MENSCHEN BILDEN. NEUES ERFORSCHEN. ZUKUNFT GESTALTEN.
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EDITORIAL LIEBE LESERINNEN UND LESER, dieses Jahr ist ein besonderes für die OTH Regensburg: Vor 50 Jahren wurde unsere Vorgängereinrichtung, das Johannes-Kep- ler-Polytechnikum, zur Fachhochschule ernannt. Damit wurde aus der einstigen Ingenieurschule eine wissenschaftliche Bildungsein- richtung, die sich seither zu einer modernen Hochschule für an- gewandte Wissenschaften entwickelt hat. Anlässlich unseres Jubiläums wollen wir Ihnen vielfältige Blicke hinter die Kulissen der OTH Regensburg ermöglichen und Eindrücke von vielen Studierenden und Kolleg*innen schildern. In diesem Ma- Prof. Dr. Wolfgang Baier, gazin zeichnen wir den Weg der Hochschule nach, deren Wurzeln Präsident der OTH Regensburg bis weit ins 19. Jahrhundert reichen. Wir zeigen, wie es zu unserem breit gefächerten Studienangebot kam und wie neben Lehre auch Weiterbildung, Forschung und Transfer zu unseren Kernaufgaben wurden. Dabei nehmen wir nicht nur die Vergangenheit in den Blick, son- dern verorten auch, wo wir heute stehen – und wohin es in Zukunft gehen könnte. Das Kapitel WISSEN dreht sich um innovative Lehr- methoden, praxisorientierte akademische Ausbildung und unser Angebot für Schüler*innen. Der Abschnitt ENTDECKEN widmet sich spannenden Forschungsprojekten, etwa zum Trendthema Künstliche Intelligenz oder dem Haus der Zukunft. Um unsere zahlreichen Partnerschaften in Wissenschaft, Wirt- schaft und Gesellschaft geht es im Kapitel VERNETZEN. Wie viel- fältig die Wege unserer Alumni sind und wie wir die Studierenden beim Start ins Berufsleben unterstützen, zeigen wir unter dem Stichwort DURCHSTARTEN. Das Kapitel LEBEN schließlich erzählt von leidenschaftlichen Studierendenprojekten, unserem Angebot für Familien, dem Einsatz für Gleichstellung und Diversität sowie treuen Mitarbeiter*innen – denn die Hochschule ist nicht nur der Ort, an dem wir gemeinsam lernen, lehren und arbeiten, sondern auch zusammen gestalten, entdecken und leben. Darin liegt auch ein Schlüssel unseres Erfolgs. Ich danke allen Kolleg*innen für ihr Engagement in all diesen Jah- ren und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen! Ihr Prof. Dr. Wolfgang Baier 3
I N H A LT I N H A LT 08 32 I N H A LT Editoral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 03 Grußworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 06 WA C H S E N 08 Lange Tradition: Die Geschichte der OTH Regensburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 08 Studienplätze verdoppelt: Das Ausbauprogramm wirkt bis heute . . . . . . . . . 16 Studieren im Baudenkmal: Der Standort Prüfening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Aus einer anderen Zeit: Das ehemalige Atomlabor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Teamplayer: Präsident Prof. Dr. Wolfgang Baier im Interview . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Der Erste und der Jetzige: zwei Hochschulratsvorsitzende erzählen . . . . . . 30 WISSEN 32 66 86 Seit 50 Jahren Pflichtfach: Vermessungskunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Von 0 auf 50: Die Entwicklung der Studienfächer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Lernen aus der Praxis: Beispiele aus vier Fachgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Visionäre Lehre: Digitalisiertes Bauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Lehre heute: Interaktiv und digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Lebenslanges Lernen: Die Weiterbildung als wichtiger Baustein . . . . . . . . . . . 56 Schüler*innen begeistern: Die Angebote der Jungen Hochschule . . . . . . . . . 62 ENTDECKEN 66 In aller Vielfalt: Forschungsgeschichte und -projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Zukunftsweisend: Das Labor für Konstruktiven Ingenieurbau . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Weltweit einzigartig: Das Institut für Scalalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Neue Welt: Der Forschungstrend Künstliche Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Gemeinsam: Sechs Fakultäten entwickeln das Haus der Zukunft . . . . . . . . . . 82 12 VERNETZEN 86 Starke Partnerschaft: Hochschulverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Bindeglied zur Wirtschaft: Das SappZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 International: Projekte im Reinraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Ab ins Ausland: Viele Chancen dank 200 Partnerhochschulen . . . . . . . . . . . . . . 94 98 118 D U RC H S TA RT E N 98 Stark für Gründer*innen: Der Career Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Erfolge: Alumni im Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 In Kontakt bleiben: Mit dem Verein der Freunde und Förderer . . . . . . . . . . . . . 106 Unterstützung für Studierende: Das Deutschlandstipendium . . . . . . . . . . . . . 107 Mehr als Mentoring: Zwei Freundinnen erzählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Unterstützung für Gründer*innen: Das start-up center. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Ideen und Mut: Gründer*innen im Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 LEBEN 118 Aus Leidenschaft: Drei beachtliche Studierendenprojekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Mit Charme: Auf dem Weg zur Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Trotz Handycap: Diversity-Preis für Studierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Nahe Mama und Papa: Kinderbetreuung am Campus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 In Treue: Langjährige Mitarbeiter*innen im Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Für alle: Ein- und Ausblicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4 5
G RU S S W O RT E G RU S S W O RT E Zukunftsvisionen, „Seit einem halben Jahrhundert verbindet die OTH Regensburg nun Forschungsstärke mit zukunftswei- sender Hochschullehre. Angetrieben von Zukunftsvi- sionen, Innovationskraft und Fortschrittsdenken ist sie Innovationskraft und ein Motor für den sozialen wie ökologischen Wohl- stand von morgen und eröffnet vor Ort und weit über die Region hinaus Chancen. Ich freue mich auf eine Fortschrittsdenken weiterhin so erfolgreiche Zusammenarbeit und gratu- liere ganz herzlich zum Jubiläum!” Bernd Sibler, Glückwünsche zum Jubiläum Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst „Die Ostbayerische Technische Hochschule ist ein unverzicht- barer Teil des Wissenschaftsstandortes Regensburg. Seit 50 „Die OTH Regensburg kann stolz Jahren ist sie Garant für hochqualifizierte Arbeitskräfte, Wirt- schaftsfaktor für die gesamte Region und Motor für Innovatio- auf ihre ersten fünf Jahrzehnte nen. Ich gratuliere herzlich zum Jubiläum und wünsche Lehren- zurückblicken. Sie entwickelte sich den und Studierenden, dass sie die Erfolgsgeschichte auch in den kommenden Jahrzehnten fortschreiben.” von einer kleinen Fachhochschu- le zu einer erfolgreichen, regional Gertrud Maltz-Schwarzfischer, stark verwurzelten und interna- Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg tional renommierten Technischen Hochschule. Sie wurde zu einem Vorbild für Praxisnähe, Nachhal- „Es freut mich, der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg zu ihrem 50. Geburtstag gratulieren zu können! Mit tigkeit und Chancengleichheit. ihrer Gründung im Jahr 1971 wurde für unsere Region eine prä- Zukunftsthemen wie die Digitali- gende und wichtige Institution geschaffen, die ihr wissenschaft- sierung gehören zu den Schwer- liches Renommee im Lauf der Jahre immer weiter ausbauen konnte und deshalb heute mehr als stolz sein darf: qualifizierte punkten ihrer Arbeit. Dazu herz- Nachwuchskräfte aus der OTH Regensburg sichern nicht nur der lichen Glückwunsch und weiterhin Oberpfalz, sondern ganz Ostbayern einen klaren Wettbewerbs- vorteil in Zeiten der Globalisierung. Für die Zukunft wünsche ich alles Gute!” allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Studie- renden weiterhin viel Erfolg und alles Gute!” Dr. Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident Axel Bartelt, Regierungspräsident der Oberpfalz 6 7
WA C H S E N M E I L E N S T E I N E M E I L E N S T E I N E WA C H S E N Wichtige Stationen der Hochschulgeschichte Die Wurzeln der OTH Regensburg reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück. Seither ist sie auf Wachstumskurs. In ihren Anfangsjahren befand sich die Bauschule in der Das damals hochmoderne Gebäude wurde nach den Altstadt. 1952/53 wurde ein Neubau erstellt. Plänen von Architekt Hans Wenz errichtet. 1941 1868 1928 Mit einer neuen Abteilung für Tiefbau wird die Kreis- bauschule zur „Bauschule Die „Baugewerk- in Regensburg (Fachschule Die Baugewerkschule wird schule“ wird mit für Hoch- und Tiefbau). unter der Trägerschaft der Königlichen des Kreistags der Ober- Realschule zu- pfalz zur „Kreisbauschule sammengelegt. Regensburg“. 1846 1898 1946 Zeichenlehrer Die „Städtische Baugewerk- Nach einjähriger Zu dieser Zeit zählte die Bauschule rund Johann Dorner schule Regensburg“ eröffnet Unterbrechung 130 Schüler*innen. gründet eine als Nachfolgeeinrichtung der kann die Bau- private, ein- Gewerblichen Fachschule. Sie ist schule, die nach klassige „Bauge- werkschule“. im Haus des Gewerbevereins in der Ludwigstraße untergebracht 1938 dem Einmarsch der alliierten Truppen und zählt 31 Schüler*innen. Die Kreisbauschu- schließen musste, le erhält die staat- wiedereröffnet liche Anerkennung werden. und darf nun ein Ingenieurzeugnis 1893 ausstellen. Baumeister Julius Pöverlein ruft eine „Gewerbliche Fachschule“ ins Leben. Der Praxisbezug in der Lehre war von Beginn an verankert - Für das 1958 gegründete Polytechnikum war der Bau etwa bei der Arbeit am Betonprüfstand. aber bald zu klein und wurde massiv erweitert. 8 9
WA C H S E N M E I L E N S T E I N E M E I L E N S T E I N E WA C H S E N 1964 Der Freistaat Bayern übernimmt das Johannes-Kepler-Polytechnikum. 1952 Grundsteinlegung 1971 für den Neubau Die Fachhochschule Regensburg nimmt der Bauschule in ihren Betrieb auf. Die Höhere Wirt- der Prüfeninger schaftsfachschule Ostbayern sowie die 1958 Straße 58: Nach Ingenieurschulen in Landshut, Selb und den Plänen von Zwiesel werden in Form von Abteilun- Architekt Hans gen eingegliedert, ebenso die Aus- Wenz wird ein Die Regensburger Bauschule wird bildungsrichtung Sozialwesen. Erster Gebäude mit rund zu einem Polytechnikum mit den Präsident ist Prof. Dipl.-Ing. Rudolf 25 000 Kubikmeter Abteilungen Hochbau, Tiefbau, Vogt. Die Hochschule zählt gut 1 400 umbautem Raum Maschinenbau und Elektrotech- Studierende. errichtet. nik ausgebaut. 1959 1977 Die Ingenieur- Der Umzug an den Standort Das um 1960 fertiggestellte Elektromaschinenlabor in der Prüfeninger Straße war ein Aushängeschild der Firma Siemens und schule nimmt Seybothstraße und der 1953 über viele Jahrzehnte lang ein Herzstück der praxisorientierten Ausbildung der Studierenden. unter der Leitung sukzessive Ausbau des von Direktor Dipl.- Campus beginnt. Der Fach- Ing. Franz Merkle bereich Sozialwesen wird in Der Neubau wird ihren Betrieb auf. den dortigen Seminarbau eingeweiht. Die Bau- verlegt. 1983 belegt der Fach- schule Regensburg bereich Betriebswirtschaft kann in die Prüfenin- dort zwei Stockwerke. Ein Jahr ger Straße umsie- später befinden sich auch Teile deln. Sie zählt gut des Fachbereichs Elektrotech- 130 Schüler*innen. nik in diesem Seminarbau. 1961 Die neuen Bautrakte für die Abteilung Maschi- nenbau und Elektrotechnik mit Gesamtkosten von 8,5 Millionen D-Mark werden eingeweiht. Der Bezirkstag verleiht der Regensburger Inge- nieurschule den Namen „Johannes-Kepler- Polytechnikum“. Mit zugemauertem Eingang bestreikten Studierende Ende der 1960er Jahre in einer bayernweiten Aktion die Ingenieurprü- fung (links). Die Studierenden forderten, die damaligen Ingenieurschulen mit einer besseren Vorbildung in den Hochschulbe- trieb einzubeziehen. Auch Jahrzehnte später gab es Proteste (rechts) – allerdings symbolischer. 10 11
WA C H S E N M E I L E N S T E I N E M E I L E N S T E I N E WA C H S E N 2001 Der Fachbereich Maschinenbau wechselt in den Neu- bau an der Galgenbergstraße. Die Hochschulverwal- tung wird in der Prüfeninger Straße konzentriert. Die Hochschule zählt knapp 4 900 Studierende. 1990 Prof. Dr.-Ing. Erich Kohnhäuser 2006 1985 • Prof. Dr. Josef Eckstein übernimmt das übernimmt Amt des Präsidenten. das Amt des Präsidenten • Die HS.R schließt mit dem Bayerischen Für den Fachbe- Staatsministerium für Wissenschaft, For- reich Elektrotechnik schung und Kunst erstmals Zielvereinbarun- wird am Standort gen ab. Die Diplomstudiengänge werden auf Seybothstraße ein Bachelor- und Masterstudiengänge um- Ende der Siebzigerjahre beginnt der Ausbau des Stand- Arbeiten an einem Projekt im Hochspannungslabor Hörsaal angebaut. gestellt. Die neue gebaute Zentralbibliothek orts Seybothstraße. der Hochschule. und die Mensa am Campus in der Seyboth- straße gehen in Betrieb. 1981 1988 Die Hochschule Der Fachbereich zählt fast 3 200 Allgemeinwis- 2004 Studierende. Die Hochschule zählt 5 650 Studierende. senschaften Drei Jahre zieht in das später sind es 2002 Sammelgebäude bereits 4 200. der Universität Regensburg um. Das Institut für angewandte Forschung und Wei- terbildung (IAFW) wird geteilt: Es entstehen das Institut für angewandte Forschung und Wirtschafts- kooperationen (IAFW) und das Zentrum für Weiter- Arbeiten im Asphalttechnologielabor (heute Bitumen- Messungen im hallarmen Raum im Labor Elektroakustik. 1987 bildung und Wissensmanagement (ZWW). Der Neu- labor) der Fakultät Bauingenieurwesen. bau Mikrosystemtechnik mit dem Reinraumlabor ist fertig gestellt. Teile des Fachbereichs Allgemeinwis- Der Fachbe- senschaften und Mikrosystemtechnik werden in die reich Elektro- Seybothstraße verlagert. Das Business Simulation technik erhält Center (BSC) – gefördert durch die Stiftung der Lind- ein neues ner AG und das Hans Lindner Institut – nimmt in der Laborgebäude. Seybothstraße seinen Betrieb auf. 2000 Die Hochschule gründet das Institut für Angewandte Forschung und Weiterbildung (IAFW). Hintergrund ist eine Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes von 1998, in dem neben der Lehre auch ange- wandte Forschung und Weiterbildung als Aufgaben der Fachhoch- schulen festgeschrieben wurden. Von 1990 bis 2006 leitete Prof. Dr.-Ing. Erich 2006 übernimmt Prof. Dr. Josef Eckstein (2. v. l.) das Amt Kohnhäuser (links) als Präsident die Hochschule. des Präsidenten von Prof. Dr.-Ing. Erich Kohnhäuser (rechts). 12 13
WA C H S E N M E I L E N S T E I N E M E I L E N S T E I N E WA C H S E N 2011 Im Jahr ihres 40-jährigen Bestehens weiht die HS.R das Hörsaal- gebäude am Forum ein. Der Name „Fachhochschule“ verschwin- det, eine Umbenennung in „Hochschule für angewandte Wissen- schaften“ wird in der Grundordnung festgelegt. Die Hochschule zählt rund 7 000 Studierende in acht Fakultäten mit mehr als 30 Bachelor-, Master- und Weiterbildungsstudiengängen. 2008 2013 2018 Die Ostbayerische Technische Die Grundsteinlegungen für den Die HS.R vereinbart mit Hochschule und die Hochschule Neubau der Fakultät Architek- In großen Schritten schreitet der Ausbau des Campus in 2012 übernimmt Prof. Dr. Wolfgang Baier die Leitung der dem Bayerischen Staats- Amberg-Weiden erhalten im Ver- tur sowie für den Neubau des der Seybothstraße voran. 2006 gehen die neu gebaute Hochschule. Er wird im Herbst 2016 im Amt bestätigt und ministerium für Wissen- bund die Urkunde „Ostbayerische Verwaltungsgebäudes erfolgen. Zentralbibliothek sowie die Mensa am Campus in Betrieb. führt die OTH Regensburg durch das Jubiläumsjahr 2021. schaft, Forschung und Technische Hochschule“. Die Bauten sollen im Jubilä- Kunst bis zum Jahr 2013 umsjahr der Hochschule 2021 zusätzlich fast 1 800 Stu- bezogen werden. dienplätze zu schaffen. Das Haus der Technik wird eingeweiht. 2009 2016 2017 • Mit dem Spatenstich Der Neubau Fa- beginnt der Neubau eines kultät Informatik zentralen Hörsaal- und und Mathematik Seminargebäudes. wird eingeweiht. 2019 • Die HS.R und das Das Hochschulgebäu- Bayerische Staatsminis- terium für Wissenschaft, 2014 de an der Prüfeninger Straße wird zum Bau- Forschung und Kunst Das Studierendenhaus denkmal ernannt. schließen neue Zielverein- wird eingeweiht. barungen. 2007 Die Grundordnung wird neu 2012 gefasst. Die Fachhochschule benennt sich um in „Hoch- schule für angewandte Wis- senschaften – Fachhochschule Prof Dr. Wolf- Regensburg“ – kurz HS.R. gang Baier übernimmt das Amt des Präsidenten. In das Jahr ihres 50. Jubiläums geht die OTH Regensburg mit mehr als 11 000 Studierenden und ist damit eine der größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern. 14 15
WA C H S E N A U S B A U P R O G R A M M Auf Wachstumskurs Das Ausbauprogramm von Bund und Ländern in den Jahren 2007 bis 2017 veränderte die Hochschule grundlegend – und wirkt bis in die Gegenwart. 16 17
WA C H S E N A U S B A U P R O G R A M M A U S B A U P R O G R A M M WA C H S E N D er Paukenschlag kam in Form eines Briefes mit Postein- gangsstempel vom 2. Januar 2007 und weil alles noch sehr vage war, brauchte es viel Vorstellungskraft und den Mut „ICH HABE AUSBAU IN ALLEN zu Visionen, um die große Chance zu erkennen. „Ich habe so- fort gesehen: Da geht jetzt eine Tür auf“, erinnert sich der S OFORT BEREICHEN GE SEHEN: DA damalige Präsident der OTH Regensburg, Professor Dr. Josef Eckstein an den Moment, in dem er das Schreiben in Händen Neue Studienplätze hielt. „Aber es musste sehr rasch gehen.“ Intensiv bereitete er • Wintersemester 2007: 5 766 in den folgenden Tagen die Planungen vor und berief bereits für den 9. Januar eine Art Vollversammlung ein, um gemein- GEHT JE TZ T • Wintersemester 2017: 11 328 sam mit den Fakultäten und allen interessierten Professor*in- Neue Stellen: 151 nen ein konkretes Konzept zu erarbeiten. Der Brief, der dieses Engagement ausgelöst hatte, kündigte EINE TÜR AUF“ Neue Studiengänge nämlich einen Paradigmenwechsel in der bayerischen Hoch- • Musik- und bewegungsorientierte schulpolitik an: Nach Jahren des Sparkurses, der Hochschu- Soziale Arbeit len wirtschaftlich auf den Prüfstand stellte, zur Straffung von plätze zu – und erreichte stets mehr als geplant. „Wir waren • Sensorik und Analytik Studiengängen und zur Kürzung von Stellen führte, sollten die immer Übererfüller“, sagt Prof. Dr. Eckstein. Dies brachte • Medizinische Informatik Studienplätze im Freistaat fortan massiv ausgebaut werden. wiederum neue Gelder für weitere Ausbauschritte wie z. B. • International Relations and Manage- 38 000 zusätzliche Studienplätze wollte die Staatsregierung in die Einführung der Studiengänge im Bereich der Gesund- ment einem gemeinsamen Programm mit dem Bund schaffen. Ba- heitswissenschaften. Über die zehn Jahre hinweg konnte die • Regenerative Energien und Energie- sis für diesen Paradigmenwechsel war eine Prognose, nach der Hochschule die Zahl ihrer Studierenden fast verdoppeln: von effizienz eine massive Zunahme der Studierendenzahlen bevorstand – 5 766 im Wintersemester 2007 auf 11 328 im Wintersemester • Gebäudeklimatik unter anderem aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs. 2017. „Wir haben – bildlich gesprochen – eine Fachhochschule • Biomedical Engineering Nun war es an den Hochschulen, trotz noch recht unkonkre- mittlerer Größe dazubekommen“, erläutert Prof. Dr. Eckstein. • Industriedesign ter Rahmenbedingungen, kluge Konzepte zu erarbeiten und „Die Ausbauplanung hat die Hochschule quantitativ und auch • Pflege sich die Mittel zu sichern. Dabei zogen alle an einem Strang; qualitativ auf ein neues Niveau gehoben.“ • Physiotherapie mehr als 60 Kolleg*innen nahmen Anfang Januar 2007 an „Das Wichtige dabei: Wir konnten die Qualität halten“, fügt • Logopädie einer Ideenwerkstatt teil. „Es gab von Anfang an eine große Präsident Prof. Dr. Baier hinzu. „Es ist eine grandiose Leis- • Hebammenkunde Bereitschaft in der Hochschule, diesen Weg mitzugehen“, be- tung der Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen, dass wir uns tont Prof. Dr. Eckstein und verweist auf alle Fakultäten, die neben dem enormen quantitativen Ausbau auch in den CHE- Neue Gebäude Dekan*innen und die Kolleg*innen in der Verwaltung. „Anders Rankings und in der angewandten Forschung sehr gut ent- • Hörsaalgebäude am Forum wäre dies nicht möglich gewesen.“ wickelt haben.“ Das massive Wachstum des Wissenschafts- • Haus der Technik betriebs erforderte auch einen Ausbau in anderen Strukturen • Fakultätsgebäude Informatik DIE Z AHL DER STUDIENPL ÄTZE der Hochschule, etwa in Verwaltung und Qualitätsmanage- und Mathematik ment. Insgesamt erhielt die OTH Regensburg aus dem Aus- • Fakultätsgebäude Architektur HAT SICH FA ST VERD OPPELT bauprogramm 151 neue Stellen. Immer drängender stellte sich • Neubau Verwaltung oben: Bund und Freistaat forcierten den Ausbau der außerdem eine ganz große Frage: „Wo sollen die Studierenden Studienplätze. 2009 besuchte Ministerpräsident Horst Fürs Erste sagte die Hochschule knapp 600 neue Studienplätze denn alle hin?“, erzählt Prof. Dr. Eckstein rückblickend. Mit viel Seehofer Regensburg. zu, musste jedoch viel weiter in die Zukunft denken. Die Pla- Engagement, auch im Verbund Hochschule Bayern, setzte er unten: 2013 feierten Präsident Prof. Dr. Wolfgang nungen waren komplex. „Wir mussten vorab entscheiden, in sich für eine räumliche Erweiterung ein. Baier, Amtsvorgänger Prof. Dr. Josef Eckstein, Bayerns welchem Jahr wir welche Stellen aufbauen. Die Hochschule Noch während seiner Amtszeit erhielt die OTH Regensburg Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch (v.l.n.r.) hat sich da weit aus dem Fenster gelehnt“, erläutert Prof. Dr. das neue Hörsaalgebäude am Forum und die Bewilligungen mit Partner*innen und Gästen die Grundsteinlegung Wolfgang Baier, der das Ausbauprogramm damals als Vize- für die Neubauten Fakultät Informatik und Mathematik und des Hauses der Technik. Präsident mitplante und seit 2012 als Präsident weiter umsetz- für das Haus der Technik, in dem vor allem die Fakultät Bau- rechts: 2016 wurde es eingeweiht. te. Für seinen Amtsvorgänger, Prof. Dr. Eckstein, war damals ingenieurwesen Platz fand. Auch die Gelder für den Neubau klar: „Wir müssen einfach in Vorlage gehen und zeigen, dass der Fakultät Architektur und die Verlagerung der Verwaltung wir das wollen und können und dass wir attraktiv sind, um vom Standort Prüfening an den Hochschulcampus stammen mehr Studierende anzuwerben. Wir sind eine breit aufgestellte letztendlich aus der sehr erfolgreichen Umsetzung des Aus- Hochschule und sollten uns etwas zutrauen.“ bauprogramms über die Zielvorgaben hinaus. Das Konzept sah vor, die bereits starken Ingenieurwissen- Präsident Prof. Dr. Baier verweist auf die nachhaltige Wirkung schaften weiter zu vertiefen. „Außerdem wollten wir unser des Ausbaus: „Das war ein Meilenstein für unsere Hochschule. Studienangebot weiter abrunden“, fügt Prof. Dr. Eckstein hin- Letztendlich haben wir bis heute einen quantitativen und qua- zu. Vor allem an den Schnittstellen bestehender Disziplinen litativen Ausbau in Lehre und Forschung.“ Sein Amtsvorgänger entstanden insgesamt zehn neue Studienfächer wie Gebäu- Prof. Dr. Eckstein ergänzt: „Das war mit Sicherheit ein Quan- deklimatik, Biomedical Engineering oder Musik- und bewe- tensprung für die Hochschule. Ohne das Ausbauprogramm gungsorientierte Soziale Arbeit. und die damit verbundene immense Kraftanstrengung der In mehreren Zielvereinbarungen mit dem Wissenschaftsmi- gesamten Hochschule wäre die OTH Regensburg nicht das, nisterium sagte die OTH Regensburg den Ausbau der Studien- was sie heute ist.“ 18 19
WA C H S E N D E N K M A L S C H U T Z D E N K M A L S C H U T Z WA C H S E N GESAMT KUNST WERK A m liebsten betritt Stefan Krabatsch den Gebäudekom- plex vom sogenannten Präsidenteneingang aus, vorbei Die großformatigen, abstrakten Menschendarstellun- gen stammen von dem gebürtigen Breslauer Willi Der denkmalgeschützte an den filigranen, silbernen Wandpaneelen im Windfang, die Hand an den nierenförmigen Türgriffen. Und schon steht der Ulfig. Dieser studierte zu der Zeit an der Kunst- akademie seiner Heimatstadt, als der weltbekannte, Standort Prüfening Abteilungsleiter des staatlichen Bauamts vor dem imposan- ten Wandgemälde des Künstlers Willi Ulfig, dessen vier mit- ehemalige Bauhaus-Maler Oskar Schlemmer dort als Professor tätig war. Dessen Einfluss auf Ulfigs Werk war zum Zeitpunkt der einander verbundene Hauptszenen sich über das Treppenhaus bis in den ersten Stock erstrecken. „Es ist zwar reine Spekula- ist unverkennbar. Entstehung in den tion, weil es keine Aufzeichnungen darüber gibt. Aber für mich deutet alles darauf hin, dass die Szenen einen Bezug zu einer 50er und 60er Jahren Lehranstalt haben“, sagt Krabatsch und erläutert ausführlich die Episoden um sehnsuchtsvolle Blicke eines Kindes, Ruder- wettkampf oder einen Vortragenden inmitten geometrischer modern und innovativ Formen. DIE SUBSTANZ DE S BAUS IST WEITGEHEND IM ORIGINAL ERHALTEN Wenn er dabei von den „wundervollen Details“ schwärmt – etwa dem frechen Studenten, der dem Präsidenten neben dessen Tür quasi „das Licht ausknipst“ – und in der arkadi- schen Szene des Obergeschosses Bezüge zu Leonardo da Vinci 20 21
WA C H S E N D E N K M A L S C H U T Z D E N K M A L S C H U T Z WA C H S E N unten: Typisch für die Schulbauarchitektur der herstellt, wird klar: Krabatsch ist wohl der leidenschaftlichste Fünfzigerjahre sind die drei Innenhöfe, weitgehend Liebhaber und kundigste Experte dieser Räume. Seit 2018 ist umfasst durch sogenannte einhüftige Flure: Die der Gebäudekomplex aus der Zeit des westdeutschen Wieder- Nutzungsräume liegen nur auf einer Seite der Flure, aufbaus der Adenauer-Ära eingetragenes Denkmal, weshalb auf der anderen Seite ermöglichen große Fenster- Krabatsch jüngst den Standort gemeinsam mit dem Regens- fronten Einblicke in die begrünten Innenhöfe. burger Fotografen Stefan Hanke in mehr als 3 000 Fotos doku- mentarisch erfasst hat. „Wir haben hier ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Wandmalereien und kunsthandwerklichen Details, etwa bei Fliesen, Geländern, Ausstellungsvitrinen und der Material- und Farbwahl der Wandoberflächen“, erläutert er und spricht von „hoher baukünstlerischer Qualität“. Die Substanz ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Im Wesentlichen entstand das Gebäude in zwei Bauabschnit- ten. Für die damalige Bauschule schuf der Architekt Hans Wenz 1952 den ersten Trakt. Dafür orientierte er sich an der konser- „DIE S IST EIN IN BAYERN SELTEN ANZUTREFFENDE S BAUHISTORIS CHE S D OKUMENT AUS DER unten: Ursprünglich waren alle Innenräume und Flure NACHKRIEGSZEIT“ sowie die Brüstungsbereiche der Außenfassaden in einem schlüssig komponierten farblichen Gesamt- konzept arrangiert, das wahrscheinlich der Künstler vativen Schweizer Moderne der Vierzigerjahre sowie an den Willi Ulfig zusammen mit dem Architekten Hans frühen Arbeiten von Sep Ruf, einem der bedeutendsten Archi- Beckers erarbeitet hat. Ein Teilbereich, wie dieser Flur, tekten der Fünfzigerjahre in Bayern. Wenz wollte dadurch mit konnte bereits rekonstruiert werden. der nationalsozialistischen Architektur der Vorkriegszeit bre- chen. Von 1958 bis 1961 wurde für das neu entstandene Poly- technikum der zweite Bauabschnitt errichtet. Architekt war Hans Beckers, ein Schüler des renommierten Architekten und Münchner Hochschullehrers Theodor Fischer. Beckers selbst zählt eigentlich zu den herausragenden Kirchenarchitekt*in- nen des vergangenen Jahrhunderts in Ostbayern und bezieht sich mit dem modernen und eleganten Erweiterungsbau in Prüfening auf skandinavische Vorbilder wie Arbeiten des Dä- nen Arne Jacobsen,des Schweden Sven Markelius und des Fin- nen Alvar Aalto. „Regensburg verfügt damit über ein in Bayern nur noch selten anzutreffendes zeitgeschichtliches und bau- historisches Dokument aus der Nachkriegszeit“, betont Kra- batsch. „Das ist eine tolle Besonderheit für die OTH Regens- burg, fast mit Alleinstellungsmerkmal, mit großen Chancen und Potenzial. Darauf kann die Hochschule stolz sein.“ rechts: Das Wandgemälde in der östlichen Treppen- hausspirale schuf der Künstler Jo Lindinger in der Erbauungszeit. Die Embleme sind ein Streifzug durch die Baugeschichte von der Urhütte und den Pyramiden bis in die Moderne, und zwar von oben nach unten: Weil das Treppensteigen in diese Richtung leichter und der Blick der Betrachter*innen dann freier für die Kunst ist. 22 23
WA C H S E N T H E M A AT O M L A B O R WA C H S E N in diesem Labor in den Grundzügen des Strahlenschutzes aus- gebildet worden, die zur Ausbildung als Immissionsschutz- beauftragte*r zählen. Das Labor hatte eine Genehmigung zum Umgang mit umschlossenen und auch in sehr begrenz- tem Umfang offenen radioaktiven Stoffen. Eine Vielzahl von Messgeräten war hier einst im Einsatz. Außerdem konnten die Wissenschaftler*innen schon damals technische Röntgenauf- nahmen anfertigen und komplexe Verfahren anwenden wie Röntgenfluoreszenzanalyse und Kristallstrukturbestimmung. links: Aus dem ehrgeizig geplanten Kerntechnik- EINE GERINGE BEL A STUNG Ausbildungszentrum wurde nichts. Aber viele angehende Ingenieur*innen erlernten hier die Grund- „Das Gesamtinventar betrug einige Hundert Megabequerel“, lagen des Strahlenschutzes. berichtet Prof. Dr. Peterreins. „Das ist in etwa so viel, wie einem unten links: Seit vier Jahren sind die Räume in Prü- Patienten bei einer einzigen nuklearmedizinischen Untersu- fening verlassen. Das Atomlabor wird in kleinerem chung in einer Klinik gespritzt wird, auch wenn man dies nicht Umfang und ohne Umgang mit offenen Stoffen am ganz vergleichen kann.“ Vor vier Jahren zog das Atomlabor in Campus weitergeführt. einen Neubau am Campus um und wird seither in kleinerem ganz unten links: Zur Entstehungszeit in den Sechzi- Umfang und ohne den Umgang mit offenen Stoffen weiterge- gerjahren war die Ausstattung hochmodern. führt, unter anderem für Messungen zur Radon-Problematik, unten rechts: Der zweite Laborraum war ursprünglich also natürlicher Radioaktivität. für die Radiochemie gedacht. Zeugen einer anderen Zeit Das Isotopenlabor E ine eigentlich unscheinbare, aber massive Metalltür ver- schließt den Zugang zum alten Isotopenlabor der OTH der OTH Regens- Regensburg an der Prüfeninger Straße. Dahinter, im Unterge- schoss des denkmalgeschützten Gebäudes, verbirgt sich ein Labyrinth aus Räumen, in dem die Vergangenheit direkt beim burg entstand in Betreten spürbar wird. Warnschilder an den Wänden, uralte Schaltschränke, Knöpfe und Gerätschaften aus der Hochpha- der Hochphase der se der Atombegeisterung. Das fast 300 Quadratmeter große Labor verzweigt sich weit in zumeist kleine, verwinkelte Räu- Atombegeisterung me. Die vielen Innenwände schützen vor der Strahlung. Sogar eine alte Waschmaschine steht hier noch, mit der man die La- borkleidung waschen konnte. „Mitte der Sechzigerjahre wurde das sogenannte Atomlabor im Zuge von Baumaßnahmen eingerichtet“, erzählt der ehe- malige Laborleiter und Strahlenschutzbeauftragte der OTH Regensburg, Prof. Dr. Thomas Peterreins. Wer sich mit ihm auf Besichtigungstour begibt, erfährt nicht nur viel über die Forschungen und Fortbildungen, die hier betrieben wurden, sondern auch über die Legenden, die sich um das Labor ran- ken. „Der Sage zufolge hatte der ehemalige Bundesminister für Atomfragen, Siegfried Balke, den Bau damals forciert, um in Bayern ein Ausbildungszentrum für die aufstrebende Kern- technik zu etablieren“, berichtet Prof. Dr. Peterreins. Daraus wurde am Ende nichts; doch sind im Laufe der Jahr- zehnte immerhin weit über 1 000 angehende Ingenieur*innen 24 25
WA C H S E N I N T E R V I E W T H E M A WA C H S E N „Es ist eine Stärke unserer Hochschule, dass wir im Konsens arbeiten“ Seit fast zehn Jahren stellt SIE HABEN 2012 DA S AMT DE S PR Ä SI- DENTEN ÜBERNOMMEN. WA S WAREN Präsident Wolfgang Bai- ZU DIE SEM ZEITPUNKT IHRE GRÖSSTEN er an der Spitze der OTH AUFGABEN? Regensburg die Weichen Prof. Dr. Wolfgang Baier: „Das erste Jahr meiner Amtszeit war geprägt vom Wettbewerb um den Titel Technische Hochschu- für die Zukunft der Hoch- le, an dem damals viele bayerische Hochschulen teilnahmen. Es war ein hochkompetitives Verfahren, für das wir einen Son- schule. Ein Gespräch über derweg wählten: Wir haben uns mit der damaligen Fachhoch- schule Amberg-Weiden in einem gemeinsamen Projektantrag erfolgreiche Teamarbeit, beworben. Das war eine besondere Herausforderung, weil wir zwei so unterschiedliche Hochschulen mit unterschiedlichem Umwälzungen in der Hoch- Portfolio waren. Aber wir hatten ein gemeinsames Interesse: schullandschaft und per- Wir wollten die Ressourcen, die sich durch den Titel ergaben, für Ostbayern nutzen. In diesem Wettbewerb zu bestehen, sönliche Begegnungen. war eine besondere Leistung. Der neue Name Ostbayerische Technische Hochschule und das preisgekrönte Corporate De- oben: Präsident Professor Dr. Wolfgang Baier führt die OTH Regensburg seit 2012. sign haben dazu beigetragen, ein junges, technikorientiertes Image zu prägen.“ AUSSERDEM PR ÄGEN BAUMA SSNAHMEN SIE MEINEN DEN MA SSIVEN AUSBAU DER Konsens agiert haben. Es ist eine Stärke der OTH Regensburg, VON BEGINN AN IHRE AMT SZEIT. STUDIENPL ÄTZE? dass wir in den Gremien konstruktiv miteinander umgehen und Entscheidungen auch gemeinsam tragen. Letztendlich „Ich konnte von meinem Vorgänger angestoßene Projekte um- Prof. Dr. Wolfgang Baier: „Ja, Bund und Länder haben diesen haben wir dank der Ausbauplanung bis heute einen quanti- setzen – wie das Haus der Technik, das Gebäude der Fakultät in den Jahren 2007 bis 2017 in einem gemeinsamen Programm tativen und qualitativen Ausbau in Lehre und Forschung, auch Informatik und Mathematik und das Studierendenhaus – und gefördert. Hintergrund war unter anderem der doppelte Abi- die Drittmittel haben deutlich zugenommen.“ auch neue auf den Weg bringen. Der Campus erhielt ein neues turjahrgang. Das war eine gesellschaftliche Aufgabe, der wir Gesicht und damit verbunden war auch eine neue Wahrneh- uns gestellt haben. Wir haben entschieden, dort auszubau- WELCHE ENT WICKLUNGEN DER VER- mung in der Stadt. Das war für unser Standing sehr bedeu- en, wo wir schon stark waren, und an den Schnittstellen der tend. Durch eine Kabinettssitzung in Regensburg konnten wir Disziplinen Neues zu schaffen. Es war aber sehr komplex. Wir GANGENEN JAHRE SIND AUS IHRER im Jahr 2013 die Tür aufstoßen zu der sogenannten Restverla- mussten einen Fahrplan für die gesamten zehn Jahre fest- SICHT WEITERE MEILENSTEINE? gerung der Hochschule auf den Campus. Daraus resultierten legen. Die Hochschule hat sich da weit aus dem Fenster ge- die beiden großen, aktuellen Baumaßnahmen am Campus: lehnt.“ „Unsere Grundlage war immer: Wir sind eine Hochschule, Die Gebäude für die Verwaltung sowie die Fakultät Architek- die international sichtbar, aber regional verwurzelt ist. Da- tur, die in diesem Jahr eröffnet werden sollen. Zur Umsetzung GING DER PL AN AUF? raus ergibt sich eine Verantwortung für die Region, die wir der Hightech Agenda planen wir weitere Projekte. Aufgrund auch wahrnehmen wollen. Bei der Lehre haben wir durch den unseres enormen Wachstums waren ständig Flächen knapp, „Wir haben unser Ziel übererfüllt. Über die zehn Jahre hin- Wettbewerb ‚Partnerschaft Hochschule und Region‘ den Stu- deswegen haben wir auch jede Chance für Anmietungen ge- weg konnten wir die Zahl der Studienplätze auf gut 11 300 im diengang Soziale Arbeit mit den Lernstandorten Abensberg, nutzt, etwa in der Agentur für Arbeit, in der TechBase und im Wintersemester 2017 fast verdoppeln. Das Wichtige dabei: Wir Tirschenreuth, Cham und Zwiesel etablieren können. In der BioPark. Grundlage für dieses Wachstum war übrigens die so- konnten die Qualität halten. Es ist eine grandiose Leistung der Forschung konnten wir den Technologiecampus Parsberg- genannte Ausbauplanung. Das war ein Meilenstein für unsere Kolleg*innen, dass wir uns in den CHE-Rankings sehr gut ent- Lupburg in Betrieb nehmen, ein weiterer Technologiecampus Hochschule.“ wickelt haben. Das liegt auch ein Stück weit daran, dass wir im in Neustadt an der Donau ist geplant. Gemeinsam mit fünf 26 27
WA C H S E N I N T E R V I E W I N T E R V I E W WA C H S E N „ AUS DER uns mit einem – zumindest partiellen – eigenen Promotions- recht ausgestattet. Wir werden neue Schwerpunkte setzen, hatte ich einen so alten Schreibtisch, dass mir die Schublade beim Aufziehen regelmäßig herausfiel. Wir haben noch mit VIEL SCHICHTIGKEIT etwa beim Thema Nachhaltigkeit, das sich sehr schnell in For- schung und Lehre etablieren wird. Und wir werden die Inter- Dia-Projektoren gelehrt; ein Overheadprojektor war das Non- plusultra. Ganz schlimm war der Sparkurs um die Jahrtau- DER DISZIPLINEN nationalisierung weiter voranbringen. Zusätzliche Strukturen dafür schafft auch das geplante Kepler House of International sendwende, als Stellen abgebaut wurden. Als ich 1994 an die OTH Regensburg kam, gab es außerdem noch kaum Wettbe- ENTSTEHT GROSSE Services auf dem Campus. Die Internationalisierung ist ein werb zwischen den Hochschulen. Der setzte in meiner Wahr- wichtiger Punkt auch für die langfristige Entwicklung der OTH nehmung erst mit der Ausbauplanung und der Umstellung Regensburg.“ auf Bachelor- und Masterstudiengänge so richtig ein. Und: KR AF T“ Damals gab es noch keine Forschung. Hier hat sich sehr viel INWIEFERN? getan. Der Drang zu forschen war ein Entwicklungstreiber für die Hochschule.“ „Langfristig sehe ich, dass wir auf jedem Kontinent einen stra- weiteren ostbayerischen Hochschulen bündeln wir im Netz- tegischen Partner haben. Das bedeutet, dass wir uns auf allen MIT DEM JUBIL ÄUM NEIGT SICH IHRE werk Internet und Digitalisierung Ostbayern (INDIGO) the- Ebenen austauschen: in der Hochschulleitung, bei der For- AMT SZEIT DEM ENDE ZU. WA S NEHMEN matisch unsere Kompetenzen. Aus dieser Initiative wuchs der schung und in der Lehre. Ein weiteres Ziel könnte sein, dass wir Hochschulverbund Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO). uns als größte Hochschule Ostbayerns etablieren. Entschei- SIE PER S ÖNLICH AUS DIE SEN JAHREN Wichtig war außerdem die Etablierung unserer Forschungs- dend für die Zukunft ist die hohe interdisziplinäre Kompetenz, AL S PR Ä SIDENT MIT? zentren, die sogenannten „Regensburg Center“: Wir haben die wir haben. An den Schnittstellen der Disziplinen gibt es einzelne Forschungslabore über die Fakultätsgrenzen hinweg Spannungen. Diese sind die Basis für Kreativität.“ „Mit diesem Amt sind vielfältige Aufgaben verbunden. Man zusammengefasst und entlang den gesellschaftlichen Auf- lernt jeden Tag dazu. Mir gibt die Diversität in der Hochschule gabenfeldern Gesundheit, Energie und Künstliche Intelligenz viel. Man lernt, sich in andere hineinzuversetzen. Jede Disziplin SIE K AMEN VOR FA ST 30 JAHREN AL S weiterentwickelt. Eine weitere Initiative, die mir sehr am Her- hat eine eigene Kultur und aus dieser Vielschichtigkeit entsteht Professor zen liegt, ist das Digitale Gründerzentrum Oberpfalz, das ja PROFE SS OR AN DIE HO CHS CHULE. eine große Kraft. Ich habe tolle junge Menschen kennengelernt, bereits etliche Erfolge vorzuweisen hat.“ WELCHE ERINNERUNG HABEN SIE AN äußerst verantwortungsvolle und konstruktive Studierende, Dr. Wolfgang Baier DIE SE ZEIT? die mit Ernsthaftigkeit und Engagement in die Diskussion ge- DER WE T TBE WERB MIT ANDEREN HO CH- hen und gemeinsam mit uns um die bestmöglichen Lösungen ist seit 15. März 2012 Präsident der OTH Regensburg. „Die Hochschule war damals eine komplett andere. Das Zen- ringen. Wir haben eine gute Gemeinschaft und streben eine S CHULEN HAT IN DEN VERGANGENEN Er studierte an der Julius-Maximilian-Universität trum war das Gebäude in der Prüfeninger Straße. Hier war Debatte auf Augenhöhe an. Außerdem konnte ich auch außer- Würzburg Physik und war nach dem Studium bei der JAHREN DEUTLICH ZUGENOMMEN. WIE das Leben; der heutige Campus an der Seybothstraße war halb der OTH Regensburg Netzwerke knüpfen, etwa zu ande- OSRAM GmbH beschäftigt. Seit 1994 gehört er der SEHEN SIE DIE OTH REGENSBURG DAFÜR eine kleine Außenstelle. Es gab ganz wenig Geld und entspre- ren Hochschulen. Dabei durfte ich viele Begegnungen erleben, OTH Regensburg als Professor für Allgemeine Physik GE WAPPNE T? chend eingeschränkte Möglichkeiten. In den ersten Jahren die sehr persönlich und nachhaltig waren.“ und Bauphysik an. Von 2001 bis 2006 war er Dekan der Fakultät Allgemeinwissenschaften und Mikro- „Ich bin sicher, dass wir gut aufgestellt sind. Wir arbeiten systemtechnik. Von 2006 bis 2012 war Prof. Dr. Baier schon seit vielen Jahren an unseren Strategiethemen Digita- unten: Den Erfolg der OTH Regensburg schreibt Präsident Professor Dr. Wolfgang Baier auch der konstruktiven Arbeit in allen Vizepräsident der OTH Regensburg, zudem Leiter des lisierung, Internationalisierung, Diversity und Nachhaltigkeit. Gremien zu, unter anderem im Senat. Instituts für angewandte Forschung und Wirtschafts- Trotz aller Ressourcenknappheit haben wir neue Strukturen kooperationen (IAFW) und Leiter des Zentrums für etabliert, etwa für Forschung und Weiterbildung. Wir haben Weiterbildung und Wissensmanagement (ZWW) der ein sehr breit aufgestelltes Portfolio an Studiengängen und Hochschule. Im Oktober 2016 wurde der Präsident ein starkes Netzwerk mit Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt. Seine Dadurch ist ein breiter Transfer möglich. Dazu kommt: Wett- Amtszeit endet im März 2022. bewerb ist das Eine, aber in Bayern zeichnet sich das Hoch- schulsystem auch durch ein hohes Maß an Kooperationen aus. Unter dem Strich kann man sagen: wir profitieren davon, wenn es auch anderen Hochschulen gutgeht. Gemeinsam vo- ranzugehen, hilft allen.“ WELCHE THEMEN WERDEN IN NÄCHS- TER ZEIT WICHTIG? „Wir haben einen kontinuierlichen Strategieprozess und ent- wickeln auf dieser Basis die wichtigen Themen beständig wei- ter. In der Forschung werden wir von der Hightech Agenda mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz ganz wesentlich profitieren. Außerdem werden wir unseren Schwerpunkt Di- gitalisierung noch einmal deutlich vertiefen. Im Bereich Stu- dium werden wir das Portfolio weiterentwickeln und vor allem im Masterprogramm weiter ausbauen. Mittelfristig sehe ich 28 29
WA C H S E N H O C H S C H U L R AT S V O R S I T Z E N D E H O C H S C H U L R AT S V O R S I T Z E N D E WA C H S E N Unermüdlich umtriebig Als erster Vorsitzender des Hochschulrats hat Gert Wölfel eine Stiftung für die Zukunft GE SPR ÄCH MIT GERT WÖLFEL, gegründet. Der jetzige Hochschulrats- STIF TUNGSVOR STAND DER STIF TUNG ZUR vorsitzende Dr. Georg Haber vereint Hand- FÖRDERUNG DER OTH REGENSBURG werk und Wissenschaft. D iplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Vor- standsmitglied a.D.: Mit 82 Jahren blickt Gert Wölfel auf Inzwischen lobt seine Stiftung eine Vielzahl von Preisen aus: beste Bachelor und Master werden ausgezeichnet, es gibt den GE SPR ÄCH MIT DR. GEORG HABER, eine beachtliche Berufskarriere zurück. In den Ruhestand ist Preis für gute Lehre, den Preis für besondere Leistungen bei er quasi nie gegangen; unermüdlich umtriebig setzt er sich der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft PR Ä SIDENT DER HANDWERK SK AMMER auch heute noch für die von ihm ins Leben gerufene Stiftung und einen Preis für Doktorand*innen. NIEDERBAYERN-OBERPFAL Z UND zur Förderung der Hochschule ein. Gegründet wurde diese im Jahr 2000, kurz nach Einführung der Hochschulräte. Die Stif- Dass er hin und wieder Rückmeldung vor allem von Stipen- diat*innen aus dem Deutschlandstipendium bekommt, freut VOR SITZENDER DE S HO CHS CHULR AT S tung war ein Neuanfang: Seither haben die Unterstützungen stetig zugenommen, aktuell stehen jährlich 70.000 Euro für ihn von Herzen. „Zu diesen Absolventen sage ich dann immer, wir von der OTH müssen etwas für sie, also die OTH, tun. Ob- Förderungsmaßnahmen zur Verfügung. Bisher wurden unter wohl ich ja ein Kind der Goethe-Universität in Frankfurt am anderem jährlich sieben Stipendien im Rahmen des Deutsch- Main bin. Aber dieses Gefühl, da komme ich her, da gehöre landstipendiums und mehr als 250 Stipendien und Praktika von ich hin, das wird meines Erachtens viel zu wenig kultiviert.“ Studierenden ausländischer Hochschulen gefördert. Etwa eine halbe Million Euro an Förder- u. Unterstützungsmaßnahmen D ie OTH Regensburg hat in den vergangenen Jahren groß- artige Projekte angestoßen. Sie ist Impulsgeber für die Wirtschaft in Ostbayern“, sagt Dr. Georg Haber. Der 64-jähri- Aufstellung in der KI. „Das ist ein Meilenstein“, so Dr. Haber. Die interdisziplinäre Aufstellung der OTH Regensburg gene- rell, ihre engen Verbindungen zu Einrichtungen und Unter- konnten bislang insgesamt erbracht werden. „Teilweise musste ich da bis zu 20 Mal ran, bis einer den Geld- beutel aufgemacht hat“, sagt der unermüdliche Spenden- ge hat ein Studium der Wirtschaftswissenschaften, Kunst- und nehmen sind für den Vorsitzenden des Hochschulrats „ein akquisiteur. Fundraiser könnte man ihn auch nennen, doch STIFTUNG ZUR FÖRDERUNG Kulturwissenschaften mit Diplom und anschließender Promo- großer Gewinn für alle Beteiligten und für die gesamte Regi- dieses neudeutsche Wort passt zu einem wie Gert Wölfel wohl tion abgeschlossen. Zudem ist er Meister im Silberschmiede- on“. Insbesondere als Präsident der Handwerkskammer Nie- kaum. Als Vorstand der OBAG ist er erstmals mit der OTH Re- DER OTH REGENSBURG handwerk und Metallrestaurator, hat mehrere Unternehmen derbayern-Oberpfalz betont Dr. Haber, es sei ihm ein großes gensburg in Berührung gekommen, das war 1991. Als Mann Gründungsjahr 2000 gegründet und engagiert sich in zahlreichen Ehrenämtern für Anliegen, die Verzahnung von akademischer und beruflicher aus der Wirtschaft knüpfte er schnell Kontakte und wurde Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Seit 2014 ist Dr. Haber Bildung weiter voranzutreiben: „Hochschule und Handwerk in den neugegründeten Hochschulrat berufen. Die Initiative Dem Kuratorium gehören folgende Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, sind heute engere Partner denn je. Akademische und beruf- für die Stiftung war denn auch Gert Wölfels ureigenste Idee Unternehmen an, die an der Gründung seit 2015 Mitglied des Hochschulrats der OTH Regensburg und liche Bildung sind gleichwertig. Wir spielen uns nicht gegen- und wurde von allen Hochschulratsmitgliedern unterstützt. der Stiftung maßgeblich beteiligt waren: seit 2019 dessen Vorsitzender. einander aus, wir brauchen beides für eine zukunftsfähige Zunächst engagierte sich seine Stiftung vor allem für Stu- Digitalisierung, Klimawandel, Energiewende, Urbanisierung Gesellschaft. Wir brauchen Meister und Master. Ich stehe dent*innen der Westböhmischen Universität Pilsen. In erster Krones AG, Maschinenfabrik Reinhausen und neue Anforderungen an Mobilität: „All diese Mega-Themen dafür, dass die Wirtschaftsgruppe Handwerk ein ernstzu- Linie ging es um Studierende aus den Bereichen Elektrotech- GmbH, OBAG AG (jetzt E. ON Bayern AG), hat die OTH Regensburg zu ihren Leitthemen gemacht“, freut nehmender Partner in der Vergangenheit war und auch in nik, Maschinenbau, Informatik, die mit Stipendien unterstützt REWAG Regensburger Energie- und sich Dr. Haber. Externe Hochschulratsmitglieder könnten sich Zukunft bleiben wird.“ wurden, einen Deutsch-Intensivkurs bekamen und neben dem Wasserversorgung AG & Co KG, BMW – hier mit ihrer jeweiligen Expertise „von außen sehr gut einbrin- Als eine der größten Hochschulen für angewandte Wissen- Studienaufenthalt auch einen Praktikumsplatz bei einem Stif- Bayerische Motorenwerke AG, Siemens gen“. Sie begleiteten damit auch das „unglaubliche Wachs- schaften in Bayern sorge die OTH Regensburg erheblich dafür, ter bzw. Zustifter in der Region. „Bayern und Böhmen waren ja AG, Infineon Technologies AG, Continental tum“ der OTH Regensburg. Nur ein Beispiel von vielen für den dass Ostbayern mit hochqualifizierten Arbeitskräften versorgt immer schon eng miteinander verbunden, außerdem stamme AG/Continental Automotive GmbH, überzeugenden Dreiklang aus Lehre, Forschung und Transfer werde. Und mit Blick in die Zukunft sagt Dr. Haber: „Mit dem ich aus dem Egerland, weshalb mir das auch ein echtes Anlie- DV Plan GmbH sei die Gründung des Regensburg Center for Artificial Intelli- bereits angesprochenen Wissenstransfer ist die OTH Regens- gen war. Pilsen und Prag haben geografisch für mich die glei- gence (RCAI) und die damit einhergehende interdisziplinäre burg aus meiner Sicht unverzichtbar für unsere Region.“ che Funktion wie München und Nürnberg“, sagt Wölfel dazu. 30 31
WISSEN VERMESSUNGSKUNDE E EEM F O R S C H U N G S P R O J E K T M A G GTI H NAT DWE ICSK SEN Vom Meterstab zum Laserscanner Schon an den Vorläufereinrichtungen der OTH Regensburg wurde Vermessungskunde für Bauingenieur*innen unterrichtet. An diesem Fach lässt sich der technologische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte gut veranschaulichen. A ls Wolfgang Stockbauer Ende der Siebzigerjahre sein Bauingenieurstudium an der OTH Regensburg begann, musste er größere Entfernungen noch mit dem 50-Meter- Band abmessen. Heute, gut 40 Jahre später, unterweist der Professor für Vermessungskunde seine Studierenden in allen technologischen Spielarten seines Fachgebiets. „Wir decken die komplette Schiene ab vom Meterstab bis zum Multiko- pter-System mit Kamera, landläufig auch Drohne genannt“, erläutert Prof. Stockbauer. „Wir sind von der technologischen Ausstattung her in Bayern mit führend“, seit die Fakultät Bau- ingenieurwesen mit dem Lehrgebiet Vermessungskunde vor gut zehn Jahren an einem hochrangigen Forschungsprojekt unter anderem mit der TU München, der Universtität Nürn- berg/Erlangen und der Bauwirtschaft beteiligt war. Jeder der aktuell rund 900 Bauingenieurstudent*innen muss Vermessungskunde belegen und wird spätestens im Praxisse- mester ohnehin mit diesem Thema konfrontiert. Dabei ist Prof. Stockbauer die historische Dimension seines Fachs wichtig. Er erzählt, wie zu Napoleons Zeiten die erste, mehr als 20 Kilome- ter lange bayerische Basislinie von Oberföhring bis nach Auf- kirchen vermessen wurde – indem man Fünf-Meter-Holzlat- ten aneinanderreihte. „Und wir arbeiten noch immer auf der oben: Die Übungen im Westpark haben eine lange Grundlage dieser Linie!“, ergänzt Prof. Stockbauer. In seinen Tradition. Schon in den Siebzigerjahren trainierte Prof. Praxisübungen auf dem Testgelände im Westpark simuliert er Dr. Wolfram Bauch (rechts) dort mit Studierenden die Baustellensituationen und nimmt gerne mal alte Theodolite aktuellsten Vermessungstechniken. aus den Glas-Schaukästen mit. „Ich bin Anhänger der Hap- rechts: Im Labor für Vermessungskunde vermitteln tik“, betont der Professor. Daher dürfen auch die Studierenden Prof. Wolfgang Stockbauer (rechts) und Werkmeister mal an Rädchen und Schrauben drehen. Außerdem: „Um digi- Claus Plank (links) den Studierenden alle Technologien tal arbeiten zu können, muss man es analog können.“ des Fachs. 1 000 ME SSPUNKTE PRO SEKUNDE – STAT T 50 WIE FRÜHER Prof. Stockbauer steht in seinem Labor inmitten von Mess- instrumenten aus vielen Jahrzehnten und zeigt auf ein altes Tachymeter der Marke „Reg Elta“. Daneben, auf dem Fußbo- den: das raumgreifende Speichersystem auf Lochstreifenbasis. 32 33
WISSEN VERMESSUNGSKUNDE THEMA WISSEN links: Zu den modernsten Technologien, die Prof. Wolfgang „Damit wurde in den Siebziger- und Achzigerjahren noch ver- projekten zum Einsatz kommt. Etwa zum Jahrtausendwechsel en Betätigungsfelder neben den klassischen Bauleiter*innen, Stockbauer (rechts) und Werkmeister Claus Plank (links), messen“, erzählt Prof. Stockbauer. „Der Personalaufwand war wurden die ersten Laserscansysteme entwickelt. „Während Statiker*innen und Verkehrswegeplaner*innen auf: Simula- den Studierenden vermitteln, gehören Multikopter-Systeme. um ein x-faches größer. Während wir heute 1 000 Punkte ver- das Tachymeter einen Punkt pro Sekunde scannt, schafft ein tion, Visualisierung, Geo-Informationssysteme oder Facility mitte: Heute lassen sich die großen Datenmengen digital messen, waren es damals vielleicht 50.“ Laserscanner bis zu 1,5 Millionen Punkte in derselben Zeit“, Management. direkt am Laserscanner speichern und verwalten. Überhaupt rast in jüngster Zeit die technologische Entwicklung. erläutert Prof. Stockbauer. „Was früher an Tagen vermessen Dabei kommen vielen Absolvent*innen das große Netzwerk rechts: Früher ging das ganz analog per Lochkartensystem. Prof. Stockbauer zeigt seinen Studierenden stets eine Folie mit wurde, funktioniert heute in wenigen Stunden.“ Waren einst der Hochschule und der starke Praxisbezug des Studiums an Es gehört zu einem Tachymeter der Marke „Reg Elta“ aus der Historie der Messinstrumente. Los geht es mit der Groma, bis zu vier Leute vor Ort beschäftigt, reicht nun bei den aller- der OTH Regensburg zugute. „Wir machen fast alle Abschluss- dem Jahr 1971, dem Gründungsjahr der OTH Regensburg. mit der die Römer schon in der Antike rechte Winkel abgesteckt meisten Vermessungen eine Person. arbeiten mit Praxispartner*innen“, erzählt Prof. Stockbauer. haben – sicher auch beim Bau des Castra Regina. Eine wichtige Zusätzlich fliegen erst seit wenigen Jahren mit hochauflö- „Das ist nichts für den Schrank“, sondern oft die Eintrittskarte Konstante seit den Fünfzigerjahren ist das analoge Nivellierins- senden Kameras ausgestattete Multikopter über das zu ver- zu künftigen Arbeitgeber*innen. Auch Vermessungsfachleute trument zur Ermittlung von Höhenunterschieden. „Das gibt es messende Gelände und liefern Daten aus der sogenannten sind heutzutage gefragt. Ging der Trend jahrelang zum „Out- heute noch auf jeder Baustelle“, betont der Dozent. 1950 maß luftgestützten Photogrammetrie, etwa für die Erstellung von sourcen“, beschäftigen die großen Baufirmen heute wieder man Winkel an der Bauschule Prüfening mit dem Theodolit, bis 3D-Geländemodellen. Die Entwicklung von Mobile Mapping selbst ihre Expert*innen. Im Zeitalter des sogenannten Buil- in den Achzigerjahren das Tachymeter entwickelt wurde, das Systemen und luftgestützen Scannersystemen bringen neue ding Information Modelling, bei dem man Baustellen schon inzwischen meistgenutzte Vermessungsinstrument auf Bau- Herausforderungen mit sich: etwa die Frage, wie man so gro- vorab detailliert am virtuellen Modell durchplant, spielt die stellen. „Ich nenne es das Arbeitspferd“, sagt Prof. Stockbauer. ße Datenmengen verarbeitet. Vermessungskunde eine tragende Rolle – sie ist die Schnitt- Es birgt für damalige Verhältnisse eine technische Revolution: stelle zwischen der realen und der digitalen Welt. Zusätzlich zum Messen von Winkeln kann das Tachymeter Ent- In all diese Tätigkeitsfelder will Prof. Stockbauer seine Studie- SCHNIT TSTELLE ZWISCHEN fernungen auf den Millimeter genau erfassen indem es einen renden gut ausgebildet entlassen. Ganz oben steht für ihn die Lichtstrahl auf einen Reflexionspunkt sendet. Inzwischen spei- RE ALER UND DIGITALER WELT Methodenkompetenz. „Es gibt nicht das Vermessungsinstru- chert die digitale Variante die Daten automatisch ab, verfügt ment, keine eierlegende Wollmilchsau“, betont er. Zwischen über eine integrierte Videokamera und lässt sich per tragba- In den mehr als fünf Jahrzehnten, in denen die Vermessungs- Gebäuden und im Gebäude etwa funktioniert ein GPS/GNSS- rem Tablet-PC bequem aus der Ferne bedienen. kunde an der OTH Regensburg gelehrt wird, haben sich nicht System nicht, für manche Anwendungen sind bestimmte Sys- In den Neunzigerjahren kam neben dem Digitalnivellier auch nur Methoden und Inhalte rasant entwickelt, sondern auch teme zu kostspielig. Alle sollen bei ihm lernen, für welchen die satellitengestützte Vermessung GPS auf, die kombiniert das Berufsbild der Bauingenieur*innen. „Es wurde stark er- Fall welches Werkzeug am sinnvollsten ist. „Manchmal“, setzt mit der Maschinensteuerung vor allem bei großen Straßenbau- weitert“, sagt Prof. Stockbauer und zählt nur einige der neu- Stockbauer hinzu, „ist es einfach der gute alte Meterstab“. 34 35
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