das Humankapital in Österreich auf- quote von 47,1 % klar vor ihren Kollegen der projektantragstellenden Personen: und auszubauen. Das Programmspektrum (38,2 %). Im Incoming-Programm Meit- Nach wie vor werden nur rund 30 % der des FWF entspricht zu 100 % dem Ziel, ner (40,7 %) sowie im Outgoing-Pro- Anträge von Wissenschafterinnen ge- das Forschungspotenzial des Landes in gramm Schrödinger (45,2 %) sind die Be- stellt, ein Anteil, der keinesfalls stagnie- qualitativer und quantitativer Hinsicht willigungsquoten von Frauen ähnlich er- ren sollte. auszuweiten. Der Wissenschaftsfonds freulich. setzt das Prinzip „Ausbildung durch For- Altersstruktur Analysiert man die alters- schung“ konsequent um. Besonders hervorzuheben ist im Jahr mäßige Zusammensetzung der Mitarbei- 2010 das START-Programm für junge terinnen und Mitarbeiter in FWF-finan- Internationale Begutachtung Die inter- Spitzenforscherinnen und Spitzenfor- zierten Forschungsvorhaben, so fällt auf, nationale Begutachtung der Projektanträ- scher. Erstmals seit Bestehen des Pro- dass diese Struktur beachtlich konstant ge ist das Herzstück der Qualitätssiche- gramms (1996) konnte bei den Bewilli- und jung bleibt. Die „stärksten“ Alters- rung „Marke FWF“. Wie international üb- gungen von sechs START-Projekten eine stufen bei Graduierten und Postdocs sind lich, arbeiten die Gutachterinnen und Geschlechterparität erzielt werden, eine die 26- bis 30-Jährigen. Der Anteil von Gutachter für den Wissenschaftsfonds un- vom FWF durch verschiedene Struktur- Frauen, die in FWF-Projekten (gesamt: entgeltlich. Im Jahr 2010 kamen von ins- maßnahmen eingeleitete, positive Ent- 3.405, davon 1.539 Frauen, 1.866 Män- gesamt 4.606 Gutachten mit rund 36 % wicklung. Zieht man in Betracht, dass ner) beschäftigt sind, erhöht sich weiter- die meisten aus Nordamerika, gefolgt von man die START-Projektleiterinnen der hin kontinuierlich und liegt bereits bei der EU (ohne Deutschland/Schweiz) mit » Bewilligungen nach Wissenschaftsdisziplinen (Gesamtbetrachtung aller FWF-Programme) 2010 2005–2009 Geistes- und Sozial- Geistes- und Sozial- wissenschaften Life Sciences wissenschaften Life Sciences 33,6 Mio. € 69,8 Mio. € 30,1 Mio. € 57,1 Mio. € 19,6 % 40,7 % 19,8 % 37,6 % © Starmühler Naturwissenschaft Naturwissenschaft und Technik und Technik 68,3 Mio. € 64,9 Mio. € 39,8 % 42,7 % 14 » FWFinfo76 FWF info75
Fokus » Bewilligungen rund 33 % sowie dem deutschsprachigen Wissenschaftsdisziplinen Der FWF be- nische Wissenschaften; Raum (Deutschland/Schweiz) mit rund handelt alle Forscherinnen und Forscher »G eistes- und Sozialwissenschaften. 19,5 %. Die insgesamt 57 Nationen, aus nach den gleichen Grundsätzen ohne Be- welchen die FWF-Gutachten stammen, vorzugung oder Benachteiligung einzel- Für das Berichtsjahr 2010 stellt sich die zeugen von einer besonders starken in- ner Wissenschaftsdisziplinen. Jedes Jahr Situation, bezogen auf die Gesamtbewilli- ternationalen Dynamik im „Begutach- wird der Wettbewerb um die Vergabebud- gungssumme von 171,8 Mio. €, in Pro- tungsgeschäft“. Der Wissenschaftsfonds gets des FWF gleichsam neu eröffnet. zenten wie folgt dar: musste für diese 4.606 Gutachten 13.549 Nichtsdestoweniger zeigen sich auf hö- »L ife Sciences 40,7 % Anfragen stellen. Diese Relation ist inter- her aggregierter Ebene die Strukturen »N aturwissenschaft und Technik 39,8 % national gesehen sehr gut. Allerdings be- über die Jahre hinweg vergleichsweise »G eistes- und Sozialwissenschaften 19,6 % darf es zunehmend größerer Anstrengung stabil. Grob gesprochen kann man drei durch das FWF-Sekretariat, diesen guten Bereiche beschreiben: Die Zuteilung der bewilligten Projekte zu Wert zu halten. » Life Sciences, bestehend aus Humanme- den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen dizin, Veterinärmedizin und Biologie; erfolgt dabei bereits in der Phase der Bearbeitungsdauer Die Bearbeitungs- » N aturwissenschaft und Technik, beste- Antragstellung durch die jeweilige Pro- dauer konnte im Jahr 2010 konstant auf hend aus Naturwissenschaften (ohne jektleiterin bzw. den jeweiligen Projekt- internationalem Spitzenniveau gehalten Biologie), Land- und Forstwirtschaft leiter nach der Systematik der Statistik werden. Im Durchschnitt vergingen bei (ohne Veterinärmedizin) sowie tech- Austria. « FWF-Programmen mit laufender Ein- reichfrist zwischen Einreichung und Ent- scheidung durch das FWF-Kuratorium » Eine detaillierte Darstellung der Aktivitäten des FWF im Jahr 2010 findet 4,4 Monate. Im Bereich der Mobilitäts- sich im soeben erschienenen Jahresbericht, frei zu beziehen über office@ programme lag die durchschnittliche Be- fwf.ac.at bzw. online nachzulesen unter arbeitungsdauer sogar knapp unter www.fwf.ac.at/de/public_relations/publikationen/fwf-jahresberichte.html 4 Mo naten. » Prozentanteil der Gutachten nach Regionen 1992–2010 70 % USA/Kanada 60 % restl. EU 50 % Deutschland/ Schweiz 40 % restl. Welt Österreich 30 % 20 % 10 % 0% 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 FWF info76» 15
Fokus » Interview: Dorothea Sturn FWF-Geschäftsführerin Dorothea Sturn im Interview mit info-Chefredakteur Stefan Bernhardt: über ihr Bild des FWF, sein Verhältnis zu den Universi täten und dem BMWF sowie über ihre persönliche Führungsphilosophie. Der Sache verpflichtet » Stefan Bernhardt Akronyme auch eine kurze Zeit als Prädoc Mitarbei- » Bernhardt Und die Innensicht? können es ja ganz schön in sich terin eines FWF-Projekts. haben: Ab wann war für Dorothea » Sturn Obsessionen habe ich bislang Sturn klar, dass „FWF“ nicht für „Freie » Bernhardt Welche der landläufig anzu- keine aufgespürt, aber richtig ist, dass Wähler Frankfurt“ steht? treffenden Zuschreibungen aus der Au- der FWF als Institution – und das sind ßensicht auf den FWF haben sich denn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter » Dorothea Sturn „Freie Wähler Frank- nach rund 100 Tagen im Amt als gehalt- des Sekretariats genauso wie die Refe- furt“? Auch nicht schlecht! Ich denke, das voll, welche als wenig zutreffend heraus- rentinnen und Referenten im FWF-Kura- war kurz nachdem ich von der Universität gestellt? torium – davon überzeugt ist, mit Konse- Bremen an die Karl-Franzens-Universität quenz und Beharrlichkeit das Richtige zu nach Graz gekommen bin. Das muss 1988 » Sturn Der FWF kann auf seinen ausge- tun. Ich habe bisher noch in keiner Orga- oder 1989 gewesen sein. Auf der Uni ken- zeichneten Ruf vertrauen, was nicht heißt, nisation gearbeitet, in der ein derart aus- nen alle Leute den FWF, den „Fonds“, wie dass er sich darauf ausruhen sollte. Er geprägter „Spirit“ spürbar ist, gemein- er meist genannt wird, und ich war selbst wird als fair, unbestechlich und zu 100 % sam für die Wissenschaft in Österreich » Ich habe bisher noch in keiner Organisation gearbeitet, in der ein derart ausgeprägter ‚Spirit’ spürbar ist, gemeinsam für die Wissenschaft in Österreich zu arbeiten. « Dorothea Sturn © FWF/Hans Schubert, FWF/Marc Seumenicht der Sache verpflichtet wahrgenommen – zu arbeiten: durchaus konsensual, aber diese seine Reputation ist ein unglaublich auch kritisch, lebendig und innovativ. wertvolles Gut. So habe auch ich den Ich erlebe den FWF als intelligente Insti- FWF stets von außen wahrgenommen. tution mit hoher Bereitschaft, an sich zu Seine kompromisslose Haltung in arbeiten. Die Frage „Was können wir Sachen Qualität ist legendär in der besser machen?“ ist meinem Eindruck Wissenschaft und in der wissen- nach gelebte Grundhaltung der FWF-Be- schaftspolitischen Arena. Manche legschaft. Das erklärt möglicherweise Leute unterstellen ihm sogar leicht auch die extrem geringe Fluktuation und obsessive Züge, wenn es um die Identifi- macht die Arbeit im FWF sehr ange- zierung wissenschaftlicher Qualität geht. nehm. 16 » FWFinfo76
Fokus » Interview: Dorothea Sturn » Bernhardt Rund 85 Prozent der FWF- die Forschungsschwerpunkte, vor allem zelnen Euro immer wieder die Frage stel- Mittel gehen an die Universitäten in aber die Overheads, die ja den Universi- len, ob er zunächst an den FWF oder doch Österreich. Sie sind deshalb in jeder Hin- täten unmittelbar zugute kommen, können gleich direkt an die Universitäten gehen sicht für den FWF relevant. Wie sollten im Einklang mit institutionellen Strategien soll. Dies schafft eine wenig fruchtbare die Universitäten den FWF wahrnehmen der Universitäten eine große Wirkung er- Konkurrenzsituation, beide haben diesen und nützen? zielen. einen Euro bitter nötig. Aber der Druck in Richtung Drittmitteleinwerbung wird wei- » Sturn Ich war als leitende Qualitäts » Bernhardt Das Bundesministerium für ter zunehmen, keine Frage, und darauf managerin an der Universität Wien immer Wissenschaft und Forschung stellt den muss der Wissenschaftsfonds adäquat der Meinung, dass jede Universität größten Teil jener öffentlichen Mittel zur reagieren können. » schlecht beraten wäre, die FWF-Signale in Verfügung, die der Wissenschaftsfonds in Richtung Forschungsqualität zu ignorie- Österreichs Grundlagenforschung inves ren. Die Universitäten können vom FWF tiert. Wie sollen sich die Kommunikations in dreifacher Weise profitieren: Sie erhal- prozesse mit dem BMWF gestalten? ten Projektgelder direkt für ihre for- schungsaktivsten Gruppen. Sie erhalten » Sturn Das BMWF erwartet sich zu Recht eine Fülle an Qualitätssignalen, die man mit dem FWF einen verlässlichen Partner strukturell in strategische Fragestellungen zu haben, um Top-Forschung in Österreich einfließen lassen kann. Und schließlich projektbasiert zu ermöglichen. Die Rolle werden künftig Overheadzahlungen für des FWF sehe ich vor allem darin, mit FWF-Einzelprojekte und PEEK-Projekte Professionalität und hohem Sachverstand wieder helfen, forschungsrelevante Struk- die zuvor erwähnten Qualitätssign ale turen zu stärken. Umgekehrt sind Univer- nicht nur den Universität en, sondern sitäten heute keineswegs mehr eine mehr auch Wissenschaftsministerin Beatrix oder weniger zufällige Ansammlung mehr Karl und ihrem Haus zur Verfügung zu oder weniger guter Wissenschafterinnen stellen. Ich sehe ein künftiges Hochschul und Wissenschafter, sondern Instituti- finanzierungssyst em auf drei Säulen ge- onen, die Strateg ien entwickeln, planen baut: erstens eine Studienp latzf inan und Profile bilden. Das bedeutet, dass die zierung und -bewirtschaftung, zweitens Universitäten nach neuen Logiken zu eine Grundfinanzierung insbesondere für funktionieren beginnen. Und der FWF ist die Profilbildung und drittens eine kom- gefordert, diese neuen Logiken zu verste- petitive Vergabe von Forschungsmitteln. hen, um sicherzustellen, dass FWF-Mittel Hier kommt dem FWF eine essenzielle an den Universitäten eine bestmögliche Bedeutung zu. Aber der FWF und die Wirkung entfalten. Neue oder modifizierte Universitäten haben korresp ond ier ende Instrumente wie die Doktoratskollegs oder Budgets, und da wird sich bei jedem ein- FWFinfo76» 17
Fokus » Interview: Dorothea Sturn » Bernhardt Der Druck in Rich- mal IST Austria, ich mag heute noch gar re in mehrfacher Hinsicht ein fataler Rück- tung Drittmitteleinwerbung ist ja nicht an die Herausforderung denken, die schritt. Auf ein solches Szenario nur mit insgesamt spürbar. da im Vollausbau auf uns zukommt. geringeren Bewilligungsquoten reagieren zu können, wäre – gelinde gesagt – subop- » Sturn Ohne Zweifel. Die Universitäten » Bernhardt Wie soll sich der FWF ange- timal. müssen aktiver werden, und sie werden sichts dessen in seiner Rolle als zentraler auch aktiver. Hier macht sich auch ein Förderer der Grundlagenforschung wei- » Bernhardt Was sollte der FWF konkret Generationenwechsel hin zu einem deut- terentwickeln? machen? lich höheren Engagement in der For- schung bemerkbar. Das heißt, der FWF » Sturn Die Ausgangssituation für den » Sturn Das Beste wäre natürlich die Ein- bekommt nicht nur mehr, sondern auch FWF ist nicht ganz einfach. Einerseits ist werbung zusätzlicher Mittel, doch da gibt bessere Anträge. Und dazu kommt, dass seine mittelfristige Perspektive ein erheb- es bei allem Bemühen nur beschränkte es neue Gruppen von Antragstellerinnen liches Stück von expansiven Szenarien ent- Möglichkeiten. Dann bleibt zweierlei zu und Antragstellern gibt. Nehmen wir nur fernt: Wir können und müssen gegenwär- tun: Erstens müssen wir überprüfen, wie » Es macht sich auch ein Generationenwechsel hin zu einem deutlich höheren Engagement in der Forschung bemerkbar. Das heißt, der FWF bekommt nicht nur mehr, sondern auch bessere Anträge. « Dorothea Sturn tig in unseren Planungen darauf achten, wir unser gegenwärtiges Programmange- das Allerdringlichste bedienen zu können, bot „streamlinen“ können, statt es weiter ohne allzu große Verluste auf den hei- auszudifferenzieren – auch wenn das spe- mischen Landkarten guter Wissenschaft in ziellen Interessen zuwider laufen sollte. Kauf zu nehmen. Andererseits wird der zu- Zweitens gilt es, unser Rückgrat – und vor erwähnte Druck auf den FWF durch al- das sind ohne Zweifel einige wenige Pro- le Institutionen, die in diesem Land Grund- gramme, allen voran die Einzelprojekte – lagenforschung betreiben, massiv zuneh- so robust aufzustellen, dass allenfalls men. Dieser Spagat wird insbesondere neue Initiativen stets komplementär und © FWF/Hans Schubert durch das Faktum prekär, dass Forschung nicht substitutiv Wirkung entfalten. in Österreich heute in mehreren Bereichen nach langer Pause wieder international » Bernhardt Der FWF ist ja nicht nur ein sichtbar geworden ist. Sie dort wieder von nationaler, sondern auch ein internatio- der Bildfläche verschwinden zu lassen, wä- naler Player und fördert entsprechende 18 » FWFinfo76
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