MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

Die Seite wird erstellt Eske Gottschalk
 
WEITER LESEN
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
VCS mAGAZIN
                                                                                       2 / April 2017

                                                         F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U N F T

 Wege aus dem Strassenwahn
 Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr
 Seite 18
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
Hotelcard – das Halbtax für Hotels
     Hotel Spinne              Grindelwald | Berner Oberland

     Doppelzimmer mit Eigerblick inkl. Frühstück ab

     CHF   125.–            statt CHF 250.– (pro Zimmer)

     Albergo Ristorante I Grappoli            Sessa | Tessin

                                                                                                                              Hotelcard
                                                                                                                                          für 1 Jahr

                                                                                                                CHF            95.–
                                                                                                                statt CHF 119.–
     Doppelzimmer inkl. Frühstück ab
                                                                                                                 www.hotelcard.ch/vcs03
     CHF   92.–           statt CHF 184.– (pro Zimmer)                                                          0800 083 083 (Rabattcode vcs03 angeben)

              VCS-Bonus : das Plus für Mitglieder

                                                               Bonus : Fr. 230.–
                                                               Canon EOS 1300D
                                                               Mit der EOS 1300D mit 18 Megapixeln nehmen Sie ganz einfach
                                                               Fotos und Videos in einzigartiger Qualität auf.
                                                               Sie können Ihre Kamera ganz einfach via NFC mit einem Mobilgerät
                                                               verbinden und Ihre Bilder sofort per WLAN teilen.

                                                               Ihr Vorteil
                                                               Canon EOS 1300D ( inkl. Tasche und 8-GB-Karte ) für Fr. 349.–
                                                               statt Fr. 579.– ( Preisliste Canon ). Angebot gültig solange Vorrat.

                                                               Jetzt bestellen
                                                               – Mit der Karte im Umschlag dieses Magazins
                                                               – Online unter www.vcs-bonus.ch ( Rubrik Diverses )
                                                               – Tel. 043 500 35 35 ( e-brands GmbH )
                  © zvg

 Weitere Angebote für Mitglieder
 unter www.vcs-bonus.ch
 oder Telefon 031 328 58 58
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
EDITORIAL                                                                          P O L I T IK
                                                                                            4      Kurz & bündig
         Beängstigende Glitzerwelt
                                                                                            9      An die Urne!
                                                                                                   Abstimmung über die Energiestrategie 2050
                                                       Im März habe ich den Auto-
© VCS/François Gribi

                                                       salon in Genf besucht. Blitz-        12     Elf Jahre voller Einsatz
                                                                                                   Roger Nordmann über seine Zeit beim VCS
                                                       blank stehen da Autos, sie
                                                                                            15     Velos zum Falten
                                                       werden gehätschelt und ge-
                                                                                                   Falträder sind alltagstauglich
                                                       pflegt. Eine Armada von jun-
                                                       gen Mannen, mit Staubwedeln          D OS SIE R
                       und Mikrofasertüchern bewehrt, wacht mit Argus-                      18     Wege aus dem Strassenwahn
                       augen darüber, dass nirgends ein Fingerabdruck stört.                Unsere grenzenlose Mobilität

                                                                                                                              © Fotolia/lassedesignen
                       Die Glitzerwelt lockt enorm viele Medien, Besucherin-                hat massive Auswirkungen
                       nen und Besucher an. Und dass an fast jedem Stand                    auf Mensch und Umwelt. Wie
                                                                                            schaffen wir in Zukunft eine
                       ein Gefährt mit neuem, umweltschonendem Antrieb
                                                                                            Mobilität, die sauber ist und
                       steht, stimmt zuversichtlich. Dennoch hab ich den                    sich von der Hypermobilität
                       Anlass mit einem mulmigen Gefühl verlassen: Auf der                  verabschiedet?
                       Strasse ist vom Elektroboom noch nichts zu sehen,
                       unklar ist, woher der erneuerbare Strom für die Elekt-               26     MITGLIEDER ANGEBOTE
                       rogefährte kommt.
                       Wie sehen die Wege aus dieser Glitzerwelt aus? Fritz                 30     BERICHTE AUS DEN VC S-REGIONEN
                       Kobi, ehemals Kreisoberingenieur beim Kanton Bern,
                       sagt, dass man mit den Normen von gestern Strassen                   R E I SE N

                       planen müsse, die auch übermorgen noch stimmig                       40     Wien und Graz
                                                                                                               Historisch, modern und einfach mit
                       seien. Das scheint schwieriger denn je. Kobi, einer der
                                                                                                               dem Nachtzug erreichbar: Die beiden
                       Väter des konsensorientierten «Berner Modells» hat                                      österreichischen Städte
                       zukunftsweisende Strassenprojekte mitgeprägt. Im
                                                                                            44     Durchs Maggiatal
                       Dossier befassen wir uns mit aktuellen Strassenpro-
                                                                                                   Zu Fuss und mit dem Velo das Tal entdecken
                       jekten und legen den Fokus auf die Menschen, die sich
                                                                                            48     Stadtwanderung
                       für eine Mobilität mit Zukunft stark machen. Dafür op-                      Lausanne hören und entdecken
                       fern sie ihre Freizeit, zeigen bei Wind, Nebel und Dau-
                       erregen, wo sich Widerstand lohnt.                                   52     D E B AT T E
                       Mich beeindrucken diese Menschen, die sich nicht                            Motorräder
                       von der Glitzerwelt blenden lassen, sondern Mut zei-                        Gehört der Lärm dazu?
                       gen und selber denken. Mitmachen ist oft einfacher,
                                                                                            57     P O R T R ÄT
                       als man es sich vorstellt: Zum Einstieg etwa mit einer
                                                                                                   Marc Guéniat
                       Stadtwanderung in Biel, welche aufzeigt, was der ge-
                                                                                                   Für Public Eye auf Recherche
                       plante Westast anrichten würde.
                       Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!                            64     WETTBEWERB

                                                                                            65     AUS DER WERK ZEUGK ISTE
                               Dominique Eva Rast, Redaktionsverantwortliche VCS-Magazin
                                                                                                   Von Rasenrobotern und selbstfahrenden Autos

                                                                                            66     C ARTOON
                       Titelbild: Um das schweizerische ÖV-System beneidet man uns.
                       Was braucht es in Zukunft? (© Fabian Lütolf)

                                                                                                                                                        VCS MAGAZIN 2/17   3
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
POLITIK

         32 000 Menschen wollen ihre Schalter behalten
         Am 22. März hat der VCS die Petition gegen die Schliessung von          statt dem Zug das Auto nehmen. Die Petition wird von zahlreichen
         Billettschaltern an die SBB übergeben. Über 32 000 Unterschrif-         Organisationen unterstützt, etwa von Pro Bahn Schweiz und der
         ten sind zusammengekommen, vor allem aus den betroffenen Re-            Behindertenkonferenz Zürich.
         gionen Ostschweiz, Basel-Land, Zentralschweiz,Tessin

                                                                                                                                                    © VCS/Martin Hänni
         und Berner Jura – von Menschen, denen ein wichtiger
         Service im öffentlichen Verkehr weggenommen würde.
         VCS-Präsidentin Evi Allemann betont, dass «dank der
         grossen Zahl an Unterschriften die Chance besteht, dieses
         wichtige Servicepublic-Angebot weiterführen zu können.
         Dafür kämpfen wir». Sie habe letzte Woche einen neuen
         Vorstoss im Nationalrat eingereicht, erklärt Evi Allemann
         (SP/BE), und es gebe verschiedene Vorstösse bürgerli-
         cher Kollegen. «Gerade die Kommissionsmotion, die mit
         grosser Mehrheit überwiesen wurde, gibt Hoffnung, dass
         der Entscheid der SBB noch revidiert werden kann.» Wird
         die Motion in der Sommersession auch von National- und
         Ständerat angenommen, läuft das Modell bis mindestens
         ins Jahr 2020 weiter. Das Modell der Stationshalter wurde
         vor rund 20 Jahren vom VCS mitbegründet. Deshalb ist es
         konsequent, dass sich der Verband auch für deren Erhalt
         einsetzt. Der VCS möchte, dass der ÖV einfach zugänglich
         ist. Dazu gehören auch der persönliche Vertrieb und die
         Beratung. Andernfalls werden viele Bahnreisende künftig       VCS-Präsidentin Evi Allemann übergibt die Unterschriften an die SBB.

         Keine absurde Anwendung des BehiG!                                     Mitmachen bei VCS aktiv!
         Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von        Liegt Ihnen Velofahren am Herzen? Die «Veloinitiative» hat eine
         Menschen mit Behinderungen trat am 1. Januar 2004 in Kraft. Zur        neue Internetseite. Und auf der vorletzten Seite dieses Heftes
         Berücksichtigung der Lebensdauer von Eisenbahnmaterial und der         lesen Sie, wieso mehr Infrastruktur für Velos auch Fussgängern
         daraus folgenden Abschreibungsdauer wurden die folgenden Fris-         und Autofahrerinnen hilft.
         ten festgelegt: 20 Jahre für die Anpassung von bereits in Betrieb
         befindlichen Bauten, Anlagen und Fahrzeugen und zehn Jahre für         www.velo-initiative.ch, S. 67
         Kommunikationssysteme und Billettausgabegeräte.
         Diese Bestimmungen bezüglich Zugangsrampen zu Bahnsteigen, er-
         höhten Bahnsteigen, Niederflurfahrzeugen usw. sind für Menschen
         mit Behinderungen entscheidend. Aber eine Haltestelle, deren Aus-
         bau verglichen mit der Zahl der Nutzenden mit unverhältnismässig
         hohen Kosten verbunden wäre, schlicht und einfach schliessen? So
         wird das Problem gratis gelöst, und das Unternehmen hält weiter-       Neuer Direktor von T&E
                                              hin die Normen ein!
                                         © BLS

                                              Beispielsweise sind allein im     William Todts ist der neue Leiter
                                                                                                                                                    © T&E

                                              Kanton Neuenburg mehr als         von Transport & Environment, der
                                              300 Bushaltestellen auf Kosten    Dachorganisation von nichtstaat-
                                              der Gemeinden normgerecht         lichen europäischen Organisa­
                                              anzupassen. Wie viele werden      tionen aus dem nachhaltigen
                                              überleben? Die flächendecken-     Verkehrsbereich. Der Nachfolger
                                              de Erreichbarkeit mit öffentli-   von Jos Dings ist seit 2011 bei
                                              chen Verkehrsmitteln darf nicht   T&E und war für Klima- und Güter-
                                              aus rein finanziellen Gründen     Kampagnen zuständig. Der Belgier
                                              aufgegeben werden! Droht hier     hat ein Geschichts- und Europastu-
                                              ein Kahlschlag aus finanziellen   dium in Leuven, Brüssel und Genf
                                              Gründen?                          absolviert. VCS-Vertreter bei T&E  William Todts leitet T&E.
                                                                                ist Matthias Müller, Leiter Public
         Barrierefreier ÖV ist nötig.                                           Affairs.

4   VCS MAGAZIN 2/17
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
© BLS
                                                                                                                                                                              POLITIK

                             Langsamer fahren, um besser zu schlafen
                             Reduzierung der Geschwindigkeit des Nachtverkehrs zur Senkung
                             der Lärmbelastung für die Stadtbewohner: Dieses Experiment
                             wird einige Monate lang in der Avenue de Beaulieu und der
                             Avenue de Vinet in Lausanne durchgeführt. Ab diesem Frühjahr
                             bis Herbst 2017 wird die zugelassene Geschwindigkeit auf diesen
                             beiden Strassen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr von 50 auf 30 km/h
                             gesenkt. Dieser Versuch findet im Rahmen eines schweizweiten                Der Ständerat will einen starken regionalen Personenverkehr.
                             Pilotprojektes zur Einführung einer nächtlichen Geschwindigkeits-
                             begrenzung auf 30 km/h auf Hauptverkehrsstrassen statt, das unter
                             der Schirmherrschaft des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) und               Mehr Geld für den regionalen
                             der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrsingenieure und Ver-             Personenverkehr
                             kehrsexperten (SVI) umgesetzt wird.
                                                                                                         Der Verkehrskommission des Nationalrates ist der regionale Per-
© 24heures/Philippe Maeder

                                                                                                         sonenverkehr wichtig. Mit knapper Mehrheit schliesst sie sich dem
                                                                                                         Entscheid des Ständerates an, den Verpflichtungskredit um 144,4
                                                                                                         Millionen auf insgesamt 4,1 Milliarden Franken für vier Jahre zu
                                                                                                         erhöhen. Die Erhöhung ist ein Wunsch der Kantone und der Bahn-
                                                                                                         unternehmen. Stimmt der Nationalrat der Kommission zu, steigt die
                                                                                                         Planungssicherheit im regionalen Personenverkehr stark an. Denn:
                                                                                                         Nachdem die Infrastruktur ausgebaut wurde, sollen nun die Kantone
                                                                                                         und Bahnunternehmen das Angebot entsprechend ausbauen können.

                                                                                                         Wie weiter mit Mobility-Pricing?
                                                                                                         Ende Juni 2016 hat der Bundesrat einen Konzeptbericht vorgelegt,
                                                                                                         der Ansätze zur Lösung von Verkehrsproblemen für Strasse und
                                                                                                         Schiene in der Schweiz enthält. Er dient als Grundlage für eine
                                                                                                         politische Diskussion zum Mobility-Pricing. Die Meinungen zum
                             An der Avenue de Beaulieu schläft es sich bald ruhiger.                     Mobility-Pricing gehen in der Verkehrskommission des National-
                                                                                                         rats zwar auseinander. Einig ist man sich aber, dass es vertiefte
                                                                                                         Informationen braucht, um das Konzept umfänglich beurteilen zu
                                                                                                         können. Deshalb will die Kommission wissen, wie die verkehrs-
                             UP – die Plattform,                                                         trägerübergreifenden Pilotprojekte konkret aussehen sollen. Dazu
                             die Dinge in Bewegung bringt                                                gehören etwa Informationen zu Zeithorizont, Umsetzungsperime-
                                                                                                         ter, Investitionskosten und Finanzierungssystem. Zudem braucht
                                                                 Die durch eine Gruppe                   es Erklärungen, wie diese Versuche mit freiwillig Teilnehmenden
                                                                   © zVg

                                                                 junger Menschen mit Unter-              durchgeführt werden könnten. Das braucht Zeit: Die Zusatzinforma-
                                                                 stützung der Umweltallianz              tionen müssen bis Juli 2019 bereitstehen. Der VCS begrüsst Pilot-
                                                                 (ein Zusammenschluss von                projekte, je früher desto besser.
                                                                 VCS, Greenpeace, Pro Na-
                                                                 tura und WWF) gegründete
                                                                 Umweltplattform will sich
                                                                 dynamisch für ökologische               KLUG fordert die Einführung einer
                                                                 Fragen einzusetzen. Mit                 Abgabe auf Flugtickets
                                                                 Pop-up-Events in mehreren
                                                                 grösseren Schweizer Städten             Das Bundesparlament hat Mitte März beschlossen, die finanzielle
                                                                 ermutigt die UP, den eigenen            Unterstützung für Umweltschutzmassnahmen im Flugverkehr zu
                                                                 Konsum zu überdenken, und               kürzen. Die Koalition Luftverkehr Umwelt + Gesundheit (KLUG) ver-
                             Neue Ideen für den Umweltschutz     bietet innovative Ideen an.             urteilt diesen Entscheid, der klimapolitisch in die falsche Richtung
                                                                 Regelmässig werden in Ba-               führt. Die Co-Präsidentinnen der KLUG, Priska Seiler Graf und Lisa
                             sel, Bern, Zürich, Davos, Lausanne und Genf Filmvorführungen,               Mazzone, haben ein Postulat eingereicht, das den Bundesrat auffor-
                             Kleider- oder Sachentauschbörsen, Diskussionen und Debatten zu              dert, die Einführung einer Abgabe auf Flugtickets zu prüfen.
                             diesem Thema organisiert.
                                                                                                         Mehr Infos: yves.chatton@ate.ch
                             www.umweltplattform.ch

                                                                                                                                                                        VCS MAGAZIN 2/17   5
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
Glücksmomente.-
                                  Machen Sie mehr aus Ihrem Geld.

               Die Stiftung Wunderlampe erfüllt Herzenswünsche schwerkranker und behinderter Kinder. www.wunderlampe.ch
                                                                 Stiftung Wunderlampe                         Spendenkonto PostFinance: 87 -755227 -6
                                                                    Zürcherstrasse 119                       IBAN Nr.: CH26 09 00 0000 8775 52276
                                                                    8406 Winterthur

                                                 Diese Werbung ist für die Stiftung Wunderlampe kostenlos.

                                                                                                                                          Dario Cologna
                                                                                                                                          AEC-Botschafter, Weltmeister,
                                                                                                                                          Olympiasieger.

Kleiner Check, grosse Wirkung:
Sparen Sie jetzt bis zu CHF 360 pro Jahr!
Auch wenn man das Auto einmal nötig hat, kann man Rücksicht auf die Umwelt nehmen:
Machen Sie jetzt den AutoEnergieCheck!
                                                                                                                                        Mit Unterstützung von:

Eine Dienstleistung der AGVS-Garagisten
www.autoenergiecheck.ch
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
POLITIK

                                                                                             Das Wachstum der
        WICHTIGSTE SCHRITTE                                                                     erneuer­baren Energien
                                                                                                    aufrechterhalten
        KURZFRISTIG
   Energetische Sanierung von                                                                                   Keine neuen
         3 bis 5 Prozent der                                                                                     Kohlekraftwerke
        Gebäude pro Jahr
                                                                 SCHRITTE
                                                                 FÜR EINE

                                                                1,5 C
                                                                                                                      Verkauf des letzten Autos
Neubauten als Null-Emis-
 sions-Gebäude ab 2020
                                                                                °                                     mit fossilem Kraftstoff-­
                                                                                                                      antrieb vor 2035

               Best Practice
                                                                  WELT                                              Entwicklung der
        in der Landwirtschaft                                                                                      1,5°-C-Vision für Luftfahrt
                                                                                                                  und Schifffahrt

                                                                                                        Neue emissionsarme
                      Bis 2020 Erreichung                                                             Industrieanlagen nach 2020
                          von Null-Abholzung

                                                                                                                  http://climateactiontracker.org/

Climate Action Tracker ist eine unabhängige, wissenschaftliche Analyse, welche von drei Forschungsorganisationen seit 2009 durchgeführt wird.
Dabei wird verfolgt, wie wirksam Massnahmen zum Klimaschutz und gegen die Erderwärmung sind. Ziel ist, gemäss dem Pariser Abkommen die
Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten und sich darum zu bemühen, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

                                                                                                                                     K O M M E N T A R

Der Klimawandel ist Realität. Und er wird von        auf vielen verschiedenen Handlungsachsen:            schont. Klima- und Energiezie-
                                                                                                                                                © zVg

uns Menschen laufend weiter angeheizt. Da-           Bauen/Wohnen/Heizen, Waldschutz, Landwirt-           le sind nur erreichbar, wenn der
mit zerstören wir unseren Lebensraum, den            schaft, Energie und Mobilität. Auf letztere bei-     öffentliche Verkehr sowie der
wir mit Milliarden von Tieren und Pflanzen           de möchte ich näher eingehen.                        Fuss- und Veloverkehr weiter
teilen. Bei der letzten Eiszeit – damals gab es      Zuerst muss es uns gelingen, die Energiewende        gestärkt werden. Zudem sollen
noch Säbelzahntiger und Mammuts – war es im          umzusetzen: weg von fossiler Energie, hin zu er-     in Zukunft vorab Fahrzeuge mit
Durchschnitt nur vier Grad kälter als heute. Die     neuerbaren Energiequellen. Wasser, Wind- und         alternativen Antrieben verwen-
Auswirkungen auf unseren Planeten waren dra-         Sonnenenergie sowie Gezeiten-Energie werden          det werden, also Fahrzeuge                    Evi Allemann,
matisch. Verändert sich das Klima im Schnitt         in Zukunft unseren Strom erzeugen. Ein Ja zur        mit Wasserstoff- oder Elektro-                VCS-Präsidentin
nur um wenige Grad Celsius, verursacht dies          Energiestrategie 2050 am kommenden 21. Mai           motoren oder Autos, die mit
riesige Umwälzungen in unseren Lebensräu-            ist von zentraler Bedeutung. Und dann müssen         synthetischen Treibstoffen fahren. Gleichzeitig
men. Das gilt heute genauso wie damals.              wir auch unseren Umgang mit der Mobilität ver-       braucht es einen neuen Umgang mit der Mobili-
Die vom Menschen verursachte globale Klima-          ändern. Denn die Energiewende ist ohne ökolo-        tät. Kurze Wege vermehrt zu Fuss oder mit dem
veränderung soll gestoppt werden, der durch-         gische Verkehrswende nicht zu schaffen. In der       Velo zurücklegen, unnötige Fahrten vermeiden,
schnittliche Temperaturanstieg muss unter            Schweiz ist der Verkehr Klimasünder Nummer           Homeoffice pushen oder Mitfahrmodelle und
zwei Grad liegen. Um dieses Ziel zu erreichen,       1: Über 40 Prozent der CO2-Emissionen ent-           «shared mobility» fördern – all das sind Ansät-
das sich die Weltgemeinschaft am Klimagipfel         stehen im Verkehrsbereich. Trotzdem bleiben          ze, um den enormen erwarteten Verkehrszu-
in Paris gesetzt hat, braucht es Massnahmen          Treibstoffe bis heute von einer CO2-Abgabe ver-      wachs zu dämmen.

                                                                                                                                                            VCS MAGAZIN 2/17   7
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
POLITIK

                                                                Mitten auf der Strasse
                                                                ist manchmal erlaubt
                                       Von Dominique Eva Rast   Für Velofahrerinnen und Velofahrer gelten im Strassenverkehr
                                                                teilweise eigene Regeln. Ziel ist, das Miteinander zu vereinfachen.

    Seit 2016 dürfen Velos in der Regel i­ n beide
                                                                R    ücksichtsvoll miteinander umgehen
                                                                     und besondere Vorsicht bei schwäche-
                                                                ren Verkehrsteilnehmern wie Kindern oder
                                                                                                                                fiehlt deshalb, weiterhin mit Klingel am Velo
                                                                                                                                zu fahren und diese einzusetzen. Konflik-
                                                                                                                                te kann es aber auch zwischen Fahrerinnen
    Richtungen durch Einbahn­strassen fahren –
                                                                älteren Menschen: Das gebietet nicht nur                        und Fahrern von verschiedenen Velos geben:
    wenn dies entsprechend signalisiert ist.
                                                                der Anstand, sondern auch das Gesetz. Ve-                       E-Bikes dürfen zwar den Radstreifen benut-
                                                                lofahrerinnen und Velofahrer unterstehen                        zen. Fährt das Elektrovelo aber schneller als
                                                                den Verkehrsregelverordnungen. Was et-                          25 Kilometer pro Stunde, muss der Motor
                                                                was sperrig klingt, regelt den Alltag. Dieses                   abgestellt werden. Die «langsamen» E-Bikes
                                                                Jahr liess die Mitteilung aufhorchen, dass die                  dürfen den Motor benutzen.
                                                                Klingel am Velo nicht mehr obligatorisch ist.
                                                                Michael Rytz, Projektleiter Verkehrssicher-                                                  Zukunftsmusik
                                                                heit beim VCS, findet den Entscheid nicht                       In Basel wurde zwei Jahre lang getestet, was
                                                                gut: «Auf Flächen, welche sich Fussgänger                       passiert, wenn Velos bei entsprechender Sig-
                                                                und Velofahrer teilen, kommt es immer wie-                      nalisation rechts abbiegen dürfen, wenn die
                                                                der zu Konflikten. Die Klingel ist eine ein-                    Ampel auf Rot steht. Die Auswertungen lau-
                                                                fache Art, andere zu warnen.» Rytz emp-                         fen, die Signalisation funktioniert und wird
                                                                                                                                deshalb bis auf Weiteres an den zwölf Stand-
                                                                                                                                orten beibehalten.
                                                                                                                                    In sechs Schweizer Städten laufen nach
                                                                Um das Fahren im Kreisel sicherer zu machen,                    holländischem Vorbild Versuche mit «Ve-
                                                                dürfen Velofahrerinnen sowohl in ein- wie mehr-                 lostrassen». Auf diesen haben Velos Vor-
                                                                spurigen Kreiseln in der Mitte fahren.                          tritt, für ein zügiges Vorankommen ist der
                                                                                                                                Rechtsvortritt aufgehoben. Markiert sind
                                                                                                             © Iris Krebs/VCS

                                                                                                                                diese Strassen mit Signaltafeln und durch
                                                                                                                                Bodenmarkierungen.

                                                                                                                                                    Ungewohnt, aber legal
                                                                                                                                Wer eine Velofahrerin sieht, die auf einer
                                                                                                                                Linksabbiegespur mitten auf der Fahrbahn
                                                                                                                                fährt, beobachtet keinen Regelverstoss: Das
                                                                                                                                ist legal. Ebenso darf man im Kreisel mit-
                                                                                                                                ten auf der Fahrbahn fahren, damit das Le-
                                                                                                                                ben von Velofahrern sicherer wird. Auch bei
                                                                                                                                Einbahnstrassen gelten spezielle Regeln. Sie
                                                                                                                                dürfen – bei entsprechenden Signalen – in
                                                                                                                                beiden Richtungen befahren werden. Ziel
                                                                                                                                ist es, das Velowegnetz feinmaschiger und
                                                                                                                                durchgängiger zu machen. Rytz begrüsst all
                                                                                                                                diese Massnahmen: «Unnötige Regeln kann
                                                                                                                                man abschaffen. Wichtig bleibt der Respekt
                                                                                                                                zwischen allen Verkehrsteilnehmern.»

8   VCS MAGAZIN 2/17
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
POLITIK

                                                         An die Urnen!
             Von Filippo Rivola und Caroline Beglinger   Am 21. Mai wird über die Energiestrategie 2050 abgestimmt:
                                                         Endlich können wir aus der Atomenergie in der Schweiz auszusteigen
                                                         und voll auf die Entwicklung von sauberen, erneuerbaren und lokalen
                                                         Energieträgern setzen. Auch Mobilität würde damit nachhaltiger.

                                                                                                                   Neuwagen müsste deutlich gesenkt werden.

                                                                                                © Petair/Fotolia
                                                                                                                       Nachdem es der SVP bereits gelungen
                                                                                                                   ist, den Vorschlag des Bundesrates zu ver-
                                                                                                                   wässern, ergreift die Partei jetzt mit Unter-
                                                                                                                   stützung von Teilen der FDP sowie einigen
                                                                                                                   Wirtschaftsverbänden das Referendum. Sie
                                                                                                                   alle – Klimaskeptiker, die nicht an einen
                                                                                                                   Klimawandel glauben, und Atomkraftbefür-
                                                                                                                   worter, die immer noch an der Kernenergie
                                                                                                                   festhalten – kritisieren die hohen Kosten der
                                                                                                                   geplanten Energiewende. Allerdings beru-
                                                                                                                   hen ihre Argumente auf falschen Zahlen.
                                                                                                                       Die Angst vor Landschaftsschäden durch
                                                                                                                   Solaranlagen und Windturbinen ist unbe-
                                                                                                                   gründet: Obschon die Bewilligungsverfah-
                                                                                                                   ren vereinfacht und dadurch verkürzt wer-
                                                                                                                   den, ist Widerstand immer noch möglich.
                                                                                                                   Ausserdem werden Standorte von nationaler
                                                                                                                   Bedeutung (wie Biotope oder Sumpfgebiete)
                                                                                                                   auch weiterhin geschützt bleiben. Auf der
                                                                                                                   Lausanner Kathedrale wird es keine Son-
                                                                                                                   nenkollektoren geben und auf dem Matter-
Eine Zukunft ohne fossile Energie ist möglich.                                                                     horn keine Windturbinen!

                                                                                                                        Wählermobilisierung ist entscheidend

V   ergangenen November hat das Stimm-
    volk den schnellen Ausstieg aus der
Atomenergie mit einer knappen Mehrheit
                                                         so die Produktion erneuerbarer Energien
                                                         zu fördern. Diese Massnahme erlaubt zum
                                                         Beispiel die Kompensation von Investiti-
                                                                                                                   Am 21. Mai wird national nur über die Ener-
                                                                                                                   giestrategie abgestimmt. Dieses technisch
                                                                                                                   anmutende Thema wird kaum grosse Wäh-
von 54,2 Prozent der Stimmen abgelehnt.                  onskosten für die Installation von Sonnen-                lermassen an die Urnen bewegen – und
Jetzt müssen wir uns für einen zwar langsa-              kollektoren auf Hausdächern oder die Mit-                 doch wird es die wichtigste Umweltschutz-
meren, dafür aber sicheren Ausstieg stark-               finanzierung von Wasserkraftwerken. Es ist                Abstimmung dieser Legislatur sein. Bei ei-
machen, der zudem von Massnahmen flan-                   ein ermutigendes Signal, das die Produkti-                nem Nein wird sich die Atomlobby wieder
kiert wird, die verhindern werden, dass wir              on von sauberem und einheimischem Strom                   zu Wort melden und neue Kernkraftwer-
auf fossile oder atomare Energien aus dem                fördern und diesen Wirtschaftszweig stär-                 ke fordern. Gleichzeitig sähe es für die Ent-
Ausland zurückgreifen müssen. Die Ener-                  ken wird. Zudem werden vermehrt Arbeits-                  wicklung erneuerbarer Energien ziem-
giestrategie 2050 beinhaltet auch eine ver-              plätze in einem nachhaltigen, zukunftsori-                lich schlecht aus. Die zwingend notwendige
besserte Energieeffizienz in verschiedenen               entierten Sektor geschaffen – auch in den                 Energiewende zugunsten nachhaltiger, er-
Bereichen, wodurch sich unser Energiever-                Randregionen. Von den Massnahmen wird                     neuerbarer Energien und weg von fossilen
brauch stabilisieren respektive langfristig              auch die Bauwirtschaft profitieren, die Ge-               Energieträgern wäre erneut infrage gestellt.
verringern sollte.                                       bäude künftig energetisch sanieren muss.                  Deshalb: An die Urnen! Die Umwelt braucht
                                                         Die verbesserte Energieeffizienz wird sich                Ihr Engagement. Der VCS empfiehlt die An-
              Verschiedene Massnahmen                    etwa in den Elektrohaushaltgeräten nieder-                nahme der Energiestrategie und fordert Sie
Das erste Massnahmenpaket sieht insbe-                   schlagen. Und besonders wichtig für den                   auf, Ihre Verwandten und Bekannten eben-
sondere die Erhöhung des Netzzuschlages                  VCS als umweltbewussten Verkehrsver-                      falls zum Urnengang zu motivieren. 
auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde vor, um                band: Der CO2-Ausstoss von importierten

                                                                                                                                                         VCS MAGAZIN 2/17   9
MAGAZIN - Wege aus dem Strassenwahn Irrungen und Wirrungen um unseren zukünftigen Verkehr - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
POLITIK

                         Ökologische Innovation gebremst
                                           Von Filippo Rivola   Im Rahmen der Teilrevision des Luftfahrtgesetzes hat das Parlament
                                                                beschlossen, die finanziellen Mittel für Umweltschutzprojekte zu
                                                                kürzen. Für den VCS eine enttäuschende Entscheidung.

                                                                                                                               melten Erfahrungen entschieden, die Beiträ-

                                                                                                          © mitifoto/Fotolia
                                                                                                                               ge für Umweltschutzprojekte zu kürzen, mit
                                                                                                                               der Begründung, die Geldmittel würden nur
                                                                                                                               wenig genutzt.

                                                                                                                                          Die Bevölkerung zahlt den Preis
                                                                                                                               Gemäss den Zahlen des Bundesamtes für
                                                                                                                               Statistik verursacht die Luftfahrt für Gesell-
                                                                                                                               schaft und Umwelt jährliche Kosten in der
                                                                                                                               Höhe von etwa 955 Millionen Franken. Fast
                                                                                                                               die gesamten externen Kosten – 94 Prozent
                                                                                                                               beim Personenverkehr, 91 Prozent beim Gü-
                                                                                                                               terverkehr – werden als in Form von exter-
                                                                                                                               nen Kosten an die Gemeinschaft weiterge-
                                                                                                                               geben, das heisst, sie werden weder von den
                                                                                                                               Passagieren noch von den Fluggesellschaf-
                                                                                                                               ten noch vom Staat übernommen. Die ganze
                                                                                                                               Bevölkerung – ob Flugzeugpassagiere oder
                                                                                                                               nicht – zahlt zusätzlich noch einen hohen
                                                                                                                               Preis in Form von Gesundheitsbeeinträch-
                                                                                                                               tigungen, weniger Lebensqualität und mehr
                                                                                                                               Umweltschäden.
                                                                                                                                  Die wenigen Millionen Franken, die jedes
                                                                                                                               Jahr in den Umweltschutz investiert werden,
                                                                                                                               reichen zwar bei Weitem nicht aus, um die
                                                                                                                               bestehenden negativen Auswirkungen der
          Die Bevölkerung zahlt einen hohen Preis für den Flugverkehr.                                                         Luftfahrt zu kompensieren, doch sie sind
                                                                                                                               eine wichtige Investition in die Zukunft und
                                                                                                                               in den Forschungsplatz Schweiz. Aus diesem

          M    ineralölsteuer und Mineralölsteuerzu­
               schlag gelten auch für die Schweizer
          Luftfahrt, allerdings nur für Inlandflüge.
                                                                Verringerung der schädlichen Flugzeug­
                                                                emissionen, zur Entwicklung von Elektroan-
                                                                trieben für Flugzeuge, zur Verbesserung der
                                                                                                                               Grund bedauert der VCS die Entscheidung
                                                                                                                               des Parlaments. Der VCS wird sich aber wei-
                                                                                                                               ter für seine Anliegen engagieren und sich
          Von diesen Einnahmen setzt der Bund seit              Energieeffizienz oder zu den Auswirkungen                      insbesondere dafür einsetzen, dass interna-
          2011 jedes Jahr etwa 45 Millionen Franken             der Abgasemissionen von Flugzeugen. Die                        tionale Flüge nicht länger von der Mineralöl-
          für unterschiedliche Aufgaben ein (insbe-             Schweiz hat sich durchaus einen Namen für                      steuer befreit werden. 
          sondere im Sicherheitsbereich), ein Viertel           technologische Innovationen gemacht, auch
          entfällt auf Umweltschutzmassnahmen.                  im Bereich der Luftfahrt – wie das Abenteu-
                                                                er «Solar Impulse» gezeigt hat.
                                Innovative Projekte                 Zwischen 2013 und 2014 hat sich die Zahl
          Allein im Jahr 2014 wurden vierzig Subven-            der Subventionsgesuche verdoppelt, parallel
          tionsgesuche für Umweltschutzprojekte ein-            dazu sind die Unterstützungsbeiträge stark
          gereicht. Mit den Fondsgeldern wird nicht             gestiegen. In der Regel ziehen sich diese For-
          nur die Schaffung von Biotopen in der Nähe            schungsprojekte über mehrere Jahre hin,
          von Flughäfen gefördert, sie dienen auch der          weshalb eine staatliche Unterstützung nötig
          Finanzierung von technologischen Innovati-            ist. Trotzdem haben Bundesrat und Parla-
          onen im Bereich der Luftfahrt: Studien zur            ment auf Basis der in nur vier Jahren gesam-

10   VCS MAGAZIN 2/17
Velo und Zug clever kombinieren.
Kombinieren Sie die Flexibilität eines Velos nahtlos mit der Zuverlässigkeit der Züge.
So sind Sie pünktlich und flexibel unterwegs, tun etwas für Ihr Wohlbefinden und
schonen die Umwelt.

Unterwegs mit Ihrem Velo.                                                                    Beispiel Zugformation IC Strecke Bern–Brig:
Nehmen Sie Ihre Zweiräder mit auf Reisen.                                                     ù   1       1   1          2   2       2   2   ü

Mit einem gültigen Velobillett können Sie                                                          1 2
                                                                                                      A           B
                                                                                                                      4 5
                                                                                                                                  C
                                                                                                                                              9
                                                                                                                                              D

Velos und E-Bikes in die meisten Züge der
SBB und der anderen Bahnen sowie in                                                          Weitere Informationen fi nden Sie unter
die meisten Postautos selbst verladen. Die                                                   sbb.ch/veloverlad.
Zweiräder können allerdings nur mittrans-
portiert werden, wenn genügend Platz dafür                                                   Fahrspass dank modernen Mietvelos.
vorhanden ist. Für einige Strecken bestehen                                                  Wie wärs mit einem Velo-Ausfl ug ohne
Einschränkungen.                                                                             Transportsorgen? An schweizweit
                                                                                             200 Stationen, davon über 80-mal an Bahn-
Zur Reiseplanung lohnt sich ein Blick auf den                                                höfen, erwarten Sie Mietvelos von Rent a
Online-Fahrplan unter sbb.ch:                                                                Bike: ob E-Bikes, E-Mountainbikes, Country-
• Reservierungspfl ichtige Züge oder Post-                                                    bikes, Mountainbikes, Tandems, Fatbikes,
  autos erkennen Sie am Veloreservierungs-                                                   Kindervelos oder Kinderanhänger. Die über
  signet    .                                                                                4500 Mietvelos erfüllen höchste Ansprüche.
• Züge ohne Verlademöglichkeit sind mit         Basistunnel fahren. Reservieren Sie          Velos und E-Bikes, die Sie an einem Bahnhof
  dem Signet  gekennzeichnet.                  bequem online auf SBB.ch, mit SBB Mobile     mieten, können Sie in der Regel auch an
• Die Auslastungsprognose ( ) zeigt Ihnen,      oder am Bahnhof bis 5 Minuten vor Abfahrt.   einem anderen Mietbahnhof zurückgeben.
  in welchen Zügen mit Kapazitätsengpäs-                                                     Die schönsten Mietvelotouren als attraktive
  sen zu rechnen ist und ob sich ein anderer    Schon gewusst? Bereits ab drei Stunden       Kombi-Angebote sowie Touren-Tipps fi nden
  Zug besser eignet.                            vor der Abfahrt können Sie sich im Online-   Sie auf sbb.ch/mietvelo.
                                                Fahrplan und in der App SBB Mobile infor-
Vom 21. März bis 31. Oktober ist der Velo-      mieren, in welchen Sektoren die Wagen mit    Schicken Sie Ihr Velo auf Reisen.
selbstverlad in allen InterCity-Neigezügen      Veloplätzen halten. Im Online-Fahrplan und   Geben Sie Ihr Velo einfach am Bahnhof
(ICN) reservierungspfl ichtig. Die Reser-        in der Smartphone-App SBB Mobile werden      auf, dann ist es schon vor Ihnen da.
vierungspfl icht gilt neu auch für alle          die Standorte für viele Verbindungen unter   Wie das funktioniert, erfahren Sie auf
InterCity-Züge, die durch den Gotthard-         «Zugformation einblenden» angezeigt.         sbb.ch/veloversand.
POLITIK

          «Der Status quo ist keine Option»
                                  Interview: Dominique Eva Rast   Nach elf Jahren verlässt Vize-Präsident Roger Nordmann den
                                                                  Zentralvorstand des VCS Verkehrs-Club der Schweiz. Er ist der Vater
                                                                  der ÖV-Initiative und somit von FABI. Nordmann hat den VCS mit
                                                                  frischem Wind massiv vorwärts gebracht.

              VCS-Magazin: Was bleibt nach elf

                                                                                                                                                                      © VCS/Alexander Egger
              Jahren beim VCS in Erinnerung?
          Roger Nordmann: Auf politischer Ebene war
          es die ÖV-Initiative, aus welcher FABI (Finan-
          zierung und Ausbau der Bahninfrastruktur)
          hervorgegangen ist, mit der wir den öffentli-
          chen Verkehr in die Zukunft führen können.
          Die ersten Ideen dafür haben wir 2007 entwi-
          ckelt, erst 2014 war die Volksabstimmung. Wir
          haben ganze zwei Jahre am Text und unseren
          Finanzierungsvorschlägen gearbeitet, gleich-
          zeitig haben wir eine sehr breite Allianz ge-
          schmiedet. Das war am Ende entscheidend
          und zeigt, dass in der Politik ein langer Atem
          nötig und der Schlüssel zum Erfolg ist.

              Woher kam eigentlich die Idee der
              ÖV-Initiative?
          Das war nach der verlorenen Tempo-30-Ab-
          stimmung und den Wirren ums Stadion Zü-
          rich nötig, um den VCS wieder zu positio-
          nieren. Ich hatte die Idee, die Finanzierung
          des ÖV und der ÖV-Infrastruktur zu ver-                    Erleichtert: Roger Nordmann und Evi Allemann am FABI-Abstimmungssonntag.
          bessern und in der Verfassung zu verankern.
          Aus dieser Kombination entstand die ÖV-
          Initiative. Die riesige Arbeit hat sich gelohnt,           Ist FABI ein guter Kompromiss?                 übersehen werden, etwa beim Rollmaterial
          denn die Initiative war so gut, dass ein Ge-            Alles in allem, ja: Ich habe in Frankreich        oder der Lärmsanierung.
          genvorschlag erarbeitet wurde. Wir hatten               unser ÖV-Finanzierungssystem vorgestellt,
          auch Glück, in der aktuellen Legislatur be-             und sie hätten sehr gern dasselbe.                     Kann der Platzbedarf von selbst­
          kämen wir keine Mehrheit mehr hin.                                                                             fahrenden Autos eine Bedrohung sein?
                                                                      Welche Gefahren drohen dem ÖV                 Nicht unbedingt. Schwieriger wird, das
                                                                      in der Schweiz?                               Strassennetz auf dem aktuellen Stand zu un-
                                                                  Mit dem NAF fliesst nun viel Geld in die          terhalten. Was passieren wird, ist, dass es
                                                                  Strassen. Wir müssen dafür sorgen, dass die-      noch stärker genutzt wird. Das bringt uns
                                                                  ses Geld sinnvoll investiert wird, namentlich     zur Kernfrage – der Nachfrage nach Mobi-
          Roger Nordmann hat Wirtschaft und
                                                                  in den Unterhalt des bestehenden Strassen-        lität. Und der sinnvollen Steuerung unseres
          Politologie studiert. Nach dem Studium                  netzes.                                           Verkehrs.
          hatte er ein Beratungsbüro, mittlerweile
          ist er Berufspolitiker: Er ist Nationalrat und              Dennoch, das Geld fehlt an anderer Stelle.        Was muss da passieren?
          Präsident der SP-Bundeshausfraktion. Der                Das ist richtig. Aber vor allem ist das Preis-    Grundsätzlich müssen wir viel stärker über
          44-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kin-            Leistungs-Verhältnis aktuell zugunsten der        unseren Mobilitätskonsum nachdenken. Ist
          der. In seiner Freizeit fährt er gerne Velo,            Autos und verschlechtert sich auf Kosten des      es denn wirklich nötig, vier Mal pro Jahr seine
          im Winter mag er Langlauf und im Sommer                 ÖV. Der ÖV steht immer wieder in der Kri-         Ferien am anderen Ende der Welt zu verbrin-
          Wandern. Ausserdem liest er gerne oder                  tik. Fakt ist aber, dass die enormen Effizienz-   gen? Und wenn, dann soll das auch einen an-
          erledigt Handwerkerarbeiten.                            steigerungen und die grossen Anstrengungen        gemessen Preis haben. Es gibt keinen Grund,

12   VCS MAGAZIN 2/17
POLITIK

warum der Flugverkehr in der Schweiz – im        Ausstoss von Neuwagen zwingen sie dazu.          Strukturen ist der VCS nicht überlebensfä-
Gegensatz zu den andern Verkehrsträgern –        Allerdings muss der Staat die Betrügereien       hig, denn die Anforderungen an Tempo und
faktisch von Steuern befreit ist.                sofort unterbinden.                              Effizienz ändern sich. Was im Zentralsekre-
                                                                                                  tariat vollzogen ist, muss in den weiteren
     Und wie soll Mobilität in 20 Jahren              Der Einsatz für die Energiestrategie ist    Gremien dringend folgen.
     aussehen?                                        der Grund für Ihren Rücktritt als VCS-
Im Idealfall gibt es mehr kollektive Mobili-          Vize-Präsident. Wo braucht es den VCS?          Was heisst das konkret?
tät, und sie ist komplett elektrisch.            Der VCS hat zwei Funktionen – einerseits         Sinnvoll ist, wenn sich kleine Sektionen zu-
                                                 Gesellschaft und andererseits Politik im gu-     sammenschliessen, um schlagkräftig zu wer-
    Welche Rolle spielt dabei die Energie-       ten, ökologischen Sinn zu beeinflussen. Es       den. Und der Zentralvorstand muss ein stra-
    strategie, auf welche Sie sich in den        braucht ihn dringend, denn es gibt eine ge-      tegisches, visionäres Gremium sein, das sich
    nächsten Monaten konzentrieren?              sellschaftliche Desorientierung, die Men-        nicht in operativer Kleinarbeit verliert. Des-
Tatsache ist, dass es kein Zurück mehr           schen sind froh um Einordnungen. Und er          halb braucht es eine klare Trennung zwi-
gibt. Die Atomkraftwerke müssen altersbe-        ist einflussreich, darauf kann man stolz sein.   schen einer Anstellung beim Zentralsekreta-
dingt abgestellt, und dieser Strom muss er-                                                       riat oder einer Sektion und einer Mitarbeit im
setzt werden – durch sauberen, erneuerbaren          Braucht es Veränderungen?                    Zentralvorstand. Beides geht nicht ohne Inte-
Strom. Denn die erneuerbaren Energiequel-        Ja, zwingend. Heute ist der VCS zwar deut-       ressenskonflikte, die dem Verband schaden.
len sind zuverlässig, der Atomstrom hinge-       lich weniger bürokratisch als damals, als ich
gen flattert. Saubere Elektrizität kann man      begonnen habe. Das ist der Verdienst der             Ein Kapitel geht zu Ende, wie geht es
auch für Mobilität nutzen, wenn man an-          aktuellen Equipe unter der Co-Geschäfts-             bei Ihnen weiter?
derswo an Effizienz in den aktuellen Strom­      leitung. Auch die politischen Erfolge haben      Nach der Abstimmung über die Energie-
anwendungen gewinnt. Mit der Energie-            sich endlich wieder eingestellt. Die Erfolge     strategie geht es an die Umsetzung. Und wir
strategie steigt der Druck auf die Hersteller,   bei FABI und gegen die Milchkuh-Initiative       müssen jetzt die Weichen für eine Zukunft
weniger schwere, weniger dreckige Fahrzeu-       sprechen für sich und die operative Führung      nach der fossilen Ära stellen. Darauf freue ich
ge herzustellen. Die Regelungen zum CO2-         des Verbandes. Dennoch: Mit den aktuellen        mich. 

ANZEIGE

                       e Produk
                   ählt        te
                 ew
             g

                               TET
          Aus

          GETES
                                    am

             vo
                  mV                -Te
                       elo pl u s

 VELOPLUS.CH
 BASEL BIEL EMMENBRÜCKE OSTERMUNDIGEN ST.GALLEN WETZIKON WINTERTHUR VCSZÜRICH
                                                                        MAGAZIN 2/17 13
POLITIK

                                                                               Problem ignorieren statt lösen

                                                       © elcovalana/ Fotolia
                                                                               Fabrikneue Diesler stossen ein Mehrfaches der erlaubten Stickoxide
                                                                               aus. Selbst die Autostadt Stuttgart geht gegen Dieselautos vor. Hier­
                                                                               zulande wird das Problem weiter hinuntergespielt. Der VCS fordert
                                                                               einen Importstopp für dreckige Diesler.                Von Dominique Eva Rast

                                                                               geben, in der Schweiz habe noch keine ent-                                           Wie weiter?
                                                                               sprechende Prüfung stattgefunden.                   Für den Verkehrs-Club der Schweiz steht
                                                                                                                                   fest, dass mit Dieselautos die Gesundheit von
                                                                                                         Forschung ignoriert       Mensch und Umwelt gefährdet wird. Er for-
          Wie weiter mit den Dieslern?                                         Bloss: Die Eidgenössische Materialprüfungs-         dert, dass der Bund die Autoimporteure in die
                                                                               und Forschungsanstalt (Empa) hat kürzlich           Pflicht nimmt. Eine Umfrage von comparis.
                                                                               bewiesen, dass der Renault Mégane den Stick-        ch und dem Marktforschungsinstitut Innofact

          E   igentlich ist der Fall klar: Der Bundesrat
              könnte den Verkauf von dreckigen Die-
          selautos stoppen. Dies hat er in seiner Ant-
                                                                               oxid-Grenzwert um das 17-Fache übersteigt.
                                                                               Wenn ein Auto im Test 17 mal mehr Stickoxi-
                                                                               de ausstösst als erlaubt, ist dies eine eindeuti-
                                                                                                                                   zeigt, dass Schweizerinnen und Schweizer den
                                                                                                                                   Dieslern nicht mehr über den Weg trauen: Die
                                                                                                                                   Sympathiewerte für die Fahrzeuge haben sich
          wort auf die Interpellation von Karl Vogler                          ge Gefährdung von Umwelt und Gesundheit             fast halbiert, in einem Jahr von 31,5 Prozent
          (CSP/OW) eingestanden. Das «Aber» folgt                              der Bevölkerung. Das Argument der bilate-           auf 17,4 Prozent. Die Behörden stehen in der
          sogleich. Gestoppt werden kann nur, «wenn                            ralen Verträge ist ebenfalls schwach, denn          Pflicht, die Umwelt und Menschen zu schüt-
          ein Neuwagenmodell die Umwelt oder die                               im Herbst 2015, als die Betrügereien von VW         zen. Deshalb braucht es sofort ein Importver-
          öffentliche Gesundheit ernsthaft gefährdet».                         aufgedeckt worden sind, konnte der Bund so-         bot für dreckige, fabrikneue Diesler.
          Doch seien diese Voraussetzungen nicht ge-                           fort einen Importstopp verhängen.

                                                                               Ist ab Ostern Sommer?
                                         Von Moritz Christen                   Mit dem richtigen Reifen lässt sich nicht nur Treibstoff sparen: Reifen
                                                                               haben auch einen grossen Einfluss auf die Lärmbelastung. Beim
                                                                               Wechsel vom Winter- zum Sommerreifen gilt es, einiges zu beachten.

          V    on O bis O, also von Ostern bis Okto-
               ber solle man mit Sommerreifen fahren.
          So eine Faustregel, die es aber zu relativieren
                                                                               Treibstoff wird verbraucht. Denn: Rund
                                                                               ein Fünftel des Treibstoffverbrauchs wird
                                                                               durch die Reifen verursacht. Dieser Wert
                                                                                                                                                 Wohin mit den Winterreifen?
                                                                                                                                   Nach dem Reifenwechsel – selbständig
                                                                                                                                   durchgeführt oder durch den Garagisten –
          gilt. Denn wenn’s an Ostern noch richtig kalt                        setzt sich zu 16 Prozent aus dem Rollwider-         braucht es Platz für die Winterreifen. Reicht
          ist oder sogar der letzte Schnee liegt, bleiben                      stand und zu vier Prozent aus dem Luftwi-           dafür die eigene Garage oder der Keller nicht
          die Winterpneus besser drauf. Sommerrei-                             derstand der Reifen zusammen. Sinkt also            aus, bieten viele Reifenhändler und Auto-
          fen sind erst dann sinnvoll, wenn die Tem-                           der Rollwiderstand, verbraucht das Fahr-            häuser an, die Reifen zu übersommern. Stellt
          peratur nicht mehr unter sieben Grad Celsi-                          zeug weniger Treibstoff und stösst weniger          sich allerdings heraus, dass das Profil abge-
          us sinkt.                                                            CO2 aus. Deshalb lohnt es sich, bei der Rei-        fahren ist, müssen die Pneus entsorgt wer-
                                                                               fenwahl die «Reifenetikette» des Bundes-            den. Fachgerecht erledigen dies die Auto-
                              Die Mischung macht’s                             amts für Energie (BFE) zu Rat zu ziehen. Sie        und Pneuhändler.
          Sommerreifen haben eine andere Gum-                                  bewertet zwei Umweltaspekte (Rollwider-
          mimischung und nutzen sich dadurch we-                               stand und Abrollgeräusch) sowie die Haf-                                     www.reifenetikette.ch
          niger schnell ab. Das spart auch Benzin,                             tung auf nassen Strassen, die für die Sicher-
          denn je stärker der Abrieb ist, desto mehr                           heit relevant ist.

14   VCS MAGAZIN 2/17
POLITIK

                                                  Ein Fahrrad zum Falten
                             Von Susanne Wenger   Der Bieler Jonas Römer gründete vor elf Jahren den ersten Faltvelo-
                                                  Laden der Schweiz. Die faltbaren Räder sieht er heute als Allrounder-
                                                  velo – für den täglichen Arbeitsweg ebenso geeignet wie in den Ferien.

S   attel runter, Lenker ausgehängt, Hinter-
                                                    © Susanne Wenger

    rad nach vorne geklappt, ein Klickge-
räusch – fertig. Geübte wie Jonas Römer ma-
chen aus einem Faltvelo in weniger als zehn
Sekunden ein kompaktes Päckli von der
Grösse eines Kleinkoffers. Anfänger benö-
tigen länger, vor allem, wenn je nach Mar-
ke der Faltmechanismus ein paar Handgriffe
mehr erfordert. «Übung macht den Meister»,
stellt Römer fest. Und das Üben lohnt sich,
wenn man den entscheidenden Vorteil des
Faltvelos nutzen will: dass es platzsparend
und tragbar ist. Das Faltrad sei ein prakti-
sches Fortbewegungsmittel, weil man es
überall hin mitnehmen könne, sagt Römer:
«Es passt in den Kofferraum des Autos, in
den Wohnwagen, ins Boot.» In Zug und Bus
fährt das gefaltete Rad als Handgepäck ohne
Zusatzkosten mit. In der Wohnung oder im
Büro ist es rasch verstaut, geschützt vor Van-
dalen, Dieben, Wind und Wetter.
   Die Vorzüge des Faltvelos entdeckte der                             Das Velo fürs Handgepäck: Jonas Römer faltet es in acht Sekunden zusammen.
49-Jährige einst während eines Studienauf-
enthalts in Rom. 2006 sattelte der promo-
vierte Historiker und passionierte Pedaleur       liebigem Terrain eingesetzt werden. Doch                             im Nischenbereich, doch die Fangemeinde
auch beruflich aufs Velo um. Er eröffnete in      schlenkert so ein Faltrad nicht beim Fahren?                         wächst. Römers Kundinnen und Kunden
der Altstadt von Biel den damals ersten Spe-      Diese Frage habe er sehr oft zu beantworten,                         sind Pendler, Familienväter und -mütter,
zialladen für Falträder in der Schweiz, samt      schmunzelt der Geschäftsinhaber. Falträder                           Camper, Rentner und Stadtbewohner, die
integrierter Kaffeebar. Die Form der Falt-        seien stabil. Höchstens ganz schnell berg-                           im «Falter» ein ideales Citybike sehen. Bald
räder erinnert an die Minivelos der 1970er-       ab müsse man sich «vielleicht etwas stärker                          zieht er mit seinem Laden in die Bieler Vor-
Jahre, aber nur auf den ersten Blick. Mit den     konzentrieren» als auf einem herkömmli-                              ortsgemeinde Port, wo er zugleich als Ver-
«mühsamen» Modellen von damals habe das           chen Velo – dies aber auch nur bei Model-                            treter der britischen Faltvelo-Marke Bromp-
moderne Faltrad nichts mehr gemein, be-           len mit kleinen Rädern. Die Preisspanne in                           ton tätig sein wird. Römer selbst nutzt das
tont der Spezialist. Heutige Faltvelos, jeden-    Römers Laden beträgt, inklusive fachkundi-                           Faltrad auf all seinen Wegen: «Wenn ich es
falls solche aus dem Fachgeschäft, vereinten      ger Beratung, 800 bis 6000 Franken. In letz-                         nicht dabei habe, fühle ich mich schon fast
Technik, Fahrkomfort und Design. Es gebe          terem Fall handelt es sich um High-End-Pro-                          handicapiert.» Sogar an einer Faltvelotour
inzwischen mehrere Marken in allen Grös-          dukte für spezielle Ansprüche.                                       vom Nufenenpass nach Venedig hat er schon
sen, mit zwei bis 30 Gängen und allerlei Zu-         Viele erstehen das Faltvelo als Zweit- oder                       teilgenommen. 60 Kilometer pro Tag, inklu-
behör: «Alles, was man beim normalen Velo         gar Drittvelo, doch dann wird es meist rasch                         sive Gepäck: «Es war toll.»
haben kann, gibt’s auch fürs Faltvelo.»           zum Alltagsvelo – zu Recht, wie Römer fin-
                                                  det. Das Faltvelo habe seinen Platz in der
               Vom Zweit- zum Alltagsvelo         täglichen Mobilitätskette und erlaube es,
Je nach Grösse und Ausstattung wiegen die         «alle Verkehrsmittel zu kombinieren», fle-                                Informationen: www.faltbar.ch
Faltvelos zwischen zehn und 15 Kilogramm.         xibel und unideologisch. Im Vergleich zum                                 Weitere Spezialläden für Faltvelos:
Jene mit wenig Gängen eignen sich eher für        Flyer-Boom – E-Bikes – bewegen sich die                                   www.bikes2fold.ch (in Genf)
flache Strecken, die anderen können auf be-       Verkaufszahlen beim «Falter» zwar noch                                    www.lapedale.ch (in Lausanne)

                                                                                                                                                                  VCS MAGAZIN 2/17   15
Sportlich Reisen mit dem Patria Randonneur

                                                                                          Sonne tanken,
handgebaut in Deutschland

                                                          Das Modell RANDONNEUR ist
                                                             nach dem Begriff für
                                                                sportliche Tourenfahrer
                                                                  benannt. Entstanden
                                                                                          besonnen
                                                                    aus der Liebe zur
                                                                      entspannten
                                                                      Randonneurkultur,
                                                                                          handeln und 100%
                                                                      soll dieses Rad
                                                                     als Begleiter auf
                                                                   Ihren künftigen
                                                                                          Sonnenstrom kaufen.
                                                                Traumtouren dienen.
                                                                                          Sonnenklar!
     Walser & Rufer • 6372 Ennetmoos • 041 6107126 • www.diverso.ch                       Gewonnen durch Solaranlagen des
                                                                                          Vereins Solarspar mit 21 000 Mitgliedern

VCS-Magazin 2017 – Terminplan für Inserate
Ausgabe            Inseratenschluss Erscheinungsdatum
3/2017             08.05.2017       15.06.2017
4/2017             07.08.2017       07.09.2017
5/2017             09.10.2017       09.11.2017

Auskünfte und Bestellungen:
                                                                                                                            Sonnenenergie gewinnen
VCS-Magazin, Inserate, Postfach 8676, 3001 Bern
Tel. 031 328 58 38, inserate@verkehrsclub.ch
Für Fliesssatz-Kleininserate:
www.verkehrsclub.ch/kleininserate                                                         Solarspar CH-4450 Sissach T +41 61 205 19 19 www.solarspar.ch

                    Wir kommen nie
                    ins Schwitzen
                    Mit mir ist fast jeder Treffpunkt
                    schnell und einfach erreichbar.

     E-Bike Sharing in Zürich -
     ganz einfach per App
                                                                                                                                               .ch
POLITIK

Mit 60 Franken Geld und Sprit sparen
                              Von Hermann Scherrer   Wer das Klima und sein Portemonnaie schonen will, muss den Hebel bei
                                                     den grossen Anschaffungen ansetzen. Mit der richtigen Modellwahl lässt
                                                     sich der CO2-Ausstoss rasch halbieren, mit kluger Fahrweise Geld sparen.

M     it dem Autokauf sind die Möglichkeiten,        gie- und umweltrelevan-

                                                                                © BFE
      die Umwelt und das Budget zu schonen,          te Punkte überprüft. Das
nicht ausgeschöpft. Mit einem klugen Fahrver-        sind etwa Reifendruck,
halten und beim Fahrzeugunterhalt lässt sich         Leichtlaufeigenschaften
der Treibstoffverbrauch eines Autos um etwa          von Motorenöl und Rei-
einen Viertel reduzieren. EnergieSchweiz, das        fen, Einstellung der Kli-
Bundesprogramm zur Verbesserung der Ener-            maanlage, Gepäckträger,
gieeffizienz, fördert deshalb das EcoDrive-          Tagfahrlicht oder allfäl-
Programm und den AutoEnergieCheck. Sen-              lige Flüssigkeitsverlus-
sibilisiert werden damit etwa Fahrlehrerinnen,       te. Am Ende wird dem
Prüfungsexperten und Garagisten auf der An-          Kunden oder der Kun-
bieterseite, auf der Konsumentenseite all die-       din ein persönliches Ein-
jenigen, die Auto fahren: Die Fachkompetenz          sparpotenzial in Litern
soll steigen und die Angebote bekannter wer-         Treibstoff, CO2-Ausstoss
den. Wenn es nämlich gelingt, die Nachfrage          und Franken vorgelegt:
etwa für den AutoEnergieCheck weiter zu stei-        Berechnet wird dieses
gern, sehen Garagen für ihr Angebot länger-          auf Basis der Punkte, die
fristig ein Potenzial und sind gerne bereit, ihr     bei den Werkstattarbei- Auch Dario Cologna lässt sich den AutoEnergieCheck erklären.
Wissen weiter zu vertiefen.                          ten festgestellt wurden,
                                                     zusammen mit der Anzahl jährlich zurück- tem EcoDrive basiert auf zwölf Tipps aus
              Bereits vor der Fahrt sparen           gelegter Kilometer und den fahrzeugspezifi- den Bereichen «Auto überprüfen», «Technik
Der AutoEnergieCheck (AEC) der AGVS-                 schen Verbrauchsangaben. Das Einsparpo- nutzen» und «Fahrweise optimieren». Die
Garagisten hilft, auf der Basis von techni-          tenzial wird auf einem Zertifikat dargestellt Technik hat sich stark entwickelt. In der op-
schen Massnahmen den Treibstoffverbrauch             und durch den Kundenberater erklärt. Bisher timalen Anwendung der modernden Tech-
und die CO2-Emissionen zu reduzieren. Dazu           wurden rund 28 000 Checks durchgeführt. nik liegt ein grosses Potenzial. Das zeigt sich
wird das Fahrzeug in der Werkstatt auf ener-         Sie haben gezeigt, dass Einsparungen bis zu in den Kursen – die Teilnehmer reduzieren
                                                     einem Fünftel möglich sind. Der einfachste den Spritverbrauch und somit den CO2-Aus­
                                                     Weg zu einem der 1000 speziell ausgebilde- stoss um bis zu 15 Prozent. Das alles ist kei-
                                           © BFE

                                                     ten AEC-Garagisten führt über die interakti- ne Hexerei: In einstündigen DrivePlus-Coa-
                                                     ve Karte auf der AEC-Webseite.                chings zu 60 Franken erlebt man es eins zu
                                                                                                   eins. Der Verein «EcoDrive» und seine Part-
                                                             Ökonomisch, ökologisch und sicher ner bieten auch weitere Kursmodelle zu at-
                                                     EcoDrive bedeute in erster Linie, voraus- traktiven Preisen an, ebenso stehen Simu-
                                                     schauend und niedertourig zu fahren. Beim latoren und Informationsbroschüren zur
                                                     Velofahren wendet man das Prinzip ganz Verfügung. Und wer es lieber spielerisch an-
                                                     automatisch an: hohe Gänge, den Schwung geht, kann mit dem kostenlosen Mobilegame
                                                     nutzen, rollen lassen, Reifen pumpen, keinen «EcoDriver» üben.
                                                     Ballast mitschleppen. Dasselbe funktioniert
                                                     beim Auto – bis zu 15 Prozent Treibstoff-
                                                     einsparung liegen locker drin. Im Verein
                                                     «EcoDrive» sind alle wichtigen Entschei-
                                                     dungsträger aus dem Bereich der Aus- und
                                                                                                          Tipps
                                                     Weiterbildung von Fahrzeuglenkern organi-
                                                     siert. Ziel ist, die Bekanntheit und Anwen-            Interaktive Karte: www.autoenergiecheck.ch
                                                     dung der cleveren Fahrweise zu fördern,                Kurse und Game: www.ecodrive.ch
Wer die Klimaanlage ausschaltet, spart massiv.       welche die Technik optimal nutzt. Das Sys-             Kaufhilfe: www.autoumweltliste.ch

                                                                                                                                            VCS MAGAZIN 2/17   17
Wie fahren wir in die
                        Von Dominique Eva Rast   Wir haben uns an grenzenlose, dauernd verfügbare Mobilität
                                                 gewöhnt – mit massiven Auswirkungen auf Mensch und
                                                 Umwelt. Wie schaffen wir in Zukunft eine Mobilität, die
                                                 sauber ist und sich von der Hypermobilität verabschiedet?

18   VCS MAGAZIN 2/17
DOSSIER

                                     D    er VCS hat es während der Abstim-
                                          mungskampagne gegen den Natio-
                                     nalstrassen- und Agglomerationsfonds
                                     immer wieder betont: Was wir heute an
                                     Infrastruktur bauen, definiert den Ver-
                                     kehr der Zukunft. Deshalb ist es wichtig,
                                     Strassenbauprojekte kritisch zu hinter-
                                     fragen und zu überlegen, welche Investi-
                                     tionen in die Mobilität für die Zukunft
                                     sinnvoll sind.
                                        Sinnvoll ist, bestehende Infrastruktur
                                     besser zu nutzen. Dafür bieten sich die
                                     Möglichkeiten an, welche durch die Di-
                                     gitalisierung aufkommen: Apps auf dem
                                     Handy, um die Reise von der Haustür bis
                                     zum Ziel zu planen, Internetseiten, die
                                     es ermöglichen, Fahrgemeinschaften zu
                                     bilden oder Autos zu teilen.

                                                  Den Stau nicht verschieben
                                     Wer mit dem Zug pendelt, fährt täglich
                                     an stehenden Kolonnen auf der Auto-
                                     bahn vorbei. Neue Strassen werden das
                                     Problem der Menschenmassen, die sich
                                     täglich von der Wohnung in A ins Büro
                                     nach B verschieben, nicht lösen. Im Ge-
                                     genteil, mehr Angebot wird mehr Nach-
                                     frage bringen, der Stau wird breiter und
                                     verschiebt sich. Gefragt ist neben dem
                                     Umdenken der einzelnen Menschen
                                     auch der politische Wille, in Sachen Mo-
                                     bilität neue Wege zu gehen. Dazu ge-
                                     hören etwa Testgebiete für autonomes,
                                     vernetztes Fahren, damit der Verkehr
                                     endlich gesteuert werden kann. Mobili-
                                     ty-Pricing ist zwingend, die Investition
                                     in die Digitalisierung wichtig. Wenn wir
           © lassedesignen/Fotolia

                                     jetzt investieren, haben wir die Chance,
                                     weltweit Spitzenreiter in moderner Mo-
                                     bilität zu werden: Um unser ÖV-System
                                     beneidet man uns jetzt schon!

Zukunft?

                                                                                 VCS MAGAZIN 2/17   19
DOSSIER

                                                                         «Nun geht die Post ab»
                                         Interview: Dominique Eva Rast   PostAuto will sich vom herkömmlichen Transportunternehmen zum
                                                                         umfassenden Mobilitätsanbieter wandeln. Mark Bögli, Projekt-
                                                                         leiter Mobilitätsplattform, erklärt, wie das funktionieren kann.

                            VCS-Magazin: Alle reden davon, die           gutes Projekt möglichst rasch umzuset-       wickeln, das auch die erste und die letz-
                            Mobilität zu digitalisieren. Was ist         zen und zu testen.                           te Meile abdeckt, wird es interessant
                            damit eigentlich gemeint?                                                                 für Menschen, die bis anhin lieber mit
                        Mark Bögli: Digitalisierung ermöglicht,               Wie geht es mit der App Nordwest-       dem eigenen Auto unterwegs waren.
                        verschiedene Verkehrsträger zusam-                    Mobil weiter?                           Oder wenn wir in Gegenden mit wenig
                        menzuführen. Die Idee ist, eine Anwen-           Die Kundinnen und Kunden wünschen            ÖV Mitfahrgelegenheiten aufzeigen, die
                        dung – sei es auf einer App oder einer           sich EINE App, welche die ganze Mobi-        etwa als Zubringer zu einem Bahnhof
                        Internetseite – zu kreieren, die mir als         litätskette samt dem Kauf abdeckt. Die       dienen.
                        Benutzer innert Sekunden sagt, wie ich           Herausforderung ist, die Bedienung die-
                        von A nach B komme. Neu dabei ist, dass          ser App möglichst einfach zu gestalten.          Und was passiert mit den Postauto-
                        es eine Gesamtübersicht gibt: Ich sehe           Im Herbst wollen wir ein Angebot für             Fahrerinnen und -Fahrern in dieser
                        also, wie lange ich mit dem Zug habe,            die ganze Schweiz lancieren.                     neuen Mobilitätswelt?
                        was mich das Auto kostet oder wo das                                                          Sie sind die ersten Ansprechpersonen
                        nächste Leihvelo steht. Die Wahl liegt bei           Das konkurriert direkt die Reise­        für die Kundinnen und Kunden in unse-
                        mir als Nutzer – ich wähle und zahle auf             planer-App der SBB. Gehen Sie da         ren 2200 Fahrzeugen. Und es ist wichtig,
                        derselben Plattform.                                 auf Konfrontation?                       dass sie das auch in Zukunft bleiben.
                                                                         Nun, beide Unternehmen haben den
                                                                         Trend erkannt. Im Ausland gibt es schon      www.nordwestmobil.ch
          «Digitalisierung ermöglicht,                                   länger solche Plattformen, die Schweiz

                                                                                                                                                                     © zVg
                                                                         zieht nun nach. Am Ende werden die
          Verkehrsträger zusammenzuführen.»                              Kundinnen und Kunden entscheiden,
                                                                         welches Angebot ihnen am besten zu-
                                                                         sagt.
                            Aktuell hat man in Sachen Apps die
                            Qual der Wahl – wieso gibt es nicht               In welche Entwicklung geht Mobili-
                            eine einzige Mobilitäts-App?                      tät generell?
                        Im Moment ist es so, dass verschiedene           Ich habe den Eindruck, dass die Digita-
                        Mobilitätsanbieter testen, was die Kun-          lisierung im Verkehr relativ spät begon-
                        dinnen und Kunden überhaupt wollen:              nen hat. Nun geht die Post ab, mit neuen
                        Wir sind alle in der Phase «Idee und Pro-        Ideen und neuen Mitspielern. Im Mo-
                        totyp». Diese Prototypen will man mög-           ment gibt es noch die zwei grossen Blö-
                        lichst rasch am Markt testen. Wir haben          cke: Menschen, die vor allem auf Indi-
                        die multimodale Plattform Nordwest-              vidualverkehr setzen, und ÖV-Nutzer.
                        Mobil entwickelt und veröffentlicht, mit         Vermutlich mischt sich das in Zukunft
                        ermutigenden Marktforschungsresulta-             viel stärker. Ich gehe davon aus, dass die
                        ten.                                             Gruppe, die kein Auto besitzt, aber den            Mark Bögli (53) ist seit 2015 Projekt-
                                                                         Komfort nicht missen will, dann neue               leiter Mobilitätsplattform bei Post-
                            Wie arbeiten Sie an diesen Ideen?            Möglichkeiten nutzt, rasch und billig              Auto. Der Familienvater lebt in Biel.
                        Zum einen beobachten und bewerten wir            von A nach B zu kommen.                            Er pendelt mit dem Zug zur Arbeit in
                        Trends. Zum anderen haben wir firmen­                                                               Bern, legt die erste und letzte Meile
                        intern im Rahmen des Innovationspro-               Kann Digitalisierung den öffentli-
                                                                                                                            zu Fuss oder mit dem Velo zurück und
                        zesses die Möglichkeit, Ideen einzuge-             chen Verkehr stärken?
                                                                                                                            fährt eher selten Auto.
                        ben. Diese werden bewertet. Ziel ist, ein        Durchaus. Wenn wir ein Angebot ent-

20   VCS MAGAZIN 2/17
© zVg

                                                                                               Die Seftigenstrasse vor und nach der Umgestaltung im Jahr 1997

        Miterleben und mitgestalten
                               Von Dominique Eva Rast   Das «Berner Modell» bezieht die Anliegen von Mensch,
                                                        Siedlung und Umwelt gleichwertig ein. Fritz Kobi, ehemaliger
                                                        Kreisoberingenieur, ist einer der Väter.

        M     an gibt ihr keine 20 Jahre: Aber so
              alt wird die umgestaltete Seftigen­
        strasse im August. Die Strasse wirkt mo-
                                                        mit Ampeln gelenkt. Platz hat es so auch
                                                        für Velostreifen, Fussgängerinnen und
                                                        Fussgänger können an mehreren Stellen
                                                                                                   te konnte gestoppt werden, teils sind sie
                                                                                                   wieder gestiegen. Die ganze Strasse wirkt
                                                                                                   offen, die einst gegen innen orientierten
        dern, und das Fazit aus der Befragung im        queren und, falls nötig, auf dem Mittel-   Geschäfte haben sich geöffnet. Einige
        Jahr 1999 ist immer noch korrekt: «Wir          streifen warten.                           kleine Marktstände, Menschen mit Ein-
        haben mehr erhalten, als uns verspro-                                                      kaufswägelchen, die sich grüssen und
        chen wurde.» Dabei war die Übungsan-                                  «Wabra cadabra»      plaudern – fast dörflich wirkt die Strasse,
        lage alles andere als einfach, als sich Fritz   Dieser partizipative Prozess ist ein Be-   die mittlerweile täglich von 21 000 Autos
        Kobi als Kreisoberingenieur 1991 an die         standteil des Berner Modells: Das Modell   befahren wird. Das Tram hält seinen
        Aufgabe heranwagt. Durch Wabern, das            beinhaltet verkehrspolitische Grund-       Fahrplan pünktlich ein, an der Endsta-
        zur Gemeinde Köniz gehört und direkt            sätze, ein neues Rollenverständnis der     tion bringt das Postauto die Menschen
        an die Stadt Bern angrenzt, verkehrten          Planenden, einen «Vorher-nachher-Ver-      Richtung Riggisberg. Kobi, mittlerwei-
        auf der Seftigenstrasse täglich 20 000 Au-      gleich» und Instrumente zur konkreten      le pensioniert, ist die Freude an diesem
        tos, dazu auf einem zweigleisigen Trassee       Umsetzung. Keine Hexerei, aber man         Projekt anzusehen. «Immer noch stim-
        ein Tram. Fussgängerinnen und Velo-             muss erst mal drauf kommen. «Wabra         mig und immer noch ein Leuchtturm-
        fahrer kommen dazu, denn die Seftigen-          cadabra» titelt denn auch eins der on-     projekt», sagt er. Er hält ab und an Vor-
        strasse führt mitten durchs Ortszent-­­         line herunterladbaren Infoblätter des      träge, etwa in Österreich. Und hat weit
        rum – und zerschnitt es. Von einem Um-          Tiefbauamts des Kantons Bern. Die fünf     über 100 Führungen an der für das
        fahrungstunnel war die Rede, doch Kobi          Handlungsfelder des Berner Modells gel-    Quartier eine Identität schaffenden Sef-
        und sein Team haben es geschafft, dass          ten auch heute noch, weiter entwickelt     tigenstrasse gemacht, die das Produkt ei-
        aus dem Strassenraum ein Lebensraum             wurden deren Inhalte respektive Ins­       nes sorgfältigen, respektvollen Mitein-
        wurde. Besonnen sind sie ans Projekt ge-        trumente. Erfolgreich angewendet wurde     anders ist. 
        gangen und haben die Betroffenen einbe-         das Berner Modell für mehrere Projekte
        zogen: «Ziel war, dass wir am Ende ein          im Kanton Bern. Etwa im Ortszentrum
        gutes Projekt haben.» Dabei hatte er vie-       Köniz: Dort gilt auf einer Hauptstrasse
        le Rollen, wie ein Notizblatt zeigt, das er     Tempo 30, ein Gewinn für die Bevölke-           Fritz Kobi, dipl. Bauingenieur
                                                                                                                                                                © VCS

        immer noch für Präsentationen braucht:          rung, die Geschäfte und die Umwelt.                ETH/SIA/SV, war als Kreis­
        Beamter, Experte, Kollege, aber auch                                                            oberingenieur im bernischen
                                                                                                           Tiefbauamt unter anderem
        Persona non grata. Am Ende stand die                        Lebensqualität gesteigert
                                                                                                                zuständig für Planung,
        «1+1»-Lösung: Bis heute gibt es für jede        Die umgebaute Seftigenstrasse hat die             Projektierung, Bau, Betrieb
        Richtung nur eine Fahrbahn, das Tram-           Lebensqualität gesteigert: Die Unfälle            und Unterhalt von Kantons­
        gleis ist integriert. Damit das Tram flüs-      sind um einen Drittel zurückgegangen,             strassen in der Region Bern
        sig fahren kann, wird der übrige Verkehr        der Rückgang der Umsätze der Geschäf-                  und im Voralpengebiet.

                                                                                                                                                     VCS MAGAZIN 2/17   21
Sie können auch lesen