Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
X/13 2/18 Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen Digitalisierung als Chance Defizite in der Nutzung neuer Medien Aktuelle Entwicklungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Fallbeispiele aus Wohlfahrts-, Berufs- und Freizeitverbänden Folgen der EU-Datenschutzverordnung Fallstricke und Erfolgsfaktoren im Softwareeinsatz Weitere Themen: Lokale Energienetzwerke La contribution au bien-être collectif
B’VM Fachgespräche 2018 Was macht Nonprofit- Organisationen erfolgreich? Menschen – Mut – Management Unsere Gespräche mit Führungskräften haben deutlich gemacht, erfolgreiche Nonprofit-Organisationen zeichnen sich aus durch engagierte Menschen, gutes Management und mutiges Agieren. Nicht wirklich überraschend – oder? Erfahren Sie mehr an unseren Fachgesprächen in: Bern, Mittwoch 22. August 2018 ab 16.00 Uhr im Hotel Bellevue Palace Köln, Donnerstag, 20. September 2018 ab 14.00 Uhr im studio dumont Wir freuen uns über Ihre Anmeldung unter www.bvmberatung.net
Editorial Rubrik Editorial Liebe Förderer, liebe Leserinnen und Leser Mit grosser Freude darf ich Ihnen das neue VM kurz mit dieser internen Lösung eine strategisch wichtige vorstellen. Es steht ganz im Zeichen der Digitalisie- und richtige Entscheidung getroffen haben. Ich sehe rung, einem Thema, das an allen Fronten heiss disku- mich als «Kind» des VMI und durfte in den letzten tiert wird. Das zunehmende Interesse führt aber auch vier Jahren in einem menschlich wie fachlich berei- zu einer Fülle von Fragen, beginnend bei der Unklar- chernden Umfeld meine Dissertation verfassen. Das heit des Begriffsverständnisses, über damit verbunde- Institut, seine Funktionslogik sowie seine Mission als ne Chancen und Risiken bis hin zu den Einflüssen auf Scharnier zwischen Wissenschaft und Praxis sind mir Nonprofit-Organisationen und den Dritten Sektor. bestens bekannt. Die Beantwortung dieser letzten Fragestellung bildet Darum setze ich mir auch zum Ziel, unser Weiter- den Fokus dieses Themenheftes. Die diversen Beiträge bildungsangebot zu aktualisieren und die bestehen- diskutieren konzeptionell, empirisch gestützt sowie den und nachgefragten Themen mit neuen Inhalten zu praxisbezogen den Einfluss der Digitalisierung auf ergänzen. Es laufen bereits diverse Studien und For- Nonprofit-Organisationen. Abgerundet wird die Aus- schungsarbeiten zu den Themen Unternehmertum, Lea- gabe mit Artikeln zu Crowd Energy und der neuen dership und Führung sowie Digitalisierung und Innovation EU-Datenschutzverordnung. in NPO, deren Erkenntnisse in die Ausgestaltung von Als neuer Vizedirektor, der unter anderem für die neuen Weiterbildungsformaten einfliessen. Weiterentwicklung unserer Weiterbildung zuständig Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe und ist, sehe ich zwischen dem Hauptthema dieser VM- möchte es nicht missen, Hans Lichtsteiner für seine Ausgabe und der Übergangsphase am VMI viele Paral- hervorragende Arbeit der letzten zwölf Jahre zu dan- lelen. Meiner Meinung nach, und das zeigen auch die ken und ihm für seine berufliche sowie private Zu- Erkenntnisse der Beiträge, werden viele Einflüsse der kunft alles nur erdenklich Gute zu wünschen. Digitalisierung vorerst ergänzende statt ersetzende Wirkung erzielen. Dies lässt sich beispielsweise in der Mit den besten Grüssen Kommunikation erkennen: Soziale Medien werden nebst den klassischen Kanälen ergänzend eingesetzt. So ist auch die Übergangsphase am VMI zu ver- stehen: Hans Lichtsteiner wird dem VMI weiterhin beratend zu Verfügung stehen und zudem diverse Lehrgänge in unserer Weiterbildung leiten. Parallel statt sequenziell. Übergang statt Um- Dr. Philipp Erpf bruch. Ergänzend statt ersetzend. Und weiter: intern Vizedirektor, Institut für Verbands-, Stiftungs- und statt extern. Wir vom VMI sind überzeugt, dass wir Genossenschaftsmanagement (VMI) Verbands-Management 2/2018 1/2016 3
Rubrik Inhalt Philipp Erpf und Nathalie C. Maring Christian Horak und Josef Baumüller Digitalisierung als Chance Digitalisierung in grossen NPO – für Nonprofit-Organisationen Befunde aus der Praxis Der Beitrag schlägt Nonprofit-Organisationen vor, Die zunehmende Digitalisierung ist zu einem zentra- die Digitalisierung als Chance zu betrachten. Viele Ei- len Thema geworden. Der gegenwärtige Wandel, auch genheiten und Charakteristika von Organisationen als «digitale Revolution» bezeichnet, verändert das des Dritten Sektors sind wie geschaffen, um auf die Umfeld, in dem Unternehmen tätig sind, mitunter ra- entstehenden Veränderungen zu reagieren und diese dikal – und stellt an deren Management und Steue- im Sinne des Sachziels sowie der Mission zu nutzen. rung neue Anforderungen. 6 14 Michael Vilain und Susanne Kirchhoff-Kestel Nathalie C. Maring und Hans Lichtsteiner Digitale Herausforderungen Schweizer NPO nutzen Chancen in der Freien Wohlfahrtspflege digitaler Medien zu wenig Der Beitrag untersucht die Auswirkungen der Digitali- Die Digitalisierung hat unsere Möglichkeiten zu kom- sierung auf die Organisationen der Wohlfahrtspflege. munizieren und sich zu informieren massiv erweitert. Dabei werden Veränderungen bei den Zielgruppen So können wir neu jederzeit, überall und auf unter- (vulnerable Gruppen) und bei den Angebotsstruktu- schiedlichsten Kanälen an Informationen gelangen. ren betrachtet sowie Herausforderungen an die Orga- Dabei wird die Mediennutzung immer heterogener, nisationen herausgearbeitet. der Wettbewerb um Aufmerksamkeit verschärft sich. 20 31 Martina Schmid Nina Hänsli «Die Digitalisierung macht auch vor Veränderte Erwartungen an Berufs- der Pfadi keinen Halt» verbände Obwohl die Pfadi den Anspruch hat, ihren Kindern Die grössten Treiber der heutigen Transformationen und Jugendlichen einen Rahmen zu bieten, in dem sie sind die gleichen wie bei der Arbeitswelt 4.0 – Globa- sich draussen in der Natur frei von sozialen Medien lisierung, Digitalisierung, Automatisierung, Gig-Eco- entfalten können, stellen diese mittlerweile ein unver- nomy und Generationenwandel. Für Berufsverbände zichtbares Medium zur Kommunikation mit den Mit- ist es wichtig, mit diesen Treibern umzugehen. gliedern und der Vermarktung der Aktivitäten dar. 40 44 Ueli Grüter Thomas Zurkinden und Nadja Blanchard Folgen der EU-Datenschutzverord- Fallstricke und Erfolgsfaktoren nung für Verbände im Softwareeinsatz Seit Ende Mai dieses Jahres wendet die Europäische In unserer Beratungspraxis begegnen wir beim Kun- Union (EU) ein neues, bedeutend strengeres Daten- den auch häufig Fragen zu IT-Projekten und zur Digita- schutzrecht an, die Europäische Datenschutz-Grund- lisierung. Obwohl, oder vielleicht gerade weil wir kein verordnung (DSGVO). Der Beitrag diskutiert einige «IT-Dienstleister» sind, werden die damit verbundenen Handlungsempfehlungen für NPO und Verbände. Problemstellungen oft und gerne mit uns diskutiert. 50 54 4 Verbands-Management 2/2018
Rubrik Inhalt Yves Hertig und Nadine Artaz Nicolas Gachet Lokale Energienetzwerke La contribution au bien-être collectif und das Vertrauensproblem Les entreprises du tiers-secteur se distinguent, a prio- Haushalte, welche sich zu einem gewissen Grad selbst ri, des entreprises à but purement de lucre par des mit Energie versorgen, sind keine Seltenheit mehr. Es « bénéfices » s’exprimant autrement que sous forme ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich zu einem Ver- monétaire. Mais « mesurer » cette contribution au bund zusammenschliessen und sich gegenseitig mit bien-être collectif reste à ce jour un défi de taille, aucu- Energie versorgen. ne unité de mesure ne permettant de comparer. 61 68 Impressum Redaktion: Luisa Wagenhöfer (redaktion@vmi.ch) Layout: Luisa Wagenhöfer Paulusdruckerei Freiburg/CH Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) Universität Freiburg/CH Fotomaterial: Thema «Digitalisierung»: iStockphoto.com Adresse: Verbandsmanagement Institut, Bd de Pérolles 90, CH-1700 Freiburg Tel. +41 (0)26 300 84 00 Fax +41 (0)26 300 97 55 Internet: www.vmi.ch, info@vmi.ch Jahrgang: 44. Jahrgang ISBN: 3-909437-52-4 ISSN: 1424-9189 Buchbesprechung 72 Das VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, Vorträge, Publikationen und Neuigkeiten 73 August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ab- Agenda 78 schnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Verbands-Management 2/2018 5
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Forschungsbeitrag Digitalisierung als Chance für Nonprofit-Organisationen Philipp Erpf und Nathalie C. Maring Der folgende Beitrag schlägt Nonprofit-Organisat- (Prosumer) und damit verbunden besseres Ver- ionen vor, die Digitalisierung als Chance zu be- ständnis der Kundenbedürfnisse trachten. Viele Eigenheiten und Charakteristika von • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Aktivi- Organisationen des Dritten Sektors sind wie ge- tätsfeld (Markt) schaffen, um auf die entstehenden Veränderungen Ebene 3: Organisationale Veränderungen zu reagieren und diese im Sinne des Sachziels sowie (Makroebene) der Mission zu nutzen. Typische Eigenschaften • Erschliessung neuer Geschäftsbereiche durch Über- von Nonprofit-Organisationen werden nach dem windung von örtlichen und zeitlichen Barrieren Freiburger Management-Modell beschrieben, um • Disruptive Technologien führen zu neuen, inno- anschliessend zu diskutieren, welche Chancen die vativen Geschäftsmodellen Digitalisierung für diese bietet. Es stellt sich nun die Frage: Welchen Einfluss haben diese Digitalisierung ist als vieldiskutierter Begriff in aller Veränderungen auf Nonprofit-Organisationen (in der Fol- Munde. Es erstaunt daher wenig, dass die Verständnis- ge durch NPO abgekürzt)? Um eine Antwort darauf zu vielfalt gross und heterogen erscheint. Um diesem Bei- finden, werden erst typische Eigenheiten und Charak- trag Stringenz zu verleihen, wird an dieser Stelle eine teristika von NPO nach dem Freiburger Management- fassbare Arbeitsdefinition des Begriffs eingeführt. Unter Modell für Nonprofit-Organisationen² beschrieben Digitalisierung wird die Flexibilisierung und Individua- und anschliessend reflektiert, welchen Einfluss die Di- lisierung von Instrumenten, Prozessen und Kommuni- gitalisierung auf diese ausüben kann. Die nachfolgen- kationsformen verstanden.¹ Sie führt zu zahlreichen po- den Überlegungen sind als konzeptueller Beitrag zu sitiven Veränderungen, die in drei Ebenen unterteilt verstehen und sollen zum Nachdenken anregen. Die werden können. Die nachfolgende, auffächernde und Tabelle der übernächsten Seite fasst die wichtigsten nicht abschliessende Liste zeigt diese auf: Punkte zusammen. Ebene 1: Organisationsinterne Veränderungen (Mikroebene) Handhabung der vielfältigen • Höhere interne Effizienz in den Prozessabläufen Austauschbeziehungen • Innerorganisatorische Flexibilität; Flexibilisie- NPO sind umfeldabhängige Systeme und stehen mit rung in der Herstellung von Produkten und Er- einer Vielzahl von Akteuren in einem Verhältnis. Da- bringung von Dienstleistungen bei bildet die Gesellschaft mit ihren Teilsystemen wie • Vereinfachte innerorganisatorische Kommunika- Wirtschaft, Politik oder Soziokultur den Kontext, in tion durch Vernetzung (Konnektivität) welchem eine NPO agiert. Diese wirtschaftlichen, po- • Vereinfachter Zugang zu Ressourcen durch Auf- litischen, rechtlichen und sozialkulturellen Umwelt- lösung von Distanzrestriktionen faktoren wirken sich auf die Ausgestaltung der zu be- Ebene 2: Veränderungen im Austausch mit dem achtenden Werte und Normen aus und setzen die Organisationsumfeld (Mesoebene) Rahmenbedingungen für das Handeln im Dritten Sek- • Transparenz für die Stakeholder in Echtzeit tor. Ein solches Beispiel für rechtliche Rahmenbedin- • Vernetzung und Dialog mit den Stakeholdern gungen ist die neue EU-Datenschutz-Grundverord- • Höhere Kundenbindung durch Personalisierung nung, die am 25. Mai 2018 in Kraft trat. Sie zielt • Einbezug der Kunden in die Herstellung der Güter im Kern darauf ab, dass Leistungserbringer ihren 6 Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Abnehmern mitteilen müssen, welche Daten sie erhe- dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen zu den ben, warum sie das tun und wie lange die Informatio- Ressourcenlieferanten, also der Mittelbeschaffung. In- nen gespeichert werden. Dies hat einen erheblichen nerbetrieblich geht es darum, die Leistungsbereit- Einfluss auf NPO, da sie mit einer Vielzahl von Akteu- schaft zu sichern und die vorhandenen Ressourcen zu ren in Verhältnissen stehen, die im Zug der Verord- verwalten, entwickeln und pflegen. Erst danach, bei nungseinführung mehr Transparenz verlangen. Das der Erbringung der Dienstleistung, wird über die Überwinden dieser Hürde kann eine Organisation Qualität geurteilt. Zum einen, weil Dienstleistungen dazu motivieren, sich mit der Einführung einer digita- immateriell sind, zum anderen, weil sie integrativen len Datenbank zu befassen. Diese kann klassisch (z. B. Charakter aufweisen. Immaterialität bedeutet, dass in Microsoft Access) oder in einem strukturierten Da- die Dienstleistungen physisch weder greif- noch sicht- tenspeicherformat aufgebaut sein (z. B. als NoSQL)³. bar sind. Des Weiteren können sie nicht im Voraus Das nicht zuletzt, um grosse und komplexe Daten- oder auf Vorrat produziert werden. Integrativität be- mengen handhaben zu können (Stichwort Big Data). deutet, dass die Dienstleistungsnehmer am Prozess Das Charakteristikum der vielfältigen Austauschbe- der Leistungserbringung beteiligt sind. Als Mitwir- ziehungen spielt gerade auch im Hinblick auf das kende werden die Leistungsbezüger deshalb zu Mit- Sachziel eine zentrale Rolle. Denn um letzteres zu ver- produzierenden. Dieser integrative Austausch kann folgen und zu erreichen sind NPO von einer ausrei- durch neue, partizipative Kommunikations- und Aus- chenden Menge an Ressourcen abhängig. Diese sind tauschformen verbessert werden. So wäre etwa denk- heterogen und es herrscht eine Konkurrenzsituation bar, dass Klienten die NPO via App über ihre indivi- betreffend Gewinnung von Mitgliedern, Ehrenamtli- duellen Bedürfnisse informieren und die Leistungs- chen, Freiwilligen und Spendengeldern. Im Zuge der erstellung dadurch personalisieren. Im Nachgang Digitalisierung sind die Möglichkeiten der Vernet- können sie die Qualität über ebendiese App beurteilen zung und des Dialogs mit den Akteuren sowie die und so dazu beitragen, die Prozessabläufe zu optimie- Ressourcengewinnung vielfältiger geworden. ren. Am konkreten Beispiel aufgezeigt, kann beispiels- weise eine pflegebedürftige Person dem Dienstleis- Effizienzsteigerung in der Sachzieler- tungsanbieter (z. B. der Spitex) im Vorfeld mitteilen, reichung welche konkrete Ausgestaltung sie sich für die Dienst- NPO nehmen spezifische Ziele der Bedarfsdeckung, leistungseinheit an besagtem Tag wünscht: möchte sie Förderung, Interessenvertretung oder Beeinflussung eine Hilfeleistung beim Einkauf und im Haushalt oder für ihre Mitglieder sowie Dritte wahr. Ihre Legitimität aber körperliche Pflege empfangen. Diese Möglichkeit findet sich daher im sogenannten Sachziel. Dieses der Anpassung von Dienstleistungen auf die situati- kann bedarfswirtschaftlicher, karitativer, diakoni- ven Bedürfnisse der Kunden steigert letztendlich scher, humanitärer oder weltanschaulicher Natur sein. ebenfalls die Effektivität. Da NPO oftmals über limitierte Ressourcen verfügen, sind sie dem Gebot unterworfen, mit den verfügbaren Neue Wege in der Erstellung Mitteln eine möglichst grosse Wirkung zu erzielen (Ef- von Kollektivgütern fektivität) resp. ein gewolltes Ergebnis mit den ge- Im digitalen Raum – präziser im Web 2.0 – löst sich die ringstmöglichen Mitteln zu realisieren (Effizienz). Ins- klassische Trennung zwischen Sender und Empfänger besondere in Bezug auf die Effizienz bietet die resp. Anbieter und Nachfrager zunehmend auf – Digitalisierung ein erhebliches Potenzial für NPO. Stichwort Prosumer. Durch die Möglichkeit des Ein- Eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH bezugs von interessierten Dritten in die Ausgestaltung Zürich zeigt auf, dass sich Firmen über alle Industrien und Umsetzung von Projekten des Dritten Sektors, und Grössenklassen hinweg durch die Digitalisierung wie sie die Digitalisierung ermöglicht, lässt sich diese vor allem eines erhoffen: Erhöhung der innerbetriebli- Verbindung auch bei Individualgütern und insbeson- chen Effizienz.⁴ Diese Form der Effizienz ist in NPO dere Kollektivgütern feststellen. Bei Letzteren wird vielschichtig, da überwiegend Dienstleistungen ange- eine Wirkung für ganze Bevölkerungsgruppen erzielt boten werden. Der Erstellungsprozess beginnt mit und oftmals handelt es sich dabei um Interessenver- Verbands-Management 2/2018 7
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO NPO-Spezifika und Chancen durch Digitalisierung -Charakteristiken Vielfältige Aus- Vielfältigere Möglichkeiten, um auf Veränderungen der Umweltfaktoren zu reagieren tauschbeziehungen (z. B. Digitale Datenbanken) Mehr Möglichkeiten der Vernetzung und des Dialogs mit den Akteuren Sachzielerreichung Innerorganisatorische Steigerung der Effizienz (und Effektivität) bei der Sachzielerreichung Als Mitwirkende werden die Leistungsbezüger zu Mitproduzierenden bei der Dienstleis- tungserbringung Kommunikation der situativen Kundenbedürfnisse steigert Dienstleistungsqualität Anschliessendes Feedback führt zu Prozessoptimierungen Erstellung von Prosumer: Dank Digitalisierung können NPO ihre «Nutzer» in die Erstellung von Kollektiv- Kollektivgütern gütern einbeziehen, z. B. via Meldeportale Kampagnenplattformen im Web eröffnen neue Wege der Interessenvertretung und Beein- flussung Digitalisierung kann auch Individualleistungen neu generieren (z. B. App Be My Eyes) resp. modifizieren (E-Learning) Mitgliedschaftliche Möglichkeit, ein breiteres und geografisch disperses Publikum zu erreichen Struktur Stärkere Bindung an die Organisation dank regem Online-Dialog Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit erhöhen die Legitimation von Entscheidungen Online-Partizipationsinstrumente ermöglichen die Beteiligung über zeitliche und örtliche Restriktionen hinweg, was basisdemokratisches Moment steigert Freiwillige Helfer Freiwillige über den lokalen Rahmen hinaus für seine Mission/Ziele gewinnen Webbasierte Betreuung und Schulung wirkt effektiv und effizient (Skaleneffekte) Geografische und zeitliche Loslösung des freiwilligen Engagements (E-Volunteering) Freiwillige werden von Mithelfern zu Mitgestaltern Komplexer Erleichterung des Zugangs zu Ressourcen (z. B. Online-Fundraising) Finanzierungsmix Digitale Kanäle können zur Intensivierung der Fundraising- und Crowdsourcing-Einnahmen genutzt werden Neue Geschäftsmodelle: Wandel vom Erbringer zum Vermittler von Dienstleistungen Tabelle: Digitalisierung als Chance für Nonprofit-Organisationen tretung, Beeinflussungs- oder Förderleistungen. Die geln. Mittels Fotos lässt sich zudem der Schweregrad Digitalisierung wirkt bei der Erstellung solcher Leis- und somit der zur Behebung nötige Arbeitsaufwand tungen unterstützend, beispielsweise in Form von einschätzen. Zusammen mit den Koordinaten der be- Meldeportalen wie fixmystreet.com oder zueriwieneu.ch. treffenden Wegstelle tragen diese Informationen letzt- Hier können Bürgerinnen und Bürger Probleme sowie lich zur Vereinfachung der Prozessabläufe bei. Kollek- Schäden, auf die sie in ihrer Stadt stossen, den Verant- tivleistungen bieten sich für ein solches Engagement wortlichen direkt mitteilen.5 von betroffenen Dritten besonders an, da das Ergebnis Entsprechende Beispiele finden sich ebenfalls im nicht nur zahlenden Personen zugutekommt, sondern Dritten Sektor, wie die Organisation Schweizer Wan- ganzen Teilen der Gesellschaft. Dieses Gefühl, an et- derwege zeigt. Auf ihrer Website können Wanderer was Grösserem teilzuhaben, kann sinnstiftend wirken; Schäden an der Beschilderung, ein unbegehbares haben Menschen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, Wegstück sowie andere Vorfälle auf dem Wanderweg- motiviert sie das zu konkreten Handlungen. netz melden und mit Fotos dokumentieren.⁶ Auf diese Digitale Medien bieten darüber hinaus auch für Weise erfährt der Verband dank den Nutzern des be- Interessenvertretung und Beeinflussungsleistungen sagten Kollektivguts zeitnah von bestehenden Män- neue Möglichkeiten. So sind hierfür beispielsweise 8 Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO E-Mail-Kampagnen zur Verbreitung von Argumenten den Rezipientenkreis potenziell erweitert. Durch den denkbar oder auch Aktionen auf Kampagnenplattfor- viralen Effekt von Web-Anwendungen, z. B. wenn Fa- men. Letztere bieten u. a. die Möglichkeit, Unterschrif- cebook-Nutzer Beiträge einer NPO teilen oder kommen- tensammlungen für Initiativen oder Petitionen durch- tieren und so in ihrem eigenen Netzwerk weiteren zuführen. Auf einigen Plattformen lassen sich auch Empfängern verfügbar machen, wird die Verbreitung Protestaktionen lancieren, auf anderen Boykotte koor- von organisationalen Inhalten zudem vereinfacht. Auf dinieren.⁷ Twitter kann in diesem Kontext als Informa- diese Weise stossen Nutzerinnen und Nutzer auf eine tionsquelle und Instrument des Issue Monitorings die- neue Organisation in ihrem Interessenbereich, die sie nen, über das NPO gesellschaftliche Fragen sowie für zuvor nicht kannten. Dieser Berührungspunkt kann zu sie besonders relevante Themen beobachten und dar- weiteren On- oder Offline-Aktivitäten und letztlich zur aus ein (wenn auch nicht sakrosanktes) Stimmungsbild Mitgliedschaft führen. Eine Hürde bildet hier aller- ableiten können.⁸ Ein Beispiel dafür, wie dank der Di- dings die grosse Zahl digitaler Kommunikatoren im gitalisierung neue Individualleistungen generiert wer- Web, die zu einer Informationsflut und der Konkurrenz den, ist die App Be My Eyes. Über einen Videoanruf um Aufmerksamkeit führt. Eine Differenzierung über verbindet sich eine Person mit Sehschwäche, die auf- die publizierten Inhalte sowie eine strategisch überleg- grund letzterer in einer gewissen Situation Rat bedarf, te Wahl der Kanäle ist deshalb unentbehrlich. Ist dieser mit einem sehenden Freiwilligen, der ihr die Umge- Schritt getan, bietet das Social Web auch für die Mitglie- bung mündlich beschreibt.⁹ Auch bei Schulungen ent- derbindung und die Stärkung eines Wir-Gefühls Poten- faltet die Digitalisierung ihr Potenzial: Immer häufiger zial. Einerseits kann die NPO mit ihren Mitgliedern werden Lerninhalte online in Form eines E-Learning über die ausgewählten Plattformen in einen Dialog alternativ oder ergänzend (Blended Learning) zu her- treten. Andererseits bietet das Social Web auch den Or- kömmlichen Schulungsformen angeboten. ganisationsmitgliedern untereinander die Möglichkeit, sich in einer geschlossenen Gruppe mittels Chat- Stärkung der mitgliedschaftlichen Lösung auszutauschen und zu interagieren. Aus der re- Struktur gelmässigen Kommunikation gehen letztlich soziale Die Mitglieder nehmen bei einem Grossteil von NPO Beziehungen hervor.13 Ferner können Mitglieder, wel- eine zentrale Position ein und verfügen über unter- che die Mission ihres Vereins trotz Wegzugs weiterhin schiedliche Rollen. Jedoch haben viele NPO zuneh- unterstützen möchten, dies mit einigen Ausnahmen mend mit einer schwindenden Mitgliederbasis zu auch ohne physische Präsenz tun und dank Social kämpfen, was aus gesellschaftlichen Veränderungen Media in der Gemeinschaft eingebunden bleiben. sowie den sich wandelnden Lebenskonzepten hervor- Die mitgliedschaftliche Struktur steht in engem Zu- geht. Vor allem die zunehmende Mobilität stellt für sie sammenhang mit Entscheidungsfindungsprozessen. eine Herausforderung dar: Arbeitsplatz, Wohnort und Als Träger der NPO stellen die ordentlichen Mitglieder Freizeitgestaltung fallen geografisch immer stärker das oberste Macht- und Entscheidungsgremium dar, auseinander. Ausserdem befeuern häufige Wohnort- das im Rahmen von direkten oder indirekten demokra- wechsel die Individualisierung, was sich wiederum tischen Prozessen die Geschicke der Organisation steu- negativ auf die Bindungsbereitschaft auswirkt.10 ert. Meinungsbildungs- und Entscheidungsverfahren In diesem Umfeld gewinnt das Mitgliedermarke- sind oftmals komplexe, kosten- und zeitintensive Un- ting an Relevanz. Sowohl für die Gewinnung als auch terfangen. Innerhalb der Organisation lassen sich diese für die Bindung von Mitgliedern liefern digitale Kom- anhand digitaler Beteiligungsmöglichkeiten jedoch ver- munikationskanäle, insbesondere Social Media, die einfachen.14 Wikis beispielsweise können dabei wichtige Grundlagen. Im Jahr 2017 nutzten 85,5 % der Schwei- Informationen wie Arbeitsunterlagen oder Protokolle zerinnen und Schweizer regelmässig das Internet11, 4,4 für sämtliche Mitglieder ausweisen. Etherpad oder Millionen waren Anfang 2018 auf sozialen Medien un- Google Docs können als Instrumente der kollaborativen terwegs12. Diese Plattformen bieten eine Chance, sich und parallelen Arbeit an Dokumenten (z. B. Richtlinien mit geringen finanziellen Mitteln einem grösseren und oder Pressemitteilungen) fungieren, wobei verschiede- geografisch dispersen Publikum zu präsentieren, was ne Mitglieder hier ihre jeweilige Expertise in einem Verbands-Management 2/2018 9
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Fachgebiet einbringen. Über Skype oder Mumble lassen diesbezüglich resp. eine Beratung könnte anschlie- sich Diskussionen, unabhängig von örtlichen Ein- ssend über einen auf der Organisations-Website einge- schränkungen, führen. Via spezifischer Mailinglisten bauten Fragebogen oder via Chat-Lösung im direkten (z. B. Listserv), die eine zweiseitige Kommunikation er- Austausch mit einem Organisationsvertreter erfolgen. lauben, haben interessierte Mitglieder die Möglichkeit, Einmal gewonnen, sollten freiwillige Helfer fort- interne Abläufe nachzuvollziehen, Informationen un- während betreut werden. Die NPO muss dabei An- mittelbar zu empfangen und Rückmeldung zu geben. sprechpartner zur Verfügung stellen, welche diese in Mit der Anwendung LiquidFeedback existiert ein weite- verschiedensten Themen anleiten und ihnen Rückmel- res Instrument für Meinungsbildungs- und Entschei- dung geben. Insbesondere bei der Unterstützung und dungsfindungsprozesse, bei dem die eigene Stimme an Schulung erleichtert die Digitalisierung einiges. Die jemand anderes delegiert werden kann, der bei einer NPO kann mittels Bereitstellung von Lehrvideos, Pod- Abstimmung die Vertretung übernimmt.15 In der Lite- cast-Tutorials oder schriftlichen Informationen auf ratur wurden jedoch auch Hürden von LiquidFeedback Wissensplattformen ihre Freiwilligen für die verschie- diskutiert, u. a. hinsichtlich Inklusion, Anonymität oder denen Aufgaben befähigen. Durch die Skalierbarkeit Machtakkumulation.16 Zusammenfassend bieten web- dieser Angebote profitiert die Organisation von Ska- basierte Beteiligungsverfahren die Chance, Transpa- leneffekten, was die anfänglich erhöhten Kosten egali- renz und Nachvollziehbarkeit zu steigern. Und weil siert. Über Kommunikations- und Koordinationsplatt- durch sie potenziell mehr Mitglieder schon früh in den formen im Web können von der Organisation Entscheidungsfindungsprozess involviert sind, stützt festgelegte Aktivitäten zudem kollaborativ gestaltet sich das Ergebnis letztlich auf einer breiteren Zustim- und Einsatzpläne ausgehandelt werden. Anschlie- mung ab.17 Allerdings können Barrieren wie eine man- ssend lässt sich mit regelmässigem Feedback die Moti- gelnde Medienkompetenz im Online-Bereich oder die vation der freiwilligen Helfer steigern, etwa wenn sie individuelle Präferenz von Face-to-Face-Kontakt die eine Rückmeldung zur Wirksamkeit ihres Engage- Nutzung solcher digitaler Beteiligungswege aktuell ments (z. B. Fotos zum Projektfortschritt oder Dankes- noch hindern.18 video auf Social Media) erhalten.20 Auch wenn die meist im lokalen Rahmen etablier- Finden und Binden von mehr te Freiwilligenarbeit abnimmt, suchen die Menschen freiwilligen Helfern dennoch nach Zugehörigkeit. Diese muss aber nicht Im operativen Bereich stellen freiwillige Helfer eine mehr unbedingt in einem institutionalisierten Rahmen wichtige Humanressource dar. Sie werden aus den ei- sein, sondern kann auch in Form informeller Freiwil- genen Reihen oder extern rekrutiert. Dabei betreffen ligkeit geschehen. Vermehrt wünschen sich Individu- dieselben gesellschaftlichen Trends, die auf die Mit- en heute temporäre und unverbindliche Engagements, gliederakquise und -bindung einwirken, ebenfalls das z. B. im Rahmen eines spezifischen Projekts, und wol- Engagement freiwilliger Helfer. Neben der Sinnhaftig- len gleichzeitig mitreden und mitgestalten können. keit sind auch einfache Zugangsmöglichkeiten förder- Mit Hilfe der Digitalisierung können Menschen die lich für freiwilliges Engagement, was u. a. durch die dafür benötigten spontanen Strukturen zur Zusam- Bereitstellung relevanter Informationen und Bera- menarbeit formieren.21 Sind NPO bereit, spezifische tungsangebote erreicht wird.19 Das Web stellt passende und in sich geschlossene Einzelprojekte ausserhalb ih- Kommunikationsmittel bereit: Einerseits lassen sich rer Organisationsgrenzen erarbeiten zu lassen, profi- über soziale Medien entsprechende Angebote einer tieren sie von diesen Entwicklungen. Ferner macht E- Organisation viral verbreiten, andererseits bestehen Volunteering – also Freiwilligenarbeit im resp. über spezielle Plattformen, welche Freiwillige vermitteln das Netz (z. B. Mithilfe beim Erstellen von Webinaren, (z. B. benevol-jobs.ch). Ergänzend zu den bisherigen Ka- Überarbeitung einer Website oder Organisieren von nälen wird somit eine grössere Reichweite erzielt, was Events) – das zivilgesellschaftliche Engagement zeit- wiederum die Chance erhöht, für die beworbenen Tä- und ortsunabhängig, wodurch sich auch Menschen tigkeiten eine Person mit entsprechenden Interessen über den lokalen Rahmen hinaus dafür begeistern las- und Fähigkeiten zu finden. Eine vertiefte Abklärung sen. Möchten NPO diese Potenziale nutzen, bedürfen 10 Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO sie jedoch einer bestimmten Grundhaltung: Koopera- melle Art vermittelt werden. Mehr Transparenz schaf- tion mit statt blosser Konsultation von Interessierten. fen zudem Berichte zu Organisationsthemen auf der Denn gerade soziale Medien verlangen nach Partizi- Website. Des Weiteren bietet das Internet einen direk- pation. Sie erlauben es, unterschiedliche Menschen in ten Weg der Mitteleinwerbung, etwa via Spendenpor- den gesamten Prozess von der Formulierung bis hin tal oder einem Spendenformular auf der eigenen zur Umsetzung eines Projekts oder einer Dienstleis- Website. Die Transaktion findet dann online wie bei- tung einzubeziehen und sie mitbestimmen zu lassen.22 spielsweise über PayPal, einem virtuellen Konto, statt. Neben den Mitgliedern und den freiwilligen Hel- Dadurch wird das Spenden auf der Website der NPO fern stellen auch die Ehrenamtlichen als wichtige in- mit nur wenigen Klicks möglich, was den Prozess terne Stakeholder eine NPO-Spezifika dar. Für die Zu- deutlich vereinfacht. Über weitere Online-Kanäle wie sammenarbeit innerhalb sowie die Kommunikation dem Newsletter oder sozialen Medien können poten- mit dieser Gruppe hält die Digitalisierung ebenfalls zielle Spender auf diese Möglichkeit aufmerksam ge- Chancen und Potenziale bereit. Diese sind jedoch zu machen werden: Bei Facebook existiert ein Call-to-Ac- einem grossen Teil deckungsgleich mit den bereits tion-Button, über Twitter kann Dringlichkeit einer ausgeführten Aspekten. Aktion signalisiert und auf YouTube per Video um eine Spende gebeten werden. Social Media-Plattformen Ausbalancieren des komplexen dienten bis anhin vordergründig der Bindung von Finanzierungsmixes jüngeren Spendern, wobei sich deren Funktion durch Neben den diskutierten Humanressourcen bedürfen die grosse Verbreitung zum Erstkontakt-Medium aus- Nonprofit-Organisationen zur Leistungserstellung eben- geweitet hat.25 falls monetärer Einkünfte. Dabei zeichnen sie sich durch Zu bemerken bleibt, dass Online-Spenden in der eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzierungsquellen Schweiz derzeit eine noch untergeordnete Rolle spie- aus: Hierzulande bilden Leistungsentgelte (hierzu zählen len.26 Das kann jedoch daran liegen, dass sich Spender auch Mitgliederbeiträge und Sponsorengelder) mit 57 % zwar über Kanäle wie Spendenportale informieren, der Gesamteinnahmen die Hauptgeldquelle von NPO, die Transaktion aber auf herkömmliche Weise via Di- mit 35 % folgen die staatlichen Finanzierungsbeiträge rektüberweisung vornehmen.27 Ist die Transaktion und mit gesamthaft 8 % private Spenden. Allerdings vari- vollzogen und der Spender zufrieden, lässt er sich al- ieren die jeweiligen Anteile je nach Sektor stark.23 Betref- lenfalls als Multiplikator einsetzen, der sein Engage- fend staatlicher Beiträge ist aufgrund politischer Ent- ment auf Social Media weiterverbreitet oder eine On- scheide in den letzten Jahren allerdings ein Rückgang line-Spendensammlung zu besonderen Anlässen wie festzustellen, wodurch die anderen beiden Kategorien an beispielsweise einem Geburtstag veranstaltet. Neben Bedeutung gewinnen. Doch auch bei diesen zeichnen dem Online-Fundraising existiert im Web ausserdem sich gewisse Hürden ab. So verteilt sich das anwachsende die Möglichkeit des Crowdfundings. Hierbei sind die Spendenvolumen auf eine zunehmende Anzahl NPO, Einnahmen zweckgebunden und im Gegenzug für die und im Rahmen der Leistungsentgelte stehen Organisati- Zuwendung wird oftmals eine gewisse Leistung er- onen zunehmend in Konkurrenz mit profitorientierten bracht.28 Speziell auf NPO ausgerichtet ist das Online- Anbietern.24 Folglich entsteht für NPO ein gewisser Portal lokalhelden.ch, über das gemeinnützige Projekte Druck, sich von den anderen abzuheben, wollen sie diese nicht nur mit Geld- sondern auch mit Zeit- oder Sach- Einnahmequellen nicht versickern lassen. spenden unterstützt werden können. Im Hinblick auf Sowohl bei den Leistungsentgelten als auch den die Konkurrenz um Leistungsentgelte liessen sich fer- Spendeneinnahmen geht es zunächst um Kommuni- ner neue digitale Geschäftsmodelle andenken, um sich kationsthemen: die Bekanntheitssteigerung über den mit innovativen Leistungen sowie Kostenvorteilen lokalen Kontext hinaus sowie die Vertrauensförde- von anderen NPO abzuheben. So könnten sich Vereine rung mittels gesteigerter Transparenz bezüglich Mit- im Gesundheits- oder Sozialbereich, die Pflege- oder telverwendung und erzielter Wirkung. Zu diesem Betreuungsleistungen bei den Kunden zuhause anbie- Zweck könnten auf YouTube fertige Projekte darge- ten, in die Richtung einer reinen Vermittlungsplatt- stellt sowie organisationale Informationen auf infor- form für entsprechende Dienste umorientieren. Verbands-Management 2/2018 11
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Schlusswort Literatur Organisationen des Dritten Sektors können die Digita- Bisa, P. (2015). Digitale Politikvermittlung – Chancen und Risi- lisierung als Chance zur eigenen Weiterentwicklung ken interaktiver Medien für Verbände. In: Friedrichsen, M. & Kohn, R. A. (Hrsg.). Digitale Politikvermittlung. Chancen und Risi- betrachten. Denn – wie dieser Beitrag aufzeigt und re- ken interaktiver Medien (2. korr. Auflage). Wiesbaden: Springer flektiert – passen die typischen NPO-Charakteristika VS, S. 451-461. bestens zur Digitalisierung und den damit verbunde- Burkhardt, M. (2015). Digitale Datenbanken. Eine Medientheorie im nen Möglichkeiten. Eine gewisse Offenheit für die ak- Zeitalter von Big Data. Bielefeld: transcript. tuellen Entwicklungstendenzen in diesem Bereich ist Bundesamt für Statistik (2018). Internetnutzung. URL: https:// www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-in- jedoch die Grundvoraussetzung dafür, diese Potenzia- formationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamt- le auch für seine Organisation nutzen und letztere vo- indikatoren/haushalte-bevoelkerung/internetnutzung.html zu- ranbringen zu können. letzt abgerufen am 16.06.2018. Ebersbach, A., Glaser, M. & Heigl, R. (2016). Social Web (UTB 3065; 3., überarb. Auflage). Konstanz: UVK. Fussnoten Gabler Wirtschaftslexikon (2018). Digitalisierung. URL: https:// wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/digitalisierung-54195/ 1 Vgl. hierzu auch Gabler Wirtschaftslexikon 2018. version-277247 zuletzt abgerufen am 16.06.2018. 2 Grundlage für die Ausführungen dieses Beitrags ist das Freiburger Gmür, M. & Lichtsteiner, H. (2010). Ausblick: 10 Thesen zur Ent- Management-Modell; Lichtsteiner et al. 2015. wicklung der Organisationen im Dritten Sektor der Schweiz. In: 3 Weiterführende Literatur hierzu: Burkhardt 2015; Meier 2018. Helmig, B., Lichtsteiner, H. & Gmür, M. (Hrsg.). Der Dritte Sektor der Schweiz: Länderstudie zum John Hopkins Comparative Nonprofit 4 Vgl. KOF 2018. Sector Project (CNP). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt, S. 239-250. 5 Vgl. Samochowiec et al. 2018. Freitag, M.; Manatschal, A.; Ackermann, K. & Ackermann, M. 6 Vgl. Schweizer Wanderwege 2018. (2016). Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 (Freiwilligkeit). Zürich: Seismo. 7 Vgl. Samochowiec et al. 2018. Helmig, B., Gmür, M., Bärlocher, C. & Bächtold, S. (2010). Statis- 8 Vgl. Michalowitz 2015. tik des Dritten Sektors in der Schweiz. In: Helmig, B., Lichtstei- 9 Vgl. Samochowiec et al. 2018. ner, H. & Gmür, M. (Hrsg.). Der Dritte Sektor der Schweiz: Länder- studie zum John Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project 10 Vgl. Gmür & Lichtsteiner 2010. (CNP). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt, S. 173-205. 11 Vgl. Bundesamt für Statistik 2018. Hengevoss, A. & Berger, O. (2018). Konjunkturbarometer. Eine 12 Vgl. Statista 2018. Trendanalyse des Schweizer NPO-Sektors (CEPS Forschung & Pra- xis – Band 18). Basel: CEPS. 13 Vgl. Ebersbach et al. 2016. Hensel, A. & Klecha, S. (2013). Zwischen Stammtisch und Ether- 14 Vgl. Bisa 2015. pad. Beteiligung und Mitwirkung in der Piratenpartei. For- 15 Vgl. Hensel & Klecha 2013; Raber 2017. schungsjournal Soziale Bewegungen, 26(2), S. 62-71. 16 Vgl. hierzu etwa Hensel & Klecha 2013. KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (2018). Kon- junktur und Forschung. Digitalisierung (2/2): Effizienzsteigerung als 17 Vgl. Bisa 2015. oberstes Ziel. URL: https://www.ethz.ch/content/dam/ethz/spe- 18 In Anlehnung an Paetsch & Reichert 2015. cial-interest/dual/kof-dam/documents/KOF_Bulletin/2018/kof_ bulletin_2018_03_de.pdf zuletzt abgerufen am 20.06.2018. 19 Vgl. Freitag et al. 2016; Samochowiec et al. 2018. Lampe, B. (2015a). Spenderpyramide und Loyalitätszyklus. Wie 20 Vgl. Samochowiec et al. 2018. man aus Interessenten engagierte Unterstützer macht. In: Lam- 21 Vgl. ebd. 2018. pe, B., Ziemann, K. & Ullrich, A. (Hrsg.). Praxishandbuch Online- Fundraising. Wie man im Internet und mit Social Media erfolgreich 22 Vgl. Reiser 2013. Spenden sammelt. Bielefeld: transcript, S. 9-12. 23 Vgl. Helmig et al. 2010. Lampe, B. (2015b). Formen des Online-Fundraisings. Spenden- 24 Vgl. Hengevoss & Berger 2018. formular, Aufrunden, Painless Giving und Co. In: Lampe, B., Ziemann, K. & Ullrich, A. (Hrsg.). Praxishandbuch Online-Fund- 25 Vgl. Viest 2016. raising. Wie man im Internet und mit Social Media erfolgreich Spen- 26 Vgl. hierzu etwa Stiftung Zewo 2018; RaiseNow 2017. den sammelt. Bielefeld: transcript, S. 20-24. 27 Vgl. Viest 2016. Lichtsteiner, H., Gmür, M., Giroud, C. & Schauer, R. (2015). Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen 28 Vgl. Lampe 2015a; Lampe 2015b. (8. Auflage). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt. 12 Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Meier, A. (2018). Werkzeuge der digitalen Wirtschaft: Big Data, NoS- Schweizer Wanderwege (2018). Mängel, Schäden und Vorfälle mel- QL & Co.: Eine Einführung in relationale und nicht-relationale Daten- den. URL: https://www.wandern.ch/de/signalisation/maengel- banken. Wiesbaden: Springer. schaeden-und-vorfaelle-melden zuletzt abgerufen am 19.06.2018. Michalowitz, I. (2015). «Brussels Tweets»: Einfluss digitaler Me- Statista (2018). Anzahl der Internetnutzer, der Social Media-Nutzer dien auf Lobbying? In: Friedrichsen, M. & Kohn, R. A. (Hrsg.). sowie der mobilen Internetnutzer in der Schweiz im Jahr 2018 (in Mil- Digitale Politikvermittlung. Chancen und Risiken interaktiver Medien lionen). URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/529765/ (2. korr. Auflage). Wiesbaden: Springer VS, S. 413-425. umfrage/internetnutzer-vs-social-media-nutzer-in-der-schweiz/ zu- letzt abgerufen am 16.06.2018. Paetsch, J. & Reichert, D. (2015). Potenziale nutzen mit Liquid Democracy. In: Friedrichsen, M. & Kohn, R. A. (Hrsg.). Digitale Stiftung Zewo (2018). Die Zewo-Spendenstatistik. URL: https:// Politikvermittlung. Chancen und Risiken interaktiver Medien (2. korr. www.zewo.ch/fur-hilfswerke/service-nutzen/spendenstatistik Auflage). Wiesbaden: Springer VS, S. 499-515. zuletzt abgerufen am 17.06.2018. Raber, S. (2017). Liquide Demokratie zur Verbesserung der Betei- Viest, O. (2016). Online-Fundraising. In: Urselmann, M. (Hrsg.). ligungskultur. Anwendungsoptionen für Non-Profit-Organisati- Handbuch Fundraising (Springer Reference Wirtschaft). Wiesbaden: onen. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 54(4), S. 605-617. Springer Gabler, S. 305-323. RaiseNow (2017). Digital Fundraising Studie Schweiz 2017. So spen- det die Schweiz online. URL: https://dfs.raisenow.com/dfs17-de.pdf zuletzt abgerufen am 17.06.2018. Reiser, B. (2013). Der Dritte Sektor und Soziale Medien – Chan- cen für Beteiligung und Demokratisierung. Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 26(2), S. 99-108. Samochowiec, J., Thalmann, L. & Müller, A. (2018). Die neuen Freiwilligen – Die Zukunft zivilgesellschaftlicher Partizipation. Zü- rich: GDI Gottlieb Duttweiler Institut. Die Autoren Philipp Erpf / philipp.erpf@vmi.ch Dr. Philipp Erpf ist Vizedirektor des VMI. An diesem promovierte er zum Thema Social Entrepreneurship. Zuvor war er Berater für HR‐Organisation und Prozessoptimierung in Bern, Change Management in München und Markenstrategie in Zug. Er studierte Be- triebswirtschaftslehre, Medien‐ und Kommunikationswissenschaften, Zeitgeschichte so- wie Philosophie an den Universitäten Freiburg/CH und Bern. Nathalie C. Maring / nathalie.maring@vmi.ch Nathalie C. Maring ist Doktorandin und Projektmitarbeiterin am VMI und widmet sich in ihrer Dissertation dem Thema Verbandskommunikation. 2017 schloss sie ihr Studium zum Master of Arts in Business Communication an der Universität Freiburg/CH ab. Nach einem Praktikum im Bereich Redaktion/Marketing arbeitete sie parallel zum Studium als Redakteurin bei Kommunikationsagenturen in Zürich und Bern. Verbands-Management 2/2018 13
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Forschungsbeitrag Digitalisierung in grossen NPO – Befunde aus der Praxis Christian Horak und Josef Baumüller Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensberei- Digitale Wertschöpfung: Aber auch bereits beste- che stellt eine Entwicklung dar, welche in Forschung hende Leistungsprozesse können hinsichtlich ihrer Effi- und Praxis zu einem zentralen Thema geworden ist. zienz und Wirksamkeit optimiert, die Wertschöpfung Der gegenwärtige Wandel, im Hinblick auf seine neu gedacht werden. weitläufigen Konsequenzen als «digitale Revoluti- Digitale Organisationssteuerung: Aus Sicht von on» bezeichnet, verändert das Umfeld, in dem Unter- Management und Controlling eröffnet die Digitalisie- nehmen tätig sind, mitunter radikal – und stellt an rung neue Möglichkeiten der Transparenzschaffung deren Management und Steuerung neue Anforde- und Entscheidungsfindung nach innen wie nach aus- rungen. Diese gegenwärtig vor allem im Kontext ge- sen. winnorientierter Unternehmen diskutierten Ent- Diese Perspektiven zeigen sich auch für NPO in wicklungen lassen auch für NPO eine grundsätzlich vielfältiger Ausprägung. In der vergleichsweise noch gleich hohe Bedeutung und sogar einen Bedeutungs- unterentwickelten Literatur zu den spezifischen Chan- gewinn für die nahe Zukunft erwarten. cen für diese Organisationen finden sich zunächst neue Möglichkeiten des Austausches mit den An- Der Begriff der Digitalisierung ist allerdings ein so viel- spruchsgruppen bzw. deren Einbindung in das orga- gebrauchter wie letztlich vager. Gemeint wird üblicher- nisationale Geschehen, z. B. in Form ehrenamtlichen weise ein Wandel des Unternehmensgeschehens hin zu Engagements oder dem Fundraising. Hier stehen v. a. digitalen Prozessen mithilfe der modernen Informa- Aspekte in der Verbindung mit neuen Kommunikati- tions- und Kommunikationstechnologie (IKT).1 Er ist onstechnologien im Fokus.⁵ Durch die zunehmend an- eng verbunden mit dem Begriff «Big Data», aber im fallenden Datenmengen haben die Organisationen Sinne einer praktischen Voraussetzung für diesen da- ausserdem neue Auswertungsmöglichkeiten zur Ver- von letztlich klar zu unterscheiden.² Unternehmen und fügung, um hierdurch ihre Organisationssteuerung NPO sind in einer Vielzahl an Erscheinungsformen da- bzw. ihre Anspruchsgruppen- und v. a. Fördergeber- von betroffen, häufig unter Bezeichnungen wie jenen kommunikation weiterzuentwickeln. Gerade im Hin- der Automatisierung oder der Prozessrationalisierung. blick auf die Probleme, die sich NPO typischerweise Und wenngleich der IKT bei dieser Entwicklung eine bei der Erfassung und Analyse ihrer Wirkungen stel- zentrale Rolle zukommt, reichen die Auswirkungen len, trägt dies grosses Potential in sich.⁶ Dies gilt glei- weit darüber hinaus in alle Organisationsbereiche hin- chermassen von Effektivitäts- wie aus Effizienzpers- ein; anders gesagt: Digitalisierung ist keine (reine) IT- pektiven aus betrachtet.⁷ Weitergedacht kann dies eine Problemstellung. Dass Digitalisierung also ein Manage- Grundlage sein, um durch Innovationen soziale Prob- ment-Thema ist,³ zeigen ihre drei Wirkungsebenen, die leme zu adressieren, die sich bisher ihrer Erfassung in der Literatur unterschieden werden:⁴ durch NPO entzogen haben.⁸ So wie umgekehrt aber Digitale Geschäftsmodelle: Durch die Digitalisie- auch davon auszugehen sein wird, dass durch die Di- rung wird ein erweitertes Leistungsspektrum möglich, gitalisierung in allen Bereichen des menschlichen Le- das neue Kundengruppen bzw. Finanzierungsquellen bens neue Probleme entstehen, die ebenso ein neues erschliesst. Diese besonders weitreichende Folge der Betätigungsfeld für NPO eröffnen. Digitale Start-ups Digitalisierung zeigt sich häufig bei Start-ups, z. B. be- lassen sich im NPO-Bereich folglich wie im gewinnori- sonders prominent bei Fintechs im Finanzbereich. entierten Bereich zunehmend beobachten. 14 Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Diesem Chancenpotential stehen freilich kritische te sich jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen Befunde jüngeren Datums aus der Praxis gegenüber, den Organisationen; d. h. die in Folge dargestellten die noch 2015/16 aufzeigten, dass die Digitalisierung Ergebnisse gelten gesamthaft für die im Sample ent- im deutschsprachigen Raum nur von wenigen NPO haltenen NPO. Dies kann weiterhin als Hinweis dafür als prioritäres Thema gesehen wurde.⁹ Dies wirft – ge- gesehen werden, dass die dargestellten Befunde von rade im Vergleich zur Dynamik dieses Themas im breitenwirksamer Relevanz im NPO-Bereich sind – Kontext gewinnorientierter Unternehmen10 – die Fra- mit allen Einschränkungen zum Sample dieser Studie ge auf, ob der NPO-Bereich hier in angemessener Wei- auch über diesen hinaus. se auf die zahlreichen Umwälzungen reagiert oder bereits ins Hintertreffen geraten ist. Studienbefunde Studienhintergrund und -vorgehen Digitalisierung im Allgemeinen Um diese aufgeworfene Frage zu adressieren, führte Die Studienteilnehmenden wurden anfangs um eine das Österreichische Controller-Institut (ÖCI) in Ko- Einschätzung gebeten, inwieweit sie in der Digitalisie- operation mit Contrast EY Management-Consulting rung gegenwärtig eine Herausforderung für ihre Or- im ersten Halbjahr 2017 eine Erhebung zur Bedeutung ganisationen sehen. Die Zustimmung zu dieser Frage der Digitalisierung in der NPO-Praxis durch. Die Ziel- war eine deutliche: 57 % sahen hierin eine «sehr wich- gruppe stellten NPO aller Betätigungsfelder und Grö- tige» Herausforderung für ihre Zukunft, weitere 39 % ssen in Österreich und Deutschland dar; der Daten- beurteilten diese als «eher wichtig». Um zu erfassen, bank des ÖCI konnten hierzu rund 1000 Organisationen mit welchen erwarteten Vor- und Nachteilen diese He- entnommen werden.11 Diese wurden mittels E-Mail rausforderung für die Organisationen verbunden kontaktiert und ersucht, an der Umfrage mittels On- sind, welche Motivlage hier also zum Tragen kommt, line-Fragebogen teilzunehmen. wurden sie in einem nächsten Schritt um deren diesb- Diesen Fragebogen beantworteten letztendlich 82 zgl. Einschätzung gebeten (vgl. Abbildung 1). NPO. Hierbei handelte es sich zum überwiegenden Hinsichtlich der Vorteile sticht die Priorisierung Teil um grosse Organisationen mit mehr als 500 Mitar- kommunikativer Aspekte nach innen wie nach aussen beitende (36); zw. 100 und 500 Mitarbeitende wiesen heraus. Dass bei Letzterem v. a. Marketing-bezogene 21 NPO aus, gefolgt von 10 NPO mit Mitarbeitenden Erwägungen im Fokus stehen dürften unterstreicht zw. 50 und 100 sowie 15 NPO mit noch geringerer demgegenüber die geringe Gewichtung der (grund- Mitarbeitenden-Zahl. Bzgl. des Betätigungsfeldes sätzlich ebenso naheliegenden) Möglichkeit, Transpa- wird das Sample überwiegend von Sozialorganisatio- renz gegenüber Aussenstehenden zu schaffen. Ähnlich nen dominiert (n=38). Es folgen Interessenvertretun- werden Effizienzsteigerungs- bzw. Kosteneinsparungs- gen (n=10) und Organisationen aus dem Bildungsbe- potenziale in umfassender Weise gesehen, während das reich (n=7); die weiteren Branchen wiesen keine Potenzial zur Erschliessung neuer Leistungen nur von nennenswerte Teilnehmerzahl auf (z. B. Religion, Kul- 49 % der Studienteilnehmenden genannt wird. Dieser tur) bzw. verzichteten manche NPO auf die Angabe Fokus auf vergleichsweise einfach zu realisierende As- ihres Betätigungsfeldes. Innerhalb dieser Organisatio- pekte gegenüber solchen mit eher langfristiger, ggf. nen waren es v. a. kaufmännische Verantwortliche strategischer Wirkung wirft freilich die Frage auf, ob (z. B. Geschäftsführer(innen) oder Mitglieder des Vor- den befragten NPO die Bedeutung der Digitalisierung standes), die an der Studie teilnahmen (n=50), dane- in ihrer vollen Tragweite bewusst ist. ben v. a. Mitarbeitende aus dem Controlling oder Korrespondierend mit diesen Befunden zu den Nut- Rechnungswesen. zenpotenzialen fallen auch die Einschätzungen zu mög- Die Studienergebnisse wurden sowohl deskriptiv lichen Nachteilen auf. Hier dominieren Punkte, die als auch hinsichtlich korrelativer bzw. kausaler Zu- durch einen hohen IT-Bezug gekennzeichnet sind. Dem sammenhänge untersucht. Für Letztgenanntes stellten Chancenpotential im Hinblick auf Effizienzüberlegun- primär Grösse und Betätigungsfeld den Betrachtungs- gen steht weiterhin die geringe Gewichtung des erwarte- fokus dar. Nach keiner dieser Kategorisierungen zeig- ten Nachteils gegenüber, dass dies mit entsprechendem Verbands-Management 2/2018 15
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO Neue Möglichkeiten der Interaktion mit 80 % Kunden /Klienten(inn)en Vereinfachung der internen Kommunikation / 76 % Zusammenarbeit (Teil-)Automatisierung alltäglicher Prozesse 71 % Aufwands-/Kosteneinsparung 62 % Vereinfachung der externen Kommunikation 59 % Möglichkeit neue Leistungen zu erbringen 49 % Schaffung von mehr Transparenz gegenüber 46 % Leistungsempfänger(inne)n / Spender(inne)n / Öffentlichkeit Andere 6% Abbildung 1: Erwartete Vorteile der Digitalisierung (Häufigkeit der Nennung) Druck für die Mitarbeitenden einhergeht. Dies legt den befragten NPO sind weiterhin bis zu fünf Vollbeschäf- Schluss nahe, dass die befragten Organisationen es evtl. tigungsäquivalente an Personalressourcen mit diesem noch eher als eine «Fleissaufgabe» betrachten, die Effizi- Thema gebunden; am anderen Ende des Spektrums enzsteigerungspotentiale durch die Digitalisierung zu stehen immerhin noch sieben Organisationen (9 %), realisieren – und dahingehend keine Dringlichkeit wahr- die mehr als 20 Mitarbeitende in Vollbeschäftigungs- nehmen (vgl. Abbildung 2). äquivalenten damit betraut haben. Gemessen an den konkreten Rahmenbedingungen für die jeweilige Digitalisierung und Organisation(ssteuerung) NPO stellt mehr als die Hälfte (56 %) ein vergleichs- Digitalisierung ist in den befragten NPO «Chefsache»: weise hohes Budget für die Weiterqualifizierung die- 59 % von ihnen gaben an, dass die Digitalisierung in- ser Mitarbeitenden zur Verfügung. nerhalb der Organisation von der Geschäftsführungs- Zu einem kritischen Fazit führt allerdings die Be- ebene vorangetrieben wird. Nennenswerte Bedeutung rücksichtigung der Digitalisierung in die Organisati- kam weiters den IT-Abteilungen (15 %) bzw. den onsstrategie und -steuerung. Trotz des genannten, in Fachabteilungen (12 %) zu. Dieser Befund sticht inso- vielen NPO nicht unbeachtlichen Ressourceneinsat- fern heraus, als es gerade diese Fachabteilungen sind, zes, gaben 38 % der befragten Organisationen an, kei- in denen sich die Digitalisierung am stärksten aus- ne verschriftlichte Strategie hierzu zu verfolgen. Nur wirkt und die durch ihren Einsatz diese Entwicklung in 13 % liegt demgegenüber eine solche vor, bei den erst zum Leben erwecken. Trotz des ebenso unstritti- anderen Organisationen ist sie immerhin in Entwick- ger Weise erforderlichen «Committments von oben» lung (19 %) bzw. ist diese Entwicklung geplant (30 %). stellt dies also einen ambivalenten Befund dar, der auf Positiv ist zu würdigen, dass in Summe 70 % eine Di- weiteren Untersuchungsbedarf (sowie potentielle gitalisierungsstrategie als Bestandteil ihrer Ge- strukturelle Problembereiche in der Praxis) hinweist. samtstrategie (in welcher Form auch immer) enthalten Zu den Ressourcen, die hierfür zur Verfügung ste- sehen. 40 % der befragten NPO leiten auch ihre Digita- hen, gaben 49 % an, dass diese in Summe 0 %–5 % des lisierungsplanung im Rahmen der gesamtstrategi- Gesamtbudgets ausmachten; fast ebenso viele (41 %) schen Planung ab, während 32 % ihre Digitalisie- nannten als Bandbreite sogar 6 %–10 %. In 68 % der rungsmassnahmen bloss projektbezogen planen und 16 Verbands-Management 2/2018
Sie können auch lesen