MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
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VCS mAGAZIN 2 / April 2017 F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U N F T Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr Seite 18
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EDITORIAL P O L I T IK 4 Kurz & bündig Beängstigende Glitzerwelt 9 An die Urne! Abstimmung über die Energiestrategie 2050 Im März habe ich den Auto- © VCS/François Gribi salon in Genf besucht. Blitz- 12 Elf Jahre voller Einsatz Roger Nordmann über seine Zeit beim VCS blank stehen da Autos, sie 15 Velos zum Falten werden gehätschelt und ge- Falträder sind alltagstauglich pflegt. Eine Armada von jun- gen Mannen, mit Staubwedeln D OS SIE R und Mikrofasertüchern bewehrt, wacht mit Argus- 18 Wege aus dem Strassenwahn augen darüber, dass nirgends ein Fingerabdruck stört. Unsere grenzenlose Mobilität © Fotolia/lassedesignen Die Glitzerwelt lockt enorm viele Medien, Besucherin- hat massive Auswirkungen nen und Besucher an. Und dass an fast jedem Stand auf Mensch und Umwelt. Wie schaffen wir in Zukunft eine ein Gefährt mit neuem, umweltschonendem Antrieb Mobilität, die sauber ist und steht, stimmt zuversichtlich. Dennoch hab ich den sich von der Hypermobilität Anlass mit einem mulmigen Gefühl verlassen: Auf der verabschiedet? Strasse ist vom Elektroboom noch nichts zu sehen, unklar ist, woher der erneuerbare Strom für die Elekt- 26 MITGLIEDER ANGEBOTE rogefährte kommt. Wie sehen die Wege aus dieser Glitzerwelt aus? Fritz 30 BERICHTE AUS DEN VC S-REGIONEN Kobi, ehemals Kreisoberingenieur beim Kanton Bern, sagt, dass man mit den Normen von gestern Strassen R E I SE N planen müsse, die auch übermorgen noch stimmig 40 Wien und Graz Historisch, modern und einfach mit seien. Das scheint schwieriger denn je. Kobi, einer der dem Nachtzug erreichbar: Die beiden Väter des konsensorientierten «Berner Modells» hat österreichischen Städte zukunftsweisende Strassenprojekte mitgeprägt. Im 44 Durchs Maggiatal Dossier befassen wir uns mit aktuellen Strassenpro- Zu Fuss und mit dem Velo das Tal entdecken jekten und legen den Fokus auf die Menschen, die sich 48 Stadtwanderung für eine Mobilität mit Zukunft stark machen. Dafür op- Lausanne hören und entdecken fern sie ihre Freizeit, zeigen bei Wind, Nebel und Dau- erregen, wo sich Widerstand lohnt. 52 D E B AT T E Mich beeindrucken diese Menschen, die sich nicht Motorräder von der Glitzerwelt blenden lassen, sondern Mut zei- Gehört der Lärm dazu? gen und selber denken. Mitmachen ist oft einfacher, 57 P O R T R ÄT als man es sich vorstellt: Zum Einstieg etwa mit einer Marc Guéniat Stadtwanderung in Biel, welche aufzeigt, was der ge- Für Public Eye auf Recherche plante Westast anrichten würde. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre! 64 WETTBEWERB 65 AUS DER WERK ZEUGK ISTE Dominique Eva Rast, Redaktionsverantwortliche VCS-Magazin Von Rasenrobotern und selbstfahrenden Autos 66 C ARTOON Titelbild: Um das schweizerische ÖV-System beneidet man uns. Was braucht es in Zukunft? (© Fabian Lütolf) VCS MAGAZIN 2/17 3
POLITIK 32 000 Menschen wollen ihre Schalter behalten Am 22. März hat der VCS die Petition gegen die Schliessung von statt dem Zug das Auto nehmen. Die Petition wird von zahlreichen Billettschaltern an die SBB übergeben. Über 32 000 Unterschrif- Organisationen unterstützt, etwa von Pro Bahn Schweiz und der ten sind zusammengekommen, vor allem aus den betroffenen Re- Behindertenkonferenz Zürich. gionen Ostschweiz, Basel-Land, Zentralschweiz,Tessin © VCS/Martin Hänni und Berner Jura – von Menschen, denen ein wichtiger Service im öffentlichen Verkehr weggenommen würde. VCS-Präsidentin Evi Allemann betont, dass «dank der grossen Zahl an Unterschriften die Chance besteht, dieses wichtige Servicepublic-Angebot weiterführen zu können. Dafür kämpfen wir». Sie habe letzte Woche einen neuen Vorstoss im Nationalrat eingereicht, erklärt Evi Allemann (SP/BE), und es gebe verschiedene Vorstösse bürgerli- cher Kollegen. «Gerade die Kommissionsmotion, die mit grosser Mehrheit überwiesen wurde, gibt Hoffnung, dass der Entscheid der SBB noch revidiert werden kann.» Wird die Motion in der Sommersession auch von National- und Ständerat angenommen, läuft das Modell bis mindestens ins Jahr 2020 weiter. Das Modell der Stationshalter wurde vor rund 20 Jahren vom VCS mitbegründet. Deshalb ist es konsequent, dass sich der Verband auch für deren Erhalt einsetzt. Der VCS möchte, dass der ÖV einfach zugänglich ist. Dazu gehören auch der persönliche Vertrieb und die Beratung. Andernfalls werden viele Bahnreisende künftig VCS-Präsidentin Evi Allemann übergibt die Unterschriften an die SBB. Keine absurde Anwendung des BehiG! Mitmachen bei VCS aktiv! Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Liegt Ihnen Velofahren am Herzen? Die «Veloinitiative» hat eine Menschen mit Behinderungen trat am 1. Januar 2004 in Kraft. Zur neue Internetseite. Und auf der vorletzten Seite dieses Heftes Berücksichtigung der Lebensdauer von Eisenbahnmaterial und der lesen Sie, wieso mehr Infrastruktur für Velos auch Fussgängern daraus folgenden Abschreibungsdauer wurden die folgenden Fris- und Autofahrerinnen hilft. ten festgelegt: 20 Jahre für die Anpassung von bereits in Betrieb befindlichen Bauten, Anlagen und Fahrzeugen und zehn Jahre für www.velo-initiative.ch, S. 67 Kommunikationssysteme und Billettausgabegeräte. Diese Bestimmungen bezüglich Zugangsrampen zu Bahnsteigen, er- höhten Bahnsteigen, Niederflurfahrzeugen usw. sind für Menschen mit Behinderungen entscheidend. Aber eine Haltestelle, deren Aus- bau verglichen mit der Zahl der Nutzenden mit unverhältnismässig hohen Kosten verbunden wäre, schlicht und einfach schliessen? So wird das Problem gratis gelöst, und das Unternehmen hält weiter- Neuer Direktor von T&E hin die Normen ein! © BLS Beispielsweise sind allein im William Todts ist der neue Leiter © T&E Kanton Neuenburg mehr als von Transport & Environment, der 300 Bushaltestellen auf Kosten Dachorganisation von nichtstaat- der Gemeinden normgerecht lichen europäischen Organisa anzupassen. Wie viele werden tionen aus dem nachhaltigen überleben? Die flächendecken- Verkehrsbereich. Der Nachfolger de Erreichbarkeit mit öffentli- von Jos Dings ist seit 2011 bei chen Verkehrsmitteln darf nicht T&E und war für Klima- und Güter- aus rein finanziellen Gründen Kampagnen zuständig. Der Belgier aufgegeben werden! Droht hier hat ein Geschichts- und Europastu- ein Kahlschlag aus finanziellen dium in Leuven, Brüssel und Genf Gründen? absolviert. VCS-Vertreter bei T&E William Todts leitet T&E. ist Matthias Müller, Leiter Public Barrierefreier ÖV ist nötig. Affairs. 4 VCS MAGAZIN 2/17
© BLS POLITIK Langsamer fahren, um besser zu schlafen Reduzierung der Geschwindigkeit des Nachtverkehrs zur Senkung der Lärmbelastung für die Stadtbewohner: Dieses Experiment wird einige Monate lang in der Avenue de Beaulieu und der Avenue de Vinet in Lausanne durchgeführt. Ab diesem Frühjahr bis Herbst 2017 wird die zugelassene Geschwindigkeit auf diesen beiden Strassen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr von 50 auf 30 km/h gesenkt. Dieser Versuch findet im Rahmen eines schweizweiten Der Ständerat will einen starken regionalen Personenverkehr. Pilotprojektes zur Einführung einer nächtlichen Geschwindigkeits- begrenzung auf 30 km/h auf Hauptverkehrsstrassen statt, das unter der Schirmherrschaft des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) und Mehr Geld für den regionalen der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrsingenieure und Ver- Personenverkehr kehrsexperten (SVI) umgesetzt wird. Der Verkehrskommission des Nationalrates ist der regionale Per- © 24heures/Philippe Maeder sonenverkehr wichtig. Mit knapper Mehrheit schliesst sie sich dem Entscheid des Ständerates an, den Verpflichtungskredit um 144,4 Millionen auf insgesamt 4,1 Milliarden Franken für vier Jahre zu erhöhen. Die Erhöhung ist ein Wunsch der Kantone und der Bahn- unternehmen. Stimmt der Nationalrat der Kommission zu, steigt die Planungssicherheit im regionalen Personenverkehr stark an. Denn: Nachdem die Infrastruktur ausgebaut wurde, sollen nun die Kantone und Bahnunternehmen das Angebot entsprechend ausbauen können. Wie weiter mit Mobility-Pricing? Ende Juni 2016 hat der Bundesrat einen Konzeptbericht vorgelegt, der Ansätze zur Lösung von Verkehrsproblemen für Strasse und Schiene in der Schweiz enthält. Er dient als Grundlage für eine politische Diskussion zum Mobility-Pricing. Die Meinungen zum An der Avenue de Beaulieu schläft es sich bald ruhiger. Mobility-Pricing gehen in der Verkehrskommission des National- rats zwar auseinander. Einig ist man sich aber, dass es vertiefte Informationen braucht, um das Konzept umfänglich beurteilen zu können. Deshalb will die Kommission wissen, wie die verkehrs- UP – die Plattform, trägerübergreifenden Pilotprojekte konkret aussehen sollen. Dazu die Dinge in Bewegung bringt gehören etwa Informationen zu Zeithorizont, Umsetzungsperime- ter, Investitionskosten und Finanzierungssystem. Zudem braucht Die durch eine Gruppe es Erklärungen, wie diese Versuche mit freiwillig Teilnehmenden © zVg junger Menschen mit Unter- durchgeführt werden könnten. Das braucht Zeit: Die Zusatzinforma- stützung der Umweltallianz tionen müssen bis Juli 2019 bereitstehen. Der VCS begrüsst Pilot- (ein Zusammenschluss von projekte, je früher desto besser. VCS, Greenpeace, Pro Na- tura und WWF) gegründete Umweltplattform will sich dynamisch für ökologische KLUG fordert die Einführung einer Fragen einzusetzen. Mit Abgabe auf Flugtickets Pop-up-Events in mehreren grösseren Schweizer Städten Das Bundesparlament hat Mitte März beschlossen, die finanzielle ermutigt die UP, den eigenen Unterstützung für Umweltschutzmassnahmen im Flugverkehr zu Konsum zu überdenken, und kürzen. Die Koalition Luftverkehr Umwelt + Gesundheit (KLUG) ver- Neue Ideen für den Umweltschutz bietet innovative Ideen an. urteilt diesen Entscheid, der klimapolitisch in die falsche Richtung Regelmässig werden in Ba- führt. Die Co-Präsidentinnen der KLUG, Priska Seiler Graf und Lisa sel, Bern, Zürich, Davos, Lausanne und Genf Filmvorführungen, Mazzone, haben ein Postulat eingereicht, das den Bundesrat auffor- Kleider- oder Sachentauschbörsen, Diskussionen und Debatten zu dert, die Einführung einer Abgabe auf Flugtickets zu prüfen. diesem Thema organisiert. Mehr Infos: yves.chatton@ate.ch www.umweltplattform.ch VCS MAGAZIN 2/17 5
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POLITIK Das Wachstum der WICHTIGSTE SCHRITTE erneuerbaren Energien aufrechterhalten KURZFRISTIG Energetische Sanierung von Keine neuen 3 bis 5 Prozent der Kohlekraftwerke Gebäude pro Jahr SCHRITTE FÜR EINE 1,5 C Verkauf des letzten Autos Neubauten als Null-Emis- sions-Gebäude ab 2020 ° mit fossilem Kraftstoff- antrieb vor 2035 Best Practice WELT Entwicklung der in der Landwirtschaft 1,5°-C-Vision für Luftfahrt und Schifffahrt Neue emissionsarme Bis 2020 Erreichung Industrieanlagen nach 2020 von Null-Abholzung http://climateactiontracker.org/ Climate Action Tracker ist eine unabhängige, wissenschaftliche Analyse, welche von drei Forschungsorganisationen seit 2009 durchgeführt wird. Dabei wird verfolgt, wie wirksam Massnahmen zum Klimaschutz und gegen die Erderwärmung sind. Ziel ist, gemäss dem Pariser Abkommen die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten und sich darum zu bemühen, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. K O M M E N T A R Der Klimawandel ist Realität. Und er wird von auf vielen verschiedenen Handlungsachsen: schont. Klima- und Energiezie- © zVg uns Menschen laufend weiter angeheizt. Da- Bauen/Wohnen/Heizen, Waldschutz, Landwirt- le sind nur erreichbar, wenn der mit zerstören wir unseren Lebensraum, den schaft, Energie und Mobilität. Auf letztere bei- öffentliche Verkehr sowie der wir mit Milliarden von Tieren und Pflanzen de möchte ich näher eingehen. Fuss- und Veloverkehr weiter teilen. Bei der letzten Eiszeit – damals gab es Zuerst muss es uns gelingen, die Energiewende gestärkt werden. Zudem sollen noch Säbelzahntiger und Mammuts – war es im umzusetzen: weg von fossiler Energie, hin zu er- in Zukunft vorab Fahrzeuge mit Durchschnitt nur vier Grad kälter als heute. Die neuerbaren Energiequellen. Wasser, Wind- und alternativen Antrieben verwen- Auswirkungen auf unseren Planeten waren dra- Sonnenenergie sowie Gezeiten-Energie werden det werden, also Fahrzeuge Evi Allemann, matisch. Verändert sich das Klima im Schnitt in Zukunft unseren Strom erzeugen. Ein Ja zur mit Wasserstoff- oder Elektro- VCS-Präsidentin nur um wenige Grad Celsius, verursacht dies Energiestrategie 2050 am kommenden 21. Mai motoren oder Autos, die mit riesige Umwälzungen in unseren Lebensräu- ist von zentraler Bedeutung. Und dann müssen synthetischen Treibstoffen fahren. Gleichzeitig men. Das gilt heute genauso wie damals. wir auch unseren Umgang mit der Mobilität ver- braucht es einen neuen Umgang mit der Mobili- Die vom Menschen verursachte globale Klima- ändern. Denn die Energiewende ist ohne ökolo- tät. Kurze Wege vermehrt zu Fuss oder mit dem veränderung soll gestoppt werden, der durch- gische Verkehrswende nicht zu schaffen. In der Velo zurücklegen, unnötige Fahrten vermeiden, schnittliche Temperaturanstieg muss unter Schweiz ist der Verkehr Klimasünder Nummer Homeoffice pushen oder Mitfahrmodelle und zwei Grad liegen. Um dieses Ziel zu erreichen, 1: Über 40 Prozent der CO2-Emissionen ent- «shared mobility» fördern – all das sind Ansät- das sich die Weltgemeinschaft am Klimagipfel stehen im Verkehrsbereich. Trotzdem bleiben ze, um den enormen erwarteten Verkehrszu- in Paris gesetzt hat, braucht es Massnahmen Treibstoffe bis heute von einer CO2-Abgabe ver- wachs zu dämmen. VCS MAGAZIN 2/17 7
POLITIK Mitten auf der Strasse ist manchmal erlaubt Von Dominique Eva Rast Für Velofahrerinnen und Velofahrer gelten im Strassenverkehr teilweise eigene Regeln. Ziel ist, das Miteinander zu vereinfachen. Seit 2016 dürfen Velos in der Regel i n beide R ücksichtsvoll miteinander umgehen und besondere Vorsicht bei schwäche- ren Verkehrsteilnehmern wie Kindern oder fiehlt deshalb, weiterhin mit Klingel am Velo zu fahren und diese einzusetzen. Konflik- te kann es aber auch zwischen Fahrerinnen Richtungen durch Einbahnstrassen fahren – älteren Menschen: Das gebietet nicht nur und Fahrern von verschiedenen Velos geben: wenn dies entsprechend signalisiert ist. der Anstand, sondern auch das Gesetz. Ve- E-Bikes dürfen zwar den Radstreifen benut- lofahrerinnen und Velofahrer unterstehen zen. Fährt das Elektrovelo aber schneller als den Verkehrsregelverordnungen. Was et- 25 Kilometer pro Stunde, muss der Motor was sperrig klingt, regelt den Alltag. Dieses abgestellt werden. Die «langsamen» E-Bikes Jahr liess die Mitteilung aufhorchen, dass die dürfen den Motor benutzen. Klingel am Velo nicht mehr obligatorisch ist. Michael Rytz, Projektleiter Verkehrssicher- Zukunftsmusik heit beim VCS, findet den Entscheid nicht In Basel wurde zwei Jahre lang getestet, was gut: «Auf Flächen, welche sich Fussgänger passiert, wenn Velos bei entsprechender Sig- und Velofahrer teilen, kommt es immer wie- nalisation rechts abbiegen dürfen, wenn die der zu Konflikten. Die Klingel ist eine ein- Ampel auf Rot steht. Die Auswertungen lau- fache Art, andere zu warnen.» Rytz emp- fen, die Signalisation funktioniert und wird deshalb bis auf Weiteres an den zwölf Stand- orten beibehalten. In sechs Schweizer Städten laufen nach Um das Fahren im Kreisel sicherer zu machen, holländischem Vorbild Versuche mit «Ve- dürfen Velofahrerinnen sowohl in ein- wie mehr- lostrassen». Auf diesen haben Velos Vor- spurigen Kreiseln in der Mitte fahren. tritt, für ein zügiges Vorankommen ist der Rechtsvortritt aufgehoben. Markiert sind © Iris Krebs/VCS diese Strassen mit Signaltafeln und durch Bodenmarkierungen. Ungewohnt, aber legal Wer eine Velofahrerin sieht, die auf einer Linksabbiegespur mitten auf der Fahrbahn fährt, beobachtet keinen Regelverstoss: Das ist legal. Ebenso darf man im Kreisel mit- ten auf der Fahrbahn fahren, damit das Le- ben von Velofahrern sicherer wird. Auch bei Einbahnstrassen gelten spezielle Regeln. Sie dürfen – bei entsprechenden Signalen – in beiden Richtungen befahren werden. Ziel ist es, das Velowegnetz feinmaschiger und durchgängiger zu machen. Rytz begrüsst all diese Massnahmen: «Unnötige Regeln kann man abschaffen. Wichtig bleibt der Respekt zwischen allen Verkehrsteilnehmern.» 8 VCS MAGAZIN 2/17
POLITIK An die Urnen! Von Filippo Rivola und Caroline Beglinger Am 21. Mai wird über die Energiestrategie 2050 abgestimmt: Endlich können wir aus der Atomenergie in der Schweiz auszusteigen und voll auf die Entwicklung von sauberen, erneuerbaren und lokalen Energieträgern setzen. Auch Mobilität würde damit nachhaltiger. Neuwagen müsste deutlich gesenkt werden. © Petair/Fotolia Nachdem es der SVP bereits gelungen ist, den Vorschlag des Bundesrates zu ver- wässern, ergreift die Partei jetzt mit Unter- stützung von Teilen der FDP sowie einigen Wirtschaftsverbänden das Referendum. Sie alle – Klimaskeptiker, die nicht an einen Klimawandel glauben, und Atomkraftbefür- worter, die immer noch an der Kernenergie festhalten – kritisieren die hohen Kosten der geplanten Energiewende. Allerdings beru- hen ihre Argumente auf falschen Zahlen. Die Angst vor Landschaftsschäden durch Solaranlagen und Windturbinen ist unbe- gründet: Obschon die Bewilligungsverfah- ren vereinfacht und dadurch verkürzt wer- den, ist Widerstand immer noch möglich. Ausserdem werden Standorte von nationaler Bedeutung (wie Biotope oder Sumpfgebiete) auch weiterhin geschützt bleiben. Auf der Lausanner Kathedrale wird es keine Son- nenkollektoren geben und auf dem Matter- Eine Zukunft ohne fossile Energie ist möglich. horn keine Windturbinen! Wählermobilisierung ist entscheidend V ergangenen November hat das Stimm- volk den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie mit einer knappen Mehrheit so die Produktion erneuerbarer Energien zu fördern. Diese Massnahme erlaubt zum Beispiel die Kompensation von Investiti- Am 21. Mai wird national nur über die Ener- giestrategie abgestimmt. Dieses technisch anmutende Thema wird kaum grosse Wäh- von 54,2 Prozent der Stimmen abgelehnt. onskosten für die Installation von Sonnen- lermassen an die Urnen bewegen – und Jetzt müssen wir uns für einen zwar langsa- kollektoren auf Hausdächern oder die Mit- doch wird es die wichtigste Umweltschutz- meren, dafür aber sicheren Ausstieg stark- finanzierung von Wasserkraftwerken. Es ist Abstimmung dieser Legislatur sein. Bei ei- machen, der zudem von Massnahmen flan- ein ermutigendes Signal, das die Produkti- nem Nein wird sich die Atomlobby wieder kiert wird, die verhindern werden, dass wir on von sauberem und einheimischem Strom zu Wort melden und neue Kernkraftwer- auf fossile oder atomare Energien aus dem fördern und diesen Wirtschaftszweig stär- ke fordern. Gleichzeitig sähe es für die Ent- Ausland zurückgreifen müssen. Die Ener- ken wird. Zudem werden vermehrt Arbeits- wicklung erneuerbarer Energien ziem- giestrategie 2050 beinhaltet auch eine ver- plätze in einem nachhaltigen, zukunftsori- lich schlecht aus. Die zwingend notwendige besserte Energieeffizienz in verschiedenen entierten Sektor geschaffen – auch in den Energiewende zugunsten nachhaltiger, er- Bereichen, wodurch sich unser Energiever- Randregionen. Von den Massnahmen wird neuerbarer Energien und weg von fossilen brauch stabilisieren respektive langfristig auch die Bauwirtschaft profitieren, die Ge- Energieträgern wäre erneut infrage gestellt. verringern sollte. bäude künftig energetisch sanieren muss. Deshalb: An die Urnen! Die Umwelt braucht Die verbesserte Energieeffizienz wird sich Ihr Engagement. Der VCS empfiehlt die An- Verschiedene Massnahmen etwa in den Elektrohaushaltgeräten nieder- nahme der Energiestrategie und fordert Sie Das erste Massnahmenpaket sieht insbe- schlagen. Und besonders wichtig für den auf, Ihre Verwandten und Bekannten eben- sondere die Erhöhung des Netzzuschlages VCS als umweltbewussten Verkehrsver- falls zum Urnengang zu motivieren. auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde vor, um band: Der CO2-Ausstoss von importierten VCS MAGAZIN 2/17 9
POLITIK Ökologische Innovation gebremst Von Filippo Rivola Im Rahmen der Teilrevision des Luftfahrtgesetzes hat das Parlament beschlossen, die finanziellen Mittel für Umweltschutzprojekte zu kürzen. Für den VCS eine enttäuschende Entscheidung. melten Erfahrungen entschieden, die Beiträ- © mitifoto/Fotolia ge für Umweltschutzprojekte zu kürzen, mit der Begründung, die Geldmittel würden nur wenig genutzt. Die Bevölkerung zahlt den Preis Gemäss den Zahlen des Bundesamtes für Statistik verursacht die Luftfahrt für Gesell- schaft und Umwelt jährliche Kosten in der Höhe von etwa 955 Millionen Franken. Fast die gesamten externen Kosten – 94 Prozent beim Personenverkehr, 91 Prozent beim Gü- terverkehr – werden als in Form von exter- nen Kosten an die Gemeinschaft weiterge- geben, das heisst, sie werden weder von den Passagieren noch von den Fluggesellschaf- ten noch vom Staat übernommen. Die ganze Bevölkerung – ob Flugzeugpassagiere oder nicht – zahlt zusätzlich noch einen hohen Preis in Form von Gesundheitsbeeinträch- tigungen, weniger Lebensqualität und mehr Umweltschäden. Die wenigen Millionen Franken, die jedes Jahr in den Umweltschutz investiert werden, reichen zwar bei Weitem nicht aus, um die bestehenden negativen Auswirkungen der Die Bevölkerung zahlt einen hohen Preis für den Flugverkehr. Luftfahrt zu kompensieren, doch sie sind eine wichtige Investition in die Zukunft und in den Forschungsplatz Schweiz. Aus diesem M ineralölsteuer und Mineralölsteuerzu schlag gelten auch für die Schweizer Luftfahrt, allerdings nur für Inlandflüge. Verringerung der schädlichen Flugzeug emissionen, zur Entwicklung von Elektroan- trieben für Flugzeuge, zur Verbesserung der Grund bedauert der VCS die Entscheidung des Parlaments. Der VCS wird sich aber wei- ter für seine Anliegen engagieren und sich Von diesen Einnahmen setzt der Bund seit Energieeffizienz oder zu den Auswirkungen insbesondere dafür einsetzen, dass interna- 2011 jedes Jahr etwa 45 Millionen Franken der Abgasemissionen von Flugzeugen. Die tionale Flüge nicht länger von der Mineralöl- für unterschiedliche Aufgaben ein (insbe- Schweiz hat sich durchaus einen Namen für steuer befreit werden. sondere im Sicherheitsbereich), ein Viertel technologische Innovationen gemacht, auch entfällt auf Umweltschutzmassnahmen. im Bereich der Luftfahrt – wie das Abenteu- er «Solar Impulse» gezeigt hat. Innovative Projekte Zwischen 2013 und 2014 hat sich die Zahl Allein im Jahr 2014 wurden vierzig Subven- der Subventionsgesuche verdoppelt, parallel tionsgesuche für Umweltschutzprojekte ein- dazu sind die Unterstützungsbeiträge stark gereicht. Mit den Fondsgeldern wird nicht gestiegen. In der Regel ziehen sich diese For- nur die Schaffung von Biotopen in der Nähe schungsprojekte über mehrere Jahre hin, von Flughäfen gefördert, sie dienen auch der weshalb eine staatliche Unterstützung nötig Finanzierung von technologischen Innovati- ist. Trotzdem haben Bundesrat und Parla- onen im Bereich der Luftfahrt: Studien zur ment auf Basis der in nur vier Jahren gesam- 10 VCS MAGAZIN 2/17
Velo und Zug clever kombinieren. Kombinieren Sie die Flexibilität eines Velos nahtlos mit der Zuverlässigkeit der Züge. So sind Sie pünktlich und flexibel unterwegs, tun etwas für Ihr Wohlbefinden und schonen die Umwelt. Unterwegs mit Ihrem Velo. Beispiel Zugformation IC Strecke Bern–Brig: Nehmen Sie Ihre Zweiräder mit auf Reisen. ù 1 1 1 2 2 2 2 ü Mit einem gültigen Velobillett können Sie 1 2 A B 4 5 C 9 D Velos und E-Bikes in die meisten Züge der SBB und der anderen Bahnen sowie in Weitere Informationen fi nden Sie unter die meisten Postautos selbst verladen. Die sbb.ch/veloverlad. Zweiräder können allerdings nur mittrans- portiert werden, wenn genügend Platz dafür Fahrspass dank modernen Mietvelos. vorhanden ist. Für einige Strecken bestehen Wie wärs mit einem Velo-Ausfl ug ohne Einschränkungen. Transportsorgen? An schweizweit 200 Stationen, davon über 80-mal an Bahn- Zur Reiseplanung lohnt sich ein Blick auf den höfen, erwarten Sie Mietvelos von Rent a Online-Fahrplan unter sbb.ch: Bike: ob E-Bikes, E-Mountainbikes, Country- • Reservierungspfl ichtige Züge oder Post- bikes, Mountainbikes, Tandems, Fatbikes, autos erkennen Sie am Veloreservierungs- Kindervelos oder Kinderanhänger. Die über signet . 4500 Mietvelos erfüllen höchste Ansprüche. • Züge ohne Verlademöglichkeit sind mit Basistunnel fahren. Reservieren Sie Velos und E-Bikes, die Sie an einem Bahnhof dem Signet gekennzeichnet. bequem online auf SBB.ch, mit SBB Mobile mieten, können Sie in der Regel auch an • Die Auslastungsprognose ( ) zeigt Ihnen, oder am Bahnhof bis 5 Minuten vor Abfahrt. einem anderen Mietbahnhof zurückgeben. in welchen Zügen mit Kapazitätsengpäs- Die schönsten Mietvelotouren als attraktive sen zu rechnen ist und ob sich ein anderer Schon gewusst? Bereits ab drei Stunden Kombi-Angebote sowie Touren-Tipps fi nden Zug besser eignet. vor der Abfahrt können Sie sich im Online- Sie auf sbb.ch/mietvelo. Fahrplan und in der App SBB Mobile infor- Vom 21. März bis 31. Oktober ist der Velo- mieren, in welchen Sektoren die Wagen mit Schicken Sie Ihr Velo auf Reisen. selbstverlad in allen InterCity-Neigezügen Veloplätzen halten. Im Online-Fahrplan und Geben Sie Ihr Velo einfach am Bahnhof (ICN) reservierungspfl ichtig. Die Reser- in der Smartphone-App SBB Mobile werden auf, dann ist es schon vor Ihnen da. vierungspfl icht gilt neu auch für alle die Standorte für viele Verbindungen unter Wie das funktioniert, erfahren Sie auf InterCity-Züge, die durch den Gotthard- «Zugformation einblenden» angezeigt. sbb.ch/veloversand.
POLITIK «Der Status quo ist keine Option» Interview: Dominique Eva Rast Nach elf Jahren verlässt Vize-Präsident Roger Nordmann den Zentralvorstand des VCS Verkehrs-Club der Schweiz. Er ist der Vater der ÖV-Initiative und somit von FABI. Nordmann hat den VCS mit frischem Wind massiv vorwärts gebracht. VCS-Magazin: Was bleibt nach elf © VCS/Alexander Egger Jahren beim VCS in Erinnerung? Roger Nordmann: Auf politischer Ebene war es die ÖV-Initiative, aus welcher FABI (Finan- zierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) hervorgegangen ist, mit der wir den öffentli- chen Verkehr in die Zukunft führen können. Die ersten Ideen dafür haben wir 2007 entwi- ckelt, erst 2014 war die Volksabstimmung. Wir haben ganze zwei Jahre am Text und unseren Finanzierungsvorschlägen gearbeitet, gleich- zeitig haben wir eine sehr breite Allianz ge- schmiedet. Das war am Ende entscheidend und zeigt, dass in der Politik ein langer Atem nötig und der Schlüssel zum Erfolg ist. Woher kam eigentlich die Idee der ÖV-Initiative? Das war nach der verlorenen Tempo-30-Ab- stimmung und den Wirren ums Stadion Zü- rich nötig, um den VCS wieder zu positio- nieren. Ich hatte die Idee, die Finanzierung des ÖV und der ÖV-Infrastruktur zu ver- Erleichtert: Roger Nordmann und Evi Allemann am FABI-Abstimmungssonntag. bessern und in der Verfassung zu verankern. Aus dieser Kombination entstand die ÖV- Initiative. Die riesige Arbeit hat sich gelohnt, Ist FABI ein guter Kompromiss? übersehen werden, etwa beim Rollmaterial denn die Initiative war so gut, dass ein Ge- Alles in allem, ja: Ich habe in Frankreich oder der Lärmsanierung. genvorschlag erarbeitet wurde. Wir hatten unser ÖV-Finanzierungssystem vorgestellt, auch Glück, in der aktuellen Legislatur be- und sie hätten sehr gern dasselbe. Kann der Platzbedarf von selbst kämen wir keine Mehrheit mehr hin. fahrenden Autos eine Bedrohung sein? Welche Gefahren drohen dem ÖV Nicht unbedingt. Schwieriger wird, das in der Schweiz? Strassennetz auf dem aktuellen Stand zu un- Mit dem NAF fliesst nun viel Geld in die terhalten. Was passieren wird, ist, dass es Strassen. Wir müssen dafür sorgen, dass die- noch stärker genutzt wird. Das bringt uns ses Geld sinnvoll investiert wird, namentlich zur Kernfrage – der Nachfrage nach Mobi- Roger Nordmann hat Wirtschaft und in den Unterhalt des bestehenden Strassen- lität. Und der sinnvollen Steuerung unseres Politologie studiert. Nach dem Studium netzes. Verkehrs. hatte er ein Beratungsbüro, mittlerweile ist er Berufspolitiker: Er ist Nationalrat und Dennoch, das Geld fehlt an anderer Stelle. Was muss da passieren? Präsident der SP-Bundeshausfraktion. Der Das ist richtig. Aber vor allem ist das Preis- Grundsätzlich müssen wir viel stärker über 44-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kin- Leistungs-Verhältnis aktuell zugunsten der unseren Mobilitätskonsum nachdenken. Ist der. In seiner Freizeit fährt er gerne Velo, Autos und verschlechtert sich auf Kosten des es denn wirklich nötig, vier Mal pro Jahr seine im Winter mag er Langlauf und im Sommer ÖV. Der ÖV steht immer wieder in der Kri- Ferien am anderen Ende der Welt zu verbrin- Wandern. Ausserdem liest er gerne oder tik. Fakt ist aber, dass die enormen Effizienz- gen? Und wenn, dann soll das auch einen an- erledigt Handwerkerarbeiten. steigerungen und die grossen Anstrengungen gemessen Preis haben. Es gibt keinen Grund, 12 VCS MAGAZIN 2/17
POLITIK warum der Flugverkehr in der Schweiz – im Ausstoss von Neuwagen zwingen sie dazu. Strukturen ist der VCS nicht überlebensfä- Gegensatz zu den andern Verkehrsträgern – Allerdings muss der Staat die Betrügereien hig, denn die Anforderungen an Tempo und faktisch von Steuern befreit ist. sofort unterbinden. Effizienz ändern sich. Was im Zentralsekre- tariat vollzogen ist, muss in den weiteren Und wie soll Mobilität in 20 Jahren Der Einsatz für die Energiestrategie ist Gremien dringend folgen. aussehen? der Grund für Ihren Rücktritt als VCS- Im Idealfall gibt es mehr kollektive Mobili- Vize-Präsident. Wo braucht es den VCS? Was heisst das konkret? tät, und sie ist komplett elektrisch. Der VCS hat zwei Funktionen – einerseits Sinnvoll ist, wenn sich kleine Sektionen zu- Gesellschaft und andererseits Politik im gu- sammenschliessen, um schlagkräftig zu wer- Welche Rolle spielt dabei die Energie- ten, ökologischen Sinn zu beeinflussen. Es den. Und der Zentralvorstand muss ein stra- strategie, auf welche Sie sich in den braucht ihn dringend, denn es gibt eine ge- tegisches, visionäres Gremium sein, das sich nächsten Monaten konzentrieren? sellschaftliche Desorientierung, die Men- nicht in operativer Kleinarbeit verliert. Des- Tatsache ist, dass es kein Zurück mehr schen sind froh um Einordnungen. Und er halb braucht es eine klare Trennung zwi- gibt. Die Atomkraftwerke müssen altersbe- ist einflussreich, darauf kann man stolz sein. schen einer Anstellung beim Zentralsekreta- dingt abgestellt, und dieser Strom muss er- riat oder einer Sektion und einer Mitarbeit im setzt werden – durch sauberen, erneuerbaren Braucht es Veränderungen? Zentralvorstand. Beides geht nicht ohne Inte- Strom. Denn die erneuerbaren Energiequel- Ja, zwingend. Heute ist der VCS zwar deut- ressenskonflikte, die dem Verband schaden. len sind zuverlässig, der Atomstrom hinge- lich weniger bürokratisch als damals, als ich gen flattert. Saubere Elektrizität kann man begonnen habe. Das ist der Verdienst der Ein Kapitel geht zu Ende, wie geht es auch für Mobilität nutzen, wenn man an- aktuellen Equipe unter der Co-Geschäfts- bei Ihnen weiter? derswo an Effizienz in den aktuellen Strom leitung. Auch die politischen Erfolge haben Nach der Abstimmung über die Energie- anwendungen gewinnt. Mit der Energie- sich endlich wieder eingestellt. Die Erfolge strategie geht es an die Umsetzung. Und wir strategie steigt der Druck auf die Hersteller, bei FABI und gegen die Milchkuh-Initiative müssen jetzt die Weichen für eine Zukunft weniger schwere, weniger dreckige Fahrzeu- sprechen für sich und die operative Führung nach der fossilen Ära stellen. Darauf freue ich ge herzustellen. Die Regelungen zum CO2- des Verbandes. Dennoch: Mit den aktuellen mich. ANZEIGE e Produk ählt te ew g TET Aus GETES am vo mV -Te elo pl u s VELOPLUS.CH BASEL BIEL EMMENBRÜCKE OSTERMUNDIGEN ST.GALLEN WETZIKON WINTERTHUR VCSZÜRICH MAGAZIN 2/17 13
POLITIK Problem ignorieren statt lösen © elcovalana/ Fotolia Fabrikneue Diesler stossen ein Mehrfaches der erlaubten Stickoxide aus. Selbst die Autostadt Stuttgart geht gegen Dieselautos vor. Hier zulande wird das Problem weiter hinuntergespielt. Der VCS fordert einen Importstopp für dreckige Diesler. Von Dominique Eva Rast geben, in der Schweiz habe noch keine ent- Wie weiter? sprechende Prüfung stattgefunden. Für den Verkehrs-Club der Schweiz steht fest, dass mit Dieselautos die Gesundheit von Forschung ignoriert Mensch und Umwelt gefährdet wird. Er for- Wie weiter mit den Dieslern? Bloss: Die Eidgenössische Materialprüfungs- dert, dass der Bund die Autoimporteure in die und Forschungsanstalt (Empa) hat kürzlich Pflicht nimmt. Eine Umfrage von comparis. bewiesen, dass der Renault Mégane den Stick- ch und dem Marktforschungsinstitut Innofact E igentlich ist der Fall klar: Der Bundesrat könnte den Verkauf von dreckigen Die- selautos stoppen. Dies hat er in seiner Ant- oxid-Grenzwert um das 17-Fache übersteigt. Wenn ein Auto im Test 17 mal mehr Stickoxi- de ausstösst als erlaubt, ist dies eine eindeuti- zeigt, dass Schweizerinnen und Schweizer den Dieslern nicht mehr über den Weg trauen: Die Sympathiewerte für die Fahrzeuge haben sich wort auf die Interpellation von Karl Vogler ge Gefährdung von Umwelt und Gesundheit fast halbiert, in einem Jahr von 31,5 Prozent (CSP/OW) eingestanden. Das «Aber» folgt der Bevölkerung. Das Argument der bilate- auf 17,4 Prozent. Die Behörden stehen in der sogleich. Gestoppt werden kann nur, «wenn ralen Verträge ist ebenfalls schwach, denn Pflicht, die Umwelt und Menschen zu schüt- ein Neuwagenmodell die Umwelt oder die im Herbst 2015, als die Betrügereien von VW zen. Deshalb braucht es sofort ein Importver- öffentliche Gesundheit ernsthaft gefährdet». aufgedeckt worden sind, konnte der Bund so- bot für dreckige, fabrikneue Diesler. Doch seien diese Voraussetzungen nicht ge- fort einen Importstopp verhängen. Ist ab Ostern Sommer? Von Moritz Christen Mit dem richtigen Reifen lässt sich nicht nur Treibstoff sparen: Reifen haben auch einen grossen Einfluss auf die Lärmbelastung. Beim Wechsel vom Winter- zum Sommerreifen gilt es, einiges zu beachten. V on O bis O, also von Ostern bis Okto- ber solle man mit Sommerreifen fahren. So eine Faustregel, die es aber zu relativieren Treibstoff wird verbraucht. Denn: Rund ein Fünftel des Treibstoffverbrauchs wird durch die Reifen verursacht. Dieser Wert Wohin mit den Winterreifen? Nach dem Reifenwechsel – selbständig durchgeführt oder durch den Garagisten – gilt. Denn wenn’s an Ostern noch richtig kalt setzt sich zu 16 Prozent aus dem Rollwider- braucht es Platz für die Winterreifen. Reicht ist oder sogar der letzte Schnee liegt, bleiben stand und zu vier Prozent aus dem Luftwi- dafür die eigene Garage oder der Keller nicht die Winterpneus besser drauf. Sommerrei- derstand der Reifen zusammen. Sinkt also aus, bieten viele Reifenhändler und Auto- fen sind erst dann sinnvoll, wenn die Tem- der Rollwiderstand, verbraucht das Fahr- häuser an, die Reifen zu übersommern. Stellt peratur nicht mehr unter sieben Grad Celsi- zeug weniger Treibstoff und stösst weniger sich allerdings heraus, dass das Profil abge- us sinkt. CO2 aus. Deshalb lohnt es sich, bei der Rei- fahren ist, müssen die Pneus entsorgt wer- fenwahl die «Reifenetikette» des Bundes- den. Fachgerecht erledigen dies die Auto- Die Mischung macht’s amts für Energie (BFE) zu Rat zu ziehen. Sie und Pneuhändler. Sommerreifen haben eine andere Gum- bewertet zwei Umweltaspekte (Rollwider- mimischung und nutzen sich dadurch we- stand und Abrollgeräusch) sowie die Haf- www.reifenetikette.ch niger schnell ab. Das spart auch Benzin, tung auf nassen Strassen, die für die Sicher- denn je stärker der Abrieb ist, desto mehr heit relevant ist. 14 VCS MAGAZIN 2/17
POLITIK Ein Fahrrad zum Falten Von Susanne Wenger Der Bieler Jonas Römer gründete vor elf Jahren den ersten Faltvelo- Laden der Schweiz. Die faltbaren Räder sieht er heute als Allrounder- velo – für den täglichen Arbeitsweg ebenso geeignet wie in den Ferien. S attel runter, Lenker ausgehängt, Hinter- © Susanne Wenger rad nach vorne geklappt, ein Klickge- räusch – fertig. Geübte wie Jonas Römer ma- chen aus einem Faltvelo in weniger als zehn Sekunden ein kompaktes Päckli von der Grösse eines Kleinkoffers. Anfänger benö- tigen länger, vor allem, wenn je nach Mar- ke der Faltmechanismus ein paar Handgriffe mehr erfordert. «Übung macht den Meister», stellt Römer fest. Und das Üben lohnt sich, wenn man den entscheidenden Vorteil des Faltvelos nutzen will: dass es platzsparend und tragbar ist. Das Faltrad sei ein prakti- sches Fortbewegungsmittel, weil man es überall hin mitnehmen könne, sagt Römer: «Es passt in den Kofferraum des Autos, in den Wohnwagen, ins Boot.» In Zug und Bus fährt das gefaltete Rad als Handgepäck ohne Zusatzkosten mit. In der Wohnung oder im Büro ist es rasch verstaut, geschützt vor Van- dalen, Dieben, Wind und Wetter. Die Vorzüge des Faltvelos entdeckte der Das Velo fürs Handgepäck: Jonas Römer faltet es in acht Sekunden zusammen. 49-Jährige einst während eines Studienauf- enthalts in Rom. 2006 sattelte der promo- vierte Historiker und passionierte Pedaleur liebigem Terrain eingesetzt werden. Doch im Nischenbereich, doch die Fangemeinde auch beruflich aufs Velo um. Er eröffnete in schlenkert so ein Faltrad nicht beim Fahren? wächst. Römers Kundinnen und Kunden der Altstadt von Biel den damals ersten Spe- Diese Frage habe er sehr oft zu beantworten, sind Pendler, Familienväter und -mütter, zialladen für Falträder in der Schweiz, samt schmunzelt der Geschäftsinhaber. Falträder Camper, Rentner und Stadtbewohner, die integrierter Kaffeebar. Die Form der Falt- seien stabil. Höchstens ganz schnell berg- im «Falter» ein ideales Citybike sehen. Bald räder erinnert an die Minivelos der 1970er- ab müsse man sich «vielleicht etwas stärker zieht er mit seinem Laden in die Bieler Vor- Jahre, aber nur auf den ersten Blick. Mit den konzentrieren» als auf einem herkömmli- ortsgemeinde Port, wo er zugleich als Ver- «mühsamen» Modellen von damals habe das chen Velo – dies aber auch nur bei Model- treter der britischen Faltvelo-Marke Bromp- moderne Faltrad nichts mehr gemein, be- len mit kleinen Rädern. Die Preisspanne in ton tätig sein wird. Römer selbst nutzt das tont der Spezialist. Heutige Faltvelos, jeden- Römers Laden beträgt, inklusive fachkundi- Faltrad auf all seinen Wegen: «Wenn ich es falls solche aus dem Fachgeschäft, vereinten ger Beratung, 800 bis 6000 Franken. In letz- nicht dabei habe, fühle ich mich schon fast Technik, Fahrkomfort und Design. Es gebe terem Fall handelt es sich um High-End-Pro- handicapiert.» Sogar an einer Faltvelotour inzwischen mehrere Marken in allen Grös- dukte für spezielle Ansprüche. vom Nufenenpass nach Venedig hat er schon sen, mit zwei bis 30 Gängen und allerlei Zu- Viele erstehen das Faltvelo als Zweit- oder teilgenommen. 60 Kilometer pro Tag, inklu- behör: «Alles, was man beim normalen Velo gar Drittvelo, doch dann wird es meist rasch sive Gepäck: «Es war toll.» haben kann, gibt’s auch fürs Faltvelo.» zum Alltagsvelo – zu Recht, wie Römer fin- det. Das Faltvelo habe seinen Platz in der Vom Zweit- zum Alltagsvelo täglichen Mobilitätskette und erlaube es, Je nach Grösse und Ausstattung wiegen die «alle Verkehrsmittel zu kombinieren», fle- Informationen: www.faltbar.ch Faltvelos zwischen zehn und 15 Kilogramm. xibel und unideologisch. Im Vergleich zum Weitere Spezialläden für Faltvelos: Jene mit wenig Gängen eignen sich eher für Flyer-Boom – E-Bikes – bewegen sich die www.bikes2fold.ch (in Genf) flache Strecken, die anderen können auf be- Verkaufszahlen beim «Falter» zwar noch www.lapedale.ch (in Lausanne) VCS MAGAZIN 2/17 15
Sportlich Reisen mit dem Patria Randonneur Sonne tanken, handgebaut in Deutschland Das Modell RANDONNEUR ist nach dem Begriff für sportliche Tourenfahrer benannt. Entstanden besonnen aus der Liebe zur entspannten Randonneurkultur, handeln und 100% soll dieses Rad als Begleiter auf Ihren künftigen Sonnenstrom kaufen. Traumtouren dienen. Sonnenklar! Walser & Rufer • 6372 Ennetmoos • 041 6107126 • www.diverso.ch Gewonnen durch Solaranlagen des Vereins Solarspar mit 21 000 Mitgliedern VCS-Magazin 2017 – Terminplan für Inserate Ausgabe Inseratenschluss Erscheinungsdatum 3/2017 08.05.2017 15.06.2017 4/2017 07.08.2017 07.09.2017 5/2017 09.10.2017 09.11.2017 Auskünfte und Bestellungen: Sonnenenergie gewinnen VCS-Magazin, Inserate, Postfach 8676, 3001 Bern Tel. 031 328 58 38, inserate@verkehrsclub.ch Für Fliesssatz-Kleininserate: www.verkehrsclub.ch/kleininserate Solarspar CH-4450 Sissach T +41 61 205 19 19 www.solarspar.ch Wir kommen nie ins Schwitzen Mit mir ist fast jeder Treffpunkt schnell und einfach erreichbar. E-Bike Sharing in Zürich - ganz einfach per App .ch
POLITIK Mit 60 Franken Geld und Sprit sparen Von Hermann Scherrer Wer das Klima und sein Portemonnaie schonen will, muss den Hebel bei den grossen Anschaffungen ansetzen. Mit der richtigen Modellwahl lässt sich der CO2-Ausstoss rasch halbieren, mit kluger Fahrweise Geld sparen. M it dem Autokauf sind die Möglichkeiten, gie- und umweltrelevan- © BFE die Umwelt und das Budget zu schonen, te Punkte überprüft. Das nicht ausgeschöpft. Mit einem klugen Fahrver- sind etwa Reifendruck, halten und beim Fahrzeugunterhalt lässt sich Leichtlaufeigenschaften der Treibstoffverbrauch eines Autos um etwa von Motorenöl und Rei- einen Viertel reduzieren. EnergieSchweiz, das fen, Einstellung der Kli- Bundesprogramm zur Verbesserung der Ener- maanlage, Gepäckträger, gieeffizienz, fördert deshalb das EcoDrive- Tagfahrlicht oder allfäl- Programm und den AutoEnergieCheck. Sen- lige Flüssigkeitsverlus- sibilisiert werden damit etwa Fahrlehrerinnen, te. Am Ende wird dem Prüfungsexperten und Garagisten auf der An- Kunden oder der Kun- bieterseite, auf der Konsumentenseite all die- din ein persönliches Ein- jenigen, die Auto fahren: Die Fachkompetenz sparpotenzial in Litern soll steigen und die Angebote bekannter wer- Treibstoff, CO2-Ausstoss den. Wenn es nämlich gelingt, die Nachfrage und Franken vorgelegt: etwa für den AutoEnergieCheck weiter zu stei- Berechnet wird dieses gern, sehen Garagen für ihr Angebot länger- auf Basis der Punkte, die fristig ein Potenzial und sind gerne bereit, ihr bei den Werkstattarbei- Auch Dario Cologna lässt sich den AutoEnergieCheck erklären. Wissen weiter zu vertiefen. ten festgestellt wurden, zusammen mit der Anzahl jährlich zurück- tem EcoDrive basiert auf zwölf Tipps aus Bereits vor der Fahrt sparen gelegter Kilometer und den fahrzeugspezifi- den Bereichen «Auto überprüfen», «Technik Der AutoEnergieCheck (AEC) der AGVS- schen Verbrauchsangaben. Das Einsparpo- nutzen» und «Fahrweise optimieren». Die Garagisten hilft, auf der Basis von techni- tenzial wird auf einem Zertifikat dargestellt Technik hat sich stark entwickelt. In der op- schen Massnahmen den Treibstoffverbrauch und durch den Kundenberater erklärt. Bisher timalen Anwendung der modernden Tech- und die CO2-Emissionen zu reduzieren. Dazu wurden rund 28 000 Checks durchgeführt. nik liegt ein grosses Potenzial. Das zeigt sich wird das Fahrzeug in der Werkstatt auf ener- Sie haben gezeigt, dass Einsparungen bis zu in den Kursen – die Teilnehmer reduzieren einem Fünftel möglich sind. Der einfachste den Spritverbrauch und somit den CO2-Aus Weg zu einem der 1000 speziell ausgebilde- stoss um bis zu 15 Prozent. Das alles ist kei- © BFE ten AEC-Garagisten führt über die interakti- ne Hexerei: In einstündigen DrivePlus-Coa- ve Karte auf der AEC-Webseite. chings zu 60 Franken erlebt man es eins zu eins. Der Verein «EcoDrive» und seine Part- Ökonomisch, ökologisch und sicher ner bieten auch weitere Kursmodelle zu at- EcoDrive bedeute in erster Linie, voraus- traktiven Preisen an, ebenso stehen Simu- schauend und niedertourig zu fahren. Beim latoren und Informationsbroschüren zur Velofahren wendet man das Prinzip ganz Verfügung. Und wer es lieber spielerisch an- automatisch an: hohe Gänge, den Schwung geht, kann mit dem kostenlosen Mobilegame nutzen, rollen lassen, Reifen pumpen, keinen «EcoDriver» üben. Ballast mitschleppen. Dasselbe funktioniert beim Auto – bis zu 15 Prozent Treibstoff- einsparung liegen locker drin. Im Verein «EcoDrive» sind alle wichtigen Entschei- dungsträger aus dem Bereich der Aus- und Tipps Weiterbildung von Fahrzeuglenkern organi- siert. Ziel ist, die Bekanntheit und Anwen- Interaktive Karte: www.autoenergiecheck.ch dung der cleveren Fahrweise zu fördern, Kurse und Game: www.ecodrive.ch Wer die Klimaanlage ausschaltet, spart massiv. welche die Technik optimal nutzt. Das Sys- Kaufhilfe: www.autoumweltliste.ch VCS MAGAZIN 2/17 17
Wie fahren wir in die Von Dominique Eva Rast Wir haben uns an grenzenlose, dauernd verfügbare Mobilität gewöhnt – mit massiven Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Wie schaffen wir in Zukunft eine Mobilität, die sauber ist und sich von der Hypermobilität verabschiedet? 18 VCS MAGAZIN 2/17
DOSSIER D er VCS hat es während der Abstim- mungskampagne gegen den Natio- nalstrassen- und Agglomerationsfonds immer wieder betont: Was wir heute an Infrastruktur bauen, definiert den Ver- kehr der Zukunft. Deshalb ist es wichtig, Strassenbauprojekte kritisch zu hinter- fragen und zu überlegen, welche Investi- tionen in die Mobilität für die Zukunft sinnvoll sind. Sinnvoll ist, bestehende Infrastruktur besser zu nutzen. Dafür bieten sich die Möglichkeiten an, welche durch die Di- gitalisierung aufkommen: Apps auf dem Handy, um die Reise von der Haustür bis zum Ziel zu planen, Internetseiten, die es ermöglichen, Fahrgemeinschaften zu bilden oder Autos zu teilen. Den Stau nicht verschieben Wer mit dem Zug pendelt, fährt täglich an stehenden Kolonnen auf der Auto- bahn vorbei. Neue Strassen werden das Problem der Menschenmassen, die sich täglich von der Wohnung in A ins Büro nach B verschieben, nicht lösen. Im Ge- genteil, mehr Angebot wird mehr Nach- frage bringen, der Stau wird breiter und verschiebt sich. Gefragt ist neben dem Umdenken der einzelnen Menschen auch der politische Wille, in Sachen Mo- bilität neue Wege zu gehen. Dazu ge- hören etwa Testgebiete für autonomes, vernetztes Fahren, damit der Verkehr endlich gesteuert werden kann. Mobili- ty-Pricing ist zwingend, die Investition in die Digitalisierung wichtig. Wenn wir © lassedesignen/Fotolia jetzt investieren, haben wir die Chance, weltweit Spitzenreiter in moderner Mo- bilität zu werden: Um unser ÖV-System beneidet man uns jetzt schon! Zukunft? VCS MAGAZIN 2/17 19
DOSSIER «Nun geht die Post ab» Interview: Dominique Eva Rast PostAuto will sich vom herkömmlichen Transportunternehmen zum umfassenden Mobilitätsanbieter wandeln. Mark Bögli, Projekt- leiter Mobilitätsplattform, erklärt, wie das funktionieren kann. VCS-Magazin: Alle reden davon, die gutes Projekt möglichst rasch umzuset- wickeln, das auch die erste und die letz- Mobilität zu digitalisieren. Was ist zen und zu testen. te Meile abdeckt, wird es interessant damit eigentlich gemeint? für Menschen, die bis anhin lieber mit Mark Bögli: Digitalisierung ermöglicht, Wie geht es mit der App Nordwest- dem eigenen Auto unterwegs waren. verschiedene Verkehrsträger zusam- Mobil weiter? Oder wenn wir in Gegenden mit wenig menzuführen. Die Idee ist, eine Anwen- Die Kundinnen und Kunden wünschen ÖV Mitfahrgelegenheiten aufzeigen, die dung – sei es auf einer App oder einer sich EINE App, welche die ganze Mobi- etwa als Zubringer zu einem Bahnhof Internetseite – zu kreieren, die mir als litätskette samt dem Kauf abdeckt. Die dienen. Benutzer innert Sekunden sagt, wie ich Herausforderung ist, die Bedienung die- von A nach B komme. Neu dabei ist, dass ser App möglichst einfach zu gestalten. Und was passiert mit den Postauto- es eine Gesamtübersicht gibt: Ich sehe Im Herbst wollen wir ein Angebot für Fahrerinnen und -Fahrern in dieser also, wie lange ich mit dem Zug habe, die ganze Schweiz lancieren. neuen Mobilitätswelt? was mich das Auto kostet oder wo das Sie sind die ersten Ansprechpersonen nächste Leihvelo steht. Die Wahl liegt bei Das konkurriert direkt die Reise für die Kundinnen und Kunden in unse- mir als Nutzer – ich wähle und zahle auf planer-App der SBB. Gehen Sie da ren 2200 Fahrzeugen. Und es ist wichtig, derselben Plattform. auf Konfrontation? dass sie das auch in Zukunft bleiben. Nun, beide Unternehmen haben den Trend erkannt. Im Ausland gibt es schon www.nordwestmobil.ch «Digitalisierung ermöglicht, länger solche Plattformen, die Schweiz © zVg zieht nun nach. Am Ende werden die Verkehrsträger zusammenzuführen.» Kundinnen und Kunden entscheiden, welches Angebot ihnen am besten zu- sagt. Aktuell hat man in Sachen Apps die Qual der Wahl – wieso gibt es nicht In welche Entwicklung geht Mobili- eine einzige Mobilitäts-App? tät generell? Im Moment ist es so, dass verschiedene Ich habe den Eindruck, dass die Digita- Mobilitätsanbieter testen, was die Kun- lisierung im Verkehr relativ spät begon- dinnen und Kunden überhaupt wollen: nen hat. Nun geht die Post ab, mit neuen Wir sind alle in der Phase «Idee und Pro- Ideen und neuen Mitspielern. Im Mo- totyp». Diese Prototypen will man mög- ment gibt es noch die zwei grossen Blö- lichst rasch am Markt testen. Wir haben cke: Menschen, die vor allem auf Indi- die multimodale Plattform Nordwest- vidualverkehr setzen, und ÖV-Nutzer. Mobil entwickelt und veröffentlicht, mit Vermutlich mischt sich das in Zukunft ermutigenden Marktforschungsresulta- viel stärker. Ich gehe davon aus, dass die ten. Gruppe, die kein Auto besitzt, aber den Mark Bögli (53) ist seit 2015 Projekt- Komfort nicht missen will, dann neue leiter Mobilitätsplattform bei Post- Wie arbeiten Sie an diesen Ideen? Möglichkeiten nutzt, rasch und billig Auto. Der Familienvater lebt in Biel. Zum einen beobachten und bewerten wir von A nach B zu kommen. Er pendelt mit dem Zug zur Arbeit in Trends. Zum anderen haben wir firmen Bern, legt die erste und letzte Meile intern im Rahmen des Innovationspro- Kann Digitalisierung den öffentli- zu Fuss oder mit dem Velo zurück und zesses die Möglichkeit, Ideen einzuge- chen Verkehr stärken? fährt eher selten Auto. ben. Diese werden bewertet. Ziel ist, ein Durchaus. Wenn wir ein Angebot ent- 20 VCS MAGAZIN 2/17
© zVg Die Seftigenstrasse vor und nach der Umgestaltung im Jahr 1997 Miterleben und mitgestalten Von Dominique Eva Rast Das «Berner Modell» bezieht die Anliegen von Mensch, Siedlung und Umwelt gleichwertig ein. Fritz Kobi, ehemaliger Kreisoberingenieur, ist einer der Väter. M an gibt ihr keine 20 Jahre: Aber so alt wird die umgestaltete Seftigen strasse im August. Die Strasse wirkt mo- mit Ampeln gelenkt. Platz hat es so auch für Velostreifen, Fussgängerinnen und Fussgänger können an mehreren Stellen te konnte gestoppt werden, teils sind sie wieder gestiegen. Die ganze Strasse wirkt offen, die einst gegen innen orientierten dern, und das Fazit aus der Befragung im queren und, falls nötig, auf dem Mittel- Geschäfte haben sich geöffnet. Einige Jahr 1999 ist immer noch korrekt: «Wir streifen warten. kleine Marktstände, Menschen mit Ein- haben mehr erhalten, als uns verspro- kaufswägelchen, die sich grüssen und chen wurde.» Dabei war die Übungsan- «Wabra cadabra» plaudern – fast dörflich wirkt die Strasse, lage alles andere als einfach, als sich Fritz Dieser partizipative Prozess ist ein Be- die mittlerweile täglich von 21 000 Autos Kobi als Kreisoberingenieur 1991 an die standteil des Berner Modells: Das Modell befahren wird. Das Tram hält seinen Aufgabe heranwagt. Durch Wabern, das beinhaltet verkehrspolitische Grund- Fahrplan pünktlich ein, an der Endsta- zur Gemeinde Köniz gehört und direkt sätze, ein neues Rollenverständnis der tion bringt das Postauto die Menschen an die Stadt Bern angrenzt, verkehrten Planenden, einen «Vorher-nachher-Ver- Richtung Riggisberg. Kobi, mittlerwei- auf der Seftigenstrasse täglich 20 000 Au- gleich» und Instrumente zur konkreten le pensioniert, ist die Freude an diesem tos, dazu auf einem zweigleisigen Trassee Umsetzung. Keine Hexerei, aber man Projekt anzusehen. «Immer noch stim- ein Tram. Fussgängerinnen und Velo- muss erst mal drauf kommen. «Wabra mig und immer noch ein Leuchtturm- fahrer kommen dazu, denn die Seftigen- cadabra» titelt denn auch eins der on- projekt», sagt er. Er hält ab und an Vor- strasse führt mitten durchs Ortszent- line herunterladbaren Infoblätter des träge, etwa in Österreich. Und hat weit rum – und zerschnitt es. Von einem Um- Tiefbauamts des Kantons Bern. Die fünf über 100 Führungen an der für das fahrungstunnel war die Rede, doch Kobi Handlungsfelder des Berner Modells gel- Quartier eine Identität schaffenden Sef- und sein Team haben es geschafft, dass ten auch heute noch, weiter entwickelt tigenstrasse gemacht, die das Produkt ei- aus dem Strassenraum ein Lebensraum wurden deren Inhalte respektive Ins nes sorgfältigen, respektvollen Mitein- wurde. Besonnen sind sie ans Projekt ge- trumente. Erfolgreich angewendet wurde anders ist. gangen und haben die Betroffenen einbe- das Berner Modell für mehrere Projekte zogen: «Ziel war, dass wir am Ende ein im Kanton Bern. Etwa im Ortszentrum gutes Projekt haben.» Dabei hatte er vie- Köniz: Dort gilt auf einer Hauptstrasse le Rollen, wie ein Notizblatt zeigt, das er Tempo 30, ein Gewinn für die Bevölke- Fritz Kobi, dipl. Bauingenieur © VCS immer noch für Präsentationen braucht: rung, die Geschäfte und die Umwelt. ETH/SIA/SV, war als Kreis Beamter, Experte, Kollege, aber auch oberingenieur im bernischen Tiefbauamt unter anderem Persona non grata. Am Ende stand die Lebensqualität gesteigert zuständig für Planung, «1+1»-Lösung: Bis heute gibt es für jede Die umgebaute Seftigenstrasse hat die Projektierung, Bau, Betrieb Richtung nur eine Fahrbahn, das Tram- Lebensqualität gesteigert: Die Unfälle und Unterhalt von Kantons gleis ist integriert. Damit das Tram flüs- sind um einen Drittel zurückgegangen, strassen in der Region Bern sig fahren kann, wird der übrige Verkehr der Rückgang der Umsätze der Geschäf- und im Voralpengebiet. VCS MAGAZIN 2/17 21
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