Kompakt - Gefragtes Objekt
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Nr. 03 I März 2022 www.igbce.de Nachruf Altbundeskanzler Gerhard Schröder über Hermann Rappe tendenzen Tarifrunde Chemie 2022: Bundestarifkommission beschließt Forderungen tipps Facebook, Twitter und Co.: Was passiert mit gespeicherten Daten nach dem Tod? kompakt Gefragtes Objekt Chips sind knapp, neue Fabriken nötig — auch in Deutschland. Tatsächlich tut sich was.
Alle News zur Chemie-Tarifrunde zuerst über die »Meine IGBCE«-App – nur für Mitglieder! Jetzt herunterladen:
unter uns > Dein Bollwerk gegen die Inflation Eine skurrile Diskussion ist da aufgekommen in den vergangenen Wochen. Nämlich Foto: Stefan Koch die, dass die aktuell hohe Inflation eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen und damit zu einer Verstetigung des Preisauftriebs führen könnte. Dabei wird den Gewerkschaf- ten de facto unterstellt, ihr Ansinnen nach einer Kaufkraftsteigerung für ihre Mitglieder werde die allgemeine Verteuerung noch verschärfen und damit gesamtwirtschaftlichen Schaden anrichten. Diesen machtvollen Einfluss der Gewerkschaften auf unsere Volks- wirtschaft suggerieren übrigens jetzt plötzlich die gleichen Auguren, die der Gewerk- schaftsbewegung sonst gern einen schleichenden Machtverlust attestieren. Lars Ruzic Chefredakteur Beides ist natürlich kompletter Käse – jedenfalls, was die IGBCE und ihre Branchen angeht. Erstens: In den meisten Industrien in ihrem Zuständigkeitsbe- reich ist deine Gewerkschaft ordentlich organisiert und bringt die Kraft mit, für ihre Mitglieder Entgeltsteigerungen durchzusetzen, die auch deren Reallöhne (also abzüg- lich der Inflation) im Plus halten. Zweitens: Lohnzuwächse können in den IGBCE- Branchen keine ausreichenden Argumente für Preissteigerungen der Unternehmen sein. Denn der Lohnkostenanteil am Umsatz ist in unseren Industrien viel niedriger, als dies etwa im Dienstleistungsbereich oder im Handwerk der Fall ist. In der Chemie beispielsweise macht er heute weniger als ein Siebtel aus. Unseren Branchen bereiten die aktuellen Energiepreissteigerungen viel größere Kopfschmerzen. Allerdings waren viele von ihnen in der Lage, diese Steigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Was wir derzeit erleben, ist also eine energiegetriebene Verteuerung. Gegen die müssen wir ein Bollwerk errichten. Deine IGBCE hat mit Blick auf die dazu not- wendigen politischen Maßnahmen bereits ein sehr detailliertes Entlastungspaket für breite Bevölkerungsschich- ten vorgelegt. Das findest du auf Seite 26. Und klar: Da, wo wir Tarifpolitik machen, haben wir es selbst in der Hand, die Teuerung zu kompensieren: Bei- spiele dafür findest du auf den Seiten 24 und 31. Heißt auch: Dass du dich in der IGBCE enga- gierst, ist dein bester Inflations- schutz. E/Colourbox Foto: IGBC lars.ruzic@igbce.de kompakt | März 2022 | 3
10 Kompass VOR ORT Michael Vassiliadis im Interview über die anstehenden Betriebsratswahlen und warum ein starkes Mandat so wichtig für die IGBCE ist. 21—29 TITEL Neues Leben für alte Dosen 12 Mehr geht nicht Die Beschäftigten in der Chipbranche arbeiten am Anschlag. Doch Kapazitäten fehlen. Europa hat die Zukunftstechnologie lange vernachlässigt. Das soll sich jetzt ändern. NACHRUF 18 Zum Tod von Hermann Rappe Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder erinnert an den Foto: Frank Rogner langjährigen Vorsitzenden der IG Chemie-Papier-Keramik, der Ende Januar im Alter von 92 Jahren gestorben ist. TENDENZEN Aluminium gilt als der Vielseitigste unter den modernen 31 Mehr verdient Werkstoffen. Es ist leicht, rostfrei und wiederverwendbar. Im Die Bundestarifkommission hat die Forderung für Rheinwerk Neuss produziert Speira Aluminium und die Chemie-Tarifrunde beschlossen. Das erklärte Ziel: recycelt bis zu 50 000 Tonnen alte Getränkedosen jährlich. Ein prozentuales Ergebnis oberhalb der Preissteigerungsrate. 34 Internationale Haftung Sattes Plus durchgesetzt Nach dem Dammbruch im brasilianischen Brumadinho 2019 In den vergangenen Wochen hat die IGBCE Tarifabschlüsse fordern noch immer unzählige Hinterbliebene Entschä- mit satten Prozenten für ihre digung. Für die IGBCE endet die Verantwortung deutscher Mitglieder durchgesetzt: Die Konzerne nicht an den Landesgrenzen. Beschäftigten bei den Energie unternehmen Wintershall Dea, Foto: IGBCE MIBRAG und Vattenfall profitie- TIPPS ren von den guten Abschlüssen. 36 Im Netz noch lebendig Der digitale Nachlass sollte frühzeitig geregelt werden – aber wie? kompakt gibt dir Tipps, wie du für den Fall Brüchige Ketten in der Pandemie der Fälle vorsorgen kannst. Der Branchenausblick der Stiftung Arbeit und Umwelt be- leuchtet die Lage der Automobilindustrie: Um die internatio- 38 Kein Ende in Sicht nale Wettbewerbsfähigkeit der Autobauer und der heimischen Vorübergehend weniger arbeiten oder pausieren – das Zulieferindustrie zu sichern, sind angesichts der gewaltigen klingt nach einem fairen Angebot. Doch am Ende lauert oft die Teilzeitfalle. kompakt erklärt, warum das Herausforderungen einige Anstrengungen notwendig. immer noch vor allem Frauen betrifft. Gedenken an Tragödie IMMER IM HEFT Es war das schlimmste Gru- 03 Unter uns benunglück in der Geschichte der Bundesrepublik: Vor 60 06 Aktuelles Foto: picture-alliance/dpa | Hartung Jahren kamen bei einer Explo- 08 5 Minuten Zukunft sion in der Grube Luisenthal 20 Leserforum/Impressum 299 Menschen ums Leben. Im Saarland wurde mit einer Ge- 30 Einer von uns denkfeier und einer Kranznie- 40 Rätsel derlegung der Opfer der Tragö- die gedacht. 41 Glück & Meine IGBCE 42 Mein Arbeitsplatz Titelbild: iStockphoto/D-Keine 4 | kompakt | März 2022
INHALT März 2022 > Gefragte Halbleiter 12 18 Zum Tod von Hermann Rappe Mehr verdient 31 Fotos: GlobalFoundries, picture alliance/photothek, Andreas Reeg, IGBCE/Colourbox, Frank Rogner 38 Frauen in der Teilzeitfalle Mein Arbeitsplatz 42 kompakt | März 2022 | 5
BILD DES MONATS Foto: picture alliance/EPA | NEIL HALL Königin Elizabeth II. feierte am 6. Februar ihr Platin- Königreichs. Den britischen Thron bestieg sie am 6. Februar Jubiläum. Seit nunmehr 70 Jahren steht die Queen an der 1952. Am 9. September 2015 stellte sie den Rekord ihrer Spitze des englischen Königshauses. »Her Majesty« ist damit Ururgroßmutter Victoria ein. Das Thronjubiläum soll allerdings die dienstälteste lebende Monarchin der Welt. Die meisten erst im Juni groß gefeiert werden, wenn das Wetter voraus- Briten kennen niemand anderen an der Spitze des Vereinigten sichtlich besser ist und die Infektionszahlen niedriger sind. AUFREGER DES MONATS Jugend wird zur Mangelware Der Ausbildungsmarkt in Deutsch- land befindet sich auf einem historischen Tiefpunkt: 2021 ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in Deutschland auf 473 100 gesunken, rund 52 000 weniger als vor Corona. Im Angebot waren 536 200 Plätze, 40 000 weniger als 2019. Die im Koalitionsvertrag der Ampel-Regie- rung versprochene »Ausbildungsgarantie«, die allen Jugendlichen einen Zugang zu einer vollqualifizierenden Berufsausbil- dung ermöglicht, könnte Abhilfe schaffen. Foto: IGBCE/Colourbox Der Deutsche Industrie- und Handels- kammertag (DIHK) sieht das anders. Es gebe bereits genug Förderinstrumente, so Vize-Geschäftsführer Achim Dercks. 6 | kompakt | März 2022
AKTUELLES > ZAHL DES MONATS ZITAT DES MONATS 18,6 Prozent der arbeitenden Mütter mussten im Januar 2022 ihre Arbeitszeit wegen Corona reduzieren, um die Kinder zu betreuen. Die meisten Väter arbeiteten weiter – nur 5,9 Prozent verringerten im gleichen Zeitraum ihre Arbeitsstunden. Das berichtet das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Ins- titut (WSI), das Menschen regelmäßig nach den Auswirkungen Foto: picture alliance/dpa | Bernd Von Jutrczenka der Pandemie befragt. Nur einmal seit Ausbruch der Pandemie waren nach Angaben des WSI so viele Mütter betroffen – beim harten Lockdown im April 2020. Denn obwohl Schulen und Kitas dieses Mal meist offen sind, müssen sich aufgrund von Omikron viele Eltern trotzdem um ihre Kinder kümmern, die sich angesteckt haben oder in Quarantäne sind. Einstimmig nominiert Yasmin Fahimi soll Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts- bundes (DGB) werden. Der DGB-Bundesvorstand hat die SPD- »Wer für die Politikerin auf seiner Sitzung Ende Januar einstimmig als Nachfolgerin des scheidenden Vorsitzenden Reiner Hoffmann Demokratie streitet, nominiert. Damit stünde zum ersten Mal eine Frau an der Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes. der hat mich auf Die Bundestagsabgeordnete war von 2000 bis 2013 Gewerk- schaftssekretärin bei der IGBCE. In der Zeit hat sie nicht nur umfassende Erfahrungen in der seiner Seite. Wer sie angreift, wird mich Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress | Christoph Hardt Betriebs- und Tarifarbeit gesam- melt, sondern auch entschei- dend die gewerkschaftlichen Thinktanks sowie die Organisa- als Gegner haben!« tion insgesamt weiterentwickelt. Gleichzeitig kennt sie nicht Frank-Walter Steinmeier bleibt deutscher Bundes- nur die Herausforderungen der präsident. Die Bundesversammlung bestätigte den Transformation für Industrie- 66-Jährigen am 13. Februar mit großer Mehrheit im Amt. arbeit, sondern auch die in der In einer kämpferischen Rede erinnerte er an die Stärke Pflege, der Nahrungsmittelbran- von Demokratien und sendete eine eindeutige Botschaft che oder im öffentlichen Dienst. in Richtung der radikalen und gewaltbereiten Gegner der Yasmin Fahimi Fahimi ist Gewerkschafterin mit Corona-Politik. »Ich werde als Bundespräsident keine Herz, Verstand und großer Er- Kontroverse scheuen. Demokratie braucht Kontroverse. fahrung – und damit aus Sicht der IGBCE die richtige Kandidatin Aber es gibt eine rote Linie und die verläuft bei Hass und zur richtigen Zeit. Gewalt. Und diese rote Linie müssen wir halten in diesem Die Wahl der Vorsitzenden und der weiteren Mitglieder des ge- Land«, sagte er. Er wolle helfen, gesellschaftliche Wunden schäftsführenden Bundesvorstands erfolgt auf dem 22. Ordent- zu heilen, die die Pandemie geschlagen habe. lichen Bundeskongress des DGB im Mai 2022 in Berlin. kompakt | März 2022 | 7
> 5 Minuten Zukunft Illustration: Stefan Hoch Smart Textiles [ Schlaue Stoffe für die Mode von morgen. [ D as Wichtigste ist der Effekt«, für solche Produkte um mehr als das ständig abdichten oder ihren verletzten schrieb Marlene Dietrich 1958 30-fache auf 41,4 Milliarden Euro an- Träger mit Medizin versorgen. an den Modedesigner Jean Louis. schwellen. 2021 legte das BMWi im Sie wünschte sich ein leuchtendes Statusbericht »Deutsche Mode« mit neu Ob Sport, Medizin, Schutzkleidung Bühnenkleid, versehen mit Glühlampen definierten Kategorien nach. Demnach oder Navigation – die Zahl denkbarer An- und mobiler Steuerung. Realistisch war zeichnen »passiv intelligente Textilien« wendungen ist unermesslich. Das Design der Wunsch damals nicht. Erst 2017 – mit eingebauten Sensoren – Daten Research Lab etwa konzipiert einen intelli- entwickelte die Berliner FashionTech- auf; etwa für die Nutzung in Sportklei- genten Handschuh, der digitale Nachrich- Firma ElektroCouture ein Kleid nach dung oder medizinischen Geräten. »Ak- ten für taubblinde Menschen in das taktile Dietrichs Vorgaben – mit 151 LEDs in- tiv intelligent« sind Stoffe, wenn Senso- Lorm-Alphabet übersetzt. Das bayerische klusive USB-Ladekabel. Doch »Smart ren auch auf äußere Reize reagieren, Unternehmen Interactive Wear testet Ar- Clothes« (smarte Kleider) und »Smart also Farbe, Wasserdichtigkeit oder Heiz- beitskleidung, die gesundheitsgefährden- Textiles« stehen nicht nur für Bling- eigenschaften des Materials verändern. de Körperhaltungen in Echtzeit ermittelt Bling-Kreationen, sondern für eine Die Kategorie »ultra intelligent« dürfte und frühe Gegenmaßnahmen ermöglicht. Geschichte mit Zukunftspotenzial. noch Science-Fiction sein. Bei solchen Das Max-Planck-Institut für Polymerfor- Textilien soll eine künstliche Intelligenz schung entwickelt Nylon, das Strom er- Das Bundeswirtschaftsministe- die Anpassungen steuern. zeugen kann. rium (BMWi) publizierte 2018 die Konkrete Anwendungsvorschläge kom- Auch morgen wird die Modewelt kaum Studie »FashionTech – Smart Textiles«. men bislang eher von SciFi-Schriftstel- ohne Effekthascherei auskommen. Aber FashionTech umfasst darin sowohl direkt lern wie den »The Expanse«-Autoren vielleicht überwiegen ja doch Nutzen und am Körper getragene Geräte als auch Daniel J. Abraham und Ty Corey Franck. Nachhaltigkeit. Und nicht vergessen: Intel- smarte Textilien. Von 2017 bis 2030 könn- Die beschreiben in ihrer Weltraumsaga ligente Klamotten reinigen sich auch nicht te laut Studie das weltweite Marktvolumen intelligente Raumanzüge, die Risse selbst- von selbst! Marcel Schwarzenberger 8 | kompakt | März 2022
AKTUELLES > EuGH befasst sich mit SAP SE V o r 2 0 J ah r en Gute Nachricht für die deutsche Mitbestimmung: Im Verfahren zur Vertretung von Beschäftigteninteressen in den Aufsichtsräten Europäischer Aktiengesellschaften (SE), das vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) läuft, haben die Vertreter von Bundesregierung, EU-Kommission und Luxemburg »ausdrücklich die gewerkschaftli- che Position unterstützt«, bewertete Jurist Sebastian Sick, Gesellschaftsrechtsexperte im Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böck- ler-Stiftung, die mündliche Verhandlung Anfang Februar. IGBCE-Vorstandsmitglied Karin Erhard betonte: »Gewerkschaftliche Mitsprache im Aufsichtsrat darf durch die Gründung einer SE nicht einfach ausgehebelt werden.« Hintergrund ist die Umwandlung von SAP in eine europäische Aktiengesellschaft vor einigen Jahren. Dabei kam es zu einer Regelung in der SE-Beteiligungsvereinba- rung, das Vorschlagsrecht von Gewerkschaften für die Besetzung von mindestens zwei Aufsichtsratsmandaten abschaffen zu können. Dagegen hatten IG Metall und Verdi vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) geklagt – mit Erfolg: Nach Ansicht des BAG dürften Unternehmen nach deutschem SE-Recht auch bei einer Umwandlung in eine SE die gesicherten Sitze für Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter im Auf- > »Wichtigste Möglichkeit sichtsrat nicht ausschließen. Zugleich beschloss das BAG, die Frage, ob das EU-Recht mitzugestalten« in diesem Punkt das deutsche SE-Recht stützt, dem EuGH vorzulegen. Laut deut- In der Januarausgabe des gp magazins schem SE-Recht sind bei einer Umwandlung in eine SE Sitze für überbetriebliche 2002 forderte Ulrich Freese, dama- Arbeitnehmervertreter*innen garantiert, SAP sieht das anders. liges Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IGBCE, die Beschäftigten dazu auf, ihre Stimme Gleich zwei »Titel des Jahres« für die Betriebsratswahlen abzugeben. Die Wahlen seien, so Freese, für Arbeitnehmer*innen »die wichtigste Nr. 07/08 I JulI/August 2021 www.igbce.de Möglichkeit mitzugestalten«. »Damit Nr. 06 I JuNI 2021 www.igbce.de Nr. 05 I MaI 2021 www.igbce.de vor ort Kautschuk-Industrie: Zuschuss zum Kurzarbeitergeld für IG-BCE-Mitglieder verdoppelt vor ort Experte Jürgen Prott über Solidarität in Zeiten von Corona vor ort Durchgesetzt: Startschuss für Tarifverhandlungen bei Recipharm tendenzen Bundesjugendkonferenz: Wichtige Impulse für die gesamte Organisation tipps Corona-Impfung: Was Beschäftigte dazu wissen müssen tendenzen IG-BCE-Bildungszentren: Die Einrichtungen öffnen schrittweise wieder dokumentieren sie ihren Einfluss in tendenzen Alles vorbereitet: Zahlreiche Betriebe können mit dem Impfen starten tipps Kurzarbeit: Stabile Brücke über tiefem Tal tipps Mit dem E-Bike zur Arbeit? Worauf man beim Kauf achten sollte kompakt den Betrieben, aber auch ein Stück kompakt kompakt Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Stärke gegenüber den Unternehmen«, kommentierte Freese weiter. 2022 – 20 Jahre später – ist das nicht anders. Unser Ziel als IGBCE Generation es wird eng so geht Corona Knappe Rohstoffe, rasant vorsorge ist es, mit einem starken Votum aus steigende Preise: Was das für Bundesweit einmalig: den Wahlen herauszugehen. Denn je Die Pflegeversicherung Wie die Pandemie unsere Branchen bedeutet. per Tarifvertrag startet. Ausbildung und Auszubildende belastet. 01_u1_titel_CareFlex_06_1788617.indd 1 317.05.2021 13:49:34 höher die Wahlbeteiligung, je klarer das Ergebnis, desto robuster das Mandat, mit dem die Betriebsräte sich 01_u1_titel_Ausbildung waehrend der Pandemie_05_1786834.indd 1 1 16.04.2021 14:19:36 01_u1_titel_Rohstoffe_07_08_1790276.indd 1 1 17.06.2021 12:38:03 in den kommenden vier Jahren für ihre Kolleginnen und Kollegen die weiteren Ergebnisse zur Wahl Des »Titels des Jahres 2021« einsetzen können. Deshalb muss es trotz Corona nun vor allem darum 12 Prozent 7 Prozent 5 Prozent 4 April 7 September 9 Dez./Jan. gehen, möglichst viele Menschen zu (180) (105) (77) 11 Prozent 6 Prozent 3 Prozent motivieren, ihre Stimme zwischen 5 Februar 8 März ❿ Januar dem 1. März und dem 31. Mai (169) (99) (50) 11 Prozent 5 Prozent abzugeben. Sei es persönlich an der 5 Oktober 9 November (169) (77) Wahlurne im Unternehmen oder per Briefwahl. Francesco Grioli, Mitglied Das gab’s noch nie: Mit jeweils »So geht Vorsorge«. Das Team von im geschäftsführenden Hauptvorstand 13,5 Prozent stimmten die kompakt- kompakt bedankt sich bei allen 1533 der IGBCE, bringt es deshalb auf den Leser*innen für »Generation Corona« Teilnehmer*innen, die abgestimmt haben. Punkt: »Wir müssen sichtbar sein, (Mai) beziehungsweise »Es wird eng« (Juli/ Die Gewinner der drei iPads sind: Margitta damit wir eine hohe Wahlbeteiligung August) als Titel des Jahres 2021. Knapp Raddatz aus Beelitz; Michael Döring aus erreichen.« dahinter, mit 13 Prozent, folgt der Juni-Titel Werne und Philip Stellbrink aus Emsdetten. kompakt | März 2022 | 9
> Kompass Die Betriebsratswahlen stehen vor der Tür. Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis erklärt, warum es so wichtig ist, für unsere Kandidat*innen zu stimmen. Sie wollen den aktuellen Transformationsprozess in unseren Industrien mitgestalten. Foto: iStockphoto/Getty Images »Unsere Leute haben eine stark Michael, von März bis Ende Mai stehen bundesweit zung bei betrieblichen Aktionen, Weiterbildungsangebote, Hilfe Betriebsratswahlen an. Worum geht es für die IGBCE? bei Verhandlungen mit Arbeitgebern oder Know-how in Tarif- Vor uns liegen spannende, enorm wichtige Wochen. Allein in un- fragen geht: Da kennen wir uns aus, da sind wir Profis. Die Zah- seren Branchen sind rund eine Million Wahlberechtigte dazu auf- len belegen: Da, wo wir stark sind als IGBCE, da sind auch die gerufen, in ihrem Betrieb ihr Votum abzugeben. Wir kämpfen Arbeitsbedingungen besser. Unsere Botschaft an die Kolleginnen dafür, dass unsere IGBCE-Kandidatinnen und -Kandidaten dabei und Kollegen im Betrieb lautet deswegen: Gute Arbeit gibt es nur so viele Stimmen wie möglich erringen. Aktuell stellen wir in un- mit uns. Weil wir starke betriebliche Interessenvertretung mit seren Branchen drei Viertel aller Betriebsratsmandate, also rund starker gewerkschaftlicher Arbeit verbinden können. Deshalb 19 000 von insgesamt 24 000 BR-Mitgliedern in unserem Organi- mein Appell: Gib unseren Kandidatinnen und Kandidaten deine sationsbereich sind auch Mitglied der IGBCE – diese gute Posi- Stimme. Wähl unsere Leute! tion wollen wir verteidigen. Das ist von immenser Bedeutung für uns. Denn wir wollen den Transformationsprozess, der in vielen Du hast schon den Transformationsprozess der Industrie Betrieben bereits begonnen hat, weiter auf allen Ebenen aktiv angesprochen. Wie sehr wird das Thema die Betriebs- mitgestalten. ratsarbeit der nächsten Jahre prägen? Das hängt natürlich im Einzelnen vom jeweiligen Unternehmen Warum ist es so wichtig, dass unsere Leute in den Be- ab, aber grundsätzlich ist die Bedeutung des Themas gar nicht triebsrat kommen? Gemeinsam und solidarisch können wir am meisten erreichen. Der Betriebsrat ist kein Parlament, Fraktionen schwächen nur. Je Umfrage des Monats mehr Stimmen unsere IGBCE-Kandidat*innen bekommen, des- to robuster ist ihr Mandat und desto stärker können sie in Ver- Wie wichtig sind Betriebsratswahlen für dich? Wie zufrieden handlungen mit der Arbeitgeberseite auftreten. Je höher der bist du mit der Arbeit deines Betriebsrats? Welche Themen IGBCE-Organisationsgrad unter den Belegschaftsvertretungen sollte das Gremium deiner Meinung nach dringend angehen? ist, desto wirkmächtiger können wir als Gewerkschaft die Belange In unserer aktuellen »Umfrage des Monats«, die in der der Beschäftigten nach außen vertreten. »Meine IGBCE«-App noch bis zum 13. März freigeschaltet ist, wollen wir herausfinden, wie die Stimmungslage unserer Das klingt gut – aber was bedeutet das? Mitglieder zu Arbeit und Wirken ihrer Vertretungsgremien Unsere Leute haben eine starke, schlagkräftige und bestens ver- ist. Nimm dir einige wenige Minuten und lass uns deine netzte Organisation im Rücken, die auf allen Ebenen in Politik Meinung wissen. Sie ist uns wichtig! und Gesellschaft für die Interessen der Beschäftigten kämpft – Zu gewinnen gibt es auch etwas: Unter und außerdem den BR-Mitgliedern mit dem Sachverstand einer allen Teilnehmenden verlosen wir eine großen Gewerkschaft zur Seite steht. Egal, ob es um arbeitsrecht- Smartwatch im Wert von 200 Euro. Die liche Fragen, Probleme mit Betriebsvereinbarungen, Unterstüt- Umfrage ist selbstverständlich anonym. 10 | kompakt | März 2022
Um auf Augenhöhe mit der Arbeit- geberseite über den Umbau der Indus- trieproduktion und zukunftsfähige Jobs zu verhandeln, brauchen unsere Leute ein möglichst robustes Mandat für die nächsten vier Jahre. Denn auf sie wird es ankommen. e Organisation im Rücken« hoch genug einzuschätzen. Der Umbau der Industrie hin zu ei- schaftlichen Fußabdruck. Etwa im Bekenntnis der Ampel, dass ner ökonomisch, ökologisch und sozial gerechten Produktion sich die klimagerechte Transformation nur zusammen mit den trifft unsere Branchen und Beschäftigten intensiver und früher als Beschäftigten wirksam umsetzen lässt. Es gab Zeiten, als die andere Industriesegmente. Die Transformation hat für viele FDP Gewerkschaften als Plage bezeichnet hat und Tarifverträge längst begonnen. Schon seit einigen Jahren sind sowohl wir als verbrennen wollte. Wir werten diesen Meinungsumschwung bei Gewerkschaft als auch die Betriebsräte damit beschäftigt, die den Liberalen als wirkliche Anerkennung unserer Arbeit. Zu- grundlegenden Veränderungen in der Produktionsweise, den de- dem hat sich die Koalition vorgenommen, Tarifautonomie und mografischen Wandel, die Anforderungen der Digitalisierung Tarifbindung sowie die Mitbestimmung zu stärken. und die massiven Umwälzungen der Energiewende so zu gestal- ten, dass gut bezahlte Industriejobs erhalten bleiben und zu- Kannst du Beispiele nennen? kunftssicher gemacht werden. Wir wollen diesen Strukturwandel Konkret geplant sind unter anderem ein Tariftreuegesetz und weiterhin konstruktiv und im Sinne der Beschäftigten begleiten. eine Nachwirkung von Tarifverträgen bei Betriebsausgliederun- gen, was den Trend zur Tarifflucht eindämmen soll. Die Behin- Inwiefern beeinflusst Corona diese Wahlen? derung von Betriebsratsarbeit wird künftig als Offizialdelikt Zum einen war es für unsere Kandidatinnen und Kandidaten eingestuft, das ist wirklich wichtig und gut. Auch die von uns eine besondere Herausforderung, eine Betriebsratswahl unter entwickelte Idee eines digitalen Zugangsrechts zu Betrieben Pandemie-Bedingungen auf die Beine zu stellen, mit Abstands- für Gewerkschaften soll umgesetzt werden. Das beweist einmal und Hygieneregeln, versetzten Schichten, Homeoffice, Kurz- mehr, dass es sich in der politischen Auseinandersetzung lohnt, arbeit und Quarantäne. Zum anderen müssen ja auch die Wah- dauerhaft mit Argumenten und Logik präsent zu sein. Den len coronasicher durchgeführt werden. Wir rechnen deshalb da- großen Wurf zu zeitgemäßen Mitbestimmungsrechten wagt mit, dass sich der Anteil der Briefwahlstimmen im Vergleich zur die neue Regierung zwar bislang nicht; aber wir behalten vorigen Wahlperiode im Jahr 2018 auf 40 Prozent verdoppeln durch die geplante dürfte. Ich hoffe, dass es trotz Pandemie gelingt, die Wahlbeteili- Evaluierung des Be- gung von 70 Prozent zu halten oder bestenfalls zu steigern. Denn triebsrätestärkungs- dieses Mal zählt es wirklich. Um die Transformation zu stemmen, gesetzes politischen brauchen wir ein starkes Mandat. Handlungsspiel- raum. Den werden Seit knapp drei Monaten ist eine neue Bundesregierung wir in gewohnter im Amt. Die Ampel hat sich gegenüber einer Modernisie- Weise zu nutzen Foto: Kai-Uwe Knoth rung der Mitbestimmung offener gezeigt als vorherige wissen. Regierungen. Deine bisherige Bilanz? Eines lässt sich auf jeden Fall schon mal feststellen: Der Koali- Interview: tionsvertrag dokumentiert an vielen Stellen unseren gewerk- Inken Hägermann kompakt | März 2022 | 11
> TITEL halbleiter Mehr geht nicht Halbleiter: Die Beschäftigten in der Chipbranche arbeiten am Anschlag. Doch Kapazitäten fehlen. Europa hat die Zukunfts- technologie lange vernachlässigt. Das soll sich jetzt ändern. 12 | kompakt | März 2022
kompakt | März 2022 | 13 Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
> TITEL Halbleiter Der Engpass ist gekommen um F ragt man IGBCE-Profis aus der ein eingespieltes Team.« Zunächst hatte tern und medizinischen Geräten. Und Halbleiter-Industrie nach der ak- das Unternehmen 300 Leiharbeitende für 2022 erwarten Experten noch keine tuellen Lage in ihrem Betrieb, wer- an Bord geholt, um die ersten Spitzen echte Trendwende. Etliche Probleme, den die Antworten kurz und bündig. abzudecken. Schon jetzt sind 160 davon die zur globalen Chipkrise maßgeblich »Wir laufen über«, heißt es dann. Oder: in die Festanstellung übernommen wor- beigetragen haben, bestehen nämlich »Mehr geht nicht.« Oder: »Wir gehen auf den. noch immer. dem Zahnfleisch.« Die Branche erlebt Das Problem hat seinen Ursprung im derzeit einen ungekannten Nachfrage- Es ist schon skurril: Die gesamte Zusammentreffen mehrerer Entwick- schwall. Und die Beschäftigten tun ihr Chipindustrie produziert, was sie kann lungen. Mit dem Aufkommen der Coro- Möglichstes, um ihn zu befriedigen. – und trotzdem herrscht Mangel allent- na-Pandemie fürchtete insbesondere die Wohl wissend, dass das mit den aktuel- halben. Das prominenteste Beispiel ist Automobilbranche eine schwächere len Kapazitäten schlicht nicht möglich die Autoindustrie. Erst versuchte sie, die Nachfrage. Fast panikartig stornierten ist. »Wir arbeiten 24/7«, umschreibt es Fahrzeuge ohne Chips auf Halde zu die Chef-Einkäufer der Autobauer ihre Elisabeth Straube, »mit allen Vor- und produzieren, in- Nachteilen für unsere Leute.« Damit zwischen fahren »Wir arbeiten 24/7 – mit allen meint die Betriebsratsvorsitzende des viele Standorte Vor- und Nachteilen für unsere Erfurter Chipherstellers X-Fab die Kurzarbeit. Doch Leute.« Schichtzulagen einerseits und die Belas- sie ist bei Weitem tungen andererseits. nicht allein. Das Auf der Zulieferseite sieht es nicht an- Beratungsunter- ders aus: »Wir sind in allen Standorten nehmen Gold- Foto: Privat zu 100 Prozent ausgelastet«, berichtet man Sachs identi- Elisabeth Straube der Gesamtbetriebsratsvorsitzende des fizierte unlängst Betriebsratsvorsitzende X-Fab Burghausener Siliziumwafer-Produzen- 169 Branchen, die ten Siltronic, Johann Hautz. »Und es ist im zurückliegenden Jahr unter dem Aufträge – was sich schon bald als fol- schon bis 2024 absehbar, dass das so ständigen Chipmangel zu leiden hatten. genschwere Fehleinschätzung erweisen bleibt.« Entsprechend sei der Druck in Darunter sind auch die Hersteller von sollte. Denn die Nachfrage erholte sich der Produktion gestiegen. »Aber wir sind Smartphones, Computern, WLAN-Rou- recht bald wieder – und schoss sogar in die Höhe. Die stornierten Fertigungska- pazitäten in der Chipindustrie standen den Auto-Konzernen aber nicht mehr Prognose zum Umsatz der Halbleiterindustrie weltweit 2012–2022 zur Verfügung. Sie waren inzwischen Umsatz (in Mrd. Dollar) längst an die Hersteller von Unterhal- tungselektronik weitergereicht worden. 600 Denn auch dort boomte es. Lock- 601,49 down, Homeoffice, Homeschooling, 552,96 500 Videokonferenzen sorgten für eine er- höhte Nachfrage nach Smartphones, Ta- 468,78 blets, Laptops und Spielekonsolen. Da- 440,39 400 412,31 421,22 mit waren die globalen Chipvorräte schnell aufgebraucht. Verschärft wurde 300 338,93 335,84 335,17 die Lage durch eine Kette unglücklicher 305,58 291,56 Ereignisse wie Bränden und Naturkatas- Grafik: IGBCE/QUBUS media 200 trophen, die einige Fabriken und Anla- gen in Asien und den USA nachhaltig beschädigten. 100 Das alles könnte dazu verleiten, 0 den Chipengpass als vorübergehendes 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Phänomen zu betrachten. Doch das ist er nicht. Der Bedarf steigt und steigt 14 | kompakt | März 2022
zu bleiben auch mittelfristig. Prognosen gehen da- von aus, dass die Umsätze in der welt- Dresdner Chipriese auf dem Weg in die Tarifbindung weiten Halbleiter-Industrie in diesem Jahr erstmals die Marke von 600 Milliar- den Dollar erreichen werden. Das ent- spräche einer Verdopplung binnen zehn Jahren (siehe Grafik). Und bis 2030 wird mit einer weiteren Verdopplung ge- rechnet. Die Treiber sind neben der Autoin- dustrie Zukunftsfelder wie künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge, die erst am Anfang der Entwicklung ste- Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert hen, oder auch die Energiewende. »Ge- trieben vom Trend zur Digitalisierung und Nachhaltigkeit steigt der Bedarf an Halbleiterlösungen in Zukunft deutlich an«, heißt es in einem aktuellen Bran- chenausblick der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE. Davon profitieren übrigens nicht allein die Chiphersteller selbst, sondern auch die Chemie-Riesen im Hintergrund. Ohne Branchengrößen wie BASF, Die größte Halbleiterfabrik Europas steht vor dem Eintritt in die Tarifbindung. IGBCE und Merck, Linde oder Wacker stünden die Globalfoundries in Dresden haben sich dazu im Februar auf ein erstes Eckpunktepapier Chipproduzenten ohne Kleider da. Eini- geeinigt. Es sieht unter anderem eine mehrstufige Reduzierung der Arbeitszeit in der ge liefern die Chemikalien zum Struktu- Produktion und zusätzliche Urlaubstage für Beschäftigte in Schichtarbeit vor. Damit haben rieren, Abscheiden, Ätzen oder Polieren beide Seiten einen entscheidenden Schritt hin zur Ausarbeitung eines Rahmentarifvertrages der Chips, andere das entscheidende und eines Entgelttarifvertrages gemacht, die in den kommenden Monaten folgen sollen. Vorprodukt, die Wafer. Das sind die Sili- »Nach jahrelangem Bohren dicker Bretter ist das ein wichtiger Zwischenerfolg«, sagt ziumscheiben, auf die schließlich im Oliver Heinrich, Leiter des IGBCE-Landesbezirks Nordost. »Die Beschäftigten eines so Reinraum die Transistoren und Verbin- wichtigen Spielers in Europas Chipindustrie haben einen Anspruch auf faire und sauber dungen aufgebracht werden. strukturierte Arbeits- und Entgeltbedingungen. Dazu haben wir im Eckpunktepapier erste Je nach Halbleitertyp kann der Ferti- detaillierte Vereinbarungen getroffen«, so Heinrich. »Und beide Seiten sind entschlossen, auf gungsprozess Wochen bis Monate dau- diesem Weg weiterzugehen.« ern. »Die Halbleiterfertigung ist techno- Das Eckpunktepapier sieht unter anderem in den Jahren 2023 bis 2025 eine stufenweise logisch anspruchsvoll, hoch spezialisiert Reduzierung sogenannter Pflichtschichten in der Produktion vor. Das entspricht einer und äußerst kapitalintensiv«, heißt es Absenkung der Wochenarbeitszeit von 36,75 auf 36,11 Stunden. Der Urlaubsanspruch für im Branchenbericht der Stiftung Arbeit Beschäftigte in Schichtarbeit steigt von 28 auf 30 Tage pro Kalenderjahr. Beide Seiten und Umwelt. »Der Bau einer modernen haben sich zudem darauf verständigt, über eine Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat Produktionsstätte kann leicht mehr als und Unternehmen eine individuelle Wahlarbeitszeit einzuführen. Über die weiteren Tarifver- 15 Milliarden Dollar kosten.« handlungen soll zudem ein Vergütungsmodell mit wettbewerbsfähigen Gehaltsbändern entwickelt werden, das die Entgeltfindung im Betrieb transparent macht. Hier sei Global- Doch selbst mit Milliarden-Investi- foundries bislang »sehr amerikanisch unterwegs« gewesen, umschreibt es Heinrich. tionen kann man nicht an der Uhr dre- Mit insgesamt 3 200 Beschäftigten bildet Globalfoundries quasi das Herzstück des hen. »Der Ausbau unserer bestehenden Mikroelektronikclusters im Großraum Dresden. Jeder dritte in Europa produzierte Chip Fabs in Irland dauert zwischen 18 und kommt mittlerweile aus der Fabrik des US-Konzerns. Das Unternehmen hatte jüngst 24 Monaten«, sagte unlängst die angekündigt, rund eine Milliarde Euro am Standort in den Ausbau der Chipproduktion zu Deutschland-Chefin von Intel, Christin investieren. Globalfoundries wurde 2009 als Ausgründung der Halbleiterfertigung von AMD Eisenschmid. Beim Neubau einer Anla- gegründet. ge müsse man sogar mit vier Jahren kompakt | März 2022 | 15
> TITEL halbleiter Europa will verlorenes Terrain z rechnen. »So eine Fabrik ist hochkom- plex, erfordert ein gewaltiges Investi- tionsvolumen, damit die neueste Aus- rüstung angeschafft werden kann.« Intel wird derzeit von Wirtschaftsför- derern in ganz Europa umgarnt, plant der Chipriese auf dem Kontinent doch eine Art Produktionskonglomerat von acht Fabriken, die nach und nach ent- stehen und einmal eine Fläche halb so groß wie BASF in Ludwigshafen belegen sollen. »Wir bauen faktisch eine kleine Stadt, in der andere Unternehmen ge- nauso eingebunden sind wie Universitä- ten und Forschungsinstitute«, sagte Un- ternehmenschef Pat Gelsinger der FAZ. Allein 12 000 Jobs könnten direkt bei Intel entstehen, noch einmal der Fak- tor Fünf bis Zehn bei Zulieferern und Dienstleistern. Gesamtinvestition: 80 Milliarden Euro. Auch mehrere deutsche Standorte buhlen um diese Investition. Magde- Foto: Siltronic AG burg und Penzberg gehören dazu, eben- so wie Dresden. Das überrascht nicht, denn Deutschland ist innerhalb Euro- pas der mit Abstand größte Halbleiter- Siliziumwafer sind ein zentrales Vorprodukt für Halbleiter. Sie kommen fast ausschließlich produzent. Die Branche steht hierzulan- aus der chemischen Industrie. de für gut 80 000 Arbeitsplätze, auf Platz zwei folgt Italien mit rund 25 000 Jobs. auch Infineon ist vor Ort. Der wachsen- Stammten in den 1990er-Jahren noch Auch bei den europäischen Patentan- de Bedarf der heimischen Autoindustrie 44 Prozent der globalen Halbleiter-Fer- meldungen ist Deutschland führend, an Chips ist dabei ein wesentlicher Trei- tigung aus Europa, sind es aktuell gerade stellte zuletzt laut Stiftung Arbeit und ber: Elektromobilität, automatisiertes noch 9 Prozent. Selbst Intel-Chef und Umwelt 39 Prozent der Anmeldungen Fahren, vernetzte bei Halbleitern. Mobilität – alle »Produktion können wir hierzu- diese Megatrends lande nur ausbauen, wenn sich in Dresden ist inzwischen Europas der Schlüsselbran- Deutschland neue Chipfabriken größter Mikroelektronik-Standort und che erfordern ne- ansiedeln oder bestehende Stand- der fünftgrößte weltweit. Von »Silicon ben kluger Soft- orte neue Produktlinien anfahren.« Saxony« sprechen sie an der Elbe gern. ware vor allem Foto: Eva Speith Für den Platzhirsch Globalfoundries eines: mehr Halb- (einst AMD) hat die IGBCE gerade ein leiter. Und genau Sascha Held Eckpunktepapier auf dem Weg zu ei- in diesem Bereich Vorsitzender Gesamtbetriebsrat Merck nem Haustarifvertrag vereinbart (siehe – Chips für die Au- Kasten auf Seite 15), X-Fab und Siltronic toindustrie – sind Deutschland und Eu- US-Amerikaner Gelsinger staunt darü- haben bereits IGBCE-Tarifverträge. ropa heute schon führend. ber: »Man muss sich da schon fragen, ob Und in Sachsen ist viel in Bewegung: dieser Niedergang nicht eine Art von Globalfoundries will eine Milliarde Das war es dann aber auch schon. Marktversagen in Europa war. Zumin- Euro in den Ausbau des Standorts inves- Mit der Kommunikationselektronik hat dest muss man sich fragen: Warum ist es tieren, Bosch hat gerade erst in der Europa de facto auch die Hoheit über so gekommen? Hat sich da mal irgend- Nachbarschaft ein neues Werk eröffnet, die Chips nach Asien abgegeben. wer an entscheidender Stelle dafür aus- 16 | kompakt | März 2022
urückgewinnen gesprochen, diese Industrie in Europa machen, auch in die dritte Dimension abzuschaffen?«, sagte er im FAZ-Inter- zu wachsen. 45 Milliarden Euro für den view. Im globalen Ringen um Know-how- Standort Europa Führerschaft in dieser Zukunftsbran- Nicht zuletzt die aktuellen Chip- che wird inzwischen mit härteren Ban- Im Wettbewerb mit Asien und Amerika soll die engpässe haben vielen in der Industrie dagen gekämpft als früher. Die EU dank eines milliardenschweren Plans von und der Politik deutlich gemacht, wie Chip-Weltmarktführer Taiwan und einem Mikrochipmangel verschont bleiben. abhängig wir inzwischen von Taiwan, Südkorea fördern neue Werke seit Jahr- Insgesamt sollen im Rahmen des Vorhabens Südkorea und rund 45 Milliarden Euro mobilisiert werden. Das Foto: Fotografie Auer/Anja Unterhitzenberger China sind. Und »Niemand hätte sicherstellen Ziel ist ambitioniert: Der EU-Anteil auf dem wie schnell die können, dass nicht Know-how Weltmarkt für Chips soll bis 2030 von knapp Wertschöpfungs- oder ganze Teilbereiche 10 auf 20 Prozent wachsen. Dafür müsste sich ketten reißen kön- abgezogen worden wären.« die Produktion vervierfachen, da erwartet wird, nen, wenn das dass sich der Markt bis zum Ende des Jahr- System durch ex- zehnts verdoppelt. terne Schocks wie »Europa ist der Kontinent, auf dem alle die Corona-Pan- Johann Hautz industriellen Revolutionen begonnen haben, und demie unter Druck Gesamtbetriebsratsvorsitzender Siltronic Europa kann auch die Heimat der nächsten gesetzt wird. industriellen Revolution sein«, sagte EU-Kom- Nun will die EU-Kommission mit zehnten üppig, China hat die Halb missionschefin Ursula von der Leyen. Im dem »EU-Chips-Act« gegensteuern – ei- leiterbranche zur Schlüsselindustrie nächsten Schritt befassen sich EU-Parlament nem milliardenschweren Förderpro- erhoben und will mit dreistelligen Mil- und Mitgliedstaaten mit dem Vorhaben. gramm, dass die Produktion vervierfa- liardensummen bis 2030 Weltmarkt- Änderungen sind also noch möglich. chen und den globalen Marktanteil führer werden. Von weltweit in Bau be- Von den 45 Milliarden aus öffentlicher und verdoppeln soll. Bei den IGBCE- findlichen »Chip Fabs« entsteht jede privater Hand seien 30 Milliarden bereits in Betriebsräten erhält sie Rückendeckung dritte in China. Vor allem das hat in- verschiedenen Programmen wie der EU-For- dafür. »Wir haben ein großes Interesse zwischen sogar die USA dazu bewogen, schungsförderung Horizont Europa oder daran, dass die Chipproduktion in nun ebenfalls den Geldbeutel zu öff- nationalen Vorhaben eingeplant gewesen, sagte Deutschland und Europa gestärkt wird«, nen. Heißt auch: Ohne üppige Subven- von der Leyen. Der Großteil der Gesamtsumme sagt Sascha Held, Vorsitzender des Ge- tionen entsteht auf der Welt heute kei- – mehr als 40 Milliarden Euro – soll aus öffent- samtbetriebsrats beim Darmstädter ne Chipfabrik mehr. lichen Töpfen stammen. Gleichzeitig hofft Merck-Konzern. »Zentral ist dabei, dass EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe die gesamte Produktionskette europä- Auch Übernahmen dürfte die Politik Vestager auf weitere Privatinvestitionen. isch ist. Sonst kommen wir in neue Ab- in diesem Sektor mehr und mehr ver- Der sogenannte Chips Act soll verhindern, hängigkeiten und Probleme.« hindern. Gerade hat das Bundeswirt- dass Europa von anderen Regionen wie Asien Für Merck als Chipzulieferer böte das schaftsministerium den Verkauf des oder Amerika weiter abgehängt wird. Auch große Chancen, denn: »Produktion Burghausener Siliziumwafer-Spezialis- Staaten die USA oder China investieren viel können wir hierzulande nur ausbauen, ten Siltronic nach Taiwan platzen las- Geld in diesen Industriezweig. Bei den US-Plä- wenn sich in Deutschland neue Chip- sen. Die Frist für die Genehmigung der nen rechnet die EU-Kommission mit Zuwei- fabriken ansiedeln oder bestehende Übernahme durch den Konkurrenten sungen von rund 52 Milliarden Dollar. China Standorte neue Produktlinien anfah- Globalwafers ließ das Ministerium investiere geschätzt 150 Milliarden Dollar ren.« Die Grundlagenforschung in der schlicht verstreichen. »Wir sind hoch er- innerhalb eines Jahrzehnts. Darmstädter Zentrale hat der Konzern freut, dass das nicht geklappt hat«, sagt Die Regeln für Staatshilfen wurden in der EU schon gestärkt. »Wir stehen in den Start- Gesamtbetriebsratsvorsitzender Hautz, zwar nicht geändert. Zugleich hieß es aber, löchern, ihr auch Produktion folgen zu der auch stellvertretender Aufsichtsrats- dass Beihilfen für Fabriken, die die ersten ihrer lassen«, sagt Held. chef der einstigen Wacker-Tochter ist. Art in Europa sind, wohl genehmigt werden. Merck gehört zu den wenigen Konzer- »Niemand hätte sicherstellen können, »Wenn man buchstäblich eine einzigartige nen, die die kompletten Produktions- dass im Anschluss nicht Know-how Anlage hat, gibt es keine andere, die unter den kette bis zum Wafer im eigenen Haus oder ganze Teilbereiche abgezogen wor- Beihilfen leiden könnte«, sagte Vestager. haben. Derzeit forschen die Darmstäd- den wären.« dpa ter an Materialien, die es Chips möglich Lars Ruzic kompakt | März 2022 | 17
> Gastbeitrag Zum Tod von Hermann Rappe »Die Demokratie lebt vom Streit, aber sie stirbt ohne den Kompromiss.« Hermann Rappe, früherer Vorsitzender der IG Chemie-Papier-Keramik Bloße Verweigerung war keine Alternative Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder erinnert an den langjährigen Vorsitzenden der IG Chemie-Papier-Keramik, Hermann Rappe — einen der profiliertesten Gewerkschafter der deutschen Nachkriegsgeschichte, der Ende Januar im Alter von 92 Jahren gestorben ist. M it Hermann Rappe hat mich mehr als fünf Jahrzehnte setze er pragmatisch auf Kompromissbereitschaft, eine für ihn lang ein freundschaftliches, wenn auch nicht immer sehr wichtige Handlungsmaxime der gewerkschaftlichen Arbeit. konfliktfreies Verhältnis verbunden. Ich habe ihn So war er Anfang der 1990er-Jahre an den ersten von mir ini- sehr geschätzt, denn er war ein Mann mit klarer Haltung, auf tiierten Atomkonsens-Gesprächen beteiligt, die später im Jahr dessen Wort man immer zählen konnte. Er kämpfte konse- 2000 zum Atomausstieg führten. »Die Demokratie lebt vom quent für die Industriearbeitsplätze, aber suchte dabei immer Streit, aber sie stirbt ohne den Kompromiss« – das war sein Motto. den Kompromiss sowohl mit Politik als auch Arbeitgeberseite. So viel sei verraten: Es war keine Freude mit ihm zu verhandeln, Mir stand er in den 1980er-Jahren, als ich noch Oppositions- denn er stritt lustvoll, rang um jeden Satz und jedes Detail. Aber führer im Niedersächsischen Landtag war, eher kritisch gegen- gegen Ende der Verhandlungen war es ihm wichtig, dass alle am über. Das hatte vor allem damit zu tun, dass ich mit Rot-Grün Tisch mit einem akzeptablen Ergebnis und ohne Gesichts- eine Koalitionsoption vertrat, die er aus Sorge um den Indus- verlust aufstehen konnten. triestandort ablehnte. Über ein großes Nachrichtenmagazin Es gibt sicherlich unterschiedliche Vorstellungen davon, was ließ er mir mitteilen, dass er mir einen Wahlsieg mit meinem in einem bestimmten historischen Abschnitt Inhalt des gewerk- »nebulösen linken Durcheinander mit grünlichem Schimmer« schaftlichen Gestaltungsauftrages sein sollte. Aber sicherlich ist nicht zutraue. die Erkenntnis richtig, dass es die Möglichkeit gibt, entweder in die gesellschaftlichen Konflikte hineinzugehen und sie mitzu- Doch diese Haltung änderte sich, als es mir 1990 gelang, gestalten – oder man lässt solche Prozesse über sich ergehen. eine rot-grüne Landesregierung zu bilden. Hermann Rappe er- Die bloße Verweigerung und der folgenlose Protest waren für kannte, dass dieses neue politische Projekt versuchte, Ökono- Hermann Rappe nie Alternativen zu einer bewussten und ent- mie und Ökologie zu versöhnen, ohne die Wettbewerbsfähig- schiedenen Gestaltung. Ein so verstandener Gestaltungswille, keit der Industrie aus den Augen zu verlieren. Und zum anderen wie er ihn vertrat, ist und bleibt ein ganz wesentlicher Beitrag 18 | kompakt | März 2022
Fotos (5): IGBCE Archiv Stationen eines erfüllten politischen Lebens (von links): Hermann Rappe als Dirigent auf einem Gewerkschaftstag der IG Chemie, als Redner auf einer Großdemo und bei seinem 90. Geburtstag zwischen seinen Nachfolgern Hubertus Schmoldt (rechts) und Michael Vassiliadis (links). zur Entwicklung des gewerkschaftlichen Selbstverständnisses einen Wahlkampfauftritt bei ihm. Als junger Ministerpräsident und unseres demokratischen Gemeinwesens. So haben es auch mit bundespolitischen Ambitionen wollte ich über die großen seine Nachfolger in der IGBCE, Hubertus Schmoldt und Michael Probleme der Welt und in Deutschland sprechen, aber Her- Vassiliadis – natürlich mit eigenen Zielen und Inhalten, aber in mann nahm mich gleich zur Seite und sagte mir: »Gerd, heute seiner Tradition –, gehalten. geht es hier nicht um Brüssel und Washington, sondern um Hildesheim! Hier sitzen Kleingärtner.« Also diskutierten wir Als Gewerkschaftsvorsitzender hat Hermann Rappe über das Bundeskleingartengesetz, und er kannte jede und die Entwicklung des deutschen Sozialstaats über rund drei Jahr- jeden und wusste über jedes Detail Bescheid. zehnte entscheidend mitgeprägt. Wie kaum ein anderer stand er für eine moderne Tarifpolitik, die sich ihrer gesellschaftlichen Bei der Bundestagswahl 1998 kandidierte er nicht mehr, Verantwortung bewusst war und die sich zur Idee der Sozialpart- auch das Amt des Gewerkschaftsvorsitzenden hatte er 1995 an nerschaft bekannte. Beispielhaft hierfür sind die erste – von ei- den von uns beiden sehr geschätzten Hubertus Schmoldt über- ner Gewerkschaft – abgeschlossene Rahmenregelung für Teil- geben. Aber mit Rat und Tat stand er mir während meiner Kanzler- zeitarbeit, der einheitliche Entlohnungstarif für Arbeiter und schaft weiterhin zur Seite. In der schwierigen Phase der Um- Angestellte und die Einstiegstarife für Langzeitarbeitslose. Zu- setzung der umstrittenen, auch von Gewerkschaften kritisierten dem sollte nicht vergessen werden, dass er eine zentrale Rolle Agenda 2010 folgte er seinem Kompass, durch aktives Tun dabei spielte, nach dem Mauerfall eine zukunfts- und wettbe- etwas Besseres zu erreichen. Als ich ihn fragte, ob er das Amt werbsfähige Chemieindustrie in den neuen Bundesländern zu eines Ombudsmanns für Beschwerden, die mit den Arbeits- sichern. marktreformen zusammenhängen, übernehmen wolle, sagte er Es war sicherlich hilfreich, dass Hermann Rappe als Gewerk- sofort zu. Tausende Fälle hat er im Ombuds-Rat bearbeitet. Und schaftsvorsitzender auch ein politisches Mandat inne hatte. Seit viele Verbesserungsvorschläge, die er gemacht hatte, wurden 1972 vertrat er für die SPD über 26 Jahre hinweg den Wahlkreis umgesetzt. Vor wenigen Jahren durfte ich ihm in seiner Heimat- Hildesheim im Deutschen Bundestag. Obwohl er als Gewerk- gemeinde Sarstedt die Willy-Brandt-Medaille der SPD verleihen. schaftsvorsitzender und Abgeordneter in der damaligen Bundes- Es war ein bewegender Moment, in dem die Bedeutung seines hauptstadt Bonn viele Termine wahrnehmen musste, war ihm Wirkens für Partei und Gewerkschaft deutlich wurde. die Präsenz vor Ort immer wichtig. Er wollte sich auch um die Hermann Rappe hat uns viel hinterlassen. Seine Maxime, Sorgen des Alltags kümmern. Ich erinnere mich noch gut an durch Kompromissfähigkeit Gestaltung und Veränderung zu er- möglichen, ist aktueller denn je. Und eines bleibt für immer: Er war ein großer Gewerkschafter und Sozialdemokrat, aber vor Zur Person allem ein großartiger Mensch. Hermann Rappe, geboren 1929 in Hannoversch Münden, war von Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder 1982 bis 1995 Vorsitzender der IGBCE-Vorgängergewerkschaft IG Chemie-Papier-Keramik. Von 1972 bis 1998 war er für die SPD »Gerd, heute geht Mitglied des Deutschen Bundestages, ab 1972 leitete er zudem es nicht um Brüs- die Mitbestimmungskommission der SPD und war somit ein sel, sondern um entscheidender Wegbereiter der deutschen Mitbestimmungs- Hildesheim«: Her- Gesetzgebung. Zu den herausragenden Ergebnissen seiner mann Rappe und Lebensleistung gehörte der Neuaufbau der Gewerkschaftsorgani- Gerhard Schröder sation in Ostdeutschland nach Mauerfall und Wende. Gemeinsam waren viele Jahre mit den Vorsitzenden der Gewerkschaft Leder und der IG Bergbau Weggefährten — in und Energie legte Hermann Rappe den Grundstein zur Fusion der Niedersachsen, drei Organisationen 1997 zur heutigen IGBCE. aber auch in der Bundespolitik. kompakt | März 2022 | 19
> leserforum Schreibe uns an Nr. 02 I Febr uar 2022 www.igbc e.de kompakt@igbce.de kompakt vor ort Kalibe rgbau: Neuer Verba ndstarifvertrag zur Beschäftigu Beschäftigten ngssicherung nachhaltig steige rn oder kommentiere IMPRESSUM ie: Kaufkraft der en haben könne n Tarifrunde Chem en falsche Angab tendenzen unsere Beiträge slauf: Welch e Konsequenz im Leben tipps Tricksereien kompakt in den Social Media. Das Mitgliedermagazin der IGBCE Wir freuen uns Herausgeber über Lob, Kritik Michael Vassiliadis und Anregungen. Chefredakteur (v. i. S. d. P.) Lars Ruzic Charakterköpfe n sich für gute Betriebsräte setze Betrieb ein. Chefinnen vom Dienst Arbeitsbeding ungen im sie deine Stim me! Katja Pflüger Dafür brauchen Inken Hägermann Redaktion Alexander Reupke, Isabel Niesmann, Sascha Schrader, Julia Osterwald > Betriebsreportage dem gibt es in Bezug auf den Redaktionsassistenz Simone Wöckener, Tanja Rössner bei Compo Ausbau der Ladestationen für E-Autos dieselbe Entwicklung Redaktionsanschrift Königsworther Platz 6 Klimafreundliche 18.01.2022 15:57:02 01_u1_titel_BR-Wah len_02_1966990.indd 1 wie beim Ausbau des Mobil- 30167 Hannover Blumenerde funknetzes – er funktioniert Telefon: 0511 7631-306/-354 @ Telefax: 0511 7000891 Torffreie Blumenerde seit Jahrzehnten nicht. Er E-Mail: kompakt@igbce.de kann auch aus Torf- bleibt auf die größeren Städte Der Kontakt ist ausschließlich für > Tipp: Lebenslauf mit moos zum Beispiel von wie- begrenzt. Solange es die Vor- Fragen und Hinweise an die Redaktion zu verwenden. Fragen zur Mitglied- kurzen Beinen dervernässten Moorflächen aussetzungen für das Laden schaft richte bitte an deinen Bezirk. (Paludikultur) hergestellt wer- der E-Autos nicht gibt, kauft Schwerbehinderung den. Bei der Wiedervernässung sich niemand ein solches Satz: Qubus media GmbH Beckstraße 10, 30457 Hannover beleuchten reduziert sich CO2 um jährlich Fahrzeug. Allein das Bauen @ Gesamtherstellung und -vertrieb: In eurem Artikel zum 30 bis 40 Tonnen CO2-Äquiva- von Elektroautos wird aus Westend Druckereibetriebe GmbH Thema Lügen im Le- lente pro Hektar. (Anmerkung meiner Sicht deshalb nicht Westendstraße 1, 45143 Essen benslauf schreibt ihr, dass es der Redaktion: Die Maßeinheit ausreichen, sie massentaug- Anzeigenverwaltung ASK Agentur für Sales und Themen gibt, bei denen Lü- CO2-Äquivalente beschreibt lich zu machen. Kommunikation GmbH gen erlaubt ist. Da gehört das Treibhauspotenzial eines Wolfgang Gerhardt, per E-Mail Bülowstraße 66, Hof D, Eingang D1 10783 Berlin für mich genauso die Frage Gases im Verhältnis zu CO2 Telefon: 030 7407316-00 nach einer Schwerbehinde- und will so den Effekt aller > Einer von uns: Erich Weber Telefax: 030 7407316-75 E-Mail: anzeigen@ask-berlin.de rung dazu. Denn eine Schwer- Treibhausgase auf das Klima Gültige Anzeigenliste behinderung ist nicht immer vergleichbar machen.) Tolle Idee — das Nr. 21 vom 01. 01. 2022 einer Erkrankung gleichzuset- Compo könnte helfen, die Wasserstoffbüchlein Verantwortlich für den Anzeigenteil: @ zen. Sie zeigt nur, dass man Nachfrage nach Paludikultur- Schüler*innen mit gut Thomas Mühlnickel Einschränkungen hat, die zu produkten anzukurbeln. gemachten, verständli- Zusendungen: Für unverlangte Einsendungen wird keine einer Behinderung bezie- Dieter Lehnick, per E-Mail chen Praxisinformationen zu Gewähr übernommen. hungsweise Schwerbehinde- begeistern, das »predige« ich Bezugspreis rung führen. Da die Frage > Zahl des Monats: als alter Gewerkschafter schon 0,90 €, jährlich 10,00 €. nach einer Behinderung oder Elektroautos seit Jahrzehnten. Die Kernaus- Für IGBCE-Mitglieder ist der Bezugs- preis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Schwerbehinderung nicht er- sage: »Den Fachkräftemangel laubt ist, darf man sie auch Das Bauen allein behebt man am besten schon Erscheinungsweise: kompakt erscheint zehnmal unehrlich beantworten. reicht nicht in den Grundschulen«, ist im Jahr mit acht Regionalausgaben @ für Bayern, Baden-Württemberg, Überhaupt, solltet ihr das Das Problem mit der goldrichtig. Schön, wenn der Hessen-Thüringen, Nord, Nordost, Thema Schwerbehinderung Anzahl der Elektroautos Erkenntnis nun auch die Praxis Nordrhein, Rheinland-Pfalz/Saarland, Westfalen. bitte bei allen Themen immer ist vielfältig: Für die meisten folgt. Ich werde das Wasser- mitbeleuchten. Ich würde mir Menschen sind sie schlicht zu stoffbuch in meine Schulvor- Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 22. 02. 2022 wünschen, dass es noch mehr teuer. Da ändern auch finan- lesungen integrieren. Beachtung in der kompakt zielle Lockmittel nichts. Zu- Joe Faß, per E-Mail Druckauflage: 574 271 (IV/2021) findet. Ihr macht das schon Gedruckt gut, aber es ist noch Luft nach auf Leserbriefe und Kommentare auf unseren Online-Kanälen stellen oben. die Meinung des Einsenders dar. Anonyme Beiträge werden nicht chlorfreiem Papier Silvia Loeser-Stanczus, per E-Mail berücksichtigt. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. 20 | kompakt | März 2022
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