C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019

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C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
C 3428

Zeitschrift der GEW Hamburg
September-Oktober 9-10/2019
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
hung bei den Kolleg_innen an-
                                                                                kommen. In der GEW-Geschäfts-
                                                                                stelle sind dann wieder neue
                                                                                Beamtenbesoldungstabellen zu
                                                                                bekommen. Auch hier fallen die
hlz-Notiz 

                                                                                Dinge nicht vom Himmel, son-
                                                                                dern sind Resultat der Streiks der
                                                                                Tarifbeschäftigten und der har-
                                                                                ten Verhandlungen der Gewerk-
                                                                                schaften mit den Arbeitgebern.
                                                                                   Außerdem hat sich in Ham-
                                                                                burg ein neues Bündnis „Mehr
                                                                                Zukunft in der Schule” gegrün-
                                                                                det. Die Beteiligten sind sich
                                                                                darüber einig, dass sich zu viele
                                                                                schulpolitische Entscheidungen
    Es tut sich eine Menge in             endlich an, an der Gesetzesvorla-     vor allem dadurch auszeichnen,
 Hamburg! Der Entwurf für den             ge zu arbeiten? Die betroffenen       dass sie ohne die Beteiligung der
 Schulentwicklungsplan       (SEPL)       Kolleg_innen wollen zu Recht          Betroffenen     beziehungsweise
 der allgemeinbildenden Schulen           endlich wissen, was los ist!          ausdrücklich in „Hinterzimmer-
 wird nun doch länger diskutiert,            Ein weiterer Erfolg der Ge-        gesprächen“ zustande kommen.
 als Behörde und Senat das vor-           werkschaften ist die Abschaffung      Das Neue und Besondere an
 gesehen hatten. Die Deputati-            der Kostendämpfungspauschale          diesem Bündnis ist nicht zuletzt
 onssitzung der BSB fällt vor den         bei der Beihilfe zum 1.1.2020.        die Zusammensetzung: Vereini-
 Herbstferien aus. Der SEPL kann          Aber auch hier ist die Sache noch     gung der Leitungen der Hambur-
 also erst auf der nächsten Sitzung       nicht ganz in trockenen Tüchern.      ger Gymnasien und Studiense-
 nach den Herbstferien beraten            Am 17.9.2019 wurde die Vorla-         minare, Verband Hamburger
 werden und auch der Schulaus-            ge im Landespersonalausschuss         Schulleitungen, Vereinigung der
 schuss der Bürgerschaft hatte            diskutiert und voraussichtlich im     Schulleiter/innen der Hambur-
 zu einer zusätzlichen öffentli-          Oktober in der Bürgerschaft be-       ger Stadtteilschulen in der GGG,
 chen Anhörung am 18.9.2019               raten. Ein paar Wermutstropfen        Vereinigung der Schulleiterinnen
 eingeladen. Die Stellungnahme            hat allerdings auch diese Vorla-      und Schulleiter an beruflichen
 der Hamburger GEW zum SEPL               ge: die Beihilfefähigkeit von Heil-   Schulen in Hamburg e.V., Eltern-
 kann unter https://www.gew-              praktikerleistungen wird stark        kammer Hamburg, Lehrerkam-
 hamburg.de/sites/default/files/          eingeschränkt und auch bei den        mer Hamburg, SchülerInnen-
 download/aktuelle-meldungen/             Sehhilfen soll gespart werden.        kammer Hamburg und die GEW
 stellungnahme_gew_zum_
 sepl1.pdf abgerufen werden.
    Der im Zusammenhang mit               Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt,
 dem sogenannten Schulfrieden             Sven Quiring
 vereinbarte Vertrag zwischen
 SPD, GRÜNEN, CDU und FDP
 enthält unter anderem eine offi-         Es geht voran
 zielle Ankündigung einer besse-
 ren Entlohnung der Grund- und            Hier wollte man jegliche finan-       Hamburg. Gemeinsam wird die
 Stadtteilschullehrkräfte      nach       zielle Unterstützung streichen;       Entstehung bisheriger Entwürfe
 A13Z. Das begrüßen wir, das ist          dies konnten der DGB und die          und Entscheidungen zu zentra-
 unser Erfolg! (siehe in dieser           Gewerkschaften des öffentlichen       len Bildungsfragen kritisiert: die
 Ausgabe S. 8) Wir kritisieren,           Dienstes abwenden.                    besten Lösungen für die Ham-
 dass die gerechte Bezahlung in              Als Folge der Tarifrunde 2019      burger Kinder und Jugendlichen
 kleinen Trippelschritten erst bis        war am 17. September in der           und für ihre Schulen können nur
 zum 1.8.2023 erfolgen soll und           Bürgerschaft die Verabschiedung       gemeinsam und vor Ort gefun-
 dass immer noch nichts Konkre-           des Gesetzes zur Anpassung der        den werden! „Mehr Zukunft in
 teres auf dem Tisch liegt. Bei an-       Besoldung und Versorgung der          der Schule!“ D.h. für alle Betei-
 deren Themen kann es der BSB             Hamburger Beamt_innen ge-             ligten: mehr Dialog, mehr Ver-
 nicht schnell genug gehen und            plant. Mit den Oktoberbezügen         antwortung und mehr Zeit für
 hier wird es auf die lange Bank          sollte dann rückwirkend zum           die beste Bildung in Hamburg!
 geschoben. Wann fängt die BSB            1.1.2019 die Besoldungserhö-          (Mehr dazu auf S. 18f)

 hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019                                                                     3
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
GEW

                                                        Foto: hlz
                                                                    JA13
                                                                    Kein saurer Drops, aber zäh verpackt ————   8
                                                                                     ————————————————————— 21
                                                                    Offene Liste
                                                                    In einem Boot —

                                                                                        —————————————————— 23
                                                                    Gloria Boateng
                                                                    Africa on my mind —

                                                                    Gesellschaftliche Rolle – eine Replik ———— 28
                                                                    Gymnasien

                                                                    Unbequeme Wahrheiten ——————————————— 30
                                                                    White privilege

Geschafft…                                 Seite 8
                                                                    Was sich ändert ————————————————————— 32
                                                                    Beihilfe
   …aber ein Gefühl, als habe man Geburtstag, an
dem einem mitgeteilt wird, dass das Geschenk erst

                                                                    Wolfgang Kirstein ——————————————————— 58
in vier Jahren kommt. Trotzdem: Der Kampf hat                       Nachruf
sich gelohnt!

                                                                    Was deckt er ab? ———————————————————— 60
Schüler_innenwatch                       Seite 24                   Rechtsschutz
   Während die Welt sich noch über Methoden der
allüberall stattfindenden Überwachung im Internet
                                                                    ‚Vorwärts‘ gilt immer noch ———————————— 62
echauffiert, plant unser Senator für die Kolleg_in-                 Ruheständler_innen
nen an Schulen ein weiteres Kontrollsystem.

KiJu                                     Seite 20
  Nach gut kommt besser. Insofern lässt die Na-                     Bildungspolitik
mensschöpfung der Familienministerin in Hinblick

                                                                                                               9
auf das nur ‚Gute Kita-Gesetz‘ auf Besseres hoffen.                 Schulfrieden 1
                                                                    Kuhhandel —————————————————————————
Bündnis                                   Seite 18
                                                                    Gemeinsam stark ———————————————————— 18
   Das Maß ist voll! Nachdem der Senator sich jah-                  Weckruf
relang verweigert hat, mit den mit Bildung in die-
ser Stadt Betrauten sich auszutauschen, setzen sich
                                                                                       ——————————————————— 20
diese nun gemeinsam zur Wehr. In einer Erklärung                    Kita
fordern sie u.a. die Einrichtung eines Bildungsrates,               Gut ist steigerbar —
um damit einen permanenten Austausch der Mei-
                                                                    Taschenspielertricks —————————————————— 22
nungen zu garantieren.                                              VHS

                                                                    Killing me softly ———————————————————— 24
                                                                    Schüler_innenwatch

                                                                    Das Sichere ist nicht sicher ———————————— 26
                                                                    Schulfrieden 2

                                                                    Schule neu denken/ Interview —————————— 36
                                                                    Migration

                                                                    Inklusion
                                                                    Ein zweifach Betroffener
                                                                    nimmt Stellung —————————————————————            42
 4                                                                               hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
Schwerpunkt
Schulentwicklungsplan (SEPL) ————————         11

Magazin
Einladung
Kongress zum Antifaschismus
auf Kampnagel ——————————————————————    34
                          ————————————— 48
Klima
Wer ist verantwortlich? ——
                                                   Störungsstelle                          Seite 11
100 Jahre alternativ —————————————————— 50
Waldorfschulen                                       Aufgrund der knappen Zeitvorgabe für eine Stel-
                                                   lungnahme zum SEPL konnte man denken, dass der
                                                   Senator auch an keiner Diskussion interessiert ist.
Skandal                                            Da spielen wir nicht mit. Wir hoffen, dass unsere

                                       52
Die neue Verfilmung der                            Stellungnahme zu einer den Schulfrieden störenden
‚Deutschstunde‘ —————————————————————              Debatte beiträgt.

Ulrich Bauche —————————————————————— 56
Hommage
                                                   Postmigrantisch...                      Seite 36
                                                      – was das für die Schulen und den Unterricht wie
Ein Buch von Betroffenen ————————————— 59
Migrant_innen                                      für die Schullandschaft insgesamt bedeutet, erklärt
                                                   die Erziehungswissenschaftlerin Mechtild Gomolla
                                                   in einem Interview.
Schule im Neoliberalismus ———————————— 61
Tagung

                                                   100 Jahre Waldorfschulen                Seite 50
                                                      Anlass für eine kritische Würdigung der pädago-
                                                   gischen Konzepte sowie für die Feststellung, dass
                                                   die Kinder auch hier eine exklusive Auswahl dar-
Rubriken                                           stellen, was die Segregation vorantreibt.

hlz-Notiz
——————————————————————————————————  3              Kongress                                Seite 34
                                                     Der Widerstand gegen rechts formiert sich. Auf
Leser_innenbriefe / Nachrichten
——————————————————————————————————  6              einer zweitägigen Konferenz auf Kampnagel am
                                                   25. und 26. Oktober kommen viele Akteur_innen
                                                   zu Wort und stellen ihre Konzepte vor. Und abends
—————————————————————————————————— 55
gb@-Seminare
                                                   wird getanzt!

—————————————————————————————————— 57
Impressum

—————————————————————————————————— 63
Rätsel

—————————————————————————————————— 64
Aus dem Arbeitsprozess...

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GEW-Termine
                                                                                                         © Berliner Botschaft

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019                                                        5
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
Leser_innenbriefe an: hlz@gew-hamburg.de
Leser_innenbriefe/Nachrichten c
                                                                                (wir belassen ggf. alte Schreibung)
                                                                                Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor

                                                      Statistischer                          Desweiteren fällt das Wort          durchaus im Unterricht ver-
                                                                                          "Standespolitik"!                      wendbar!) Sie legen gesell-
                                                      Zeigefinger                            Auch in dem nachfolgenden           schaftliche Widersprüche offen
                                                      hlz 5-6/19, S.25-28                 Artikel wird ein Bild der Gym-         und desavouieren somit Soests
                                                                                          nasien gezeichnet, dem ich nicht       uralte Kamelle über die Sinnhaf-
                                                         Wenn Abiturient_innen eine
                                                                                          zustimme!!!                            tigkeit des „2-Säulen-Modells“.
                                                      einjährige Auszeit nehmen, um
                                                                                             Stellt euch vor: die Lehrerin-      Klar ist für ihn: Die Natur hat
                                                      sich persönlich weiter zu entwi-
                                                                                          nen und Lehrer an den Gymna-           es nun einmal so eingerichtet,
                                                      ckeln, redet niemand von einer
                                                                                          sien sind nicht nur spezialisierte     dass sich die Kinder die richtige
                                                      Warteschleife.
                                                                                          Fachlehrer/innen, wir können           Fahrkarte in die wunderbare
                                                         Wenn 16jährige mit mittel-
                                                                                          auch Pädagogik, Binnendiffe-           Welt der Klassengesellschaft
                                                      mäßigem ersten Schulabschluss
                                                                                          renzierung.... und noch einiges        – wo für die Mehrheit ruinöse
                                                      nicht sofort und übergangslos
                                                                                          mehr (seit der Kreidezeit ist          Arbeit für wenig Geld ange-
                                                      eine Ausbildung antreten, dann
                                                                                          einige Zeit vergangen!!). Ich          sagt ist – in der Grundschule
                                                      kommt der erhobene statistische
                                                                                          frage mich also ernsthaft, ob die      ‘verdienen‘. Die „hässlich[e]“
                                                      Zeigefinger. Dass ausgerech-
                                                                                          Kolleginnen und Kollegen aus           Schieflage dieses zweigliedri-
                                                      net Kay Beiderwieden diesen
                                                                                          den Gymnasien in der GEW gut           gen Schulsystems mit seiner
                                                      schwingt, wundert uns sehr. Ist
                                                                                          "aufgehoben" sind.                     Selektion der 10-Jährigen läuft
                                                      die unmittelbare Eingliederung                           Viele Grüße       auf pure Rechtfertigung hinaus
                                                      in den Arbeitsprozess, sprich        ULRIKE BAUMEISTER (Johanneum)         – hier vorstellig gemacht mit der
                                                      Verwertbarkeit, für unsere SuS
                                                                                                                                 Metapher vom Einstieg in den
                                                      wichtiger als eine sinnvoll
                                                      organisierte Ausbildungsvorbe-      „Alfabet“                              einen oder anderen „Bus“. Kein
                                                                                                                                 Wort darüber, dass die Schule es
                                                      reitung?                            hlz 7-8/19, S. 6
                                                                                                                                 ist, die Lebenschancen vergibt!
                                                         Beiderwieden – lassen Sie        Die verletzte Ehre
                                                                                                                                 Die Selbstverständlichkeit, dass
                                                      die Statistiken ruhen! Wenn Sie     eines gehobenen Standes.
      hlz · Rothenbaumchaussee 15 · 20148 Hamburg
               hlz@gew-hamburg.de · Tel. 4 50 46 58

                                                                                                                                 der Ausschluss von Bildung die
                                                      der Übergang unserer SuS ins        Gehorsam ist ein großes Wort.          einen Kinder trifft – die „nach 4
                                                      Berufsleben wirklich interes-       Meistens heißt es noch: Sofort.        Schuljahren wissen“, „sie haben
                                                      siert, dann kommen Sie in die       Gern haben’s die Herrn.                den einen Bus verdient und nicht
                                                      Berufs- und Stadtteilschulen.       Der Knecht hat’s nicht so gern.        den anderen“ –, ist schlicht
                                                      Machen Sie sich ein Bild von
                                                                                                                                 überheblich, hat wohl etwas mit
                                                      der komplexen Arbeit in der         Reicher Mann und armer Mann            der Bildung zukünftige Eliten
                                                      Ausbildungsvorbereitung. Sie        Standen da und sahn sich an.           zu tun.
                                                      sind herzlichst eingeladen.         Und der Arme sagte bleich:                Die staatlich gewollte Selek-
                                                          M. MÜLLER-RAVENS / R. KOCH      Wär ich nicht arm, wärst du            tion, die der Artikel „Fenster
                                                                                 BS04     nicht reich.                           öffnen“ von J. Geffers (hlz
                                                                                                                                 5-6/2019, S. 18/19) unter die
                                                      Das Gymnasium                       Zwei Knaben stiegen auf die            Lupe nahm, begrüßt der Leser-
                                                                                          Leiter                                 brief als kindgemäß. Hier soll
                                                      als Faktum                          Der obere war etwas gescheiter.        das Kindeswohl im Mittelpunkt
                                                      hlz 5-6/19, S. 13 ff und 7-8/19,    Der untere war etwas dumm.             stehen? Wenn Eltern ihren Kin-
                                                      S. 16f                              Auf einmal fiel die Leiter um.         dern stundenlang bei den Schul-
                                                         Nach der Ablehnung des                                                  aufgaben helfen müssen, wenn
                                                      Antrags an den Gewerkschafts-       „Die Widersprüche sind die             Grundschulstress zu Angst,
                                                      tag bin ich überhaupt nicht         Hoffnungen“ (Bertolt Brecht)           Kopfschmerzen, Renitenz etc.
                                                      mehr sicher, ob ich in der GEW                                             führt, sind das wohl eher Indi-
                                                      bleiben sollte. In der in der hlz     Die Strophen aus Brechts             zien für eine Schule, die dem
                                                      abgedruckten Stellungsnahme         Kindergedicht „Alfabet“ seien          Lernen hinderlich ist. Abwegig,
                                                      heißt es: "Die Gymnasien haben      dem Verfasser des Leserbriefs          da von „Schicksal“ zu sprechen,
                                                      objektiv die Funktion, das Bil-     „hässlich“ zwecks „aufklä-             wie der werte Gymnasialkol-
                                                      dungsprivileg der herrschenden      rerischen Anspruch[s]“ ins             lege, der das „Innenleben“
                                                      Klasse abzusichern."                Gedächtnis gerufen. (Übrigens          der Kinder genau zu kennen

                                                      6                                                                     hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
Änderung würden höhere Einkommen am                               genug da ist für notwendige öffentliche Leis-
stärksten profitieren. Singles würden noch mit                    tungen. Sonst drohen bald neue Kürzungen.

                                      V.i.S.d.P.: VER.DI BUNDESVORSTAND – RESSORT 1 – FRANK BSIRSKE – PAULA-THIEDE-UFER 10 – 10179 BERLIN

scheint. Statt der Frage nach-           Grundgesetz noch den Normen                       verrechnet
zugehen, woher die „anderen              der EU noch dem Allgemeinen                         Wegen steigender Schüler_in-
Ausdrucksformen“ von Kindern             Gleichbehandlungsgesetz: Das                      nenzahlen werden laut einer Stu-
aus Arbeiterfamilien oder dem            ist die Botschaft eines Rechts-                   die der Bertelsmann Stiftung bis
abgehängten Prekariat stammen,           gutachtens im Auftrag der Se-                     2025 voraussichtlich mindestens
fällt ein Pauschalurteil, das            natsverwaltung für Bildung.                       26.300 Grundschullehrer_innen
wohl eher von einem gemeinen,            Kern des Gutachtens ist die                       zusätzlich benötigt. Das wären
„hässliche[n] Rassismus“ zeugt.          Feststellung, dass aus einer an                   rund 10.000 Lehramtsabsol-
   Diese „Verhältnisse“ sind             Berliner Schulen „verbreiteten                    vent_innen mehr, als bislang
schulpolitischen Entscheidungen          islamischen      Religionskultur“                 von der Kultusministerkonfe-
geschuldet. Dass Gymnasialleh-           Konflikte entstünden, etwa um                     renz (KMK) geschätzt, erklärte
rer_innen sich darüber echauf-           Bekleidungsgebote, die das un-                    die Bertelsmann Stiftung bei der
fieren, wenn der Kollege Geffers         gehinderte Lernen bedrohten                       Vorstellung der Studie. Die GEW
die Schulpolitik (und nicht die          oder einschränkten, den Schul-                    forderte daraufhin mehr Studien-
spezielle Lehrerschaft!) kriti-          frieden störten und die nega-                     plätze und eine Qualifizierung
siert, womit er zudem nur einen          tive Religionsfreiheit anderer                    von Quereinsteiger_innen.
Gewerkschaftsbeschluss („Eine            Schüler_innen verletzten. 25
Schule für Alle“) wiedergibt, ist        bis 30 Prozent muslimischer
wohl eher dem Standesdünkel              Schüler_innen seien in der is-                    achtenswert
geschuldet. Klar dürfte natürlich        lamischen Religionskultur „tief                     Das deutsche Bildungssystem
sein, dass ein solches Ein-              verhaftet“, so der Gutachter. Für                 bekommt im internationalen Ver-
heitsschulprojekt „bestimmten            diese sei zentral nicht nur die                   gleich gute Noten in den Berei-
Voraussetzungen“ folgen muss;            Vorstellung einer Unterordnung                    chen frühkindliche Bildung und
da wäre allerdings nicht nur das         der Frau unter den Mann sowie                     höhere Abschlüsse. Nachholbe-
Schul-, sondern auch das durch-          die Beachtung von Bekleidungs-                    darf gibt es dagegen im Bereich
gesetzte Gesellschaftsprinzip zu         vorschriften, sondern auch, dass                  Grundschulfinanzierung und bei
hinterfragen.                            man als Muslim verpflichtet ist,                  der Geschlechtergerechtigkeit.
    F. BERNHARDT, IM RUHESTAND           die Einhaltung dieser Vorschrif-                  Das geht aus einem jährlichen
                                         ten bei anderen Muslimen durch-                   Ländervergleich der Organi-
                                         zusetzen. Letztere Vorschrift un-                 sation für wirtschaftliche Zu-
rechtens                                 terscheide den Islam von allen                    sammenarbeit und Entwicklung
  Das Berliner Neutralitätsge-
                                         anderen Religionen.                               (OECD) hervor.
setz widerspricht weder dem

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019                                                                                             7
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
JA13

Es hat sich gelohnt
Die bessere Bezahlung für Grund- und Mittelstufenlehrkräfte ist ein Erfolg,
der ohne unseren Druck nicht zustande gekommen wäre, aber der Kampf
ist noch nicht zu Ende
   Lange, lange haben wir darauf        An allem Schönen sind häu-         2021/2022. Eine Gleichstellung
gewartet! Schon länger konnte        fig auch ein paar Haken und           wäre dann erst zum 1.8.2023
man hinter den Kulissen verneh-      Ösen. Das ist hier leider auch        erreicht. Dies wäre zwar eine
men, dass es nun bald kommen         der Fall. Im Moment ist dies nur      schnellere Umsetzung als sie in
soll! Jetzt soll es tatsächlich so   eine Absichtserklärung der Bür-       Schleswig-Holstein (bis 2025)
weit sein! A13Z für die Grund-       gerschaftsfraktionen von SPD,         beschlossen wurde, aber in Bre-
und Mittelstufenlehrkräfte! Das      GRÜNE, CDU und FDP, die hin-          men wird der Prozess der besse-
ist ein Erfolg! Es ist ein Erfolg    ter verschlossenen Türen über         ren Besoldung in zwei Schritten
insbesondere der GEW, die seit       den sogenannten „Schulfrieden“        bis 2021 durchgeführt.
2015 auf den verschiedenen po-       verhandelt haben. Weitere fünf           Wichtig ist: Bisher handelt es
litischen Ebenen Druck gemacht       Jahre wollen sie keine Verände-       sich nur um eine Absichtserklä-
hat. Es ist ein Erfolg insbeson-     rungen an der Schulstruktur vor-      rung der Fraktionen. Für eine
dere der Kolleg_innen, die sich      nehmen und dafür soll es einige       reale Änderung muss Hamburg
an unseren Aktionen beteiligt        Veränderungen geben und mit-          ein neues Besoldungsgesetz ent-
haben und ein Erfolg derjenigen,     telfristig sollen die Grund- und      werfen und verabschieden. Viele
die Widerspruch gegen ihre un-       Mittelstufenlehrkräfte auch nach      Feinheiten müssen dabei be-
gerechte Besoldung nach A12          A13 besoldet bzw. nach E13            dacht werden. Hier beginnt also
eingelegt haben und mit unse-        bezahlt werden. Dies soll aller-      erst die eigentliche Arbeit. Und
rem Rechtsschutz das rechtliche      dings in drei Stufen geschehen,       dann muss das Ganze auch noch
Verfahren betreiben.                 beginnend ab dem Schuljahr            für die Tarifbeschäftigten umge-

                                                                                                                    Fotos: hlz

Mit dem Schuljahr 2021/22 wird begonnen, die gleiche Besoldung einzuführen und der Prozess soll – so die
Absicht (!) – mit Beginn des Schuljahres 2023 abgeschlossen sein. Wir kommen wieder, sobald sich andeuten
sollte, dass dies nicht der Fall ist!

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C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
setzt werden. Ein gutes Gesetz           bitten wir um Verständnis, dass     zukünftig auch mit A13 wie die
braucht also notwendigerweise            wir zum aktuellen Zeitpunkt         anderen Lehrkräfte gleich und
einen angemessenen zeitlichen            noch keine Auskünfte über die       gerecht besoldet werden.“ (Anja
Vorlauf.                                 konkrete Ausgestaltung der An-      Bensinger-Stolze, Vorsitzende
                                         hebung der Besoldung machen         der Gewerkschaft Erziehung und
Folgendermaßen wird die                  können. Dazu liegen derzeit kei-    Wissenschaft GEW Hamburg).
GEW nun vorgehen:                        nerlei Informationen vor.           Und weiter: „Die CDU hatte
  Wir versuchen, auf den Ge-                Noch einmal zurück zu den        die schlechtere Bezahlung nach
setzgebungsprozess und damit             „Schulfrieden-Gespräche“. Be-       A12 und damit auch geringere
auf die Bürgerschaftsparteien            sonders ärgerlich ist es, dass      Wertschätzung für die Grund-
größtmöglichen Einfluss zu neh-          sich die CDU die Verbesserung       und Mittelstufenlehrkräfte als
men, damit die gerechte Bezah-           der Bezahlung der Grund- und        Regierungspartei       eingeführt!
lung möglichst schnell und nicht         Mittelstufenkräfte auf die Fah-     Der Kampf um die gleiche Be-
in kleinen Trippelschritten um-          nen schreiben will. Dazu haben      zahlung wird seit Jahren von
gesetzt wird.                            wir für die Presse formuliert:      der GEW geführt. Wir begrüßen
  Wir prüfen, wie die Tarifbe-           „Die ‚Schulfrieden-Gespräche‘       natürlich die jetzt getroffene
schäftigten gleichberechtigt mit         von SPD, Grünen, CDU und            Vereinbarung über die gleiche
einbezogen werden können.                FDP sind abgeschlossen. Dabei       Besoldung aller Lehrkräfte nach
  Rund um den Gesetzgebungs-             wird vor allem der CDU der          A13 Z. Sie müsste aus unse-
prozess werden wir die Betroffe-         Verzicht auf die Forderung nach     rer Sicht allerdings früher und
nen zu einem Termin einladen,            Rückkehr zu G9 an Gymnasien         schneller umgesetzt werden,
um gemeinsam zu erörtern, wie            im Wahlkampf abgekauft. Be-         sonst werden ältere Lehrkräfte
wir mit den Rechtsverfahren              sonders die CDU schmückt sich       weiter benachteiligt.“
weiter machen.                           in den Gesprächen geschichts-                ANJA BENSINGER-STOLZE
  Für Fragen kann man sich               vergessen mit fremden Federn,                            Vorsitzende
immer gern an die GEW Ge-                wenn sie fordert, Grund- und
schäftsstelle wenden. Allerdings         Mittelstufenlehrkräfte    sollten

SCHULFRIEDEN 1

Kuhhandel
Um die CDU davon abzubringen, mit der Forderung nach Wiedereinführung
des G9 am Gymnasium Wahlkampf zu machen, musste die rot-grüne
Regierung Zugeständnisse machen
   War das nun schlau, was die           er ein Schild mit der Aufschrift    diese Forderung verzichtet ha-
Rathausparteien außer Der Lin-           76 Prozent den Abgeordneten         ben.
ken da ausbaldowert haben?               entgegen). Getragen war das            Zu erklären ist dies zum einen
Waren das eigentliche echte Zu-          Ganze nicht zuletzt von dem         durch das Geschick des Spitzen-
geständnisse, die die rot-grünen         Wahlerfolg der CDU in Schles-       kandidaten für die im Februar
Koalitionäre vor allem der CDU           wig-Holstein, die ihren Sieg – so   anstehende Bürgerschaftswahl,
gemacht haben? Eigentlich                die Meinung vieler politischer      Marcus Weinberg, ein ehema-
möchte doch der überwiegende             Kommentator_innen – dieser          liger Lehrerkollege von einer
Teil der CDU-Wähler_innen-               Forderung verdankte. Und die        Förderschule in einem sozialen
schaft die Rückkehr zu G9 am             Hamburger CDU steht unter           Brennpunkt und damit ausge-
Gymnasium. Das hatte doch der            Druck. Mit 15,9 Prozent der         machter Kenner der ganzen
Fraktionsvorsitzende André Tre-          Wähler_innenstimmen bei der         Gemengelage. Darüber hinaus
poll noch mit viel Verve in der          letzten Bürgerschaftswahl steht     genießt er als Person hohes An-
Bürgerschaft wenige Wochen vor           sie mit dem Rücken zur Wand.        sehen, nicht zuletzt, weil er in der
den hinter verschlossenen Türen          Hinzu kommt, dass ihr die AfD       jetzigen Legislaturperiode als
stattfindenden Verhandlungen             im Nacken sitzt. Insofern wun-      Bundestagsabgeordneter wohl
hierzu öffentlichkeitswirksam            dert es schon, dass – abgesichert   nach Meinung vieler seiner Par-
demonstriert (man erinnere sich:         durch eine Art Mitgliederbe-        teikolleg_innen einen guten Job
In einer Bürgerschaftsrede hielt         schluss – die Konservativen auf     gemacht hat. Letztlich angetrie-

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C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg September-Oktober 9-10/2019
ben wurde die Debatte allerdings     hat. Hat man also da – und dies       sen, okay, gar Doppelbesetzung
von dem ehemaligen Staatsrat         gilt für alle an diesem Deal betei-   hier und da, wenn die Raumsitu-
Reinhard Behrens unter der von       ligten Parteien – die Rechnung        ation dazu zwingt, Unterrichts-
Beust/Schill/Lange-Regierung,        ohne den Wirt gemacht?                ausfall soll vermieden werden,
aus der Angst heraus, das Gym-          Vor allem, wenn man sich die       indem man Klassen- und Pro-
nasium könnte dann durch einen       Verhandlungsergebnisse konkret        jektreisen mehr bündelt, Ver-
weiteren Zulauf seinen Charak-       ansieht, passt da eins nicht aufs     waltungs- statt pädagogisches
ter als Elite-Bildungseinrichtung    andere. Zum Beispiel soll die         Personal für administrative Auf-
weiter einbüßen. Spiegelbildlich     Zahl der Fächer, die verpflich-       gaben, der FDP-Dauerbrenner
wäre dann die Stadtteilschule        tend ins Abitur eingebracht wer-      „Sitzenbleiben“ ist wieder mög-
noch mehr dem ausgesetzt, was        den müssen, erhöht (!) werden         lich, wenn Fordern und Fördern
man wenig menschenfreundlich         (40 statt bisher 32 bis 36). „Habt    nichts gebracht hat und schließ-
als „Restschule“ ansehen müsse.      ihr sie nicht mehr alle“, fragt       lich sollen kompetenzorientier-
Dass damit der Trepoll-Flügel        man sich, wenn man andererseits       te Bildungspläne zunächst in
düpiert wurde, nahm man hin,         von Bulimie-Lernen hört.              Mathematik, Deutsch und Eng-
da andernfalls das vermeintlich         In Bezug auf die Frage, wie        lisch um Kerncurricula ergänzt
stabile Gebäude der zwei Säu-        zukünftig mit der inneren Dif-        werden, um ein besseres Grund-
len ernsthaft gefährdet gewesen      ferenzierung umzugehen ist, hat       wissen zu erreichen. Summa
wäre, so die nicht unberechtigte     dann wohl doch pädagogische           summarum alles Veränderungen,
Befürchtung.                         Vernunft vor populistischer           die keinem etwas Besonderes
   Insofern ist die Zustimmung       Anbiederung gesiegt. Jede/r,          abverlangen. Was auffällt: eine
zum so genannten Schulfrieden        die oder der sich intensiver mit      klare Aussage zur einheitlichen
eine höchst strategische Ange-       dieser Frage beschäftigt, weiß,       Lehrer_innenausbildung fehlt!
legenheit, um das gegliederte        dass eine Aufkündigung dieser         War dies eine zu heiße Kartoffel?
Schulsystem insgesamt erhalten       Option das Aus eines jeden re-           Ach ja, fast hätte ich es verges-
zu können. Es lässt allerdings       formpädagogischen        Ansatzes     sen: In diesem Paket steckt auch
Zweifel aufkommen, ob dies           bedeutet hätte und darüber hin-       die Absichtserklärung, Grund-
erfolgreich sein wird. Zum ei-       aus die Umsetzung der Inklusion       und Mittelstufenlehrer_innen ab
nen, weil die bildungsbewuss-        in ihrem Kern getroffen worden        2023 die gleiche Besoldungs-
ten Eltern auf Dauer nicht mehr      wäre. So dürfen die Schulen wei-      bzw. Gehaltsstufe zuzubilligen,
mitspielen könnten, weil sie es      terhin qua Schulkonferenzbe-          wie sie alle übrigen Lehrkräfte
satt haben oder einfach müde         schluss selbst entscheiden, wie       in der Eingangsstufe erhalten
sind, den täglichen Druck, der       sie damit umgehen.                    (s. unser Titelthema). Das hat
auf vielen ihrer Kinder lastet,         Alle anderen Vereinbarungen,       natürlich im Gegensatz zu den
auszuhalten und zum anderen,         wenn man sie ins Verhältnis setzt     eben als Marginalien charakte-
weil sie sehen, dass es in vielen    zu den grundsätzlich zu bewäl-        risierten Ergebnissen tatsächlich
Bundesländern – selbst sozial-       tigenden Problemen, sind eher         grundlegendere Bedeutung. Und
demokratisch regierten – längst      marginal zu nennen. Ein_e Schü-       das ist unser Erfolg! Hätten wir
eine Rückkehr zu G9 gegeben          ler_in weniger in den 5./6. Klas-     nicht diese nachhaltige Kampag-
                                                                           ne geführt, wäre dies kein Thema
                                                                           gewesen. Dass man sich dabei
                                                                           bei den beteiligten Entschei-
                                                                           dungsträgern von der GEW ins-
                                                                           besondere bis zu den im Febru-
                                                                           ar nächsten Jahres anstehenden
                                                                           Bürgerschaftswahlen Wohlwol-
                                                                           len erhofft, ist verständlich. Wir
                                                                           sollten uns aber nicht einlullen
                                                                           lassen, denn zunächst handelt es
                                                                           sich um eine Absichtserklärung.
                                                                           Dies bedeutet, dass wir weiter-
                                                                           hin Druck machen müssen, da-
                                                                           mit wir am Ende keine Überra-
                                                                           schung erleben, die vielleicht mit
                                                                           den geschichtsträchtigen Worten
                                                                           eingeleitet werden könnte: „Nie-
                                                                           mand hat die Absicht…!
Wir lärmen weiter, wenn aus Absicht keine Taten werden!                                     JOACHIM GEFFERS

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SCHULENTWICKLUNGSPLAN (SEPL)

Warum dieser Zeitdruck?
Stellungnahme der GEW Hamburg zum Referentenentwurf
„Schulentwicklungsplan für die staatlichen Grundschulen,
Stadtteilschulen und Gymnasien in Hamburg“ an die BSB
   Die GEW begrüßt zwar, dass            bekräftigt und als Moment zur       Campus-Stadtteilschule eine be-
sich die BSB langfristig mit der         Konzentration auf die Verbesse-     queme Lösung, um die steigende
Entwicklung der Hamburger                rung des Unterrichts herausge-      Zahl der Schulformwechsel nach
Schulen befasst, hat aber zum            hoben. Der „Schulfrieden“ bzw.      Klasse 6 möglichst geräuschlos
vorliegenden Entwurf eine Rei-           die Neuausrichtung der Hambur-      zu bewältigen.
he von Kritikpunkten und kriti-          ger Schulpolitik auf ein Zwei-         Sie ist auch eine billige Lö-
schen Fragen.                            säulenmodell wird als Grund da-     sung, weil für zwei Schulfor-
                                         für genannt, dass Hamburg sich      men unter einem Dach nur eine
• Beteiligungsverfahren                  kontinuierlich in den nationalen    Schulleitung zuständig ist.
   Die Aufforderung der BSB an           und internationalen Schulleis-         Verbunden mit der gewoll-
die Schulgemeinschaften und die          tungsuntersuchungen verbessert      ten Konzeptlosigkeit drohen die
Kammern und Bezirke Stellung-            habe. Dafür gibt es aus unserer     Campusschulen zu einem Ar-
nahmen abzugeben und somit               Sicht keinen Beleg.                 chitektur gewordenen Verzicht
ein Beteiligungsverfahren ein-              Der       Schulentwicklungs-     auf aktive Bildungspolitik zu
zuleiten, ist erfreulich. Dass dies      plan sieht die Einführung von       werden.
Beteiligungsverfahren unter ho-          Campus-Stadtteilschulen      vor.      Anstatt eine neue Schulform
hen Zeitdruck gestellt wird – der        Ein konkretes Konzept für die-      von oben zu verordnen, sollten
SEPL soll noch vor den Herbst-           se Schulform wird leider nicht      Platz und Möglichkeiten für ge-
ferien in der Deputation und im          vorgegeben, sondern soll den        wachsene, vor Ort entwickelte
Schulausschuss beraten werden            Entwicklungen vor Ort über-         Modelle von Schulen geschaf-
– ist der Sachlage unangemessen          lassen werden. Beim ersten          fen werden. Z.B. Stadtteilschu-
und macht eine wirkliche konst-          oberflächlichen Blick auf die       len als Langform! Wir fordern
ruktive und dialogisch orientier-        einzelne Schule hat diese Schul-    Schulentwicklung im Dialog mit
te Beteiligung unmöglich.                form möglicherweise etwas für       Lehrkräften, Eltern und Schü-
   Völlig unverständlich ist es,         sich. Dafür müsste aber eine        ler_innen ein. Nicht nur organi-
dass die Regionalen Bildungs-            gemeinsame Orientierungsstufe       satorische (wie im vorliegenden
konferenzen dabei übergangen             in den Klassen 5 und 6 sowie        Entwurf), sondern vor allem
werden. Obwohl die Struktur des          mehr Durchlässigkeit in allen       pädagogische      Überlegungen
SEPL dem vorigen SEPL 2010               Jahrgängen (Möglichkeiten von       müssen die Triebfeder einer gu-
– 2017 entspricht und auch nach          gemeinsamem        Fachunterricht   ten Schulentwicklungsplanung
den Regionalen Bildungskonfe-            etc.) gegeben sein, was von der     werden.
renzen geschnitten ist, bleiben          BSB offensichtlich nicht gewollt       Es verwundert, dass sowohl
sie unbeteiligt. Dies ist als pro-       ist. Gänzlich kritisch sehen wir    die bestehenden ReBBZ‘en
blematisch zu beurteilen, weil           die Campusschulen, wenn wir         und speziellen Sonderschulen
sie den Überblick und auch die           sie nicht im luftleeren Raum,       überhaupt nicht erwähnt und
Auswirkungen eines Ausbaus               sondern als Teil der konkreten      perspektivisch in den SEPL
bzw. von Neugründungen aus               Schullandschaft und der Stadt-      eingebunden werden. Es gibt
ihrem Stadtteil heraus beurteilen        entwicklung insgesamt betrach-      keine Informationen im SEPL
können. Schulentwicklung darf            ten:                                zu den sonderpädagogischen
nicht übers Knie gebrochen wer-             Die bisherigen Stadtteilschu-    Einrichtungen in Hamburg. Dies
den und muss mit den Expert_in-          len werden weiteren Konkur-         erstaunt umso mehr, als im Rah-
nen vor Ort entwickelt werden!           renz- und Wettbewerbssituati-       men von “Schwerpunktschu-
                                         onen ausgesetzt und in vielen       len stärken“ und Verbreiterung
• Schulstruktur                          Fällen sicherlich Schüler_innen,    sonderpädagogischer Expertise
   Unter der Überschrift „Ver-           gerade mit Abiturempfehlung,        Sonderschulen verstärkt mit
lässliche Strukturen für guten           verlieren.                          Grundschulen und Stadtteilschu-
Unterricht“ wird der „Schul-                Auf jeden Fall ist die von       len zusammenarbeiten sollen
frieden“ von 2010 noch einmal            der BSB von oben verordnete         und seit dem 1.8.2018 auch kon-

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019                                                                11
kret Personal an die allgemeinen     gig, STS und Gym in Kl. 5: bis         sonal, obwohl im Rahmen des
Schulen abstellen.                   achtzügig. Diese Möglichkeiten         ganztägigen Unterrichts dies
   Der SEPL sieht an allen           gibt es jetzt schon. Es ist aber da-   eine Grundvoraussetzung für die
Grundschulen Vorschulklassen         von auszugehen, dass sie – nun         Arbeit der Kolleg_innen bildet.
vor. Die Vorschulen sollen sinn-     im Zuge der steigenden Schüler_        In diesem Zusammenhang wird
vollerweise gestärkt werden und      innenzahlen – immer häufiger           es immer dringender, dass die
die BSB hat vor, neue Bildungs-      ausgeschöpft werden. Inwiefern         BSB die Verantwortung für den
pläne für die Vorschulklassen        Grundschulen mit mehr als fünf         Arbeits- und Gesundheitsschutz
zu entwickeln. Die GEW for-          oder Stadtteilschulen mit mehr         nicht nur auf die Schulleitungen
dert schon seit langem, dass die     als sechs Zügen sinnvoll sind, ist     als direkte Vorgesetzte abwälzt,
Vorschulklassenleitungen besser      fraglich. In dem Entwurf werden        sondern auch selbst tätig wird.
bezahlt werden müssen und end-       größere Zügigkeiten – also mehr        Die Durchführung von Gefähr-
lich mit der Zwangsteilzeit für      Parallelklassen – positiv bewer-       dungsbeurteilungen – sowohl für
diese Kolleg_innen Schluss sein      tet, weil es dadurch eine größere      physische als auch für psychi-
muss.                                „Angebotsvielfalt“ für SuS gäbe.       sche Belastungen – an Schulen
   Der gesamte SEPL befasst          Dies ist aus unserer Sicht ein         tritt auf der Stelle. Seit Jahren
sich an keiner Stelle mit inklu-     vorgeschobenes Argument, um            wird ein Fragebogen benutzt,
siver Schule. Sie kommt einfach      möglichst viele Schüler_innen in       der rein auf Verhaltenspräventi-
nicht vor. Dabei ist dies eine der   möglichst wenigen Schulen un-          on setzt, statt die Verhältnisse in
größten pädagogischen Heraus-        terzubringen. Eine Nachverdich-        den Blick zu nehmen. Die Maß-
forderungen der letzten 10 Jahre     tung und Vergrößerung kann nur         nahmen, die nach einer Gefähr-
im Bildungsbereich und noch          mit den Schulen gemeinsam ent-         dungsbeurteilung zur Verbesse-
längst nicht zufriedenstellend       wickelt werden. Es wäre fatal,         rung der Situation durchgeführt
umgesetzt.                           wenn die entwickelten Schul-           werden sollen, beschränken sich
                                     konzepte aufgrund von immer            ebenfalls eher auf Verhaltensprä-
• Zügigkeit und Größe                größeren Schulkomplexen nicht          vention, statt tatsächlich an den
   Für die Schulen werden Min-       mehr umgesetzt werden können.          Verhältnissen etwas zu verän-
dest- und Maximalgrößen emp-         Die Atmosphäre ist von Anony-          dern. Die BSB hat es bisher ver-
fohlen. GS: zwei- bis siebenzü-      mität gekennzeichnet. Nachver-         säumt, eine Evaluation in diesem
                                            dichtete, immer größer          Bereich durchzuführen und zu
                                            werdende Schulkomplexe          prüfen, welche Belastungen sich
                                            haben auch Auswirkungen         nicht nur auf die einzelne Schule
                                            auf die inklusive Schule.       mit ihrem Kollegium beziehen,
                                            Viele Kinder und Jugend-        sondern welche Belastungen für
                                            liche mit sonderpädagogi-       viele Kolleg_innen signifikant
                                            schem Förderbedarf haben        sind. Die BSB muss hier han-
                                            es leichter in kleineren,       deln!
                                            klaren und überschauba-
                                            ren Systemen. Das Mus-          • Schulbau
                                            terflächenprogramm muss            Im Schulbau muss grundsätz-
                                            – auch vor diesem Hin-          lich umgedacht werden. Die
                                            tergrund – überarbeitet         Schulgemeinschaften (Pädagog_
                                            werden.                         innen, Eltern, Schüler_innen)
                                                                            müssen als gleichberechtigte
                                            • Arbeitsbedingungen            Partner_innen in die baulichen
                                               Die Arbeitsbedingun-         Planungsprozesse einbezogen
                                            gen in solchen Riesen-          werden. Moderne Pädagogik,
                                            gebilden verbessern sich        ökologische Erfordernisse, Ar-
                                            nicht. Die Wege verlän-         beitsplätze für Pädagog_innen
                                            gern sich; erst recht, wenn     und die Gesundheit von Päda-
                                            die Schule auf mehrere          gog_innen und Schüler_innen
                                            Standorte verteilt ist. Die     müssen zur Leitschnur von
                                            direkte Kommunikation           Schulbau werden. Dafür muss
                                            innerhalb des Kollegiums        das     Musterflächenprogramm
                                            wird erschwert. Schon           überarbeitet sowie ein geeigne-
                                            jetzt gibt es nicht ausrei-     ter Maßnahmenkatalog erstellt
                                            chend Arbeitsplätze für         werden.
                                            das pädagogische Per-

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SEPL

  Alles unter einem Dach?
  Ein Pro und Kontra zur Campusschule

  D     ie Hamburgische Bürger-
        schaft hat 2007 die Ein-
führung des 2-Säulen-Modells
                                         Aus zwei Lehrerzimmern ent-
                                         stand ein gemeinsames und aus
                                         zwei Schulleitungen entstand
                                                                           schule mit besonderer Ausrich-
                                                                           tung auf den Weg bringen. Man
                                                                           entschied sich für den zweiten
für weiterführende Schulen be-           ebenfalls eine gemeinsame.        Weg, übrigens mit tatkräftiger
schlossen.                                  Es gab Gymnasiallehrkräf-      Unterstützung der Schulbehör-
   2010 ist der Volksentscheid           te, die sich weigerten, in eine   de und der damaligen Senatorin
zur Einführung der Primarschu-           Hauptschulklasse zu gehen.        Christa Goetsch.
le, der vorsah, dass die Auftei-         Intensive Diskussionen in den        Die Schule wurde Stadtteil-
lung der Schüler und Schülerin-          Lehrerkonferenzen führten zu      schule und benannte sich um in
nen nicht nach Klasse 4, sondern         einem inklusiven pädagogischen    Gyula-Trebitsch-Schule mit ei-
erst nach Klasse 6 stattfinden                                             nem gymnasialen Angebot, der
sollte, gescheitert.                                                       entsprechenden      Stundentafel
   Zu der Zeit war ich Lehrerin                                            und dem Abitur nach acht Jahren
in Tonndorf und dort hatte seit                Pro                         und einem Stadtteilschulangebot
2006 in mühsamer Arbeit die Zu-                                            mit der entsprechenden Stunden-
sammenlegung der Haupt- und               Campusschule                     tafel und dem Abitur nach neun
Realschule Sonnenweg und des                                               Jahren. Genau das gleiche Stadt-
Gymnasiums Tonndorf stattge-               als Chance                      teilschulkonzept gibt es in der
funden. Ausgangspunkt war die                                              Heinrich-Hertz-Schule, die eine
Ankündigung der Schulbehörde,                                              völlig andere Genese hat. Sie
beide Schulen wegen Schüler-                                               entstand aus einer kooperativen
mangels zu schließen.                    Verständnis, aber einige Leh-     Gesamtschule.
   So entstand die „Kooperative          rer und Lehrerinnen verließen        In beiden Schulen werden
Schule Tonndorf“, die sich aus-          die Schule, um weiterhin aus-     die Schülerinnen und Schüler
drücklich nicht als Gesamtschu-          schließlich an einem Gymnasi-     der Klassen 5 und 6 nach dem
le verstand. Als Erstes wurde der        um zu unterrichten.               Stadtteilschul-Rahmenplan un-
2,50 m hohe Zaun, der die Schu-             Der Volksentscheid 2010 war    terrichtet. Erst nach Klasse 6
len trennte, weggerissen. Täglich        ein Schock und hatte zwei Op-     wird, wie durch das Schulgesetz
kamen die „Gymmis“ und die               tionen für die Schule: entweder   vorgegeben, über die Zeugnis-
„Hauptis“ sich ein Stückchen             den Zaun wieder aufbauen und      konferenz in den Stadtteilschul-
näher bis die Berührungsängste           eine Stadtteilschule Sonnenweg    und Gymnasialzweig aufgeteilt.
abgebaut waren. Bei den Lehr-            sowie ein Gymnasium Tonndorf      Darüber hinaus werden die Ju-
kräften dauerte es etwas länger.         einrichten oder eine Stadtteil-   gendlichen aus Klasse 10 des

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019                                                              13
Foto: SPD
                                                 Sicherstellung einer getrennten     Hälfte der Schüler und Schüle-
                                                 Schulleitung für beide Schulfor-    rinnen die Stadtteilschulen und
                                                 men, die Zuordnung der einzel-      die andere Hälfte die Gymnasien
                                                 nen Lehrkräfte zu der jeweiligen    besuchen.
                                                 Schulform und getrennte Beob-          Ich teile eher die Kritik aus
                                                 achtungsstufen für die Klassen      dem Bildungsbericht 2016: „Auf
                                                 5 und 6 oder eine gemeinsame        zwei Säulen ins Jahr 2020“.
                                                 Eingangsstufe, eventuell nach          Darin heißt es: „Fest steht:
                                                 dem Modell der früheren Orien-      Das Wachstum der zweiten Säu-
                                                 tierungsstufe.                      le geht mehrheitlich aufs Konto
                                                    Was die grundsätzliche Kritik    von Jugendlichen aus Nichtaka-
                                                 an den Campus-Stadtteilschulen      demiker-Haushalten, während
            Den größten Einschnitt in die        betrifft, so unterscheidet DIE      besser gestellte Kinder zumeist
            Persönlichkeitsentwicklung stellt    LINKE sich nicht allzu sehr von     aufs Gymnasium wechseln.“
            für Schülerinnen und Schüler ein
                                                 der CDU. Die schulpolitische        Und weiter: so befänden sich Ju-
            Schulformwechsel dar. Der entfällt
            nun mal bei der Campusschule.
                                                 Sprecherin behauptet, dass die      gendliche mit „hohem sozioöko-
            (Dora Heyenn)                        Schulbehörde klammheimlich          mischen Status überwiegend im
                                                 durch die Hintertür eine neue       Gymnasialbildungsgang.“ Wo-
            Gymnasialzweigs und Klasse 11        Schulform ins Gespräch bringen      bei „überwiegend“ durchschnitt-
            des Stadtteilschulzweigs in eine     würde, die in allererster Linie     lich 69 Prozent bedeutet.
            gemeinsame Oberstufe zusam-          eine Konkurrenz für die beste-         Meine Meinung: das Zwei-
            mengeführt.                          henden Stadtteilschulen sei.        Säulen-Modell verstärkt die
               Durch die Organisation bei-          DIE LINKE stand 2010 an der      soziale Spaltung in der Stadt,
            der Bildungsgänge unter einem        Seite derjenigen, die die Primar-   wenn, ja wenn man nichts dage-
            Dach wurde und wird das Zwei-        schule einführen wollten. Ziel      gen tut.
            säulen-Modell in Hamburg nicht       war es, längeres gemeinsames           Anfragen von Bürgerschafts-
            angetastet. Im Text des Schul-       Lernen, zumindest bis Klasse        abgeordneten haben gezeigt,
            strukturfriedens ist eben nicht      6 zu erreichen. Wie kann man        dass die Anzahl der Schüler
            festgeschrieben, dass Stadtteil-     denn dagegen sein, wenn in den      und Schülerinnen, die in der 5.
            schulen nur G 9 anbieten dürfen.     beiden zitierten Schulen alle       Klasse einer Stadtteilschule mit
            Schulsenator Ties Rabe hat dafür     Kinder, die angemeldet werden,      einer      Gymnasialempfehlung
            den Begriff „Campus-Stadtteil-       in 5 und 6 nicht sortiert werden,   ankommt, im Durchschnitt bei
            schulen“ geprägt und im Entwurf      sondern gemeinsam unterrichtet      2 Prozent liegt, einige darunter,
            für den Schulentwicklungsplan        werden? Wie kann man denn ge-       einige bei 5 Prozent und die bei-
            10 neue Schulen vorgeschlagen.       gen die Campus-Stadtteilschulen     den Campus-Schulen liegen bei
               Damit kann flexibel auf den       sein, wenn ab Klasse 10 Gym-        15 Prozent. Aus Untersuchungen
            Bedarf reagiert werden und je        nasium und Vorsemester der          geht hervor, dass die Grund-
            nach Anmeldungen mehr Stadt-         Stadtteilschule eine gemeinsame     schulempfehlung auch stark an
            teilschul- oder mehr Gymnasial-      Oberstufe bilden?                   den Sozialstatus der Eltern ge-
            zweige angeboten werden.                Die Gyula-Trebitsch-Schule       koppelt ist. Insofern mildern die
               In Hamburg gibt es 58 Stadt-      zieht nicht Schüler und Schü-       Heinrich-Hertz- und die Gyula-
            teilschulen und 61 Gymnasien.        lerinnen von anderen Schulen        Trebitsch-Schule die soziale
            Bis 2030 müssen 39 neue Schu-        ab, sie arbeitet gerade auch in     Spaltung in ihrem Stadtteil er-
            len gebaut werden. Davon sol-        der Oberstufe mit vielen Nach-      heblich ab. Auch ein Grund, wei-
            len 10 Campus-Stadtteilschulen       barschulen zusammen. Um ein         tere     Campus-Stadtteilschulen
            sein.                                möglichst vielfältiges Kursange-    einzurichten.
               Die Kritik an der Campus-         bot realisieren zu können, koope-      Die GGG kritisiert: „Bei den
            Stadtteilschule kommt von zwei       riert sie eng mit dem Gymnasi-      sogenannten        Campusschulen
            Seiten: von rechts und von links.    um Rahlstedt, dem Gymnasium         handelt es sich bisher noch nicht
            Das ist schon bemerkenswert.         Meiendorf, dem Gymnasium            um inklusive Bildungszentren,
               So hat die CDU einen Antrag       Oldenfelde und der Otto-Hahn-       sondern um Abbildungen des
            (21/18056) in die Bürgerschaft       Stadtteilschule.                    gegliederten Schulwesens unter
            mit dem Titel „Campusschule             Von der LINKEN wird auch         einem Dach.“
            darf keine Einheitsschule durch      ins Feld geführt, die Stadtteil-       Das ist richtig. Richtig ist aber
            die Hintertür werden“ einge-         schule sei die Schule für alle.     auch, dass wir ein gegliedertes
            bracht. Darin fordert sie u.a.          Betrachtet man alle Jahr-        Schulwesen haben und das ist
            die Ausgestaltung der äußeren        gangsstufen, so kann man doch       sowohl von der Politik als auch
            wie inneren Organisation, die        nur feststellen, dass die eine      von den Hamburgerinnen und

      14                                                                        hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019
Hamburgern – leider – so ge-            Anmeldungen) und die Gyula-             ohne besonderen Antrag zu er-
wollt. Auch wenn der Volksent-          Trebitsch-Schule (236 Anmel-            möglichen.
scheid 2010 zur Primarschule            dungen) sind.                              Es liegt auf der Hand, dass in
anders ausgegangen wäre, hätten            Den größten Einschnitt in            Campus-Stadtteilschulen nicht
wir zwei verschiedene weiter-           die Persönlichkeitsentwicklung          die Schule, sondern lediglich
führende Schulen, auf die die           stellt für Schülerinnen und Schü-       die Klasse gewechselt werden
Kinder und Jugendlichen sepa-           ler ein Schulformwechsel dar.           muss. Lehrkräfte und Mitschü-
riert werden. Auf Knopfdruck            Und der entfällt nun mal bei der        ler_innen sind bereits bekannt.
gibt es bestimmt keine „inklusi-        Campusschule.                           Und wie mir die Schulleitungen
ven Bildungszentren“, auch kei-            Laut Schulgesetz entscheidet         von Heinrich-Hertz und Gyula-
ne Schule für alle.                     die Zeugniskonferenz am Ende            Trebitsch berichteten, führt die
   Der am meisten umstrittene           von Klasse 6, wer am Gymnasi-           gemeinsame Beschulung in 5/6
Punkt im Volksentscheid 2010            um bleiben und wer die Schule           dazu, dass die Prognose für G8-
war der Elternwille. Als Ergebnis       verlassen und in eine Stadtteil-        oder G9-Abi viel sicherer ist
können Eltern ihre Kinder unab-         schule gehen muss. Das stellt           und es gibt an diesen Schulen ab
hängig von der Grundschulemp-           für viele Jugendliche eine De-          Klasse 7 so gut wie keine „Ab-
fehlung an eine Stadtteilschule         mütigung dar. Eigentlich soll           schulungen“ mehr.
oder ein Gymnasium anmelden.            das nach Klasse 7 nicht mehr               Alles in allem – ich bin pro
Sieht man sich die Anmeldezah-          geschehen, in der Realität findet       Campus-Stadtteilschulen!
len zum Schuljahr 2019/2020 an,         es aber in jeder Jahrgangsstufe                             DORA HEYENN
so kann man feststellen, dass die       darüber noch statt und für die                        SPD-Abgeordnete der
am höchsten angewählten Stadt-          Klasse 10 ist das Schulgesetz                    Hamburgischen Bürgerschaft
teilschulen für die 5. Klassen          (trotz Schulfrieden) extra geän-
die Heinrich-Hertz-Schule (265          dert worden, um einen Wechsel

     BÜRGERSCHAFT
     DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG                                      Drucksache     21/18056
     21. Wahlperiode                                                                                    14.08.19

                                                          Antrag
                       der Abgeordneten Birgit Stöver, Richard Seelmaecker, Dietrich Wersich,
                                     Stephan Gamm, Joachim Lenders (CDU)

                  Betr.:    Campusschule darf keine Einheitsschule durch die Hintertür werden

                  Nachdem der jetzige Schulentwicklungsplan (SEPL) bereits 2017 ausgelaufen ist, liegt
                  nun endlich ein Referentenentwurf für einen neuen „SEPL“ vor. In diesem Zusam-
                  menhang tauchte in der entsprechenden Pressekonferenz am 7. Mai 2019 erstmals
                  offiziell der Begriff der „Campusschule“ auf. Seitdem wird darüber philosophiert, ob es
                  zukünftig eine weitere Schulform in Hamburg geben wird.
                  Laut Senat sollen etwa zehn Campusschulen neu gegründet werden. Da stellt sich
                  schon die Frage einer Definition und nach einem einheitlichen Konzept:
                  Soll als Campusschule zukünftig eine weiterführende Schule bezeichnet werden, die
                  Züge eines Gymnasiums und einer Stadtteilschule unter einem Dach unter einer
                  Leitung beziehungsweise an einem Standort mit zwei getrennten Leitungen vereint?
Die CDU fordert bzw. fragt u.a. – so im Weiteren der Antrag: ob „(...) die Sicherstellung einer getrennten
                  Ermöglicht die Campusschule Chancen für zum Beispiel ein breites pädagogisches
Schulleitung für beide Schulformen sowie die Zuordnung der einzelnen Lehrkräfte zu der jeweiligen Schulform
                  Angebot oder eine Verbesserung für Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern an
mit der gesamten Durchlässigkeit?
                  Stundenzahl oder Wird
                                      ein gemeinsames   Kollegium“ ein
                                           mit der Campuslösung      gewährleistet  ist und obmit
                                                                          Konzept realisiert,   es dem
                                                                                                   eine „getrennte
                                                                                                         bedarfs-
Beobachtungsstufegerecht
                    für die Klassen 5 undauf
                            und flexibel   6 oder eine gemeinsame
                                              die Nachfrage          Eingangsstufe, reagiert
                                                             aller Bildungsgänge      eventuellund
                                                                                                nacheindem Modell der
                                                                                                         Schulan-
früheren Orientierungsstufe“ , geben soll?
                  gebot geschaffen     wird, das die Bildungsgänge beider Schulformen, Stadtteilschule
                  und Gymnasium, gewährleistet?
hlz – Zeitschrift der GEW
                      VieleHamburg
                            Fragen9-10/2019
                                   die offenbleiben und auf die der rot-grüne Senat anscheinend keine               15
                  Antwort hat. In der Antwort auf die Drs. 21/17343 verweist er lediglich darauf, dass
                  „die konkrete Ausgestaltung des Angebotes und die Organisation der Campusschulen
                  im Rahmen des jeweiligen schulischen Gründungsprozesses entsprechend des regio-
urger   Vereinigung der Schulleiter/innen         GEW Hamburg                      SchülerInnenkammer Hamburg               Eltern
n        der Hamburger Stadtteilschulen            www.gew-hamburg.de               www.skh.de                               www.
         in der GGG

              D erzeit wird in Hamburg
                eine heftige Debatte über
         die im Referentenentwurf des
                                               gen nach hinten verschiebt und
                                               die Potentiale der Schülerinnen
                                               und Schüler in den Mittelpunkt
                                                                                        Im SEPL heißt es zur Be-
                                                                                     gründung der Einführung dieser
                                                                                     neuen Schulform u.a.: „Dank
         Schulentwicklungsplans (SEPL)         rückt? Eine Schule, die nicht         der Organisation der beiden
         vorgestellte „Campus-Stadtteil-       beschämt, sondern ermutigt?           Bildungsgänge in einer Schule
         schule“ geführt. Die GGG geht         Wäre das aber nicht genau eine        können sie besser auf Schwan-
         davon aus, dass mit den bislang       „Schule für alle“, die einmal als     kungen bei der Schulformwahl
         erkennbaren Strukturen für die-       Zielperspektive in den Genen          reagieren.“ (SEPL, Referenten-
         ses Modell das bisherige Zwei-        sozialdemokratischer Schulpo-         Entwurf S. 6).
         Säulenmodell um eine weitere          litik verankert schien? Und ist          Wurde bisher das Problem
         Säule ergänzt wird.                   das nicht genau die Zielperspek-      der frühen Zuweisungen und der
                                               tive, die den Stadtteilschulen als    Abschulungen der Schülerinnen
         Campus-Stadtteilschule –              Maßstab ihrer Arbeit dient?           und Schüler im Zweisäulen-
         was soll das sein?                       Zweifel kommen bei nüchter-        modell zumindest (auch) noch
            Werfen wir zunächst einen          ner Betrachtung schnell auf. In       als pädagogisches Problem der
         Blick darauf, was nach den bis-       seiner Newsletter-Rubrik „Fragt       Gymnasien und konzeptionelles
         herigen Verlautbarungen der           den Rabe!“ (Newsletter der BSB        Manko des Zweisäulenmodells
         Schulbehörde mit dieser „Cam-         vom 23.8.19) erklärt der Sena-        diskutiert, so wird daraus nun
         pus-Stadtteilschule“ überhaupt        tor, dass die Besonderheit der        ein technisch-organisatorisches
         gemeint ist.                          bisherigen kooperativen Stadt-        Problem des Ausgleichs der
            In der Antwort des Se-                                                   „Schwankungen bei der Schul-
         nats auf eine kleine Anfra-                                                 formwahl“.
         ge der LINKEN heißt es:
         „Die konkrete Ausgestaltung                                                 Die Zweisäulen-Schule im
         des Angebotes und auch der                   Kontra                         Zweisäulen-Modell?
         Organisation der Campus-                                                       Wir wissen, dass im Zweisäu-
         Stadtteilschule ist im Rahmen              Back to the                      lensystem jährlich knapp 1000
         der weiteren pädagogischen
         Konzeptentwicklung unter Lei-
                                                      future                         Schülerinnen und Schüler das
                                                                                     Gymnasium Richtung Stadtteil-
         tung der Gründungsschulleitung                                              schule verlassen müssen, mit
         zu klären. Hierbei kann sich                                                weitreichenden, häufig negati-
         die Campus-Stadtteilschule an                                               ven Folgen für die Lernbiografie
         der Organisation der Heinrich-        teilschulen (also Heinrich-Hertz      jede_r Einzelnen. Dieses große
         Hertz-Schule und der Gyula            und Gyula Trebitsch) darin            und seit Jahren existierende Pro-
         Trebitsch Schule orientieren, sie     läge, dass sie einen gymnasialen      blem wird im SEPL nicht ange-
         kann sich aber auch eine ande-        Zweig hätten, der in acht Jahren      fasst. Im Gegenteil, die Schul-
         re Organisationsform wählen,          direkt zum Abitur führe, „beinah      formwechslerquote wird sogar
         wenn sie mit den einschlägigen        so ähnlich wie am Gymnasium“,         entsprechend den wachsenden
         schulrechtlichen Vorgaben über-       so der Schulsenator wörtlich.         Schülerzahlen im SEPL auch
         einstimmt.“ (Drs. 21/17332)           Also ein bisschen mehr Gym-           noch hochgerechnet! Es ist ein
            Diese Antwort lässt alle Fra-      nasium? Offenbar ist ihm der          Skandal, dass sich die bildungs-
         gen offen und bietet viele Mög-       Widerspruch durchaus bewusst,         politisch Verantwortlichen of-
         lichkeiten der Interpretation.        denn er betont in dem kurzen          fenbar damit abfinden.
            Ist vielleicht intendiert, dass    Video immerhin sechsmal, dass            In der Vergangenheit war die
         unter einer Gründungsschullei-        es sich trotzdem um eine „klas-       hohe Fluktuation ein starker An-
         tung und im Prozess der Kon-          sische Stadtteilschule“ handele.      lass zu Diskussionen über die
         zeptentwicklung mit allen Be-            Eine solche Schule mit ei-         Begrenztheit des Zweisäulenmo-
         teiligten eine Schule entsteht,       nem separaten Gymnasialzug            dells. Mit einer additiven Cam-
         die offen ist für die individuellen   ist aber mitnichten eine „klassi-     pus-Stadtteilschule ließe sich ge-
         Entwicklungen der Schülerinnen        sche Stadtteilschule“. Es wäre        nau dieser Spannungsbogen nun
         und Schüler? Eine Schule, die         ein „Zweisäulenmodell“ unter          „smarter“ auflösen: Alles unter
         frühe     Schulformentscheidun-       einem Dach.                           einem Dach, aber dennoch ge-

         16                                                                    hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 9-10/2019
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