Faszination Strasse - Sonderheft: Auto-Spezial - Mit Gerhard Schürmann, Morten Hannesbo, Donato Bochicchio, Sébastien Perrais, Linus Reichlin ...

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Faszination Strasse - Sonderheft: Auto-Spezial - Mit Gerhard Schürmann, Morten Hannesbo, Donato Bochicchio, Sébastien Perrais, Linus Reichlin ...
Sonderheft: Auto-Spezial

15. Oktober 2020 – 88. Jahrgang

Faszination
    Strasse
      Mit Gerhard Schürmann, Morten
         Hannesbo, Donato Bochicchio,
      Sébastien Perrais, Linus Reichlin,
                 Michael Bahnerth und
        dem Lamborghini Aventador S.
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 Basierend auf voller Ladung. Die angestrebte Reichweite mit dem Worldwide Harmonised Light Vehicle Test Procedure (WLTP) gilt je nach vorhandener Konfiguration. Die tatsächliche Reichweite kann aufgrund
unterschiedlicher Faktoren variieren (Wetterbedingungen, Fahrverhalten, Fahrzeugzustand, Alter der Lithium-Ionen-Batterie). Die Reichweite von 610 km gilt nur für den Mustang Mach-E, Batterie Extended RWD.
Abgebildetes Modell: Ford Mustang Mach-E First Edition, 346 PS/258 kW, Automatikgetriebe, max. Reichweite 540 km: Gesamtverbrauch 18.1 kWh/100 km, CO2-Emissionen 0 g/km. Energieeffizienz-Kategorie: A.
Bei den angegebenen Werten handelt es sich um provisorische Angaben, da die definitiven Homologationswerte noch nicht vorliegen.
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INTERN
                                                                                                                                            INHALT
Gerhard Schürmann, Linus Reichlin, ­
Michael Bahnerth, David Schnapp                                                                                                              4		 Strom statt Benzin
                                                                                                                                            		 Das Elektroauto wird zum
                                                                                                                                            		 Massenprodukt –
                                                                                                                                            		 eine Marktübersicht
                                                                                                                                            10 Auf dem Felgen
                                                                                                                                            		 Linus Reichlin über seine schönste
                                                                                                                                            		 Autofahrt: von San Diego
                                                                                                                                            		 in Richtung Westen
                                                                                                                                            12 Neuer Schwung
                                                                                                                                            		 Mit dem überarbeiteten Flaggschiff
                                                                                                                                            		 Insignia behauptet sich Opel
                                                                                                                                            		 in turbulenten Zeiten
Der Sitz einer der grössten Autohandelsgesell-
schaften Europas befindet sich in einem reich-                                                                                              14 «Störende Vibrationen»
lich unspektakulären Gebäude an der Zürcher                                                                                                 		 Klimademonstrationen, Angst-
Badenerstrasse. Unten werden Autos der Mar-                                                                                                 		 erscheinungen, Pandemie: Gerhard
ken Jaguar, Land Rover, Kia oder Subaru ver-                                                                                                		 Schürmann im Gespräch
kauft. In die oberen Stockwerke werden kaum                                                                                                 18 Magie der Mechanik
fremde Besucher vorgelassen. Gerhard Schür-                                                                                                 		 Eine Reise im Lamborghini
mann, seit vielen Jahren CEO der Emil-Frey-                                                                                                 		 Aventador S nach Sant’Agata
Gruppe, empfing unseren Autotester David                                                                                                    		Bolognese
Schnapp dennoch zum Gespräch und nahm
                                                                                                                                            26 «Held des Alltags»
sich dafür ausreichend Zeit. Dass die Firma,
                                                                                                                                            		 Amag-CEO Morten Hannesbo
die er führt, in ihrem Gebiet zu den grössten
                                                                                                                                            		 über die Bedeutung und Zukunft
gehört, interessiert Schürmann dabei kaum.
                                                                                                                                            		 des Individualverkehrs
«Uns geht es nur um Qualität», sagt der erfolg-
reiche Automanager, der in dieser Sonderaus-                                                                                                28 Das beste seltenste Gefühl der Welt
gabe Aussagen zur Lage der Nation und zu sei-                            Zur Lage der Nation und seiner B
                                                                                                        ­ ranche:                           		 Michael Bahnerth über seine
ner Branche macht. Seite 14                                              Emil-Frey-Chef Gerhard Schürmann.                                  		 schönste Autofahrt: in einem Formel-
                                                                                                                                            		 1-Wagen auf dem Circuit du Var
Was den Begriff «Individualverkehr» so indi-                                                                                                30 «Mobilität für alle»
viduell macht, veranschaulichen die beiden                          Die Planung dieses Sonderhefts begann für den                           		 Donato Bochicchio, Chef von Ford
Weltwoche-Autoren Linus Reichlin und Michael                        verantwortlichen Redaktor David Schnapp im                              		 in der Schweiz, über die Zukunft
Bahnerth. Auf die Bitte, über ihre schönsten                        Sommer, als nach wochenlangen gesellschaft-                             		 des amerikanischen Autopioniers
Autofahrten zu schreiben, verfassten die bei-                       lichen Lähmungserscheinungen die Gren-
den höchst unterschiedliche Texte. Reichlins                        zen wieder geöffnet wurden und Italien auch                             32 Legenden im Gelände
Geschichte beginnt mit einer Verhaftung an der                      für Ausländer wieder zugänglich wurde. Ein                              		 Mit den beiden Modellen Renegade
mexikanisch-amerikanischen Grenze, führt                            Auto, das vermutlich so nur in Italien entstehen                        		 4xe und Compass 4xe bringt Jeep
nach Texas und durch die Wüste, wo Reich-                           konnte, ist der Lamborghini Aventador S, eine                           		 einen neuen Allradantrieb
lins damalige Freundin von einer Schlange ge-                       kühne skulpturale Erscheinung und gleich-                               34 Toskana, Barolo, Alfa Romeo
bissen wird. Eine Fahrt zu sich selbst beschreibt                   zeitig, technisch gesehen, ein Dinosaurier in                           		 Sébastien Perrais, Chef der FCA-
hingegen Michael Bahnerth, der auf der Suche                        der zunehmend elektrifizierten und digitali-                            		 Gruppe in der Schweiz,
nach neuer Lebensenergie für 3000 Franken                           sierten Automobilwelt. Unser Mann nutzte                                		 über die Schönheit Italiens
ein Arrangement in Südfrankreich buchte, ei-                        deshalb die offenen Grenzen für eine Reise, wie
nige Runden in einem Formel-1-Wagen auf der                         sie nur ein Lamborghini bieten kann. Seite 18
Rennstrecke inbegriffen. Seite 10, 28                                                                Ihre Weltwoche

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Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                                                                                                3
Cover: Thomas Buchwalder; Intern: PD
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Erstmals haben Elektroautos einen zweistelligen Marktanteil: Tesla Model 3.

Strom statt Benzin
Das Elektroauto wird endgültig zum Massenprodukt. Das Angebot wächst
in allen Fahrzeugkategorien stetig und wird zunehmend attraktiver. Eine Marktübersicht.
Dave Schneider

D
        ie Autoindustrie erholt sich nur im       einigung Schweizer Automobil-Importeure.           EV um knapp 14 Prozent. Dieser Trend wird an-
        Schritttempo von der Corona-be-           «Viele Kunden sind aufgrund der unsicheren         halten: Die Modelloffensive der Autohersteller
        dingten Absatzkrise. Im April muss-       Wirtschaftslage nach wie vor zurückhaltend.»       rollt an, in den kommenden Monaten und Jah-
ten die meisten Hersteller ihre Werke schlies-      Die gute Nachricht: Während der Gesamt-          ren wächst das Angebot an elektrischen Model-
sen – inzwischen laufen die Bänder wieder,        markt per Ende August knapp 30 Prozent             len fast exponentiell und könnte der Branche
doch der Schweizer Automarkt verzeichnete         zurückliegt, haben die «Steckerautos» erst-        einen Wachstumsschub verleihen.
im August den achten Minus-Monat in Folge,        mals einen zweistelligen Marktanteil erreicht.        Der Sinneswandel zu Strom statt Benzin hat
insgesamt wurden in den ersten acht Monaten       Seit Anfang Jahr sind 8300 rein elektrisch an-     mehrere Gründe. In erster Linie zwingt der poli-
2020 rund 60 000 Autos weniger verkauft als       getriebene Autos (EV) und 6567 Plug-in-­­Hy­       tische Druck die Autohersteller, elektrifizierte
im Vorjahreszeitraum. «Wir befinden uns noch      bride (PHEV) auf die hiesigen Strassen gerollt –   und elektrische Modelle auf den Markt zu brin-
immer in der Corona-Starre», sagt Christoph       das entspricht 10,5 Prozent des Gesamtmarktes.     gen. Derzeit gilt in der EU und in der Schweiz
Wolnik, Sprecher von Auto-Schweiz, der Ver-       Die PHEV legten dabei um 221 Prozent zu, die       der Zielwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer.

4                                                                                                                                Auto-Spezial Nr. 42.20
                                                                                                                                                Bild: PD
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Eines der meistverkauften Elektroautos der Schweiz: Renault Zoe.

Das bedeutet: Von allen in einem Kalenderjahr
verkauften Modellen eines ­Herstellers wird der
Durchschnitt errechnet. Liegt dieser bei oder
unter 95 Gramm, hat der Hersteller nichts zu
befürchten. Für jedes Gramm darüber sind
happige Bussen fällig. Erreichbar wird diese
CO2-Limite nur mit elektrifizierten Modellen.     Erster Tesla-Verfolger: VW ID.3.
  Doch nicht nur das Angebot wächst ra-
sant, auch die Ladeinfrastruktur ist im steti-
gen Ausbau. Entlang der europäischen Auto-
bahnen schiessen Schnellladestationen aus
dem Boden, in vielen Ländern ist das Netz in-
zwischen flächendeckend. Noch gibt es dunkle
Flecken an den Rändern Europas – doch auch
hier arbeiten Anbieter, wie der von mehreren
Autoherstellern gegründete Verbund Ionity,
am Ausbau der Infrastruktur und daran, aus
dem Elektroauto ein umfassendes Mobilitäts-
konzept zu machen. Denn moderne Batterie-
und Ladetechnik ist ein Schlüssel: Von Grund
auf als Elektrofahrzeug konzipierte Modelle
mit ausreichend grossen Akkus nehmen den
Kunden die sogenannte Reichweitenangst.
  Das wachsende immer attraktiveres Produkt-
angebot sowie eine stetig wachsende Ladeinfra-
struktur: Das batterieelektrische Auto ist an-
scheinend unaufhaltsam auf dem Vormarsch.
Welche Hersteller den Markt dominieren,
­welche Produkte derzeit erhältlich sind und      Schicke Limousine: Polestar 2 aus dem Hause Volvo.
Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                               5
Bilder: PD
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welche Modelle in naher Zukunft lanciert
­werden – eine Übersicht.

Die Leader
Unangefochtener Marktführer ist nach wie
vor der relativ junge kalifornische Hersteller
Tesla. Das Unternehmen von Tausendsassa
Elon Musk hat seine Modelle von Grund auf
als Elektroautos konzipiert, mit einer ent-
sprechenden Architektur und Platz für grosse
Batterien, einer ausgeklügelten Software und
revolutionären Details. In der Schweiz ist das
meistverkaufte E-Auto der Tesla Model 3, der ab
44 990 Franken erhältlich ist. In den ersten acht
Monaten von 2020 liegt der Stromer mit 2190
verkauften Einheiten in den Verkaufs-Charts
aller Fahrzeuge auf Rang vier, noch vor Marken
wie Mercedes-Benz, Audi oder Volvo. Unter den
Elektroautos ist der Abstand zur Konkurrenz         Schon seit zehn Jahren auf dem Markt: Nissan Leaf.
markant: 2019 lag der Model 3 mit 5028 Ein-
heiten ebenfalls auf dem vierten Gesamtrang –
der nächste Verfolger, der einstige Überflieger
Renault Zoe, kam auf Platz 55 nach. Im laufen-
den Jahr hat der Zoe dank neuer Modellversion
(ab 28 100 Franken) aufgeholt, liegt aber immer
noch deutlich hinter dem Tesla.

Die Verfolger
Die arrivierten Autohersteller mit einer viel
komplexeren Angebotsstruktur als der New-
comer aus den USA haben zwar allein schon
aufgrund ihrer relativen Grösse etwas Zeit ge-
braucht, doch inzwischen haben Marken wie
Hyundai, Mercedes-Benz oder Kia konkurrenz-
fähige Modelle im Angebot. Der erste Tesla-
Verfolger ist inzwischen der Volkswagen-
Konzern: Die Wolfsburger haben Milliarden
in eine modulare Plattform für Elektrofahr-
zeuge (MEB) investiert. Auf dieser Basis können
nun quer durch die Konzernmarken E-Autos in
allen Segmenten auf den Markt gebracht wer-                              Highlight, made in USA: Ford Mustang Mach-E.
den – und das in einem erstaunlichen Tempo.
Bis 2022 wollen VW, Audi, Seat und Skoda 27
MEB-Modelle in Produktion haben. Soeben
kam mit dem VW ID.3 (ab 39 450 Franken)
das erste davon auf den Markt, bereits in der
Pipeline sind Modelle wie der ID.4, der Skoda
Enyaq iV oder der Cupra el-Born. Auch Gene-
ral Motors hat eine modulare Elektroplattform
entwickelt und wird darauf diverse Modelle
verschiedener Marken aufbauen. Der Gigant
aus den USA wird damit in Zukunft ebenfalls
­grosse Volumen im Elektromarkt generieren.
 Die wenigsten dieser Modelle werden es aller-
 dings nach Europa schaffen – angekündigt ist
 bisher lediglich der Cadillac Lyriq (ab 2022).

Die Neuen
Die Elektrifizierung des Automobils bietet
neue Chancen und damit eine ideale Grund-
lage für neue Hersteller. Volvo gründete zu
diesem Zweck die Tochtermarke Polestar. Das
erste Elektroauto der Marke ist bereits lan-        Zukünftiger Bestseller: Enyaq iV von Skoda.

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                                                                                                                                      Bilder: PD
Faszination Strasse - Sonderheft: Auto-Spezial - Mit Gerhard Schürmann, Morten Hannesbo, Donato Bochicchio, Sébastien Perrais, Linus Reichlin ...
Ab 2021 im Angebot: Opel Mokka-e.

ciert: Der Polestar 2 ist eine schicke Limousine   Die Pioniere                                       respektive seit 2016 der Ampera-e, und natür-
mit einer maximalen Reichweite von 470 Kilo-       Neben den Leadern Tesla und Renault sind aber      lich hatten auch Hersteller wie VW, Ford oder
metern, die mit einem Preis ab 57 900 Fran-        auch andere Hersteller schon länger im Seg-        Mercedes-Benz früh elektrisch angetriebene
ken auch auf dem Schweizer Markt attraktiv         ment der E-Autos vertreten. Der Nissan Leaf        Modelle im Angebot – allerdings konnten diese
ist. Citroën hat bereits 2009 die Untermarke       ist bereits seit zehn Jahren auf dem Markt und     von bestehenden Autos abgeleiteten Fahrzeuge
DS Automobiles für höherpreisige Modelle           war einst das meistverkaufte Elektrofahrzeug       kein Massenpublikum begeistern.
gegründet. Mit dem DS 3 Crossback E-Tense          Europas. Der Japaner schafft in der Basisversion
haben die Franzosen kürzlich einen Elektro-        bis zu 270 Kilometer, zu einem Preis ab 34 790     Die SUVs
Crossover mit einer WLTP-Reichweite von 320        Franken. Etwa gleich alt ist das technisch bau-    Die Bauform SUV ist für viele Autofahrer nach
Kilometern und einem Basispreis von 45 890         gleiche Trio aus Mitsubishi i-MiEV, Citroën        wie vor attraktiv. Klein, kompakt oder riesig –
Franken zu den Händlern gebracht. Auch Seats       C-Zero und Peugeot iOn, die trotz veralteter       die Fahrzeuge mit guter Übersicht und oft mit
sportliche Tochter Cupra wird sich vermehrt        Technik in der Schweiz nach wie vor angeboten      Allradantrieb sind weltweit stark gefragt. SUVs
auf E-Autos fokussieren: Mit dem Cupra el-         werden. BMW brachte 2013 den i3 auf den            mit Elektroantrieb haben also beste Erfolgs-
Born steht ein Ableger des VW ID.3 in den Start-   Markt mit einer revolutionären Form und auf-       chancen, entsprechend schnell wächst das An-
löchern. Im Hintergrund lauern mehrere Start-      wendigem Leichtbau. Das Modell ist in über-        gebot. Der Hyundai Kona electric hat den Weg
ups aus China, allen voran die Marke Byton.        arbeiteter Version noch immer auf dem Markt,       geebnet, gefolgt sind Jaguar I-Pace, Audi e-tron
Welche dieser interessanten Hersteller wann        bis Ende letzten Jahres wurden weltweit rund       sowie der Mercedes-Benz EQC. Neu auf dem
den Sprung in die Schweiz schaffen werden,         165 000 Stück davon abgesetzt. Zu den Pionie-      Markt sind der Peugeot e-2008, der Mazda MX-
ist noch völlig offen.                             ren zählen auch der Opel Ampera (2012 bis 2016)    30 oder der Volvo XC40 ­Recharge. 2021 wird
Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                                                              7
Bild: PD
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Das Angebot bei den Kleinen wächst: Fiat 500e.

                     Lifestyle-Flitzer: Mini Cooper SE.         Ein neues Feld für Fahrleistungen: Porsche

                                                          Opel den elektrischen Mokka zu den Händ-
                                                          lern bringen. BMW wird mit dem iX3 eine
                                                          elektrische Variante des Topsellers X3 und
                                                          mit dem Vision iNext einen grossen SUV mit
                                                          Elektroantrieb lancieren. Audi bringt den Q4
                                                          e-tron, VW den ID.4, und Skoda dürfte mit dem
                                                          Enyaq iV einen Bestseller im Angebot haben.
                                                          Auch Ford hat mit dem Mustang Mach-E ein
                                                          Highlight entwickelt, während Nissan den
                                                          Crossover Ariya und Cadillac den Lyriq auf die
                                                          Markteinführung vorbereitet. Und die Welt
                                                          wartet auf den Tesla Model Y: Der Kompakt-
                                                          SUV basiert auf dem Model 3 und dürfte eben-
                                                          falls eine Spitzenposition einnehmen.

                                                          Die Kleinen
                                                          Die Fachwelt ist sich nicht einig, ob die E-
                                                          Mobilität bei den kleinen, leichten oder bei
Vierrädriges Motorrad: Citroën Ami.                       den grossen, schweren Fahrzeugen mehr Sinn

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                                                                                                   Bilder: PD
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Taycan Turbo S.

    macht – jedenfalls wächst auch bei den Kleinen    gelassene Knirps, der in Frankreich bereits ab     129 100 Franken auf den Markt gebracht – in
    das Angebot munter. Neben zahlreichen Exo-        6000 Euro zu haben ist, in die Schweiz schafft,    der Schweiz fand er seit seiner Lancierung An-
    ten von Nischenherstellern waren es die Dril-     ist aber noch offen.                               fang Jahr 274 Abnehmer. Im Vergleich dazu:
    linge VW e-Up, Seat Mii electric und Skoda Ci-                                                       Vom kompakten Boxster wurden im gleichen
    tigo e iV oder der elektrische Smart, die vorne   Die Sportler                                       Zeitraum 121 Stück verkauft. Noch gibt es kaum
    weggezogen sind. Heute sorgen in diesem Seg-      Der Elektroantrieb eignet sich hervorragend        Konkurrenz für den Taycan: Aston Martin hat
    ment schicke Lifestyle-Flitzer wie der Honda      für sportliche Fahrzeuge. Zwar sind E-Autos        seine Elektropläne verschoben, und Ferrari-
    e (ab 39 900 Franken), der Mini Cooper SE (ab     wegen der Batterien deutlich schwerer als          Fahrer müssen noch bis 2025 warten, falls sie
    39 900 Franken), das technisch baugleiche Duo     solche mit Verbrennungsmotor. Doch da die          sich auf ein schnelles Elektroauto aus ­Modena
    Opel Corsa-e und Peugeot e-208 (ab 35 540 re-     Akkus im Boden verbaut werden, sinkt der          gefreut haben. Für anspruchsvolle Kunden gibt
    spektive 34 350 Franken) und schliesslich der     Schwerpunkt, und die optimale Gewichtsver-        es dafür eine Reihe exotischer Hypercars wie
    Fiat 500e (ab 36 990 Franken) für gute Laune.     teilung auf Vorder- und Hinterachse ist ein-      den Lotus Evija, den Rimac C Two oder den
    Dacia wird bald den Spring lancieren – die-       facher zu erreichen, was das Handling wesent-     ­Pininfarina Battista – Kleinserienfahrzeuge
    ser preiswerte Mini-SUV dürfte am Markt           lich verbessert. Da E-Motoren ein höheres          zu Preisen im deutlich siebenstelligen Be-
    gute Chancen haben, genauso wie die Elektro-      Drehmoment entwickeln und dieses aus dem           reich. ­Einige sportliche Stromer zu nicht ganz
    variante des Renault Twingo, die ebenfalls für    Stand verzögerungsfrei bereitstellen, hat sich     so sportlichen Preisen sind aber angekündigt:
    2021 erwartet wird. Und noch eine Nummer          punkto Fahrleistung ein neues Feld aufgetan.       etwa der i4 von BMW, die Elektroversion des
    kleiner hat Citroën den minimalistischen Ami      Porsche hat mit dem Taycan einen massen-           Audi R8 und natürlich der neue Tesla Roadster,
    parat. Ob es der als vierrädriges Motorrad zu-    tauglichen Elektrosportwagen zu Preisen ab         der ab 2022 ausgeliefert werden soll.
    Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                                                            9
    Bild: PD
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MEINE SCHÖNSTE FAHRT

Auf dem Felgen
Alles begann mit einer Verhaftung an der US-Grenze in San
Diego. Danach ging es in Richtung Westen.
Linus Reichlin

M
           eine schönste Fahrt begann kurz       den war und wir in Schwierigkeiten kommen
           nach meiner Verhaftung an der ame-    konnten, wenn wir den kauften. «Na und»,
           rikanischen Grenze in San Diego.      sagte Karin, «Schwierigkeiten kosten nichts.
Meine Haft dauerte allerdings nur eine Stunde,   Wir nehmen den ohne Schloss.»
in den Augen der US-Grenzbeamten war ich ein       Wir fuhren zuerst einfach nach Westen, grob
kleiner Fisch. Sie hatten in meinem Rucksack     in Richtung Texas. Doch schon kurz nach San
die Reste des Marihuanas gefunden, das wir in    Diego wurde es sehr heiss. «Fahr schneller»,
Belize bei einem Rasta-Mann gekauft hatten.      sagte Karin, «das ist eine Wüste!» Bis zur nächs-
  Bei unserer Abreise aus Belize hatte meine     ten Tankstelle waren es 150 Meilen. Als wir dort
damalige Freundin Karin das Gras ohne mein       ankamen, fragte uns der Tankwart, ob wir mit
Wissen zwischen den Seiten meines Lonely-        den Reifen wirklich weiterfahren wollten. Ich
Planet-Reiseführers versteckt, denn sie war      sagte, wir hätten es mit den Reifen durch die
geizig. Sie konnte einfach nichts wegwerfen,     Wüste bis hierhin geschafft, da würden wir es
schon gar nicht Drogen.                          auch noch nach Dallas schaffen. Der Tankwart
  Während der anschliessenden Busfahrt           sagte: «Ihr wart nicht in der Wüste. Die Wüste
durch ganz Mexiko nach San Diego war ich         kommt erst noch.» Er hatte recht.
heiter und gelassen gewesen, auch bei den
zahlreichen Kontrollen, während deren mexi-      Wir verlieren beide die Nerven
kanische Polizisten meinen Rucksack durch-       Eine halbe Stunde nach der Tankstelle wurde
wühlten, in dessen Aussentasche der Reise-       es wirklich richtig heiss. Der erste Reifen platz-
führer steckte. «Wenn du gewusst hättest»,       te, und wir hatten keinen Wagenheber. Aber
sagte Karin später, «dass du in deinem Ruck-     das spielte keine Rolle, denn wir hatten auch
sack Gras schmuggelst, wärst du bei den Kon-     kein Reserverad. Aber das war eine Bagatelle,
                                                 verglichen mit der Tatsache, dass wir kein biss-                 Beim Wort «teurer» wurde Karin schlag-
«Guten Tag, Herr und Frau Brasch.                chen Wasser dabeihatten. Genau genommen
                                                 war auch der Wassermangel eine Lappalie, ver-
Ich bringe Ihnen in dieser Cola-Dose
                                                 glichen mit der Tatsache, dass Karin, als sie ein
die Asche Ihrer Tochter.»                        paar Schritte von der Strasse entfernt pinkeln
                                                 wollte, von einer Klapperschlange gebissen           werde nie den Anblick vergessen, wie sie ver-
trollen nicht so heiter und gelassen gewesen,    wurde. Jetzt verloren wir beide die Nerven.          geblich versuchte, die letzten Zentimeter, die
deshalb habe ich es dir verschwiegen.» Danke,    Karin schrie, ich sei ein Idiot, weil ich nicht      ihren Unterschenkel noch von ihrem weit-
Karin, vielen herzlichen Dank!                   mal ein Messer dabeihätte, um die Bisswunde          geöffneten Mund trennten, zu überwinden.
  Die spätere Fahrt von San Diego nach Win-      aufzuschneiden. Ich schrie, an allem seien sie       Ihre Gelenke knackten dabei, wie wenn man
nipeg, Kanada, war also nur schon deshalb        und ihr Geiz schuld, denn der Wagen mit Tür-         bei einem rohen Poulet die Schenkel rausdreht.
meine schönste, weil ich nicht in einem mexi-    schloss hätte bestimmt auch ein Reserverad ge-         Das war 1980, damals wurde Yoga noch nicht
kanischen Gefängnis die Zigaretten zählte, die   habt und einen Erste-Hilfe-Beutel mit Gegen-         von jeder Frau praktiziert. Nach einer hal-
mir noch übrigblieben, um mich von den Ver-      gift. «Ja, und sicher hätte im Handschuhfach         ben Stunde konnte ich einen Truck anhalten,
gewaltigungen freizukaufen – sondern ich sass    auch eine Dose Kaviar gelegen!», schrie Karin.       der sich uns von hinten näherte. Doch als der
sicher und bequem in einem alten Ford Mus-         Ich fuhr einfach auf dem Felgen weiter. Man        Fahrer das herausgebrochene Türschloss sah,
tang ohne Türschloss.                            kann mit einem Ford Mustang erstaunlich gut          wurde er misstrauisch. Dass auf dem Rücksitz
  In der Hinterhofgarage in San Diego, in        mit nur drei Reifen fahren, sobald man sich          eine totenbleiche, schweissüberströmte Frau
der wir den Wagen gekauft hatten, war auch       einmal an das Holpern gewöhnt hat. Karin lag         lag, bewirkte nicht gerade eine Reduktion sei-
ein Ford Mustang mit Türschloss im Angebot       ohne Hose auf dem Rücksitz. Ich sah im Rück-         nes Misstrauens. Als ich sagte, wir seien Schwei-
gewesen, aber der hätte 500 Dollar mehr ge-      spiegel, wie sie versuchte, ihr Bein so weit an-     zer, sagte er: «Yeah, I see», und verschwand in
kostet. Ich hatte versucht, Karin zu erklären,   zuwinkeln, dass sie sich das Gift selber aus der     einer Staubwolke.
dass der Preisunterschied vermutlich damit zu    Wunde am Unterschenkel saugen konnte. Für              Eine weitere halbe Stunde später erreichten
tun hatte, dass der eine Wagen gestohlen wor-    eine Frau war sie erstaunlich ungelenkig. Ich        wir beziehungsweise ich, Karin war m      ­ ental

10                                                                                                                                 Auto-Spezial Nr. 42.20
artig wieder gesund.

    nicht mehr ganz bei mir, eine heruntergekom­        Beim Wort teurer wurde Karin schlagartig wie-        nach unserer Rückkehr am Flughafen Zürich
    mene Raststätte mit angerosteter Zapfsäule          der gesund. Sie fragte Betty, wie teuer genau,       stehenzulassen.
    und einem windschiefen Imbissladen. Über-           und Betty sagte, sie könne uns eine Ampul-
    all lagen leere Cola-Dosen herum. Ich hatte         le mexikanisches Crofab für nur 250 Dol-             Behandlungskosten: 23 561 Dollar
    nicht die geringste Hoffnung, dass hier jemand      lar anbieten. Das mexikanische Crofab wirke          Doch hundert Meilen nach der Raststätte von
    Gegengift besass und fürchtete mich schon vor       genau so gut wie das in den USA zugelassene,         Betty liessen wir erst mal den Ford Mustang
    dem Moment, in dem ich bei Karins Eltern in         das über 3000 koste. «Gibt’s auch afrikanisches      mit Motorschaden stehen, und danach fuhren
    Oensingen klingeln würde: «Guten Tag, Herr          ­Crofab?», fragte Karin. Sie hätte sich pulveri-     wir per Anhalter nach Dallas, wo Karin zu hal-
    und Frau Brasch. Ich bringe Ihnen in dieser Co-      sierten Elefantendung spritzen lassen, wenn         luzinieren begann. Im Baylor University Medi-
    la-Dose die Asche Ihrer Tochter. Sie hat nicht       es noch billiger gewesen wäre als das mexika-       cal Center wurde wegen schwerer Intoxikation
    gelitten. Jedenfalls nicht, bis wir bei dieser       nische Zeug.                                        durch den Biss einer Mojave-Klapperschlange
    heruntergekommenen Raststätte ankamen.»                Als ich sah, mit welch bitterem Gesichtsaus-      eine Notfallbehandlung eingeleitet. Ihr wur-
      Die Frau, die die Raststätte betrieb, hiess        druck – so, als sei sie gerade Zeugin einer un-     den unter anderem mehrere Einheiten des in
    Betty. Sie war nicht ganz nüchtern, aber sehr        glaublichen Verschwendung – Karin zusah,            den USA zugelassenen Crofab verabreicht. Die
    humorvoll. Sie sagte zu Karin, die vor Schmer-       wie Betty ihr das Gegengift spritzte, beschloss     Behandlungskosten summierten sich am Ende
    zen stöhnte: «Stell dich nicht so an, Schätzchen,    ich, eine andere Frau zu heiraten. Ich beschloss,   auf 23 561 Dollar und ein paar Cent. Das ist der
    hier draussen sind Klapperschlangenbisse so          Karin in den Billigmotels auf der Strecke nach      Grund, warum Karin, im Gegensatz zu mir,
    normal wie bei euch Stadt-Ärschen Wespen-            Winnipeg, Kanada, einfach noch ein bisschen         diese Fahrt wohl als die schrecklichste ihres Le-
    stiche. Nur ein bisschen teurer.»                    sexuell zu geniessen und sie dann spätestens        bens bezeichnen würde.
    Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                                                                 11
    Illustration: Masha Manapov für die Weltwoche
Neuer Schwung
Die Marke Opel behauptet sich in bewegten Zeiten seiner schon 158-jährigen Geschichte.
Symbol des Aufbruchs ist das überarbeitete Flaggschiff Insignia.
Von Dave Schneider

                   Eine attraktive Erscheinung: der Opel Insignia nach dem Facelift.

O
        pel hat selbst für seine 158-jährige        Mit der grundsoliden Emil Frey als Import-         den schmalen Scheinwerfern das neue LED-
        Firmengeschichte eine bewegte Zeit          gesellschaft ist in der Schweiz Ruhe eingekehrt,   Matrix-Pixellicht zu erkennen: Jetzt leuchten
        hinter sich. Neben den Corona-be-           und mit attraktiven Produkten im Angebot ist       pro Scheinwerfer 84 statt 16 LED-Elemente die
dingten Schwierigkeiten gibt es immer noch          Opel gut gerüstet für die kommenden Jahre.         Strasse bis zu 400 Meter weit aus und schnei-
Nachwirkungen des Verkaufs der Marke von            Symbol dafür ist gewissermassen das über-          den andere Verkehrsteilnehmer aus dem Licht-
General Motors an den französischen PSA-Kon-        arbeitete Flaggschiff Insignia, das jetzt zu den   kegel. In diesem Punkt ist Opel der Konkurrenz
zern im Jahr 2017. Und schon könnte sich für        Händlern rollt. Mit einem Technik-Update,          voraus – Pixellicht gibt es sonst nur bei höher-
den Rüsselsheimer Konzern die Ausgangslage          einer neuen Motorenpalette und sanften De-         preisigen Anbietern. Ausserdem ist nun auch
nochmals dramatisch verändern, wenn die Fu-         sign-Retuschen wird das Mittelklassemodell         eine digitale Rückfahrkamera in Kombination
sion mit dem italienischen Giganten FCA (Fiat       als Fliesshecklimousine (Grand Sport) und als      mit einem radarbasierten Rückfahrassistenten
Chrysler Automobiles) zustande kommt.               Kombi (Sports Tourer) in die zweite Hälfte sei-    erhältlich – das System warnt vor querendem
  Gefragt ist bei Opel deshalb eine clevere Posi-   nes Modellzyklus geschickt.                        Verkehr, wenn man rückwärts aus einer Park-
tionierung, um bei diesem Zusammenschluss                                                              lücke hinausmanövriert.
nicht ins Abseits zu geraten. In der Schweiz        Pixellicht der Konkurrenz voraus                     Im Innenraum punktet der Insignia mit den
gab es für die deutsche Marke gleich mehre-         Äusserlich ist der Insignia noch immer eine        herausragend guten Sitzen, für die Opel schon
re Wechsel: erst von General Motors (GM) zur        ­attraktive Erscheinung, daran musste Opel         länger bekannt ist, sowie mit einem eleganten,
Peugeot-Gruppe (PSA), und letztes Jahr nun hat       nichts ändern. Die Front- und die Heck-           übersichtlichen Cockpit. Der Fahrer hat die
die Emil-Frey-Gruppe den Vertrieb der Marken         schürzen wurden leicht modifiziert, was           wichtigsten Informationen immer im Blick,
Peugeot, Citroën, DS Automobiles und Opel            dem Wagen einen etwas kraftvolleren Auf-          entweder auf dem digitalen Instrument hin-
übernommen.                                          tritt verleiht. Beim genaueren Hinsehen ist in    ter dem Lenkrad oder vom Head-up-Display

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                                                                                                                                                  Bild: PD
auf die Windschutzscheibe projiziert. Daneben        gekoppelt. Das sportliche Topmodell GSi ver-
 steht dem Fahrer ein grosser Touchscreen mit
 einem voll vernetzbaren Infotainmentsystem
                                                      fügt ausserdem über Allradantrieb und «Tor-
                                                      que Vectoring» und das adaptive Fahrwerk
                                                                                                        Der neue
 zur Verfügung – das Navigationssystem kann           «Flex Ride». Etwas später komplettiert ein        Opel Insignia
 nun mit Echtzeit-Verkehrsinformationen,              Benziner mit 170 PS das Angebot.
 Online-Kartenaktualisierungen und voraus-               Im Fahrbetrieb ist von dem Update kaum         Karosserieformen: Limousine (Grand
 schauender Navigation die Fahrt besser orga-         etwas zu merken – der Insignia bleibt ein sehr    Sport) oder Kombi (Sports Tourer)
 nisieren. Ausserdem lassen sich entsprechend         angenehmes Fahrzeug und federt Uneben-            Ausstattungsvarianten: Edition,
 ausgerüstete Smartphones jetzt über eine             heiten gekonnt weg. Ein gutes Platzangebot,       Elegance, Ultimate, GSi
 ­induktive Ladefläche kabellos laden.                bequeme Sitze und ein zeitgemässes Infotain-      Motoren: zwei Turbodiesel (1,5 und
                                                      mentsystem machen den Insignia gerade mit          2 l) mit 122 oder 174 PS; Normverbrauch
 Neue Generation von Motoren                          Dieselmotor zum Langstrecken-Champion.            (NEFZ): 3,8 bis 4,6 l / 100 km;
 Die grösste Veränderung fand unter der Haube         Wer es etwas sportlicher mag, sollte zur Top-     CO2-Ausstoss: 99 bis 121 g/km;
 statt. Das Motorenangebot wurde an die gelten-       variante GSi greifen: Sie bietet dank form-       zwei Turbobenziner (2 l) mit 200
 den Abgasvorschriften angepasst – sämtliche          schönen Schalensitzen mit gutem Seitenhalt        oder 230 PS (später auch mit 170 PS);
 Drei- und Vierzylinder erfüllen die Abgasnorm        ein sportliches Fahrgefühl, ohne dabei sport-     Normverbrauch (NEFZ): 6,3 bis 7 l;
 Euro 6d, gehören aber auch einer komplett            lich-ruppig oder gar unkomfortabel zu sein.       CO2-Ausstoss: 144 bis 161 g/km
 neuen Generation an. Dadurch entsteht laut              So oder so: Opels Flaggschiff ist für die      Preise: Grand Sport ab Fr. 36 600.–,
 Opel-Angaben ein Verbrauchsvorteil von bis zu        kommenden Jahre gut gerüstet. Im Jahr 2024        Sports Tourer ab Fr. 38 000.–,
 18 Prozent im Vergleich zum Vorgängermodell.         folgt dann der nächste grosse Sprung mit der      GSi Grand Sport ab Fr. 54 060.–,
   Den Einstieg macht ein 1,5-Liter-Drei-             Elektrifizierung des Insignia. An spannenden      GSi Sports Tourer ab Fr. 55 460.–
 zylinder-Diesel mit 122 PS. Darüber rangiert         Produkten mangelt es der Marke auch sonst
 ein 2-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 174 PS – er      nicht: Neben dem Kleinwagen Corsa und dem
 dürfte in der Schweiz in Kombination mit All-        neuen Mokka, die beide auch als rein elektri-
 radantrieb und 8-Stufen-Automatik besonders          sche Varianten erhältlich sind, folgen im Lauf
 gut ankommen. Mit Benzin betrieben werden            des nächsten Jahres die beiden Nutzfahrzeuge
 ein 2-Liter-Turbo mit 200 PS sowie 230 PS (GSi);     Combo und Movano mit reinem Elektro-
 beide verfügen über Zylinderabschaltung und          antrieb; sie ergänzen den Zafira Life, der neu
 sind an ein neues 9-Stufen-Automatikgetriebe         ebenfalls mit E-Antrieb angeboten wird.

                                                                                                       WAS UNS BEWEGT–
                                                                                                             SEIT 1906.

                                                                                           Jede Woche Bewährtes,
                                                                                                  Unterhaltsames,
                                                                                                 Informatives und
                                                                                               Innovatives aus der
                                                                                                Branche – das Abo
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«Störende Vibrationen»
Klimademonstrationen, Angsterscheinungen, Pandemie: Der erfahrene Unternehmensleiter und
Chef der Emil-Frey-Gruppe, Gerhard Schürmann, macht eine Auslegeordnung.
David Schnapp

Weltwoche: Gerhard Schürmann, Sie sind             ich gesprochen habe. Und ja, mit der Person von   zählt hat. Aber wenn man jung ist und diese
ein aufmerksamer Beobachter des wirtschaft­        Greta Thunberg hat sich eine Infantilisierung     Erfahrung nicht hat, präsentieren sich solche
lichen, politischen und gesellschaftlichen Zeit­   bei denen ergeben, die uns sagen möchten, wie     Szenarien anders. Vielleicht hat mich die Er­
geschehens. Was passiert gerade?                   man in Zukunft leben und politisieren soll. Aus   fahrung aber auch abgestumpft, das ist nicht
   Gerhard Schürmann: Wenn ich es mit einem        eigener Erfahrung mit drei Kindern weiss ich,     auszuschliessen. Mindestens kann ich sehen,
Auto vergleichen darf, wirkt es so, als hätte      dass diese gerade in der Pubertät sehr emotio­    dass nichts von dem eingetroffen ist, wovor in
unser Leben eine Unwucht bekommen. Wie ein         nal sein können. Bei manchen fängt die Puber­     den letzten fünfzig Jahren gewarnt wurde.
Rad, das nicht sauber auf der Achse läuft. Die     tät schon mit acht Jahren an, bei andern dauert      Weltwoche: Zurzeit ist das drängende Pro­
Unwucht führt zu störenden Vibrationen, zu         sie bis zum Alter von 22. In dieser Lebensphase   blem für die meisten Leute ja weniger eine Um­
einem Ungleichgewicht. Viele Leute sind ner­       sind sie oft etwas unausgeglichen.                welt- denn eine Wirtschaftskrise als Folge der
vös und gereizt, das ist mein Eindruck.              Weltwoche: Deshalb können die jungen            Massnahmen gegen eine Infektionskrankheit.
   Weltwoche: Woran machen Sie das fest?           Leute ja trotzdem ihre Anliegen vorbringen.       Wie schätzen Sie die ökonomische Lage ein?
   Gerhard Schürmann: Daran, dass zum Bei­           Gerhard Schürmann: Selbstverständlich.             Gerhard Schürmann: Vorneweg: Als Be­
spiel Themen, über die man vor ein paar Jah­       Es ist einfach so, dass wir für erwünschte Ver­   obachter mit etwas Distanz scheint mir, dass
ren noch sachlich diskutiert hätte, zu Aufruhr     änderungen in unserer Gesellschaft beste          diese Pandemie vor allem in den Köpfen statt­
oder Demonstrationszügen Anlass geben. Man­        rechtsstaatliche und demokratische Möglich­       findet. Und es ist ein Phänomen, das ich ehr­
ches wäre einfach als zu lösendes Problem an­      keiten haben. Das emotionale Einfordern radi­     lich gesagt so nicht für möglich gehalten hätte.
gesehen worden, aber nicht als Grund, des­                                                              Weltwoche: Warum nicht?
wegen auf die Strasse zu gehen. Diese Tendenz      «Etwa 1974 musste ich einen                          Gerhard Schürmann: Dass man im ­Februar,
zu schnellen emotionalen Reaktionen oder teil­                                                       in einer sehr unsicheren Lage Massnahmen er­
                                                   ­Aufsatz schreiben zum Thema «Die
weise auch Überreaktionen hat zugenommen.                                                            greifen musste, haben alle verstanden. Jetzt
Es wird schwieriger, als Unternehmer oder Poli­     nächste Eiszeit kommt bestimmt».                 kennt man aber die Gefahren, man kennt die
tiker Lösungsansätze für ein Problem ins Ge­                                                         Behandlungsmethoden, und wie man sich
spräch zu bringen, wenn alle schon im Nervosi­     kaler Veränderungen in hochkomplexen Syste­       schützen kann, ist auch bekannt. Deshalb
tätsmodus agieren.                                 men mit teils illegalen Mitteln kann keine gute   verstehe ich nicht, wieso man nicht versucht,
   Weltwoche: Woher kommt die Nervosität?          Lösung sein.                                      aus dem Pandemiemodus herauszukommen.
   Gerhard Schürmann: Viele Leute scheinen           Weltwoche: War das in Ihrer Jugend anders?      Die meisten Politiker möchten das Richtige
Angst zu haben. Es ist keine leichte Furcht vor      Gerhard Schürmann: Auf dem Weg hierher          tun und fürchten sich offenbar davor, in der
irgendwas, mit dem das Leben einen konfron­        musste ich daran denken, wie ich etwa 1974 –      öffentlichen Meinung kurzfristig als Zöge­
tiert, sondern eine starke Verunsicherung über     in dem Alter, in dem meine Kinder jetzt sind      rer zu gelten, und nehmen dafür mittel- und
das richtige «Wie weiter».                         – einen Aufsatz schreiben musste zum Thema        langfristig grössten wirtschaftlichen und ge­
   Weltwoche: Woran denken Sie da?                 «Die nächste Eiszeit kommt bestimmt». Und         sellschaftlichen Schaden in Kauf. Fast niemand
   Gerhard Schürmann: An die Umwelt­               es war relativ klar, welche Erwartungen der       hat den Mut, den Schritt in eine Normalität nur
themen zum Beispiel. Und ich meine gar             Lehrer zur Schuld für diese Entwicklung vor       mit eigenverantwortlichen Einschränkungen
nicht nur die Klimaerwärmung. Wenn es um           Augen hatte: das Auto natürlich. Verkehr, In­     zu machen.
die Wasserqualität, das Düngen in der Land­        dustrie und – etwas vermindert – die Luftfahrt       Weltwoche: Und was bedeutet das nun für
wirtschaft, um den Feinstaub geht, wird es         waren aus damaliger Sicht für die Abkühlung       die Wirtschaft?
sehr schnell sehr emotional. Das scheint mir       verantwortlich. Heute sind sie schuld an der         Gerhard Schürmann: Meine Bauch- und
ein neues Phänomen, und es ist keine gute          globalen Erwärmung. Es folgte die Angst           Kopfrechnung ist, dass wir pro Monat Shut­
Grundlage, um Probleme konstruktiv anzu­           vor dem Waldsterben, man fürchtete, die Öl­       down und Corona-Regime ein zusätzliches Jahr
gehen und zu lösen.                                reserven könnten zur Neige gehen. Heute           brauchen, um wieder die Wirtschaftsleistung
   Weltwoche: Teilen Sie die Beobachtung,          wären ja d­ iverse Gruppierungen froh, es gäbe    von 2019 zu erreichen. Wir sind jetzt etwa im
dass eine Infantilisierung der Politik zu be­      keine ­Ölreserven mehr. (Lacht)                   siebten Monat der Pandemielage und werden
obachten ist und auch eine Art hysterisches          Weltwoche: Was schliessen Sie daraus?           also etwa 2027 wieder auf dem Niveau von 2019
Grundrauschen durch die Gesellschaft geht?           Gerhard Schürmann: Rückblickend ist man         sein. Kurz: Es dürfte eine schlimme Krise wer­
   Gerhard Schürmann: Die Aufregung ist            immer klüger, und heute sehe ich, dass nichts     den, und wir sind erst am Anfang. Deshalb wäre
wohl eine Folge der Verunsicherung, von der        so schlimm wurde, wie man uns damals er­          es Zeit für mehr Normalität, denn zur Wirt­

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«Starke Verunsicherung über das richtige ‹Wie weiter›»: Ökonom Schürmann.
Auto-Spezial Nr. 42.20                                                      15
Illustration: Roland Vorläufer für die Weltwoche
schaft gehören nun mal auch der Tourismus
und die soziale Interaktion, die nicht im Büro
stattfindet, sondern abends in Restaurants oder
Bars, bei Konzerten, bei Feiern, Hochzeiten
oder auch Beerdigungen.
  Weltwoche: Welche Bedeutung haben denn
Feiern?
  Gerhard Schürmann: Nur ein Beispiel: Ein
Freund hat gerade geheiratet. Unter normalen
Umständen wären vielleicht hundert Leute zu­
sammengekommen und hätten in einem Res­
taurant gegessen und gefeiert. Jetzt kommen
halt nur dreissig Gäste, die der Wirt verpflegen
kann. Der Metzger kann weniger Fleisch, der
Bäcker weniger Brot und der Weinhändler we­
niger Wein liefern. Die soziale Betätigung ist
ein wichtiger Motor für die Wirtschaft.
  Weltwoche: Gibt es etwas, was Sie dennoch
optimistisch stimmt?
  Gerhard Schürmann: Die Menschen, die
trotz der Lage optimistisch bleiben, stimmen
mich zuversichtlich. Am Ende ist es nicht der
Staat oder ein neues Gesetz, was uns vorwärts­            «Keine gute Lösung»: Klima-Kundgebung auf dem Bundesplatz.
bringt. Sondern wir selbst, die wir uns Ge­
danken machen, wie man aus dem Loch wie­
der rauskommt.                                     wendig sind, dass man den Autoleuten nicht          Aber Windmühlen und Sonnenkollektoren
  Weltwoche: Kommen wir zu Ihrer Bran­             trauen kann. Das Misstrauen hat auch Politiker      werden nicht ausreichen.
che: Warum konnte eigentlich die Automobil­        erfasst, die sich immer für das Auto eingesetzt        Weltwoche: Gerade in den Pandemiemona­
industrie zu einer Art Warnsymbol von alldem       hatten, weil ihnen klar war, dass ohne Mobilität    ten hat sich das Auto für viele als sicherer Rück­
werden, was aus Sicht vieler Politiker und Akti­   unser Wirtschaftssystem am Ende wäre. Nun           zugsort erwiesen. Ein weiterer Beweis für die
visten schlecht läuft in der Klimafrage?           hat man es aber fertiggebracht, dass kaum noch      politische Wahrnehmungsstörung, wenn es um
  Gerhard Schürmann: Da möchte ich etwas           jemand in einer Regierung sich für das Auto         den Individualverkehr geht?
ausholen: Das Auto steht ja auch für Frei­         engagiert. Und die meisten Medien haben sich           Gerhard Schürmann: Man kann hier eine
heit und Individualität. Da sind viele schon       sowieso nie dafür eingesetzt. Kurz: In der Poli­    vergleichbare, fast etwas skurrile Haltung er­
grundsätzlich dagegen – egal, ob diese Autos       tik und der veröffentlichten Meinung hat das        kennen, wie ich sie eben beschrieben habe. Zum
mit Strom oder Diesel fahren. Man hat lie­         Auto ein Image-Problem. Wenn ich aber unsere        einen sagt man uns: «Abstand halten, Masken
ber den genormten Menschen als denjenigen,         Kunden sehe, die mit Freude und Begeisterung        tragen!», zum andern will man aber keinesfalls
der seine eigenen Wege geht. Das wäre wohl         bei uns im Showroom stehen und mit einem            das Offensichtliche aussprechen: Wenn man
auch so, wenn wir mit Pferd und Wagen durch        Leuchten in den Augen den Schlüssel zu ihrem        Abstand halten soll, ist das Auto die sicherste
die Städte fahren würden. Und die Schweizer        neuen Fahrzeug entgegennehmen, stelle ich           Variante, um von A nach B zu kommen. Aber
haben ein besonders ambivalentes Verhältnis        fest, dass das Auto bei seinen Nutzern hoch         das sagt niemand, weil so ja der prophezeite
zum Auto. Fast jeder, der fahren darf, hat zwar    positiv besetzt ist.                                Klimawandel vorangetrieben würde. Warum
eines – auf 8 Millionen Einwohner kommen 4,6         Weltwoche: Es gibt also eine grosse Diffe­        ist es im Restaurant, in der Bar, an einem Kon­
Millionen registrierte Fahrzeuge –, aber bei Ab­   renz zwischen jenen, die das Auto nutzen, und       zert oder Eishockeyspiel ganz gefährlich, im
stimmungen kommen autokritische Vorlagen           jenen, die es bloss betrachten?                     ÖV aber nicht? Die Bürger möchten gerne die
immer wieder durch. Im Kanton Graubünden                                                               der Situation am besten entsprechende Fort­
galt von 1900 bis 1925 sogar ein Autofahrverbot.   «Man hat lieber den genormten                       bewegung wählen und benutzen öfter ihr Auto,
  Weltwoche: Warum hat der Druck auf die                                                               einen Töff, aber weniger den ÖV. Die Politik in
                                                   Menschen als denjenigen, der seine
Autofahrer deutlich zugenommen?                                                                        der Stadt Zürich etwa reagiert darauf mit Park­
  Gerhard Schürmann: In der Automobil­             eigenen Wege geht.»                                 platz- oder Spurabbau, was ganz bestimmt kein
industrie hat man natürlich Fehler gemacht.                                                            Zufall ist.
Einige wenige haben Gesetze gebrochen, an­           Gerhard Schürmann: Das sehe ich so, ja.              Weltwoche: Man sieht die Leute lieber im
dere haben Gesetze interpretiert, wie es zwar      Zurzeit wird ja gefordert, man solle möglichst      Tram statt im Auto?
rechtlich richtig, aber moralisch vielleicht un­   elektrische Autos verkaufen und fahren. Mir ist        Gerhard Schürmann: So sieht es aus. Aber
geschickt war.                                     die Art des Antriebs egal. Wir haben tolle Pro­     keine Missverständnisse: Ich habe bei sämt­
  Weltwoche: Sie sprechen unter anderem den        dukte, ich verkaufe jedem gerne ein Elektro­        lichen Abstimmungen der letzten Jahre für den
sogenannten Diesel-Skandal an.                     auto. Bei den Kunden ist aber leider die Nach­      ÖV gestimmt. Wir brauchen eine gute öffentli­
  Gerhard Schürmann: Dass gewisse Herstel­         frage verhalten. Die gleichen Politiker aber, die   che Verkehrsinfrastruktur.
ler die Gesetze gebrochen haben, hat dazu ge­      mehr Elektroautos auf den Strassen fordern,            Weltwoche: Die Vertreter der Vereinigung
führt, dass das Misstrauen der Politik in das      sind nun aber auch dafür, die Kernkraftwerke        der Schweizer Automobil-Importeure, Auto-
Auto gestiegen ist. Man sah sich bestätigt in      abzuschalten. Ich bin fest davon überzeugt, bei­    Schweiz, haben sich darüber beklagt, dass Ver­
der Ansicht, dass viel strengere Vorgaben not­     des kann man nicht haben. Ausser man ersetzt        kehrsministerin Simonetta ­Sommaruga kein
                                                   die AKW durch Kohle- oder Gaskraftwerke.            Interesse an einem Dialog mit ihnen habe. Wer­

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                                                                                                                                                 Bild: Getty
Gerhard Schürmann: Im Neuwagenbereich
                                                                                                          verzeichnen unsere Märkte einen Rückgang
                                                                                                          von 30 Prozent, und wir haben auch nicht den
                                                                                                          Eindruck, dass in den nächsten Monaten ein
                                                                                                          starker Aufholeffekt eintreten wird. Allerdings
                                                                                                          entsteht der Negativtrend eher bei den Gross­
                                                                                                          kunden: Das ganze internationale Mietwagen­
                                                                                                          geschäft läuft nicht mehr, und auch Firmen
                                                                                                          mit Grossflotten warten lieber ab. Es ist auch
                                                                                                          so, dass viele Hersteller zu wenig Neuwagen
                                                                                                          liefern können. Bekäme ich mehr Fahrzeuge,
                                                                                                          könnte ich auch mehr verkaufen – vorwiegend
                                                                                                          an Privatkunden. Hier sehen wir eine steigende
                                                                                                          Nachfrage. Es gibt beispielsweise einen Trend
                                                                                                          zum Zweitauto, weil es im eigenen Fahrzeug
                                                                                                          einfach sicherer und angenehmer ist.
                                                                                                             Weltwoche: Es gab eine Zeit, da war das Auto
                                                                                                          ein Vergnügen . . .
                                                                                                             Gerhard Schürmann: . . . für mich ist das
                                                                                                          jeden Morgen immer noch so.
                                                                                                             Weltwoche: Aber heute spricht man doch
                                                                                                          nur noch von Mobilitätskonzepten, Effizienz
         «In guter Erinnerung»: Tremola-Strecke am Gotthard.                                              und kaum noch vom Spass am Fahren.
                                                                                                             Gerhard Schürmann: Vielleicht lesen Sie
                                                                                                          einfach zu viele Zeitungen. (Lacht) Ich kenne
den die Anliegen Ihres Gewerbes tatsächlich         Entwicklung anderer Technologien, die viel­           hauptsächlich Leute, die Freude am Auto
politisch ignoriert?                                leicht effizienter sind. Ich bin überzeugt, es gibt   haben. Viele haben ein Auto, das praktisch ist,
   Gerhard Schürmann: Dass die Politik sich         bessere, ökologischere und günstigere Lösun­          und eines, das primär dem Vergnügen dient.
wenig für die Anliegen des Automobils inte­         gen. Wie lange wir zum Beispiel noch Rohstoffe           Weltwoche: Wohin führte bisher Ihre
ressiert, obwohl wir für zirka 10 Prozent des       und seltene Erden für Batterien haben werden,         schönste Autofahrt?
Bruttoinlandprodukts verantwortlich sind,           ist unsicher. Möglicherweise gehen uns die               Gerhard Schürmann: Eine war als Kind
scheint mir eindeutig. Wir verkaufen ja nicht       noch vor dem Öl aus.                                  Mitte der sechziger Jahre: mit den Eltern in
nur Autos, hinter jeder Garage, jedem Verkaufs­        Weltwoche: Wofür plädieren Sie?                    einem Käfer die Tremola hinunter. Selbst mit
punkt stehen in der Regel Familien. Man ver­           Gerhard Schürmann: Ich plädiere für die            dem kleinen Käfer musste man ausholen, um
gisst auch gerne, dass wir in der Schweiz viele     Vielfalt und die Konkurrenz der Systeme, die          durch die Kurven zu kommen. In guter Er­
junge Leute ausbilden, die gerne mit den Hän­       uns weiterbringen. Eine Technologie ist nicht         innerung ist mir auch, als ich vor vierzig Jah­
den arbeiten. Allein bei Emil Frey machen zur­                                                            ren in einem Oldsmobile von Zürich nach Ma­
zeit 600 Jugendliche eine Lehre. Bei der Politik    «Bei der Politik spüre ich hingegen                   laga durchgefahren bin – 2100 Kilometer an
spüre ich hingegen vielfach eine gewisse Skep­                                                            einem schönen, 24 Stunden langen Sommertag.
                                                    vielfach eine gewisse Skepsis, wenn
sis, wenn es ums Handwerk geht. Wenn wir ein                                                              Und kürzlich bin ich von Zürich in unser Hotel
Logistikzentrum bauen wollen, ist die erste Re­     es ums Handwerk geht.»                                «Bad Horn» am Bodensee gefahren. Weil auf
aktion: «Aber das ist doch Lowtech.» Man be­                                                              der Autobahn Stau war, habe ich die ganze Stre­
fürchtet zudem mehr Verkehr und träumt lie­         für jeden Einsatz ideal. Ich nehme für ein klei­      cke im offenen Aston Martin über Land zurück­
ber von Biotech-Laboren oder Start-ups mit          nes Loch in der Wand auch nicht gleich den            gelegt: durch die schönen Thurgauer Dörfer,
weltverändernden Ideen. Aber halt auch die          grossen Schlagbohrer zur Hand. Das Elektro­           an Apfelplantagen und Riegelhäusern vorbei.
physische, handwerkliche Arbeit spielt in unse­     auto hat seine Berechtigung, es ist aber nicht        Und wo es mir gefallen hat, habe ich einen Kaf­
rer Wirtschaftswelt eine bedeutende Rolle. Und      für jede Anwendung perfekt. Hybrid- und               fee getrunken, das ist halt der Vorteil des Autos.
wer zudem einmal ein solches Logistikzentrum        Plug-in-Hybride, aber auch moderne Benzin-
von innen gesehen hat, könnte noch erstaunt         und Dieselmotoren sind heute unglaublich
darüber sein, wie viel Hightech sogar da ein­       sparsam und oft die bessere Lösung. Das Gas­
gesetzt wird.                                       auto zum Beispiel ist völlig aus dem Blickfeld
   Weltwoche: Die politische Diskussion hat         geraten, und obwohl Wasserstoff schon erfolg­
sich auf den CO2-Ausstoss verengt. Ist das wirk­    reich eingesetzt wird, hat einer der grössten         Gerhard Schürmann, 60, ist Vorsitzender der
lich das wichtigste Thema?                          Automobilhersteller entschieden, in diesem            ­Geschäftsleitung der Emil-Frey-Gruppe, die mit rund
   Gerhard Schürmann: Abgesehen davon,              Bereich nicht mehr zu forschen. Schliesslich hat       22 000 Mitarbeitern und zirka 11 Milliarden Franken
                                                                                                           Umsatz (2019) zu den grössten Autohändlern Euro­
dass niemand genau sagen kann, wie wich­            die Politik ja gesagt, welches der richtige Weg        pas gehört. In die Schweiz importiert die Emil Frey
tig bei den Schwankungen des Klimas der An­         ist. Aber gerade Busse, Lastwagen und ­leichte         AG M  ­ arken wie Subaru, Suzuki, Mitsubishi, Jaguar,
teil von CO2 im Verhältnis zur Sonnenaktivi­        Nutzfahrzeuge fahren mit tonnenschweren                Land Rover, Toyota, Lexus, Aston Martin, Kia, Peugeot,
                                                                                                           ­Citroën, DS und Opel. Der HSG-Ökonom ­Schürmann
tät ist, stört mich, dass man rein politisch eine   Batterien nicht am effizientesten.                      war vor seiner Tätigkeit für die Frey-Gruppe unter
bestimmte Technologie bestimmt hat, die die            Weltwoche: Die Emil-Frey-Gruppe gehört               ­anderem für eine Schweizer Grossbank sowie ein
heutigen Verbrennungsmotoren ersetzen soll.         zu den bedeutendsten Autohändlern Europas.               Industrieunternehmen tätig und hat fünf Jahre für ein
                                                                                                             Handelsunternehmen in Hongkong gearbeitet. In seiner
Das Elektroauto wird steuerlich unterstützt         Sehen Sie in Ihren Verkaufspunkten eine stei­            Wohngemeinde Zollikon ist Schürmann Vizepräsident
und gefördert, aber damit verhindert man die        gende Nachfrage aufgrund der aktuellen Lage?             der örtlichen SVP.

Auto-Spezial Nr. 42.20                                                                                                                                        17
Bild: Alamy
Magie der Mechanik
Der Lamborghini Aventador S ist ein genialer italienischer
Wurf. Anlass genug zu einer Reise nach Sant’Agata Bolognese.
David Schnapp

          Exzentrische Kompromisslosigkeit: Startknopf im Lamborghini.

D
          ie Strasse, welche von der kleinen       fahren. In seiner exzentrischen Kompromiss-
          Gemeinde Sant’Agata Bolognese in         losigkeit verkörpert dieses 740-PS-Auto
          Richtung Modena führt, ist vermut-       schliesslich viele Eigenschaften, die Italien aus-
lich eine der schlechtesten Strassen der Welt.     zeichnen. Wie zum Beispiel den Sinn für unver-
In den Anden gibt es zwar ziemlich sicher un-      gessliche Formen oder die Eigensinnigkeit in
befestigte Wege, die noch etwas gefährlicher       der Umsetzung eines bestimmten Vorhabens.
und holpriger sind, aber die Via Modena mit-
ten in einer reichen, industrialisierten Gegend    Ein Teller Ragù bolognese
der Europäischen Union ist eine echte Heraus-      Vor drei Minuten hat mir eine freundliche
forderung.                                         Dame an der Rezeption der Automobili Lam-
    Es kann aber auch sein, dass einem das nur     borghini S. p. A. den Schlüssel zu dem grauen
so vorkommt, wenn man ein paar Zentimeter          Aventador S übergeben, mir auch gleich noch
über dem Asphalt in einem Lamborghini Aven-        einen Tisch in einer Trattoria besorgt, wo ich
tador S Roadster sitzt und die ersten paar Meter   vor der Rückfahrt in die Schweiz einen ­Teller
in diesem aussergewöhnlichen Supersport-           Ragù bolognese esse, um mir eine Energie-
wagen zurückgelegt hat. 2011 wurde der Wagen       grundlage zu schaffen. Vorher muss ich aber
auf dem Genfer Autosalon vorgestellt. Seither      eben noch über die Via Modena rumpeln.
polarisiert und fasziniert er selbst Leute, die    Als Fahrer versucht man ja, eins zu werden
noch nie einen Meter am Steuer eines PKWs          mit einem Sportwagen. Und so viel habe ich
­gefahren sind.                                    schon nach wenigen Minuten verstanden: Der
    Die Tatsache, dass Reisen von und nach Ita-    ­Aventador findet diese Strasse gar nicht gut.
 lien wieder möglich sind, fand ich einen guten       Die zulässige Höchstgeschwindigkeit hier
 Anlass, um nach einer längeren Zeit ohne Lam-      beträgt 50 – und teilweise 70 km/h –, und die
 borghini wieder einmal einen Aventador zu          vielen Schlaglöcher, die Flick- und Nahtstellen     Seit 2011 faszinierend: Lamborghini

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                                                                                                              Bilder: Thomas Buchwalder für die Weltwoche
Aventador S auf der Staffelegg im Kanton Aargau.
  Auto-Spezial Nr. 42.20                           19
Ab 200 km/h ruht er in sich selbst: V12-Saugmotor, im Heck vor der Hinterachse angeordnet.

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Auto-Spezial Nr. 42.20   21
Neue Perspektiven: Cockpit und Motor des Aventador.

machen den Wagen unangenehm unruhig. Mit            Strassen gut sind und das Tempo hoch genug
der Zeit finde ich heraus, dass dieses Auto die     jedenfalls und man nicht gerade in eine Zahl-
zügige Gangart auf schönen Strassen deutlich        stelle auf der italienischen Autobahn einfädeln
bevorzugt: Bei Geschwindigkeiten ab 140 km/h        muss. Und weil der Wagen nur wenig mehr als
wirkt es ganz zufrieden, ab 200 km/h ruht es so-    einen Meter hoch gebaut ist, wird einem als
zusagen in sich selbst und ist in der Lage, alles   Fahrer eine ganz neue Perspektive geboten,
auszuspielen, was es hat. Der Vollständigkeit       weil jeder Kompaktwagen von sehr weit unten
halber soll erwähnt werden, dass dieser Lam-        angeschaut wird.
borghini, der keinerlei nennenswerten Luft-
widerstand bietet, bis zu 350 km/h schnell wer-     Exotisch wie eine Drehscheibe
                                                    Nach heutigen Massstäben ist der Aventador S
Bei 350 km/h wird aus Gründen                       ein Dinosaurier. Ein natürlich beatmeter
                                                    Saugmotor mit voluminösen 6,5 Liter Hub-
der relativen Vernunft elektronisch
                                                    raum aus zwölf Zylindern wirkt in der mo-
abgeriegelt.                                        dernen Automobilwelt so exotisch wie ein
                                                    Fernsprechapparat mit Drehscheibe in der zeit-
den könnte, bevor aus Gründen der relativen         gemässen Telekommunikation. Dabei ist dieser
Vernunft elektronisch abgeriegelt wird. Das         V12 von Lamborghini ein wunderbares Stück
muss ich aber wohl bei anderer Gelegenheit          Ingenieurskunst, ein Kunstwerk der Mechanik,
ausprobieren.                                       ganz nach der alten Motorenbauer-Weisheit:
  Überhaupt ist der Aventador trotz seines          «Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, ausser
kantigen, expressionistischen Äusseren und          durch mehr Hubraum.» Stehengeblieben ist
seines machtvollen Inneren bei allem ein er-        die Welt in Sant’Agata dennoch nicht, die neu-
staunlich leicht zu fahrendes Auto – solange die    este Version des Supersportwagens verfügt         «Hubraum ist durch nichts zu ersetzen,

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