Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
5/6 2018 15,00 € 22. Jahrgang H49998 www.owc.de Von „Küken“ und „Einhörnern“: China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen GlobalContact EuGH schiebt Schiedsgerichten Riegel vor Dieneue! Seiden straße
Import in die Eurasische Wirtschaftsunion Unsere 500 Experten sorgen für einen reibungslosen Importprozess, damit Sie sich auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Wir kümmern uns um: Elektronische Zollabfertigung, Registrierung bei der Zollstelle Unterstützung bei allen notwendigen Unterlagen Produktzertifizierung Logistikkoordination und Lagerhaltung DDP – Import direkt zu Ihrem Kunden im Ausland Kontaktperson Olga Kravchenko Leiterin der Buchhaltungs-und Importabteilung +49 (30) 615 089 10 info@schneider-group.com SUCCESS STORY Erfolgreicher Export schneider-group.com nach Russland
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, der Name „Seidenstraße“ geht zurück auf den Deutschen Fer- hand eindrucksvoller Wachstumszahlen – auch wenn der An- dinand von Richthofen. Im 19. Jahrhundert war der Geograf teil der Schiene am Gesamthandel zwischen China und Euro- nach China gereist und hatte den Begriff später in seinen Be- pa marginal bleibt (S. 8). Ohne Frage haben die kontinuierlich richten geprägt. zunehmenden Zugverbindungen das Zeug, den Warenver- Die Neue Seidenstraße prägen Deutsche heute nicht. Sie kehr zwischen Ost und West nachhaltig zu verändern. An der reagieren eher, stellen sich auf die möglichen Auswirkungen Neuen Seidenstraße wird erst einmal kein Weg vorbeiführen. dieser „Globalisierung chinesischer Prägung“ ein und verfal- Und so widmen auch wir uns in dieser Ausgabe ausführlich len abwechselnd in Euphorie oder tiefe Skepsis. Auf Ebene diesem Thema. der EU gibt es erst recht keine Strategie, von einem geschlos- Die Welt prägt China aber nicht nur mit Stahl und Beton, senen Auftreten ist derzeit ohnehin nicht zu sprechen. Wäh- sondern immer häufiger auch mit fortschrittlichen Techno- rend zumindest viele Logistiker versuchen, sich ein Stück vom logien und Innovationen – etwa im Bereich FinTech. Kein Kuchen abzuschneiden, bleibt vorerst nur zu beobachten, wie Land nutzt moderne Bezahlmethoden häufiger als die Chi- die Seidenstraße wächst, wie China in den rund 60 betroffe- nesen (S. 34). nen Ländern Investitionen vorantreibt. Eine zentrale Rolle In unserer Rubrik „Made in China 2025“ (MIC) blicken bei ihrer Entwicklung spielt die Frage, wie die Transitländer wir unter anderem auf das Thema Ausbildung. Und auf 40 in Zentralasien und Osteuropa entlang der Landroute über Jahre Reformen, denn natürlich ist MIC nicht das erste be- den eurasischen Kontinent mit Chinas Belt and Road Initi- merkenswerte Programm zur Entwicklung der Wirtschaft, ative umgehen. Auch dort ist man vielerorts gespalten: Chi- das im Westen aufmerksam verfolgt wird. Doch wie unter- nesische Investitionen werden gern gesehen, um Infrastruk- scheiden sich die Umstände heute von denen vor 40 Jahren, tur aufzubauen und die Entwicklung dieser Schwellenländer als Deng Xiaoping als Galionsfigur für die Öffnung Chinas voranzutreiben. Aber die Art, wie China solche Projekte um- auf die Weltbühne trat? setzt, wird nicht selten als problematisch empfunden. Hinzu Für junge Unternehmer ist das heute nicht viel mehr als kommt eine hohe Heterogenität der Länder Osteuropas und Geschichte. Sie blicken auf ein China, das vor allem eines be- Zentralasiens und divergierende regionale oder geostrategi- deutet: einen großen Wachstumsmarkt und damit „Skalier- sche Interessen, die eine Verknüpfung der vielen einzelnen barkeit“ – einer der Lieblingsbegriffe in der Welt der Start- BRI-Projekte zu einer wirklichen Seiden-Straße oder einem ups. In diesem Markt zu bestehen, ist auch für innovative, agi- -Netzwerk erschwert. le Jungunternehmen nicht einfach. Ein chinesischer Inkubator Nichtsdestotrotz: Das Netz, das sich auf dem Landweg über in Berlin will dabei helfen und bietet Netzwerke und Zugang den eurasischen Großkontinent spannt, wird engmaschiger zum chinesischen Markt. und immer beliebter für den Güterverkehr. Das zeigt sich an- Berlin steht auch im Zentrum unseres Interviews mit der Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die Ende April das Wirtschaftsbüro der Hauptstadt in Peking er- öffnet hat. Berlin will immerhin ein weltweites Zentrum der Kreativwirtschaft sein – enge Beziehungen zu und Austausch mit China sollen dabei helfen. Das Team des OWC-Verlags wünscht Ihnen eine spannende Lektüre dieser und vieler weiterer Themen im Heft und auf unserer Website www.owc.de. Patrick Bessler, Chefredakteur E-Mail: pb@owc.de 5/6 2018 ChinaContact / 3
Titelthema: Chinas Neue Seidenstraße 36 FinTech-Weltmeister Bezahlen, Überweisen, Kredite vergeben oder Versiche- 08 Die Schiene glüht rungen abschließen – und alles online. Der Schienenverkehr zwischen der EU und China boomt. Doch hat er wirklich das Zeug zum „Game Changer“? Made in China 2025 15 Konkurrent oder Partner? 39 China auf Einkaufstour Russland könnte einer der wichtigsten Partner für die BRI Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung untersucht die sein. Doch Moskau hat teils gegenläufige Interessen. steigenden chinesischen Investitionen in Deutschland. 18 Wildes Zentralasien 40 Smarte Ausbildung für smarte Fabriken Politische Unwägbarkeiten und Infrastrukturmangel Deutschland und China kooperieren bei der Aus- und prägen die zentralasiatischen Transitländer der BRI. Weiterbildung für die Produktion der Zukunft. 22 Polen: Fenster und Flaschenhals 42 Von Deng zu Xi: 40 Jahre Reformpolitik Polen ist für die Seidenstraße das Fenster zur EU China hat sich gewandelt, auch die Herausforderun- – und bremst den Verkehr massiv. gen – vom „leckeren Fleisch“ zum „Knochen“. 26 Endstation Hamburg Branchen & Märkte Der Hamburger Hafen bereitet sich auf höheres Frachtaufkommen dank der BRI vor – und auf einen 44 China für Start-ups chinesischen Investor. Ein chinesischer Inkubator will deutschen Start-ups den Marktzugang erleichtern. 28 Neues von der Seidenstraße China investiert in globale Infrastruktur – zu Land und zu 47 Chinas „Einhörner“ Wasser. Wir stellen einige der wichtigsten Projekte vor. Start-ups mit einem Wert von über einer Milliarde US-Dollar gelten als Einhörner. China hat bereits 164 davon. 32 Die OWC-Weltkarte Anteile Chinas am Außenhandel osteuropäischer und zentral- asiatischer Länder sowie führender Industrienationen 48 Erneuerbare: der Ausbau und die Kosten Das deutsche und das chinesische Energiesystem stehen Finanzen vor ähnlichen Herausforderungen. Die dena begleitet Ausbau und Reform des chinesischen Systems. 34 Gut gelaunt trotz hoher Schulden 50 Energiewende: Lehren aus Europa Chinas Unternehmen blicken optimistisch in die Sind Europa und China überhaupt vergleichbar? Deutsche Zukunft. Doch die Zahlungsverzögerungen wachsen. und dänische Experten im Gespräch. 8 Shooting Star Schiene Dank der Belt and Road Initiative steht der Schienen- verkehr zwischen Ost und West im Rampenlicht. 4 / ChinaContact 5/6 2018
Inhalt Nordchina Gut beraten 53 Bald der größte Flughafen der Welt? 68 Das „Network Security Law“ Mit dem Beijing Daxing International Airport soll Chinas Wie betrifft es ausländische Unternehmen? Hauptstadt zum neuen Drehkreuz in der Region werden. Tourismus Ostchina 70 Die vielleicht größte Stadt der Welt 56 Logistik: Doppelmesse in Shanghai Chongqing bietet ungewöhnliche Architektur und 2019 werden die bisher getrennt stattfindenden Fachmes- scharfes Essen – und Direktzüge nach Duisburg. sen transport logistic China und LogiMAT China vereint. Personal 57 Messestandbau: das magische Dreieck Was beim Messestandbau in China zu beachten ist 72 Vorsicht bei Referenzen Auf der Suche nach Talenten geben Referenzen Südchina Orientierung. Nicht immer sind sie vertrauenswürdig. 58 Dächer beflügeln den Umsatz 3 Editorial Der Automobilzulieferer Webasto, seit 2001 in China 6 Meldungen aktiv, baut sein Produktionsstättennetz weiter aus. 86 Service: Geschäftsreisen, Neues aus den Chefetagen, Buchtipps Berlin & China 88 Veranstaltungskalender 90 Impressum 60 Internationalisierung mitdenken Berlin hat in Peking ein Wirtschaftsbüro eröffnet. Wir sprachen dazu mit Wirtschaftssenatorin Ramona Pop. GlobalContact . Chinas neue Champions 76 Schiedsgerichte: nicht mit dem EuGH! 64 Tencent: Vom Plagiator zum Innovator Unternehmen bleibt beim Streit gegen EU-Staaten der Klein und unrühmlich gestartet – heute ist Tencent Gang vor Schiedsgerichte versperrt. Chinas größter und teuerster Internetkonzern. 79 Deutungshoheit im Datenschutz APA aktuell Mit ihrer neuen Grundverordnung will die EU dem Datenschutz weltweit ihren Stempel aufdrücken. 66 Strikte Kontrolle chinesischer Technologie Das neue nationale Exportkontrollgesetz könnte auch 82 OWC 100 Forum deutsche Unternehmen in Drittstaaten betreffen. Rennen um die Wachstumsmärkte Eurasiens# 50 Energiewende à la EU 60 Berlin eröffnet Wirtschaftsbüro in Peking Wie Deutsche und Dänen Chinas Systeme prägen. Im Gespräch mit Ramona Pop, Berliner Bürgermeiste- rin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. 5/6 2018 ChinaContact / 5
überwachung und –durchsetzung vom Handelsministerium Mofcom sowie von der Nationalen Entwicklungs- und Re- formkommission. Ein weiteres Ergeb- nis der Umstrukturierung ist eine kla- re Trennung bei der Überwachung von Binnen- und Außenhandel. Für ersteren zeichnet die SAMR verantwortlich, für die Im- und Exportüberwachung sind künftig die Zollverwaltung in Zusam- menarbeit mit der China Inspection and Quarantine (CIQ) zuständig. Mehrwertsteuersenkungen in Kraft getreten Seit dem 1. Mai dieses Jahres gelten in China neue Mehrwertsteuersätze (VAT). Für produzierende Unternehmen verringerte sich der Mehrwertsteuer- satz von 17 auf 16 Prozent, für Trans- port-, Bau-, Telekommunikations- und landwirtschaftliche Unternehmen von Aufgrund der Neuordnung ist in nächster Zeit elf auf zehn Prozent. Zudem wurde der mit Verzögerungen bei Zertifizierungen und Schwellenwert des jährlichen steuer- Produktzulassungen zu rechnen – insbesondere bei Medikamenten und Medizintechnik. pflichtigen Umsatzes zur Einstufung als industrielles und kommerzielles Klein- unternehmen auf einheitlich fünf Milli- onen Yuan erhöht. Damit können sich mehr Unternehmen als „Small-Scale Meldungen Taxpayer“ anerkennen lassen und pro- fitieren so von einem reduzierten Mehr- wertsteuersatz. Abgaben auf importierte Autos sinken ab Juli deutlich Ab dem 1. Juli 2018 senkt China die Im- portzölle für Kfz und Kfz-Teile in deut- lichem Umfang, teilte das chinesische Finanzministerium am 22. Mai mit. Für Auto-Importe werden der derzeit erho- Marktüberwachung neu lassung von medizintechnischen Pro- bene 25-prozentige Zoll auf 135 Arti- geordnet dukten und Arzneimitteln ist künftig die kel und der 20-prozentige Zoll auf vier China reformiert sein Marktüberwa- neu geschaffene und der SAMR nach- Artikel dann auf jeweils 15 Prozent ge- chungssystem. Auf der NVK-Tagung im geordnete State Drug Administration senkt. Das entspricht einem Rückgang März dieses Jahres wurde die Schaf- zuständig. Erhalten bleiben die für die von 40 beziehungsweise 25 Prozent. fung einer neuen Behörde zur Markt- technische Marktregulierung zustän- Für 79 Autoteile werden die Importzöl- überwachung beschlossen. Die State dige Standardisation Administration of le von derzeit acht, zehn, 15, 20 bezie- Administration for Market Regulati- PR China (SAC) sowie die für Zertifi- hungsweise 25 Prozent auf sechs Pro- on (SAMR) bündelt die zuvor auf ver- zierung und Akkreditierung verantwort- zent gesenkt, das sind im Durchschnitt Foto: iStock © Asia-Pacific Images Studio schiedenste Institutionen verteilten Zu- liche Certification and Accreditation 46 Prozent weniger als bisher. ständigkeiten. Betroffen sind die State Administration of PR China (CNCA). Administration of Industry and Com- Beide Behörden werden ebenfalls um- merce (SAIC), die General Administra- strukturiert und der SAMR nachgeord- Bühler eröffnet neuen tion of Quality Supervision, Inspection net. Das bisher dem Staatsrat direkt un- Standort in Changzhou and Quarantine (AQSIQ) und die China terstellte State Intellectual Property Of- Die in Uzwil/Schweiz ansässige Büh- Food and Drug Administration (CFDA), fice wird ebenfalls der SAMR unterstellt. ler AG – Anbieter industrieller Prozess- berichtet Germany Trade & Invest in ei- Außerdem übernimmt die neue Groß- technologien und -lösungen für die nem aktuellen Beitrag. Für die Neuzu- behörde Aufgaben der Wettbewerbs- Nahrungs- und Futtermittelindustrie – 6 / ChinaContact 5/6 2018
Meldungen hat Ende April dieses Jahres einen neu- werksprojekt in der Provinz Guandong. en Produktions- und Forschungsstand- Kunde ist die Huadian Fuxin Energy ort für Tierfutter und Getreidelogistik im Corporation Limited (Huadian Fuxin), ostchinesischen Changzhou eröffnet. eine Tochtergesellschaft des staatli- Mit 5.200 Quadratmetern nimmt das chen Stromerzeugers China Huadian F&E-Zentrum mehr als ein Viertel der Corporation Ltd. Das Gas-und Dampf- im Neubau zur Verfügung stehenden turbinen-Kraftwerk mit Kraft-Wär- Flächen ein. Zwei Pilotanlagen wurden me-Kälte-Kopplung entsteht im Bezirk für die technologische Grundlagenfor- Zengcheng der Stadt Kanton. Nach der schung errichtet. Zum einen geht es da- Fertigstellung wird die Anlage das effi- rum, neue Prozesse für die Futtermittel- zienteste Gaskraftwerk in der Volksre- produktion zu entwickeln, zum anderen publik sein. Die kommerzielle Inbetrieb- sollen Anwendungen in der Getreidelo- nahme ist für Ende 2019 geplant. gistik erforscht werden. Außerdem die- nen die Pilotanlagen dazu, gemeinsam mit den Kunden des Unternehmens Smartphone-Nachfrage sinkt, maßgeschneiderte Prozesslösungen Verkaufspreise steigen zu erarbeiten. China ist für Bühler ein Die weltweite Nachfrage nach Smart- Wachstumsmarkt. Das Unternehmen phones fiel im ersten Quartal 2018 um beschäftigt mittlerweile mehr als 3.000 zwei Prozent auf 347 Millionen Geräte Mitarbeiter in seinen Produktionsstät- – das ist ein Ergebnis einer vom Markt- ten in Wuxi, Changzhou, Hefei, Peking, forschungsinstitut GfK Ende April vorge- Shenzhen, Xi’an und Kanton. legten Studie. Besonders in China und in Nordamerika wurden weniger Smart- phones verkauft. Die Nachfrage sank LH Technik und Ameco dort um sechs beziehungsweise fünf kooperieren bei Businessjets Prozent im Vergleich zum Vorjahres- Die Aircraft Maintenance and Enginee- quartal. Der durchschnittliche weltwei- ring Corporation (Ameco) und die Luft- te Verkaufspreis stieg im ersten Quar- hansa Technik AG wollen langfristig bei tal 2018 jedoch weiter an und lag um Geschäftsflugzeugservices kooperie- 21 Prozent höher als im ersten Quar- ren. Beide Unternehmen wollen künf- tal 2017. Das wirkte sich positiv auf den tig ihre gemeinsamen Stärken bündeln, Umsatz aus, der im Vorjahresvergleich um chinesische Kunden bestmöglich um 18 Prozent zulegen konnte, obwohl betreuen zu können. Ein weiteres Ziel weniger Geräte verkauft wurden. der geplanten Zusammenarbeit ist die Wider Erwarten sorgten in China ins- gemeinsame Erschließung des chine- besondere die verkaufsfördernden Maß- sischen Businessjet-Marktes. Eine ent- nahmen rund um das chinesische Neu- sprechende Absichtserklärung unter- jahrsfest nicht für ein Wachstum der zeichneten beide Seiten Mitte April auf Smartphone-Nachfrage. Im Vergleich der Asian Business Aviation Conferen- zum Vorjahresquartal fielen die Ver- ce & Exhibition in Shanghai. Ameco kaufszahlen im ersten Quartal um sechs ist ein Joint Venture zwischen Air Chi- Prozent auf 109,6 Millionen Geräte. Der na Ltd., die 75 Prozent der Anteile hält, Umsatz wuchs jedoch um 14 Prozent und der Deutschen Lufthansa AG, die – sowohl einheimische als auch inter- die restlichen 25 Prozent hält. Ameco nationale Marken konnten die chinesi- ist das größte Unternehmen für War- schen Verbraucher davon überzeugen, tung, Reparatur und Überholung von höherwertige Geräte zu kaufen. Die On- Flugzeugen in China. line-Verkäufe stiegen weiterhin stark, konnten jedoch die Rückgänge insge- samt nicht ausgleichen. Der chinesi- Siemens liefert Gasturbinen sche Markt nähert sich weiter dem Sät- an Huadian Fuxin tigungspunkt. Die GfK-Marktforscher Siemens hat seinen ersten Auftrag gehen davon aus, dass die Smartpho- über die Lieferung von Gasturbinen ne-Nachfrage im Jahr 2018 um vier Pro- der H-Klasse von einem Kunden auf zent sinken wird. dem chinesischen Festland erhalten. Das Unternehmen liefert zwei H-Klas- se-Gasturbinen, zwei Dampfturbinen sowie vier Generatoren für ein Kraft- 5/6 2018 ChinaContact / 7
Auf der Schiene durch den Wilden Osten Die Zahl der Güterzüge, die zwischen Chi- na und der EU verkehren, ist in den letzten Jahren geradezu explodiert. Eine weitere Vervielfachung des Frachtaufkommens in den nächsten fünf bis zehn Jahren ist wahr- scheinlich. Doch auch auf der Schiene rollt der Verkehr nicht immer reibungslos. Bei Far East Land Bridge, kurz FELB, herrscht gute Laune. Der österreichische Logistiker freut sich über boomende Umsätze. FELB ist seit 2007 im Geschäft und wurde mit dem Ziel ge- gründet, den Güterverkehr auf der Schiene zwischen China, Russland und der EU zu entwickeln. Die Österreicher haben auf das richtige Pferd gesetzt. Denn der Schienenverkehr zwi- schen Ost und West ist seither rasant gewachsen. Fuhren 2011 gerade einmal 17 Güterzüge aus China in die EU und kein ein- ziger zurück, erreichen heute rund 2.400 Züge pro Jahr Eu- ropa. Aus europäischen Städten fuhren im vergangenen Jahr fast 1.300 Züge nach Osten. Für ein Unternehmen wie FELB bedeutet das kontinuierlich wachsende Umsätze: 2016 hat- te der Logistikdienstleister zwischen beiden Seiten Güter im Umfang von 21.900 Standardcontainern (TEU) transportiert. 2017 waren es 37.000 TEU. Der Wert der Fracht sei noch deut- licher angestiegen, wird berichtet: von 52 Millionen auf über 160 Millionen US-Dollar. Beim Logistikdienstleister AsstrA-Associated Traffic sieht es ähnlich aus. Dort habe sich der Umsatz aus den Transpor- ten zwischen China und der EU sowie dem GUS-Raum in den letzten fünf Jahren verfünfzehnfacht. „Die Liste der zu trans- portierenden Güter wurde viel länger als im Vergleich zu vor zehn Jahren, wo wir mit zwei, drei Warengruppen Richtung China gearbeitet haben“, berichtet Andrej Soroka, Abteilungs- Foto: iStock © zhudifeng leiter Shanghai bei AsstrA. Alle paar Wochen kommt eine neue Zugverbindung Eu- ropa-China hinzu. Im Januar war es beispielsweise Budapest. Im März Amsterdam, im Mai Wien. Anlässe, die gern genutzt werden, um mit Bildern von Bürgermeistern oder Ministern 5/6 2018 ChinaContact / 9
Wachstum im vor gerade eingetroffenen Zügen die Werbetrommel für Chi- nas Belt and Road Initiative (BRI) zu rühren. Offiziellen chi- Schienengüterverkehr nesischen Angaben zufolge sind derzeit rund 35 chinesische und europäische Städte über die Schiene miteinander verbun- zwischen EU, EAWU den. Die Zahl der nennenswerten Start- und Endpunkte im und China Osten und Westen ist zwar geringer. Nichtsdestotrotz wird das Netz immer engmaschiger. Mit einer Reisezeit von im Schnitt Transportvolumen zwei Wochen ist die Schiene deutlich schneller als der Seeweg und gleichzeitig viel billiger als Luftfracht – und erfreut sich und Züge daher größter Beliebtheit. Verdoppelung „praktisch garantiert“ Der Internationale Eisenbahnverband (UIC) rechnet damit, dass sich der Anteil der Schiene am Gesamthandel zwischen der EU und China in den nächsten zwölf Jahren auf bis zu 500.000 TEU verdoppeln wird. Das wären im Schnitt 100 Zü- ge pro Tag. 2016 lag der Schnitt noch bei fünf Zügen. In den TEU/JahrZüge/Tag Jahren 2010 bis 2016 wuchs der Containertransport von 6.900 TEU auf jährlich rund 164.000 TEU. Allein 2017 stieg die Menge noch einmal drastisch an und erreichte 262.000 TEU 2010: 6.900 - – das 1,8-Fache des Vorjahres. Der weitere Anstieg der Transporte zwischen China, der Eurasischen Wirtschaftsunion und der EU sei „praktisch ga- rantiert“, ist sich die Eurasische Entwicklungsbank (EDB) si- 2011 14.000 - cher. Langfristig seien gar bis zu zwei Millionen TEU zu er- warten, wenn sich das Ungleichgewicht zwischen den Trans- porten aus China gen Westen und andersherum ausgleichen 2016 150.000 5 würde. Derzeit kommt rund doppelt so viel Ware aus dem Os- ten nach Westen wie umgekehrt. Viele Container treten ihren Rückweg nach China ohne Inhalt an oder landen in Europa auf Containerschiffen. 2017 262.000 24 Viele Vorteile Noch attraktiver wird der Schienenverkehr dadurch, dass 2030 (Prognose) 500.000 100 Containerschiffe heute sogar teils länger brauchen als früher, da sie durch das sogenannte „Slow Shippping“ versuchen, bei reduzierter Fahrt Treibstoff zu sparen. In Zeiten politischer Quelle: Eurasische Entwicklungsbank 2018 Krisen und steigender Ölpreise könnte sich Zeit als Wettbe- werbsvorteil der Schiene weiter verstärken. Der Transport über Land boomt aber nicht nur aufgrund der niedrigen Transportzeit. Die Entwicklung chinesischer Städte und Produktionsstätten im Westen des Landes geht vo- ran und wird nach dem Willen der chinesischen Regierung in den kommenden Jahren massiv anziehen. Je weiter weg sie von der Küste liegen, desto sinnvoller ist die Schiene als Trans- portweg. Zudem ist der Handel zwischen China und dem „al- ten Kontinent“ zwischen 2007 und 2016 um rund 28 Prozent gewachsen. Ebenfalls zugenommen hat der Anteil von Pro- dukten aus China, wie Hightech-Elektronik oder Kfz-Kom- ponenten, die sich aufgrund hoher Stück- und Inventarkosten besonders für den Schienentransport eignen. Dank moderner Kühlcontainer können auch verderbliche Waren transportiert werden. Gefahrguttransporte sind ein weiterer, wenngleich nur ein Nischenmarkt, der den Trend zur Schiene fördert. Zudem gelten Containerzüge bislang als überaus pünktlich: 99,7 Prozent aller Güterzüge zwischen China und Europa füh- ren exakt entsprechend dem Zeitplan, berichtet die Eurasische Entwicklungsbank. 10 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten Subventionen in Milliardenhöhe übergänge, fordert die Eurasische Entwicklungsbank. Das set- Die EDB macht für die jährliche Verdoppelung der Trans- ze nicht zuletzt eine bessere Koordinierung der Verkehrspoli- portaufkommen aber nicht zuletzt Chinas massive Subven- tik der zentralasiatischen Staaten und darüber hinaus im eu- tionen in den Güterzugverkehr verantwortlich. Sie sind Teil rasischen Großraum voraus, schreibt die Eurasische Entwick- des Förderprogramms für die Provinzen des chinesischen lungsbank. Hinterlands, das durch die BRI entwickelt werden soll. 2016 sollen chinesische Provinzen rund 88 Millionen Dollar für Die größten Hürden: Polen und Standardisierung diese Subventionen ausgegeben haben, errechnet die EDB Davor müssten die Länder der Region aber zunächst ihre eige- – ausgehend von der Annahme, dass ein 40-Fuß-Container nen Hausaufgaben machen. Der Flaschenhals am Grenzüber- im Schnitt mit 2.500 US-Dollar subventioniert wurde und gang zwischen Polen und Belarus ist derzeit eines der meist- 35.000 solche Container aus den zentralchinesischen Provin- bescholtenen Probleme auf dem Landweg. Die meisten reinen zen stammten. Landrouten zwischen China und Zentraleuropa führen durch Die Frage, wie sich diese Subventionen weiterentwickeln, den Grenzübergang zwischen Brest in Belarus und Małasze- ist derzeit allerdings offen. Sollten die Containerzahlen die op- wicze in Polen. Aber auch über diesen Grenzübergang hinaus timistischen Prognosen der UIC erreichen, könnte das nach gibt es viel Kritik an den Zuständen polnischer Schienen. Das jetzigem Stand Fördergelder in Höhe von 546 bis 927 Milli- Land müsste dringend mehr in seine Infrastruktur investie- onen US-Dollar pro Jahr bedeuten. In der Branche wird spe- ren, weigere sich aber bislang, dies auf den für den EU-Chi- kuliert, ob die Zahlungen bereits 2018 oder 2019 auslaufen na-Verkehr wichtigen Strecken zu tun, kritisiert die Eurasi- könnten. Eine optimistischere Annahme ist, dass die Dauer sche Entwicklungsbank. erst einmal an die Amtszeit des Staatspräsidenten Xi gebun- Auch am Grenzübergang Zamyn-Uude auf dem zentra- den sein könnte. len Korridor für die Schnellzüge mangle es an Fitting-Platt- Um das Wachstum auch über das Jahr 2020 fortzuset- formen, findet Andrej Soroka. Überhaupt sei es notwendig, zen, brauche es weitere Investitionen in niedrigere Fracht- die Eisenbahninfrastruktur zu modernisieren und zusätzliche sätze, den Abbau von Bottlenecks in der Infrastruktur Grenzterminals zu bauen. durch zusätzliche Eisenbahnverbindungen und die Elek- Ein weiteres Problem sind unterschiedliche Vorgaben für trifizierung und Modernisierung bestehender Lokomo- die Maximallänge von Güterzügen. In Russland ist ein Zug im tiv-Flotten sowie neue Logistikzentren und bessere Grenz- Schnitt fast einen Kilometer lang. In Belarus sind es 910 Me Foto: Hebei, China – Garrett Ziegler / Lizenz: Attribution-NonCommercial-No- Derivs 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0) / Quelle: flickr 5/6 2018 ChinaContact / 11
ter. In Polen erlauben die technischen Regulierungen hin- gegen nur eine Länge von 610 Metern. Aktuelle Verbindungen In der EU müssen die Zugführer zudem auf die Bremse drücken: Während Güterzüge in Ländern wie Kasachstan im im transeurasischen Schnitt mit 41 Stundenkilometern durch die Steppe fahren können, liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb der Schienenverkehr EU bei nur 18,2 Stundenkilometern. Andrej Soroka, Abteilungsleiter Shanghai beim Logistiker AsstrA-Associated Traffic moniert darüber hinaus die „un- genügende Zusammenarbeit der Eisenbahndienstleister von Russland, China und aus anderen Transitländern. Um den Transport entlang der Seidenstraße zu vereinfachen und zu beschleunigen, ist eine engere Integration aller Beteiligten er- St. Petersburg forderlich.“ Derzeit sei es keine Seltenheit, dass Verspätun- gen der Transporte von den Zollbehörden verursacht werden. Die mangelnde Standardisierung bei technischen Regulie- Moskau S rungen und der Dokumentation sowie der rechtlichen Rah- Rjasan menbedingungen stellt das größte Hindernis dar, resümiert Hamburg Warschau Minsk Rotterdam die EDB. „Aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebung, Brest Kotscheto Berlin Łódź verschiedener bilateraler Abkommen und Zollunionen ist die- Duisburg Pardubitz se Region ziemlich komplex“, berichtet Dieter Buchinger, der beim Logistikunternehmen Gebrüder Weiss für die Neue Sei- denstraße zuständig ist. Das österreichische Unternehmen hat Lyon Constanta daher speziell für diesen Wirtschaftraum ein unternehmens- eigenes Kompetenzcenter „East plus“ gegründet. Burgas Die oft als Problem hervorgehobene unterschiedliche Spur- breite zwischen der EU und China einerseits und den Ländern Madrid Zentralasiens und der GUS andererseits sehen die Experten der EDB hingegen kaum als maßgebliches Hindernis. Wenn Fracht wegen eines Wechsels der Spurbreite zwischen Chi- na und Kasachstan oder Belarus und Polen umgelegt werden müsse, dauere dies in der Regel zwei bis sechs Stunden pro Zug. Die Abwicklung beim Zoll benötige allerdings – zumin- dest an den Grenzen der EAWU ohnehin rund vier Stunden. Zunahme der Beeindruckend, aber kein „Game Changer“ Güterzugverbindungen Die Wachstumszahlen im Schienenverkehr sind beeindru- ckend. Quantitativ macht der Transport per Zug am Gesamt- und Transportvolumina handel zwischen China und Europa aber immer noch einen nur verschwindend geringen Teil aus. 2016 fand etwa ein Pro- zwischen der zent der Waren im Handel zwischen der EU und China sei- nen Weg auf die Schiene. Gemessen am Volumen wurden 94 EU und China (2011-2017) Prozent der Ware per Schiff transportiert. Gemessen am Wert waren es 64 Prozent. Die Luftfracht kam auf das doppelte Vo- lumen der Schiene und dessen 13-fachen Wert. Ein einzelner Blockzug kann gerade einmal rund 0,5 Prozent der größten Containerschiffe laden, die heute im Einsatz sind. Und: Das Wachstum der vergangenen zwei Jahre ging von einem extrem niedrigen Niveau aus – „quasi gleich null“, 2011 2012 schreibt Jonathan E. Hillman, Leiter des Projekts Reconnec- ting Asia am Center for Strategic and International Studies in China - Europa - China - Europa - Washington, D.C. Das ambitionierte Projekt überwacht und Europa China Europa China sammelt alle Infrastrukturprojekte auf dem eurasischen Kon- tinent, die mit der chinesischen Belt and Road Initiative in Zu- Verbin- 17 0 42 0 sammenhang stehen. Hillmann gehört zu den Skeptikern, die dungen daran zweifeln, dass die ausgebaute Landroute zu einem wirk- lichen „Game Changer“ im Welthandel werden könne. Die TEU 1404 0 3.674 0 Schiene werde „in den kommenden Jahren nicht genug Han- del bringen, um die wirtschaftliche Situation fundamental zu ändern“, ist sich Hillman sicher. Der größte Teil des geografi 12 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten Nischnij Nowgorod Perm Jekaterinburg Krasnojarsk Omsk Kasan Nowosibirsk Staraja Kupawna Kurgan Samara Petropawlowsk Tschita Orenburg Irkutsk owka Saratow Ulan-Ude Chabarowsk Atyrau Wolgograd Aktobe Ulaanbaatar Beyneu Harbin Astrachan Shihezi Kyzylorda Olja Aktau Almaty Gulja Ürümqi Changchun Makhachkala Shymkent Kuytun Bereket Korla Taschkent Bischkek Shenyang Wladiwostok Poti Tiflis Tianjin Yingkou Kars Baku Akyayla Wuwei Astara Ashgabat Binzhou Lanzhou Qingzhou Bandar-e Anzali Sarakhs Qingdao Linyi Zhengzhou Lianyungang Teheran Serakhs Xi’an Hefei Isfahan Wuhan Suzhou Chengdu Shanghai Yiwu Bandar Abbas Chongqing Changsha Kunming Xiamen Guangzhou Dongguan Mumbai 2013 2014 2015 2016 2017 China - Europa - China - Europa - China - Europa - China - Europa - China - Europa - Europa China Europa China Europa China Europa China Europa China 80 0 280 28 550 265 1.130 572 2.399 1.274 6.960 0 23.804 2.266 47.132 21.770 97.400 8.394 212.000 105.930 Quellen: Xinhua News, Eurasische Entwicklungsbank 5/65/6 2018 2018ChinaContact OstContact / 13
schen Raumes, den die Seidenstraße durchquert, werde keine Veränderungen verspüren. Frachtkapazitäten nach An dieser Frage scheiden sich die Geister. Auch Ass- Transportmitteln trA-Manager Soroka widerspricht dem. Für die Transit-Län- der biete die Neue Seidenstraße „aussichtsreiche Perspektiven für das Transportgeschäft und ermöglicht neue Investitionen dank der Transit- und damit verbundenen Dienstleistungen.“ In Russland etwa würden 100 Prozent der Fahrzeuge des na- tionalen Betreibers von Waggons und Containern zu Trans- Containern umgewandelt. „Die Fracht aus China bringt ei- nen konstanten Gewinn für die russische Eisenbahn und den Staat“, erklärt Soroka. Denn der Transitverkehr ist für die Ei- senbahngesellschaften ein günstiges Geschäft. Dadurch kön- ne die Eisenbahninfrastruktur saniert werden. Zu den unzweifelhaften Gewinnern dürften ohne Frage eben jene Unternehmen gehören, die die zusätzliche Fracht auf die Schiene bringen, also Bahnhersteller, -betreiber, Lo- gistiker und Spediteure wie AsstrA oder Far East Land Bridge. Transporte haben neue Qualität Fahrzeug Kapazität Gebrüder-Weiss-Manager Dieter Buchinger meint zwar auch, in TEU dass sich die Transportrouten durch die BRI „nicht grund- sätzlich geändert“ haben. „Allerdings hat sich die Qualität der Transporte durch die gesetzten Infrastrukturmaßnahmen verbessert. Vor allem die bisher schwerer erreichbaren Märk- te ohne direkten Meerzugang – wie beispielsweise Kasachstan Sattelzug 2,6 – werden davon profitieren und können leichter am globalen Handel teilnehmen“, glaubt der Praktiker. „Bislang ist die Nomenklatur der per Bahn nach oder aus China transportierten Waren noch sehr gering“, bestätigt Andrej Soroka. „Sie ist vor allem auf Elektronik und Haus- 747-400F 4 - 6,6 haltsgeräte, Pharmaprodukte und Produkte, die der Tempe- raturkontrolle bedürfen, fokussiert.“ Darüber hinaus seien die neuen Schienentransporte aber vor allem für das Retailge- schäft relevant, in dem ein Einhalten der Liefertermine ein Intermodaler Zug (41 Waggons) 82 bindender Faktor ist. Zudem dürfte der Ausbau des Schienenverkehrs den Wett- bewerb fördern. „Natürlich erwarten wir in der Zukunft mit der Entwicklung der Seidenstraße (...) neue Spieler auf dem Markt“, so Soroka, „und die Reduzierung der Raten.“ Der Boom des Schienenverkehrs zwischen China und Eu- Containerschiff Panamax 3.000-3.400 ropa mag leicht überbewertet werden. Quantitativ macht er immer noch einen nur kleinen Teil am Gesamthandel aus. Dennoch könnte er große Auswirkungen darauf haben, wie sich die Verkehre zwischen Ost und West zukünftig entwi- ckeln. Und es gibt keine Anzeichen, dass das Wachstum in Post Panamax/Panamax Plus 4.000-8.000 den kommenden Jahren nicht anhalten würde. China und die Staaten Osteuropas und Zentralasiens wach- sen enger zusammen. Auch wenn es sozial, kulturell und poli- tisch nicht immer einfache Verbindungen sind, die dort ent- stehen. Patrick Bessler New Panamax – Triple E 12.500-18.000 Quelle: CSIS | RECONNECTING ASIA; eigene Darstellung 14 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten China und Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Moskau und der zirka 800 Kilometer östlich gelegenen Stadt Kasan, bei der chi- Russland: nesische Investitionen eine große Rolle spielen. Sie soll die Zeit, die ein Zug zwischen beiden Städten benötigt, von zir- ka zwölf auf dreieinhalb Stunden reduzieren. Von einer anvi- Konkurrent oder sierten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und Peking ist man jedoch noch weit entfernt. Partner? Von St. Petersburg nach Shanghai Russlands und Chinas Präsidenten betonen schon seit Lan- gem die Kooperation zwischen beiden Ländern. Bereits 2012 hatte Putin von der Chance, „chinesischen Wind in den Se- geln der russischen Wirtschaft einzufangen“ gesprochen. Es folgte die Ankündigung einer „Strategischen Partnerschaft“ – wenngleich diese gegenüber ähnlichen Abkommen und Er- klärungen in den Jahren 1994, 1996 und 2001 wenig Neu- es oder Konkretes bot. Konkreter wurden die Beziehungen 2014. Nachdem sich Moskau gegenüber der BRI anfangs kri- tisch gezeigt hat, nicht zuletzt wegen seinem eigenen Integ- Je schlechter die Beziehungen zum Westen rationsprojekt, der Eurasischen Wirtschaftsunion, wurde der werden, desto stärker betont Russland seine Partner im Osten mit Beginn des Ukraine-Konflikts und den Freundschaft und Strategische Partnerschaft darauffolgenden Sanktionen des Westens immer interessan- ter. So unterzeichnete Moskau 2014 etwa eine Reihe von Wirt- mit China. Seinen Platz im Rahmen der Belt schaftsverträgen, unter anderem über eine Gaspipeline nach and Road Initiative sucht Moskau aber noch. China – die „Power of Siberia“. 2015 folgten dann Erklärun- Doch es gibt Zweifel, ob sich die Ambitionen gen auf offizieller Ebene: Beide Präsidenten wollten ihre Pro- beider Länder miteinander vertragen. jekte BRI und EAWU miteinander abstimmen. Laut dem Lei- ter des Carnegie Zentrums in Moskau, Dmitrij Trenin, deu- tet dies auf eine Verschiebung russischer Interessen von der Idee eines „gemeinsamen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok“ zu einem „Greater Asia – von St. Petersburg bis Die chinesische Belt and Road Initiative (BRI) könnte für nach Shanghai“ hin. Russland zu einem zweischneidigen Schwert werden. Mos- Im März dieses Jahres gratulierten sich die Staatsoberhäup- kau hat in den vergangenen Jahren nicht zuletzt vor dem Hin- ter beider Länder zu ihrer Wiederwahl. Xi sagte Medienbe- tergrund der erodierenden Beziehungen zu Westeuropa im- richten zufolge, die chinesisch-russischen strategischen Bezie- mer wieder die Nähe zu China gesucht. Neben einem neuen hungen seien auf dem besten Stand der Geschichte. Putin be- Energie-Exportmarkt sind Russland auch Investitionen in die tonte wiederholt, wie wichtig die Kooperation mit China sei teils unterentwickelte und marode Infrastruktur des Landes und dass die guten Beziehungen zu großen Teilen Xi´s per- nur recht. So würde etwa der Ausbau des Transportkorridors sönlichem Einsatz zu verdanken wären. Russland-Mongolei-China im Rahmen der BRI die bestehen- de Route um mehr als 1.000 Kilometer verkürzen, erklärt Vla- Eis statt Eisen dimir Moltschanow, Leiter des Komitees für Innovative Lo- Den Ausbau der Seidenstraße verfolgen beide Länder nicht gistiktechnologien und Außenwirtschaft bei der Assoziation nur im Bereich der Schiene. Auch im hohen Norden gibt es der internationalen Autotransporteure (ASMAP). Das könnte gemeinsame Projekte, oft als „polare Seidenstraße“ bezeich- neben den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen Russlands net. Klimaforscher rechnen damit, dass die Nordseeroute, die mit anderen Ländern auch den Tourismus in der Baikal-Re- sich von Murmansk bis zur Beringstraße entlang der Nord- gion anregen. küste des eurasischen Kontinents erstreckt, bis 2050 so weit Russland ist für die Nordroute der Neuen Seidenstraße un- eisfrei sein wird, dass Reedereien verlässliche Zeitpläne auf- verzichtbar. Diese Strecke von China nach Europa sei sogar stellen und auch einhalten können. Dank dieser Route könn- deutlich attraktiver als die Südroute, meint Moltschanow. Das ten Schiffe um rund ein Drittel schneller zwischen Asien und sehen jedoch viele insbesondere westliche Experten anders. Europa verkehren als sie es derzeit über die Südroute durch Sie monieren zudem, dass Russland selbst in der jüngeren Ver- den Suezkanal tun. gangenheit nur wenig dazu beigetragen hat, die nötige Infra- Schon heute befahren Tanker die Strecke zu allen Jahreszei- struktur auszubauen – auch im Bereich der Eisenbahn. ten, teils ohne zusätzliche Eisbrecher-Eskorte. Doch die Zei- Bisher stellte die russische Bahn RZD 302 Milliarden Rubel ten, die für den Transfer benötigt werden, schwanken noch (ca. 4,1 Mrd. EUR) für die Entwicklung der Bahninfrastruk- stark. In seiner Rede an die Nation warb Putin Anfang März tur im Rahmen der BRI bereit. Das staatliche Straßenbauun- für das Projekt. „Unsere Aufgabe ist, (die Route) in eine wahr- ternehmen Avtodor baut und rekonstruiert das Autobahn- lich globale wettbewerbsfähige Transit-Arterie zu verwan- netz St. Petersburg–Moskau, Europa–Westchina, erklärt Molt- deln“, sagte Putin. Der Verkehr auf der Strecke werde sich bis schanow. Zu den Vorzeigeprojekten gehört außerdem eine 2025 auf 80 Millionen Tonnen pro Jahr verzehnfachen. 5/6 2018 ChinaContact / 15
Was Umweltschützer besorgt, freut Russen und Chinesen: Zusammenarbeit gewinnt an Profil Dank des Klimawandels können sie auf diesem Weg Öl und Mit den Jahren gewinnt die Zusammenarbeit zwischen Chi- Gas transportieren – vor allem das, das auf dem Gasfeld Ya- na und Russland weiter an Profil. Im Juli 2017 sagte Präsident mal auf der gleichnamigen Halbinsel gefördert wird. Chinesi- Xi bei einem Besuch in Russland, China diskutiere konkre- sche Konzerne halten, gedeckt vom chinesischen Seidenstra- te Projekte zusammen mit der EAWU. Während des Treffens ßenfonds, 39 Prozent der Anteile an dem Projekt. 50,1 Pro- verkündete der russische Investitionsfonds Russia Direct In- zent hält das russische Unternehmen Novatek. Einem Bericht vestment Fund, zusammen mit der China Development Bank der China Daily zufolge soll Yamal pro Jahr rund vier Milli- einen Fonds für grenzüberschreitende Projekte in Höhe von onen Tonnen Flüssiggas für China liefern. Wenn die dortige zehn Milliarden US-Dollar aufzulegen. „Russlands Hauptziel Gasförderung bis 2020 wie geplant ihre volle Auslastung errei- ist es, den Silk Road Economic Belt zu nutzen um die EA- chen sollte, könnte sich Russlands Anteil am globalen Markt WU zu stärken und zu verbessern. Putin will dafür sorgen, für Flüssiggas verdoppeln. dass beide nicht im Wettbewerb stehen und in Zukunft die Im November vergangenen Jahres unterschrieben Nova- Ressourcen der EAWU als Grundlage für die Schaffung ei- tek und die chinesische CNPC eine strategische Zusammen- ner großeurasischen Gemeinschaft nutzen“, sagt der Politik- arbeit, um unter dem Namen Arctic LNG ein weiteres Gas- wissenschaftler Timofej Bordatschew von der Moskauer Na- feld auf der Halbinsel zu entwickeln. Es soll 2019 an den tional Research University. Start gehen. Auch die Eurasische Entwicklungsbank (EEB) hält eine Welchen Anspruch Peking auf die Arktis erhebt, machte es Vereinbarung zwischen BRI und EAWU für strategisch wich- zuletzt Anfang dieses Jahres deutlich, als es China in einem tig für alle beteiligten Länder. Jedoch sieht sie große Proble- Strategiepapier einen „arktisnahen Staat“ nannte. Im März me in politischen Spannungen und unterschiedlichen Inter- berichtete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass essenlagen ebenso wie in mangelnder Infrastruktur in den je- China sein erstes eigenes „Polar Expedition Cruise Ship“ baue. weiligen Ländern und der Standardisierung von technischen Das 104 Meter lange Schiff soll im August 2019 fertiggestellt Regularien. werden. Die chinesische Regierung will laut ihrem Strategie- Mitte Mai unterzeichneten die EAWU und China dann papier zur polaren Seidenstraße Unternehmen dazu ermuti- ein Freihandelsabkommen, dass unter anderem die Bereiche gen, in Infrastruktur zu investieren und kommerzielle Test- Zölle, Schutz geistigen Eigentums sowie öffentliches Beschaf- fahrten zu unternehmen. fungswesen abdeckt. Es soll Anfang 2019 in Kraft treten. Besuch aus dem Osten im Kreml: Präsident Putin (M. r.) empfängt seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping (M. l.). Foto: kremlin.ru 16 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten Konkurrenz für Russlands Vormachtstellung MAP. Die Welt entwickle sich zu schnell, um sich der Initiati- Aber die BRI stellt auch eine potenzielle Gefahr für die Vor- ve zu verschließen. Auch wenn Russland, ebenso wie Kasach- machtstellung Russlands im GUS-Raum dar, meinen nicht stan und andere Staaten der Region, zwar von Chinas „tiefen nur die Analysten der International Crisis Group. Die Eu- Taschen entzückt sind, aber nicht von dessen guten Absich- rasische Wirtschaftsunion gilt vielen Kritikern immer noch ten überzeugt“, wie es Robert Daly, Leiter des Kissinger Ins- als russisch dominiertes Projekt mit dem Ziel, seine Vor- titute on China and the United States formuliert. Sowohl im machtstellung in der Region zu sichern. Schließlich stellt Mos- Kreml als auch in Peking dürfte trotz divergierender Interes- kau einen Großteil der Beamten der EAWU-Institutionen, sen die Erkenntnis weit verbreitet sein, dass die RBI „im All- zahlt am meisten für das Projekt und macht den mit Abstand gemeinen eine weltweite Chance bietet, zu einem qualitativ größten Anteil am Handel zwischen den fünf ungleichen Part- neuen Güterverkehr zu gelangen“, so Moltschanow. „Die ein- nern aus. Und auch über die EAWU hinaus ist Russland ein zige Voraussetzung für den Erfolg dieses Programms ist ein wichtiger Akteur in Zentralasien und für die meisten Staaten nüchterner Transitansatz.“ dort der wichtigste Handelspartner. Anders als Chinas Seidenstraßen-Initiative sehen Kritiker Elena Matschilski und Patrick Bessler die EAWU in erster Linie als exklusive Gruppe: Handelsbarri- eren zwischen Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Armenien sollen abgebaut werden, währenddessen der Wirt- schaftsraum nach außen abgeschottet werde, schreibt die Cri- sis Group. Allerdings bemüht sich die EAWU zunehmend um bilaterale Freihandelsabkommen mit einer ganzen Reihe von Drittstaaten oder -regionen wie Vietnam, den ASEAN-Län- dern, dem Iran – oder eben auch China. Gleichsam sind all diese Abkommen bislang recht oberflächlich geblieben. Andere Staaten in der Region haben sich mehrfach gegen eine Mitgliedschaft in der EAWU ausgesprochen – und setzen hingegen stark auf Chinas BRI. Dazu gehört Usbekistan, das seit dem Wechsel an der Machtspitze im vergangenen Jahr so etwas wie der aufgehende Stern Zentralasiens ist. In der jün- geren Vergangenheit berichteten Medien vereinzelt, dass es in Taschkent ein Umdenken gebe, was die EAWU anbetrifft. Ein- BRI stellt auch eine schätzungen von Insidern diesem Magazin gegenüber konn- ten dies bislang nicht bestätigen. Ein Grund: Anders als im Fall der EAWU sind chinesische Investitionen in der Regel nicht an supranationale Institutionen gebunden. Allerdings gibt es auch chinesische Investitionen selten ohne zusätzli- potenzielle Gefahr für che Bedingungen. Chinas Vorstöße nach Zentralasien und andere ehemalige die Vormachtstellung Russlands im GUS- Sowjetstaaten sind jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. In Kasachstan sowie anderen zentralasiatischen Ländern wie Turkmenistan und Tadschikistan ist China als Kapitalgeber schon heute ein großer Player. Gegen eine Freihandelszone mit Zentralasien, an der Chi- Raum dar. na interessiert ist, hat sich Russland bislang gewehrt. Mos- kau fürchtet, dass eine solche zwischen den Mitgliedern der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, bestehend aus China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan, Tad- schikistan, Indien und Pakistan, Peking, dem strategischen Partner in Ostasien, zu viel wirtschaftlichen Einfluss geben würde und billige Waren aus China Russlands Lokalisierungs- politik untergraben könnten. Mit dieser Einschätzung steht Moskau nicht alleine dar. Bis 2050 könnte Peking Zentralasien „vollständig dominieren und Russland wegstoßen – wenigs- tens was die wirtschaftliche Zusammenarbeit betrifft“, warnt beispielsweise der kasachische Politologe Dosym Satpaev. Die derzeit guten Beziehungen zwischen Xi und Putin und das gerade abgeschlossene Freihandelsabkommen sprechen allerdings eine andere Sprache. Die Interessenlage zwischen Moskau und Peking bleibt zwar vielschichtig. Doch die Frage „der Teilnahme oder Nichtteilnahme (an der BRI, Anm.) stellt sich für niemanden“, meint Wladimir Moltschanow von AS- 5/6 2018 ChinaContact / 17
Entspannung in Die Südroute des Landwegs von China nach Europa führt un- weigerlich durch Kasachstan. Aber auch Kirgisistan, Tad- Zentralasien schikistan, Usbekistan und Turkmenistan spielen eine Rolle im Ausbau der Neuen Seidenstraße. Laut der kasachischen Regierung hat man sich mit China auf 51 Projekte im eigenen Land mit chinesischer Beteiligung im Wert von rund 27 Mil- liarden US-Dollar geeinigt. Sie decken die Bereiche Energie, Bergbau, Infrastruktur und andere Sektoren ab. Der Zeitraum erstreckt sich von 2016 bis 2022. Kasachstan selbst trägt eige- nen Angaben zufolge rund fünf Milliarden Dollar bei. Beide Regierungen wollen die Belt and Road Initiative (BRI) ge- meinsam umsetzen. Präsident Xi Jinping hatte im Sommer des vergangenen Jahres in Kasachstan erklärt, dass Chinas dortige Investitionen in Höhe von bis dahin knapp 43 Milli- arden US-Dollar zeigten, wie real wie BRI bereits sei. Zwar gibt es viele kritische Beobachter, wie Kassymkhan Kapparov, Leiter des Bureau for Economic Research in Alm- aty, die dem widersprechen. Gegenüber der japanischen Wirt- schaftszeitung Nikkei sagte er, bislang gebe es noch keine Zentralasien ist das Herz der historischen spürbaren Auswirkungen der BRI auf Kasachstan zu berich- Seidenstraße und spielt auch für ihre Neu- ten. Vorerst bleibe es größtenteils bei Plänen und Absichtser- auflage eine wichtige Rolle. Lange herrsch- klärungen. Viele der als Teil der BRI deklarierten Projekte in ten Spannungen zwischen den Ländern. Kasachstan seien deutlich älter als die ersten Seidenstra- ßen-Pläne. Nach einem Regierungswechsel in Usbe- Dennoch sind positive Auswirkungen chinesischer Inves- kistan hat sich die Situation verbessert. Das titionen in Kasachstan nicht von der Hand zu weisen. Der bis- ebnet den Weg für weitere BRI-Projekte. herige Ausbau der transkasachischen Verkehrsinfrastruktur Soziale Infrastruktur folgt Verkehrsinfrastruktur: Bei Khorgos entsteht eine ganz neue Stadt mitsamt Einkaufszentren, Schulen etc. Foto: khorgos.kz 18 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten hat dem Land immerhin einen deutlich höheren Rang im Lo- Vorjahr. Ein neuer Grenzübergang soll bei Khorgos dafür sor- gistics Performance Index der Weltbank beschert. Hier stieg gen, dass innerhalb von 24 Stunden 2.200 Lkw und 300 Pkw Kasachstan auf Platz 40 von 77 im Vorjahr. abgewickelt werden können. Voll ausgebaut und ausgelastet soll der Trockenhafen von Khorgos eine Kapazität von 500.000 Vorzeigeprojekt Khorgos Standardcontainern (TEU) haben. Derzeit rollen dort rund Kasachstans BRI-Vorzeigeprojekt ist und bleibt das bereits 100.000 TEU pro Jahr durch. 2014 eingeweihte Bahn-Terminal an der chinesisch-kasachi- schen Grenze, Khorgos. Im Mai 2017 haben die chinesische China könnte Südroute präferieren COSCO Shipping Corporation und die Jiangsu Lianyungang Kasachstan benötigt dringend Investitionen, Technologie und Port Co. gemeinsam 49 Prozent der Anteile an dem Trocken- Know-how aus dem Ausland. Da sind Chinas Ambitionen hafen übernommen. Züge fahren von dort aus gen Norden und Gelder willkommen. Der östliche Nachbar ist ohnehin über Kurgan nach Russland, gen Süden nach Taschkent oder bereits einer der wichtigsten Handelspartner. Allein ein Vier- gen Westen nach Aktau oder Samara und von dort weiter in tel des kasachischen Öls geht ins Reich der Mitte. die EU oder auf einen Nord-Süd-Korridor zwischen Moskau Allerdings laufen auch einige Züge auf der BRI im eigenen und Bandar Abbas. Südlich von Aktau verbindet seit 2016 ei- Land an den Kasachen vorbei. Zwischen Khorgos und dem ne neue Eisenbahnstrecke Kasachstan, Turkmenistan und kaspischen Meer gibt es keine Möglichkeiten, den Zug anzu- Iran. Von Aktau aus geht es zudem mit der Fähre nach Baku, halten und Container mitzugeben. Das stört die Kasachen. Sie durch Aserbaidschan Richtung Georgien oder Istanbul und würden sich mit Sicherheit wünschen, an diese attraktive Zug- dann über Bulgarien nach Europa. verbindung angeschlossen zu werden, um dann auch von den In Khorgos ist der chinesische Einfluss nicht zu übersehen. chinesischen Subventionen zu profitieren. Das Land profitiert Die meisten der Restaurants und Geschäfte werden von Chi- so zwar von den Investitionen in neue Infrastruktur. Der lo- nesen betrieben. Der größte Teil des Verkehrs kommt aus dem kale Markt aber hat von den Verbesserungen durch neue und Osten. Auf der chinesischen Seite entsteht eine neue Stadt mit schnellere Angebote bisher nichts. rund 100.000 Einwohnern. Durch den nahegelegenen Bahn- Doch immerhin spricht einiges dafür, dass China die Süd- hof von Altynkol fahren im Schnitt fünf Güterzüge pro Tag. route, die nicht durch Russland in die EU führt, in Zukunft Rund 40.000 Container sind dort in den ersten zehn Mona- weiter präferieren könnte. Schließlich spielt bei ihr auch der ten des vergangenen Jahrs angelandet, doppelt so viel wie im griechische Hafen Piräus eine Rolle, an dem die chinesische SNB_Anz_China-Contact_174x125_Satzspiegel_final_240417.indd 1 24.04.2017 13:07:17 5/6 2018 ChinaContact / 19
staatlich geführte Reederei Cosco 2016 für 280,5 Millionen Xiaoping Usbekistans bezeichnet. Im ersten Jahr seiner Amts- Euro mit 51 Prozent die Mehrheit der Anteile übernommen zeit unterstrich er seinen Willen zur Kooperation, indem er hat. Allerdings wird die Route durch zwei Verschiffungen über viermal Kasachstan, dreimal Turkmenistan, zweimal Russland das Kaspische Meer und das Schwarze Meer unterbrochen. sowie zudem China, Kirgisistan, Saudi-Arabien und die Tür- Das bedeutet einen höheren Zeitaufwand gegenüber der kei besuchte (sowie die USA). Einen vormaligen Streit mit Nord-Route. Kirgisistan und Tadschikistan um den Bau eines Dammes leg- te er bei. Sein Amtsvorgänger hatte aus diesem Anlass den Entspannungspolitik in Zentralasien Nachbarn gar mit Krieg gedroht. Karimov hatte auch wieder- Aber auch in anderen zentralasiatischen Ländern mischt Chi- holt den Nachschub mit Erz für die Tajik Aluminium Com- na beim Ausbau heimischer Verkehrsinfrastruktur kräftig mit. pany blockiert, von denen Tadschikistans größtes und wich- In Usbekistan eröffneten Präsident Xi und der damalige us- tigstes Unternehmen abhängig ist. Er hatte seine Nachbarn bekische Präsident Karimov beispielsweise im Juni 2016 eine von Gaslieferungen abgeschnitten, Grenzposten geschlossen neue Verbindung zwischen der Hauptstadt Taschkent und und Flüge gestrichen. Ferghana im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar. Die China Nun hat sich die Situation so weit verbessert, dass Kasach- Railway Tunnel Group hatte dafür den rund 19 Kilometer lan- stan das Jahr 2018 zum Jahr Usbekistans ausgerufen hat. Tad- gen Qamchiq Tunnel gebaut. Neben der chinesischen Exim- schikistans Präsident Emomali hat einen Anstieg des bilate- Bank, die 350 Millionen US-Dollar beisteuerte, war auch die ralen Handels mit Usbekistan auf eine Milliarde US-Dollar Weltbank mit 195 Millionen Dollar an Bord. angekündigt – eine Verachtfachung gegenüber dem aktuellen Doch die Belt and Road Initiative lebt von der grenzüber- Handelsvolumen. Und im März trafen sich immerhin vier schreitenden Verknüpfung der Verkehre. Und der standen in Staatsoberhäupter der fünf zentralasiatischen Länder auf dem Zentralasien lange Zeit die angespannten Beziehungen unter ersten regionalen Gipfel seit rund einer Dekade. den Ländern der Region im Wege. Das ändert sich nun, nicht zuletzt dank der Öffnung Usbekistans. Der Ende 2016 verstor- Mehr grenzüberschreitender bene Präsident Islam Karimov hatte massiv zu der dicken Luft Zugverkehr möglich in Zentralasien beigetragen. Sein Nachvolger Shavkat Mir- China dürfte von den verbesserten Beziehungen unmittelbar ziyoyev fährt hingegen eine gänzlich andere Politik und wird dadurch profitieren, dass grenzüberschreitende Projekte nun mit seinem Modernisierungskurs ab und an gar als der Deng einfacher umzusetzen sein werden. Dazu gehört eine geplan- te Eisenbahnverbindung zwischen China, Kirgisistan und Us- bekistan. Diese ist seit fast zwanzig Jahren im Gespräch. An- fang des Jahrtausends bestand bereits ein Entwicklungsplan, Kasachstan profitiert der unter anderem den Bau von 95 Brücken und 48 Tunneln vorsah. Bislang scheiterte ein Vorankommen an den ange- zwar von den spannten Beziehungen zwischen Usbekistan und Kirgisistan und an Uneinigkeit über den genauen Verlauf der Route. Kir- gisistan hatte versucht, China davon zu überzeugen, eine Investitionen in neue Nord-Süd-Route im Land zu entwickeln. Grenzübergänge zwischen Kirgisistan und Usbekistan sowie Tadschikistan und Infrastruktur. Der Usbekistan hatten ein Problem dargestellt. Nun scheint das Projekt auf einem guten Weg zu sein. Die lokale Markt hat von drei Länder hatten sich Ende des vergangenen Jahres auf ei- nen gemeinsamen Ausbau der grenzüberschreitenden Schie- nenverbindungen im Wert von bis zu fünf Milliarden US-Dol- den Verbesserungen lar geeinigt, wie die Times of Central Asia berichtete. Kirgi- sistan befinde sich dem Bericht nach bereits in Preisabsprachen durch neue und sch- mit der usbekischen Bahn, um den Verkehr durch das eigene Land attraktiver zu machen. Usbekistan sei bereit, kirgisische nellere Angebote bish- Lokomotiven und Züge zu warten. Gerade für die Länder am Persischen Golf soll so die Verbindung nach China deutlich schneller werden. er aber nichts. Gleichzeitig wird die Straßenverbindung zwischen den drei Ländern ausgebaut: Ein neuer Highway erstreckt sich insge- samt über 950 Kilometer von Kashgar im Nordwesten der au- tonomen chinesischen Provinz Xinjiang über Osh in Südkir- gisistan bis in die usbekische Hauptstadt Taschkent. Ende Fe- bruar wurde er mit der Fahrt eines Konvois aus sieben Lkw offiziell eröffnet. Die Dauer für Transporte zwischen beiden Endpunkten soll damit von acht auf zwei Tage reduziert wer- den. Laut der usbekischen Regierung sollen dadurch in der Region über eine Million Jobs entstehen. Der Highway soll weiter ausgebaut werden, bis in die tadschikische Hauptstadt 20 / ChinaContact 5/6 2018
Sie können auch lesen