Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen

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Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
2. Quartal 2021

Eine besondere Beziehung
Berlin – Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
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Krisendienst                       Neubau-Modellprojekt             Design-Koffer
Anfragen nehmen zu                 Sieben Träger unter einem Dach   Inklusive Beschilderung

Gemeinsames Fastenbrechen 2018 in Berlin
Foto: NBZ Divan e. V.
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Freiwilliges Engagement stärken –
für ein vielfältiges und solidarisches Berlin

Seien Sie dabei!

10. bis 19. September 2021
3 Beitrag zur Europäischen Freiwilligenhauptstadt Berlin 2021
3 finanzielle Förderung für Aktionen unserer Mitglieder
3 digitaler Fachtag am 11. Mai, 9:30 bis 13:00 Uhr
3 WIE können Sie mitmachen?
3 digitale Workshops am 8. und 17. Juni
3 digitale Dankeschön-Feier
                                                                             Fotos: Nadine Wittek (oben); Niklas Alt (Mitte und unten)

Im Internet: gemeinsamesache.berlin
Kontakt: freiwilligentage@paritaet-berlin.de, Telefon: 030 8 60 01-626

     Freiwilligentage           Freiwilligentage           Freiwilligentag
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Vorwort

Eine besondere Beziehung
Berlin – Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen

                                                                       aus Ostberlin nicht mehr in den Westteil der Stadt
                                                                       gelangen. Es fehlten mehr als 55.000 Arbeitneh-
                                                                       mer und Arbeitnehmerinnen, etwa in der Metall-
                                                                       und Elektroindustrie, in Schneidereien und beim
                                                                       Pflegepersonal. Es gab natürlich auch Westberli-
                                                                       ner, die im Osten gearbeitet hatten, aber ihre An-
                                                                       zahl war geringer.
                                                                          Das Anwerbeabkommen mit der Türkei er-
                                                                       wies sich als Gunst der Stunde. Zwar gab es be-
                                                                       reits Verträge für „Gastarbeiterbeschäftigungen“
                                                                       mit Griechenland, Italien und Spanien. Viele Men-
                                                                       schen aus den nahen südeuropäischen Ländern
                                                                       arbeiteten aber im schon damals wirtschaftlich
                                                                       starken Süden Deutschlands. Westberlin hin-
                                                                       gegen war unattraktiv. Geographisch war es von
                                                                       den Herkunftsländern weit abgelegen und als
                                                                       eingemauerte Stadt eng und politisch unsicher.
                                                                          Die „Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen“ –
                                                                       wichtigstes Auswahlkriterium war Gesundheit –
                                                                       aus der Türkei kamen dennoch, darunter auch al-
                                                                       leinstehende Frauen. Die Männer sanierten ma-
                                                                       rode Straßen, Frauen und Männer schufteten
                                                                       am Band in den damals noch starken Berliner
                                                                       Industriebetrieben bei Siemens und AEG. Viele
                                                                       Frauen fanden Beschäftigung in den vielen klei-
                                                                       nen und mittleren Betrieben der Textilbranche.
Barbara John           Foto: Holger Groß / Der Paritätische Berlin    Die „Arbeitskräfte auf Zeit“, wie sie damals auch
                                                                       hießen, nutzten ihre Zeit, um Deutsch zu lernen,
                                                                       mehr schlecht als recht, weil obligatorische Inte-
                                                                       grationskurse fehlten – Integration war ja damals

                 W
                                                                       kein staatliches Ziel. Sie gründeten Vereine und
                                ar das Anwerbeabkommen vom             Familien und liebäugelten mit eigener Selbst-
                                30. Oktober 1961 der Start für ein     ständigkeit, was damals auch noch verboten
                                multikulturelles Berlin, wie wir es    war. Und sie kamen aus einem Land, das selbst
                                heute kennen? Zunächst keines-         nicht krisenfest war. In regelmäßigen Abständen
                 wegs, auch den Begriff gab es noch nicht. Aber es     putschte damals das Militär, um seine Interpre-
                 war der Ausgangspunkt für die Entwicklung Ber-        tation der Reformen von Atatürk durchzusetzen.
                 lins zu einer diversen Stadt, in der Menschen aus     Anders, aber auch nicht stabil, steht es heute um
                 vielen Kulturen in großer Zahl mit- und nebenei-      die politische Situation der Türkei unter Präsident
                 nander leben. Mit dem Abkommen entwickelte            Erdogan. Damals wie heute waren die Lebensum-
                 sich Berlin weltweit zur Stadt mit den meisten Tür-   stände in der Türkei strittiger Gesprächsstoff bei
                 keistämmigen (dazu gehören unter anderem Kur-         den Türkeistämmigen.
                 den, Lasen, Aleviten und Aramäer) außerhalb der          Auch wenn sie in Deutschland arbeiteten und
                 Türkei.                                               lebten – die gleichen Rechte hatten die „Arbeits-
                    1961 befand sich Westberlin in einer existenz-     kräfte auf Zeit“ damals nicht. Beispielsweise ver-
                 bedrohenden Lage. Mit dem Mauerbau am 13.             loren Frauen, die zur Familienzusammenführung
                 August 1961 konnten über Nacht Berufspendler          nachzogen, nach einer Trennung ohne Wenn und

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                             3
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Rubrik

                                     Kinder im Umkreis der Muskauer Straße 1975
                            Foto: Jürgen Henschel / FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum

  Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
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Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Vorwort

                Aber ihr Aufenthaltsrecht und mussten zurück-             gemeinsam mit Arbeitgebern in unserem Pro-
                kehren. Als ich 1981 die erste Ausländer-/Integ-          gramm „Work for Refugees“.
                rationsbeauftragte in Westberlin, das erste „Bun-      4. Zuwanderer sind erfolgreich, wenn Einheimi-
                desland“ mit diesem Amt, war, türmten sich die            sche ihnen mit Offenheit und Liberalität be-
                Aufgaben in der Bundesrepublik, die politisch             gegnen. Müssen Zugezogene ihre kulturellen
                mehrheitlich auf Rückkehr, nicht auf Integration          Eigenheiten verstecken, dann fühlen sie sich
                programmiert waren. Dabei ging es schon da-               fremd, nicht angenommen und bleiben unter
                mals um Aufstieg, Bildung, Ankommen, Heimat               sich. Wir sind nun einmal soziale Wesen.
                finden, Selbsthilfe, Rechtssicherheit, Einbürge-
                rung und Unterstützung für Migrantenvereine.           Noch eine anekdotische Ergänzung: Als ich Aus-
                Denn nichts ist dauerhafter als temporäre Mig-         länderbeauftragte des Berliner Senats werden
                ration. Eine Standarderkenntnis aller Einwande-        sollte, die erste in einem Bundesland, hieß es in
                rungsländer, ob sie es wollen oder nicht.              der Senatsverwaltung: Das ist eine Stabsstelle,
                   Berlin ist eine Integrationsstadt. Ohne die wirt-   kein Publikumsverkehr, nur Verwaltungskon-
                schaftlichen und kulturellen Leistungen von ein-       takte. Mein Signal gegenüber dieser Ansage: Das
                gewanderten Juden, Hugenotten, Schlesiern,             bringt nichts, so kann ich den Job nicht machen,
                Ostpreußen, Russen, Iranern, Osteuropäern bis          denn wie sollten ich und die Mitarbeitenden hi-
                hin zu Afghanen und Syrern hätte sich Berlin           neinwirken in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und
                nicht zur deutschen Metropole entwickeln kön-          Gesellschaft für Menschen, wenn wir deren Sor-
                nen. Wie gelingt Integration aber im Allgemeinen       gen und Nöte, besonders die rechtlichen, gar
                und speziell in Berlin?                                nicht genau kennen? Beim Ausländeramt ging es
                                                                       um die Anwendung der strikten Gesetze, im Amt
                1. Integration braucht Zeit. Es geht nicht auf         der Beauftragten um die konkreten Probleme, für
                   Knopfdruck, und es geht nicht nur um Geld.          deren Lösung erst noch Gesetze geschaffen wer-
                   Denn jede Veränderung stellt Gewohnheiten,          den mussten. Die Stellen wurden bewilligt, und
                   vertraute Gewissheiten, wie Verständigung           in Berlin gab es auch bald eine erste Härtefall-
                   und Verhaltensweisen, infrage. Das gilt auch        kommission. Später wurde sie im Ausländerge-
                   für die Einheimischen. Integration ist auch         setz Standard.
                   nicht so zu verstehen, dass „Integrierte“ es          Ich habe es mir auch zur monatlichen Gewohn-
                   völlig aufgegeben hätten, anders zu sein, bei-      heit gemacht, eine Familie von Zugewanderten
                   spielsweise in religiösen Bekenntnissen oder        zu besuchen, die dazu ihre deutschen Nachbarn
                   kulturellen Bräuchen. Es geht um Einheit in         einluden. Das waren gesellige Runden bis in den
                   der Vielfalt und nicht um Einheit um der Ein-       späten Abend, bei denen auch immer Lösungen
                   heit willen. Oder um das Gelingen, wenn es          für Alltagsprobleme besprochen wurden.
                   Strukturen, Anlaufstellen gibt, die den Men-
                   schen das Ankommen erleichtern. Das kön-            Ins Gespräch kommen wollen wir auch mit Ihnen,
                   nen neben staatlichen Stellen auch Selbsthil-       liebe Leserinnen und Leser. Schicken Sie uns Ihre
                   fegruppen und Sportvereine sein.                    Eindrücke, was Sie erlebt haben, als die „Gast-
                2. Zuziehende brauchen die gleichen Rechte             arbeiter“ hier ankamen, oder als Sie selbst als
                   und Chancen. Diskriminierung ist tabu. Dabei        Angeworbene nach Berlin kamen. Mailen Sie an
                   müssen Gesetze den Weg weisen und unab-             presse@paritaet-berlin.de oder schicken Sie uns
                   hängige staatliche Integrations- oder Gleich-       eine kurze Info an: Paritätischer Wohlfahrtsver-
                   behandlungsstellen in alle Bereiche der Ge-         band Berlin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
                   sellschaft hineinwirken, auch in Sportvereine       Brandenburgische Straße 80, 10713 Berlin – wir
                   und migrantische Selbsthilfegruppen.                freuen uns!
                3. Arbeit erlauben, als Arbeitnehmer oder Selb-
                   ständige und durch Bildung und berufliche
                   Qualifikation fördern – das stärkt das Selbst-      Ihre
                   bewusstsein und mehrt den Respekt der Auf-
                   nahmegesellschaft, die anfänglich Integra-
                   tionswerkzeuge, wie Sprach- und Orientie-
                   rungskurse, zur Verfügung stellt. Deutsch zu
                   lernen, sollte möglichst früh mit Arbeitserfah-
                   rungen verbunden sein. Das praktizieren wir         Barbara John, Vorsitzende des
                   beim Paritätischen Berlin übrigens seit 2015        Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                           5
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Inhalt

                                                                                                                Schneller finden: Fachspezifische Themenfelder (wie Gesund-
                                                                                                                heit, Migration etc.) haben eigene Bereichsfarben, allgemeine
                                                                                                                Themen des Landesverbands das bekannte Paritätische Blau.

                                                                           Foto: Verein für aktive Vielfalt

                                                                                                                                                                                        Foto: Street College
     Aus Stadt und Bezirken                                                                                        Familie, Kinder und Jugendliche
Mitarbeitende des Vereins für aktive Vielfalt und andere                                                      Kreative Utopien zum Mitmachen: Ein Projekt von
Mitgliedsorganisationen fordern die Hauptstadtzulage Seite 12                                                Jugendlichen aus dem Street College                           Seite 48

8 – 18         Aus Stadt und Bezirken                                                                                   •   Armut von Jugendlichen verhindern
          •   Herzlich willkommen beim Paritätischen Berlin!                                                            •   Mitmachprojekt von Street College
          •   Was uns bewegt: Dr. Gabriele Schlimper                                                                    •   Handbuch zum institutionellen Kinderschutz
          •   Nachruf auf Werner Ruppelt                                                                                •   Neuhland: Wann der Kontakt persönlich statt digital
          •   Für faire Bezahlung: Online-Petition Hauptstadtzulage                                                         sein sollte
          •   Hauptstadtzulage: Aktionen unserer Mitgliedsorganisationen
          •   #berlinbessermachen: Engagierte im Portrait                                                     50 – 51      Gesundheit
          •   Kampagne Wir.sind.Kultur                                                                                  • Versorgung von Betroffenen häuslicher Gewalt
          •   Gründung von Fachschulen: Beispiel Procon College
          •   Workshop: Zuwendungen oder Leistungsentgelte?
          •   Soziale Infrastruktur im Lockdown                                                               52 – 53      Freiwilliges Engagement
                                                                                                                        • Save the Date: Gemeinsame Sache – Berliner
                                                                                                                          Freiwilligentage
18 – 19      Digitalisierung, Innovation und Wirkung
          • Stärken der Zivilgesellschaft
                                                                                                              54 – 56      Menschen in Notlagen
                                                                                                                        • Mund-Nasen-Schutz gespendet
20           Gesamtverband                                                                                              • Lockdown-Folgen: Berliner Krisendienst ist stärker
          • Wahljahr 2021: Erklärung für Menschlichkeit und Vielfalt                                                      nachgefragt
                                                                                                                        • Neubau: sieben Paritätische Träger unter einem Dach
42 – 43      Ältere Menschen und Pflege
          • Volkssolidarität unterstützt digitaler Teilhabe                                                   56 – 59       Menschen mit Behinderung
          • Silbernetz: ein Jahr bundesweit erreichbar                                                                  • Neu im Paritätischen Berlin: Medienprojekt Berlin e. V.
                                                                                                                          stellt sich vor
44           Arbeit und Beschäftigung                                                                                   • Berliner Behindertenparlament tagt digital
          • Jobcenter auch über App erreichbar                                                                          • Impfungen von Menschen mit Behinderungen
                                                                                                                        • Aktion Mensch unterstützt Abbau von Barrieren
45 – 50      Familie, Kinder und Jugendliche
          • Jugendliche brauchen Perspektiven                                                                 60           Migration
          • Mentoring-Programm für besonders begabte Kinder                                                             • Dolmetsch-Hotline für medizinische Notsituationen

  Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
6	
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Inhalt

                                  2. Quartal 2021                                            SCHWERPUNKT
                                  ParitaetBerlin
                                                                                             Eine besondere Beziehung
                                                                                             Berlin – Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen

                                                                     Foto: Margret Müller

                                                                                                                                                           Foto: Heike Schüler
     Service                                                                                 Schwerpunkt
Hilfe bei Förderanträgen: Unterstützung gab es etwa für                                      Zu Hause in Berlin? Drei Generationen einer
den AOB e. V. mit Kursleiterin Maria Dobreff           Seite 74                             Familie im Gespräch                             Seite 26

                                                                                             Seite 21 – 41
61 – 63        Nachbarschaftsarbeit und Bezirkliche Arbeit                                   • Einführungstext: Eine historische Einordung.
          •   Festveranstaltung »Stadtteilzentren inklusiv!«                                   Von Dr. Damir Softic
          •   »Design-Koffer« für barrierefreie Beschilderung                                • Heimat Berlin?! Ein Familiengespräch
          •   Austausch zur Weiterentwicklung von Stadtteilarbeit                            • Die Frauen, ihre Töchter und Enkelinnen.
                                                                                               Von Hatice Akyün
          •   Neues aus dem Bürgerzentrum Neukölln
                                                                                             • Vielfalt und Diversität. Von Holger Spöhr
                                                                                             • Mitglieder unter Paritätischem Dach mit Bezug
63           Queer                                                                             zur Türkei
          • Neue Fachstelle LSBTI*, Altern und Pflege                                           • Eventus-Bildung e. V. verbessert Bildungschancen
                                                                                                • IBBC e. V. zeigt Berufsperspektiven in Pflegeberufen
                                                                                                • Nachbarschaftszentrum Divan e. V. bietet Kontakte
64 – 70        Paritätische Akademie Berlin                                                       im Quartier
          •   Mitglied Initiative Transparente Zivilgesellschaft                                • Elişi Evi e. V. – Treffpunkt für Mädchen und Frauen
          •   Medienpädagogik: Technik und Didaktik                                               aus aller Welt
          •   Multiplikatoren-Qualifikation mit der HU zu Berlin                             • Portraits von Berlinerinnen und Berlinern mit Wurzeln
                                                                                               in der Türkei
          •   Master Sozialmanagement
                                                                                                • Cem Gömüsay arbeitet im Integrationsbüro
          •   Termine Paritätische Foren
                                                                                                • Yildiz Kaminski arbeitete im Bereich Handelsstatistik
          •   Weitere Veranstaltungen                                                           • Fevzi Aktaş ist Geschäftsführer eines Bildungs­
                                                                                                  unternehmens
71 – 72      Bildungswerk Brandenburg                                                           • Yildiz Akgün ist Sozialberaterin
                                                                                                • Remzi Kaplan ist Dönerproduzent
          • Termine Weiterbildungen
                                                                                                • Erdal Safak ist Facharzt für Innere Medizin

73 – 77        Service
          •   Neue Mitglieder und Änderungen                                                Wir nutzen eine Gender­schreibweise, die auch
                                                                                            ­Barrierefreiheit und eine ­gute Lesbarkeit ermöglichen
          •   Paritätjob: Stellen suchen und finden
                                                                                             soll. Die Bezeichnung von Personengruppen schließt so-
          •   Beratung: Hilfe bei Förderanträgen                                             wohl männliche, weibliche als auch lesbische, ­schwule,
          •   Impressum                                                                      bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche
          •   Fachgruppen und Arbeitskreise                                                  ­Menschen (LSBTI) explizit mit ein.
          •   Telefonverzeichnis

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                                            7
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Aus Stadt und Bezirken

Herzlich willkommen beim Paritätischen Wohlfahrtsverband!
Clara Schmitz ist seit Dezember 2020 als Mitarbeiterin Assistenz der Geschäftsführung angestellt, da der Paritätische
Berlin zum Januar 2021 für zwei Jahre die Federführung der LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege
Berlin übernommen hat

Mit welchen Erwartungen sind Sie
zum Paritätischen Berlin gekommen?
In meiner Masterarbeit habe ich mich
intensiv mit Wohlfahrtsverbänden aus-
einandergesetzt und war stark daran in-
teressiert, mehr über diese zu erfahren.
Jedoch sollte das weniger durch die
theoretische Brille, stattdessen vielmehr
praktisch stattfinden. Ich erhoffte mir
eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit
einer Bandbreite an sozialpolitischen
Themen und konnte schnell feststellen,
dass ich hier am richtigen Platz bin. Die
Kolleginnen und Kollegen nehmen sich
Zeit, mich in die Thematiken einzufüh-
ren und mich inhaltlich mitzunehmen.
                                                          Clara Schmitz                                                 Foto: privat
Was genau ist Ihre Aufgabe?
Für zwei Jahre werde ich die Assistenz-
aufgaben des LIGA-Büros übernehmen,          gemacht, strukturell zu arbeiten. Dies        Wie viele Namen von Kolleginnen und
um die Zusammenarbeit aller Landes-          kann ich wunderbar für die verschiede-        Kollegen konnten Sie sich bereits mer-
verbände der freien Wohlfahrt zu unter-      nen Koordinierungsaufgaben im Alltag          ken?
stützen. Dazu gehören jegliche Organi-       nutzen. In meinem Praktikum konnte            Durch mein Praktikum in der Geschäfts-
sations- und Koordinierungsaufgaben.         ich erste Erfahrungen im Verband sam-         stelle Bezirke und nun als Assistentin
                                             meln und einen Einblick in verschie-          der Geschäftsführung in der Landesge-
Worauf freuen Sie sich besonders? Was        dene Themenbereiche erhalten. Das er-         schäftsstelle habe ich mir schon so ei-
gehört eher zum Pflichtprogramm?             leichtert mir den Einstieg in meine jet-      nige Namen verbandsintern einprägen
Besonders freue ich mich darauf, die         zigen Aufgaben. Persönlich erhoffe ich        können. Ich arbeite jedoch daran, mir
Vielfalt des Paritätischen und der LIGA      mir, mich häufig mit Kolleginnen und          weitere Namen zu merken, auch von
Berlin kennenzulernen und einen Ein-         Kollegen auszutauschen, was natürlich         denjenigen, mit denen ich verbandsex-
blick in die unterschiedlichen Bereiche      durch die Pandemie derzeit schwieriger        tern aus anderen Wohlfahrtsverbänden
zu erhalten. Hierfür ist es großartig, mit   ist und fast ausschließlich virtuell statt-   und der Politik zu tun habe.
vielen Menschen in Kontakt zu kom-           findet.
men und gemeinsam Aufgaben zu be-                                                          Wo hat man die besten Chancen, Sie
wältigen. Zum Pflichtprogramm zählt          Was haben Sie in Ihr neues Büro mit-          nach Dienstschluss anzutreffen?
eher, häufig bei Personen nachzuhaken,       gebracht?                                     Ich bin gern draußen und bewege mich.
damit Fristen eingehalten werden kön-        Eine bunte Kaffeetasse.                       So kommt es des Öfteren vor, dass man
nen; aber auch das gehört dazu.                                                            mich im Park beim Joggen in den Reh-
                                             Sind Sie auch neu in die Stadt gekom-         bergen nach Dienstschluss antrifft.
Was wünschen Sie sich für Ihr erstes         men, oder haben Sie nur den Job ge-
Jahr beim Paritätischen Wohlfahrts-          wechselt?                                     Was sollten die neuen Kolleginnen
verband Berlin?                              Ich bin für das Studium 2017 nach Ber-        und Kollegen unbedingt von Ihnen
Ich wünsche mir, einen umfassenden           lin gekommen, das ich letztes Jahr be-        wissen?
Einblick in die Arbeit zu erhalten und       endet habe. Dann bin ich zunächst für         Ich arbeite gern mit Menschen zusam-
mich für die Federführung der LIGA           ein Praktikum und in Folge für meinen         men und freue mich über jeden Kontakt
sinnvoll einzubringen. In meinem Stu-        Start ins Berufsleben beim Paritätischen      und jeden Austausch, der entsteht.
dium habe ich gelernt und mir zu eigen       Berlin gelandet.

  Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
8	
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Aus Stadt und Bezirken

Was uns bewegt
Von Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin

Impfen, impfen, impfen                                                                   der Pandemie für viele Menschen ab-
»Über kurz oder lang kann das nimmer                                                     zumildern. Dafür muss diese Arbeit im
länger so weitergehen, außer es dauert                                                   Gegenzug auskömmlich finanziert wer-
noch länger, dann kann man nur sagen,                                                    den. Das betrifft Personal- und Sachkos-
es braucht halt alles seine Zeit, und Zeit                                               ten: Die tarifgerechte Bezahlung über
wär’s, dass es bald anders wird.« Dieses                                                 Zuwendungen muss in der Landes-
Zitat wird Karl Valentin zugeschrieben,                                                  haushaltsordnung verankert werden.
einem 1948 verstorbenen deutschen                                                        Auch die Verwaltungsgemeinkosten
Komiker und Schriftsteller. Sein zeitlo-                                                 sollten als zuwendungsfähig anerkannt
ses Zitat lässt uns lächeln, und doch ist                                                und am besten als Pauschalen ausge-
es auch ernst. Und es zeigt Ungeduld.                                                    reicht werden. Das darf nicht zulasten
So geht es uns allen mit der Coronapan-                                                  des Leistungsangebots gehen. So wur-
demie. Endlich ist nun auch Impfstoff                                                    den in der Vergangenheit Kostensteige-
für Menschen in der Eingliederungshilfe                                                  rungen zum Teil durch Leistungsabbau,
da, ein wenig nur. Aber wir sind dankbar                                                 darunter auch Stellenreduzierungen,
für jede Impfung, denn jede Impfung                                                      aufgefangen – das ist kontraproduktiv.
macht das gemeinsame Leben im be-                                                        Und: Zuwendungsvergaben der unter-
treuten Wohnen wieder sicherer. Impf-                                                    schiedlichen Verwaltungen des Landes
codes werden nun auch an die „jünge-                                                     Berlin sollten vereinheitlicht und stan-
ren“ Älteren und an zum Beispiel Kita-                                                   dardisiert werden. Das würde zu einem
erzieherinnen und -erzieher geschickt.                                                   effizienteren Arbeiten für beide Seiten
Aber wie entwickelt sich die Infektions-                                                 beitragen. Tipps bietet auch unsere Bro-
situation weiter? Es muss mehr und                                                       schüre „Entbürokratisierung der Zuwen-
schneller geimpft werden.                                                                dungspraxis“, hier als PDF zum Down-
                                                                                         load: https://bit.ly/3jTqDFj
Fairer Lohn für freie Träger
Über die Petitionsplattform change.org         Dr. Gabriele Schlimper                   Mietobergrenzen anders regeln
haben wir etwa 11.700 Unterschrif-                                    Foto: Boaz Arad   Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im
ten für die Hauptstadtzulage erhal-                                                      Wohnungswesen in Berlin wurde am
ten (Stand bei Redaktionsschluss am                                                      15. April vom Bundesverfassungsge-
20.4.2021); 50.000 haben uns davor be-                                                   richt für nichtig erklärt. Der sogenannte
reits auf dem Postweg erreicht! Warum        müssen sozialpolitische Rahmenbedin-        Mietendeckel ist nicht generell verfas-
ist uns und unseren Mitgliedsorganisa-       gungen so gestalten, dass Menschen          sungswidrig; es wurde lediglich aufge-
tionen das so wichtig? Weil eine faire       in sozialer Arbeit ausreichend bezahlt      zeigt, dass das Land Berlin keine Miet-
Bezahlung nicht nur Angestellten der         werden.                                     obergrenzen regeln darf, sondern dass
Stadt vorbehalten werden darf. Sie              Übrigens: 200 Menschen waren on-         der Bund dafür zuständig ist. Wir mei-
muss auch für Mitarbeitende freier Trä-      line dabei, als wir am 15. April 2021 mit   nen: Überhöhte Mieten sollten in Bal-
ger gelten, die die gleichen Aufgaben        der Initiative Freie Träger – Faire Löhne   lungsgebieten im Sinne des Milieu-
erledigen, etwa im schulischen Ganz-         Politikern die Gründe für die Aufwer-       schutzes auf Bundesebene begrenzt
tag/Hort, in Einrichtungen der Jugend-       tung von sozialer Arbeit verdeutlicht       werden. Von den Senatsverwaltungen
hilfe, in Stadtteilzentren und vielen Ein-   haben.                                      in Berlin erwarten wir, dass sie jetzt so-
richtungen mehr. Parallel laufen Tarif-         Mehr dazu lesen Sie ab Seite 11.         zialverträgliche Lösungen für Mieterin-
verhandlungen zwischen Land und                                                          nen und Mieter anbieten. Das Recht auf
Beschäftigten. Wir fordern außerdem,         Refinanzierung sozialer Arbeit:             Wohnen ist ein Menschenrecht, das wir
die Beschäftigten freier Träger an die-      Entbürokratisierung der                     vor allem schutzbedürftigen Menschen
sen künftigen Tarifsteigerungen zu be-       Zuwendungspraxis                            garantieren! Unabhängig davon erwar-
teiligen! Die Fraktionsvorsitzenden          Die Leistungsfähigkeit unserer Mit-         ten wir, dass auf Bundesebene auch die
und unser Regierender Bürgermeister          gliedsorganisationen hat maßgeblich         Gewerbemieten für soziale Organisatio-
haben Post von uns dazu erhalten. Wir        dazu beigetragen, die negativen Folgen      nen begrenzt werden.

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                      9
Eine besondere Beziehung - Berlin - Türkei: 60 Jahre Anwerbeabkommen
Aus Stadt und Bezirken

Nachruf auf Werner Ruppelt
Der Gründer, langjährige Vorsitzende und Ehrenmitglied des Vereins Jahresringe Berlin ist verstorben

W
             erner Ruppelt, Mitgründer
             und langjähriger Vorsitzen-
             der des Jahresringe Gesamt-
verband e. V. sowie Ehrenmitglied des
Landesverbandes Jahresringe Berlin
e. V., ist am 17. Januar 2021 nach langer
Krankheit verstorben.
   Der Jahresringe e. V. wurde 1990 von
Werner Ruppelt und seiner Frau ge-
gründet. Es handelte sich um einen so-
zialen Verband, in dem sich in Zeiten
des gesellschaftlichen Umbruchs in den
neuen Bundesländern Betroffene, ins-
besondere Vorruheständler, mit Ideen,
Tatendrang, Wissen, Erfahrungen, dem
Gefühl gebraucht zu werden und gefor-
dert zu sein, eingebracht haben.
   Es entstanden innerhalb des Gesamt-
verbandes Landesverbände in Bran-
denburg und Mecklenburg-Vorpom-
mern, Gruppen wie in Dresden und
Freiberg, später der Verband von Russ-
landdeutschen (INA) und die Gesell-
schaft für Arbeit und Bildung e. V., zeit-
weise mit bis zu 2000 Mitgliedern ins-
gesamt. In Berlin bildeten sich in allen
östlichen Stadtbezirken Gruppen.
   Das 1971 auf Initiative der Eheleute
Käte und Harry Tresenreuter im dama-
ligen Westberlin gegründete Sozial-
werk Berlin e. V. war ein engagierter
Unterstützer und Berater der Jahres-
ringe.                                                Werner Ruppelt                                               Foto: Wolfgang Wiek
   »Wer anderen hilft, hilft sich selbst«,
war Motivation für viele Mitglieder,
sich sozial in ausschließlich ehrenamt-        Werner Ruppelt konnte seine Erfah-      teil ihres gesellschaftlichen Lebens.
lichem Engagement einzubringen. Sie          rungen als zeitweise berufenes Mitglied   Werner Ruppelt, als Vorsitzender des
gestalteten in Arbeitskreisen, Projek-       in den programmspezifischen Arbeits-      Gesamtverbandes, hat mit seinem un-
ten und Interessengemeinschaften ein         kreis der Robert Bosch Stiftung auch      ermüdlichen persönlichen Einsatz dazu
aktives, soziales, kommunikatives und        an andere soziale Projekte und Vereine    beigetragen, dass Menschen in Jahren
kulturelles Verbandsleben.                   weitergeben.                              ihrer zweiten Lebenshälfte und in Zei-
   Durch das Programm »Soziale Bür-            Nach weitgehendem Erreichen der         ten des gesellschaftlichen Umbruchs
gerinitiativen in den neuen Bundeslän-       Gründungsziele und aufgrund des fort-     einen neuen Sinn und aktive Lebensin-
dern« der Robert Bosch Stiftung gab          geschrittenen Alters der aktiven Mit-     halte erfahren haben.
es für entstandene Projekte für das En-      glieder wurde 2012 der Gesamtverband        Wir werden uns gern an Werner Rup-
gagement von Mitgliedern eine sta-           und 2018 der verbliebene Berliner Lan-    pelt erinnern.
bile Basis, um sozial Benachteiligten        desverband aufgelöst.
sowie Arbeitslosen Beratung und Hilfe          Für die Vereinsmitglieder waren die                Karin Splittgerber, ehemalige Vorsitzende
zu geben.                                    Jahresringe ein wesentlicher Bestand-                     Jahresringe Berlin e. V. (1993–2018)

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
10	
Aus Stadt und Bezirken

Mehr als 11.700 Unterschriften
Unsere Online-Petition #HauptstadtzulageFürAlle läuft weiter – unterschreiben Sie und teilen Sie
unsere Petition in Ihrem Netzwerk

    Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin Paritätischer Berlin, bei der Protestaktion vor dem Roten Rathaus    Foto: Holger Groß

W
           ir fordern die Hauptstadtzu-       im schulischen Ganztag/Hort, in Ein-           der freien Träger in der sozialen Arbeit
           lage und eine faire Bezah-         richtungen der Wohnungslosenhilfe, in          zu zahlen.
           lung für alle Beschäftigten in     der Jugendhilfe, der Geflüchtetenhilfe,
der sozialen Arbeit und damit auch für        in Einrichtungen für Menschen mit Be-           Beschäftige freier Träger künftig an
die Mitarbeitenden freier Träger! Aus         hinderung und seelischen Erkrankun-            ­Tarifsteigerungen beteiligen
diesem Grund haben wir im März die            gen; es geht um Mitarbeitende in Be-           Wir fordern außerdem, die Beschäftig-
Online-Petition »Hauptstadtzulage für         ratungsstellen, in Stadtteilzentren und        ten freier Träger an künftigen Tarifstei-
alle« auf der Petitionsplattform change.      viele mehr.                                    gerungen zu beteiligen. Die Leistungen
org gestartet.                                   Die Entscheidung der Regierung,             der Mitarbeitenden freier Träger sind
                                              nur den Beschäftigten im öffentlichen          genauso viel wert wie die der Landes-
Gleiche Behandlung für alle                   Dienst und der landeseigenen Betriebe          beschäftigten! Damit wir alle gute so-
­Beschäftigten, den öffentlichen              diese Zulage zu zahlen, bedeutet eine          ziale Arbeit für Berlin leisten können:
 Dienst und für freie Träger                  eklatante Benachteiligung von Mit-             Unterstützen Sie unsere Forderungen,
Das Land Berlin zahlt seinen eigenen          arbeitenden freier gemeinnütziger Trä-         und unterzeichnen Sie jetzt!
Beschäftigten seit dem 1. November            ger, die eine genauso hervorragende
2020 eine Hauptstadtzulage von 150            Arbeit leisten. Diese Ungleichbehand-
Euro pro Monat. Die Beschäftigten der         lung wollen wir nicht hinnehmen!
freien gemeinnützigen Träger erhalten            Der Paritätische Wohlfahrtsverband            Wissenswertes
diese Hauptstadtzulage nicht. Es geht         Berlin fordert von der rot-rot-grünen
                                                                                               Sie finden die Petition unter:
hierbei um die Mitarbeitenden in allen        Regierung des Landes Berlin, die Haupt-
                                                                                               bit.ly/Hauptstadtzulagefüralle
sozialen Organisationen, wie in Kitas,        stadtzulage auch den Mitarbeitenden

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                             11
Aus Stadt und Bezirken

Hauptstadtzulage für alle – Ungleichheit beenden
So kreativ haben sich Paritätische Mitglieder an der Protestaktion beteiligt

G
        emeinsam mit seinen Mitgliedern setzt sich der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin dafür ein, die Hauptstadtzulage
        auch den Mitarbeitenden freier Träger zu bezahlen. Hier einige Beispiele Paritätischer Mitglieder, die zum Unterstützen
        der Aktion Mitarbeitende beziehungsweise den Eingang ihrer Einrichtung mit dem Plakat »Hauptstadtzulage für alle«
fotografiert und das Bild an unsere Pressestelle zum Weiterverbreiten über unsere Social-Media-Kanäle und andere Medien ge-
schickt haben.

                                                                 Kita am Schlosspark des ASB
                                                                 Foto: ASB

                               Mitarbeitende des
                       Kinderschutzbundes Berlin
                              Foto: Kinderschutzbund

Vor dem Eingang der Integrationskindertages­                                      Mitarbeiter Thomas Marquardt in der Kita Pelikan
stätte der Lebenshilfe Berlin     Foto: Lebenshilfe                              der Volkssolidarität Berlin    Foto: Volkssolidarität

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
12	
Aus Stadt und Bezirken

                                                                                        Schulstation von tandem BTL
                                                                                        Foto: tandem BTL

    Am Eingang des Betreuten Wohnens der Pfefferwerk                           Christine Langer vom Lesben- und Schwulenverband
    Stadtkultur gGmbH                              Foto: Pfefferwerk          Deutschland                                Foto: LSVD

        Mitarbeitende des Vereins
             für aktive Vielfalt vor
                   ihrer Einrichtung
         Foto: Verein für aktive Vielfalt

    Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                   13
Aus Stadt und Bezirken

      berlinbessermachen

D
         ie Aktion #berlinbessermachen mit Portraits von Men-                soll es weiterhin geben, nicht nur als Slogan, sondern auch in
         schen, die sich in unseren Mitgliedsorganisationen en-              Berichten, Portraits und Interviews über Menschen aus unse-
         gagieren, haben wir vergangenes Jahr aus Anlass des                 ren Paritätischen Mitgliedsorganisationen. Denn nur gemein-
70-jährigen Bestehens des Verbands gestartet. Inzwischen                     sam können wir #berlinbessermachen. Wir halten Sie auf dem
gibt es mehrere Videos, Podcasts und über 30 Portraits auf                   Laufenden.
www.berlinbessermachen.de nachzulesen, anzusehen oder                                                        Das Team der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
nachzuhören. Die Portraitierten sind in verschiedenen sozia-
len Bereichen aktiv – ehrenamtlich oder hauptamtlich. Was sie                  Wissenswertes
eint, ist ihr großes Engagement für andere.
                                                                               Die Website finden Sie unter: www.berlinbessermachen.de
  Das beeindruckt und inspiriert. Und das ist auch das Ziel der
                                                                               Die Podcasts auf Spotify oder Apple Podcast unter
Aktion: zu zeigen, dass es sich lohnt, sich einzubringen. Auch
                                                                               #berlinbessermachen.
wenn unser Jubiläumsjahr vorbei ist, #berlinbessermachen

»Berlin muss darauf achten, dass es bezahlbaren Wohnraum behält, gut in
soziale Projekte und Infrastruktur investiert.«
Andreia dos Santos Filipe, Projektkoordinatorin im Kulturcafé des Nachbarschaftshauses Friedenau des Nachbarschaftsheims Schöneberg e. V.

D    ie Arbeit in sozialen und kulturel-
     len Projekten ist durch Corona anders
geworden. Auch Andreia dos Santos Fi-
                                                                                                    kreativen und kulturellen Bereich. Darüber
                                                                                                    hinaus betreut sie ein Projekt für ehrenamt-
                                                                                                    liche Familienpaten. »Gerade in Zeiten von
lipe spürt das natürlich bei ihrer Arbeit im                                                        Corona mit steigender häuslicher Gewalt,
Nachbarschaftsheim Friedenau. Im von ihr                                                            Homeschooling und Betreuungsproble-
vor zehn Jahren gegründeten Kultur-Café                                                             men ist diese Unterstützung für Familien
bringt sie ganz unterschiedliche Menschen                                                           besonders wichtig«, berichtet sie.
zusammen, inspiriert sie, motiviert sie zu                                                             Damit ihre und ähnliche Projekte in der
eigenem und schafft gemeinschaftlich ge-                                                            ganzen Stadt weiter gut arbeiten können,
teilte Glücksmomente – mit Musik, Vor-                                                              brauche es einige Anstrengungen von ver-
trägen, Tanz, Literatur, Kreativangeboten,                                                          schiedener Seite. »Berlin muss darauf ach-
Gruppen und Kursen.                                                                                 ten, dass es bezahlbaren Wohnraum behält,
   Um die Angebote unter den veränder-                                                              gut in soziale Projekte und Infrastruktur in-
ten Bedingungen mit nötiger sozialer Dis-              Andreia dos Santos Filipe                   vestiert«, sagt Andreia dos Santos Filipe.
tanz weiterführen zu können, brauchte es                Foto: Jörg Farys / www.dieprojektoren.de       Damit Berlin noch besser wird, sei nicht
Ideen. »Da ich aus einer kreativen Branche                                                          nur die Politik gefragt. »Auch die Menschen
komme, bin ich es gewohnt, sehr flexibel          tivitäten, Onlineproben der Chöre oder vir-       selbst können etwas gegen die zuneh-
zu denken und Lösungen zu finden«, sagt           tuelle Ausstellungen der Fotogruppe sind          mende Entsolidarisierung und die soziale
Andreia dos Santos Filipe, die Literatur-         weitere Beispiele. Konzerte wurden in den         Entfremdung tun, indem sie sich einfach
und Medienwissenschaften studiert hat             Garten und vor das Haus verlagert, und es         in der Nachbarschaft engagieren.« Es seien
und früher im Bereich TV, Rundfunk und in         fanden individuelle Dankeschönkonzerte            nicht immer die großen Gesten: »Vor dem
der Öffentlichkeitsarbeit tätig war. Das Kul-     für die ehrenamtlich Helfenden statt.             Haus den Müll einsammeln oder Menschen
tur-Café profitierte von dieser Fähigkeit; es        Die meisten Angebote des Kultur-Cafés          in der eigenen Nachbarschaft Hilfe anbie-
wurde mit neuen Formaten weitergeführt.           werden in gewöhnlichen Zeiten ehren-              ten, nicht wegschauen, wenn Menschen
   Vor dem Haus gibt es nun »Kultur to go«,       amtlich von Nachbarn für Nachbarn orga-           Hilfe brauchen«. Auch virtuell könne man
kleine Körbe mit Bastelanleitungen, Tex-          nisiert, unterstützt von hauptamtlich Mit-        in Coronazeiten und sogar im Lockdown
ten, Büchern aus dem Tauschregal. »So             arbeitenden. Andreia dos Santos Filipe ist        andere unterstützen, beispielsweise Fami-
kommen wir auch mit den Menschen ins              dafür die Ansprechpartnerin sowie für ver-        lien mit besonderen Herausforderungen.
Gespräch«, erklärt sie. Livestreams der Ak-       schiedene Gruppen und Kurse aus dem                                              Nina Roßmann, Autorin

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
14	
Aus Stadt und Bezirken

»Man muss verstehen, was der Mensch braucht, was er sich wünscht.«
Dr. Dharma Raj Bhusal, Leiter des interkulturellen ambulanten Hospizdienstes Dong Ban Ja des Humanistischen Verbands Berlin Brandenburg

35     Prozent der Berlinerin-
       nen und Berliner haben
entweder eine nichtdeutsche
                                                                            helfen konnte und fand sie bei
                                                                            Dong Ban Ja, wo er 2010 als Eh-
                                                                            renamtlicher anfing.
                                                                                                                 Heimat herstellt. Als er noch
                                                                                                                 recht neu bei Dong Ban Ja war,
                                                                                                                 begleitete er eine koreanische
Nationalität oder sind im Aus-                                                 Einmal wurde er in ein Kran-      Ehrenamtliche. Sie hatte einer
land geboren. Im Alter haben                                                kenhaus gerufen, in dem ein vi-      sterbenden Person eine Suppe
diese Menschen besondere Be-                                                etnamesischer Mann bereits im        gekocht, die diese sich ge-
dürfnisse: »Wer fortgeschrit-                                               Sterben lag. Er war Buddhist,        wünscht hatte. Kaum hatte der
tene Demenz hat oder im Ster-                                               und als er erfuhr, dass Dharma       Löffel ihre Lippen berührt, starb
ben liegt, vergisst oft die er-                                             Bhusal aus Nepal, der Hei-           sie. »Sie hat auf die Suppe ge-
lernte Sprache und fällt zurück                                             mat Buddhas kommt, setzte er         wartet«, glaubt Bhusal.
in die Muttersprache«, erklärt                                              sich plötzlich auf und begann           »Darum geht es in unserer Be-
Dr. Dharma Raj Bhusal.                                                      mithilfe der muttersprachli-         gleitung: Man muss verstehen,
   Zur Sterbebegleitung kam              Dr. Dharma Raj Bhusal             chen Begleiterin aus Vietnam,        was der Mensch braucht, was er
der promovierte Jurist, So-                       Foto: Hoffotografen       stundenlang zu erzählen. »Ich        sich wünscht.« Damit dies mög-
ziologe und Wirtschaftsinge-                                                konnte das kaum glauben«,            lich ist, ist eine längere Beglei-
nieur über den Tod eines indi-                                              berichtet Bhusal. »Noch heute        tung nötig. Er würde es daher
schen Freundes. »Er war wie ein       sen Wunsch gerne erfüllt.« Er         kriege ich Gänsehaut, wenn ich       begrüßen, wenn Pflegeheime
Vater für mich«, erzählt er. »Ich     begab sich auf die Suche nach         das erzähle.«                        möglichst frühzeitig auf ihn zu-
wusste, dass er in Indien ster-       einer Möglichkeit, wie er Men-           Manchmal ist es auch ein          kommen.
ben wollte, und hätte ihm die-        schen in einer ähnlichen Lage         Duft, der die Verbindung zur                      Dominique Hensel, Autorin

»Die Leute müssen ihre Scheu überwinden, nach Hilfe zu fragen.«
Georg Hadjidimitriou, Ehrenamtlicher bei der Nachbarschaftshilfe Steglitz-Zehlendorf des Mittelhof e. V.

K   eine Bohrmaschine? Die
    Wohnung muss gestri-
chen, das Kind betreut wer-
                                        Georg Hadjidimitriou fährt
                                      Nachbarn zum Arzt, organisiert
                                      Putzkräfte, entrümpelt Keller.
                                                                                                                 ment auf Video festgehalten
                                                                                                                 und auf YouTube gestellt, um
                                                                                                                 allen zu zeigen, so soll das sein:
den? Da fragen wir die Nachba-        Einmal meldete sich ein ver-                                               Akzeptiert meine Hilfe einfach
rin! Schöne Idee, aber geht na-       zweifeltes älteres Ehepaar: Die                                            als das, was sie ist: eine ehrlich
türlich nicht. Oder etwa doch?        schwere Schiebetür ihres Klei-                                             gemeinte nachbarschaftliche
Der Mittelhof e. V. kümmert sich      derschranks hatte sich verkan-                                             Unterstützung.«
darum, dass das Um-Hilfe-Bit-         tet, und sie kamen nicht mehr                                                 »Es gibt genug Menschen,
ten einfacher wird.                   an ihre Kleidung heran. Dieser                                             die helfen wollen«, berichtet
   Im September 2019 eröff-           »Fall« ist Georg Hadjimitriou in                                           er. »Aber die Leute müssen ihre
nete der Verein seinen Nachbar-       ganz besonderer Erinnerung                                                 Scheu überwinden, nach Hilfe
schaftsladen in Steglitz-Zehlen-      geblieben – und das nicht nur,                                             zu fragen.« Dadurch, dass die
dorf und bringt Nachbarn, die         weil das Problem nicht ganz                                                Zehlendorfer Nachbarschafts-
helfen wollen, mit denen zu-          einfach zu lösen war. Als die                                              hilfe immer bekannter wird, soll
sammen, die Hilfe benötigen.          Tür wieder in den Angeln saß,             Georg Hadjidimitriou            sich das ändern: Angebot und
Georg Hadjidimitriou war von          wappnete er sich bereits auf                  Foto: Georg Hadjidimitriou   Nachfrage finden zusammen –
dem Konzept sofort überzeugt.         das abschließende ‚Was kriegen                                             im Sinne von mehr Nachbar-
In einer größeren Gemeinschaft        Sie?‘, das er so oft bekommt.                                              schaftlichkeit, der maximalen
leben, ein bisschen Dorf in die       »Das ist nett gemeint, aber ich       mit einem herzlichen Lächeln.        Nutzenoptimierung sozusagen.
Stadt bringen – das kommt sei-        mache das ehrenamtlich, und           Das war‘s. »Sie können sich gar      Als Wirtschaftswissenschaftler
ner Idealvorstellung von einem        eigentlich wissen die Leute           nicht vorstellen, wie erleichtert    kennt sich Georg Hadjidimitriou
besseren, sozialeren Berlin sehr      das auch«, erzählt er. Das äl-        ich da war«, schmunzelt er: »Am      damit aus.
nahe.                                 tere Ehepaar jedoch dankte ihm        liebsten hätte ich diesen Mo-                        Nina Roßmann, Autorin

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                                         15
Aus Stadt und Bezirken

Kampagne »Wir.sind.Kultur.«
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin unterstützt die Initiative des Landesmusikrats Berlin

U
        m die Kulturlandschaft in Berlin
        gerade mit Blick auf die aktuelle
        Krise nachhaltig zu sichern, ruft
der Landesmusikrat Berlin gemeinsam
mit seinen Kooperationspartnerinnen
und Kooperationspartnern zur Beteili-
gung an der Kampagne Wir.sind.Kultur.                Ohne Kultur keine Gesellschaft
für ein Berliner Kulturfördergesetz auf.             Wir brauchen ein Kulturfördergesetz für BERLIN!
   Abgeleitet aus Artikel 20 Absatz 2 der
Landesverfassung soll der gesellschaft-
liche Stellenwert von Kunst und Kultur            Wir.sind.Kultur.-Logo                                             Foto: Landesmusikrat Berlin
in einem Gesetz ausgestaltet werden.
Damit können mehr Transparenz, Ver-
lässlichkeit und Beteiligung durch einen       book, Snapchat oder Twitter, dass Sie       nen Erleben, was Berliner Kultur für Sie
regelmäßigen und verbindlichen öf-             für ein Kulturfördergesetz eintreten,       ausmacht – oder auch, wo sie fehlt. Bitte
fentlichen und parlamentarischen Dis-          etwa mit einem Selfie und einem Satz        reichen Sie Ihre Beiträge bis zum 15. Au-
kurs über Kunst und Kultur hergestellt         unter dem Betreff »Wir sind Kultur«.        gust 2021 ein.
werden. Wir.sind.Kultur. hat drei Ziele:       Laden Sie das Logo »Wir.sind.Kultur.«
                                               herunter, drucken Sie es aus und halten     Logo »Wir.sind.Kultur.«
1 Berliner Kulturschaffende durch die          Sie es in die Kamera. Oder zeigen Sie es    Nutzen Sie das Logo »Wir.sind.Kultur.«
  Krise bringen,                               auf Ihrem Tablet und fotografieren Sie      für Ihre E-Mail-Signaturen, Drucksachen
1 Kulturszene in Berlin wieder auf-            sich mit Ihrem Telefon.                     und Aktionen.
  bauen,
1 Berliner Kultur mit einem Kulturför-         Medienwettbewerb
  dergesetz nachhaltig absichern.              »Wir.sind.Kultur.«
                                               Bringen Sie es auf den Punkt: »Wir.sind.     Wissenswertes
Wie können Sie sich beteiligen?                Kultur.« In einem Foto, einem kurzen
                                                                                            Weitere Informationen finden Sie unter:
Gesicht zeigen – für ein Kulturförder-         Text, einem kurzen Videoclip. Zeigen Sie
                                                                                            www.wir-sind-kultur.berlin
gesetz. Zeigen Sie auf Instagram, Face-        im Alltag, auf der Straße, in Ihrem eige-

Zuwendungen oder Leistungsentgelte?
Workshop vermittelt Herausforderungen und Chancen der jeweiligen Finanzierungsart

D
         ie Finanzierung von Angeboten         gliedsorganisationen Anfang März            organisationen geleitet und ist neben
         und Leistungen in der Sozialwirt-     2021 konnten gemeinsam mit Mitglie-         seiner Beratertätigkeit als Lehrbeauf-
         schaft erfolgt verstärkt über Leis-   dern Grundsatzfragen geklärt und die        tragter tätig. Das Interesse der Mit-
tungsentgelte und Zuwendungs- bezie-           strategischen Optionen diskutiert wer-      gliedsorganisationen an diesem Aus-
hungsweise Leistungsverträge. Oft ist          den. Der Workshop wurde digital von         tausch war sehr groß, sodass der Work-
nicht klar, was genau jeweils zu regeln        Heinrich B. Pieper gestaltet. Er ist Be-    shop drei Mal in Folge durchgeführt
ist und welche Herausforderungen und           triebswirt mit langjähriger Erfahrung       wurde.
Chancen mit den verschiedenen Finan-           in der Leitung sozialwirtschaftlicher
zierungsbedingungen verbunden sind.            Organisationen, hat im Paritätischen             Anika Göbel, Bezirksbeauftragte für Mitte, Spandau
   In einem von der Geschäftsstelle Be-        Landesverband die Abteilung Betriebs-          und Steglitz-Zehlendorf / Stadtteilarbeit und Wirkung
zirke organisierten Workshop für Mit-          wirtschaftliche Beratung für Mitglieds-                                in der Geschäftsstelle Bezirke

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
16	
Aus Stadt und Bezirken

Gründung von Fachschulen
Um mehr Fachkräfte zu gewinnen, gründen Träger eigene Bildungseinrichtungen, zu denen
auch das Procon College gehört

I
  mmer mehr gemeinnützige Träger in         Uwe Lamm: Das Procon College vermit-
  Berlin gründen vor dem Hintergrund        telt nicht nur sämtliche Kenntnisse, die
  des Fachkräftebedarfes eigene Fach-       für die Arbeit als Erzieher und Erziehe-
schulen für Sozialpädagogik. Neu im Ver-    rin in Krippen und Kitas benötigt wer-
band ist das Procon College, dessen Trä-    den. Das ist zwar die Grundlage, wir er-
ger contact – Jugendhilfe und Bildung       arbeiten aber besonders das fachliche
gGmbH in Steglitz-Zehlendorf mit dem        Know-how für den Einsatz in Schulen,
Geschäftsführer Uwe Lamm und proFam         Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtun-
gGmbH mit dem Geschäftsführer Peter         gen und vor allem in den Hilfen zur Er-
Heinssen sind. Im Interview mit Uwe         ziehung. Denn die Erfahrung zeigt, dass
Lamm wird das Angebot vorgestellt.          es Erzieherinnen und Erzieher in die-
                                            sen Arbeitsbereichen an fachlichem
Wer hatte die Idee, eine Fachschule         Hintergrundwissen mangelt. Doch ge-             Procon-Seminarraum
für Sozialpädagogik zu gründen und          rade dort werden sie stärker denn je ge-                         Foto: A. Hagen-Penther
warum?                                      braucht. Darüber hinaus nehmen wir
                                            vor allem die systemische Sichtweise
Uwe Lamm: Hinter der neuen Fach-            gewinnbringend in den Blick.
schule stehen zwei Paritätische Träger:                                                   Wie wurde vor diesem Hintergrund
die contact – Jugendhilfe und Bildung       Was kann man sich unter einer syste-          das Dozentinnen- und Dozententeam
gGmbH und proFam gGmbH. Wir arbei-          mischen Pädagogik in der Erzieherin-          zusammengesetzt?
ten schon seit knapp zwanzig Jahren in      nen- und Erzieherausbildung vorstel-
der Pflegekinderhilfe zusammen. Uns         len?                                          Uwe Lamm: Wir haben einen sehr er-
war immer wieder klar, dass es einen                                                      fahrenen Schulleiter gewinnen können,
riesigen Bedarf an qualifizierten Erzie-    Uwe Lamm: Wir wollen Fachkräfte aus-          Andreas Hagen-Penther. Er hat die Fach-
hern und Erzieherinnen gibt. Diese wer-     bilden, die nicht nur ihre Einrichtung        schule inhaltlich und organisatorisch
den bisher eher für den Kitabereich aus-    im Blick haben. Die sozialräumliche           aufgebaut. Wir arbeiten ausschließlich
gebildet, zu wenig aber für Schule, Ju-     Orientierung ist uns wichtig, das heißt,      mit engagierten Dozentinnen und Do-
gendfreizeiteinrichtungen und Hilfen        sie sollen von vornherein auch die Um-        zenten zusammen, von denen viele di-
zur Erziehung. Die Lücke wollten wir        gebung der Einrichtung, den Kiez, den         rekt aus der Praxis der ambulanten und
schließen, indem wir Interessierte be-      Bezirk mitdenken. Ihr Blick soll erwei-       stationären Kinder- und Jugendhilfe
rufsbegleitend für die Hilfen zur Erzie-    tert werden. Wir alle leben in Bezugs-        kommen.
hung fit machen.                            systemen, die stärker in der Arbeit mit
                                            Kindern und Jugendlichen fokussiert           Wann startet die Ausbildung am Pro-
Warum gerade berufsbegleitend?              werden müssen. Die stärkere Einbe-            con College?
                                            ziehung der Familie beziehungsweise
Uwe Lamm: Wir möchten Mitarbeiten-          des familiären Kontextes und Umfel-           Uwe Lamm: Wir haben im Sommerse-
den anderer Träger die Möglichkeit          des sind immer mitzudenken. Zum Ab-           mester 2020 mit einer ersten berufs-
geben, sich berufsbegleitend weiterzu-      schluss der dreijährigen Ausbildung er-       begleitenden Klasse gestartet. Dort
qualifizieren. Es geht uns auch darum,      halten Studierende zusätzlich ein Zerti-      sind es derzeit neun Studierende. Die
eigene Nachwuchskräfte zu fördern.          fikat als »Systemische Erzieher und Er-       nächste Klasse beginnt im Winterse-
Also allen Menschen, die schon im Beruf     zieherin«. Damit sind sie auch sehr gut       mester 2021/22 im August 2021.
sind und weiter möchten, eine Perspek-      für alle Stellen außerhalb von Kitas vor-
tive zu geben. Vor allem ist uns der Pra-   bereitet. Neben der Ausbildung in Vol-
xis-Theorie-Austausch wichtig, der so       oder Teilzeit bietet das Procon College        Wissenswertes
effektiver genutzt werden kann.             auch Fort- und Weiterbildungen über
                                                                                           Alle Informationen zu Inhalten und
                                            »Systemische Grundlagen« und zur zer-
                                                                                           Terminen sind zu finden unter:
Was sind die Besonderheiten dieser          tifizierten Fachkraft für Hilfen zur Erzie-
                                                                                           https://www.procon-college.de/
Fachschule? Gibt es Schwerpunkte?           hung an.

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                      17
Aus Stadt und Bezirken

Nachbarschaftsangebote und Selbsthilfe
während des Lockdowns
Stadtteilzentren und Selbsthilfekontaktstellen als Teil der systemrelevanten sozialen Infrastruktur
in Marzahn-Hellersdorf

S
      tadtteilzentren und Selbsthilfe-        demie unter den Hygienemaßgaben            amt, insbesondere der Bezirksstadträtin
      kontaktstellen bieten während des       aufrechterhalten werden und wurden         ­Juliane Witt und der Sozialamtsleiterin
      Lockdowns in Marzahn-Hellersdorf        an die pandemiebedingt veränderten          Melanie Rubach für die Rahmenbedin-
wichtige soziale Angebote in nachbar-         Bedarfe der Nachbarinnen und Nach-          gungen dieser langjährig gewachse-
schaftlichen Netzwerken. Der bezirkliche      barn angepasst.                             nen Strukturen, die den hohen Grad an
Stadtteilzentrenvertrag in Marzahn-Hel-         Die Geschäftsstelle Bezirke betonte in    Systemrelevanz sozialräumlicher Ange-
lersdorf ist hier wichtige Grundlage für      einem Empfehlungsschreiben die be-          bote bestätigen.
ein flexibles, sozialräumliches Angebot       sondere Bedeutung der Angebote der                        Markus Pleyer, Bezirksbeauftragter für
in jedem Stadtteil des Bezirkes.              Stadtteilzentren und Selbsthilfekontakt-         Marzahn-Hellersdorf / Arbeit und Beschäftigung /
                                                                                                     Datenschutz in der Geschäftsstelle Bezirke
  Das konstruktive Miteinander von            stellen im Bezirk und trug exem­plarisch
Politik, Verwaltung und vertragsneh-          eine Vielzahl von unersetzlichen Ange-
menden Verbänden sowie den sozialen           boten dieser Nachbarschaftsarbeit und       Wissenswertes
Organisationen als Träger der Stadtteil-      Selbsthilfe zusammen, die unter Beach-
                                                                                          Das Empfehlungsschreiben mit konkre-
zentren hat wesentlich dazu beigetra-         tung der aktuellen Hygienevorschriften
                                                                                          ten Angeboten – von Telefonberatung
gen, den gesellschaftlichen Zusammen-         aufrechterhalten werden.
                                                                                          über Onlinekonferenzen bis Einkaufs-
halt im Bezirk zu stärken und soziale Iso-      Der Paritätische bedankt sich mit
                                                                                          hilfen – in Marzahn-Hellersdorf finden
lation und Notlagen etwas zu lindern.         dem Papier auch bei den Vertragspart-
                                                                                          Sie hier:
Wichtige Angebote für verschiedenste          nerinnen des Stadtteilzentrenvertrages
                                                                                          https://bit.ly/3sXZR2g
Zielgruppen konnten während der Pan-          und den Verantwortlichen im Bezirks-

                                             Digitalisierung, Innovation und Wirkung

Krise als Chance
Zivilgesellschaft wirkt, auch unter Druck. Warum und wie die Politik sie stärken muss

F
      reie gemeinnützige Organisatio-         Dabei geraten sie selbst auch mehr         Herausforderungen stellen, und eine
      nen als Teil der Zivilgesellschaft      und mehr unter finanziellen und lei-       davon ist die Frage danach, wie sie kon-
      sind derzeit gefragt und belas-         der teilweise auch politischen Druck.      kret wirken. Als Verband haben wir uns
tet zugleich. Genau wie beim Auffan-          Zivilgesellschaftliche Organisationen      dieses Themas angenommen. Mit dem
gen von Hunderttausenden geflüchte-           nerven manchmal, und das sollen sie        Fokus auf Wirkungsorientierung geben
ten Menschen in den Jahren 2016/2017          auch. Denn sie machen immer wieder         wir der Zivilgesellschaft Methoden und
zeigt auch die gegenwärtige Corona-           auf drängende sozialpolitische Themen      Denkweisen an die Hand, die bei der
pandemie, dass auf zivilgesellschaftli-       aufmerksam und setzen sich dafür ein,      Konzeption, Durchführung und Analyse
che Organisationen Verlass ist. Egal ob       dass diese auf die politische Agenda       von wirkungsorientierten Vorhaben zur
Kitas, Pflegeeinrichtungen, Wohnungs-         kommen. Sie erkennen, wer Hilfe benö-      positiven Veränderung von gesellschaft-
losenhilfe, Nachbarschaftszentren, Ju-        tigt. Es entstehen – im Sinne der Hilfe    lichen Herausforderungen unterstützen.
gendclubs oder Hilfsdienste: gemein-          zur Selbsthilfe – neue Initiativen durch   Dazu dienen unsere Kurse in Wirkungs-
nützige Organisationen haben seit Be-         Betroffene selbst, die sich Strukturen     management an der Paritätischen Aka-
ginn der Pandemie ihr Möglichstes             geben.                                     demie sowie unsere Netzwerke.
getan, um auch weiterhin für ihre Nut-           Zivilgesellschaftliche   Organisatio-
zerinnen und Nutzer da sein zu können.        nen erproben neue Methoden, Prozesse       Für mehr Sichtbarkeit mit
  Durch ihre Rolle als systemrelevante        und Strukturen, um nichtkommerzielle       #berlinbessermachen
Krisenbewältiger müssen sie sozial-in-        Räume für alle zu schaffen und um Hilfe-   Für ein Projekt des Landesverbandes
novativ denken, um der Krise zu be-           bedürftige zu erreichen und einzubezie-    haben wir uns genau diese Denkweise
gegnen und diese zu bewältigen.               hen. Dabei müssen sie sich auch selbst     auch zur Unterstützung genommen: Auf

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
18	
Digitalisierung, Innovation und Wirkung

der Internetseite berlinbesser­machen.de
gibt es zahlreiche Good-Practice-Bei-
spiele dafür, wie sich Menschen in Ber-
liner gemeinnützigen Organisationen
zivilgesellschaftlich engagieren und
damit Berlin zu einer lebenswerteren
Stadt machen. Damit wollen wir auch
andere ermutigen, Berlin mitzugestal-
ten. Auch in rauen Zeiten wollen wir
an unserer Vision festhalten, »sachkun-
dige und zeitgerechte Sozialarbeit zum
Wohle der Gesellschaft und des ein-
zelnen Menschen zu leisten«. Denn so
steht es in unserer Satzung.

Gemeinnützige Organisationen sind
auch Social Entrepreneurs
Somit lassen sich präziser die positi-
ven Effekte sozialer Arbeit überall in
Berlin beschreiben. Es zeigt sich mehr
und mehr, dass gemeinnützige Organi-
sationen oftmals ebenso Social Entre-
preneurs sind. Neben dem Entwickeln
von neuen Angeboten und Antworten
auf soziale Notlagen müssen soziale Or-
ganisationen wirtschaften. Sie mana-
gen ein Konglomerat an Zuwendun-
gen, Leistungsentgelten, Eigenmitteln
oder Crowd-Funding-Einnahmen. Sie
sind Arbeitgeber für Tausende Men-
schen und Anlaufstellen für freiwillig
Engagierte in ganz Berlin.
   Gemeinnützige           Organisationen
als Teil der Zivilgesellschaft sind kein
Dienstleister für Politik und Verwaltung.
Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ist
ihre Rolle die der Partner auf Augen-
höhe, die es zu stärken gilt. Denn zivilge-
sellschaftliche Organisationen sind die
Basis, auf der unsere Demokratie steht.
Sie stehen für gesellschaftlichen Zusam-
menhalt, für Solidarität und für Mensch-
lichkeit. Wir brauchen mehr davon.
                             Anne Jeglinski, Leiterin der
       Geschäftsstelle Bezirke / Innovation und Wirkung

 Wissenswertes
 Die Aktion #berlinbessermachen unse-
 res Verbands zeigt Menschen in Berliner
 gemeinnützigen Organisationen, die
 sich unter anderem zivilgesellschaftlich
 engagieren und damit Berlin zu einer
 lebenswerteren Stadt machen:
                                                                Symbolbild: Mit Umsicht und Engagement durch die Coronapandemie
 https://www.berlinbessermachen.de/
                                                                                                                        Foto: Markus Spiske / Unsplash

Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021	                                                                                                        19
Gesamtverband

Mit Blick auf das Superwahljahr 2021
Mehr als 400 Organisationen unterzeichnen Erklärung für Menschlichkeit und Vielfalt –
gemeinsame Pressemitteilung

M
          it der gemeinsamen Erklä-        nung, was in Deutschland lange als        bänden, Initiativen und Einrichtungen
          rung zeigen zum Auftakt des      überwunden galt«, warnen die Unter-       mitgetragen.
          Wahljahres 435 Verbände, Ini­    zeichnenden.                                Zum Hintergrund: Bereits im April
tiativen und Einrichtungen aus dem            Die Mitzeichnenden, die von Orga-      2018 und im November 2019 haben
Bereich der Behindertenhilfe und der       nisationen der Selbsthilfe über För-      sich zahlreiche Verbände öffentlich
sozialen Psychiatrie gemeinsam klare       der- und Inklusionsorganisationen bis     gegen Versuche aus den Reihen der
Haltung gegen Rassismus und Rechts-        zu Spitzenverbänden der freien Wohl-      AfD positioniert, Menschen mit Behin-
extremismus und warnen vor Hetze           fahrtspflege reichen, zeigen sich ent-    derungen und psychischen Erkrankun-
und Stimmungsmache rechter Akteu-          schlossen, Hass und Hetze entgegen-       gen herabzuwürdigen und für rassisti-
rinnen und Akteure, wie der AfD und        zutreten: »Wir lassen nicht zu, dass in   sche Stimmungsmache zu instrumen-
ähnlicher Bewegungen.                      Deutschland eine Stimmung erzeugt         talisieren.
   Mit Sorge beobachten die Verbände,      wird, die unsere Gesellschaft spaltet«,     Ulrich Schneider, Hauptgeschäfts-
wie versucht wird, eine Stimmung zu        heißt es in der Erklärung.                führer des Paritätischen Gesamt-
erzeugen, die Hass und Gewalt nicht           Durch Aufklärung, Beratung und öf-     verbands: »Wer in heutiger Zeit die
nur gegen Menschen mit Behinderung,        fentlichkeitswirksame Aktionen soll       Gleichberechtigung oder gar die Exis-
psychischer oder physischer Krankheit      durch verschiedenste Aktivitäten der      tenz von Menschen mit Behinderung
schürt, sondern gegen alle, die sich für   Unterzeichnenden »für eine menschli-      und psychischen Beeinträchtigungen
eine offene und vielfältige Gesellschaft   che und lebenswerte Zukunft für uns       infrage stellt, stellt sich in vollem Be-
engagieren.                                alle« geworben werden.                    wusstsein in die Tradition jenes Ge-
   »Wir treten ein für Menschlichkeit         Ziel der Mitzeichnenden ist es, im     dankenguts, das im NS hunderttau-
und Vielfalt. Und wir sind nicht allein:   Superwahljahr ein Zeichen für De-         sendfachen Mord ermöglichte. Als Zi-
                                                                                     vilgesellschaft müssen wir uns die-
                                                                                     sen Ideen der Ungleichwertigkeit von
                                                                                     Menschen, die ihre politische Heimat
                                                                                     in der AfD gefunden haben, klar und
»Als Zivilgesellschaft müssen wir uns den Ideen der                                  deutlich entgegenstellen. Gemeinsam
Ungleichwertigkeit von Menschen, die ihre politische                                 mit allen, die für eine vielfältige und
                                                                                     offene Gesellschaft stehen, setzen wir
Heimat in der AfD gefunden haben, klar und                                           uns für die gleichberechtigte Teilhabe
deutlich entgegenstellen.«                                                           aller ein.«
                                                            Ulrich Schneider,                   Christian Weßling, Deutscher Paritätischer
                                                    Hauptgeschäftsführer des                    Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V.
                                           Paritätischen Gesamtverband e. V.

Wir stehen für Millionen Menschen in       mokratie zu setzen. Sie betonen, es
Deutschland, die das Auftreten und         komme auf jede Stimme an, und for-
die Ziele von Parteien wie der Alter-      dern auf, zur Wahl zu gehen.
native für Deutschland und anderer           Unterzeichnet wurde die Erklärung
rechter Bewegungen entschieden ab-         unter anderem vom Sozialverband VdK
lehnen«, heißt es in der Erklärung. Die    Deutschland, dem Arbeiter-Samariter-
AfD habe vielfach gezeigt, dass sie        Bund Deutschland, den Fachverbän-          Wissenswertes
in ihren Reihen Menschen- und Le-          den für Menschen mit Behinderung,
                                                                                      Der gesamte Erklärungstext, die Liste
bensfeindlichkeit dulde, Nationalis-       dem Paritätischen Gesamtverband und
                                                                                      der Mitzeichnenden und die Zitate sind
mus, Rechtspopulismus und Rechts-          der Deutschen Gesellschaft für Soziale
                                                                                      abrufbar unter:
extremismus fördere. Heute sei daher       Psychiatrie. Bislang wird die Erklärung
                                                                                      www.wir-fmv.org
plötzlich »wieder an der Tagesord-         bundesweit von weit mehr als 400 Ver-

   Paritätischer Rundbrief — 2. Quartal 2021
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