Lernen & - Lernen & Lehren

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Lernen & - Lernen & Lehren
Schwerpunktthema
                                                                Robotik

 lernen
 &
 lehren
 Elektrotechnik – Informationstechnik
 Metalltechnik – Fahrzeugtechnik

 Arbeiten und Lernen an und mit Robotertechnik

 Herausforderungen der Mensch-Roboter-Kollaboration

                                                                                     HEFT 125 – 32. JAHRGANG – 1/2017 – 9,75 €
 Herstellerspezifische Fortbildung in Robotertechnik

 Entwicklung eines Robotik-Grundlagen-Kurses auf Basis einer Moodle-Lernplattform

 Berufsdidaktische Aspekte für eine Lerneinheit zur Robotik

H 65063                                                                    HECKNER
An die
Mitglieder der
BAG Elektro-, Informations-, Metall- u. Fahrzeugtechnik e. V.

 Einladung zur Mitgliederversammlung
 Sehr geehrtes Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaften für Elektro-, Informations-, Metall-
 und Fahrzeugtechnik,

 ich lade Sie herzlich zur Mitgliederversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaften ein,
 die im Rahmen der Fachtagung FT 08.1/2 auf den Hochschultagen 2017 in Köln statt-
 finden wird.

       Zeit:     Montag, 13. März 2017 18:30 Uhr
       Ort:      Brauhaus Sion Untertaschenmacher GmbH & Co KG,
                 Unter Taschenmacher 5—7, 50667 Köln (zw. Dom u. Altstadt)

 Folgende Tagesordnung ist geplant:
 1. Formalia
 2. Wahl des Protokollführers
 3. Grundsätze der Tätigkeit und Bericht des Vorstandes
 4. Bericht des Schatzmeisters, Bericht der Kassenprüfer
 5. Entlastung des Vorstandes
 6. Neuwahl des Vorstandes, Bestellung besonderer Vertreter und Wahl der Beiräte gemäß
    §§ 6 u. 7, Berufung der Landesvertreter gemäß § 8
 7. Verschiedenes

 Ich würde mich freuen, wenn Sie an der Versammlung teilnehmen und unsere Arbeit durch Ihren
 Beitrag bereichern würden.

 Mit freundlichen Grüßen

 Ulrich Schwenger,
 Erster Vorsitzender der BAG Elektro-, Informations-, Metall- und Fahrzeugtechnik e. V.
Inhalt
SCHWERPUNKT:
ROBOTIK

2         Editorial: Robotik und berufliche Bildung
          Reiner Schlausch

          Schwerpunkt
3         Arbeiten und Lernen an und mit Robotertechnik
          Reiner Schlausch

8         Herausforderungen der Mensch-Roboter-Kollaboration
          Martin Fischer/Bettina-Johanna Krings/António Moniz/Eike Zimpelmann

          Praxisbeiträge
15        Herstellerspezifische Fortbildung in Robotertechnik
          Florian Runge

18        Entwicklung eines Robotik-Grundlagen-Kurses auf Basis einer Moodle-Lernplattform
          Stefan Manemann

23        Berufsdidaktische Aspekte für eine Lerneinheit zur Robotik
          Axel Grimm/Nicolai Heinrich

          Forum
28        Entwicklung eines handlungsorientierten Modells zur Beschreibung der Vermittlungstiefe von Lern-
          ergebnissen
          Andreas Lindner

34        Kommunikationsbasiertes Lernen und Lehren in beruflichen Schulen als Schlüsselkompetenz
          Dietrich Pukas

          Rezension
41        Neue Antriebstechnologien in Fahrzeugen
          Sören Schütt-Sayed

          Ständige Rubriken
I–IV      BAG aktuell 1/2017
44        Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
U3        Impressum

     & LEHREN | ELEKTROTECHNIK – INFORMATIONSTECHNIK – METALLTECHNIK – FAHRZEUGTECHNIK
LERNEN
ISSN 0940-7340 | HEFT 125| 32. JAHRGANG | 1/2017
EDITORIAL

Editorial
Robotik und berufliche Bildung
     © privat

     REINER SCHLAUSCH

     Die Robotik ist wahrlich keine neue Thematik für die     in dieser Diskussion. Wahrscheinlich ist dies der
     berufliche Bildung. Man könnte fast geneigt sein,        Tatsache geschuldet, dass der Einsatz von Robotern
     hier von einem „alten Hut“ zu sprechen. Seit dem         stark zunimmt und bis 2018 weltweit 2,3 Millionen
     vermehrten Einzug der Roboter vor allem in die Au-       Industrieroboter installiert sein werden. Auch in
     tomobilindustrie in den 1980er Jahren werden Fach-       Deutschland steigt die Zahl der eingesetzten Roboter
     kräfte – insbesondere der industriellen Metall- und      weiter an. Allein in 2014 sind ca. 20.100 Einheiten
     Elektroberufe – für das Arbeiten an und mit dieser       dazugekommen. Durch die weiter voranschreitende
     Technik aus- und weitergebildet. Ohne diese Ro-          Vernetzung der Roboter mit Produktionsmaschinen,
     boterspezialisten würde die in mittlerweile vielen       Förder- und Lagersystemen und diversen Betriebs-
     Branchen automatisierte Produktion sicherlich nicht      mitteln wird die Komplexität der Systeme weiter
     „laufen“. Die Fachkräfte sind u. a. an der Herstel-      steigen und damit sich auch die Anforderung an die
     lung, Integration und Inbetriebnahme sowie an der        Fachkräfte erhöhen. Hinzu kommt, dass eine neue
     Instandhaltung der Robotersysteme im hohen Maße          Generation von Robotern deren Einsatzmöglichkei-
     beteiligt. Es sind also durchaus sehr anspruchsvol-      ten deutlich erweitert: Die sogenannten Leichtbau-
     le Arbeitsplätze durch die Robotik entstanden. Vor       roboter werden eine Mensch-Roboter-Kollaboration
     diesem Hintergrund sind seit geraumer Zeit insbe-        (MRK) ermöglichen, da die bisher aus Sicherheits-
     sondere Industrieroboter auch Gegenstand der be-         gründen erforderliche Umhausung nicht mehr benö-
     ruflichen Bildung in den industriellen Metall- und       tigt wird. Dies wird neue Auswendungsfelder für die
     Elektroberufen. Dies gilt in Ansätzen sowohl für die     Robotik eröffnen und auch Auswirkungen u. a. für die
     Erstausbildung in Betrieb und Berufsschule als auch      Produktions- und Instandhaltungsfacharbeit gerade
     im besonderen Maße für die Fort- und Weiterbildung       in kleineren und mittleren Unternehmen haben.
     bei Roboterherstellern und an Fachschulen.
                                                              Im Beitrag von SCHLAUSCH wird ein Überblick über
     Auf der anderen Seite haben die Roboter die Arbeit       die quantitativen Entwicklungen des Einsatzes von
     von Erwerbspersonen übernommen, denn ihr Ein-
                                                              Industrierobotern in unterschiedlichen Branchen ge-
     satz ist in den meisten Fällen eine Rationalisierungs-
                                                              geben und aufgezeigt, welche Berufe in den unter-
     maßnahme, um die Personalkosten eines Betriebes
                                                              schiedlichen Lebensphasen an bzw. mit Robotern ar-
     zu reduzieren. In der Vergangenheit wurden insbe-
                                                              beiten. Ferner wird das Spektrum der betrieblichen
     sondere die Tätigkeiten Un- und Angelernter von
                                                              und schulischen Aus- und Weiterbildung dargelegt.
     Robotern übernommen. Ob in Zukunft der weiter
     steigende Robotereinsatz in Verbindung mit zuneh-        FISCHER, KRINGS, MONIZ und ZIMPELMANN thematisieren in
     mender Vernetzung auch zum Verlust von Arbeits-          ihrem Beitrag die Herausforderungen der Mensch-
     plätzen von (hoch-)qualifizierten Fachkräften führt      Roboter-Kollaboration. Sie beleuchten psychologi-
     oder gerade viele Arbeitsplätze in neuen Bereichen       sche, soziologische, arbeitswissenschaftliche und
     entstehen, wird gegenwärtig sehr intensiv insbeson-      berufspädagogische Gesichtspunkte bei der Gestal-
     dere im Kontext von Industrie 4.0 diskutiert. Ohne-      tung und dem Einsatz von Robotern in Produktion
     hin ist die Robotik aktuell ein sehr zentrales Thema     und Service und plädieren vor diesem Hintergrund

 2                                                                                     lernen & lehren | 1/2017 | 125
EDITORIAL/SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

bei der Entwicklung und Anwendung von Robotern         Ein Unterrichtsprojekt zur Robotik wird im Beitrag
arbeitswissenschaftliche Kriterien mit Ansätzen par-   von GRIMM und HEINRICH skizziert. Die Autoren grei-
tizipativer Technikgestaltung zu kombinieren.          fen im Zusammenhang mit den Leichtbaurobotern
                                                       die Mensch-Roboter-Kollaboration auf und thema-
Im Beitrag von RUNGE wird dargelegt, wie ein führen-
                                                       tisieren u. a. die Programmierung dieser Systeme,
der Hersteller von Industrierobotern in speziellen
                                                       die oftmals in einer Hochsprache erfolgt und sich
Schulungszentren für Kunden und andere Zielgrup-
                                                       damit von der bisher üblichen Programmierung von
pen entsprechende Fortbildungen gestaltet, um z. B.
                                                       Robotern unterscheidet. In ihrem Vorschlag zur un-
Mitarbeiter/-innen aus Anwenderunternehmen für
                                                       terrichtlichen Umsetzung durch ein Lernen an Stati-
ihre je spezifische Arbeitsaufgabe im Zusammenhang
                                                       onen werden neben der Durchdringung eines Algo-
mit der Robotik vorzubereiten. Die Angebote rich-
                                                       rithmus u. a. auch Belange des Arbeitsschutzes und
ten sich daher u. a. speziell an Produktionsplaner/-   die gesellschaftliche Bewertung neuer Technologien
innen, Konstrukteurinnen und Konstrukteure,            thematisiert.
Programmierer/-innen,        Anlagenbediener/-innen,
Inbetriebnehmer/-innen und Instandhalter/-innen.       Die Beiträge des Heftes verdeutlichen zum einen die
                                                       hohe Relevanz der Robotik für die produzierenden
Die Integration eines Roboters in eine an der Be-      Unternehmen und zum anderen die Herausforderun-
rufsbildenden Schule 2 in Wolfsburg vorhandene         gen für die Arbeit- und Technikgestaltung sowie für
Fertigungsanlage beschreibt MANEMANN. Ferner wird      die berufliche Aus- und Weiterbildung in betriebli-
in dem Beitrag dargelegt, wie Studierende der Fach-    chen und schulischen Bildungseinrichtungen. Neben
schule Technik, Fachrichtung Maschinentechnik, in      Kompetenzen in diversen technischen Disziplinen,
diesem Kontext einen Robotik-Grundlagen-Kurs auf       für interdisziplinäres Denken und Handeln sowie für
Basis einer Moodle-Lernplattform entwickelt ha-        Problemlösungen und Optimierung benötigen (zu-
ben. Dieses Medium wird zukünftig u. a. auch für       künftige) Fachkräfte auch Kompetenzen für die Par-
den Berufsschulunterricht in den Ausbildungsberu-      tizipation an einer nutzergerechten Gestaltung von
fen „Mechatroniker/-in“, „Industriemechaniker/-in“     Arbeit und Technik in diesem Kontext. Der Aspekt der
und „Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik“     Gestaltbarkeit sollte integraler Bestandteil der Aus-
sowie für den Unterricht in der Fachschule Technik     und Weiterbildung auch und gerade in der Robotik
eingesetzt.                                            sein.

      Arbeiten und Lernen an und mit Robotertechnik

Die zukünftig weiter zunehmende Anwendung der Robotertechnik wird die ge-
werblich-technische Facharbeit nachhaltig verändern. Zum einen wird die neue
Generation der sogenannten Leichtbauroboter eine Kollaboration mit Fachkräften
ermöglichen, da die bisher aus Sicherheitsgründen erforderliche Umhausung nicht
mehr erforderlich ist. Zum anderen wird die weiter voranschreitende Vernetzung
                                                                                                         © privat

der Roboter mit Produktionsmaschinen, Förder- und Lagersystemen und diversen
Betriebsmitteln auch die Anforderungen an die Fachkräfte im Bereich der Inbe-
triebnahme und Instandhaltung noch anspruchsvoller gestalten. Insgesamt kann
davon ausgegangen werden, dass für eine Reihe von gewerblich-technischen Beru-
fen die Bedeutung der Robotik ansteigen wird.                                             REINER SCHLAUSCH

EINLEITUNG                                             nur in der industriellen Produktion z. B. von Auto-
                                                       mobilen eingesetzt, sondern sie melken heute auch
Roboter durchdringen immer stärker unsere Ar-          auf dem landwirtschaftlichen Betrieb die Kühe, mä-
beits- und zunehmend auch Lebensbereiche. Sie          hen den Rasen vor Wohn- und Betriebsstätten und
werden schon seit einer geraumen Zeit nicht mehr       assistieren dem Chirurgen im Operationssaal, um

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

    nur einige weitere Anwendungsfelder zu nennen.           Der globale Robotereinsatz entwickelt sich seit
    Zukünftig könnten weitere bisher von Erwerbsperso-       Jahren expansiv. Zwischen 2010 und 2015 wurden
    nen durchgeführte Tätigkeiten in unterschiedlichen       weltweit rund 1,1 Millionen neue Industrieroboter
    Branchen von Robotern übernommen werden. Vor             installiert (INTERNATIONAL FEDERATION OF ROBOTICS 2015,
    dem Hintergrund einer fortschreitenden Automa-           WORLD ROBOTICS 2015). Die Roboter-Nachfrage wird
    tisierung und Vernetzung im Kontext von Indust-          den IFR-Prognosen zufolge auch in den kommenden
    rie 4.0 werden Roboter neben der Automobil- und          Jahren einen sehr dynamischen Verlauf nehmen. Bis
    Elektronikindustrie zunehmend noch stärker in der        2018 werden in den Fabriken der Welt 2,3 Millionen
    metallverarbeitenden Industrie, Kunststoffindustrie      Industrie-Roboter installiert sein - das entspricht ei-
    sowie Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie           nem durchschnittlichen Jahreswachstum des Robot-
    eingesetzt werden. Die seit einigen Jahren sich am       erbestandes von 12 Prozent (2016–2018). Dabei ent-
    Markt etablierende Mensch-Roboter-Kollaboration          fallen 70 Prozent des Absatzvolumens auf die fünf
    (MRK) eröffnet zusätzliche Anwendungsfelder auch         größten Märkte: China, Japan, USA, Südkorea und
    in kleineren und mittleren Betrieben unterschiedli-      Deutschland. Wichtigster Treiber der Entwicklung ist
    cher Branchen. Der Einsatz von Robotern ist in den       der weltweite Wettbewerb der industriellen Produk-
    meisten Fällen eine Rationalisierungsmaßnahme,           tion. Insbesondere die weitere Automatisierung des
    um die Personalkosten eines Betriebes zu reduzie-        Automobilsektors und der Elektro- und Elektronik-
    ren, wenngleich damit nicht zwangsläufig ein Rück-       industrie hat einen sehr hohen Anteil am Roboter-
    gang der Gesamtbeschäftigung eines Unternehmens          markt (64 Prozent).
    einhergehen muss. In der Vergangenheit wurden
                                                             China ist der größte und am schnellsten wachsende
    insbesondere die Tätigkeiten un- und angelernter
                                                             Robotermarkt weltweit. Die chinesische Wirtschaft
    Personen von Robotern übernommen. Zukünftig
                                                             verzeichnet in der produzierenden Industrie erst eine
    könnte der Robotereinsatz auch zum Verlust von Ar-
                                                             Roboterdichte von 36 Einheiten pro 10.000 Arbeit-
    beitsplätzen (hoch-)qualifizierter Fachkräfte führen
                                                             nehmer, da bisher die Lohnkosten in dem Land re-
    (vgl. hierzu die Diskussion über die Studie von FREY/
                                                             lativ gering waren. Zum Vergleich: Der Spitzenreiter
    OSBORN 2013 sowie die Übertragung auf Deutschland:
                                                             Südkorea kommt auf 478 Industrieroboter je 10.000
    ZEW 2015).
                                                             Arbeitnehmer gefolgt von Japan (315/10.000) und
    QUANTITATIVE ENTWICKLUNGEN                               Deutschland (292/10.000). Prognosen gehen davon
                                                             aus, dass 2018 mehr als jeder dritte Industrierobo-
    Roboter sind mechatronische Systeme, die u. a.
                                                             ter des weltweiten Angebots in China installiert wer-
    durch Fachkräfte aus dem gewerblich-technischen
                                                             den wird.
    Bereich hergestellt, in unterschiedlichste Anlagen
    und Systeme integriert, in Betrieb genommen und          In Europa stellt Deutschland mit großem Abstand
    anschließend instandgehalten werden. Vor diesem          den größten Markt für Roboter dar. Innerhalb eines
    Hintergrund spielt die Robotertechnik sowohl in der      Jahres (2014) stiegen die Verkaufszahlen um 10 Pro-
    Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften der        zent auf ca. 20.100 Einheiten – der größte bisher re-
    Metall-, Elektro- und Informationstechnik sowie der      gistrierte Absatz innerhalb von zwölf Monaten. Trotz
    Mechatronik seit geraumer Zeit eine bedeutsame           der bereits sehr großen Roboterdichte ist Deutsch-
    Rolle. Diese Bedeutung wird vermutlich durch den         land (vgl. Abb. 1) weiterhin auf Expansionskurs – in
    weiter steigenden Einsatz der Robotertechnik in den      erster Linie angetrieben von der Automobilindustrie
    nächsten Jahren deutlich zunehmen.                       (VDMA 2016).
    Die VDI-Richtlinie 2860 definiert Industrieroboter       BETRIEBLICHE ANWENDUNGEN VON ROBOTERN IN
    auf folgende Weise:                                      DEUTSCHLAND
     Industrieroboter sind universell einsetzbare Bewe-      Wie oben bereits angedeutet, wurde insbesondere
     gungsautomaten mit mehreren Achsen, deren Bewe-         bei den Automobilherstellern und deren Zulieferern
     gungen hinsichtlich Bewegungsfolge und Wegen bzw.       in den vergangenen Jahrzehnten sehr stark durch den
     Winkeln frei programmierbar (d. h. ohne mechanischen    Einsatz von Robotern automatisiert. Der Karosserie-
     Eingriff vorzugeben bzw. änderbar) und gegebenenfalls   bau wird heute bei dem meistern Herstellern nahezu
     sensorgeführt sind. Sie sind mit Greifern, Werkzeugen
                                                             vollständig durch Roboter realisiert. Qualifizierte
     oder anderen Fertigungsmitteln ausrüstbar und können
     Handhabe- oder andere Fertigungsaufgaben ausführen.     Fachkräfte sind hier als „Systemregulierer“ (SCHU-
                                                             MANN u. a. 1994) tätig. Sie überwachen die Produkti-

4                                                                                     lernen & lehren | 1/2017 | 125
SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

                                                                                       Einsatz als in Großbetrieben. Dies
                                                                                       hängt wiederum vielfach mit dem Pro-
                                                                                       duktspektrum zusammen, das häufig
                                                                                       in diesen Betrieben aus Einzelteilen
                                                                                       und Klein- und Mittelserien besteht.
                                                                                       Aufgrund der geringen Auslastung
                                                                                       ist auch hier ist ein wirtschaftlicher
                                                                                       Einsatz von Robotern meistens nicht
                                                                                       möglich. Inwieweit die neuen kolla-
                                                                                       borativen Roboter einen wirtschaftli-
                                                                                       chen Einsatz bei der Produktion von
                                                                                       Einzelteilen und Klein- und Mittelseri-
Abb. 1: Bestand an Industrierobotern im verarbeitenden Gewerbe weltweit und An- en ermöglichen, lässt sich gegenwär-
        teil Deutschlands und sowie Europa (Quelle: FRAUNHOFER-INSTITUTE ISI-IPA 2016, tig noch nicht absehen.
       S. 37)
                                                                 ARBEITEN AN UND MIT ROBOTERN
on, warten die Roboter und beseitigen im Störungs-               Industrieroboter sind Investitionsgüter, die zum
fall möglichst umgehend die aufgetretenen Fehler,                Zwecke einer rationellen Herstellung von unter-
um den Produktionsausfall gering zu halten.                      schiedlichen Produkten hergestellt und angeschafft
Seit geraumer Zeit werden Roboter aber auch zuneh-               werden. Wie auch andere Investitionsgüter weisen
mend in der Montage von Automobilen eingesetzt.                  sie einen Produktlebenszyklus auf. In den einzelnen
Hier wird wahrscheinlich der relativ neue Ansatz                 Phasen – beginnend mit der Planung und Entwick-
der Automation, der kollaborative Roboter, verstärkt             lung, über die Herstellung und Anwendung bis hin
Einzug halten. Diese Roboter arbeiten Seite an Seite             zur Entsorgung – sind unterschiedliche Erwerbsper-
mit Menschen – ganz ohne den bisher erforderlichen               sonen in die jeweiligen Arbeitsprozesse involviert.
Schutzzaun – und ermöglichen eine Steigerung der                 Während in den Phasen der Planung und Entwicklung
Flexibilität und Produktivität. Vor diesem Hinter-               überwiegend Personen mit akademischer Bildung
grund wird vermutlich auch in Zukunft die Automo-                (insbesondere Ingenieure) tätig sind, dominieren in
bilindustrie die Branche mit der höchsten Roboter-               den nachfolgenden Lebensphasen eines Industriero-
dichte sein. Die „menschenleere Autofabrik“ – wie                boters Facharbeiter, Meister und Techniker. In eini-
z. B. Anfang der 1980er Jahre bei VW in Wolfsburg                gen Phasen arbeiten durchaus auch Personen z. B.
mit der „Halle 54“ angestrebt – wird es wahrschein-              mit Facharbeiter- und Hochschulausbildung sehr eng
lich auch in absehbarer Zeit nicht geben (HESSLER                zusammen.
2014). Unter anderem aufgrund der ho-
hen Komplexität der eingesetzten Technik
wird es nicht hervorsehbare Ereignisse
geben, auf die nur qualifizierte Fachkräfte
schnell und kompetent reagieren können.
In Branchen wie dem Maschinenbau,
in denen vielfach Produkte in geringer
Stückzahl und sehr kundenspezifisch her-
gestellt werden, ist der Anteil der Betriebe
mit Roboteranwendung bislang deutlich
geringer. Häufig ist vor dem Hintergrund
des Produktspektrums der Einsatz von
Industrierobotern für viele Betriebe wirt-
schaftlich momentan noch nicht tragfähig
(vgl. Abb. 2).
In kleineren und mittleren Betrieben Abb. 2: Anteile der Betriebe mit Industrierobotern/Handhabungssystem nach
kommen Roboter wesentlich seltener zum      Branchenklassen (Quelle: Fraunhofer-Institute ISI-IPA 2016, S. 25)

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

     Lebensphase                                 Mögliche beteiligte Ausbildungsberufe
     FuE, Konstruktion, AV:                      Technische Produktdesigner/-in, Produktionstechnologe/Produktionstechno-
     Entwicklung, Planung und Design;            login
     Vorbereitung der Produktion
     Herstellung:                                Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisie-
     Fertigung und Montage                       rungstechnik, Zerspanungsmechaniker/-in
     Anpassung:                                  Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisie-
     Roboterapplikation für spezifische          rungstechnik, Fachinformatiker/-in FR Systemintegration
     Anwendung
                                                 (Roboter-/Anlagenprogrammierer/-in, Inbetriebnehmer/-in)
     Roboterintegration:                         Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisie-
     Inbetriebnahme, Test und Optimie-           rungstechnik, Fachinformatiker/-in FR Systemintegration (Inbetriebnehmer/-
     rung (Serienanlauf)                         in)
     Produktion:                                 Je nach Anwendung ohne Personal, durch angelernte Produktionsmitarbeiter/-
     Betrieb und Bedienung                       innen oder auch z. B. durch Fachkräfte für Metalltechnik, Maschinen- und
                                                 Anlagenführer/-in, Industriemechaniker/-in, Konstruktionsmechaniker/-in
                                                 (Anlagenbediener/-in, Einrichter/-in, Systembetreuer/-in)
     Instandhaltung:                             Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisie-
     Wartung, Störungsbeseitigung, Repa-         rungstechnik (Instandhalter/-in)
     ratur
     Modernisierung/Rückbau:                     Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisie-
     Demontage und Überholung oder               rungstechnik
     Recycling/Entsorgung

    Tabelle 1: Lebensphasen von Industrierobotern und jeweils involvierte Berufe

    In den Lebensphasen eines Industrieroboters sind                    Robotersystem die sogenannte Schulung beim Her-
    verschiedene Ausbildungsberufe in der Arbeit an und                 steller oder auch Systemhaus gleich mitbestellt. Die
    mit ihm involviert (siebe Tab. 1). In der Tabelle 1 wird            Kurse werden dann entweder in den „Trainingszen-
    für die verschiedenen Lebensphasen eines Industrie-                 tren“ der Hersteller resp. Systemhäuser oder direkt
    roboters aufgezeigt, welche Ausbildungsberufe (ggf.                 vor Ort bei den Anwendern durchgeführt. In den
    auch mit Weiterbildung zum Meister oder Techni-                     meisten Fällen wird im Hinblick auf einen ganz kon-
    ker) jeweils involviert sind. Es wird dabei kein An-                kreten Robotertyp und auch bzgl. einer spezifischen
    spruch auf Vollständigkeit erhoben, je nach Betrieb                 Anwendung (z. B. Schweißen) qualifiziert (vgl. dazu
    und Branchen können weitere Berufe insbesondere                     den Beitrag von FLORIAN RUGE in diesem Heft). Ferner
    in der Anwendungsphase relevant sein. Die Tabelle                   bieten freie Anbieter herstellerübergreifende Kurse
    soll lediglich das Spektrum der Ausbildungsberufe                   an, mit denen eher grundlegende Roboterqualifika-
    andeuten, für die das Arbeiten an und mit Industrie-                tionen erworben werden können. Mit Herstellerschu-
    robotern bedeutsam sein könnte. Hieraus lassen sich                 lungen werden aber oft weitergehende Bildungsan-
    durchaus Bedarfe für die Aus- und Weiterbildung der
                                                                        sprüche nicht angesprochen. Hier geht es in erster
    jeweiligen Berufe in der Robotik ableiten.
                                                                        Linie um Qualifizierung resp. Training.
    LERNEN AN UND MIT ROBOTERN                                          Im Kontext des Berufsschulunterrichts ist die Robo-
    Mit der deutlich gestiegenen Anzahl der Industriero-                tik für einige Ausbildungsberufe (siehe Tabelle 1)
    boter insbesondere in der industriellen Produktion                  durchaus relevant, wenngleich in den Rahmenlehr-
    der letzten Jahrzehnte ist auch der Bedarf an Aus-                  plänen die Robotik in den meisten Fällen nicht ex-
    und Weiterbildung der Mitarbeiter/-innen gestiegen.                 plizit genannt wird. Hier werden i. d. R. überwiegend
    Bei Herstellern, Systemhäusern für Roboterapplika-                  offene Bezeichnungen wie z. B. „Automatisierungs-
    tionen und Anwendern werden für die unterschied-                    systeme“ oder „mechatronische Systeme“ genutzt,
    lichen Zielgruppen (Roboterprogrammierer/-innen,                    um den Unterricht in den Berufsschulen nicht auf
    Inbetriebnehmer/-innen, Produktionsmitarbeiter/-                    eine bestimmte Technik – und damit auch erforder-
    innen, Instandhalter/-innen etc.) Weiterbildungen                   liche Ausstattung – festzulegen. Dennoch sind zahl-
    durchgeführt. Vielfach wird bei der Bestellung eines                reiche berufsbildende Schulen mit Robotersystemen

6                                                                                                lernen & lehren | 1/2017 | 125
SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

ausgestattet, die auch im Rahmen des Berufsschul-         Problemlösungen und Optimierung von komplexen
unterrichts genutzt werden (vgl. TRÖLLER 2014).           Systemen erforderlich sein. Ferner werden Kompe-
                                                          tenzen für die Partizipation an einer nutzergerechte
In der Rahmenvereinbarung über Fachschulen (KMK
                                                          Gestaltung benötigt. Für die berufsbildenden Schu-
2015) gibt es im Fachbereich Technik (Staatlich ge-
prüfter Techniker/geprüfte Technikerin) keine eigen-      len ergeben sich hieraus erhöhte Investitionen in die
ständige Fachrichtung für die Robotik. Hier wird die      sächliche Ausstattung und in die Aus- und Fortbil-
Robotik in vielen Fachschulen wahrscheinlich Ge-          dung der Lehrkräfte und eine enge Kooperation mit
genstand des Unterrichts insbesondere in den Fach-        Betrieben. In diesem Zusammenhang gibt es m. E.
richtungen Automatisierungstechnik, Mechatronik,          einen hohen Handlungsbedarf. Ansonsten besteht
Metalltechnik/Metallbautechnik, Elektrotechnik und        die Gefahr, dass die berufsbildenden Schulen von
Informationstechnik sein (vgl. hierzu auch den Bei-       den aktuellen Entwicklungen abgekoppelt werden.
trag von STEFAN MANEMANN in diesem Heft).                 Die erforderliche Weiterentwicklung stellt eine zen-
                                                          trale Herausforderung für Wirtschaft und Politik dar.
Im Bereich der akademischen Bildung sind es die
                                                          Es sollten vor diesem Hintergrund entsprechende
Hochschulen mit Studiengängen wie z. B. Maschinen-
                                                          Förderprogramme u. a. für Modellversuche aufgelegt
bau, Mechatronik, Elektro- und Informationstechnik
                                                          werden, die die Innovationen in den Schulen beför-
oder Informatik, in denen in vielen Fällen die Robo-
                                                          dern.
tik ein integraler Studieninhalt darstellt. Teilweise
wird Robotik auch als Vertiefungsrichtung angebo-
                                                          LITERATUR
ten. An einigen wenigen Hochschulen gibt es auch
spezielle Bachelor- und auch Masterstudiengänge           FREY, C.; OSBORNE, M. A. (2013): The Future of Employment:
                                                            How Susceptible are Jobs to Computerization? Univer-
bspw. „Robotik und Automation“. Ferner existieren
                                                            sity of Oxford.
diverse Fernstudienangebote und Weiterbildungs-
programme von privaten und öffentlichen Anbietern         HESSLER, M. (2014): Die Halle 54 bei Volkswagen und
sowie E-Learning-Angebote.                                  die Grenzen der Automatisierung. Überlegungen zum
                                                            Mensch-Maschine-Verhältnis in der industriellen Pro-
Spezielle Angebote zur Robotik für Lehrkräfte an            duktion der 1980er-Jahre. In: Zeithistorische Forschun-
berufsbildenden Schulen und betriebliche Ausbil-            gen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe,
der konnten durch die vorgenommenen Recherchen              11 (2014), Heft 1, http://www.zeithistorische-forschun-
nicht gefunden werden. Inwieweit für Lehrkräfte             gen.de/1-2014/id=4996, Druckausgabe: S. 56–76.
hierzu schuleigene bzw. durch die Landesinstitute         INTERNATIONAL FEDERATION OF ROBOTICS (2015): World Robotics
organisierte Fortbildungen stattfinden, ist dem Ver-        2015. http://www.ifr.org/industrial-robots/statistics/
fasser nicht bekannt.                                     ISI-IPA (2016) (Hrsg.): Automatisierung und Robotik-Sys-
                                                            teme. Studien zum deutschen Innovationssystem Nr. 11-
AUSBLICK                                                    2016. Karlsruhe
Die Zahl der klassischen Industrieroboter wird in         KMK (2015): Rahmenvereinbarung über Fachschulen. Be-
den nächsten Jahren in Deutschland weiter anstei-          schluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002
gen. Zusätzlich werden die sogenannten Leichtbau-          i.d.F. vom 25.06.2015
roboter, die eine Mensch-Roboter-Kollaboration            SCHUMANN, M.; BAETHGE-KINSKY, V.; KUHLMANN, M.; KURZ, C.
(MRK) ermöglichen, und die mobile Robotik neue              (1994): Trendreport Rationalisierung. Automobilindu-
Einsatzfelder in unterschiedlichen Branchen ermög-          strie, Werkzeugmaschinenbau, Chemische Industrie.
lichen. Insgesamt wird die Automatisierung und              Berlin
Digitalisierung der industriellen Wertschöpfung im        TRÖLLER, H. (2014): Robotertechnik als Handlungsfeld in
Kontext von Industrie 4.0 weiter zunehmen. Die Ro-          der beruflichen Bildung für Industriemechaniker. In:
botertechnik insgesamt wird hierbei eine bedeutsa-          lernen & lehren, 29 (2014), Heft 113, S. 24–30
me Rolle einnehmen. Vor diesem Hintergrund steht          VDMA (2016): VDMA-Fakten-Check: EFI-Jahresgutachten
die berufliche Bildung vor der Herausforderung, die         zeichnet verzerrtes Bild der Robotik in Deutschland.
Kompetenzentwicklung zukünftiger Fachkräfte für             http://robotik.vdma.org/article/-/articleview/12145961
die Mitgestaltung von Arbeit und Technik in diesem        ZEW (2015): Übertragung der Studie von Frey/Osborne
Feld zu fördern. Für viele Berufe werden dazu u. a. er-     (2013) auf Deutschland. Kurzexpertise Nr. 57. ftp://ftp.
höhte Kompetenzen im Bereich Informationstechnik,           zew.de/pub/zew-docs/gutachten/Kurzexpertise_BMAS_
für interdisziplinäres Denken und Handeln sowie für         ZEW2015.pdf

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

Herausforderungen der
Mensch-Roboter-Kollaboration

                                                                     © privat
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    MARTIN FISCHER     BETTINA-JOHANNA KRINGS ANTÓNIO MONIZ                 EIKE ZIMPELMANN

    Die Ausweitung von Robotertechnologien nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch in Dienst-
    leistungsbereiche, stellt große Herausforderungen an die Mensch-Roboter-Kollaboration. In dem Artikel
    werden psychologische, soziologische, arbeitswissenschaftliche und berufspädagogische Gesichtspunk-
    te bei der Gestaltung und dem Einsatz von Robotern beleuchtet. Zu diesem Zweck werden spezifische
    Merkmale der Mensch-Roboter-Interaktion dargestellt, um Prinzipien der Funktionsteilung zwischen
    Menschen und Robotern zu diskutieren. Zu berücksichtigen sind hier die Organisation gesellschaftlicher
    Arbeit, spezifische Arbeitsaufgaben sowie Möglichkeiten und Grenzen der informationstechnischen Rea-
    lisierung solcher Aufgaben.

    ROBOTERTECHNIK IN INDUSTRIE UND                           beitsumgebungen kaum rentabel. Drittens bedeuten
    DIENSTLEISTUNGSGEWERBE                                    diese Entwicklungen, dass die Robotertechnik auch
                                                              über die industrielle Produktion hinaus für andere
    Der Einsatzbereich von Robotern in der Industrie
                                                              Einsatzbereiche, wie beispielsweise für den Dienst-
    dehnt sich gegenwärtig und in absehbarer Zukunft
                                                              leistungsbereich erschlossen wird. Hier werden gro-
    beträchtlich aus, was auch auf technische Innova-
                                                              ße Potentiale gesehen, „Serviceroboter“1 sukzessive
    tionen zurückzuführen ist. Erstens wird es durch
                                                              in unterschiedlichen Bereichen im Dienstleistungs-
    entsprechende Arbeitsschutzvorrichtungen mög-
                                                              sektor einzusetzen, wobei „Service-Robotik“ häufig
    lich, Roboterbewegungen in Abhängigkeit von Ak-
                                                              nur negativ von „Industrie-Robotik“ abgegrenzt wird
    tionen des Menschen zu kontrollieren und Roboter
                                                              (vgl. DECKER et al. 2011).
    aus ihren „Käfigen“ zu entlassen. Neue Systeme
    der Lenkung und Programmierung von Robotern               Wie relevant die Roboter-Technologie in Deutsch-
    ermöglichen es Fachkräften, Roboter auf der Werk-         land ist, wird schnell deutlich, wenn man bedenkt,
    stattebene zu steuern. Dadurch wird ein hohes Maß         dass hierzulande 273 Roboter pro 10.000 Angestell-
    an Flexibilität bezüglich der Produktionsabläufe          te eingesetzt werden. Weltweit setzen nur Japan und
    gewonnen: So kann ein Roboter mit deutlich gerin-         Südkorea verhältnismäßig mehr Roboter ein (332
    gerem Umrüst-Aufwand für ein größeres Spektrum            bzw. 396) (vgl. IFR – INTERNATIONAL FEDERATION OF RO-
    von Produktionsprozessen eingesetzt werden. Dies          BOTICS 2013, S. 13). Zusätzlich hatten deutsche Unter-
    bedeutet zweitens, das die Entwicklung von flexib-        nehmen in den Jahren 2011 und 2012 einen Anteil
    len Robotersystemen den Einsatz in der Fertigung          am weltweiten operativen Bestand von Industriero-
    von geringen Losgrößen möglich macht und damit            botern von ca. 13,6 bzw. 13,1 %, was die Bedeutung
    auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU),           dieser Technologie für die deutsche Wirtschaft noch-
    die solche Systeme bisher nicht ökonomisch sinn-          mals hervorhebt (vgl. ebd., S. 17). Zudem stieg die
    voll einsetzen konnten. Hier erschien der Roboter-        Zahl der eingesetzten Roboter (operational stock)
    einsatz bislang aufgrund der Anforderungen an die         weiter (von 2011: 157.241 bis 2016 (Prognose):
    Arbeitssicherheit und die Standardisierung von Ar-        216.800 (IFR 2015, S. 20 f.)), sodass nach wie vor

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

von der Bedeutsamkeit der Robotertechnologie für        aktion zwischen Robotern und Menschen (HRI =
die deutsche Industrie sowie einer weiteren Intensi-    Human Robot Interaction) z. T. prinzipiell und z. T.
vierung des Einsatzes von Robotern auszugehen ist.      graduell in folgenden Aspekten:
Was das in der Praxis und im Detail für die Mensch-     1. Roboter agieren (teil-autonom) in der physikali-
Roboter-Kollaboration heißt, ist bislang kaum im           schen Welt, so dass HRI das gemeinsame Agieren
größeren Maßstab untersucht. Untersuchungen wid-           von Mensch und Roboter, die Unterschiede in die-
men sich vor allem der Substituierbarkeit menschli-        sem Agieren sowie die physische Interaktion von
cher Arbeit durch Roboter und sehen z. T. hohe Frei-       Menschen und Robotern umfasst.
setzungsrisiken menschlicher Arbeit (FREY/OSBORNE
                                                        2. Roboter verfügen über Systeme der Informations-
2013, S. 38, vgl. auch DECKER et al. (im Druck)).
                                                           aufnahme, -verarbeitung und -ausgabe, mit deren
Substituierbarkeitsprognosen beleuchten jedoch             Hilfe Roboter die physikalische Welt „wahrneh-
meist gerade nicht Aspekte der Mensch-Roboter-             men“ und darüber „sprechen“. Daher behandelt
Kollaboration, da sie von einer vollständigen Er-          HRI die Kommunikation zwischen Mensch und Ro-
setzbarkeit menschlicher Tätigkeiten durch die Ro-         boter über gemeinsam wahrnehmbare Objekte.
botertechnik ausgehen. Diese Ausgangshypothese
                                                        3. Roboter können durch ihre physische Präsenz,
erscheint besonders bei flexiblen Robotersystemen
                                                           durch ihr Aussehen, durch ihre Aktions- und Kom-
eher fragwürdig (auch wenn mögliche Freisetzungs-
                                                           munikationsweisen eine wie auch immer gearte-
effekte hier keineswegs geleugnet werden sollen),
                                                           te „Beziehung“ zu Menschen anregen. Dies kann
denn irgendjemand muss die Flexibilität des Robo-
                                                           dazu führen, dass der Mensch dem Roboter lebe-
ters in der Fabrikhalle zum Einsatz bringen und die
                                                           wesenähnliche Attribute bescheinigt und ggf. eine
durch den Robotereinsatz erhöhte Komplexität tech-
                                                           lebewesenähnliche Beziehung zu ihm eingeht.
nischer Systeme unter Kontrolle halten. Soll die Fle-
xibilität des Roboters genutzt werden, ist – anstelle   4. Mit Hilfe ihrer „künstlichen Intelligenz“2, ihrer
einer ausschließlichen Substitution – eher von zu-         Aktoren und ihrer Kommunikationsmöglichkeiten
nehmender Kollaboration auszugehen.                        können Roboter Bewegungen vollziehen, Arbeits-
                                                           leistungen vollbringen und Beziehungen herstel-
In Bezug auf gegenwärtige Veränderungen bei der
                                                           len, die vordem Menschen oblagen. HRI behandelt
Mensch-Roboter-Kollaboration in der Industrie exis-
                                                           daher auch das Verhältnis des Roboters zu Men-
tieren zwar erste Forschungsarbeiten, allerdings
                                                           schen, deren Arbeitsleistungen ganz oder teilwei-
sind diese auf Einzelunternehmen und/oder Labor-
                                                           se durch den Roboter ersetzt worden sind und die
studien beschränkt. Auch mangelt es an arbeits- und
                                                           sich ggf. noch in einem gemeinsamen Arbeitssys-
industriesoziologischen Studien zum Einsatz indus-
                                                           tem mit dem Roboter befinden.
trieller Roboter, da „sich die Industriesoziologie in
den letzten Jahren der empirischen und theoreti-        MENSCH-ROBOTER-FUNKTIONSTEILUNG
schen Bestimmung der Auswirkungen von Technik
und neuen Technologien weitgehend entzogen hat“         Die Gestaltung der „Schnittstelle“ zwischen Mensch
(PFEIFFER 2010; S. 252; vgl. auch MONIZ 2015; MONIZ/    und Roboter ist ein zentrales Element in der Robotik.
KRINGS 2016).                                           Trotz technischer Innovationen, die die HRI in aktu-
                                                        ellen Entwicklungen dieser Technologie qualitativ
Es zeigt sich, dass technologische Innovationen und     verändern, ist die Definition der Schnittstelle wich-
wirtschaftliche Erfordernisse der zunehmend globa-      tig, um die HRI als Verhältnis der Kollaboration zu
len Struktur von Wertschöpfungsketten in der Pro-       gestalten, denn nie agiert der Roboter völlig allein,
duktion wesentliche Veränderungen hervorgerufen         sondern er wird von einem Menschen programmiert,
haben (und weiterhin hervorrufen werden), die sich      gestartet und ausgeschaltet, und er wird von einem
auch auf den Bereich der Robotik auswirken und erst     (möglicherweise anderen) Menschen mit Informati-
im Kontext des Themas „Industrie 4.0“ wieder ver-       onen oder Anweisungen versehen. Ein (möglicher-
stärkt in den Fokus geraten sind.                       weise wiederum anderer) Mensch hört dem Roboter
                                                        zu oder nimmt etwas entgegen wie beispielweise ein
MENSCH-ROBOTER-INTERAKTION                              Werkzeug oder ein Produkt. In diesen Mensch-Ro-
Im Vergleich zu herkömmlicher, roboterunspezifi-        boter-Systemen ist eine Mensch-Roboter-Funktions-
scher Mensch-Maschine-Interaktion bzw. Mensch-          teilung realisiert, mit der die Frage beantwortet ist,
Computer-Interaktion unterscheidet sich die Inter-      welche Aufgaben der Roboter und welche Aufgaben

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

     der Mensch wahrnimmt – eine der wichtigsten Ge-         Obgleich dieser Typus der HRI zunehmend im indus-
     staltungsfragen aus arbeitswissenschaftlicher Sicht.    triellen Kontext eingesetzt wird, gibt es noch immer
     Hier werden Weichen in eine Richtung gestellt, die      Aufgabenbereiche, die nur von Menschen ausgeführt
     anschließend kaum mehr zurückzustellen sind. Ein        werden können. Diese beinhalten vor allem in kom-
     Beispiel aus den Anfangszeiten der Robotik veran-       plexen Arbeitsumgebungen die folgenden Aufgaben-
     schaulicht dies eindrücklich: Wenn in einem Arbeits-    felder (nach MONIZ 2015, S. 69):
     system durch einen Roboter Schrauben eingesetzt
     werden und der Roboter nicht in der Lage ist, diese     – Kontrolle der Produktionsabläufe
     Schrauben auch festzudrehen, dann wird dem Men-         – Wartungsaufgaben
     schen genau diese Resttätigkeit zugewiesen, die an
                                                             – Überwachung und Monitoring der gesamten Abläu-
     Monotonie kaum zu überbieten ist. Die hier relevan-
                                                               fe
     te Frage lautet: Welche Aufgaben können und sollen
     dem Menschen (weiterhin) obliegen, welche Aufga-        – Qualitätskontrolle.
     ben soll der Roboter übernehmen?
                                                             Erfahrungen haben hierbei in den vergangenen Jah-
     Dieser Fragestellung lassen sich drei Gestaltungsper-   ren eine Kohärenz zwischen der Komplexität der
     spektiven zuordnen, die sowohl bei der Entwicklung      Produktionssysteme und den Arbeitsanforderungen,
     der Industrie- als auch bei der Servicerobotik zu be-   die sich daraus ergeben, gezeigt. Das heißt, je „in-
     rücksichtigen sind: die                                 telligenter“ die Produktionssysteme, desto komple-
     – aufgabenorientierte Gestaltungsperspektive,           xer und vielschichtiger werden die Probleme, die
                                                             sich aus diesen Systemen ergeben können. So zeigt
     – Perspektive der Organisation gesellschaftlicher Ar-
                                                             sich, dass die funktionale Arbeitsteilung zwischen
       beit,
                                                             Menschen und Maschinen den Anforderungen die-
     – informationstechnische Gestaltungsperspektive.        ser komplexen Systeme gerecht werden müssen. Die
                                                             Darstellung und die Gestaltung der HRI in all ihren
     Aufgabenorientierte Gestaltungsperspektive
                                                             Facetten stellt die eigentliche Herausforderung der
     Im Rahmen der aufgabenorientierten Gestaltungs-         aufgabenorientierten Perspektive dar, da die funkti-
     perspektive spielt die Frage eine Rolle, welche Auf-    onale Aufgabenteilung zwischen Menschen und Ma-
     gaben mit Hilfe des zu entwickelnden technischen        schinen alle Prozessfaktoren berücksichtigen muss.
     Systems bearbeitet und welche technischen Funkti-       Ansonsten wird man nicht die erwarteten Ergebnisse
     onalitäten hierfür geschaffen werden sollen.            erreichen (MONIZ 2015, S. 70).
     In der Industrie ist dieses Thema angesichts der        Noch umfangreicher stellt sich die aufgabenorien-
     avancierten HRI von immer größerer Bedeutung.           tierte Gestaltungsperspektive dar, wenn die Bewälti-
     Ähnlich wie im Bereich der Dienstleistungen gibt        gung von unvorhergesehenen Ereignissen integriert
     es auch hier inzwischen eine große Vielfalt von An-     werden soll, da dann Entscheidungsfähigkeit erfor-
     wendungen, die verstärkt als ein Verhältnis der Kol-
                                                             derlich ist. Wie unterscheiden sich hier „autono-
     laboration zwischen Menschen und Maschinen be-
                                                             me“ Roboter von menschlichen Arbeitskräften (vgl.
     schrieben werden können. Vor diesem Hintergrund
                                                             FISCHER 2000, S. 158 ff.)? Hohe Speicherkapazität
     konzentriert sich die Gestaltungsperspektive dieser
                                                             und Verarbeitungsgeschwindigkeit von Daten sind
     technischen Anwendungen auf „close, safe and de-
                                                             wie überall beim Computereinsatz ebenso Merk-
     pendable physical interaction between human and
     robot in a shared workspace” (MAR 2015, S. 251).        male der KI-Systeme von Robotern. Allerdings kann
     Diese Zielsetzungen unterscheiden sich von der          ein KI-System keinen inhaltlichen Zusammenhang
     traditionellen Gestaltungsperspektive der Mensch-       zwischen Wissen/Erfahrung und der aktuellen Prob-
     Maschine-Interaktion im industriellen Kontext inzwi-    lemsituation herstellen, sondern nur einen formalen
     schen in einem hohen Maße, was sich auch auf die        Zusammenhang. Das heißt, es wird über einen Infe-
     Zielsetzungen der Gestaltungsperspektive auswirkt.      renzmechanismus des KI-Systems die Entsprechung
     „Therefore, such robots need to be carefully desig-     oder Nicht-Entsprechung einer Problemsituation mit
     ned for human-compatibility and in the long term        einem Kanon von Regeln, Fallbeschreibungen, Sta-
     they will have to be able to safely sense, reason,      tistiken etc. diagnostiziert, Schlussfolgerungen wer-
     learn, and act in a partially unknown world in close    den gezogen und entsprechende Handlungen werden
     contact with humans” (MAR 2015, S. 251).                vom Roboter generiert.

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

Dies ist u. U. kein Problem bei einer überschaubaren    sind (mit der Folge gesundheitlicher Belastungen),
Anzahl von Handlungssituationen und Handlungsal-        dem menschlichen Zeitrhythmus nicht entsprechen
ternativen – was aber gerade bei unvorhergesehenen      (Nachtarbeit) oder die Leistungsfähigkeit von alten,
Ereignissen nicht gegeben ist. Menschliche Arbeits-     kranken und behinderten Menschen übersteigen.
kräfte, z. B. in der Pflege, meistern (im Idealfall)    So besteht im Hinblick auf die aufgabenorientier-
Unwägbarkeiten dadurch, dass sie das Allgemeine         te Perspektive eine der Herausforderungen der
(„Herr X ist erkältet“) wie auch das Besondere einer    Mensch-Roboter-Kollaboration darin, solche Aufga-
Problemsituation („aber dieser Husten ist besorgnis-    ben zu definieren, die das Prinzip der Komplemen-
erregend“) erkennen können. Das im menschlichen         tarität zwischen Mensch und Maschine unterstützen.
Denken praktizierte gleichzeitige Festhalten von        Roboter können/sollen dort Aufgaben übernehmen,
Identität und Unterschiedlichkeit eines Sachverhalts    wo Menschen nicht oder schwerlich in der Lage sind,
ist die wesentliche Differenz zum maschinellen Ler-     dies zu tun.
nen, wie es etwa in KI-Systemen realisiert ist. Diese
Differenz beinhaltet, dass ein Roboter kein Bewusst-    Perspektive der Organisation gesellschaftlicher
sein darüber hat, dass er sich selbst in Gefahr be-     Arbeit
findet oder andere gefährden könnte. Beispielsweise
                                                        Was Menschen nicht oder schwerlich in der Lage
könnte ein im Haushalt agierender Service-Roboter,
                                                        sind zu tun, hat auch mit ihrer Ausbildung und Qua-
der eine behinderte Person mit Nahrung versehen
                                                        lifikation zu tun und ist deshalb eine Frage dessen,
soll, mit Hilfe seines KI-Systems im Idealfall Ge-
                                                        wie Arbeit in einer Gesellschaft strukturiert und
tränke von Reinigungsmitteln unterscheiden und
                                                        organisiert ist. In dieser Gestaltungsperspektive
adäquate Handlungsoptionen wählen. Er kann aber
                                                        sind Gesichtspunkte der Arbeitsorganisation, der
nicht denken: „Ich könnte möglicherweise jeman-
                                                        Weisungs- und Kontrollbefugnis, der Arbeitsteilung
den vergiften!“ Ebenfalls hat er, wie dargelegt, kein
                                                        und Kooperation bis hin zum Aufgabenzuschnitt am
Bewusstsein darüber, dass das, was den einen nicht
                                                        Arbeitsplatz oder in der Privatsphäre angesprochen,
erschreckt, den anderen doch erschrecken könnte.
                                                        die bei der Systementwicklung berücksichtigt und
Allein schon die Geschwindigkeit, mit der sich ein
                                                        entschieden werden müssen. Der Begriff „Organi-
Roboterarm auf eine Arbeitsperson zubewegt, ist
                                                        sation gesellschaftlicher Arbeit“ macht deutlich,
Gegenstand vielfältigen Experimentierens, da der
                                                        dass die praktischen Probleme, mit denen Techni-
Roboter eben nicht denken kann: „Ich könnte jeman-
                                                        kentwicklung und Technikgestaltung konfrontiert
den erschrecken!“
                                                        sind, nicht nur aus dem je konkreten Einsatzfeld des
Dies alles bedeutet im Hinblick auf die Mensch-Ro-      technischen Systems herrühren, sondern die gesell-
boter-Funktionsteilung, dass der Mensch jederzeit       schaftlichen Voraussetzungen, Bedingungen und
die Möglichkeit haben muss, Aktionen des Roboters       Folgen der Technikanwendung (Stichworte: Renta-
zu stoppen, ihn ggf. zu „overrulen“3, da in wenig       bilität, Ausbildungs- und Rekrutierungspraxis von
standardisierten Arbeitsumgebungen ein sicher-          Arbeitskräften, Hierarchie der Berufe, gesellschaftli-
heitsgerechtes Agieren des Roboters nicht ex ante       cher und betrieblicher Stand von Produktions- und
sichergestellt werden kann.                             Dienstleistungskonzepten etc.) umfassen. Dies wird
Für das Problem der Mensch-Technik-Funktionstei-        besonders in Transformationsprozessen jener gesell-
lung ist vor diesen Fragestellungen die kontrastive     schaftlichen Bereiche deutlich, wo der Einsatz von
Aufgabenanalyse entwickelt worden (vgl. FISCHER         Robotern langfristig vorgesehen ist. Zwei Beispiele
2000, S. 286). Hier geht es um eine Qualität der In-    sollen das illustrieren:
formationstechnik, die komplementär zu den Kom-         – Für den Pflegebereich wird der Robotereinsatz mo-
petenzen der Arbeitenden liegt. Stärken der Robo-         mentan intensiv diskutiert. Es ist aber fraglich, ob
tertechnik liegen hierbei in der präzisen Ausführung      angesichts der Billiglöhne in diesem Bereich der
– auch unter für den Menschen widrigen örtlichen          massenhafte Robotereinsatz auf absehbare Zeit
und zeitlichen Bedingungen – von Operationen, die         lohnend sein kann, solange sich noch Billiglohn-
ein gewisses Maß an Standardisierung erlauben,            kräfte rekrutieren lassen. Hier spielt also die Ren-
aber auch eine gewisse Variationsbreite aufwei-           tabilität im Vergleich zu Personalaufwendungen
sen. Innerhalb dieser Spannbreite ist ein Spektrum        eine wichtige Rolle. Gleichzeitig handelt es sich im
von Aufgaben für teilautonom agierende Roboter            Arbeitsfeld der Pflege um ein komplexes und viel-
denkbar, die für Menschen mühevoll zu erledigen           schichtiges Feld, in dem die Einführung einer funk-

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

      tionalen Arbeitsteilung zwischen Mensch und Ro-         eigenständig Informationen aus, lösen dadurch Ak-
      boter zu einer Fragmentierung der Arbeitsabläufe        tionen aus und steuern sich gegenseitig, was ten-
      führen könnte, was sich insgesamt kontraproduk-         denziell zu abstrakteren, für die Fachkräfte schwerer
      tiv für die Qualität der Pflege auswirken könnte.       nachvollziehbaren Prozessen führt. Dies beeinflusst
                                                              den Planungs- und Entwicklungsprozess für den
     – Im industriellen Sektor scheint der Robotereinsatz
                                                              Robotereinsatz, die Produktionsprozesse selber so-
       auch für KMU zunehmend rentabler zu werden.
                                                              wie die Wartung und Instandhaltung von Robotern,
       Hier stellt sich die Frage, wie die Ausbildung und
                                                              wobei virtuelle Prozesse und die softwaregestützte
       Kompetenz der Arbeitenden bei der Gestaltung von
                                                              Überprüfung die konkrete Arbeit an der „Hardware“
       Arbeitsprofilen und Benutzerschnittstellen berück-
                                                              mehr und mehr ersetzen.
       sichtigt werden kann. Bisweilen gewinnt man den
       Eindruck, dass Nutzerschnittstellen in der Roboter-    Besondere Möglichkeiten der Mensch-Roboter-Kolla-
       technik auf den DAU („dümmster anzunehmender           boration ergeben sich durch Verarbeitungssysteme
       User“) zugeschnitten werden und so das gerade in       von optischen, akustischen und haptischen Signa-
       Deutschland vorhandene „Arbeitsprozesswissen“          len, über die Roboter zunehmend verfügen. Dadurch
       der Facharbeiter (FISCHER 2000) gar nicht einge-       könnten Arbeitende in die Lage versetzt werden,
       bracht werden kann.                                    Roboter über natürliche Sprache oder besondere
                                                              Teaching-Methoden (wie Vormachen-Nachmachen)
     Ob technische und organisatorische Weiterentwick-
                                                              zu programmieren. In der Programmierung von Ro-
     lungen möglicherweise Veränderungen in Berufspro-
                                                              botern sind in den letzten Jahren einige Fortschritte
     filen und Qualifikationsanforderungen der Arbeits-
                                                              erzielt worden, die die Lenkung des Roboters über
     tätigkeiten erforderlich machen, ist von SPÖTTL et al.
                                                              Handbediengeräte („Spielkonsole“), manuelle Füh-
     (2016) im Kontext der Entwicklungen zu Industrie
                                                              rung des Roboters, Einsatz von Tablet-Computern,
     4.0 untersucht worden. Hier sehen die Autoren für
                                                              Imitationslernen und Sprachbefehle ermöglichen.
     Deutschland Anpassungsbedarf für einige Berufsbil-
                                                              Potentielle Anwendungen dieser technischen Wei-
     der, jedoch keinen bahnbrechenden Revisionsbedarf
                                                              terentwicklungen in der Industrie beziehen sich
     für die gesamte Berufsentwicklung.
                                                              auf sehr schnelle vollautomatische Fertigungs- und
                                                              Produktionsprozesse, die in Kooperation mit Men-
     Informationstechnische Gestaltungsperspektive
                                                              schen („industrial robot assistant“) durchgeführt
     Im Rahmen der informationstechnischen Gestal-            werden. Dies alles begünstigt die flexible Einsatz-
     tungsperspektive wird schließlich die Fragestellung      möglichkeit von Robotern auch durch technisch we-
     ins Visier genommen, was auf der Basis von Roboter-      niger geübte Personen. Gleichzeitig sind Elemente
     technologien machbar ist und wie diese in die Ratio-     wie Lichtschutzzäune, rüsselartige Roboterarme,
     nalisierungslogik der Betriebe integriert werden. Die    Schaumstoffschutzhüllen für Roboter mit Nähe-
     informationstechnische Realisierung ist jedoch nicht     rungssensoren entwickelt worden, mit deren Hilfe
     einseitig aus den anderen Gestaltungsperspektiven        Roboterbewegungen in Abhängigkeit von Aktionen
     abgeleitet: Hier darf nicht unterschätzt werden, dass    des Menschen gestoppt oder in ihrer Geschwindig-
     aus der Verfügbarkeit von (technischen) Mitteln auch     keit reduziert werden. So soll die Sicherheit in von
     (neue) Zwecke kreiert werden (können).                   Mensch und Roboter gemeinsam geteilten Arbeits-
     In technischer Hinsicht finden derzeit wesentli-         systemen unterhalb von Not-Aus-Funktionen verbes-
     che Entwicklungen statt, die einen Einfluss auf Ar-      sert werden.
     beitsprofile, Arbeitsorganisation und Qualifikations-    Es gibt große Übereinstimmung darüber, dass durch
     anforderungen haben können. Als wesentlich seien         informationstechnisch basierte Roboterentwicklun-
     hier die Einführung einfacherer Programmiertechni-       gen neue Gestaltungsperspektiven in industriellen
     ken, der Trend zu kollaborativen, offenen Roboter-       Prozessen entwickelt werden. Diese – so wird vermu-
     systemen, neue Konzepte im Bereich der Mensch-Ro-        tet – werden in naher Zukunft neue Arbeitsumgebun-
     boter-Interaktion (z. B. die Ausrüstung von Robotern     gen schaffen. Hierbei wird die Mensch-Roboter-Kol-
     mit „Köpfen“, die durch ihre „Blickrichtung“ die         laboration auf eine qualitativ neue Ebene gehoben.
     folgenden Aktivitäten anzeigen) und die Entwick-         Im Hinblick auf die Gestaltung dieser Kollaboration
     lung von Augmented-Reality-Tools für Schulung, Pro-      werden große Herausforderungen besonders im Hin-
     grammierung, Wartung und Instandhaltung genannt.         blick auf den Erhalt und die Weiterentwicklung der
     Zudem tauschen Roboter heutzutage untereinander          Arbeitsqualität gesehen (MONIZ/KRINGS 2016). Neben

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SCHWERPUNKTTHEMA „ROBOTIK“

den aus den technischen Entwicklungsprozessen re-           se Kriterien ergänzt werden um Merkmale, die
sultierenden Herausforderungen, die beispielsweise          zum einen auch die hard-/softwaretechnischen
das Thema „Sicherheit“ stark betonen (vgl. oben),           Komponenten des Roboters umfassen und zum
beinhalten diese Herausforderungen auch Aushand-            andern die „Beziehungsqualität“ des Roboters
lungsprozesse mit den beteiligten Akteuren, um neue         betreffen.
Modelle industrieller Arbeit vor dem Stichwort „Hu-        – Bei der Frage nach dem Nutzerverhalten im Um-
manisierung“ zu diskutieren und zu lancieren.                gang mit Robotern sind bislang vor allem Unter-
                                                             suchungen durchgeführt worden, die potenzielle
FAZIT
                                                             Nutzer mit Prototypen oder Bildern konfrontiert
Für beide, die Service- und Industrie-Robotik werden         haben, über die Entwickler von Robotern verfü-
enorme Zuwachsraten prognostiziert. Bei dauerhaften          gen. Ob es Roboter gäbe, wie diese aussähen und
Anwendungen in der wirklichen Welt stellen sich fol-         welche Funktionen diese besäßen, wenn Nutzer
gende offene Fragen:                                         in einem spezifischen Arbeitsbereich möglichst
– Die Entwicklung und der Einsatz flexibler, teilau-         frühzeitig in den Entwicklungsprozess eingebun-
  tonomer Roboter beinhaltet, dass Arbeitende und            den wären, ist nicht nur wissenschaftlich eine
  möglicherweise auch Kunden/Klienten in aller Regel         offene Frage. Erste Ansätze zur Beantwortung
  in unmittelbaren Kontakt mit dem Roboter kommen.           dieser Fragestellung sind mithilfe eines realen
  Dieser Sachverhalt hat eine Reihe von Implikationen        Roboterprototypen und mithilfe von potenziellen
  für die Gestaltung und den Einsatz von teil-autono-        Nutzern anhand von ausgewählten Aufgaben z.
  men Robotern, die von Sicherheitsfragen bis zur            B. im Münchner Cluster of Excellence „Cognition
  „Beziehungsqualität“ von Dienstleistungen reichen          for Technical Systems“ entwickelt worden. Solche
  und die bislang allenfalls aspekthaft, jedoch nicht        Ansätze wären für verschiedene Einsatzbereiche
  systematisch empirisch untersucht worden sind.             zu erweitern. Die Partizipation potenzieller Nut-
                                                             zer wäre hierbei zu gewährleisten.
– Damit geht einher: Aufgaben, die teil-autonome Ro-
  boter übernehmen können, umfassen einen weiten           Für berufliches Lernen besitzen alle diese Fragen
  Bereich des privaten und geschäftlichen Lebens:          eine enorme Bedeutung. Deren Quintessenz liegt
  von der Produktion, Logistik, Mülltrennung bis zur       darin, lernhaltige Arbeitsprozesse zu kreieren, die
  Betreuung von pflegebedürftigen Personen. Vermut-        von den Arbeitskräften mit Roboterunterstützung
  lich besitzen diese Aufgaben für die meisten Men-        durchgeführt werden. Ziel ist die Anschlussfähig-
  schen nicht alle die gleiche Wertigkeit, und vermut-     keit an und die Förderung von beruflichem Arbeits-
  lich ist es deshalb auch nicht gleichgültig, wer diese   prozesswissen sowohl durch den Robotereinsatz
  Aufgaben ausführt. Es stellt sich daher weniger die      selbst als auch durch die Schulungsmaßnahmen,
  Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz der          die im Kontext des Robotereinsatzes durchgeführt
  Robotik überhaupt, sondern es stellt sich eher die       werden.
  Frage, welche spezifischen Aufgaben von Robotern
                                                           ANMERKUNGEN
  übernommen werden sollen.
                                                           1) Der Sprachgebrauch „Serviceroboter“ stammt
– Ein offensichtlicher Trend im Bereich der Roboter-
                                                             von der direkten Übersetzung des englischen
  Entwicklung geht dahin, Roboter möglichst men-
                                                             Wortgebrauchs „service robot“, der sich auf
  schenähnlich werden zu lassen, d. h., menschliches
                                                             menschliche Aufgaben im Hinblick auf indus-
  Aussehen zu imitieren und geistige/physische Leis-
                                                             trielle Fertigung bezieht und sich vom Wort-
  tungen des Menschen nachzuahmen. Die eigentlich
                                                             gebrauch „personal service robot“ oder „pro-
  naheliegendere Entwicklungslinie, auf Basis kon-
                                                             fessional service robot“ unterscheidet. Diese
  trastiver Aufgabenanalysen Roboterfunktionen zu
                                                             beziehen sich auf den Einsatz von Robotersys-
  entwickeln, die komplementär zu menschlichem
                                                             temen in den unterschiedlichsten sozialen Be-
  Leistungsvermögen sind, ist weit weniger ausgear-
                                                             reichen (vgl. ISO International Organization for
  beitet.
                                                             Standardization (ISO), https://www.iso.org/obp/
– Für die Frage nach der Gebrauchstauglichkeit von           ui/#iso:std:iso:8373:ed-2:v1:en, 27.09.2016) In
  Robotern können und sollen Kriterien herangezogen          deutschsprachigen Debatten werden diese Diffe-
  werden, die auch bislang schon unter dem Stichwort         renzen wenig vorgenommen und meist unter dem
  „Usability“ diskutiert werden. Jedoch müssten die-         Begriff „Seviceroboter“ subsumiert.

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