Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management

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Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
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                                                2/18
Fachzeitschrift für Verbands- und
Nonprofit-Management

Digitalisierung in
Nonprofit-Organisationen
 Digitalisierung als Chance
 Defizite in der Nutzung neuer Medien
 Aktuelle Entwicklungen in Deutschland, Österreich
 und der Schweiz
 Fallbeispiele aus Wohlfahrts-, Berufs- und
 Freizeitverbänden
 Folgen der EU-Datenschutzverordnung
 Fallstricke und Erfolgsfaktoren im Softwareeinsatz

Weitere Themen:
 Lokale Energienetzwerke
 La contribution au bien-être collectif
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
B’VM Fachgespräche 2018

Was macht Nonprofit-
Organisationen erfolgreich?
Menschen – Mut – Management

Unsere Gespräche mit Führungskräften haben deutlich gemacht, erfolgreiche
Nonprofit-Organisationen zeichnen sich aus durch engagierte Menschen,
gutes Management und mutiges Agieren.
Nicht wirklich überraschend – oder?

Erfahren Sie mehr an unseren Fachgesprächen in:

Bern, Mittwoch 22. August 2018 ab 16.00 Uhr im Hotel Bellevue Palace
Köln, Donnerstag, 20. September 2018 ab 14.00 Uhr im studio dumont

Wir freuen uns über Ihre Anmeldung unter www.bvmberatung.net
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Editorial
                                                                                                        Rubrik

Editorial

Liebe Förderer, liebe Leserinnen und Leser

Mit grosser Freude darf ich Ihnen das neue VM kurz        mit dieser internen Lösung eine strategisch wichtige
vorstellen. Es steht ganz im Zeichen der Digitalisie-     und richtige Entscheidung getroffen haben. Ich sehe
rung, einem Thema, das an allen Fronten heiss disku-      mich als «Kind» des VMI und durfte in den letzten
tiert wird. Das zunehmende Interesse führt aber auch      vier Jahren in einem menschlich wie fachlich berei-
zu einer Fülle von Fragen, beginnend bei der Unklar-      chernden Umfeld meine Dissertation verfassen. Das
heit des Begriffsverständnisses, über damit verbunde-     Institut, seine Funktionslogik sowie seine Mission als
ne Chancen und Risiken bis hin zu den Einflüssen auf      Scharnier zwischen Wissenschaft und Praxis sind mir
Nonprofit-Organisationen und den Dritten Sektor.          bestens bekannt.
Die Beantwortung dieser letzten Fragestellung bildet          Darum setze ich mir auch zum Ziel, unser Weiter-
den Fokus dieses Themenheftes. Die diversen Beiträge      bildungsangebot zu aktualisieren und die bestehen-
diskutieren konzeptionell, empirisch gestützt sowie       den und nachgefragten Themen mit neuen Inhalten zu
praxisbezogen den Einfluss der Digitalisierung auf        ergänzen. Es laufen bereits diverse Studien und For-
Nonprofit-Organisationen. Abgerundet wird die Aus-        schungsarbeiten zu den Themen Unternehmertum, Lea-
gabe mit Artikeln zu Crowd Energy und der neuen           dership und Führung sowie Digitalisierung und Innovation
EU-Datenschutzverordnung.                                 in NPO, deren Erkenntnisse in die Ausgestaltung von
     Als neuer Vizedirektor, der unter anderem für die    neuen Weiterbildungsformaten einfliessen.
Weiterentwicklung unserer Weiterbildung zuständig             Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe und
ist, sehe ich zwischen dem Hauptthema dieser VM-          möchte es nicht missen, Hans Lichtsteiner für seine
Ausgabe und der Übergangsphase am VMI viele Paral-        hervorragende Arbeit der letzten zwölf Jahre zu dan-
lelen. Meiner Meinung nach, und das zeigen auch die       ken und ihm für seine berufliche sowie private Zu-
Erkenntnisse der Beiträge, werden viele Einflüsse der     kunft alles nur erdenklich Gute zu wünschen.
Digitalisierung vorerst ergänzende statt ersetzende
Wirkung erzielen. Dies lässt sich beispielsweise in der   Mit den besten Grüssen
Kommunikation erkennen: Soziale Medien werden
nebst den klassischen Kanälen ergänzend eingesetzt.
     So ist auch die Übergangsphase am VMI zu ver-
stehen: Hans Lichtsteiner wird dem VMI weiterhin
beratend zu Verfügung stehen und zudem diverse
Lehrgänge in unserer Weiterbildung leiten.
     Parallel statt sequenziell. Übergang statt Um-       Dr. Philipp Erpf
bruch. Ergänzend statt ersetzend. Und weiter: intern      Vizedirektor, Institut für Verbands-, Stiftungs- und
statt extern. Wir vom VMI sind überzeugt, dass wir        Genossenschaftsmanagement (VMI)

Verbands-Management 2/2018
                    1/2016                                                                                           3
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Rubrik
    Inhalt

    Philipp Erpf und Nathalie C. Maring                       Christian Horak und Josef Baumüller
    Digitalisierung als Chance                                Digitalisierung in grossen NPO –
    für Nonprofit-Organisationen                              Befunde aus der Praxis
    Der Beitrag schlägt Nonprofit-Organisationen vor,         Die zunehmende Digitalisierung ist zu einem zentra-
    die Digitalisierung als Chance zu betrachten. Viele Ei-   len Thema geworden. Der gegenwärtige Wandel, auch
    genheiten und Charakteristika von Organisationen          als «digitale Revolution» bezeichnet, verändert das
    des Dritten Sektors sind wie geschaffen, um auf die       Umfeld, in dem Unternehmen tätig sind, mitunter ra-
    entstehenden Veränderungen zu reagieren und diese         dikal – und stellt an deren Management und Steue-
    im Sinne des Sachziels sowie der Mission zu nutzen.       rung neue Anforderungen.
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    Michael Vilain und Susanne Kirchhoff-Kestel               Nathalie C. Maring und Hans Lichtsteiner
    Digitale Herausforderungen                                Schweizer NPO nutzen Chancen
    in der Freien Wohlfahrtspflege                            digitaler Medien zu wenig
    Der Beitrag untersucht die Auswirkungen der Digitali-     Die Digitalisierung hat unsere Möglichkeiten zu kom-
    sierung auf die Organisationen der Wohlfahrtspflege.      munizieren und sich zu informieren massiv erweitert.
    Dabei werden Veränderungen bei den Zielgruppen            So können wir neu jederzeit, überall und auf unter-
    (vulnerable Gruppen) und bei den Angebotsstruktu-         schiedlichsten Kanälen an Informationen gelangen.
    ren betrachtet sowie Herausforderungen an die Orga-       Dabei wird die Mediennutzung immer heterogener,
    nisationen herausgearbeitet.                              der Wettbewerb um Aufmerksamkeit verschärft sich.
                                                      20                                                        31
    Martina Schmid                                            Nina Hänsli
    «Die Digitalisierung macht auch vor                       Veränderte Erwartungen an Berufs-
    der Pfadi keinen Halt»                                    verbände
    Obwohl die Pfadi den Anspruch hat, ihren Kindern          Die grössten Treiber der heutigen Transformationen
    und Jugendlichen einen Rahmen zu bieten, in dem sie       sind die gleichen wie bei der Arbeitswelt 4.0 – Globa-
    sich draussen in der Natur frei von sozialen Medien       lisierung, Digitalisierung, Automatisierung, Gig-Eco-
    entfalten können, stellen diese mittlerweile ein unver-   nomy und Generationenwandel. Für Berufsverbände
    zichtbares Medium zur Kommunikation mit den Mit-          ist es wichtig, mit diesen Treibern umzugehen.
    gliedern und der Vermarktung der Aktivitäten dar.
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    Ueli Grüter                                               Thomas Zurkinden und Nadja Blanchard
    Folgen der EU-Datenschutzverord-                          Fallstricke und Erfolgsfaktoren
    nung für Verbände                                         im Softwareeinsatz
    Seit Ende Mai dieses Jahres wendet die Europäische        In unserer Beratungspraxis begegnen wir beim Kun-
    Union (EU) ein neues, bedeutend strengeres Daten-         den auch häufig Fragen zu IT-Projekten und zur Digita-
    schutzrecht an, die Europäische Datenschutz-Grund-        lisierung. Obwohl, oder vielleicht gerade weil wir kein
    verordnung (DSGVO). Der Beitrag diskutiert einige         «IT-Dienstleister» sind, werden die damit verbundenen
    Handlungsempfehlungen für NPO und Verbände.               Problemstellungen oft und gerne mit uns diskutiert.

                                                      50                                                        54

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Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Rubrik
                                                                                                                Inhalt

  Yves Hertig und Nadine Artaz                              Nicolas Gachet
  Lokale Energienetzwerke                                   La contribution au bien-être collectif
  und das Vertrauensproblem
                                                            Les entreprises du tiers-secteur se distinguent, a prio-
  Haushalte, welche sich zu einem gewissen Grad selbst      ri, des entreprises à but purement de lucre par des
  mit Energie versorgen, sind keine Seltenheit mehr. Es     « bénéfices » s’exprimant autrement que sous forme
  ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich zu einem Ver-   monétaire. Mais « mesurer » cette contribution au
  bund zusammenschliessen und sich gegenseitig mit          bien-être collectif reste à ce jour un défi de taille, aucu-
  Energie versorgen.                                        ne unité de mesure ne permettant de comparer.

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                                                             Impressum
                                                             Redaktion:       Luisa Wagenhöfer
                                                                              (redaktion@vmi.ch)
                                                             Layout:          Luisa Wagenhöfer
                                                                              Paulusdruckerei Freiburg/CH
                                                             Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI)
                                                                          Universität Freiburg/CH
                                                             Fotomaterial: Thema «Digitalisierung»:
                                                                           iStockphoto.com
                                                             Adresse:         Verbandsmanagement Institut,
                                                                              Bd de Pérolles 90, CH-1700 Freiburg
                                                                              Tel. +41 (0)26 300 84 00
                                                                              Fax +41 (0)26 300 97 55
                                                             Internet:        www.vmi.ch, info@vmi.ch
                                                             Jahrgang:        44. Jahrgang
                                                             ISBN:            3-909437-52-4
                                                             ISSN:            1424-9189

  Buchbesprechung                                   72
                                                             Das VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April,
  Vorträge, Publikationen und Neuigkeiten           73      August und November. Abdruck und Vervielfältigung
                                                             von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ab-
  Agenda                                            78      schnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.

Verbands-Management 2/2018                                                                                                 5
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

    Forschungsbeitrag

    Digitalisierung als Chance
    für Nonprofit-Organisationen
    Philipp Erpf und Nathalie C. Maring

    Der folgende Beitrag schlägt Nonprofit-Organisat-               (Prosumer) und damit verbunden besseres Ver-
    ionen vor, die Digitalisierung als Chance zu be-                ständnis der Kundenbedürfnisse
    trachten. Viele Eigenheiten und Charakteristika von          • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Aktivi-
    Organisationen des Dritten Sektors sind wie ge-                 tätsfeld (Markt)
    schaffen, um auf die entstehenden Veränderungen             Ebene 3: Organisationale Veränderungen
    zu reagieren und diese im Sinne des Sachziels sowie         (Makroebene)
    der Mission zu nutzen. Typische Eigenschaften                • Erschliessung neuer Geschäftsbereiche durch Über-
    von Nonprofit-Organisationen werden nach dem                    windung von örtlichen und zeitlichen Barrieren
    Freiburger Management-Modell beschrieben, um                 • Disruptive Technologien führen zu neuen, inno-
    anschliessend zu diskutieren, welche Chancen die                vativen Geschäftsmodellen
    Digitalisierung für diese bietet.
                                                                Es stellt sich nun die Frage: Welchen Einfluss haben diese
    Digitalisierung ist als vieldiskutierter Begriff in aller   Veränderungen auf Nonprofit-Organisationen (in der Fol-
    Munde. Es erstaunt daher wenig, dass die Verständnis-       ge durch NPO abgekürzt)? Um eine Antwort darauf zu
    vielfalt gross und heterogen erscheint. Um diesem Bei-      finden, werden erst typische Eigenheiten und Charak-
    trag Stringenz zu verleihen, wird an dieser Stelle eine     teristika von NPO nach dem Freiburger Management-
    fassbare Arbeitsdefinition des Begriffs eingeführt. Unter   Modell für Nonprofit-Organisationen² beschrieben
    Digitalisierung wird die Flexibilisierung und Individua-    und anschliessend reflektiert, welchen Einfluss die Di-
    lisierung von Instrumenten, Prozessen und Kommuni-          gitalisierung auf diese ausüben kann. Die nachfolgen-
    kationsformen verstanden.¹ Sie führt zu zahlreichen po-     den Überlegungen sind als konzeptueller Beitrag zu
    sitiven Veränderungen, die in drei Ebenen unterteilt        verstehen und sollen zum Nachdenken anregen. Die
    werden können. Die nachfolgende, auffächernde und           Tabelle der übernächsten Seite fasst die wichtigsten
    nicht abschliessende Liste zeigt diese auf:                 Punkte zusammen.
    Ebene 1: Organisationsinterne Veränderungen
    (Mikroebene)                                                Handhabung der vielfältigen
     • Höhere interne Effizienz in den Prozessabläufen          Austauschbeziehungen
     • Innerorganisatorische Flexibilität; Flexibilisie-        NPO sind umfeldabhängige Systeme und stehen mit
          rung in der Herstellung von Produkten und Er-         einer Vielzahl von Akteuren in einem Verhältnis. Da-
          bringung von Dienstleistungen                         bei bildet die Gesellschaft mit ihren Teilsystemen wie
     • Vereinfachte innerorganisatorische Kommunika-            Wirtschaft, Politik oder Soziokultur den Kontext, in
          tion durch Vernetzung (Konnektivität)                 welchem eine NPO agiert. Diese wirtschaftlichen, po-
     • Vereinfachter Zugang zu Ressourcen durch Auf-            litischen, rechtlichen und sozialkulturellen Umwelt-
          lösung von Distanzrestriktionen                       faktoren wirken sich auf die Ausgestaltung der zu be-
    Ebene 2: Veränderungen im Austausch mit dem                 achtenden Werte und Normen aus und setzen die
    Organisationsumfeld (Mesoebene)                             Rahmenbedingungen für das Handeln im Dritten Sek-
     • Transparenz für die Stakeholder in Echtzeit              tor. Ein solches Beispiel für rechtliche Rahmenbedin-
     • Vernetzung und Dialog mit den Stakeholdern               gungen ist die neue EU-Datenschutz-Grundverord-
     • Höhere Kundenbindung durch Personalisierung              nung, die am 25. Mai 2018 in Kraft trat. Sie zielt
     • Einbezug der Kunden in die Herstellung der Güter         im Kern darauf ab, dass Leistungserbringer ihren

6                                                                                    Verbands-Management 2/2018
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

Abnehmern mitteilen müssen, welche Daten sie erhe-         dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen zu den
ben, warum sie das tun und wie lange die Informatio-       Ressourcenlieferanten, also der Mittelbeschaffung. In-
nen gespeichert werden. Dies hat einen erheblichen         nerbetrieblich geht es darum, die Leistungsbereit-
Einfluss auf NPO, da sie mit einer Vielzahl von Akteu-     schaft zu sichern und die vorhandenen Ressourcen zu
ren in Verhältnissen stehen, die im Zug der Verord-        verwalten, entwickeln und pflegen. Erst danach, bei
nungseinführung mehr Transparenz verlangen. Das            der Erbringung der Dienstleistung, wird über die
Überwinden dieser Hürde kann eine Organisation             Qualität geurteilt. Zum einen, weil Dienstleistungen
dazu motivieren, sich mit der Einführung einer digita-     immateriell sind, zum anderen, weil sie integrativen
len Datenbank zu befassen. Diese kann klassisch (z. B.     Charakter aufweisen. Immaterialität bedeutet, dass
in Microsoft Access) oder in einem strukturierten Da-      die Dienstleistungen physisch weder greif- noch sicht-
tenspeicherformat aufgebaut sein (z. B. als NoSQL)³.       bar sind. Des Weiteren können sie nicht im Voraus
Das nicht zuletzt, um grosse und komplexe Daten-           oder auf Vorrat produziert werden. Integrativität be-
mengen handhaben zu können (Stichwort Big Data).           deutet, dass die Dienstleistungsnehmer am Prozess
Das Charakteristikum der vielfältigen Austauschbe-         der Leistungserbringung beteiligt sind. Als Mitwir-
ziehungen spielt gerade auch im Hinblick auf das           kende werden die Leistungsbezüger deshalb zu Mit-
Sachziel eine zentrale Rolle. Denn um letzteres zu ver-    produzierenden. Dieser integrative Austausch kann
folgen und zu erreichen sind NPO von einer ausrei-         durch neue, partizipative Kommunikations- und Aus-
chenden Menge an Ressourcen abhängig. Diese sind           tauschformen verbessert werden. So wäre etwa denk-
heterogen und es herrscht eine Konkurrenzsituation         bar, dass Klienten die NPO via App über ihre indivi-
betreffend Gewinnung von Mitgliedern, Ehrenamtli-          duellen Bedürfnisse informieren und die Leistungs-
chen, Freiwilligen und Spendengeldern. Im Zuge der         erstellung dadurch personalisieren. Im Nachgang
Digitalisierung sind die Möglichkeiten der Vernet-         können sie die Qualität über ebendiese App beurteilen
zung und des Dialogs mit den Akteuren sowie die            und so dazu beitragen, die Prozessabläufe zu optimie-
Ressourcengewinnung vielfältiger geworden.                 ren. Am konkreten Beispiel aufgezeigt, kann beispiels-
                                                           weise eine pflegebedürftige Person dem Dienstleis-
Effizienzsteigerung in der Sachzieler-                     tungsanbieter (z. B. der Spitex) im Vorfeld mitteilen,
reichung                                                   welche konkrete Ausgestaltung sie sich für die Dienst-
NPO nehmen spezifische Ziele der Bedarfsdeckung,           leistungseinheit an besagtem Tag wünscht: möchte sie
Förderung, Interessenvertretung oder Beeinflussung         eine Hilfeleistung beim Einkauf und im Haushalt oder
für ihre Mitglieder sowie Dritte wahr. Ihre Legitimität    aber körperliche Pflege empfangen. Diese Möglichkeit
findet sich daher im sogenannten Sachziel. Dieses          der Anpassung von Dienstleistungen auf die situati-
kann bedarfswirtschaftlicher, karitativer, diakoni-        ven Bedürfnisse der Kunden steigert letztendlich
scher, humanitärer oder weltanschaulicher Natur sein.      ebenfalls die Effektivität.
Da NPO oftmals über limitierte Ressourcen verfügen,
sind sie dem Gebot unterworfen, mit den verfügbaren        Neue Wege in der Erstellung
Mitteln eine möglichst grosse Wirkung zu erzielen (Ef-     von Kollektivgütern
fektivität) resp. ein gewolltes Ergebnis mit den ge-       Im digitalen Raum – präziser im Web 2.0 – löst sich die
ringstmöglichen Mitteln zu realisieren (Effizienz). Ins-   klassische Trennung zwischen Sender und Empfänger
besondere in Bezug auf die Effizienz bietet die            resp. Anbieter und Nachfrager zunehmend auf –
Digitalisierung ein erhebliches Potenzial für NPO.         Stichwort Prosumer. Durch die Möglichkeit des Ein-
Eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH         bezugs von interessierten Dritten in die Ausgestaltung
Zürich zeigt auf, dass sich Firmen über alle Industrien    und Umsetzung von Projekten des Dritten Sektors,
und Grössenklassen hinweg durch die Digitalisierung        wie sie die Digitalisierung ermöglicht, lässt sich diese
vor allem eines erhoffen: Erhöhung der innerbetriebli-     Verbindung auch bei Individualgütern und insbeson-
chen Effizienz.⁴ Diese Form der Effizienz ist in NPO       dere Kollektivgütern feststellen. Bei Letzteren wird
vielschichtig, da überwiegend Dienstleistungen ange-       eine Wirkung für ganze Bevölkerungsgruppen erzielt
boten werden. Der Erstellungsprozess beginnt mit           und oftmals handelt es sich dabei um Interessenver-

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Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

     NPO-Spezifika und      Chancen durch Digitalisierung
     -Charakteristiken

     Vielfältige Aus-       Vielfältigere Möglichkeiten, um auf Veränderungen der Umweltfaktoren zu reagieren
     tauschbeziehungen      (z. B. Digitale Datenbanken)
                            Mehr Möglichkeiten der Vernetzung und des Dialogs mit den Akteuren
     Sachzielerreichung     Innerorganisatorische Steigerung der Effizienz (und Effektivität) bei der Sachzielerreichung
                            Als Mitwirkende werden die Leistungsbezüger zu Mitproduzierenden bei der Dienstleis-
                            tungserbringung
                            Kommunikation der situativen Kundenbedürfnisse steigert Dienstleistungsqualität
                            Anschliessendes Feedback führt zu Prozessoptimierungen
     Erstellung von         Prosumer: Dank Digitalisierung können NPO ihre «Nutzer» in die Erstellung von Kollektiv-
     Kollektivgütern        gütern einbeziehen, z. B. via Meldeportale
                            Kampagnenplattformen im Web eröffnen neue Wege der Interessenvertretung und Beein-
                            flussung
                            Digitalisierung kann auch Individualleistungen neu generieren (z. B. App Be My Eyes)
                            resp. modifizieren (E-Learning)
     Mitgliedschaftliche    Möglichkeit, ein breiteres und geografisch disperses Publikum zu erreichen
     Struktur               Stärkere Bindung an die Organisation dank regem Online-Dialog
                            Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit erhöhen die Legitimation von Entscheidungen
                            Online-Partizipationsinstrumente ermöglichen die Beteiligung über zeitliche und örtliche
                            Restriktionen hinweg, was basisdemokratisches Moment steigert
     Freiwillige Helfer     Freiwillige über den lokalen Rahmen hinaus für seine Mission/Ziele gewinnen
                            Webbasierte Betreuung und Schulung wirkt effektiv und effizient (Skaleneffekte)
                            Geografische und zeitliche Loslösung des freiwilligen Engagements (E-Volunteering)
                            Freiwillige werden von Mithelfern zu Mitgestaltern
     Komplexer              Erleichterung des Zugangs zu Ressourcen (z. B. Online-Fundraising)
     Finanzierungsmix       Digitale Kanäle können zur Intensivierung der Fundraising- und Crowdsourcing-Einnahmen
                            genutzt werden
                            Neue Geschäftsmodelle: Wandel vom Erbringer zum Vermittler von Dienstleistungen

    Tabelle: Digitalisierung als Chance für Nonprofit-Organisationen

    tretung, Beeinflussungs- oder Förderleistungen. Die         geln. Mittels Fotos lässt sich zudem der Schweregrad
    Digitalisierung wirkt bei der Erstellung solcher Leis-      und somit der zur Behebung nötige Arbeitsaufwand
    tungen unterstützend, beispielsweise in Form von            einschätzen. Zusammen mit den Koordinaten der be-
    Meldeportalen wie fixmystreet.com oder zueriwieneu.ch.      treffenden Wegstelle tragen diese Informationen letzt-
    Hier können Bürgerinnen und Bürger Probleme sowie           lich zur Vereinfachung der Prozessabläufe bei. Kollek-
    Schäden, auf die sie in ihrer Stadt stossen, den Verant-    tivleistungen bieten sich für ein solches Engagement
    wortlichen direkt mitteilen.5                               von betroffenen Dritten besonders an, da das Ergebnis
        Entsprechende Beispiele finden sich ebenfalls im        nicht nur zahlenden Personen zugutekommt, sondern
    Dritten Sektor, wie die Organisation Schweizer Wan-         ganzen Teilen der Gesellschaft. Dieses Gefühl, an et-
    derwege zeigt. Auf ihrer Website können Wanderer            was Grösserem teilzuhaben, kann sinnstiftend wirken;
    Schäden an der Beschilderung, ein unbegehbares              haben Menschen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun,
    Wegstück sowie andere Vorfälle auf dem Wanderweg-           motiviert sie das zu konkreten Handlungen.
    netz melden und mit Fotos dokumentieren.⁶ Auf diese              Digitale Medien bieten darüber hinaus auch für
    Weise erfährt der Verband dank den Nutzern des be-          Interessenvertretung und Beeinflussungsleistungen
    sagten Kollektivguts zeitnah von bestehenden Män-           neue Möglichkeiten. So sind hierfür beispielsweise

8                                                                                    Verbands-Management 2/2018
Digitalisierung in Nonprofit-Organisationen - Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

E-Mail-Kampagnen zur Verbreitung von Argumenten            den Rezipientenkreis potenziell erweitert. Durch den
denkbar oder auch Aktionen auf Kampagnenplattfor-          viralen Effekt von Web-Anwendungen, z. B. wenn Fa-
men. Letztere bieten u. a. die Möglichkeit, Unterschrif-   cebook-Nutzer Beiträge einer NPO teilen oder kommen-
tensammlungen für Initiativen oder Petitionen durch-       tieren und so in ihrem eigenen Netzwerk weiteren
zuführen. Auf einigen Plattformen lassen sich auch         Empfängern verfügbar machen, wird die Verbreitung
Protestaktionen lancieren, auf anderen Boykotte koor-      von organisationalen Inhalten zudem vereinfacht. Auf
dinieren.⁷ Twitter kann in diesem Kontext als Informa-     diese Weise stossen Nutzerinnen und Nutzer auf eine
tionsquelle und Instrument des Issue Monitorings die-      neue Organisation in ihrem Interessenbereich, die sie
nen, über das NPO gesellschaftliche Fragen sowie für       zuvor nicht kannten. Dieser Berührungspunkt kann zu
sie besonders relevante Themen beobachten und dar-         weiteren On- oder Offline-Aktivitäten und letztlich zur
aus ein (wenn auch nicht sakrosanktes) Stimmungsbild       Mitgliedschaft führen. Eine Hürde bildet hier aller-
ableiten können.⁸ Ein Beispiel dafür, wie dank der Di-     dings die grosse Zahl digitaler Kommunikatoren im
gitalisierung neue Individualleistungen generiert wer-     Web, die zu einer Informationsflut und der Konkurrenz
den, ist die App Be My Eyes. Über einen Videoanruf         um Aufmerksamkeit führt. Eine Differenzierung über
verbindet sich eine Person mit Sehschwäche, die auf-       die publizierten Inhalte sowie eine strategisch überleg-
grund letzterer in einer gewissen Situation Rat bedarf,    te Wahl der Kanäle ist deshalb unentbehrlich. Ist dieser
mit einem sehenden Freiwilligen, der ihr die Umge-         Schritt getan, bietet das Social Web auch für die Mitglie-
bung mündlich beschreibt.⁹ Auch bei Schulungen ent-        derbindung und die Stärkung eines Wir-Gefühls Poten-
faltet die Digitalisierung ihr Potenzial: Immer häufiger   zial. Einerseits kann die NPO mit ihren Mitgliedern
werden Lerninhalte online in Form eines E-Learning         über die ausgewählten Plattformen in einen Dialog
alternativ oder ergänzend (Blended Learning) zu her-       treten. Andererseits bietet das Social Web auch den Or-
kömmlichen Schulungsformen angeboten.                      ganisationsmitgliedern untereinander die Möglichkeit,
                                                           sich in einer geschlossenen Gruppe mittels Chat-
Stärkung der mitgliedschaftlichen                          Lösung auszutauschen und zu interagieren. Aus der re-
Struktur                                                   gelmässigen Kommunikation gehen letztlich soziale
Die Mitglieder nehmen bei einem Grossteil von NPO          Beziehungen hervor.13 Ferner können Mitglieder, wel-
eine zentrale Position ein und verfügen über unter-        che die Mission ihres Vereins trotz Wegzugs weiterhin
schiedliche Rollen. Jedoch haben viele NPO zuneh-          unterstützen möchten, dies mit einigen Ausnahmen
mend mit einer schwindenden Mitgliederbasis zu             auch ohne physische Präsenz tun und dank Social
kämpfen, was aus gesellschaftlichen Veränderungen          Media in der Gemeinschaft eingebunden bleiben.
sowie den sich wandelnden Lebenskonzepten hervor-               Die mitgliedschaftliche Struktur steht in engem Zu-
geht. Vor allem die zunehmende Mobilität stellt für sie    sammenhang mit Entscheidungsfindungsprozessen.
eine Herausforderung dar: Arbeitsplatz, Wohnort und        Als Träger der NPO stellen die ordentlichen Mitglieder
Freizeitgestaltung fallen geografisch immer stärker        das oberste Macht- und Entscheidungsgremium dar,
auseinander. Ausserdem befeuern häufige Wohnort-           das im Rahmen von direkten oder indirekten demokra-
wechsel die Individualisierung, was sich wiederum          tischen Prozessen die Geschicke der Organisation steu-
negativ auf die Bindungsbereitschaft auswirkt.10           ert. Meinungsbildungs- und Entscheidungsverfahren
    In diesem Umfeld gewinnt das Mitgliedermarke-          sind oftmals komplexe, kosten- und zeitintensive Un-
ting an Relevanz. Sowohl für die Gewinnung als auch        terfangen. Innerhalb der Organisation lassen sich diese
für die Bindung von Mitgliedern liefern digitale Kom-      anhand digitaler Beteiligungsmöglichkeiten jedoch ver-
munikationskanäle, insbesondere Social Media, die          einfachen.14 Wikis beispielsweise können dabei wichtige
Grundlagen. Im Jahr 2017 nutzten 85,5 % der Schwei-        Informationen wie Arbeitsunterlagen oder Protokolle
zerinnen und Schweizer regelmässig das Internet11, 4,4     für sämtliche Mitglieder ausweisen. Etherpad oder
Millionen waren Anfang 2018 auf sozialen Medien un-        Google Docs können als Instrumente der kollaborativen
terwegs12. Diese Plattformen bieten eine Chance, sich      und parallelen Arbeit an Dokumenten (z. B. Richtlinien
mit geringen finanziellen Mitteln einem grösseren und      oder Pressemitteilungen) fungieren, wobei verschiede-
geografisch dispersen Publikum zu präsentieren, was        ne Mitglieder hier ihre jeweilige Expertise in einem

Verbands-Management 2/2018                                                                                              9
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Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

     Fachgebiet einbringen. Über Skype oder Mumble lassen        diesbezüglich resp. eine Beratung könnte anschlie-
     sich Diskussionen, unabhängig von örtlichen Ein-            ssend über einen auf der Organisations-Website einge-
     schränkungen, führen. Via spezifischer Mailinglisten        bauten Fragebogen oder via Chat-Lösung im direkten
     (z. B. Listserv), die eine zweiseitige Kommunikation er-    Austausch mit einem Organisationsvertreter erfolgen.
     lauben, haben interessierte Mitglieder die Möglichkeit,          Einmal gewonnen, sollten freiwillige Helfer fort-
     interne Abläufe nachzuvollziehen, Informationen un-         während betreut werden. Die NPO muss dabei An-
     mittelbar zu empfangen und Rückmeldung zu geben.            sprechpartner zur Verfügung stellen, welche diese in
     Mit der Anwendung LiquidFeedback existiert ein weite-       verschiedensten Themen anleiten und ihnen Rückmel-
     res Instrument für Meinungsbildungs- und Entschei-          dung geben. Insbesondere bei der Unterstützung und
     dungsfindungsprozesse, bei dem die eigene Stimme an         Schulung erleichtert die Digitalisierung einiges. Die
     jemand anderes delegiert werden kann, der bei einer         NPO kann mittels Bereitstellung von Lehrvideos, Pod-
     Abstimmung die Vertretung übernimmt.15 In der Lite-         cast-Tutorials oder schriftlichen Informationen auf
     ratur wurden jedoch auch Hürden von LiquidFeedback          Wissensplattformen ihre Freiwilligen für die verschie-
     diskutiert, u. a. hinsichtlich Inklusion, Anonymität oder   denen Aufgaben befähigen. Durch die Skalierbarkeit
     Machtakkumulation.16 Zusammenfassend bieten web-            dieser Angebote profitiert die Organisation von Ska-
     basierte Beteiligungsverfahren die Chance, Transpa-         leneffekten, was die anfänglich erhöhten Kosten egali-
     renz und Nachvollziehbarkeit zu steigern. Und weil          siert. Über Kommunikations- und Koordinationsplatt-
     durch sie potenziell mehr Mitglieder schon früh in den      formen im Web können von der Organisation
     Entscheidungsfindungsprozess involviert sind, stützt        festgelegte Aktivitäten zudem kollaborativ gestaltet
     sich das Ergebnis letztlich auf einer breiteren Zustim-     und Einsatzpläne ausgehandelt werden. Anschlie-
     mung ab.17 Allerdings können Barrieren wie eine man-        ssend lässt sich mit regelmässigem Feedback die Moti-
     gelnde Medienkompetenz im Online-Bereich oder die           vation der freiwilligen Helfer steigern, etwa wenn sie
     individuelle Präferenz von Face-to-Face-Kontakt die         eine Rückmeldung zur Wirksamkeit ihres Engage-
     Nutzung solcher digitaler Beteiligungswege aktuell          ments (z. B. Fotos zum Projektfortschritt oder Dankes-
     noch hindern.18                                             video auf Social Media) erhalten.20
                                                                      Auch wenn die meist im lokalen Rahmen etablier-
     Finden und Binden von mehr                                  te Freiwilligenarbeit abnimmt, suchen die Menschen
     freiwilligen Helfern                                        dennoch nach Zugehörigkeit. Diese muss aber nicht
     Im operativen Bereich stellen freiwillige Helfer eine       mehr unbedingt in einem institutionalisierten Rahmen
     wichtige Humanressource dar. Sie werden aus den ei-         sein, sondern kann auch in Form informeller Freiwil-
     genen Reihen oder extern rekrutiert. Dabei betreffen        ligkeit geschehen. Vermehrt wünschen sich Individu-
     dieselben gesellschaftlichen Trends, die auf die Mit-       en heute temporäre und unverbindliche Engagements,
     gliederakquise und -bindung einwirken, ebenfalls das        z. B. im Rahmen eines spezifischen Projekts, und wol-
     Engagement freiwilliger Helfer. Neben der Sinnhaftig-       len gleichzeitig mitreden und mitgestalten können.
     keit sind auch einfache Zugangsmöglichkeiten förder-        Mit Hilfe der Digitalisierung können Menschen die
     lich für freiwilliges Engagement, was u. a. durch die       dafür benötigten spontanen Strukturen zur Zusam-
     Bereitstellung relevanter Informationen und Bera-           menarbeit formieren.21 Sind NPO bereit, spezifische
     tungsangebote erreicht wird.19 Das Web stellt passende      und in sich geschlossene Einzelprojekte ausserhalb ih-
     Kommunikationsmittel bereit: Einerseits lassen sich         rer Organisationsgrenzen erarbeiten zu lassen, profi-
     über soziale Medien entsprechende Angebote einer            tieren sie von diesen Entwicklungen. Ferner macht E-
     Organisation viral verbreiten, andererseits bestehen        Volunteering – also Freiwilligenarbeit im resp. über
     spezielle Plattformen, welche Freiwillige vermitteln        das Netz (z. B. Mithilfe beim Erstellen von Webinaren,
     (z. B. benevol-jobs.ch). Ergänzend zu den bisherigen Ka-    Überarbeitung einer Website oder Organisieren von
     nälen wird somit eine grössere Reichweite erzielt, was      Events) – das zivilgesellschaftliche Engagement zeit-
     wiederum die Chance erhöht, für die beworbenen Tä-          und ortsunabhängig, wodurch sich auch Menschen
     tigkeiten eine Person mit entsprechenden Interessen         über den lokalen Rahmen hinaus dafür begeistern las-
     und Fähigkeiten zu finden. Eine vertiefte Abklärung         sen. Möchten NPO diese Potenziale nutzen, bedürfen

10                                                                                  Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

sie jedoch einer bestimmten Grundhaltung: Koopera-             melle Art vermittelt werden. Mehr Transparenz schaf-
tion mit statt blosser Konsultation von Interessierten.        fen zudem Berichte zu Organisationsthemen auf der
Denn gerade soziale Medien verlangen nach Partizi-             Website. Des Weiteren bietet das Internet einen direk-
pation. Sie erlauben es, unterschiedliche Menschen in          ten Weg der Mitteleinwerbung, etwa via Spendenpor-
den gesamten Prozess von der Formulierung bis hin              tal oder einem Spendenformular auf der eigenen
zur Umsetzung eines Projekts oder einer Dienstleis-            Website. Die Transaktion findet dann online wie bei-
tung einzubeziehen und sie mitbestimmen zu lassen.22           spielsweise über PayPal, einem virtuellen Konto, statt.
     Neben den Mitgliedern und den freiwilligen Hel-           Dadurch wird das Spenden auf der Website der NPO
fern stellen auch die Ehrenamtlichen als wichtige in-          mit nur wenigen Klicks möglich, was den Prozess
terne Stakeholder eine NPO-Spezifika dar. Für die Zu-          deutlich vereinfacht. Über weitere Online-Kanäle wie
sammenarbeit innerhalb sowie die Kommunikation                 dem Newsletter oder sozialen Medien können poten-
mit dieser Gruppe hält die Digitalisierung ebenfalls           zielle Spender auf diese Möglichkeit aufmerksam ge-
Chancen und Potenziale bereit. Diese sind jedoch zu            machen werden: Bei Facebook existiert ein Call-to-Ac-
einem grossen Teil deckungsgleich mit den bereits              tion-Button, über Twitter kann Dringlichkeit einer
ausgeführten Aspekten.                                         Aktion signalisiert und auf YouTube per Video um eine
                                                               Spende gebeten werden. Social Media-Plattformen
Ausbalancieren des komplexen                                   dienten bis anhin vordergründig der Bindung von
Finanzierungsmixes                                             jüngeren Spendern, wobei sich deren Funktion durch
Neben den diskutierten Humanressourcen bedürfen                die grosse Verbreitung zum Erstkontakt-Medium aus-
Nonprofit-Organisationen zur Leistungserstellung eben-         geweitet hat.25
falls monetärer Einkünfte. Dabei zeichnen sie sich durch            Zu bemerken bleibt, dass Online-Spenden in der
eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzierungsquellen           Schweiz derzeit eine noch untergeordnete Rolle spie-
aus: Hierzulande bilden Leistungsentgelte (hierzu zählen       len.26 Das kann jedoch daran liegen, dass sich Spender
auch Mitgliederbeiträge und Sponsorengelder) mit 57 %          zwar über Kanäle wie Spendenportale informieren,
der Gesamteinnahmen die Hauptgeldquelle von NPO,               die Transaktion aber auf herkömmliche Weise via Di-
mit 35 % folgen die staatlichen Finanzierungsbeiträge          rektüberweisung vornehmen.27 Ist die Transaktion
und mit gesamthaft 8 % private Spenden. Allerdings vari-       vollzogen und der Spender zufrieden, lässt er sich al-
ieren die jeweiligen Anteile je nach Sektor stark.23 Betref-   lenfalls als Multiplikator einsetzen, der sein Engage-
fend staatlicher Beiträge ist aufgrund politischer Ent-        ment auf Social Media weiterverbreitet oder eine On-
scheide in den letzten Jahren allerdings ein Rückgang          line-Spendensammlung zu besonderen Anlässen wie
festzustellen, wodurch die anderen beiden Kategorien an        beispielsweise einem Geburtstag veranstaltet. Neben
Bedeutung gewinnen. Doch auch bei diesen zeichnen              dem Online-Fundraising existiert im Web ausserdem
sich gewisse Hürden ab. So verteilt sich das anwachsende       die Möglichkeit des Crowdfundings. Hierbei sind die
Spendenvolumen auf eine zunehmende Anzahl NPO,                 Einnahmen zweckgebunden und im Gegenzug für die
und im Rahmen der Leistungsentgelte stehen Organisati-         Zuwendung wird oftmals eine gewisse Leistung er-
onen zunehmend in Konkurrenz mit profitorientierten            bracht.28 Speziell auf NPO ausgerichtet ist das Online-
Anbietern.24 Folglich entsteht für NPO ein gewisser            Portal lokalhelden.ch, über das gemeinnützige Projekte
Druck, sich von den anderen abzuheben, wollen sie diese        nicht nur mit Geld- sondern auch mit Zeit- oder Sach-
Einnahmequellen nicht versickern lassen.                       spenden unterstützt werden können. Im Hinblick auf
     Sowohl bei den Leistungsentgelten als auch den            die Konkurrenz um Leistungsentgelte liessen sich fer-
Spendeneinnahmen geht es zunächst um Kommuni-                  ner neue digitale Geschäftsmodelle andenken, um sich
kationsthemen: die Bekanntheitssteigerung über den             mit innovativen Leistungen sowie Kostenvorteilen
lokalen Kontext hinaus sowie die Vertrauensförde-              von anderen NPO abzuheben. So könnten sich Vereine
rung mittels gesteigerter Transparenz bezüglich Mit-           im Gesundheits- oder Sozialbereich, die Pflege- oder
telverwendung und erzielter Wirkung. Zu diesem                 Betreuungsleistungen bei den Kunden zuhause anbie-
Zweck könnten auf YouTube fertige Projekte darge-              ten, in die Richtung einer reinen Vermittlungsplatt-
stellt sowie organisationale Informationen auf infor-          form für entsprechende Dienste umorientieren.

Verbands-Management 2/2018                                                                                               11
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

     Schlusswort                                                              Literatur
     Organisationen des Dritten Sektors können die Digita-                    Bisa, P. (2015). Digitale Politikvermittlung – Chancen und Risi-
     lisierung als Chance zur eigenen Weiterentwicklung                       ken interaktiver Medien für Verbände. In: Friedrichsen, M. &
                                                                              Kohn, R. A. (Hrsg.). Digitale Politikvermittlung. Chancen und Risi-
     betrachten. Denn – wie dieser Beitrag aufzeigt und re-                   ken interaktiver Medien (2. korr. Auflage). Wiesbaden: Springer
     flektiert – passen die typischen NPO-Charakteristika                     VS, S. 451-461.
     bestens zur Digitalisierung und den damit verbunde-                      Burkhardt, M. (2015). Digitale Datenbanken. Eine Medientheorie im
     nen Möglichkeiten. Eine gewisse Offenheit für die ak-                    Zeitalter von Big Data. Bielefeld: transcript.

     tuellen Entwicklungstendenzen in diesem Bereich ist                      Bundesamt für Statistik (2018). Internetnutzung. URL: https://
                                                                              www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-in-
     jedoch die Grundvoraussetzung dafür, diese Potenzia-
                                                                              formationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamt-
     le auch für seine Organisation nutzen und letztere vo-                   indikatoren/haushalte-bevoelkerung/internetnutzung.html zu-
     ranbringen zu können.                                                    letzt abgerufen am 16.06.2018.
                                                                              Ebersbach, A., Glaser, M. & Heigl, R. (2016). Social Web (UTB
                                                                              3065; 3., überarb. Auflage). Konstanz: UVK.

     Fussnoten                                                                Gabler Wirtschaftslexikon (2018). Digitalisierung. URL: https://
                                                                              wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/digitalisierung-54195/
     1
          Vgl. hierzu auch Gabler Wirtschaftslexikon 2018.                    version-277247 zuletzt abgerufen am 16.06.2018.
     2
          Grundlage für die Ausführungen dieses Beitrags ist das Freiburger   Gmür, M. & Lichtsteiner, H. (2010). Ausblick: 10 Thesen zur Ent-
          Management-Modell; Lichtsteiner et al. 2015.                        wicklung der Organisationen im Dritten Sektor der Schweiz. In:
     3
          Weiterführende Literatur hierzu: Burkhardt 2015; Meier 2018.        Helmig, B., Lichtsteiner, H. & Gmür, M. (Hrsg.). Der Dritte Sektor
                                                                              der Schweiz: Länderstudie zum John Hopkins Comparative Nonprofit
     4
          Vgl. KOF 2018.                                                      Sector Project (CNP). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt, S. 239-250.
     5
          Vgl. Samochowiec et al. 2018.                                       Freitag, M.; Manatschal, A.; Ackermann, K. & Ackermann, M.
     6
          Vgl. Schweizer Wanderwege 2018.                                     (2016). Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 (Freiwilligkeit). Zürich:
                                                                              Seismo.
     7
          Vgl. Samochowiec et al. 2018.
                                                                              Helmig, B., Gmür, M., Bärlocher, C. & Bächtold, S. (2010). Statis-
     8
          Vgl. Michalowitz 2015.                                              tik des Dritten Sektors in der Schweiz. In: Helmig, B., Lichtstei-
     9
          Vgl. Samochowiec et al. 2018.                                       ner, H. & Gmür, M. (Hrsg.). Der Dritte Sektor der Schweiz: Länder-
                                                                              studie zum John Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project
     10
          Vgl. Gmür & Lichtsteiner 2010.                                      (CNP). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt, S. 173-205.
     11
          Vgl. Bundesamt für Statistik 2018.                                  Hengevoss, A. & Berger, O. (2018). Konjunkturbarometer. Eine
     12
          Vgl. Statista 2018.                                                 Trendanalyse des Schweizer NPO-Sektors (CEPS Forschung & Pra-
                                                                              xis – Band 18). Basel: CEPS.
     13
          Vgl. Ebersbach et al. 2016.
                                                                              Hensel, A. & Klecha, S. (2013). Zwischen Stammtisch und Ether-
     14
          Vgl. Bisa 2015.                                                     pad. Beteiligung und Mitwirkung in der Piratenpartei. For-
     15
          Vgl. Hensel & Klecha 2013; Raber 2017.                              schungsjournal Soziale Bewegungen, 26(2), S. 62-71.
     16
          Vgl. hierzu etwa Hensel & Klecha 2013.                              KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (2018). Kon-
                                                                              junktur und Forschung. Digitalisierung (2/2): Effizienzsteigerung als
     17
          Vgl. Bisa 2015.                                                     oberstes Ziel. URL: https://www.ethz.ch/content/dam/ethz/spe-
     18
          In Anlehnung an Paetsch & Reichert 2015.                            cial-interest/dual/kof-dam/documents/KOF_Bulletin/2018/kof_
                                                                              bulletin_2018_03_de.pdf zuletzt abgerufen am 20.06.2018.
     19
          Vgl. Freitag et al. 2016; Samochowiec et al. 2018.
                                                                              Lampe, B. (2015a). Spenderpyramide und Loyalitätszyklus. Wie
     20
          Vgl. Samochowiec et al. 2018.                                       man aus Interessenten engagierte Unterstützer macht. In: Lam-
     21
          Vgl. ebd. 2018.                                                     pe, B., Ziemann, K. & Ullrich, A. (Hrsg.). Praxishandbuch Online-
                                                                              Fundraising. Wie man im Internet und mit Social Media erfolgreich
     22
          Vgl. Reiser 2013.                                                   Spenden sammelt. Bielefeld: transcript, S. 9-12.
     23
          Vgl. Helmig et al. 2010.                                            Lampe, B. (2015b). Formen des Online-Fundraisings. Spenden-
     24
          Vgl. Hengevoss & Berger 2018.                                       formular, Aufrunden, Painless Giving und Co. In: Lampe, B.,
                                                                              Ziemann, K. & Ullrich, A. (Hrsg.). Praxishandbuch Online-Fund-
     25
          Vgl. Viest 2016.                                                    raising. Wie man im Internet und mit Social Media erfolgreich Spen-
     26
          Vgl. hierzu etwa Stiftung Zewo 2018; RaiseNow 2017.                 den sammelt. Bielefeld: transcript, S. 20-24.
     27
          Vgl. Viest 2016.                                                    Lichtsteiner, H., Gmür, M., Giroud, C. & Schauer, R. (2015). Das
                                                                              Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen
     28
          Vgl. Lampe 2015a; Lampe 2015b.                                      (8. Auflage). Bern/Stuttgart/Wien: Haupt.

12                                                                                                     Verbands-Management 2/2018
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

Meier, A. (2018). Werkzeuge der digitalen Wirtschaft: Big Data, NoS-    Schweizer Wanderwege (2018). Mängel, Schäden und Vorfälle mel-
QL & Co.: Eine Einführung in relationale und nicht-relationale Daten-   den. URL: https://www.wandern.ch/de/signalisation/maengel-
banken. Wiesbaden: Springer.                                            schaeden-und-vorfaelle-melden zuletzt abgerufen am 19.06.2018.
Michalowitz, I. (2015). «Brussels Tweets»: Einfluss digitaler Me-       Statista (2018). Anzahl der Internetnutzer, der Social Media-Nutzer
dien auf Lobbying? In: Friedrichsen, M. & Kohn, R. A. (Hrsg.).          sowie der mobilen Internetnutzer in der Schweiz im Jahr 2018 (in Mil-
Digitale Politikvermittlung. Chancen und Risiken interaktiver Medien    lionen). URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/529765/
(2. korr. Auflage). Wiesbaden: Springer VS, S. 413-425.                 umfrage/internetnutzer-vs-social-media-nutzer-in-der-schweiz/ zu-
                                                                        letzt abgerufen am 16.06.2018.
Paetsch, J. & Reichert, D. (2015). Potenziale nutzen mit Liquid
Democracy. In: Friedrichsen, M. & Kohn, R. A. (Hrsg.). Digitale         Stiftung Zewo (2018). Die Zewo-Spendenstatistik. URL: https://
Politikvermittlung. Chancen und Risiken interaktiver Medien (2. korr.   www.zewo.ch/fur-hilfswerke/service-nutzen/spendenstatistik
Auflage). Wiesbaden: Springer VS, S. 499-515.                           zuletzt abgerufen am 17.06.2018.
Raber, S. (2017). Liquide Demokratie zur Verbesserung der Betei-        Viest, O. (2016). Online-Fundraising. In: Urselmann, M. (Hrsg.).
ligungskultur. Anwendungsoptionen für Non-Profit-Organisati-            Handbuch Fundraising (Springer Reference Wirtschaft). Wiesbaden:
onen. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 54(4), S. 605-617.          Springer Gabler, S. 305-323.
RaiseNow (2017). Digital Fundraising Studie Schweiz 2017. So spen-
det die Schweiz online. URL: https://dfs.raisenow.com/dfs17-de.pdf
zuletzt abgerufen am 17.06.2018.
Reiser, B. (2013). Der Dritte Sektor und Soziale Medien – Chan-
cen für Beteiligung und Demokratisierung. Forschungsjournal
Soziale Bewegungen, 26(2), S. 99-108.
Samochowiec, J., Thalmann, L. & Müller, A. (2018). Die neuen
Freiwilligen – Die Zukunft zivilgesellschaftlicher Partizipation. Zü-
rich: GDI Gottlieb Duttweiler Institut.

Die Autoren

                            Philipp Erpf / philipp.erpf@vmi.ch
                            Dr. Philipp Erpf ist Vizedirektor des VMI. An diesem promovierte er zum Thema Social
                            Entrepreneurship. Zuvor war er Berater für HR‐Organisation und Prozessoptimierung in
                            Bern, Change Management in München und Markenstrategie in Zug. Er studierte Be-
                            triebswirtschaftslehre, Medien‐ und Kommunikationswissenschaften, Zeitgeschichte so-
                            wie Philosophie an den Universitäten Freiburg/CH und Bern.

                            Nathalie C. Maring / nathalie.maring@vmi.ch
                            Nathalie C. Maring ist Doktorandin und Projektmitarbeiterin am VMI und widmet sich in
                            ihrer Dissertation dem Thema Verbandskommunikation. 2017 schloss sie ihr Studium
                            zum Master of Arts in Business Communication an der Universität Freiburg/CH ab. Nach
                            einem Praktikum im Bereich Redaktion/Marketing arbeitete sie parallel zum Studium als
                            Redakteurin bei Kommunikationsagenturen in Zürich und Bern.

Verbands-Management 2/2018                                                                                                                      13
Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

     Forschungsbeitrag

     Digitalisierung in grossen NPO –
     Befunde aus der Praxis
     Christian Horak und Josef Baumüller

     Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensberei-                  Digitale Wertschöpfung: Aber auch bereits beste-
     che stellt eine Entwicklung dar, welche in Forschung          hende Leistungsprozesse können hinsichtlich ihrer Effi-
     und Praxis zu einem zentralen Thema geworden ist.             zienz und Wirksamkeit optimiert, die Wertschöpfung
     Der gegenwärtige Wandel, im Hinblick auf seine                neu gedacht werden.
     weitläufigen Konsequenzen als «digitale Revoluti-                  Digitale Organisationssteuerung: Aus Sicht von
     on» bezeichnet, verändert das Umfeld, in dem Unter-           Management und Controlling eröffnet die Digitalisie-
     nehmen tätig sind, mitunter radikal – und stellt an           rung neue Möglichkeiten der Transparenzschaffung
     deren Management und Steuerung neue Anforde-                  und Entscheidungsfindung nach innen wie nach aus-
     rungen. Diese gegenwärtig vor allem im Kontext ge-            sen.
     winnorientierter Unternehmen diskutierten Ent-                     Diese Perspektiven zeigen sich auch für NPO in
     wicklungen lassen auch für NPO eine grundsätzlich             vielfältiger Ausprägung. In der vergleichsweise noch
     gleich hohe Bedeutung und sogar einen Bedeutungs-             unterentwickelten Literatur zu den spezifischen Chan-
     gewinn für die nahe Zukunft erwarten.                         cen für diese Organisationen finden sich zunächst
                                                                   neue Möglichkeiten des Austausches mit den An-
     Der Begriff der Digitalisierung ist allerdings ein so viel-   spruchsgruppen bzw. deren Einbindung in das orga-
     gebrauchter wie letztlich vager. Gemeint wird üblicher-       nisationale Geschehen, z. B. in Form ehrenamtlichen
     weise ein Wandel des Unternehmensgeschehens hin zu            Engagements oder dem Fundraising. Hier stehen v. a.
     digitalen Prozessen mithilfe der modernen Informa-            Aspekte in der Verbindung mit neuen Kommunikati-
     tions- und Kommunikationstechnologie (IKT).1 Er ist           onstechnologien im Fokus.⁵ Durch die zunehmend an-
     eng verbunden mit dem Begriff «Big Data», aber im             fallenden Datenmengen haben die Organisationen
     Sinne einer praktischen Voraussetzung für diesen da-          ausserdem neue Auswertungsmöglichkeiten zur Ver-
     von letztlich klar zu unterscheiden.² Unternehmen und         fügung, um hierdurch ihre Organisationssteuerung
     NPO sind in einer Vielzahl an Erscheinungsformen da-          bzw. ihre Anspruchsgruppen- und v. a. Fördergeber-
     von betroffen, häufig unter Bezeichnungen wie jenen           kommunikation weiterzuentwickeln. Gerade im Hin-
     der Automatisierung oder der Prozessrationalisierung.         blick auf die Probleme, die sich NPO typischerweise
     Und wenngleich der IKT bei dieser Entwicklung eine            bei der Erfassung und Analyse ihrer Wirkungen stel-
     zentrale Rolle zukommt, reichen die Auswirkungen              len, trägt dies grosses Potential in sich.⁶ Dies gilt glei-
     weit darüber hinaus in alle Organisationsbereiche hin-        chermassen von Effektivitäts- wie aus Effizienzpers-
     ein; anders gesagt: Digitalisierung ist keine (reine) IT-     pektiven aus betrachtet.⁷ Weitergedacht kann dies eine
     Problemstellung. Dass Digitalisierung also ein Manage-        Grundlage sein, um durch Innovationen soziale Prob-
     ment-Thema ist,³ zeigen ihre drei Wirkungsebenen, die         leme zu adressieren, die sich bisher ihrer Erfassung
     in der Literatur unterschieden werden:⁴                       durch NPO entzogen haben.⁸ So wie umgekehrt aber
          Digitale Geschäftsmodelle: Durch die Digitalisie-        auch davon auszugehen sein wird, dass durch die Di-
     rung wird ein erweitertes Leistungsspektrum möglich,          gitalisierung in allen Bereichen des menschlichen Le-
     das neue Kundengruppen bzw. Finanzierungsquellen              bens neue Probleme entstehen, die ebenso ein neues
     erschliesst. Diese besonders weitreichende Folge der          Betätigungsfeld für NPO eröffnen. Digitale Start-ups
     Digitalisierung zeigt sich häufig bei Start-ups, z. B. be-    lassen sich im NPO-Bereich folglich wie im gewinnori-
     sonders prominent bei Fintechs im Finanzbereich.              entierten Bereich zunehmend beobachten.

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Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

     Diesem Chancenpotential stehen freilich kritische   te sich jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen
Befunde jüngeren Datums aus der Praxis gegenüber,        den Organisationen; d. h. die in Folge dargestellten
die noch 2015/16 aufzeigten, dass die Digitalisierung    Ergebnisse gelten gesamthaft für die im Sample ent-
im deutschsprachigen Raum nur von wenigen NPO            haltenen NPO. Dies kann weiterhin als Hinweis dafür
als prioritäres Thema gesehen wurde.⁹ Dies wirft – ge-   gesehen werden, dass die dargestellten Befunde von
rade im Vergleich zur Dynamik dieses Themas im           breitenwirksamer Relevanz im NPO-Bereich sind –
Kontext gewinnorientierter Unternehmen10 – die Fra-      mit allen Einschränkungen zum Sample dieser Studie
ge auf, ob der NPO-Bereich hier in angemessener Wei-     auch über diesen hinaus.
se auf die zahlreichen Umwälzungen reagiert oder
bereits ins Hintertreffen geraten ist.                   Studienbefunde

Studienhintergrund und -vorgehen                         Digitalisierung im Allgemeinen
Um diese aufgeworfene Frage zu adressieren, führte       Die Studienteilnehmenden wurden anfangs um eine
das Österreichische Controller-Institut (ÖCI) in Ko-     Einschätzung gebeten, inwieweit sie in der Digitalisie-
operation mit Contrast EY Management-Consulting          rung gegenwärtig eine Herausforderung für ihre Or-
im ersten Halbjahr 2017 eine Erhebung zur Bedeutung      ganisationen sehen. Die Zustimmung zu dieser Frage
der Digitalisierung in der NPO-Praxis durch. Die Ziel-   war eine deutliche: 57 % sahen hierin eine «sehr wich-
gruppe stellten NPO aller Betätigungsfelder und Grö-     tige» Herausforderung für ihre Zukunft, weitere 39 %
ssen in Österreich und Deutschland dar; der Daten-       beurteilten diese als «eher wichtig». Um zu erfassen,
bank des ÖCI konnten hierzu rund 1000 Organisationen     mit welchen erwarteten Vor- und Nachteilen diese He-
entnommen werden.11 Diese wurden mittels E-Mail          rausforderung für die Organisationen verbunden
kontaktiert und ersucht, an der Umfrage mittels On-      sind, welche Motivlage hier also zum Tragen kommt,
line-Fragebogen teilzunehmen.                            wurden sie in einem nächsten Schritt um deren diesb-
     Diesen Fragebogen beantworteten letztendlich 82     zgl. Einschätzung gebeten (vgl. Abbildung 1).
NPO. Hierbei handelte es sich zum überwiegenden               Hinsichtlich der Vorteile sticht die Priorisierung
Teil um grosse Organisationen mit mehr als 500 Mitar-    kommunikativer Aspekte nach innen wie nach aussen
beitende (36); zw. 100 und 500 Mitarbeitende wiesen      heraus. Dass bei Letzterem v. a. Marketing-bezogene
21 NPO aus, gefolgt von 10 NPO mit Mitarbeitenden        Erwägungen im Fokus stehen dürften unterstreicht
zw. 50 und 100 sowie 15 NPO mit noch geringerer          demgegenüber die geringe Gewichtung der (grund-
Mitarbeitenden-Zahl. Bzgl. des Betätigungsfeldes         sätzlich ebenso naheliegenden) Möglichkeit, Transpa-
wird das Sample überwiegend von Sozialorganisatio-       renz gegenüber Aussenstehenden zu schaffen. Ähnlich
nen dominiert (n=38). Es folgen Interessenvertretun-     werden Effizienzsteigerungs- bzw. Kosteneinsparungs-
gen (n=10) und Organisationen aus dem Bildungsbe-        potenziale in umfassender Weise gesehen, während das
reich (n=7); die weiteren Branchen wiesen keine          Potenzial zur Erschliessung neuer Leistungen nur von
nennenswerte Teilnehmerzahl auf (z. B. Religion, Kul-    49 % der Studienteilnehmenden genannt wird. Dieser
tur) bzw. verzichteten manche NPO auf die Angabe         Fokus auf vergleichsweise einfach zu realisierende As-
ihres Betätigungsfeldes. Innerhalb dieser Organisatio-   pekte gegenüber solchen mit eher langfristiger, ggf.
nen waren es v. a. kaufmännische Verantwortliche         strategischer Wirkung wirft freilich die Frage auf, ob
(z. B. Geschäftsführer(innen) oder Mitglieder des Vor-   den befragten NPO die Bedeutung der Digitalisierung
standes), die an der Studie teilnahmen (n=50), dane-     in ihrer vollen Tragweite bewusst ist.
ben v. a. Mitarbeitende aus dem Controlling oder              Korrespondierend mit diesen Befunden zu den Nut-
Rechnungswesen.                                          zenpotenzialen fallen auch die Einschätzungen zu mög-
     Die Studienergebnisse wurden sowohl deskriptiv      lichen Nachteilen auf. Hier dominieren Punkte, die
als auch hinsichtlich korrelativer bzw. kausaler Zu-     durch einen hohen IT-Bezug gekennzeichnet sind. Dem
sammenhänge untersucht. Für Letztgenanntes stellten      Chancenpotential im Hinblick auf Effizienzüberlegun-
primär Grösse und Betätigungsfeld den Betrachtungs-      gen steht weiterhin die geringe Gewichtung des erwarte-
fokus dar. Nach keiner dieser Kategorisierungen zeig-    ten Nachteils gegenüber, dass dies mit entsprechendem

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Schwerpunkt: Digitalisierung in NPO

             Neue Möglichkeiten der Interaktion mit
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                          Kunden /Klienten(inn)en

        Vereinfachung der internen Kommunikation /
                                                                                                               76 %
                                   Zusammenarbeit

          (Teil-)Automatisierung alltäglicher Prozesse                                                       71 %

                        Aufwands-/Kosteneinsparung                                                    62 %

         Vereinfachung der externen Kommunikation                                                  59 %

           Möglichkeit neue Leistungen zu erbringen                                         49 %

        Schaffung von mehr Transparenz gegenüber
                                                                                           46 %
      Leistungsempfänger(inne)n / Spender(inne)n /
                                     Öffentlichkeit
                                           Andere             6%

     Abbildung 1: Erwartete Vorteile der Digitalisierung (Häufigkeit der Nennung)

     Druck für die Mitarbeitenden einhergeht. Dies legt den        befragten NPO sind weiterhin bis zu fünf Vollbeschäf-
     Schluss nahe, dass die befragten Organisationen es evtl.      tigungsäquivalente an Personalressourcen mit diesem
     noch eher als eine «Fleissaufgabe» betrachten, die Effizi-    Thema gebunden; am anderen Ende des Spektrums
     enzsteigerungspotentiale durch die Digitalisierung zu         stehen immerhin noch sieben Organisationen (9 %),
     realisieren – und dahingehend keine Dringlichkeit wahr-       die mehr als 20 Mitarbeitende in Vollbeschäftigungs-
     nehmen (vgl. Abbildung 2).                                    äquivalenten damit betraut haben. Gemessen an den
                                                                   konkreten Rahmenbedingungen für die jeweilige
     Digitalisierung und Organisation(ssteuerung)                  NPO stellt mehr als die Hälfte (56 %) ein vergleichs-
     Digitalisierung ist in den befragten NPO «Chefsache»:         weise hohes Budget für die Weiterqualifizierung die-
     59 % von ihnen gaben an, dass die Digitalisierung in-         ser Mitarbeitenden zur Verfügung.
     nerhalb der Organisation von der Geschäftsführungs-                Zu einem kritischen Fazit führt allerdings die Be-
     ebene vorangetrieben wird. Nennenswerte Bedeutung             rücksichtigung der Digitalisierung in die Organisati-
     kam weiters den IT-Abteilungen (15 %) bzw. den                onsstrategie und -steuerung. Trotz des genannten, in
     Fachabteilungen (12 %) zu. Dieser Befund sticht inso-         vielen NPO nicht unbeachtlichen Ressourceneinsat-
     fern heraus, als es gerade diese Fachabteilungen sind,        zes, gaben 38 % der befragten Organisationen an, kei-
     in denen sich die Digitalisierung am stärksten aus-           ne verschriftlichte Strategie hierzu zu verfolgen. Nur
     wirkt und die durch ihren Einsatz diese Entwicklung           in 13 % liegt demgegenüber eine solche vor, bei den
     erst zum Leben erwecken. Trotz des ebenso unstritti-          anderen Organisationen ist sie immerhin in Entwick-
     ger Weise erforderlichen «Committments von oben»              lung (19 %) bzw. ist diese Entwicklung geplant (30 %).
     stellt dies also einen ambivalenten Befund dar, der auf       Positiv ist zu würdigen, dass in Summe 70 % eine Di-
     weiteren Untersuchungsbedarf (sowie potentielle               gitalisierungsstrategie als Bestandteil ihrer Ge-
     strukturelle Problembereiche in der Praxis) hinweist.         samtstrategie (in welcher Form auch immer) enthalten
          Zu den Ressourcen, die hierfür zur Verfügung ste-        sehen. 40 % der befragten NPO leiten auch ihre Digita-
     hen, gaben 49 % an, dass diese in Summe 0 %–5 % des           lisierungsplanung im Rahmen der gesamtstrategi-
     Gesamtbudgets ausmachten; fast ebenso viele (41 %)            schen Planung ab, während 32 % ihre Digitalisie-
     nannten als Bandbreite sogar 6 %–10 %. In 68 % der            rungsmassnahmen bloss projektbezogen planen und

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