Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?

Die Seite wird erstellt Niko-Veit Berndt
 
WEITER LESEN
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
ZEITSCHRIFT DER ÖSTERREICHISCHEN VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH
                          UND DES FACHVERBANDES DER GAS- UND WÄRMEVERSORGUNGSUNTERNEHMUNGEN

                          Gas im Wohnbau
                          Was darf wann noch wo eingesetzt werden?

                          Methan-Emissionen | EAG: neue Spielregeln am Strommarkt | E-Auto: Förderungs-
                          ausmaß sinnvoll? | Heizen und Kühlen mit b­ idirektionalen Netzen | ­Cybersecurity in
                          der Wasserversorgung | WVU-Portrait: WLV Triestingtal- und Südbahngemeinden

                          Balgengaszähler mit Tempera­tur­kom­pensation | Digitalisierung als Chance in der
                          Wasserversorgung

                          ÖVGW Forum Trinkwasser digital – Teil 2 | FGW_online: Fokus Fernwärme

                          Weltwassertag: Der Wert des Wassers | Neptun 2021 | ÖVGW-Fachausschuss Gas­
                          installation | Die Prüfstellen der ÖVGW: TGM – Fachbereich Heizung und Lüftung
P.b.b. – MZ 18Z041331 M

                          2 /2021
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
GRATULATION ZUR 100. AUSGABE!
                                                    Mit diesem Heft erscheint das FORUM Gas
                                                    Wasser Wärme zum 100. Mal. Als Vorsitzen-
                                                    der der FIGA möchte ich das runde Jubilä-
                                                    um nützen, um mich für die hervorragende
                                                    Arbeit und die Unterstützung des Redak­
                                                    tionsteams sowie der ÖVGW-Mitarbeiterin-
                                                    nen und -Mitarbeiter, die am Zustandekom-
                                                    men jeder Ausgabe beteiligt sind, herzlich zu
                                                    bedanken – ebenso für die Bereitschaft der
                                                    FIGA- und ­FIWA-Mitglieder, kon­ti­nuierlich fir-
                                                    menneutrale Fachartikel beizusteuern. Ich
                                                    wünsche allen Beteiligten weiterhin produkti-
                                                    ves Schaffen, damit das Magazin auch künf-
                                                    tig interessante Ein­blicke in die Entwicklung
                                                    unserer Branchen bieten kann.
                                                    Ing. Günter Kirschenhofer, Vorsitzender FIGA

 Als begeisterter Leser der Zeitschrift FORUM
 Gas Wasser Wärme gratuliere ich herzlichst
 – persönlich und im Namen der FIWA-Mit-
 glieder – zur 100. Ausgabe! Die Zeitschrift be-
 gleitet ÖVGW und FGW nun schon seit vie-
 len Jahren und hat sich in diesem Zeitraum
 als wichtiges Medium zum Informationsaus-
 tausch für Verband, Versorger und Firmen
 etabliert. Ich freue mich auf viele und interes-
 sante weitere Ausgaben und wünsche dem
 engagierten Redaktionsteam weiterhin viel
 ­Erfolg!
           DI Johann Rybak, Vorsitzender FIWA

 DIE FIRMEN IM GASFACH
DIE FIRMEN IM WASSERFACH
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
HEFT 2/2021 – 18. JAHRGANG / 100. AUSGABE – 12. APRIL 2021

                                                                                                              INHALT
                                           FACHFORUM THEMA

                                    Gas sucht neues Zuhause                                               6
                                    Entwicklungen im Raumwärmesektor beunruhigen die Gaswirt-
                                    schaft. Soll nicht einmal Grünes Gas umweltfreundlich genug sein?
                                    Ein Gutachten signalisiert Entwarnung – wenn die Politik es beach-
                                    tet und Chancengleichheit für alternative Technologien schafft.

                 FACHFORUM                             Österreichs Wasserversorger im Portrait (10)      28
                                                       Wasserleitungsverband der
EU-Strategie zur Reduktion von Methan-         12      Triestingtal- und Südbahngemeinden
Emissionen
Stellungnahme von FGW und ÖVGW

Neue Biomethan-Studie                          14                  INNOVATIONSFORUM
Reststoffe nutzen statt verrotten lassen               Wasserversorgung                                  32
                                                       Digitalisierung als Chance
Grünes Gas konkret                             15
Wasserstoff im Kommen                                  Balgengaszähler mit Temperatur­                   35
                                                       kompensation
EAG: neue Spielregeln am Strommarkt            16
Stellungnahme des FGW

E-Mobilität                                    18                  VERANSTALTUNGSFORUM
Förderungsausmaß sinnvoll?
                                                       Cybersicherheit und Blackout                      39
Blackout in den USA                            20      ÖVGW Forum Trinkwasser digital – Teil 2
„Texas Kettenreaktions-Massaker“
                                                       FGW_online: Fokus Fernwärme                       40
                Heizen und Kühlen              22      Fernwärme und klimaneutrale Zukunft
                mit Fernwärmesystemen
                Bidirektionale Netze                   Veranstaltungskalender                            40
                Das Wiener UNO City Projekt

Wasserversorgung                               24               KOLUMNEN UND RUBRIKEN
Bedarf nach ­Cybersecurity steigt
                                                       Editorial                                          5
ÖVGW zur EU-Dienstleistungskonzessions-RL      26
Keine Notwendigkeit für Änderungen                     Impressum                                         38

                                           VERBÄNDEFORUM
 im Focus: Anlass zur Freude 41      Weltwassertag 2021            44     ÖVGW-Info Wasser               47
                                     Der Wert des Wassers                 Neuerscheinung 3/2021
 ÖVGW-Gremien im Portrait   42
 FA Gasinstallation                  Neptun 2021                   45     Die Prüfstellen der ÖVGW (5) 48
                                                                          TGM – Fachbereich Heizung
 Zuerkennung der ÖVGW-      44       Wasser aktuell                46     und Lüftung
 Qualitätsmarke                      Kurzmeldungen Wasserfach

FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                                          3
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
FIRMEN IM GASFACH                    The Plastics Experts.
                                                                                                                                 www.ovgw.at/figa

                                                                                                     Manufaktur für ökologische Dichtmittel
                                                                                                            und Korrosionsschutz

                            www.agru.at                           www.aliaxis-ui.at                           www.bacoga.com                   www.bammer-gmbh.at
                          Rohre, Fittings, Platten,             Das innovative Unternehmen,         BCG Gas 2000 Dichtmittel zum nach-         Die Firma Bammer Handels GmbH
                      Dichtungsbahnen – Innovative              das Ihre PE-Rohre sicher und        träglichen Abdichten von Gewinde-           ist Ihr Partner für Komponenten
                     Kunststoffprodukte von AGRU –                  zuverlässig verbindet.          verbindungen in Gas-Innenleitungen.               der Erdöl-, Erdgas- und
                         Seit 1948 auf Ihrer Seite!               FRIALEN®-Sicherheitsfitting       ÖVGW G 2.662 / Vertrieb AT: www.hig.at            Fernwärmeversorgung.

                    www.diehl.com/metering                   www.elster-instromet.at                          www.fiorentini.at                       www.flexim.at
                    • Elektronische Gaszähler mit              Elster ist der weltweit führende           •   Filter, Vorwärmer                 Technologieführer bei eingriffsfreier
                      integriertem Funk                      Anbieter für Gasmess- und Regel-             •   Absperrarmaturen                Durchflussmessung mit Ultraschall. Die
                    • „Open Metering“ Spezifikation          technik, mit innovativen Lösungen            •   Gasdruckregler                   Clamp-On-Systeme messen praktisch
                      geeignet für Smart Metering                       für Ihren Bedarf.                 •   Sicherheitseinrichtungen        alles, was fließt, Flüssigkeiten wie Gase.

                      www.mhc-gruppe.de                          www.gfps.com/at                                www.gmt.de                            www.hawle.at
                    Lösungen für die Gas-, Wasserstoff-      GF Piping Systems entwickelt, produ-       Kompetenter Partner für               Hawle ist Hersteller von qualitativ
                       und Automatisierungstechnik:          ziert und vermarktet Rohrleitungs-        Gasmess- und Regeltechnik               hochwertigen Armaturen für die
                    Planung • Anlagenbau • Service und       systeme für den sicheren Transport         in der Erdgasversorgung.                       Gasversorgung.
                      Wartung • Schulung und Training        von Flüssigkeiten und Gasen.                                                     HAWLE. MADE FOR GENERATIONS

                       www.hongastec.de                          www.interapp.net                              info@ipu.co.at                        www.itron.com
                    Honeywell Gas Technologies GmbH           Wir sind ein weltweit agierender        •   RMA – Pipeline Equipment            SMARTES MESSEN, ZÄHLEN & REGELN
                        Ihr zuverlässiger Partner für:       Hersteller von AVK Armaturen und         •   GHIBSON – Absperrklappen            Mit neuen Technologien von ITRON
                    • Gasdruckregelgeräte • Sicherheits-      Zubehör mit Qualitätsprodukten          •   HUBER – Druckmessgeräte             in die Zukunft der Gasversorgung!
                    technik • Automatisierungslösungen             für die Gasversorgung.             •   BERNARD – Stellantriebe

                     www.landisgyr.com/at                           www.midex.at                              www.pipelife.at                  www.pp-engineering.com
                      G350 – der kommunikative               Wir arbeiten nicht mit Gaszählern      Kunststoff-Rohrsysteme von Pipelife           Spezialist für kathodischen
                      ULTRASCHALL-GASZÄHLER                         oder Wasserzählern,             – diese starken Lebensadern sorgen             Korrosionsschutz und für
                            der Zukunft für                       sondern mit Menschen!               für eine sichere Gasversorgung.          elektromaschinelle Ausrüstung in
                     Smart Metering Anwendungen.                                                           Heute und in Zukunft.              der Wasser- und Abwassertechnik.

                                                                www.vc-austria.com
                            www.sick.at                          www.tpa-kks.at                                 www.viega.at                   wieland-moellersdorf.at
                        SICK ist einer der weltweit          Seit über 40 Jahren führender An-      Viega. Höchster Qualität verbunden.          Kupfer-System aus einer Hand.
                    führenden Hersteller von Sensoren        bieter von Kathodischen Korrosions-                                                  SUPERSAN® Kupferrohre aus
                    und Sensorlösungen für industrielle      schutzsystemen für Rohrleitungen,                                                     Österreich und Fittings von
                             Anwendungen.                    Behälter und Stahlbetonbauwerke.                                                          Conex | Bänninger
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
Zu dieser Ausgabe

                                                                                                                            EDITORIAL
      www.denso.de
      Führender, weltweit
    agierender Anbieter für

                                      I
   Korrosionsschutz-Produkte
   und innovative Dichtmittel.
                                           m Geburtsjahr des FORUM GWW war es die Marktöffnung,
                                           die in der österreichischen Gaswelt keinen Stein auf dem
                                           anderen bleiben ließ – das erste Heft titelte 2004 mit „Ver-
                                      sorgungssicherheit mit Erdgas im Zeitalter der Liberalisierung“.
                                      Heute ist es die angepeilte Dekarbonisierung, die eine Neuorien­
                                      tierung der Energiewirtschaft erforderlich macht – der Titel des
   www.gas.consult.at                 100. Heftes muss 2021 zum Thema Gas im Wohnbau die künftige
  Beratung für Gewerbe- und Netz-     Nutzung in Frageform kleiden: „Was darf wann noch wo einge-
   Betreiber von Gas-Anlagen bei
Planung/Bau/Betrieb/Überwachung       setzt werden?“ Eine Konstante ist freilich über siebzehn Jahre
 nach geltendem ÖVGW-Regelwerk        und 100 Ausgaben hinweg geblieben: die Bedeutung der Versor­
                                      gungssicherheit – nicht nur im Gasbereich, ebenso am Fernwär­
                                      mesektor und beim Trinkwasser.
                                         Das spiegelt sich auch in den Beiträgen dieses Heftes wider:
                                      sei es das Thema Cybersicherheit in der Trinkwasserversor­
                                      gung, wo die Branche auf neue Herausforderungen reagieren
       www.heat.at                    muss, oder das Heizen und Kühlen über bidirektionale Netze,
Kompetenz im Erdgasanlagenbau         eine jener technologischen Entwicklungen, ohne die die gefor­
 mit eigener Fertigung von: SAV,
Gasdruckregler, Filter, Abscheider,
                                      derte Nachhaltigkeit und Effizienz im Fernwärmebereich nicht
Wärmetauscher, Erdgastrocknung        umsetzbar sein wird, oder die Reaktion auf das Erneuerbaren-
                                      Ausbau-Gesetz. Da das EAG die für Grünes Gas erforderlichen
                                      Rahmenbedingungen nicht vorsehen wird, bedarf es nach An­
                                      sicht der Branche eines eigenen Grün-Gas-Gesetzes, um die
                                      Energieversorgung in Zukunft sicherstellen zu können. Und was
                                      geschieht, wenn auf Versorgungssicherheit nicht das gebühren­
  www.kontinentale.at                 de Augenmerk gelegt wird und das Verständnis für die Notwen­
Ihr starker Partner für Armaturen-    digkeit von Investitionen in die Infrastruktur abhanden kommt,
und Rohrleitungstechnik mit einer     zeigt das Beispiel Texas.
umfangreichen Produktpalette für
die österreichische Gasversorgung.

                                        HUNDERT HEFTE
                                        Vor neunundneunzig Heften hat der FGW- und ÖVGW-Geschäftsführer, zu-
                                        gleich Initiator der Neuausrichtung des Mediums, an dieser Stelle das
www.schermanngmbh.com                   ­FORUM GWW vorgestellt und dessen drei Funktionen umrissen: Es habe
 Innovative Technologien für die         über aktuelle Entwicklungen in den Fachbereichen Gas, Wasser und Wärme
  Lecksuche und Leitungsortung           zu informieren, diene der Veröffentlichung von Verbands- und Vereinsnach-
    an erdverlegten Leitungen
                                         richten und stelle eine Plattform für Beiträge der Mitglieder bereit. Nun, sieb-
                                         zehn Jahre später, mögen unsere Leserinnen und Leser darüber urteilen, ob
                                         die Aufgaben hinreichend erfüllt wurden und das Erscheinen der hunderts-
                                         ten regulären Ausgabe zu berechtigtem Jubel Anlass gibt. Für Medieninha-
                                         ber und Redaktion bietet die runde Zahl jedenfalls die Gelegenheit, die Zeit-
                                         schrift einmal selbst – zumindest in Streiflichtern und mit Augenzwinkern
                                         – zum Gegenstand ihrer Berichterstattung zu machen.

                                      FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                     5
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
FACHFOR UM : THEMA

                                                                                                                                  Grafik: Ruck
                     Gas sucht neues Zuhause
                     Entwicklungen im Raumwärmesektor beunruhigen die Gaswirtschaft. Soll nicht einmal
                     Grünes Gas umweltfreundlich genug sein? Ein Gutachten signalisiert Entwarnung – wenn
                     die Politik es beachtet und Chancengleichheit für alternative Technologien schafft.

                     Christian Fell und Erich J. Papp

                     Gas wurde zunächst über Jahrzehnte vor al­         Haushalte direkt mit Erdgas und über ein Vier­
                     lem zur Beleuchtung und zum Antrieb erster         tel mit Fernwärme, die zurzeit ebenfalls zu ei­
                     Automobile verwendet, ehe sich Elektrizität        nem guten Teil aus Gas(kraftwerken) stammt.
                     und Erdölprodukte in diesen Bereichen durch­
                     setzten. Mitte des 20. Jahrhunderts begann ein     Weder Kosten noch Beliebtheit von Gasheizun­
                     beispielloser Boom, als sich Gas zunächst als      gen sprechen für den Ausbaustopp: Der aktu­
                     Stadtgas und erst recht nach der Erdgasum­         elle Heizkostenvergleich der Österreichischen
                     stellung um 1970 in Heizungssystemen, Kraft­       Energieagentur 1 sieht Gasheizungen vor Fern­
                     werken und industriellen Anwendungen be­           wärme erneut auf dem Spitzenplatz. Im Neu­
                     hauptete. Letztere sind vielleicht die einzigen,   bau ist das Heizen mit Brennwertgeräten im
                     die manch Politiker/-in dieser Energieform in      Vollkostenvergleich (Investition plus Betrieb)
                     Zukunft noch gönnen will – und da vielleicht       günstiger als Wärmepumpen oder Pellets. Aus
                     nur in der Form „grünen“ Wasserstoffs. Inwie­      den Statistiken der Vereinigung der Österrei­
                     weit Grünes Gas generell mitmischen oder bei­      chischen Kessellieferanten lässt sich ebenfalls
                     gemischt werden darf, ist Gegenstand von Dis­      Popularität ableiten. Seit Jahren sind Gaskes­
                     kussionen. Doch sind Gasheizungen nicht das        sel die Spitzenreiter und machten 2020 52 %
                     Heizsystem mit dem höchsten Marktanteil in
                     Österreich? Tatsächlich heizen rund 27 % der       1 energyagency.at/fakten-service/heizkosten/neubau.html

6                                                                                    FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
FACH F O RUM : T HEM A

der verkauften Einheiten aus – vorwiegend be­       Brief wird angeprangert, dass die Politik For­
sonders effiziente Brennwertgeräte. Ölkessel        schung und Forderungen ignoriere. „Das be­
wurden mit 3 % zum Ladenhüter. Effizient und        deutet für Sie, dass Sie als Ölheizungsbesitzer
günstig klingt nach zwei guten Argumenten für       gezwungen werden, auf ein anderes Heizsys­
Bauherren, auf Gasheizungen zu setzen. Das          tem umzusteigen. Dies trotz der Tatsache, dass
könnte allerdings schwieriger werden.               es weltweit Forschungen und Versuchsanla­
                                                    gen zu „green liquids“ gibt, die problemlos in
Ölheizung läuft aus                                 bestehenden Ölheizungen eingesetzt werden
                                                    können. Wir als Mineralölhändler fordern da­
Unerfreuliches widerfährt gerade einer Heiz­        her kein Verbot aller Ölheizungen, sondern
form, die auch immerhin von über einer halben       mehr öffentliche Gelder für die Forschung und
Million Haushalten genutzt wird. Ölheizungen        Entwicklung alternativer, flüssiger Heizstoffe!
wird nun sukzessive der Garaus gemacht. Seit        Wir dürfen uns das bestehende Öl-Heizsystem
2020 dürfen in Neubauten keine Ölkessel für         nicht schlechtreden lassen.“
Zentralheizungen mehr eingesetzt werden.
Ab 2021 darf bei einem Heizungswechsel auch         Die WKO will die Protestbriefe sammeln und
nicht mehr zur Ölheizung gewechselt werden,         bei entsprechendem Rücklauf zu einem weite­
stattdessen ist zu „hocheffizienten alternativen    ren politischen Vorstoß verwenden. Man wird
Energiesystemen“ zu greifen. Ab 2025 erfolgt        sehen, ob es zu Massenprotesten für Heizöl
der Austausch für Ölkessel, die älter als 25 Jah­   kommt, welche die Verantwortlichen hier um­
re sind. Und ab 2035 sollen alle dann noch vor­     denken lassen.
handenen Kessel verschwinden. Das bedeutet
das Aus für einen Wirtschaftszweig, dement­         Erdgas: Expansion enden sollend
sprechend unternimmt die Wirtschaftskammer
immer noch Rettungsversuche. Auf der Website        Nun ist Gas in der Raumwärme deutlich stär­
der WKO (OÖ) heißt es, sie habe „in den letzten     ker verankert und beliebter als Heizöl, auch ist
Monaten eine ganze Reihe von Maßnahmen              die Aussicht auf „Greening the Gas“ möglicher­
– Gespräche, Presseinformationen, Studien,          weise realistischer als flächendeckend einsetz­
Testanlagen – ergriffen, um den politisch Ver­      bares grünes Öl, das nicht aus Oliven gepresst
antwortlichen aufzuzeigen, dass ein Verbot der      ist. Dennoch ist keineswegs undenkbar, dass
Technik kontraproduktiv ist, denn ohne ent­         Gasheizungen ein ähnliches Schicksal ereilt.
sprechende Technik wird man zukünftig kei­          Zumindest laut dem derzeit geltenden Natio­
ne flüssigen, erneuerbaren Brennstoffe für die      nalen Klima- und Energieplan sollen ab 2030
Raumwärmegewinnung verwenden können.                im Gebäudebereich um 3 Mio. t weniger Treib­
Daher wollen wir nun zu einem allerletzten          hausgase ausgestoßen werden als derzeit. Der
Mittel greifen und so viele Ölheizungsbesitzer      Wärme- und Kühlbedarf neu errichteter Gebäu­
wie möglich mobilisieren“.                          de ist weitgehend ohne fossile Brennstoffe ab­
                                                    zudecken.
Dieses Mittel besteht aus einem Protestbrief,
den die Heizölhändler ihren Kunden übermit­         Dazu der NKEP:
teln können. Darin wird also – und das dürf­        ∙∙ Das Erdgasnetz soll zu Heiz-/Warmwas­
te auch der Gaswirtschaft bekannt vorkom­              serzwecken nach Möglichkeit nicht mehr
men – argumentiert, dass die Technologie               ausgebaut werden; eine Verdichtung der
bleiben müsse, um sie später für erneuerbare           Anschlüsse ist möglich, wo keine Fernwär­
Brennstoffe zu nutzen. Demnach könnte in den           me (erneuerbar oder aus hocheffizienten
2040er-Jahren XTL als „green liquid fuel“ fos­         KWK-Anlagen) vorhanden ist.
siles Heizöl flächendeckend ersetzen. In dem        ∙∙ Langfristig wird fossiles Gas durch erneu­

FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                                              7
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
FACHFOR UM : THEMA

                                         erbares Gas im Netz ersetzt.                          Programm ist, haben die Bundesländer in ih­
                                      ∙∙ Steuerliche Begünstigungen sollen die                 ren Bauordnungen reagiert und gehen in eine
                                         Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbarem                 ähnliche Richtung.
                                         Gas fördern.
                                      ∙∙ Fossiles Gas im Neubau nur mehr in wohl               Die Überschrift „Raus aus Öl und Gas“ auf der
                                         begründeten Ausnahmefällen.                           offiziellen Website der Wiener Stadtregierung
                                      ∙∙ Umsetzung der Anforderungen der „Alter­               (wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/erp/ue­
                                         nativenprüfung” bei Neubau und Sanie­                 bersicht.html, abgerufen am 12.3.21) spricht
                                         rung – damit wird fossiles Gas sukzessive             eine deutliche Sprache. In der Realität hat der
                                         durch erneuerbare Alternativen ersetzt, wo            Gemeinderat die Einrichtung sogenannter Kli­
                                         dies sinnvoll und zumutbar ist.                       maschutz-Gebiete beschlossen, die Umsetzung
                                      ∙∙ Mittels Raumplanung sollen Gebiete mit                geht nun sehr schnell: Für die Bezirke 2, 3, 7, 8,
                                         leitungsgebundener Energieinfrastruktur               9, 16, 18 und 19 sind sie bereits festgelegt, bis
                                         (z.B. Fernwärmegebiete) ehestmöglich                  Ende dieses Jahres folgen die übrigen. Acht von
                                         ­ausgewiesen werden.                                  zehn Neubauten befinden sich 2021 in solch ei­
                                                                                               nem Gebiet, was bedeutet: „Heizung, Kühlung
                                     Während dies nichts Gutes für Bauherren er­               und Warmwasseraufbereitung von neu errich­
                                     ahnen lässt, aber eben (bis zur Realisierung              teten Gebäuden müssen dort entweder über
                                     im neuen EAG und anderen Gesetzen) nur ein                erneuerbare Energie wie Erdwärme, Solarener­
                                                                                               gie, Biomasse oder über Fernwärme erfolgen.
                                                                                               Betroffen sind alle Neubauten in diesen Ge­
                       Wie erfolgt der Nachweis von Biomethan?                                 bieten: Geförderter ebenso wie frei finanzierter
     In Österreich regelt das Biomethanregister der AGCS Gas Clearing and Settlement AG        Wohnbau, Büros, Geschäftslokale, aber auch
     den Nachweis von Biomethan. Über diese Datenbank ist sichergestellt, dass nur die         öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kinder­
     von Biogasanlagen eingespeisten Mengen als Biomethan an die Kunden abgegeben
                                                                                               gärten. Langfristig sind fossile Energien damit
     werden.
                                                                                               in diesen Gebieten Geschichte.“
      • Die Anlage speist Biomethan in das           licherweise mit der Novelle des GWG
        Gasnetz ein. Die Anlage wird regelmä-        ändern.)                                  Während Bestandsgebäude davon nicht betrof­
        ßig von Gutachtern überprüft (z.B. da-     • Ein Kunde schließt mit einem Händ-        fen sind, müssen in Neubauten „hocheffizien­
        rauf, welche Substrate zur Biomethan-        ler einen Vertrag über Biomethan­
        erzeugung verwendet wurden).                                                           te, alternative Systeme“ gemäß Wiener Bauord­
                                                     bezug ab.
      • Der Netzbetreiber übermittelt Infor-
                                                                                               nung (§ 118 Abs. 3) zum Einsatz kommen. Das
                                                   • Der Kunde wird über das Gasnetz be-
        mationen zu den eingespeisten Men-                                                     sind im Wesentlichen:
                                                     liefert. Er bekommt rein physisch nicht
        gen an den Bilanzgruppenkoordina-            das Gas (die Moleküle), das von der        ∙∙ Anschluss an ein Fern- bzw. Nahwärme­
        tor (AGCS).                                  Biogasanlage eingespeist wurde, son-          netz, wenn die Energie zu mindestens
      • Die AGCS stellt für den Biogas-Anla-         dern Erdgas (eigentlich ein chemisch          80 % aus erneuerbaren Quellen oder hoch­
        genbetreiber Biomethan-Nachwei-              identes Gemisch aus fossilem Gas und          effizienten KWK-Anlagen stammt.
        se über die monatlich eingespeisten          Biomethan). Aber die vom Kunden ver-       ∙∙ Dezentrale Energieversorgungssysteme auf
        Mengen aus. Die Nachweise werden             brauchten Mengen wurden – belegt
        im Biomethanregister elektronisch            durch die Biomethan-Nachweise – zu-
                                                                                                   Basis erneuerbarer Energiequellen (Wär­
        hinterlegt.                                  vor vom Erzeuger in das Gasnetz ein-          mepumpen, Biomasseheizungen, Solar­
      • Der Händler kauft über die AGCS              gespeist.                                     energie et cetera).
        (Ökostrom-Abwicklungsstelle; Clea-         • Der Händler legt Biomethan-Nachwei-        ∙∙ Nutzung von Abwärme
        ring-Stelle für Gas) Biomethan-Nach-         se im Ausmaß des Verbrauchs seiner         ∙∙ KWK-Anlagen, die Strom produzieren und
        weise vom Anlagenbetreiber. Die AGCS         Kunden im Biomethanregister still.            die Abwärme in ein Wärmenetz speisen.
        teilt der E-Control mit, in welchem Aus-     Die Information über die Transaktion
        maß von Händlern Biomethan-Nach-             bleibt in der Datenbank erhalten, und
        weise erworben wurden. (Die Form             die verbrauchten Mengen stehen für        Formulierungen, die „erneuerbare Energien
        der Datenübermittlung wird sich mög-         den Verkauf nicht mehr zur Verfügung.     wie“ oder „Solarenergie et cetera“ aufzählen,
                                                                                               lassen nun erwarten, dass Grünes Gas als un­

8                                                                                                          FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
AGRULINE
                                                                          DAS WELTWEIT ERSTE
                                                                          ROHRLEITUNGSSYSTEM
                                                                          AUS PE 100-RC
                                                                          LÄNGERE LEBENSDAUER
zweifelhaft erneuerbare Energie hier mitgemeint ist und                   Höhere Rissbeständigkeit
Gasheizungen schon daher Berechtigung haben. Ein Blick                    im Vergleich zu PE 100
in die Bauordnungen der Bundesländer zeigt aber eine kom­                 KOSTENEFFIZIENT
pliziertere Situation. Wohnbauförderung für nur mit Erdgas                Sandbettfreie Verlegung des
beheizte Neubauten ist mit wenigen Ausnahmen in der Stei­                 kompletten Rohrsystems
ermark und Niederösterreich nicht mehr zu bekommen. Die                   SICHERE SCHWEISSVERBINDUNGEN
Kombination Gas und Solaranlage ist überall vorgesehen,                   Widerstandsfähiger gegen äußere
aber aufgrund von Auflagen nicht leicht zu realisieren. Will              und innere Belastungen
man auf die Wohnbauförderung verzichten, kann man die                     ALLES AUS EINER HAND
günstige Gasheizung einbauen, außer man will in Wien                      Komplettrohrsystem für Gas-,
wohnen. Dort ist sie verboten, und auch in Salzburg könn­                 Wasserversorgung und Industrie
ten die Auflagen zur Hürde werden.

Ist Biogas bio, Grünes Gas grün?

Hinter der absurden Frage steht eine andere, die künftig im­                   SPERRBLASENSCHELLE:
mer wichtiger werden wird: Kann ich eine Gasheizung ein­
bauen lassen, wenn ich einen Vertrag mit meinem Gasliefe­
ranten habe, durch den ich zu 100 % Biomethan beziehe?
Das müsste ja wohl die Forderung nach „hocheffizienten,
alternativen Systemen“ mehr als erfüllen. Daran schließt
sich die im Moment auch wirtschaftlich interessante Frage                       Einfaches Absperren
                                                                           von PE Gasleitungsabschnitten
an: Kann ich gefördert von einem Ölkessel auf eine mit Bio­
                                                                             für Reparaturzwecke und
methan betriebene Gasheizung wechseln?                                          zur Herstellung von
                                                                                  Abzweigungen.
Leider sind die Antworten auch hier weder einfach noch
unumstritten, und leider muss man hier ein wenig ins De­
tail gehen: Ein Streitpunkt ist, dass Gasversorger natürlich
nicht eine Biogasanlage für jeden Interessierten vor dessen
Haus stellen können. Üblicherweise bedeuten solche Ver­
träge, dass bilanziell zu 100 % Bio-Ware geliefert wird. Das
heißt, dass sich der Versorger verpflichtet, mindestens so
viele Biomethan-Nachweise vom Biogas-Anlagenbetreiber
zu erwerben, wie von den Bio-Kunden verbraucht wird. Bei
Ökostrom sieht es übrigens genauso aus: Ökostrom-Bezug
heißt nicht, dass sich kein Elektron aus einem tschechi­
schen Kohlekraftwerk in die Steckdose verirren kann.

Im Fall von Biomethan wird der bilanzielle Bio-Anteil über
das Biomethan-Register nachgewiesen. Genügt also ein sol­
cher Beleg des Bezugs von Grünem Gas, um Förderung zu
bekommen? Die Bestimmungen zur Wohnbauförderung der
Bundesländer haben als Grundlage eine Vereinbarung zwi­
schen Bund und Ländern2. Um den Treibhausgasausstoß zu

2 Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern
  über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Aussto-
  ßes an Treibhausgasen StF: BGBl. II Nr. 251/2009.

                                                                        agru Kunststofftechnik Gesellschaft m.b.H.
FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                           Ing.-Pesendorfer-Strasse 31 | 4540 Bad Hall, Austria
                                                                        T +43 7258 7900 | sales@agru.at | www.agru.at | @agruworld
Gas im Wohnbau Was darf wann noch wo eingesetzt werden?
FACHFOR UM : THEMA

 senken, wird in der Vereinbarung bestimmt, dass für Neu­       „hocheffizienten alternativen Energiesystems“ überhaupt mög­
 bauten oder Sanierungen besagte „hocheffiziente alternative    lich ist. Es stellt sich die Frage, ob auch auf die Alternativen­
 Energiesysteme“ die Voraussetzung für Förderungen sind.        prüfung verzichtet werden kann, wenn man eine Heizung mit
 In den Begriffsbestimmungen ist angeführt, was darunter zu     100%-igem Biomethan betreibt.
 verstehen ist, sie entsprechen den zuvor genannten Elemen­
 ten der Wiener Bauordnung.                                     Rechtsgutachten gibt Gasversorger recht

 Es gibt allerdings eine wichtige zusätzliche Bestimmung:       Der Tiroler Energieversorger TIGAS gab zusammen mit dem
 Auch andere Technologien und Energieversorgungssyste­          Fachverband Gas Wärme bei der Anwaltskanzlei bpv Hügel ein
 me sind als hocheffiziente alternative Energiesysteme zu be­   Rechtsgutachten in Auftrag, da man ob dieser Frage uneins mit
 trachten, soweit sie im Vergleich zu Wärmepumpen oder zu       der Tiroler Landesregierung ist. Letztere ist der Auffassung,
 Fernwärme, die zu 80 % auf erneuerbaren Energieträgern,        dass ein hocheffizientes alternatives System nur dann vorliegt,
 bzw. auf hocheffizienter KWK beruht, zu geringeren Treib­      wenn nicht nur bilanziell Biogas geliefert wird, sondern das von
 hausgasemissionen führen. Ausnahmen sind möglich, wenn         TIGAS gelieferte Gasgemisch tatsächlich physikalisch zu 100 %
 Erdgas-Brennwertgeräte mit Solaranlagen kombiniert wer­        aus Biogas besteht.
 den. Auf den Einbau des Solargeräts darf sogar verzichtet
 werden, wenn er technisch oder wirtschaftlich unmöglich        In der Tiroler Bauordnung findet sich die Formulierung: „Hoch­
 ist. Ehe man eine solche Ausnahmegenehmigung erhält,           effiziente alternative Systeme sind insbesondere“. Daraus gehe
 muss eine „Alternativenprüfung“ durchgeführt und bestan­       – so das Gutachten – hervor, dass keine vollständige Aufzäh­
 den werden. Dabei wird untersucht, ob die Installation eines   lung der in der Bund-Länder-Vereinbarung gemeinten Heizsys­

                          Glückwünsche aus Wels!
                Wir gratulieren zu 100 Ausgaben
                  Forum Gas Wasser Wärme.
FACH F O RUM : T HEM A

                                                        „In den verschiedenen rechtlichen Regelwerken ist vorgesehen,
teme folgt und die dort angeführten „anderen            dass Biogas im Gasnetz verwendet werden kann und soll. Dazu
Technologien und Energieversorgungssyste­               werden in den EU Richtlinien (RED II, Gebäuderichtlinie), den Bund-
me, soweit diese im Vergleich zu den Fernwär­           Länder-Vereinbarungen in Österreich sowie Tiroler Gesetzen und
mesystemen und Wärmepumpenlösungen zu                   Verordnungen Regelungen getroffen, wie die Normierung von Bio-
geringeren Treibhausgasemissionen führen“               gas im Leitungsnetz zur Nachweisführung zu erfolgen hat, dass ins
mitgemeint sind. Die Vereinbarung ist also              Netz eingespeistes heimisches Biogas beim Kunden in derselben
technologieneutral zu verstehen: Die Methode            Menge entnommen werden kann. In Österreich gibt es dazu seit
muss einzig das Ziel der Reduktion von Emissi­          Jahren bereits das Biomethanregister. Heizungsanlagen, die mit
onen erfüllen. Und da ist ein zu 100 % biogenes         Biogas gemäß dieser rechtlichen Vorgaben und Nachweise betrie-
System klarerweise mindestens so „bio“ wie              ben werden, gelten als „hocheffizientes alternatives System“ und
ein Fernwärmesystem, das nur zu mindestens              sind anderen gleichartigen erneuerbaren Systemen für die Raum-
80 % erneuerbar sein muss, sprich: Es stößt             wärme und Warmwasserbereitung gleichgestellt.
weniger Emissionen aus.                                 So einfach auch der Nachweis hierzu über das Biomethanregister
                                                        in Österreich geregelt ist, die rechtliche Basis aufgrund der ver-
Dass Biogas als erneuerbare Energie zu se­              schiedenen Rechtssysteme ist selbst für Fachleute wegen der zahl-
hen ist, gebietet nicht nur der Hausverstand,           reichen Gesetzesmaterien schwer nachvollziehbar. Daher hat der
es geht auch aus der Erneuerbaren-Richtlinie            Fachverband gemeinsam mit der TIGAS ein Gutachten in Auftrag
der EU hervor. Dort ist weiters das System der          gegeben, das diese rechtlichen und organisatorischen Zusammen-
Herkunftsnachweise angeführt, und in Öster­             hänge aufarbeitet und somit den Nachweis führt, dass nachweis-
reich erfolgt der Nachweis in diesem Fall eben          lich ins Leitungsnetz eingespeistes und in derselben Menge beim
über das Biomethan-Register. Gutachter DDr.             Kunden entnommenes Biogas als gleichwertiges „hocheffizientes
Christian F. Schneider schließt: Die bilanziell-        alternatives System“ zu werten ist.
vertragliche Versorgung mit 100 % Biogas ist
                                                        Somit gelten Heizsysteme betrieben mit nominiertem Biogas über
sowohl im Sinn der RED II (Renewable Energy
                                                        das Gasnetz analog zu Systemen mit Wärmepumpe oder Holzhei-
Directive) als auch im Sinn der Tiroler Bauord­
                                                        zungen als hocheffiziente alternative Systeme, sie leisten einen we-
nung 2018 eine Versorgung mit 100 % erneuer­
                                                        sentlichen Beitrag zur Reduktion von CO2 und schonen das Klima
barer Energie. Daher gelte auch die genannte
                                                        – ganz im Sinne der Tiroler Energiestrategie.“
Alternativenprüfung als erfüllt, bzw. muss erst
gar nicht durchgeführt werden.                          DI (FH) Georg Tollinger, MBA
                                                        Technischer Geschäftsführer TIGAS
Chancengleichheit?

So weit, so gut. Die Gas- und Wärmewirtschaft       kommen, welche der Industrie und ihren Groß­
vertritt seit jeher den Ansatz, die Reduktion       anlagen zukommen, aber von privaten Gas­
von Emissionen sollte technologieneutral ver­       kunden bezahlt werden soll.
folgt werden. Es ist erfreulich für sie, wenn Ju­
risten nun einen solchen Ansatz in geltenden        Ein weiteres Gesetzespaket zu Gas bzw. zu
Bestimmungen entdeckt haben. Die Frage ist          Grünem Gas folgt nach ministerieller Ankün­
freilich, welchen Weg die Politik künftig be­       digung noch. FGW-Geschäftsführer ­   Michael
schreitet – und ob gleich effektive oder sogar      Mock weiß, wie es aussehen sollte: „Ideal
zielführendere Technologien auch wirklich fai­      wäre ein österreichisches Ökogasgesetz nach
re Entwicklungschancen erhalten werden. Ers­        dem Vorbild des Ökostromgesetzes.“ Die Errei­
te Ankündigungen der Regierungsvorhaben im          chung der Klimaziele mit Grünem Gas ist also
Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz EAG brachten ge­         möglich, es „hängt jedoch maßgeblich von den
mischte Reaktionen. Während viel über Strom         politischen Rahmenbedingungen ab, ob diese
und wenig über Gas gesprochen wurde, dürfte         Potenziale gehoben werden können“, betont
eine 500-Millionen-Förderung für Wasserstoff        FGW-Obmann Peter Weinelt. ◂

FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                                                     11
FACHFOR UM

             EU-Strategie zur Reduktion
             von Methan-Emissionen
             Noch dieses Jahr soll ein EU-Gesetzesvorschlag vorgelegt werden. Die österreichische
             Gaswirtschaft begrüßt die Initiative, fordert aber Maßnahmen, die Vorleistungen
             berücksichtigen.

             Im Oktober 2020 hat die EU-Kommission die               der Entwicklung des Marktes für Biogas
             Methanstrategie vorgelegt. Ziel ist, die Me­            aus nachhaltigen Quellen, einschließlich
             than-Emissionen in den Bereichen Energie,               Pilotprojekten für ländliche und landwirt­
             Landwirtschaft und Abfall zu verringern. Um             schaftliche Gemeinschaften.
             das Treibhausgasziel zu erreichen, sollen bis      ∙∙   Förderung bewährter Verfahren und Tech­
             2050 EU-weit gegenüber 1990 um 55 % weniger             nologien, Veränderungen bei Futtermitteln
             Treibhausgase ausgestoßen werden. Dafür ist             und in der Tierhaltung sowie Förderung
             auch eine Reduzierung der Methan-Emissio­               einer klimaeffizienten Landwirtschaft.
             nen um 35–37 % gegenüber 2005 erforderlich.        ∙∙   Eine Verpflichtung zur Verbesserung der
             Methan ist ein sehr potentes Treibhausgas. Es           Erkennung und Reparatur von Leckagen
             ist 25-mal so wirksam wie CO2, verbleibt aber           in der gesamten Infrastruktur (Erzeugung,
             viel kürzer als dieses in der Atmosphäre.               Transport und Nutzung) für fossiles Gas.
                                                                ∙∙   Mögliche künftige Rechtsvorschriften über
             Bis zu 95 % der von Menschen verursachten               das Ablassen und Abfackeln von Gasen
             weltweiten Methan-Emissionen fallen in der              sowie Standards für die gesamte Versor­
             Landwirtschaft, in der Abfallwirtschaft und             gungskette und Unterstützung der „Zero
             im Energiesektor an. Letzterer ist in Europa für        Flaring“-Initiative der Weltbank zur Ab­
             19 % der Methanemissionen verantwortlich,               schaffung des Abfackelns.
             die Abfallwirtschaft für 26 % und die Landwirt­    ∙∙   Eine Überprüfung der Richtlinien über
             schaft für 53 %. Wichtig ist, dass in all diesen        Abfalldeponien, über die Behandlung von
             Bereichen – und vor allem bei den Hauptverur­           kommunalem Abwasser und über Klär­
             sachern – Maßnahmen getroffen werden.                   schlamm.

             Im Strategiepapier der EU-Kommission ist eine      Maßnahmen der heimischen Gaswirtschaft
             Reihe wirksamer Emissionsverringerungsmaß­
             nahmen angeführt:                                  Bei der Förderung und der Verteilung von Erd­
              ∙∙ Gezielte Unterstützung zur Beschleunigung      gas können Methan-Emissionen entlang der ge­

12                                                                           FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
FACHFORUM

samten Lieferkette entstehen, z.B. durch     landwirtschaftlichen Bereich verringern.             der Fokus auf jenen Bereichen liegt, in
undichte Ventile oder Leitungen. In einer    Die österreichische Gaswirtschaft setzt              denen relevante Einsparungen zu erzie­
gemeinsamen Stellungnahme zur Me­            sich dafür ein, fossiles Gas schrittweise            len sind – sogenannte „Big emittors“
thanstrategie betonen ÖVGW und FGW,          durch Grünes Gas (Biogas und Wasser­                 oder „Super-emittors“ sollten daher im
dass Österreichs Gaswirtschaft schon seit    stoff) zu ersetzen.                                  Zentrum ­stehen.
Jahrzehnten einen Beitrag zur Reduktion
dieser Emissionen leistet. Das ist auch      Verpflichtung zur Verbesserung der Er-               Routinemäßiges Abblasen und Abfackeln
aus den Zahlen des Umweltbundesam­           kennung und Reparatur von Leckagen
tes ersichtlich: Laut Klimaschutzbericht                                                          Die österreichischen Gasunternehmen
2020 werden hierzulande insgesamt 72 %       Die europäische Gasinfrastruktur ist ein             haben bereits in der Vergangenheit ob­
der Methan-Emissionen von der Land­          hochkomplexes Konstrukt mit vielen un­               ligatorische wie freiwillige Maßnahmen
wirtschaft, 18 % von der Abfallwirtschaft    terschiedlichen Komponenten, von de­                 und Projekte zur Einstellung oder Reduk­
und lediglich 9 % vom Energiesektor ver­     nen einige bereits seit mehr als hundert             tion des routinemäßigen Abblasens bzw.
ursacht (Stand 2018). Gemäß der öster­       Jahren existieren. In Österreich wurde in            des Abfackelns von Erdgas umgesetzt. Ein
reichischen Treibhausgasinventur lagen       der Vergangenheit bereits viel investiert,           pauschales Verbot für das Abblasen bzw.
die Methan-Emissionen aus Gewinnung,         um die Gasinfrastruktur sowohl sicher­               Abfackeln über alle Infrastrukturkompo­
Speicherung und Verteilung von Gas 2018      heitstechnisch als auch im Sinne einer               nenten und Tätigkeiten hinweg wird da­
bei 0,24 Mio. Tonnen CO2-eq. Das sind ge­    Emissions-Reduktion zu verbessern. So                her in der Stellungnahme, insbesondere
rade einmal 0,3 % der gesamten österrei­     zählt das heimische Gasnetz heute zu                 mit Blick auf technische Alternativen und
chischen Treib­hausgas-Emissionen.           einem der modernsten und dichtesten                  die Aufrechterhaltung der Versorgungssi­
   Etliche der in der EU-Methanstrategie     weltweit. Eine pauschale Festlegung von              cherheit, kritisch gesehen. Im Sinne der
geforderten Maßnahmen werden in Ös­          Verbesserungsmaßnahmen wird in der                   Sicherheit und zur Durchführung von
terreich bereits durchgeführt bzw. sind      Stellungnahme daher abgelehnt, die Aus­              Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten
geplant. Neben umfangreichen Erneue­         gangssituation in den einzelnen EU-Mit­              muss Abblasen bzw. Abfackeln weiterhin
rungen, z.B. durch den Tausch alter Rohr­    gliedstaaten (Zustand der Infrastruktur,             möglich sein.
leitungen durch moderne isolierte Stahl-     Instandhaltungsprogramm, eingesetzte
oder Kunststoffrohre, wurden auch die        Arbeitsverfahren) ist zu unterschiedlich.            Zurzeit findet die öffentliche Konsultation
Arbeitsverfahren laufend weiterentwi­        Bei Verpflichtungen zu Maßnahmen für                 zur EU-Methanstrategie statt, an der sich
ckelt. Die Gasnetzbetreiber sind darüber     die Vermeidung von Leckagen ist nach                 auch ÖVGW und FGW beteiligen. Die Er­
hinaus gesetzlich verpflichtet ihre Lei­     Ansicht von ÖVGW und FGW der Zustand                 gebnisse der umfangreichen Befragung
tungen und Anlagen periodisch zu über­       der Gasinfrastruktur zu berücksichtigen.             sollen in einem noch für heuer erwarte­
prüfen, um auch kleinste Undichtheiten       Zunächst muss analysiert werden, wo am               ten EU-Gesetzesvorschlag zur Redukti­
im parts-per-million-Bereich (ppm) auf­      einfachsten die größten Verbesserungen               on der Methan-Emissionen im Energie­
zuspüren. Als Basis für die Überprüfun­      erzielt werden können. Wichtig ist, dass             bereich Berücksichtigung finden. ◂
gen dienen u.a. die einschlägigen tech­
nischen Regeln der ÖVGW, die seit mehr
als 2 Jahrzehnten detaillierte und laufend
aktualisierte Vorgaben zu Erkennung und
                                                  HUNDERT HEFTE
Reparatur von Leckagen bereitstellen.                  Genuss- und Suchtmittelverbrauch der Redaktion für 100 Ausgaben
                                                                              (seriöse Schätzungen und Hochrechnungen)
Der Einsatz von Biogas                              Kaffee     Schwarz- und        Wein      Zigaretten    Zigarren      Pfeifen-    Schokolade
                                                  (Espresso)     Grüntee                                                  tabak
In der Stellungnahme wird begrüßt,
dass die Chancen von Biogas in der Me­
thanstrategie erkannt werden. Durch
Biogas-Produktion lassen sich die Me­
                                                 16.800 2.300                    1.050       3.250         350            20           90
than­
    emissionen aus dem abfall- und                 Tassen         Liter            Liter    Packungen       Stk.           kg           kg

FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                                                                 13
FACHFOR UM

                                      Reststoffe nutzen statt verrotten lassen
                                      Eine aktuelle Studie zeigt, dass bei Herstellung und Nutzung von Biogas und Biomethan
                                      weniger THG freigesetzt werden als bei der Verrottung oder Kompostierung der Reststoffe.

                                      Biogas und Biomethan bewirken eine Verringe­                  sionen. Pro Tonne Wirtschaftsdünger, die in
                                      rung der Treibhausgasemissionen – das ist kei­                Biomethan umgewandelt wird anstatt zu ver­
                                      ne Überraschung. Auf Grund des „kurzen Koh­                   rotten, kann im Schnitt eine Viertel-Tonne
                                      lenstoffkreislaufs“ wird bei ihrer Verbrennung                Treibhausgase eingespart werden. Zudem lässt
                                      nur jenes CO2 freigesetzt, das von den Pflanzen               sich fossiles Gas durch Biomethan ersetzen,
                                      während ihres Wachstums aufgenommen wur­                      wodurch zusätzlich Treibhausgase vermieden
                                      de; es gelangt also kein CO2 in die Atmosphäre,               werden. Die Reste der Biomethanproduktion
                                      das über Millionen von Jahren im Untergrund                   können als Dünger verwendet werden, der bei
                                      gebunden war. Die kontrollierte Umwandlung                    richtiger Ausbringung das Grundwasser we­
                                      von organischen Reststoffen in Biogasanlagen                  niger ­belastet als Gülle und Mist. Es wird also
                                      verhindert aber auch, dass durch Verrottung                   nicht nur das Klima geschützt, sondern auch
                                      im Freien CO2 und Methan entstehen und als                    das Grundwasser vor zu hohen Nitratbelastun­
                                      Treibhausgase in die Atmosphäre abgegeben                     gen.
                                      werden.
                                                                                                    Schwankungsbreite bei THG-Einsparung
                                      In einer im Rahmen der ÖVGW-Forschungsin­
                                      itiative „Greening the Gas“ erstellten Studie 1               Aufgrund der unterschiedlichen Arten von
                                      hat das Forscherteam von BEST – Bioenergy                     Gülle (Festmist, Jauche), der Lagerung und
             Foto: shutterstock.com

                                      and Sustainable Technologies GmbH festge­                     der eingesetzten Technologie ergeben sich je­
                                      stellt, dass es bei der Biogaserzeugung gegen­                doch hohe Schwankungsbreiten bei den Treib­
                                      über Verrottung oder Kompostierung zu Ein­                    hausgas-Einsparungen durch Biomethaner­
                                      sparungen beim Treibhausgasausstoß kommt.                     zeugung. Und nicht bei jedem Substrat treten
                                      Obwohl beim Transport des Substrats sowie                     durch die Umwandlung zu Biomethan über­
                                      bei Produktion und Aufbereitung von Biogas                    haupt Einsparungen beim Treibhausgasaus­
                                      und Biomethan Treibhausgasemissionen ent­                     stoß auf. So sind bei Stroh die THG-Emissionen
                                      stehen, überwiegen die Einsparungen. Die                      geringer, wenn dieses gleich auf dem Feld ein­
                                      Umwandlung von Reststoffen zu Biomethan                       gearbeitet und nicht geerntet und anschlie­
                                      ermöglicht also nicht nur die energetische Nut­               ßend energetisch verwertet wird. Das liegt zum
                                      zung, sondern hat im Vergleich zur Verrottung                 einen daran, dass Stroh gemäß den Annahmen
                                      bzw. Kompostierung auch noch positive Aus­                    in der Studie nicht als Reststoff gilt und somit
                                      wirkungen auf den THG-Ausstoß.                                für die Biomethanerzeugung die Vorkette mit­
                                                                                                    berücksichtigt werden muss, und zum anderen
                                      Große Einsparungen bei Gülle und Mist                         daran, dass ein Teil des enthaltenen Kohlen­
                                                                                                    stoffes bei der Einarbeitung am Feld im Boden
                                      Bioabfall, Gülle und Mist schneiden bei der                   fixiert wird.
                                      Verwertung zu Biomethan im Vergleich zu ei­
                                      ner Kompostierung am besten ab und führen                     Eines macht die Studie jedenfalls deutlich: die
                                      zu deutlichen Reduktionen der THG-Emis­                       Biomethanerzeugung ist eine Schlüsseltechno­
                                                                                                    logie für die nachhaltige Nutzung von Biomas­
                                      1 Studie zu Treibhausgasemissionen von Biomethan aus mi-
                                        krobiologisch erzeugtem Biogas für unterschiedliche Subs-   se – vor allem, wenn biogene Reststoffe ver­
                                        trate, Februar 2021.                                        wendet werden. ◂

14                                                                                                             FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
Der Primus unter
                                                                  den Kompakten
Grünes Gas                        konkret                         Der Zustandsmengenumwerter
Wasserstoff im Kommen                                             Primus 400 hat alles, was ein
                                                                  Umwerter braucht, insbesondere
Wien wird Wasserstoff-Hub der Ostregion                           umfassende Kommunikations-
                                                                  optionen.
Einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft gehen
die Wiener Stadtwerke mit der Gründung der „Wiener Was­
serstoff GmbH“. Der Konzern kann von der Produktion
über die Lieferung und die Betankung bis hin zur Nutzung
von Wasserstoff alles in einer Hand abbilden. Wien Ener­
gie errichtet eine 2,5 MW-Elektrolyseanlage und sorgt auch
für den Transport des Wasserstoffs an eine Tankstelle der
Wiener Netze in der Leopoldau, die heuer im Spätherbst er­
öffnet wird. Spätestens 2024 werden dort zehn Wasserstoff­
busse der Wiener Linien betankt und auf der Linie 39A ein­
gesetzt. Erste Versuche verliefen positiv, mittelfristiges Ziel
ist, der Wasserstoff-Hub der Region zu werden.

TIGAS: Pläne für innovatives Wasserstoffzentrum

Auch in Tirol gibt es konkrete Vorhaben für die Umwand­
lung von Strom in grünen Wasserstoff: Das Projekt „Po­            • Mit integriertem LTE (4G) Modem
wer2X Kufstein – innovative Sektorkopplungsanlage mit                 verfügbar
Wasserstoffzentrum“ soll die Strom-, Wärme, Kälte- und
Gasnetze sowie den Mobilitätssektor verbinden.
                                                                  •   MID-Zulassung (Umwerter)
   Das Herzstück für die Wasserstoffbereitstellung im Sek­        •   MessEG-Zulassung (Archive)
tor Power2Gas werden modular erweiterbare PEM-Elektro­            •   Für Ex-Zonen 0, 1 und 2
lyseure darstellen. Der mobile Speicher, auch als „Trailer‘‘
                                                                  •   Mit Bedienprogramm
bezeichnet, ermöglicht die Belieferung externer Partner
und Kunden. Um den Anteil von nachhaltigem Gas im Netz
                                                                      RMGViewPrime
zu erhöhen, ist auch vorgesehen, Wasserstoff ins bestehen­        •   Lithium-Batterie oder externe
de Erdgasnetz einzuspeisen. Die Verwendung des bei der                Versorgung
Elektrolyse erzeugten Sauer- und Wasserstoffs findet zudem
Anwendung bei der Reinigung von Abwasser.
   Um den Bedarf für eine nachhaltige Mobilität für Pkw,
Lkw und Busse zu decken, werden vor Ort Abgabestellen             Auch erhältlich:
zur Betankung von „Wasserstofffahrzeugen“ (sog. Fuel Cell         Messwertregistriergerät Prilog 400,
Electric Vehicles) sowie eine Ladeinfrastruktur für „Elektro­
                                                                  basierend auf derselben Plattform.
fahrzeuge“ (sog. Batterie Electric Vehicles) errichtet.
   Die Power2X-Anlage wird grundsätzlich modular aufge­
baut und verbindet die Sektoren Gas, Wärme und Mobilität.
Diese Anlagenmodulteile werden in Konzeption, Planung
und Ausführung so berücksichtigt, dass sie zu unterschied­
lichen Zeitpunkten realisiert werden können und in gewis­
sem Maß auch erweiterbar sind. ◂

                                                                       RMG Messtechnik GmbH
FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
                                                                              www.rmg.com
FACHFOR UM

                                   EAG: neue Spielregeln am Strommarkt
                                   Bis 2030 sind 10 Milliarden Euro für den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und
                                   die Erzeugung von grünem Wasserstoff vorgesehen.

                                   Anfang März wurde jenes Gesetzespaket im          einen privaten Haushalt mit einem durch­
                                   Ministerrat vorgelegt, welches das lange an­      schnittlichen Stromverbrauch wird durch den
                                   gekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz EAG         Erneuerbaren-Förderbeitrag und die Erneuer­
                                   enthält. BM Leonore Gewessler präsentierte bei    baren-Förderpauschale in den nächsten fünf
                                   einer Pressekonferenz am 11. März im Wiener       Jahren eine Belastung von rund 120 Euro er­
                                   Haus des Meeres die wichtigsten Eckpunkte.        wartet. Einkommensschwache Haushalte, de­
                                                                                     nen eine Befreiung von der GIS-Gebühr zuer­
                                   100 % Strom aus Erneuerbaren bis 2030             kannt wurde, sollen von diesen Kosten befreit
                                   Die Zielvorgabe ist bereits im aktuellen Regie­   werden.
                                   rungsprogramm festgeschrieben: Im Jahr 2030
                                   sollen bilanziell 100 % der österreichischen      500 Mio. für grünen Wasserstoff und Syn-Gas
                                   Stromversorgung aus erneuerbaren Energie­         Bis 2030 sollen 500 Mio. Euro für die Förderung
                                   quellen stammen. Die erneuerbare Strompro­        von grünem Wasserstoff und synthetischem
                                   duktion muss dafür jährlich um 27 TWh – oder      Gas zur Verfügung gestellt werden. Unterstützt
                                   um 50 % gegenüber dem gegenwärtigen Stand         wird die Errichtung von Elektrolyseanlagen,
                                   – erhöht werden. Folgende Steigerungen sind       die mit erneuerbarem Strom betrieben werden.
                                   geplant: +11 TWh Photovoltaik, +10 TWh Wind­      Die erzeugten Gase sollen im industriellen Be­
                                   kraft, +5 TWh Wasserkraft, +1 TWh Biomasse.       reich zum Einsatz kommen, z.B. in der chemi­
                                       Das EAG soll ab 2021 das Ökostromge­          schen Industrie oder bei der Stahlerzeugung
                                   setz 2012 ersetzen. Im Gesetzesentwurf ist die    und dort fossile Energieträger ersetzen.
                                   technologiespezifische Ausgestaltung des
                                   Fördersystems mit Marktprämien und Inves­         Energiegemeinschaften
                                   titionszuschüssen vorgesehen. Das maxima­         Allen, die erneuerbaren Strom erzeugen, soll
                                   le Fördervolumen für Ökostrom soll mit einer      ein Recht auf einen Netzanschluss eingeräumt
                                   Milliarde Euro pro Jahr begrenzt werden. Für      werden. Dafür sind zwei Modelle vorgesehen.
                                                                                                          „Erneuerbare-Energie­
Ausbau der erneuerbaren Strom-                                                                            gemeinschaften“     sol­
erzeugung in Österreich bis 2030                                                                          len künftig die Nutzung
(in TWh)                                                                                                  von lokal produziertem
Quelle: BMK                                                                                               Strom in der näheren
                                                                                                          Umgebung ermöglichen.
                                                                                                          „BürgerInnen-Energie­
                                                                                                          gemeinschaften“ könn­
                                                                                                          ten gemäß dem Entwurf
                                                                                                          gemeinsam       erneuer­
                                                                                                          baren Strom auf einem
                                                                                                          überregionalen     Level
                                                                                                          nutzen. Dafür soll ein
                                                                                                          neuer Marktakteur am
                                                                                                          Strommarkt eingerichtet
                                                                                                          werden, der den Zusam­

16                                                                                               FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021
FACHFORUM

  „Gaskunden sollten nur für etwas zahlen, wovon sie auch einen Vorteil haben“
  Nach Ansicht von FGW-Geschäftsführer Michael Mock reichen einmalige ­Investitionszuschüsse nicht aus,
  um Anlagen für erneuerbares Gas wirtschaftlich betreiben zu können.

  FORUM GWW: Herr Mag. Mock, reichen Zuschüsse für Investitio-          Wie bewerten Sie die geplanten Förderungen für grünen Wasser-
  nen in Errichtung und Umrüstung von Anlagen zur Erzeugung von         stoff und synthetisches Gas?
  erneuerbarem Gas aus, um diese Gase am Markt zu etablieren?           Die Förderung von Wasserstoffanlagen begrüßen wir grundsätzlich.
  Mock: Aus Sicht des FGW stellen die Bestimmungen und die Höhe         Der Plan, dass Gasnetzkunden die teure Errichtung von Wasserstoff­
  der Zuschüsse kein wirksames Förderregime für Grünes Gas dar.         erzeugungsanlagen, die nicht in das Gasnetz einspeisen, finan-
  Es ist gut, wenn diese Investitionsförderungen kommen, aber sie       zieren sollen, lehnen wir jedoch als sachlich nicht gerechtfertigte
  allein reichen nicht aus, um eine Take-Off-Phase für Grünes Gas       Mehrbelastung unserer Kunden ab. Dafür müssen andere Formen
  ­einzuleiten. Es handelt sich bei den Zuschüssen um Einmal-Zahlun-    der Finanzierung gefunden werden, beispielsweise im Wege der
   gen. Die bieten aber keine Sicherheit, dass die Anlagen über einen   Stromnetztarife, weil diese ausschließlich netzdienlich für den
   längeren Zeitraum hinweg wirtschaftlich betrieben werden können.     Strommarkt wirken. Die Gaskunden sollten nur für jene Anlagen
                                                                        zahlen, die ihr Grünes Gas ins Gasnetz einspeisen und so für alle
  Was wäre dafür notwendig?                                             Kunden den Vorteil bringen, dass fossiles durch Grünes Gas ersetzt
  Um erneuerbaren Gasen zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es         wird.
  Rechtssicherheit für die Investoren und ein Grün-Gas-Fördersystem,
  das eine Hochlaufkurve garantiert. Am besten vergleichbar ausge-      In dem Gesetzespaket gibt es auch Bestimmungen zur Fernwärme.
  staltet, wie es beim Öko-Strom der Fall ist – also Ausschreibungen    Wie lautet das Resümee?
  und Marktprämien. Dann könnten sich die effizientesten Tech-          Da gibt es zwei kritische Punkte: Es war für uns überraschend,
  nologien durchsetzen und die Mehrkosten, die für den Erzeuger         dass im Wärme- und Kälteleitungs-Ausbau-Gesetz überhaupt keine
  anfallen, würden transparent abgegolten werden.                       Dotierungen mehr vorgesehen sind. Man möchte dieses Gesetz
                                                                        einfach auslaufen lassen. Die Forderungen von unserer Seite waren
  Das angekündigte Grün-Gas-Gesetz sollte also derartige Bestim-        genau das Gegenteil: Wir wollten eine solide, langfristige Finanzie-
  mungen enthalten?                                                     rung für den weiteren Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur.
                                                                                                           ­­                       Wenn es
  Wir setzen uns seit langem dafür ein. Aber wenn ich mir die Be-       der Politik ernst ist mit dem Fernwärme­ausbau, dann müssen auch
  stimmungen im vorliegenden EAG-Paket durchlese, bekomme ich           entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
  den Eindruck, dass die Politik ein anderes Regime vor Augen hat:         Kritisch sehen wir auch, dass die Fernwärmeversorger künftig
  Nämlich eine Quote, die Versorger verpflichtet, einen steigenden      Kostendetails zu ihren Tarifen an die E-Control übermitteln sollen,
  Anteil an Grünem Gas abzusetzen. Ob ein solches System den            die dann Informationen auf ihrer Website veröffentlicht. Das
  Anlagenbetreibern ausreichend Investitionssicherheit gibt, wird       bringt den Kunden nichts und bedeutet nur bürokratischen Mehr-
  sich erst herausstellen.                                              aufwand.

menschluss von mehreren Nutzern zu einer                    für die Produktion und Nutzung von Grünen
rechnerischen/virtuellen Gemeinschaft koor­                 Gasen wie Biomethan und synthetischem Me­
dinieren soll.                                              than. BM Gewessler verwies auf ein weiteres Ge­
                                                            setzesvorhaben, das gerade in Ausarbeitung ist
Zuschüsse für Errichtung und Umrüstung                      und noch im Sommer in Begutachtung gehen
von Biogasanlagen                                           soll. Dieses wird nach den Plänen des Klima­
Die Neuerrichtung von Anlagen zur Erzeugung                 ministeriums ein großes Förderprogramm für
und Aufbereitung von erneuerbarem Gas kann                  Grünes Gas in der Industrie enthalten.
durch Investitionszuschüsse gefördert werden.
Bei bestehenden Biogasanlagen soll die Errich­              Das EAG und Novellen zu neun weiteren Ge­
tung einer Gasaufbereitungsanlage und die                   setzen – darunter zum Gaswirtschaftsgesetz
Umrüstung im Zusammenhang mit geänder­                      und zum Wärme- und Kälteleitungsausbau­
tem Rohstoffeinsatz gefördert werden. Insge­                gesetz – wurden als Regierungsvorlage in den
samt sind für Biogasanlagen jährliche Förder­               Nationalrat eingebracht. Zur Beschlussfassung
mittel in Höhe von 50 Mio. Euro vorgesehen.                 des Gesetzespaketes ist im Nationalrat eine
Nicht Gegenstand des EAG sind Marktprämien                  2/3-Mehrheit erforderlich. ◂

FORUM GAS WASSER WÄRME 2/2021                                                                                                                         17
Sie können auch lesen