Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...

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Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
5/6 2018 15,00 € 22. Jahrgang H49998 www.owc.de

Von „Küken“ und „Einhörnern“:
China für deutsche Start-ups
Energiewende à la EU?
Wie Deutsche und Dänen China prägen

GlobalContact
EuGH schiebt Schiedsgerichten Riegel vor

Dieneue!
Seiden
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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

der Name „Seidenstraße“ geht zurück auf den Deutschen Fer-       hand eindrucksvoller Wachstumszahlen – auch wenn der An-
dinand von Richthofen. Im 19. Jahrhundert war der Geograf        teil der Schiene am Gesamthandel zwischen China und Euro-
nach China gereist und hatte den Begriff später in seinen Be-    pa marginal bleibt (S. 8). Ohne Frage haben die kontinuierlich
richten geprägt.                                                 zunehmenden Zugverbindungen das Zeug, den Warenver-
   Die Neue Seidenstraße prägen Deutsche heute nicht. Sie        kehr zwischen Ost und West nachhaltig zu verändern. An der
reagieren eher, stellen sich auf die möglichen Auswirkungen      Neuen Seidenstraße wird erst einmal kein Weg vorbeiführen.
dieser „Globalisierung chinesischer Prägung“ ein und verfal-     Und so widmen auch wir uns in dieser Ausgabe ausführlich
len abwechselnd in Euphorie oder tiefe Skepsis. Auf Ebene        diesem Thema.
der EU gibt es erst recht keine Strategie, von einem geschlos-       Die Welt prägt China aber nicht nur mit Stahl und Beton,
senen Auftreten ist derzeit ohnehin nicht zu sprechen. Wäh-      sondern immer häufiger auch mit fortschrittlichen Techno-
rend zumindest viele Logistiker versuchen, sich ein Stück vom    logien und Innovationen – etwa im Bereich FinTech. Kein
Kuchen abzuschneiden, bleibt vorerst nur zu beobachten, wie      Land nutzt moderne Bezahlmethoden häufiger als die Chi-
die Seidenstraße wächst, wie China in den rund 60 betroffe-      nesen (S. 34).
nen Ländern Investitionen vorantreibt. Eine zentrale Rolle           In unserer Rubrik „Made in China 2025“ (MIC) blicken
bei ihrer Entwicklung spielt die Frage, wie die Transitländer    wir unter anderem auf das Thema Ausbildung. Und auf 40
in Zentralasien und Osteuropa entlang der Landroute über         Jahre Reformen, denn natürlich ist MIC nicht das erste be-
den eurasischen Kontinent mit Chinas Belt and Road Initi-        merkenswerte Programm zur Entwicklung der Wirtschaft,
ative umgehen. Auch dort ist man vielerorts gespalten: Chi-      das im Westen aufmerksam verfolgt wird. Doch wie unter-
nesische Investitionen werden gern gesehen, um Infrastruk-       scheiden sich die Umstände heute von denen vor 40 Jahren,
tur aufzubauen und die Entwicklung dieser Schwellenländer        als Deng Xiaoping als Galionsfigur für die Öffnung Chinas
voranzutreiben. Aber die Art, wie China solche Projekte um-      auf die Weltbühne trat?
setzt, wird nicht selten als problematisch empfunden. Hinzu          Für junge Unternehmer ist das heute nicht viel mehr als
kommt eine hohe Heterogenität der Länder Osteuropas und          Geschichte. Sie blicken auf ein China, das vor allem eines be-
Zentralasiens und divergierende regionale oder geostrategi-      deutet: einen großen Wachstumsmarkt und damit „Skalier-
sche Interessen, die eine Verknüpfung der vielen einzelnen       barkeit“ – einer der Lieblingsbegriffe in der Welt der Start-
BRI-Projekte zu einer wirklichen Seiden-Straße oder einem        ups. In diesem Markt zu bestehen, ist auch für innovative, agi-
-Netzwerk erschwert.                                             le Jungunternehmen nicht einfach. Ein chinesischer Inkubator
   Nichtsdestotrotz: Das Netz, das sich auf dem Landweg über     in Berlin will dabei helfen und bietet Netzwerke und Zugang
den eurasischen Großkontinent spannt, wird engmaschiger          zum chinesischen Markt.
und immer beliebter für den Güterverkehr. Das zeigt sich an-         Berlin steht auch im Zentrum unseres Interviews mit der
                                                                 Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die
                                                                 Ende April das Wirtschaftsbüro der Hauptstadt in Peking er-
                                                                 öffnet hat. Berlin will immerhin ein weltweites Zentrum der
                                                                 Kreativwirtschaft sein – enge Beziehungen zu und Austausch
                                                                 mit China sollen dabei helfen.

                                                                 Das Team des OWC-Verlags wünscht Ihnen eine spannende
                                                                 Lektüre dieser und vieler weiterer Themen im Heft und auf
                                                                 unserer Website www.owc.de.

                                                                 Patrick Bessler, Chefredakteur
                                                                 E-Mail: pb@owc.de

                                                                                                     5/6 2018 ChinaContact / 3
Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
Titelthema: Chinas Neue Seidenstraße                         36 FinTech-Weltmeister
                                                                      Bezahlen, Überweisen, Kredite vergeben oder Versiche-
08 Die Schiene glüht                                                  rungen abschließen – und alles online.
     Der Schienenverkehr zwischen der EU und China boomt.
     Doch hat er wirklich das Zeug zum „Game Changer“?                Made in China 2025

15 Konkurrent oder Partner?                                       39 China auf Einkaufstour
     Russland könnte einer der wichtigsten Partner für die BRI        Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung untersucht die
     sein. Doch Moskau hat teils gegenläufige Interessen.             steigenden chinesischen Investitionen in Deutschland.

18 Wildes Zentralasien                                            40 Smarte Ausbildung für smarte Fabriken
     Politische Unwägbarkeiten und Infrastrukturmangel                Deutschland und China kooperieren bei der Aus- und
     prägen die zentralasiatischen Transitländer der BRI.             Weiterbildung für die Produktion der Zukunft.

22 Polen: Fenster und Flaschenhals                                42 Von Deng zu Xi: 40 Jahre Reformpolitik
     Polen ist für die Seidenstraße das Fenster zur EU                China hat sich gewandelt, auch die Herausforderun-
     – und bremst den Verkehr massiv.                                 gen – vom „leckeren Fleisch“ zum „Knochen“.

26 Endstation Hamburg                                                 Branchen & Märkte
     Der Hamburger Hafen bereitet sich auf höheres
     Frachtaufkommen dank der BRI vor – und auf einen             44 China für Start-ups
     chinesischen Investor.                                           Ein chinesischer Inkubator will deutschen Start-ups den
                                                                      Marktzugang erleichtern.
28 Neues von der Seidenstraße
     China investiert in globale Infrastruktur – zu Land und zu   47 Chinas „Einhörner“
     Wasser. Wir stellen einige der wichtigsten Projekte vor.         Start-ups mit einem Wert von über einer Milliarde US-Dollar
                                                                      gelten als Einhörner. China hat bereits 164 davon.
32 Die OWC-Weltkarte
     Anteile Chinas am Außenhandel osteuropäischer und zentral-
     asiatischer Länder sowie führender Industrienationen         48 Erneuerbare: der Ausbau und die Kosten
                                                                      Das deutsche und das chinesische Energiesystem stehen
     Finanzen                                                         vor ähnlichen Herausforderungen. Die dena begleitet
                                                                      Ausbau und Reform des chinesischen Systems.
34 Gut gelaunt trotz hoher Schulden
                                                                  50 Energiewende: Lehren aus Europa
     Chinas Unternehmen blicken optimistisch in die
                                                                      Sind Europa und China überhaupt vergleichbar? Deutsche
     Zukunft. Doch die Zahlungsverzögerungen wachsen.
                                                                      und dänische Experten im Gespräch.

                                                                  8   Shooting Star Schiene
                                                                      Dank der Belt and Road Initiative steht der Schienen-
                                                                      verkehr zwischen Ost und West im Rampenlicht.

4 / ChinaContact 5/6 2018
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Inhalt

     Nordchina                                                       Gut beraten

53 Bald der größte Flughafen der Welt?                          68 Das „Network Security Law“
     Mit dem Beijing Daxing International Airport soll Chinas        Wie betrifft es ausländische Unternehmen?
     Hauptstadt zum neuen Drehkreuz in der Region werden.
                                                                     Tourismus
     Ostchina
                                                                70 Die vielleicht größte Stadt der Welt
56 Logistik: Doppelmesse in Shanghai                                 Chongqing bietet ungewöhnliche Architektur und
     2019 werden die bisher getrennt stattfindenden Fachmes-         scharfes Essen – und Direktzüge nach Duisburg.
     sen transport logistic China und LogiMAT China vereint.
                                                                     Personal
57 Messestandbau: das magische Dreieck
     Was beim Messestandbau in China zu beachten ist            72 Vorsicht bei Referenzen
                                                                     Auf der Suche nach Talenten geben Referenzen
     Südchina                                                        Orientierung. Nicht immer sind sie vertrauenswürdig.

58 Dächer beflügeln den Umsatz                                  3    Editorial
     Der Automobilzulieferer Webasto, seit 2001 in China        6    Meldungen
     aktiv, baut sein Produktions­stättennetz weiter aus.       86   Service: Geschäftsreisen, Neues aus den Chefetagen,
                                                                     Buchtipps
     Berlin & China                                             88   Veranstaltungskalender
                                                                90   Impressum
60 Internationalisierung mitdenken
     Berlin hat in Peking ein Wirtschaftsbüro eröffnet. Wir
     sprachen dazu mit Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
                                                                     GlobalContact
                                                                     .
     Chinas neue Champions
                                                                76 Schiedsgerichte: nicht mit dem EuGH!
64 Tencent: Vom Plagiator zum Innovator                              Unternehmen bleibt beim Streit gegen EU-Staaten der
     Klein und unrühmlich gestartet – heute ist Tencent              Gang vor Schiedsgerichte versperrt.
     Chinas größter und teuerster Internetkonzern.
                                                                79 Deutungshoheit im Datenschutz
     APA aktuell                                                     Mit ihrer neuen Grundverordnung will die EU dem
                                                                     Datenschutz weltweit ihren Stempel aufdrücken.
66 Strikte Kontrolle chinesischer Technologie
     Das neue nationale Exportkontrollgesetz könnte auch        82 OWC 100 Forum
     deutsche Unternehmen in Drittstaaten betreffen.                 Rennen um die Wachstumsmärkte Eurasiens#

50   Energiewende à la EU                                       60   Berlin eröffnet Wirtschaftsbüro in Peking
     Wie Deutsche und Dänen Chinas Systeme prägen.                   Im Gespräch mit Ramona Pop, Berliner Bürgermeiste-
                                                                     rin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

                                                                                                  5/6 2018 ChinaContact / 5
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überwachung und –durchsetzung vom
                                                                                        Handelsministerium Mofcom sowie von
                                                                                        der Nationalen Entwicklungs- und Re-
                                                                                        formkommission. Ein weiteres Ergeb-
                                                                                        nis der Umstrukturierung ist eine kla-
                                                                                        re Trennung bei der Überwachung von
                                                                                        Binnen- und Außenhandel. Für ersteren
                                                                                        zeichnet die SAMR verantwortlich, für
                                                                                        die Im- und Exportüberwachung sind
                                                                                        künftig die Zollverwaltung in Zusam-
                                                                                        menarbeit mit der China Inspection and
                                                                                        Quarantine (CIQ) zuständig.

                                                                                        Mehrwertsteuersenkungen in
                                                                                        Kraft getreten
                                                                                        Seit dem 1. Mai dieses Jahres gelten
                                                                                        in China neue Mehrwertsteuersätze
                                                                                        (VAT). Für produzierende Unternehmen
                                                                                        verringerte sich der Mehrwertsteuer-
                                                                                        satz von 17 auf 16 Prozent, für Trans-
                                                                                        port-, Bau-, Telekommunikations- und
                                                                                        landwirtschaftliche Unternehmen von
  Aufgrund der Neuordnung ist in nächster Zeit                                          elf auf zehn Prozent. Zudem wurde der
  mit Verzögerungen bei Zertifizierungen und                                            Schwellenwert des jährlichen steuer-
  Produktzulassungen zu rechnen – insbesondere
  bei Medikamenten und Medizintechnik.
                                                                                        pflichtigen Umsatzes zur Einstufung als
                                                                                        industrielles und kommerzielles Klein-
                                                                                        unternehmen auf einheitlich fünf Milli-
                                                                                        onen Yuan erhöht. Damit können sich
                                                                                        mehr Unternehmen als „Small-Scale

Meldungen                                                                               Taxpayer“ anerkennen lassen und pro-
                                                                                        fitieren so von einem reduzierten Mehr-
                                                                                        wertsteuersatz.

                                                                                        Abgaben auf importierte
                                                                                        Autos sinken ab Juli deutlich
                                                                                        Ab dem 1. Juli 2018 senkt China die Im-
                                                                                        portzölle für Kfz und Kfz-Teile in deut-
                                                                                        lichem Umfang, teilte das chinesische
                                                                                        Finanzministerium am 22. Mai mit. Für
                                                                                        Auto-Importe werden der derzeit erho-
Marktüberwachung neu                       lassung von medizintechnischen Pro-          bene 25-prozentige Zoll auf 135 Arti-
geordnet                                   dukten und Arzneimitteln ist künftig die     kel und der 20-prozentige Zoll auf vier
China reformiert sein Marktüberwa-         neu geschaffene und der SAMR nach-           Artikel dann auf jeweils 15 Prozent ge-
chungssystem. Auf der NVK-Tagung im        geordnete State Drug Administration          senkt. Das entspricht einem Rückgang
März dieses Jahres wurde die Schaf-        zuständig. Erhalten bleiben die für die      von 40 beziehungsweise 25 Prozent.
fung einer neuen Behörde zur Markt-        technische Marktregulierung zustän-          Für 79 Autoteile werden die Importzöl-
überwachung beschlossen. Die State         dige Standardisation Administration of       le von derzeit acht, zehn, 15, 20 bezie-
Administration for Market Regulati-        PR China (SAC) sowie die für Zertifi-        hungsweise 25 Prozent auf sechs Pro-
on (SAMR) bündelt die zuvor auf ver-       zierung und Akkreditierung verantwort-       zent gesenkt, das sind im Durchschnitt
                                                                                                                                   Foto: iStock © Asia-Pacific Images Studio

schiedenste Institutionen verteilten Zu-   liche Certification and Accreditation        46 Prozent weniger als bisher.
ständigkeiten. Betroffen sind die State    Administration of PR China (CNCA).
Administration of Industry and Com-        Beide Behörden werden ebenfalls um-
merce (SAIC), die General Administra-      strukturiert und der SAMR nachgeord-         Bühler eröffnet neuen
tion of Quality Supervision, Inspection    net. Das bisher dem Staatsrat direkt un-     Standort in Changzhou
and Quarantine (AQSIQ) und die China       terstellte State Intellectual Property Of-   Die in Uzwil/Schweiz ansässige Büh-
Food and Drug Administration (CFDA),       fice wird ebenfalls der SAMR unterstellt.    ler AG – Anbieter industrieller Prozess-
berichtet Germany Trade & Invest in ei-    Außerdem übernimmt die neue Groß-            technologien und -lösungen für die
nem aktuellen Beitrag. Für die Neuzu-      behörde Aufgaben der Wettbewerbs-            Nahrungs- und Futtermittelindustrie –

6 / ChinaContact 5/6 2018
Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
Meldungen

hat Ende April dieses Jahres einen neu-      werksprojekt in der Provinz Guandong.
en Produktions- und Forschungsstand-         Kunde ist die Huadian Fuxin Energy
ort für Tierfutter und Getreidelogistik im   Corporation Limited (Huadian Fuxin),
ostchinesischen Changzhou eröffnet.          eine Tochtergesellschaft des staatli-
Mit 5.200 Quadratmetern nimmt das            chen Stromerzeugers China Huadian
F&E-Zentrum mehr als ein Viertel der         Corporation Ltd. Das Gas-und Dampf-
im Neubau zur Verfügung stehenden            turbinen-Kraftwerk     mit   Kraft-Wär-
Flächen ein. Zwei Pilotanlagen wurden        me-Kälte-Kopplung entsteht im Bezirk
für die technologische Grundlagenfor-        Zengcheng der Stadt Kanton. Nach der
schung errichtet. Zum einen geht es da-      Fertigstellung wird die Anlage das effi-
rum, neue Prozesse für die Futtermittel-     zienteste Gaskraftwerk in der Volksre-
produktion zu entwickeln, zum anderen        publik sein. Die kommerzielle Inbetrieb-
sollen Anwendungen in der Getreidelo-        nahme ist für Ende 2019 geplant.
gistik erforscht werden. Außerdem die-
nen die Pilotanlagen dazu, gemeinsam
mit den Kunden des Unternehmens              Smartphone-Nachfrage sinkt,
maßgeschneiderte Prozesslösungen             Verkaufspreise steigen
zu erarbeiten. China ist für Bühler ein      Die weltweite Nachfrage nach Smart-
Wachstumsmarkt. Das Unternehmen              phones fiel im ersten Quartal 2018 um
beschäftigt mittlerweile mehr als 3.000      zwei Prozent auf 347 Millionen Geräte
Mitarbeiter in seinen Produktionsstät-       – das ist ein Ergebnis einer vom Markt-
ten in Wuxi, Changzhou, Hefei, Peking,       forschungsinstitut GfK Ende April vorge-
Shenzhen, Xi’an und Kanton.                  legten Studie. Besonders in China und
                                             in Nordamerika wurden weniger Smart-
                                             phones verkauft. Die Nachfrage sank
LH Technik und Ameco                         dort um sechs beziehungsweise fünf
kooperieren bei Businessjets                 Prozent im Vergleich zum Vorjahres-
Die Aircraft Maintenance and Enginee-        quartal. Der durchschnittliche weltwei-
ring Corporation (Ameco) und die Luft-       te Verkaufspreis stieg im ersten Quar-
hansa Technik AG wollen langfristig bei      tal 2018 jedoch weiter an und lag um
Geschäftsflugzeugservices kooperie-          21 Prozent höher als im ersten Quar-
ren. Beide Unternehmen wollen künf-          tal 2017. Das wirkte sich positiv auf den
tig ihre gemeinsamen Stärken bündeln,        Umsatz aus, der im Vorjahresvergleich
um chinesische Kunden bestmöglich            um 18 Prozent zulegen konnte, obwohl
betreuen zu können. Ein weiteres Ziel        weniger Geräte verkauft wurden.
der geplanten Zusammenarbeit ist die             Wider Erwarten sorgten in China ins-
gemeinsame Erschließung des chine-           besondere die verkaufsfördernden Maß-
sischen Businessjet-Marktes. Eine ent-       nahmen rund um das chinesische Neu-
sprechende Absichtserklärung unter-          jahrsfest nicht für ein Wachstum der
zeichneten beide Seiten Mitte April auf      Smartphone-Nachfrage. Im Vergleich
der Asian Business Aviation Conferen-        zum Vorjahresquartal fielen die Ver-
ce & Exhibition in Shanghai. Ameco           kaufszahlen im ersten Quartal um sechs
ist ein Joint Venture zwischen Air Chi-      Prozent auf 109,6 Millionen Geräte. Der
na Ltd., die 75 Prozent der Anteile hält,    Umsatz wuchs jedoch um 14 Prozent
und der Deutschen Lufthansa AG, die          – sowohl einheimische als auch inter-
die restlichen 25 Prozent hält. Ameco        nationale Marken konnten die chinesi-
ist das größte Unternehmen für War-          schen Verbraucher davon überzeugen,
tung, Reparatur und Überholung von           höherwertige Geräte zu kaufen. Die On-
Flugzeugen in China.                         line-Verkäufe stiegen weiterhin stark,
                                             konnten jedoch die Rückgänge insge-
                                             samt nicht ausgleichen. Der chinesi-
Siemens liefert Gasturbinen                  sche Markt nähert sich weiter dem Sät-
an Huadian Fuxin                             tigungspunkt. Die GfK-Marktforscher
Siemens hat seinen ersten Auftrag            gehen davon aus, dass die Smartpho-
über die Lieferung von Gasturbinen           ne-Nachfrage im Jahr 2018 um vier Pro-
der H-Klasse von einem Kunden auf            zent sinken wird.
dem chinesischen Festland erhalten.
Das Unternehmen liefert zwei H-Klas-
se-Gasturbinen, zwei Dampfturbinen
sowie vier Generatoren für ein Kraft-

                                                                                          5/6 2018 ChinaContact / 7
Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
8 / ChinaContact 5/6 2018
Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
Auf der Schiene
                           durch den
                           Wilden Osten

                           Die Zahl der Güterzüge, die zwischen Chi-
                           na und der EU verkehren, ist in den letzten
                           Jahren geradezu explodiert. Eine weitere
                           Vervielfachung des Frachtaufkommens in
                           den nächsten fünf bis zehn Jahren ist wahr-
                           scheinlich. Doch auch auf der Schiene rollt
                           der Verkehr nicht immer reibungslos.

                           Bei Far East Land Bridge, kurz FELB, herrscht gute Laune. Der
                           österreichische Logistiker freut sich über boomende Umsätze.
                           FELB ist seit 2007 im Geschäft und wurde mit dem Ziel ge-
                           gründet, den Güterverkehr auf der Schiene zwischen China,
                           Russland und der EU zu entwickeln. Die Österreicher haben
                           auf das richtige Pferd gesetzt. Denn der Schienenverkehr zwi-
                           schen Ost und West ist seither rasant gewachsen. Fuhren 2011
                           gerade einmal 17 Güterzüge aus China in die EU und kein ein-
                           ziger zurück, erreichen heute rund 2.400 Züge pro Jahr Eu-
                           ropa. Aus europäischen Städten fuhren im vergangenen Jahr
                           fast 1.300 Züge nach Osten. Für ein Unternehmen wie FELB
                           bedeutet das kontinuierlich wachsende Umsätze: 2016 hat-
                           te der Logistikdienstleister zwischen beiden Seiten Güter im
                           Umfang von 21.900 Standardcontainern (TEU) transportiert.
                           2017 waren es 37.000 TEU. Der Wert der Fracht sei noch deut-
                           licher angestiegen, wird berichtet: von 52 Millionen auf über
                           160 Millionen US-Dollar.
                               Beim Logistikdienstleister AsstrA-Associated Traffic sieht
                           es ähnlich aus. Dort habe sich der Umsatz aus den Transpor-
                           ten zwischen China und der EU sowie dem GUS-Raum in den
                           letzten fünf Jahren verfünfzehnfacht. „Die Liste der zu trans-
                           portierenden Güter wurde viel länger als im Vergleich zu vor
                           zehn Jahren, wo wir mit zwei, drei Warengruppen Richtung
                           China gearbeitet haben“, berichtet Andrej Soroka, Abteilungs-
Foto: iStock © zhudifeng

                           leiter Shanghai bei AsstrA.
                               Alle paar Wochen kommt eine neue Zugverbindung Eu-
                           ropa-China hinzu. Im Januar war es beispielsweise Budapest.
                           Im März Amsterdam, im Mai Wien. Anlässe, die gern genutzt
                           werden, um mit Bildern von Bürgermeistern oder Ministern

                                                               5/6 2018 ChinaContact / 9
Dieneue! Seiden straße - Von "Küken" und "Einhörnern": China für deutsche Start-ups Energiewende à la EU? Wie Deutsche und Dänen China prägen ...
Wachstum im                                                                 vor gerade eingetroffenen Zügen die Werbetrommel für Chi-
                                                                          nas Belt and Road Initiative (BRI) zu rühren. Offiziellen chi-
Schienengüterverkehr                                                      nesischen Angaben zufolge sind derzeit rund 35 chinesische
                                                                          und europäische Städte über die Schiene miteinander verbun-
zwischen EU, EAWU                                                         den. Die Zahl der nennenswerten Start- und Endpunkte im

und China                                                                 Osten und Westen ist zwar geringer. Nichtsdestotrotz wird das
                                                                          Netz immer engmaschiger. Mit einer Reisezeit von im Schnitt
Transportvolumen                                                          zwei Wochen ist die Schiene deutlich schneller als der Seeweg
                                                                          und gleichzeitig viel billiger als Luftfracht – und erfreut sich
und Züge                                                                  daher größter Beliebtheit.

                                                                          Verdoppelung „praktisch garantiert“
                                                                          Der Internationale Eisenbahnverband (UIC) rechnet damit,
                                                                          dass sich der Anteil der Schiene am Gesamthandel zwischen
                                                                          der EU und China in den nächsten zwölf Jahren auf bis zu
                                                                          500.000 TEU verdoppeln wird. Das wären im Schnitt 100 Zü-
                                                                          ge pro Tag. 2016 lag der Schnitt noch bei fünf Zügen. In den
                             TEU/JahrZüge/Tag                            Jahren 2010 bis 2016 wuchs der Containertransport von 6.900
                                                                          TEU auf jährlich rund 164.000 TEU. Allein 2017 stieg die
                                                                          Menge noch einmal drastisch an und erreichte 262.000 TEU
2010:                          6.900		                              -     – das 1,8-Fache des Vorjahres.
                                                                             Der weitere Anstieg der Transporte zwischen China, der
                                                                          Eurasischen Wirtschaftsunion und der EU sei „praktisch ga-
                                                                          rantiert“, ist sich die Eurasische Entwicklungsbank (EDB) si-
2011                          14.000 		                             -     cher. Langfristig seien gar bis zu zwei Millionen TEU zu er-
                                                                          warten, wenn sich das Ungleichgewicht zwischen den Trans-
                                                                          porten aus China gen Westen und andersherum ausgleichen
2016                         150.000 	                             5     würde. Derzeit kommt rund doppelt so viel Ware aus dem Os-
                                                                          ten nach Westen wie umgekehrt. Viele Container treten ihren
                                                                          Rückweg nach China ohne Inhalt an oder landen in Europa
                                                                          auf Containerschiffen.
2017                         262.000 	                           24
                                                                          Viele Vorteile
                                                                          Noch attraktiver wird der Schienenverkehr dadurch, dass
2030 (Prognose)              500.000 	                         100       Containerschiffe heute sogar teils länger brauchen als früher,
                                                                          da sie durch das sogenannte „Slow Shippping“ versuchen, bei
                                                                          reduzierter Fahrt Treibstoff zu sparen. In Zeiten politischer

                              Quelle: Eurasische Entwicklungsbank 2018
                                                                          Krisen und steigender Ölpreise könnte sich Zeit als Wettbe-
                                                                          werbsvorteil der Schiene weiter verstärken.
                                                                             Der Transport über Land boomt aber nicht nur aufgrund
                                                                          der niedrigen Transportzeit. Die Entwicklung chinesischer
                                                                          Städte und Produktionsstätten im Westen des Landes geht vo-
                                                                          ran und wird nach dem Willen der chinesischen Regierung
                                                                          in den kommenden Jahren massiv anziehen. Je weiter weg sie
                                                                          von der Küste liegen, desto sinnvoller ist die Schiene als Trans-
                                                                          portweg. Zudem ist der Handel zwischen China und dem „al-
                                                                          ten Kontinent“ zwischen 2007 und 2016 um rund 28 Prozent
                                                                          gewachsen. Ebenfalls zugenommen hat der Anteil von Pro-
                                                                          dukten aus China, wie Hightech-Elektronik oder Kfz-Kom-
                                                                          ponenten, die sich aufgrund hoher Stück- und Inventarkosten
                                                                          besonders für den Schienentransport eignen. Dank moderner
                                                                          Kühlcontainer können auch verderbliche Waren transportiert
                                                                          werden. Gefahrguttransporte sind ein weiterer, wenngleich
                                                                          nur ein Nischenmarkt, der den Trend zur Schiene fördert.
                                                                          Zudem gelten Containerzüge bislang als überaus pünktlich:
                                                                          99,7 Prozent aller Güterzüge zwischen China und Europa füh-
                                                                          ren exakt entsprechend dem Zeitplan, berichtet die Eurasische
                                                                          Entwicklungsbank.

10 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten

                                                                               Subventionen in Milliardenhöhe                                      übergänge, fordert die Eurasische Entwicklungsbank. Das set-
                                                                               Die EDB macht für die jährliche Verdoppelung der Trans-             ze nicht zuletzt eine bessere Koordinierung der Verkehrspoli-
                                                                               portaufkommen aber nicht zuletzt Chinas massive Subven-             tik der zentralasiatischen Staaten und darüber hinaus im eu-
                                                                               tionen in den Güterzugverkehr verantwortlich. Sie sind Teil         rasischen Großraum voraus, schreibt die Eurasische Entwick-
                                                                               des Förderprogramms für die Provinzen des chinesischen              lungsbank.
                                                                               Hinterlands, das durch die BRI entwickelt werden soll. 2016
                                                                               sollen chinesische Provinzen rund 88 Millionen Dollar für           Die größten Hürden: Polen und Standardisierung
                                                                               diese Subventionen ausgegeben haben, errechnet die EDB              Davor müssten die Länder der Region aber zunächst ihre eige-
                                                                               – ausgehend von der Annahme, dass ein 40-Fuß-Container              nen Hausaufgaben machen. Der Flaschenhals am Grenzüber-
                                                                               im Schnitt mit 2.500 US-Dollar subventioniert wurde und             gang zwischen Polen und Belarus ist derzeit eines der meist-
                                                                               35.000 solche Container aus den zentralchinesischen Provin-         bescholtenen Probleme auf dem Landweg. Die meisten reinen
                                                                               zen stammten.                                                       Landrouten zwischen China und Zentraleuropa führen durch
                                                                                   Die Frage, wie sich diese Subventionen weiterentwickeln,        den Grenzübergang zwischen Brest in Belarus und Małasze-
                                                                               ist derzeit allerdings offen. Sollten die Containerzahlen die op-   wicze in Polen. Aber auch über diesen Grenzübergang hinaus
                                                                               timistischen Prognosen der UIC erreichen, könnte das nach           gibt es viel Kritik an den Zuständen polnischer Schienen. Das
                                                                               jetzigem Stand Fördergelder in Höhe von 546 bis 927 Milli-          Land müsste dringend mehr in seine Infrastruktur investie-
                                                                               onen US-Dollar pro Jahr bedeuten. In der Branche wird spe-          ren, weigere sich aber bislang, dies auf den für den EU-Chi-
                                                                               kuliert, ob die Zahlungen bereits 2018 oder 2019 auslaufen          na-Verkehr wichtigen Strecken zu tun, kritisiert die Eurasi-
                                                                               könnten. Eine optimistischere Annahme ist, dass die Dauer           sche Entwicklungsbank.
                                                                               erst einmal an die Amtszeit des Staatspräsidenten Xi gebun-            Auch am Grenzübergang Zamyn-Uude auf dem zentra-
                                                                               den sein könnte.                                                    len Korridor für die Schnellzüge mangle es an Fitting-Platt-
                                                                                   Um das Wachstum auch über das Jahr 2020 fortzuset-              formen, findet Andrej Soroka. Überhaupt sei es notwendig,
                                                                               zen, brauche es weitere Investitionen in niedrigere Fracht-         die Eisenbahninfrastruktur zu modernisieren und zusätzliche
                                                                               sätze, den Abbau von Bottlenecks in der Infrastruktur               Grenzterminals zu bauen.
                                                                               durch zusätzliche Eisenbahnverbindungen und die Elek-                  Ein weiteres Problem sind unterschiedliche Vorgaben für
                                                                               trifizierung und Modernisierung bestehender Lokomo-                 die Maximallänge von Güterzügen. In Russland ist ein Zug im
                                                                               tiv-Flotten sowie neue Logistikzentren und bessere Grenz-           Schnitt fast einen Kilometer lang. In Belarus sind es 910 Me
Foto: Hebei, China – Garrett Ziegler / Lizenz: Attribution-NonCommercial-No-
Derivs 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0) / Quelle: flickr

                                                                                                                                                                                     5/6 2018 ChinaContact / 11
ter. In Polen erlauben die technischen Regulierungen hin-
gegen nur eine Länge von 610 Metern.                               Aktuelle Verbindungen
   In der EU müssen die Zugführer zudem auf die Bremse
drücken: Während Güterzüge in Ländern wie Kasachstan im
                                                                   im transeurasischen
Schnitt mit 41 Stundenkilometern durch die Steppe fahren
können, liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb der
                                                                   Schienenverkehr
EU bei nur 18,2 Stundenkilometern.
   Andrej Soroka, Abteilungsleiter Shanghai beim Logistiker
AsstrA-Associated Traffic moniert darüber hinaus die „un-
genügende Zusammenarbeit der Eisenbahndienstleister von
Russland, China und aus anderen Transitländern. Um den
Transport entlang der Seidenstraße zu vereinfachen und zu
beschleunigen, ist eine engere Integration aller Beteiligten er-
                                                                                                                                            St. Petersburg
forderlich.“ Derzeit sei es keine Seltenheit, dass Verspätun-
gen der Transporte von den Zollbehörden verursacht werden.
   Die mangelnde Standardisierung bei technischen Regulie-                                                                                      Moskau
                                                                                                                                                             S
rungen und der Dokumentation sowie der rechtlichen Rah-                                                                                           Rjasan
menbedingungen stellt das größte Hindernis dar, resümiert                                        Hamburg
                                                                                                               Warschau                   Minsk
                                                                              Rotterdam
die EDB. „Aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebung,                                                                           Brest               Kotscheto
                                                                                                      Berlin           Łódź
verschiedener bilateraler Abkommen und Zollunionen ist die-                                Duisburg
                                                                                                               Pardubitz
se Region ziemlich komplex“, berichtet Dieter Buchinger, der
beim Logistikunternehmen Gebrüder Weiss für die Neue Sei-
denstraße zuständig ist. Das österreichische Unternehmen hat                   Lyon                                                      Constanta
daher speziell für diesen Wirtschaftraum ein unternehmens-
eigenes Kompetenzcenter „East plus“ gegründet.
                                                                                                                              Burgas
   Die oft als Problem hervorgehobene unterschiedliche Spur-
breite zwischen der EU und China einerseits und den Ländern          Madrid
Zentralasiens und der GUS andererseits sehen die Experten
der EDB hingegen kaum als maßgebliches Hindernis. Wenn
Fracht wegen eines Wechsels der Spurbreite zwischen Chi-
na und Kasachstan oder Belarus und Polen umgelegt werden
müsse, dauere dies in der Regel zwei bis sechs Stunden pro
Zug. Die Abwicklung beim Zoll benötige allerdings – zumin-
dest an den Grenzen der EAWU ohnehin rund vier Stunden.            Zunahme der
Beeindruckend, aber kein „Game Changer“                            Güterzugverbindungen
Die Wachstumszahlen im Schienenverkehr sind beeindru-
ckend. Quantitativ macht der Transport per Zug am Gesamt-          und Transportvolumina
handel zwischen China und Europa aber immer noch einen
nur verschwindend geringen Teil aus. 2016 fand etwa ein Pro-       zwischen der
zent der Waren im Handel zwischen der EU und China sei-
nen Weg auf die Schiene. Gemessen am Volumen wurden 94             EU und China (2011-2017)
Prozent der Ware per Schiff transportiert. Gemessen am Wert
waren es 64 Prozent. Die Luftfracht kam auf das doppelte Vo-
lumen der Schiene und dessen 13-fachen Wert. Ein einzelner
Blockzug kann gerade einmal rund 0,5 Prozent der größten
Containerschiffe laden, die heute im Einsatz sind.
   Und: Das Wachstum der vergangenen zwei Jahre ging von
einem extrem niedrigen Niveau aus – „quasi gleich null“,                                  2011                             2012
schreibt Jonathan E. Hillman, Leiter des Projekts Reconnec-
ting Asia am Center for Strategic and International Studies in                            China -     Europa -             China -          Europa -
Washington, D.C. Das ambitionierte Projekt überwacht und                                  Europa      China                Europa           China
sammelt alle Infrastrukturprojekte auf dem eurasischen Kon-
tinent, die mit der chinesischen Belt and Road Initiative in Zu-        Verbin-
                                                                                          17          0                    42               0
sammenhang stehen. Hillmann gehört zu den Skeptikern, die               dungen
daran zweifeln, dass die ausgebaute Landroute zu einem wirk-
lichen „Game Changer“ im Welthandel werden könne. Die                   TEU               1404        0                    3.674            0
Schiene werde „in den kommenden Jahren nicht genug Han-
del bringen, um die wirtschaftliche Situation fundamental zu
ändern“, ist sich Hillman sicher. Der größte Teil des geografi

12 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten

               Nischnij Nowgorod
                                          Perm
                                                   Jekaterinburg
                                                                                                                          Krasnojarsk
                                                                           Omsk
                        Kasan                                                              Nowosibirsk
Staraja Kupawna
                                                 Kurgan
                            Samara                                    Petropawlowsk                                                                      Tschita
                                     Orenburg                                                                                Irkutsk
owka
              Saratow
                                                                                                                                                 Ulan-Ude
                                                                                                                                                                                               Chabarowsk
                            Atyrau
Wolgograd                                 Aktobe                                                                                                 Ulaanbaatar
                                     Beyneu                                                                                                                                                Harbin
       Astrachan                                                                                         Shihezi
                                                          Kyzylorda
       Olja                  Aktau                                   Almaty            Gulja                   Ürümqi                                                                      Changchun
  Makhachkala                                                 Shymkent                           Kuytun
                                  Bereket
                                                                                                       Korla
                                                       Taschkent            Bischkek                                                                                                Shenyang     Wladiwostok
   Poti        Tiflis                                                                                                                                          Tianjin
                                                                                                                                                                                   Yingkou
Kars                    Baku              Akyayla                                                                                        Wuwei
              Astara                           Ashgabat                                                                                                   Binzhou
                                                                                                                                         Lanzhou        Qingzhou
          Bandar-e Anzali                              Sarakhs                                                                                                               Qingdao
                                                                                                                                                               Linyi
                                                                                                                                                Zhengzhou                  Lianyungang
                                Teheran      Serakhs
                                                                                                                                               Xi’an
                                                                                                                                                                         Hefei
                                  Isfahan
                                                                                                                                                                 Wuhan         Suzhou
                                                                                                                                         Chengdu
                                                                                                                                                                                Shanghai
                                                                                                                                                                            Yiwu

                                            Bandar Abbas                                                                                  Chongqing      Changsha
                                                                                                                              Kunming
                                                                                                                                                                          Xiamen
                                                                                                                                             Guangzhou
                                                                                                                                                                Dongguan

                                                                             Mumbai

        2013                                  2014                                    2015                               2016                               2017
        China -         Europa -              China -         Europa -                China -       Europa -             China -       Europa -             China -          Europa -
        Europa          China                 Europa          China                   Europa        China                Europa        China                Europa           China

        80              0                     280             28                      550           265                  1.130         572                  2.399            1.274

        6.960           0                     23.804          2.266                   47.132        21.770               97.400        8.394                212.000 105.930

                                                                                                                                          Quellen: Xinhua News, Eurasische Entwicklungsbank

                                                                                                                                                               5/65/6
                                                                                                                                                                   2018
                                                                                                                                                                      2018ChinaContact
                                                                                                                                                                            OstContact / 13
schen Raumes, den die Seidenstraße durchquert, werde
keine Veränderungen verspüren.
                                                                  Frachtkapazitäten nach
   An dieser Frage scheiden sich die Geister. Auch Ass-           Transportmitteln
trA-Manager Soroka widerspricht dem. Für die Transit-Län-
der biete die Neue Seidenstraße „aussichtsreiche Perspektiven
für das Transportgeschäft und ermöglicht neue Investitionen
dank der Transit- und damit verbundenen Dienstleistungen.“
In Russland etwa würden 100 Prozent der Fahrzeuge des na-
tionalen Betreibers von Waggons und Containern zu Trans-
Containern umgewandelt. „Die Fracht aus China bringt ei-
nen konstanten Gewinn für die russische Eisenbahn und den
Staat“, erklärt Soroka. Denn der Transitverkehr ist für die Ei-
senbahngesellschaften ein günstiges Geschäft. Dadurch kön-
ne die Eisenbahninfrastruktur saniert werden.
    Zu den unzweifelhaften Gewinnern dürften ohne Frage
eben jene Unternehmen gehören, die die zusätzliche Fracht
auf die Schiene bringen, also Bahnhersteller, -betreiber, Lo-
gistiker und Spediteure wie AsstrA oder Far East Land Bridge.

Transporte haben neue Qualität
                                                                  Fahrzeug                                     Kapazität
Gebrüder-Weiss-Manager Dieter Buchinger meint zwar auch,                                                         in TEU
dass sich die Transportrouten durch die BRI „nicht grund-
sätzlich geändert“ haben. „Allerdings hat sich die Qualität
der Transporte durch die gesetzten Infrastrukturmaßnahmen
verbessert. Vor allem die bisher schwerer erreichbaren Märk-
te ohne direkten Meerzugang – wie beispielsweise Kasachstan       Sattelzug                                                   2,6
– werden davon profitieren und können leichter am globalen
Handel teilnehmen“, glaubt der Praktiker.
   „Bislang ist die Nomenklatur der per Bahn nach oder aus
China transportierten Waren noch sehr gering“, bestätigt
Andrej Soroka. „Sie ist vor allem auf Elektronik und Haus-        747-400F                                              4 - 6,6
haltsgeräte, Pharmaprodukte und Produkte, die der Tempe-
raturkontrolle bedürfen, fokussiert.“ Darüber hinaus seien die
neuen Schienentransporte aber vor allem für das Retailge-
schäft relevant, in dem ein Einhalten der Liefertermine ein
                                                                  Intermodaler Zug (41 Waggons)                                82
bindender Faktor ist.
   Zudem dürfte der Ausbau des Schienenverkehrs den Wett-
bewerb fördern. „Natürlich erwarten wir in der Zukunft mit
der Entwicklung der Seidenstraße (...) neue Spieler auf dem
Markt“, so Soroka, „und die Reduzierung der Raten.“
   Der Boom des Schienenverkehrs zwischen China und Eu-           Containerschiff Panamax                     3.000-3.400
ropa mag leicht überbewertet werden. Quantitativ macht er
immer noch einen nur kleinen Teil am Gesamthandel aus.
Dennoch könnte er große Auswirkungen darauf haben, wie
sich die Verkehre zwischen Ost und West zukünftig entwi-
ckeln. Und es gibt keine Anzeichen, dass das Wachstum in          Post Panamax/Panamax Plus                   4.000-8.000
den kommenden Jahren nicht anhalten würde.
   China und die Staaten Osteuropas und Zentralasiens wach-
sen enger zusammen. Auch wenn es sozial, kulturell und poli-
tisch nicht immer einfache Verbindungen sind, die dort ent-
stehen.
                                                Patrick Bessler
                                                                  New Panamax – Triple E                  12.500-18.000

                                                                                Quelle: CSIS | RECONNECTING ASIA; eigene Darstellung

14 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten

China und                                                       Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Moskau und der
                                                                zirka 800 Kilometer östlich gelegenen Stadt Kasan, bei der chi-

Russland:
                                                                nesische Investitionen eine große Rolle spielen. Sie soll die
                                                                Zeit, die ein Zug zwischen beiden Städten benötigt, von zir-
                                                                ka zwölf auf dreieinhalb Stunden reduzieren. Von einer anvi-

Konkurrent oder
                                                                sierten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und
                                                                Peking ist man jedoch noch weit entfernt.

Partner?
                                                                Von St. Petersburg nach Shanghai
                                                                Russlands und Chinas Präsidenten betonen schon seit Lan-
                                                                gem die Kooperation zwischen beiden Ländern. Bereits 2012
                                                                hatte Putin von der Chance, „chinesischen Wind in den Se-
                                                                geln der russischen Wirtschaft einzufangen“ gesprochen. Es
                                                                folgte die Ankündigung einer „Strategischen Partnerschaft“ –
                                                                wenngleich diese gegenüber ähnlichen Abkommen und Er-
                                                                klärungen in den Jahren 1994, 1996 und 2001 wenig Neu-
                                                                es oder Konkretes bot. Konkreter wurden die Beziehungen
                                                                2014. Nachdem sich Moskau gegenüber der BRI anfangs kri-
                                                                tisch gezeigt hat, nicht zuletzt wegen seinem eigenen Integ-
Je schlechter die Beziehungen zum Westen                        rationsprojekt, der Eurasischen Wirtschaftsunion, wurde der
werden, desto stärker betont Russland seine                     Partner im Osten mit Beginn des Ukraine-Konflikts und den
Freundschaft und Strategische Partnerschaft                     darauffolgenden Sanktionen des Westens immer interessan-
                                                                ter. So unterzeichnete Moskau 2014 etwa eine Reihe von Wirt-
mit China. Seinen Platz im Rahmen der Belt                      schaftsverträgen, unter anderem über eine Gaspipeline nach
and Road Initiative sucht Moskau aber noch.                     China – die „Power of Siberia“. 2015 folgten dann Erklärun-
Doch es gibt Zweifel, ob sich die Ambitionen                    gen auf offizieller Ebene: Beide Präsidenten wollten ihre Pro-
beider Länder miteinander vertragen.                            jekte BRI und EAWU miteinander abstimmen. Laut dem Lei-
                                                                ter des Carnegie Zentrums in Moskau, Dmitrij Trenin, deu-
                                                                tet dies auf eine Verschiebung russischer Interessen von der
                                                                Idee eines „gemeinsamen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis
                                                                Wladiwostok“ zu einem „Greater Asia – von St. Petersburg bis
Die chinesische Belt and Road Initiative (BRI) könnte für       nach Shanghai“ hin.
Russland zu einem zweischneidigen Schwert werden. Mos-              Im März dieses Jahres gratulierten sich die Staatsoberhäup-
kau hat in den vergangenen Jahren nicht zuletzt vor dem Hin-    ter beider Länder zu ihrer Wiederwahl. Xi sagte Medienbe-
tergrund der erodierenden Beziehungen zu Westeuropa im-         richten zufolge, die chinesisch-russischen strategischen Bezie-
mer wieder die Nähe zu China gesucht. Neben einem neuen         hungen seien auf dem besten Stand der Geschichte. Putin be-
Energie-Exportmarkt sind Russland auch Investitionen in die     tonte wiederholt, wie wichtig die Kooperation mit China sei
teils unterentwickelte und marode Infrastruktur des Landes      und dass die guten Beziehungen zu großen Teilen Xi´s per-
nur recht. So würde etwa der Ausbau des Transportkorridors      sönlichem Einsatz zu verdanken wären.
Russland-Mongolei-China im Rahmen der BRI die bestehen-
de Route um mehr als 1.000 Kilometer verkürzen, erklärt Vla-    Eis statt Eisen
dimir Moltschanow, Leiter des Komitees für Innovative Lo-       Den Ausbau der Seidenstraße verfolgen beide Länder nicht
gistiktechnologien und Außenwirtschaft bei der Assoziation      nur im Bereich der Schiene. Auch im hohen Norden gibt es
der internationalen Autotransporteure (ASMAP). Das könnte       gemeinsame Projekte, oft als „polare Seidenstraße“ bezeich-
neben den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen Russlands         net. Klimaforscher rechnen damit, dass die Nordseeroute, die
mit anderen Ländern auch den Tourismus in der Baikal-Re-        sich von Murmansk bis zur Beringstraße entlang der Nord-
gion anregen.                                                   küste des eurasischen Kontinents erstreckt, bis 2050 so weit
    Russland ist für die Nordroute der Neuen Seidenstraße un-   eisfrei sein wird, dass Reedereien verlässliche Zeitpläne auf-
verzichtbar. Diese Strecke von China nach Europa sei sogar      stellen und auch einhalten können. Dank dieser Route könn-
deutlich attraktiver als die Südroute, meint Moltschanow. Das   ten Schiffe um rund ein Drittel schneller zwischen Asien und
sehen jedoch viele insbesondere westliche Experten anders.      Europa verkehren als sie es derzeit über die Südroute durch
Sie monieren zudem, dass Russland selbst in der jüngeren Ver-   den Suezkanal tun.
gangenheit nur wenig dazu beigetragen hat, die nötige Infra-       Schon heute befahren Tanker die Strecke zu allen Jahreszei-
struktur auszubauen – auch im Bereich der Eisenbahn.            ten, teils ohne zusätzliche Eisbrecher-Eskorte. Doch die Zei-
Bisher stellte die russische Bahn RZD 302 Milliarden Rubel      ten, die für den Transfer benötigt werden, schwanken noch
(ca. 4,1 Mrd. EUR) für die Entwicklung der Bahninfrastruk-      stark. In seiner Rede an die Nation warb Putin Anfang März
tur im Rahmen der BRI bereit. Das staatliche Straßenbauun-      für das Projekt. „Unsere Aufgabe ist, (die Route) in eine wahr-
ternehmen Avtodor baut und rekonstruiert das Autobahn-          lich globale wettbewerbsfähige Transit-Arterie zu verwan-
netz St. Petersburg–Moskau, Europa–Westchina, erklärt Molt-     deln“, sagte Putin. Der Verkehr auf der Strecke werde sich bis
schanow. Zu den Vorzeigeprojekten gehört außerdem eine          2025 auf 80 Millionen Tonnen pro Jahr verzehnfachen.

                                                                                                   5/6 2018 ChinaContact / 15
Was Umweltschützer besorgt, freut Russen und Chinesen:           Zusammenarbeit gewinnt an Profil
Dank des Klimawandels können sie auf diesem Weg Öl und           Mit den Jahren gewinnt die Zusammenarbeit zwischen Chi-
Gas transportieren – vor allem das, das auf dem Gasfeld Ya-      na und Russland weiter an Profil. Im Juli 2017 sagte Präsident
mal auf der gleichnamigen Halbinsel gefördert wird. Chinesi-     Xi bei einem Besuch in Russland, China diskutiere konkre-
sche Konzerne halten, gedeckt vom chinesischen Seidenstra-       te Projekte zusammen mit der EAWU. Während des Treffens
ßenfonds, 39 Prozent der Anteile an dem Projekt. 50,1 Pro-       verkündete der russische Investitionsfonds Russia Direct In-
zent hält das russische Unternehmen Novatek. Einem Bericht       vestment Fund, zusammen mit der China Development Bank
der China Daily zufolge soll Yamal pro Jahr rund vier Milli-     einen Fonds für grenzüberschreitende Projekte in Höhe von
onen Tonnen Flüssiggas für China liefern. Wenn die dortige       zehn Milliarden US-Dollar aufzulegen. „Russlands Hauptziel
Gasförderung bis 2020 wie geplant ihre volle Auslastung errei-   ist es, den Silk Road Economic Belt zu nutzen um die EA-
chen sollte, könnte sich Russlands Anteil am globalen Markt      WU zu stärken und zu verbessern. Putin will dafür sorgen,
für Flüssiggas verdoppeln.                                       dass beide nicht im Wettbewerb stehen und in Zukunft die
   Im November vergangenen Jahres unterschrieben Nova-           Ressourcen der EAWU als Grundlage für die Schaffung ei-
tek und die chinesische CNPC eine strategische Zusammen-         ner großeurasischen Gemeinschaft nutzen“, sagt der Politik-
arbeit, um unter dem Namen Arctic LNG ein weiteres Gas-          wissenschaftler Timofej Bordatschew von der Moskauer Na-
feld auf der Halbinsel zu entwickeln. Es soll 2019 an den        tional Research University.
Start gehen.                                                         Auch die Eurasische Entwicklungsbank (EEB) hält eine
   Welchen Anspruch Peking auf die Arktis erhebt, machte es      Vereinbarung zwischen BRI und EAWU für strategisch wich-
zuletzt Anfang dieses Jahres deutlich, als es China in einem     tig für alle beteiligten Länder. Jedoch sieht sie große Proble-
Strategiepapier einen „arktisnahen Staat“ nannte. Im März        me in politischen Spannungen und unterschiedlichen Inter-
berichtete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass       essenlagen ebenso wie in mangelnder Infrastruktur in den je-
China sein erstes eigenes „Polar Expedition Cruise Ship“ baue.   weiligen Ländern und der Standardisierung von technischen
Das 104 Meter lange Schiff soll im August 2019 fertiggestellt    Regularien.
werden. Die chinesische Regierung will laut ihrem Strategie-         Mitte Mai unterzeichneten die EAWU und China dann
papier zur polaren Seidenstraße Unternehmen dazu ermuti-         ein Freihandelsabkommen, dass unter anderem die Bereiche
gen, in Infrastruktur zu investieren und kommerzielle Test-      Zölle, Schutz geistigen Eigentums sowie öffentliches Beschaf-
fahrten zu unternehmen.                                          fungswesen abdeckt. Es soll Anfang 2019 in Kraft treten.

                                                                 Besuch aus dem Osten im Kreml: Präsident Putin (M. r.) empfängt
                                                                 seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping (M. l.).

                                                                                                                                   Foto: kremlin.ru

16 / ChinaContact 5/6 2018
Auf der Schiene durch den Wilden Osten

Konkurrenz für Russlands Vormachtstellung                         MAP. Die Welt entwickle sich zu schnell, um sich der Initiati-
Aber die BRI stellt auch eine potenzielle Gefahr für die Vor-     ve zu verschließen. Auch wenn Russland, ebenso wie Kasach-
machtstellung Russlands im GUS-Raum dar, meinen nicht             stan und andere Staaten der Region, zwar von Chinas „tiefen
nur die Analysten der International Crisis Group. Die Eu-         Taschen entzückt sind, aber nicht von dessen guten Absich-
rasische Wirtschaftsunion gilt vielen Kritikern immer noch        ten überzeugt“, wie es Robert Daly, Leiter des Kissinger Ins-
als russisch dominiertes Projekt mit dem Ziel, seine Vor-         titute on China and the United States formuliert. Sowohl im
machtstellung in der Region zu sichern. Schließlich stellt Mos-   Kreml als auch in Peking dürfte trotz divergierender Interes-
kau einen Großteil der Beamten der EAWU-Institutionen,            sen die Erkenntnis weit verbreitet sein, dass die RBI „im All-
zahlt am meisten für das Projekt und macht den mit Abstand        gemeinen eine weltweite Chance bietet, zu einem qualitativ
größten Anteil am Handel zwischen den fünf ungleichen Part-       neuen Güterverkehr zu gelangen“, so Moltschanow. „Die ein-
nern aus. Und auch über die EAWU hinaus ist Russland ein          zige Voraussetzung für den Erfolg dieses Programms ist ein
wichtiger Akteur in Zentralasien und für die meisten Staaten      nüchterner Transitansatz.“
dort der wichtigste Handelspartner.
    Anders als Chinas Seidenstraßen-Initiative sehen Kritiker                            Elena Matschilski und Patrick Bessler
die EAWU in erster Linie als exklusive Gruppe: Handelsbarri-
eren zwischen Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und
Armenien sollen abgebaut werden, währenddessen der Wirt-
schaftsraum nach außen abgeschottet werde, schreibt die Cri-
sis Group. Allerdings bemüht sich die EAWU zunehmend um
bilaterale Freihandelsabkommen mit einer ganzen Reihe von
Drittstaaten oder -regionen wie Vietnam, den ASEAN-Län-
dern, dem Iran – oder eben auch China. Gleichsam sind all
diese Abkommen bislang recht oberflächlich geblieben.
    Andere Staaten in der Region haben sich mehrfach gegen
eine Mitgliedschaft in der EAWU ausgesprochen – und setzen
hingegen stark auf Chinas BRI. Dazu gehört Usbekistan, das
seit dem Wechsel an der Machtspitze im vergangenen Jahr so
etwas wie der aufgehende Stern Zentralasiens ist. In der jün-
geren Vergangenheit berichteten Medien vereinzelt, dass es in
Taschkent ein Umdenken gebe, was die EAWU anbetrifft. Ein-

                                                                  BRI stellt auch eine
schätzungen von Insidern diesem Magazin gegenüber konn-
ten dies bislang nicht bestätigen. Ein Grund: Anders als im
Fall der EAWU sind chinesische Investitionen in der Regel
nicht an supranationale Institutionen gebunden. Allerdings
gibt es auch chinesische Investitionen selten ohne zusätzli-
                                                                  potenzielle Gefahr für
che Bedingungen.
    Chinas Vorstöße nach Zentralasien und andere ehemalige        die Vormachtstellung
                                                                  Russlands im GUS-
Sowjetstaaten sind jedenfalls nicht von der Hand zu weisen.
In Kasachstan sowie anderen zentralasiatischen Ländern wie
Turkmenistan und Tadschikistan ist China als Kapitalgeber
schon heute ein großer Player.
    Gegen eine Freihandelszone mit Zentralasien, an der Chi-
                                                                  Raum dar.
na interessiert ist, hat sich Russland bislang gewehrt. Mos-
kau fürchtet, dass eine solche zwischen den Mitgliedern der
Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, bestehend aus
China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan, Tad-
schikistan, Indien und Pakistan, Peking, dem strategischen
Partner in Ostasien, zu viel wirtschaftlichen Einfluss geben
würde und billige Waren aus China Russlands Lokalisierungs-
politik untergraben könnten. Mit dieser Einschätzung steht
Moskau nicht alleine dar. Bis 2050 könnte Peking Zentralasien
„vollständig dominieren und Russland wegstoßen – wenigs-
tens was die wirtschaftliche Zusammenarbeit betrifft“, warnt
beispielsweise der kasachische Politologe Dosym Satpaev.
    Die derzeit guten Beziehungen zwischen Xi und Putin und
das gerade abgeschlossene Freihandelsabkommen sprechen
allerdings eine andere Sprache. Die Interessenlage zwischen
Moskau und Peking bleibt zwar vielschichtig. Doch die Frage
„der Teilnahme oder Nichtteilnahme (an der BRI, Anm.) stellt
sich für niemanden“, meint Wladimir Moltschanow von AS-

                                                                                                     5/6 2018 ChinaContact / 17
Entspannung in                                  Die Südroute des Landwegs von China nach Europa führt un-
                                                weigerlich durch Kasachstan. Aber auch Kirgisistan, Tad-

Zentralasien
                                                schikistan, Usbekistan und Turkmenistan spielen eine Rolle
                                                im Ausbau der Neuen Seidenstraße. Laut der kasachischen
                                                Regierung hat man sich mit China auf 51 Projekte im eigenen
                                                Land mit chinesischer Beteiligung im Wert von rund 27 Mil-
                                                liarden US-Dollar geeinigt. Sie decken die Bereiche Energie,
                                                Bergbau, Infrastruktur und andere Sektoren ab. Der Zeitraum
                                                erstreckt sich von 2016 bis 2022. Kasachstan selbst trägt eige-
                                                nen Angaben zufolge rund fünf Milliarden Dollar bei. Beide
                                                Regierungen wollen die Belt and Road Initiative (BRI) ge-
                                                meinsam umsetzen. Präsident Xi Jinping hatte im Sommer
                                                des vergangenen Jahres in Kasachstan erklärt, dass Chinas
                                                dortige Investitionen in Höhe von bis dahin knapp 43 Milli-
                                                arden US-Dollar zeigten, wie real wie BRI bereits sei.
                                                    Zwar gibt es viele kritische Beobachter, wie Kassymkhan
                                                Kapparov, Leiter des Bureau for Economic Research in Alm-
                                                aty, die dem widersprechen. Gegenüber der japanischen Wirt-
                                                schaftszeitung Nikkei sagte er, bislang gebe es noch keine
Zentralasien ist das Herz der historischen      spürbaren Auswirkungen der BRI auf Kasachstan zu berich-
Seidenstraße und spielt auch für ihre Neu-      ten. Vorerst bleibe es größtenteils bei Plänen und Absichtser-
auflage eine wichtige Rolle. Lange herrsch-     klärungen. Viele der als Teil der BRI deklarierten Projekte in
ten Spannungen zwischen den Ländern.            Kasachstan seien deutlich älter als die ersten Seidenstra-
                                                ßen-Pläne.
Nach einem Regierungswechsel in Usbe-               Dennoch sind positive Auswirkungen chinesischer Inves-
kistan hat sich die Situation verbessert. Das   titionen in Kasachstan nicht von der Hand zu weisen. Der bis-
ebnet den Weg für weitere BRI-Projekte.         herige Ausbau der transkasachischen Verkehrsinfrastruktur

                                                Soziale Infrastruktur folgt Verkehrsinfrastruktur: Bei Khorgos entsteht
                                                eine ganz neue Stadt mitsamt Einkaufszentren, Schulen etc.

                                                                                                                          Foto: khorgos.kz

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Auf der Schiene durch den Wilden Osten

hat dem Land immerhin einen deutlich höheren Rang im Lo-          Vorjahr. Ein neuer Grenzübergang soll bei Khorgos dafür sor-
gistics Performance Index der Weltbank beschert. Hier stieg       gen, dass innerhalb von 24 Stunden 2.200 Lkw und 300 Pkw
Kasachstan auf Platz 40 von 77 im Vorjahr.                        abgewickelt werden können. Voll ausgebaut und ausgelastet
                                                                  soll der Trockenhafen von Khorgos eine Kapazität von 500.000
Vorzeigeprojekt Khorgos                                           Standardcontainern (TEU) haben. Derzeit rollen dort rund
Kasachstans BRI-Vorzeigeprojekt ist und bleibt das bereits        100.000 TEU pro Jahr durch.
2014 eingeweihte Bahn-Terminal an der chinesisch-kasachi-
schen Grenze, Khorgos. Im Mai 2017 haben die chinesische          China könnte Südroute präferieren
COSCO Shipping Corporation und die Jiangsu Lianyungang            Kasachstan benötigt dringend Investitionen, Technologie und
Port Co. gemeinsam 49 Prozent der Anteile an dem Trocken-         Know-how aus dem Ausland. Da sind Chinas Ambitionen
hafen übernommen. Züge fahren von dort aus gen Norden             und Gelder willkommen. Der östliche Nachbar ist ohnehin
über Kurgan nach Russland, gen Süden nach Taschkent oder          bereits einer der wichtigsten Handelspartner. Allein ein Vier-
gen Westen nach Aktau oder Samara und von dort weiter in          tel des kasachischen Öls geht ins Reich der Mitte.
die EU oder auf einen Nord-Süd-Korridor zwischen Moskau               Allerdings laufen auch einige Züge auf der BRI im eigenen
und Bandar Abbas. Südlich von Aktau verbindet seit 2016 ei-       Land an den Kasachen vorbei. Zwischen Khorgos und dem
ne neue Eisenbahnstrecke Kasachstan, Turkmenistan und             kaspischen Meer gibt es keine Möglichkeiten, den Zug anzu-
Iran. Von Aktau aus geht es zudem mit der Fähre nach Baku,        halten und Container mitzugeben. Das stört die Kasachen. Sie
durch Aserbaidschan Richtung Georgien oder Istanbul und           würden sich mit Sicherheit wünschen, an diese attraktive Zug-
dann über Bulgarien nach Europa.                                  verbindung angeschlossen zu werden, um dann auch von den
   In Khorgos ist der chinesische Einfluss nicht zu übersehen.    chinesischen Subventionen zu profitieren. Das Land profitiert
Die meisten der Restaurants und Geschäfte werden von Chi-         so zwar von den Investitionen in neue Infrastruktur. Der lo-
nesen betrieben. Der größte Teil des Verkehrs kommt aus dem       kale Markt aber hat von den Verbesserungen durch neue und
Osten. Auf der chinesischen Seite entsteht eine neue Stadt mit    schnellere Angebote bisher nichts.
rund 100.000 Einwohnern. Durch den nahegelegenen Bahn-                Doch immerhin spricht einiges dafür, dass China die Süd-
hof von Altynkol fahren im Schnitt fünf Güterzüge pro Tag.        route, die nicht durch Russland in die EU führt, in Zukunft
Rund 40.000 Container sind dort in den ersten zehn Mona-          weiter präferieren könnte. Schließlich spielt bei ihr auch der
ten des vergangenen Jahrs angelandet, doppelt so viel wie im      griechische Hafen Piräus eine Rolle, an dem die chinesische

  SNB_Anz_China-Contact_174x125_Satzspiegel_final_240417.indd 1                                                24.04.2017 13:07:17

                                                                                                     5/6 2018 ChinaContact / 19
staatlich geführte Reederei Cosco 2016 für 280,5 Millionen   Xiaoping Usbekistans bezeichnet. Im ersten Jahr seiner Amts-
Euro mit 51 Prozent die Mehrheit der Anteile übernommen         zeit unterstrich er seinen Willen zur Kooperation, indem er
hat. Allerdings wird die Route durch zwei Verschiffungen über   viermal Kasachstan, dreimal Turkmenistan, zweimal Russland
das Kaspische Meer und das Schwarze Meer unterbrochen.          sowie zudem China, Kirgisistan, Saudi-Arabien und die Tür-
Das bedeutet einen höheren Zeitaufwand gegenüber der            kei besuchte (sowie die USA). Einen vormaligen Streit mit
Nord-Route.                                                     Kirgisistan und Tadschikistan um den Bau eines Dammes leg-
                                                                te er bei. Sein Amtsvorgänger hatte aus diesem Anlass den
Entspannungspolitik in Zentralasien                             Nachbarn gar mit Krieg gedroht. Karimov hatte auch wieder-
Aber auch in anderen zentralasiatischen Ländern mischt Chi-     holt den Nachschub mit Erz für die Tajik Aluminium Com-
na beim Ausbau heimischer Verkehrsinfrastruktur kräftig mit.    pany blockiert, von denen Tadschikistans größtes und wich-
In Usbekistan eröffneten Präsident Xi und der damalige us-      tigstes Unternehmen abhängig ist. Er hatte seine Nachbarn
bekische Präsident Karimov beispielsweise im Juni 2016 eine     von Gaslieferungen abgeschnitten, Grenzposten geschlossen
neue Verbindung zwischen der Hauptstadt Taschkent und           und Flüge gestrichen.
Ferghana im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar. Die China           Nun hat sich die Situation so weit verbessert, dass Kasach-
Railway Tunnel Group hatte dafür den rund 19 Kilometer lan-     stan das Jahr 2018 zum Jahr Usbekistans ausgerufen hat. Tad-
gen Qamchiq Tunnel gebaut. Neben der chinesischen Exim-         schikistans Präsident Emomali hat einen Anstieg des bilate-
Bank, die 350 Millionen US-Dollar beisteuerte, war auch die     ralen Handels mit Usbekistan auf eine Milliarde US-Dollar
Weltbank mit 195 Millionen Dollar an Bord.                      angekündigt – eine Verachtfachung gegenüber dem aktuellen
   Doch die Belt and Road Initiative lebt von der grenzüber-    Handelsvolumen. Und im März trafen sich immerhin vier
schreitenden Verknüpfung der Verkehre. Und der standen in       Staatsoberhäupter der fünf zentralasiatischen Länder auf dem
Zentralasien lange Zeit die angespannten Beziehungen unter      ersten regionalen Gipfel seit rund einer Dekade.
den Ländern der Region im Wege. Das ändert sich nun, nicht
zuletzt dank der Öffnung Usbekistans. Der Ende 2016 verstor-    Mehr grenzüberschreitender
bene Präsident Islam Karimov hatte massiv zu der dicken Luft    Zugverkehr möglich
in Zentralasien beigetragen. Sein Nachvolger Shavkat Mir-       China dürfte von den verbesserten Beziehungen unmittelbar
ziyoyev fährt hingegen eine gänzlich andere Politik und wird    dadurch profitieren, dass grenzüberschreitende Projekte nun
mit seinem Modernisierungskurs ab und an gar als der Deng       einfacher umzusetzen sein werden. Dazu gehört eine geplan-
                                                                te Eisenbahnverbindung zwischen China, Kirgisistan und Us-
                                                                bekistan. Diese ist seit fast zwanzig Jahren im Gespräch. An-
                                                                fang des Jahrtausends bestand bereits ein Entwicklungsplan,
Kasachstan profitiert                                           der unter anderem den Bau von 95 Brücken und 48 Tunneln
                                                                vorsah. Bislang scheiterte ein Vorankommen an den ange-

zwar von den                                                    spannten Beziehungen zwischen Usbekistan und Kirgisistan
                                                                und an Uneinigkeit über den genauen Verlauf der Route. Kir-
                                                                gisistan hatte versucht, China davon zu überzeugen, eine
Investitionen in neue                                           Nord-Süd-Route im Land zu entwickeln. Grenzübergänge
                                                                zwischen Kirgisistan und Usbekistan sowie Tadschikistan und
Infrastruktur. Der                                              Usbekistan hatten ein Problem dargestellt.
                                                                    Nun scheint das Projekt auf einem guten Weg zu sein. Die

lokale Markt hat von                                            drei Länder hatten sich Ende des vergangenen Jahres auf ei-
                                                                nen gemeinsamen Ausbau der grenzüberschreitenden Schie-
                                                                nenverbindungen im Wert von bis zu fünf Milliarden US-Dol-
den Verbesserungen                                              lar geeinigt, wie die Times of Central Asia berichtete. Kirgi-
                                                                sistan befinde sich dem Bericht nach bereits in Preisabsprachen
durch neue und sch-                                             mit der usbekischen Bahn, um den Verkehr durch das eigene
                                                                Land attraktiver zu machen. Usbekistan sei bereit, kirgisische

nellere Angebote bish-                                          Lokomotiven und Züge zu warten. Gerade für die Länder am
                                                                Persischen Golf soll so die Verbindung nach China deutlich
                                                                schneller werden.
er aber nichts.                                                     Gleichzeitig wird die Straßenverbindung zwischen den drei
                                                                Ländern ausgebaut: Ein neuer Highway erstreckt sich insge-
                                                                samt über 950 Kilometer von Kashgar im Nordwesten der au-
                                                                tonomen chinesischen Provinz Xinjiang über Osh in Südkir-
                                                                gisistan bis in die usbekische Hauptstadt Taschkent. Ende Fe-
                                                                bruar wurde er mit der Fahrt eines Konvois aus sieben Lkw
                                                                offiziell eröffnet. Die Dauer für Transporte zwischen beiden
                                                                Endpunkten soll damit von acht auf zwei Tage reduziert wer-
                                                                den. Laut der usbekischen Regierung sollen dadurch in der
                                                                Region über eine Million Jobs entstehen. Der Highway soll
                                                                weiter ausgebaut werden, bis in die tadschikische Hauptstadt

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